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An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

verzeihen, wenn ich meinen Dank für das Übersendete später ausdrücke, es hat zeither gar mancherley auf mir gelegen, auch heute fass' ich mich kurz, um nicht ganz zurückzubleiben.

Für die Kennzeichen aus dem Vorkommen sollen Sie gepriesen seyn; ich halte sie, wo nicht wichtiger, doch eben so wichtig als alles übrige.

Unter uns gesagt, so muß es seltsam scheinen, wenn der treffliche und hochverdiente Werner in einem ganz empirischen Wissen eine Abtheilung vorzüglich empirisch nennt. Ein jedes Mineralienkabinett ist eigentlich empirischer, als das Vorkommen der Mineralien; denn dieses deutet doch auf eine ungeheure Naturursache, die wir zwar nicht kennen, aber doch vermuthen und ahnden. Jenes ist eine künstliche Zusammenstellung zersplitterter und unvollständiger[213] Naturproducte, nach beliebigen Grundsätzen, wie sie dem einen oder dem andern Forscher gemäßer sind. Behalten Ew. Hochwohlgeboren ja bey Ihrer weit verbreiteten Kenntniß die Bezüge jeder Art einen wie den andern beständig im Auge.

Die Altersfolge der Metalle schließt sich genau an das Vorige. Diese Betrachtung belebt alle unsere geognostischen Bemühungen. Ich wüßte an Ihrem Aufsatz nichts zu erinnern. Allenfalls würde ich den Artikel Zinn folgendermaßen fassen:

»Zinn, als unmittelbarer Gemengtheil, sein eingesprengt in Granit, oder vielmehr in Gebirgsarten, in die er übergeht als Gneis, Greißen pp. Hier kommt es vor: in die ganze Gebirgsmasse vertheilt als sogenanntes Stockwerk, auf Gängen, ohne sich in's Nebengestein weit zu verbreiten, als Lager und in andern abweichenden Bestimmungen. Der an obgenannten Gebirgsarten sich manchmal anschließende Porphyr ist auch nicht ganz gehaltleer, sodann verschwindet das Zinn aus der Gebirgsfolge, und erscheint nur wieder in Seifenwerken als secundär.«

Wird es mir möglich, den langbereiteten Aufsatz über die Zinnformation zu redigiren und zu übersenden, so werden die hier nur kurz gethanen Äußerungen ihre Rechtfertigung und Erklärung finden.

Die beyden Manuscripte behalte ich noch und sende sie nur auf verlangen zurück, weil ich sie, als sehr bedeutend, immer gern im Auge behalten möchte.

[214] Mich Ew. Hochwohlgeb. und den theuern Ihrigen so wie dem ganzen verehrten Hanauer Cirkel angelegentlichst empfehlend

Weimar, den 27. Februar 1815.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Carl Cäsar von Leonhard. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-733F-F