Jeder Schein trügt

Ich weiß ein Haus, das ragt mit stolzen Zinnen,
Frei spielt das Licht in allen seinen Sälen,
Sein Giebel schimmert frei von allen Fehlen,
Kein Neider schilt's, nicht außen und nicht innen.
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Nur wer es weiß mit Klugheit zu beginnen,
In seine Grundgewölbe sich zu stehlen,
Sieht üppig feuchten Moder dort verhehlen
Von dicken Schlangen wahre Königinnen.
Doch würde der sich auch betrogen haben,
Der rasch empor die Treppen wollte steigen,
Die Feinde mit der Kunde zu erlaben:
Denn tiefer noch, im allertiefsten Schweigen,
Da liegt ein ungehobner Schatz begraben,
Der niemals wird dem Tage wohl sich zeigen.

Notes
Aus der Sammlung »Neuere Gedichte« (1851/54), dort unter dem Titel »Der Schein trügt«.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Keller, Gottfried. Jeder Schein trügt. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-9FC7-9