[17] 6.

Clorinde, wilt du mich verlassen?
Halt an und eile nicht so sehr;
Dein Lieben ist ein halbes Hassen,
Hat wenig Glut, Rauch desto mehr.
Getreue Liebe kan nicht wancken,
Sie liegt zu Ancker jederzeit,
Hat ihre Sinnen und Gedancken
Gegründet auff Bestendigkeit.
Was wilt du dich umb etwas grämen
Das nichts ist als ein blosser Wahn,
Und du mir nicht kanst wieder nemen
Ich gleichfals dir nicht geben kan.
Kein Mensch ist nur ihm selbst gebohren,
Was du bist, weiß ich, daß ich bin;
Was fort ist, wird nicht mehr verlohren,
Darumb gedencke, hin sey hin.
Komm her und laß dich ferner lieben
Weil deine Jugend Schönheit hat;
Bleib, bistu ein mal schon geblieben,
Die Flucht ist jetzt doch gar zu spat.

Notes
Erstdruck in: Martini Opitii Deutscher Poematum Erster Theil, vermehrt neu her ausgegeben, Breslau (David Müller) 1628.
License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Opitz, Martin. 6. [Clorinde, wilt du mich verlassen]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-6449-D