[53] Am ersten Mai 1816

Hast du den Mai gesehen
In seinem hellen Strahl?
Da steht er auf den Höhen
Und schaut ins grüne Thal.
Er zog in leichten Träumen
Um deine Lagerstatt,
Nun streut er von den Bäumen
Dir Blüten auf den Pfad.
Nun schleicht er durch den Garten
Zu deiner Kammerthür,
Noch eh' wir ihn erwarten
Schaut er durch's Fenster hier.
Und ruft mit linden Worten,
Mit holdem Wink und Gruß,
Komm aus den dunkeln Pforten,
O komm herab zum Fluß,
Und sieh die Lerche steigen
Den hohen, fernen Schall;
Hör' aus den dichten Zweigen
Den Schmerz der Nachtigall.
Das sind die alten Klänge,
Das ist das liebe Leid,
Die zärtlichen Gesänge,
Die jedes Jahr erneut.
Geheime Wünsche brechen
Den Blüten gleich hervor,
Und hundert Stimmen sprechen,
Komm Liebchen, komm ans Thor!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Schenkendorf, Max von. Am ersten Mai 1816. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-C31A-6