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An Antonia Brentano

Unser kleiner Freund wird hoffentlich meine schönsten Grüße überbracht haben, ich muß ihm das beste Zeugniß geben. Er hat als ein ächt katholischer Christ, ohne sein Gewissen zu beschweeren, mit einem rein protestanischen Heiden, sich recht traulich benommen. Seine Gegenwart ist mir deshalb aufregend, unterhaltend und belehrend geworden. Carl ist wieder auf den Beinen, aber schwach, indessen bin ich auch so schon glücklich einen provisorischen Aufwärter los zu seyn. Ich fange nun an Besuche und Aufwartungen in der Gegend abzustatten, die alle schon entrichtet [43] seyn sollten. Dann will der Arzt mir noch eine Anzahl Bäder zumuthen und was wird mich nicht alles noch abhalten meine theuerste Freundinn zu begrüßen! Und wie werd ich mich anstellen um jener lockenden Einladung zu entgehen, welche, nebst vielem Erfreulichen, auch mancherley Bedrohliches in der Form zeigt. Dies alles müssen wir also in die Hände der waltenden Götter legen, wenn wir nicht besser thun für uns selbst zu handeln, da jene ohnehin genug zu thun haben.

Vierzehn Tage werden hinreichen diese Räthsel aufzuklären, da die großen Welträthsel eben soviel Knoten schürzen als lösen und uns unfreundlich an die Arglist der Penelope erinnern. Möge Sie dagegen mit offner Neigung meinen aufrichtigen Gesinnungen begegnen. Mich überall empfehlend

Wiesb. d. 18. Juli 1815.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Antonia Brentano. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7770-3