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An Johann Gustav Büsching

[Concept.]

[5. December 1815.]

Ew. Wohlgeb.

meinen Dank für die angenehme Sendung baldigst abzustatten, sage ich nur mit Wenigem, daß ich das Unternehmen gar sehr billige und die nächste Gelegenheit ergreifen werde, meine Überzeugung öffentlich auszusprechen.

Mit der Anwendung bekannter Mittel auf verwandte Gegenstände geht es oft sehr langsam. Gemmen auszugießen, war das Natürlichste und längst Geübte. Schon als Knabe goß ich Medaillen in Gyps ab, und wie lange hat es noch gedauert, bis die Numismatiker darauf gekommen sind griechische Münzen abzugießen, deren Seltenheit ihrem Kunstwerth gleich ist.

Wie vielen Dank verdienen daher Ew. Wohlgeb. daß Sie eben dieses Mittel auf die Siegel anwenden.

[172] Denn da die Münze jener Jahrhunderte flach und gewissermaßen nur mit Siegeln gestempelte Metalle sind; so hat man, durch die Bildsamkeit des Wachses gelockt, die Siegel tiefer gegraben.

Da man nun weder die alten Grabsteine noch auf die Statuen, welche die Architektur begleitet, so leicht abgießen und um sich her aufstellen kann, so ist nichts wünschenswerther als daß Ihre schönen Bemühungen begünstigt und nachgeahmt werden mögen.

Vergebens trachtet man das Plastische durch Zeichnungen und Kupfer mitzutheilen; das historisch Allgemeine wird ohngefähr überliefert, aber das Eigenthümliche, was der Kunstfreund einzig verlangt, geht verloren. Wie schätzenswerth sind nicht z.B. die Köhlerischen Münzbelustigungen und mit wie vieler Sorgfalt sind die Nachbildungen verfertigt, und doch gilt das eben Gesagte auch von ihnen, denn ich besitze mehrere Exemplare aus der Medaillen-Sammlung, deren sich Köhler bedient und welch ein Unterschied ist zwischen diesen identischen Originalen und der Abbildung. Ich brauche nicht mehr zu sagen, und Ew. Wohlgeb. werden daraus ersehen, daß ich mit dem Recensenten in der Jenaischen Literatur-Zeitung keineswegs einerley Meinung hege, welches an Ort und Stelle nicht verhehlen werde.

Weimar d. 2. Decbr. 1815.


[173] Nachschrift.

Da ich Ew. Wohlgeb. löbliches Unternehmen wenigstens zu meinen eigenen Zwecken vor der Hand nachzuahmen wünschte, so ersuche Ew. Wohlgeb. die Art und Weise des Abformens, deren Sie Sich bedienen, näher zu bezeichnen, auch welche Art von Formen und Abgüssen man senden müßte um gleichfalls Exemplare in Eisenguß davon zu erhalten. Dieselben entschuldigen diese Anfrage um der Theilnahme willen wovon sie ein Beweis ist.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Johann Gustav Büsching. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7C53-C