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An Johann Jacob von Willemer

Daß ich, theurer, verehrter Freund, immer um Sie und Ihre glücklichen Ungebungen beschäftigt bin, ja Ihre selbstgepflanzten Haine, das flüchtig gebaute und doch dauerhafte Haus, lebhafter als in der Gegenwart sehe und mir alles Gute, Liebe, Vergnügliche, Nachsichtige wiederholt wiederhole, werden Sie an Sichfühlen, da ich gewiß aus jenen Schatten nicht vertrieben werden kann, und Ihnen oft begegne. Hundert [92] Einbildungen hab ich gehabt: wann? wie? und wo? ich Sie zum erstenmal wiedersehen würde; da ich noch bis gestern Beruf hatte, mit meinem Fürsten, am Rhein und Mayn, schöne Tage zu verleben; ja vielleicht jene glänzende Jahresfeyer auf dem Mühlberg zu begehen. Nun kommts aber! und ich eile über Würzburg nach Hause, ganz allein dadurch beruhigt, daß ich, ohne Willkühr und Wiederstreben, den vorgezeichneten Weg wandle und um desto reiner meine Sehnsucht nach denen richten kann die ich verlasse.

Doch das ist schon zu viel für meine Lage, in der sich ein Zwiespalt nicht verläugnet, den ich auch nicht aufrege, sondern lieber schließe.

Herzlichen Danck für alles Gute und Liebe. Doch dieser Danck wäre nicht der rechte wenn er nicht eine Schmerzensform annähme. Das werden Sie, Herzenskündiger, zu vermitteln wissen. Wie denn billig diese Worte an die zwey gerichtet sind, die man beneidenswerth glücklich verbunden sieht.

Heidelb. d. 6. Octbr. 1815.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Johann Jacob von Willemer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-81EB-D