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An Christiane Vulpius

d. 28. Aug. 1792.

Gestern bin ich im Lager bey dem Herzoge angelangt habe ihn recht wohl und munter gefunden und schreibe dir in seinem Zelte mitten unter dem Geräusch der Menschen die an einer Seite Holz fällen und es an der andern verbrennen. Es ist fast anhaltender Regen, die Menschen werden weder Tag noch Nacht trocken, und ich kann sehr zufrieden seyn daß ich in des Herzogs Schlafwagen eine Stelle gefunden habe wo ich die Nacht zubringe. Alle Lebensmittel sind rar und theuer, alles rührt und regt sich um seine Existenz nur ein wenig leiblicher zu machen. Dabey sind die Menschen meist munter und ziehen bald aus diesem bald aus jenem Vorfalle einen Spaß. Gestern kamen zwey erbeutete Fahnen, himmelblau, rosenroth und weiß, einige Pferde, zwey Canonen und viele Flinten an, worüber man sogleich Regen und Koth vergaß.

Schreibe mir gleich wenn du diesen Brief erhältst. Herr Meyer ist so gut und giebt ihn Herrn Geh. Ass. R. Voigt. Ich kann in sieben Tagen deinen [10] Brief haben. Schreibe mir wie es im Hauße aussieht, was der Kleine macht und ob das Judenkrämchen dir Freude gemacht hat?

Grüße Herrn Meyer und Seidel. Es ist mir auf der Reise ganz wohl gegangen. Von Trier hab ich dir geschrieben und du wirst wahrscheinlich den Brief schon haben.

Dieses schreibe ich dir auf französchem Grund und Boden nicht weit von Longwy das die Preußen vor einigen Tagen eingenommen haben.

Sey meinetwegen unbesorgt, ich habe dich recht lieb und komme sobald als möglich wieder. Küsse den Kleinen an den ich oft dencke.

Auch an alles was um dich ist, an unsre gepflanzten Kohlrüben und so weiter lebe wohl mein liebstes.

G.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1792. An Christiane Vulpius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7389-7