310. Die weiße Taube auf dem Schlosse zu Muskau.

(G. Liebusch, Sagen 1860 S. 30.)


Wenn auf dem Schlosse zu Muskau ein Sprößling der herrschaftlichen Familie sterben soll, so zeigt sich, wenn der Todeskampf zu Ende geht, im Sterbezimmer eine schöne weiße Taube.

Im Jahre 1662 war Kurt Reinicke von Callenberg Besitzer des Schlosses. Er hatte ein liebliches und gottesfürchtiges Töchterlein, Namens Katharina Eleonore. Aber an der Grenze des jungfräulichen Alters starb das hoffnungsvolle Fräulein. Kurz ehe sie starb, richtete sie sich noch einmal im Bette auf und fragte: »Wo blieb denn die weiße Taube, welche um mein Bett flog?« Als Niemand Antwort zu geben wußte, da legte sie sich hin und entschlief sanft und selig.


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TextGrid Repository (2025). Graesse, Johann Georg Theodor. 310. Die weiße Taube auf dem Schlosse zu Muskau. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4c61s.0