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An Ludwig Friedrich Catel

Ew. Wohlgeboren

danke verbindlichst für die Mittheilung des wohl ausgearbeiteten Hefts, wodurch ich auf die angenehmste Weise an Gegenstände erinnert wurde, mit denen ich mich früher viel beschäftigt. Leider bin ich jetzt so weit davon abgekommen, daß ich ein Gutachten, und zwar in einem so wichtigen Falle, zu geben mich nicht getraue. Soviel darf ich jedoch gestehen, daß ich völlig Ihrer Meynung bin, man solle jene altdeutsche Bauart zwar höchlich schätzen, ihr Andenken erhalten, ihr historische Untersuchungen widmen, und von ihr, besonders im Technischen, manches lernen; neue Gebäude jedoch in diesem Geschmack und Styl aufzuführen, keineswegs unternehmen.

[318] Was aber für eine Form und Weise bey Erbauung protestantischer Kirchen zu wählen sey, diese Frage getraue mir nicht zu beantworten, noch die deshalb gethanen Vorschläge zu beurtheilen. Es treten so manche, sogar widersprechende Bedingungen ein, wodurch die Aufgabe sehr schwer zu lösen wird, indem, was auf der einen Seite zum Vortheil gereicht, auf der andern dagegen einen Nachtheil bringt, und uns in Verlegenheit setzt, was wir denn eigentlich aufopfern sollen. Doch ich darf nicht weiter gehn, weil es mich in Untersuchungen führen würde, ein Fach betreffend, welches mir so gut als fremd geworden. Nehmen Sie indeß meinen Dank für die mannigfaltigen schönen Beobachtungen, an denen Ihr Aufsatz so reich ist. Mich zu geneigtem Andenken empfehlend

ergebenst

Weimar den 10. May 1815.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Ludwig Friedrich Catel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7AFD-2