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An Sara von Grotthuß

Auf ein wenig Hypochondrie deutet es, meine theuere Freundin, wenn man glaubt, es wolle etwas besonderes bedeuten, wenn unsere Vertrautesten manchmal schwiegen. Ich habe mich vierzehn Tage in [127] Jena aufgehalten, und an dem Orte, den ich in zwey Jahren nicht gesehen, manches zu beobachte und zu thun gefunden. Nach den rollenden Kriegsgefahren, und der unablässigen Einquartierung, die über genannten Ort weggegangen, war es wirklich, als wenn man nach der Auferstehung wieder zu den Seinigen käme. Riemer hat vielleicht eine noch gültigere Entschuldigung, wenn auch er schwieg, wenigstens hielt man sie im Evangelium schon für hinreichend. Er hat nämlich ein Web genommen, und zwar ein sehr hübsches, niedliches, das einen wackern Mann schon einige Zeit beschäftigen darf. Das erste Küchengeschenk, welches die junge Frau erhielt, waren denn die Gänse, welche, so wie die unsrigen, auf Ihre Gesundheit haushälterisch nach und nach verzehrt werden.

Mögen Sie von Ihren Empfindungen und Gedanken irgend etwas schriftlich mittheilen, so senden Sie es nur gerade an mich, damit in de Kreise unserer Weimarischen Natur-, Kunst- und Sittenfreunde wir uns an diesen noch immer langen Abenden erbauen.

Erlauben Sie, daß ich für dießmal mit den herzlichsten Wünschen schließe. Vielleicht kann ich, wenn der Schnee schmilzt, mit etwas frischem Grünen wieder aufwarten. Ihrem Herrn Gemahl mich angelegentlichst empfehlend.

Gesundheit und Heiterkeit!

Goethe.

Weimar den 2. Jan. 1815.
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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Sara von Grotthuß. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8AD3-E