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An August von Goethe

Reise-Bericht.

July 21. Auf Idstein, Kirche und Schloß besehen.Oberselters zu Mittag bey Hüttenverwalter Münz. Nach Niederselters, den Brunnen sehr reinlich, die Wohnung des Brunnen-Commisairs Westermann sehr zierlich gefunden. Nachts in Blessenbach bey dem Landgeistlichen Pfarrer Meß.

22. In das Weinthal, wo nie Wein gewachsen, in die Lange Hecke, beyde Namen berüchtigt wegen Schinderhannes Fluchtwinkel. Lange Hecke, ein enges Thal, durchaus unregelmäßige Dachschieferbrüche. Halden und Höhlen, höhlenartige Häuser. Oberwärts Bleygrube, unterwärts Eisenhütte. Zunächst Eisensteingrube. Zu Mittag sämmtliche gestern benannte Angestelle. Abends Limburg.

23. Über Diez auf Holzappel. Wichtiger Bau auf Bley und Silber, sehr unterrichteter Bergcommissair,Schreiber, freundliche belehrende Bewirthung. Modell des Vewerfens der Gänge. An der Lahn her. Beschwerliche aber interessante Wege. In Nassau.

[58] 24. Trennte ich mich von Oberbergrath Cramer, den ich auf dieser Geschäftsreise begleitet. Spaziergang. Herrliches Local. Donnerwetter, Wolkenzüge, sehr trefflich zu den Oranischen und Steinschen Ruinen sich fügend. Auf Einladung des Herrn Minister von Stein in das Schloß gezogen. Höchst willkommene und belehrende Unterhaltung. Spaziergang auf die Burgen, wohin leicht zu besteigende Gänge führen. Familientafel. Die Hausfrau fehlte, wegen Krankheit. Entschluß nach Cöln zu fahren.

25. Zu Wagen, über Ems, glatten Wegs, sodann bergauf, bargab, hinter Ehrenbreitstein her in's Thal. Im Posthause gefrüstückt. Im Nachen fortgeschwommen. Angehalten bey Andernach und Linz wegen des Zolles. Durchaus bedeutend abwechselnde angenehme Ansichten. Drachenfest, Siebengebirge, bey Bonn vorbey. Abends Regen, Dämmerung, Nacht. Unsicheres Landen. Ferne Feuer. An Cöln her, an vielen Schiffen vorbey. Endlich gelandet. Gasthof zum heilgen Geist. Rheinaussicht bey Mondschein.

26. Rheinaussicht bey Sonnenschein. Professor Wallraff. Dom, von Außen umher, Dom von Innen. Altes köstliches Gemälde, Chor. Äußere Gallerien bestiegen. Inwendig Reliquienkasten. Überrest des Schatzes, den Nachmittag Privat-Sammlungen. Aus der Zerstörung und Zerstreuung gerettete altdeutsche Kirchen-Bilder. Schöne neuere Gemälde. Das Duplicat [59] eines großen Jabachischen Familienbildes, von Le Brun. Geschmackvoll decorierte Hauscapelle. Architektonische Perspective, in einem engen kurzen Hofe, von sehr artiger Wirkung. Wie sie Beuther glücklich mahlen würde. Weitläufiges Gesellschaft- und Logengebäude. Kirche St. Gereon, Römischer Thurm.

27. Um die Stadt gefahren. Winterhafen. St. Cunibert. Mittag General von Ende zu Tische. Sammlung der Frau von Groote. General von Rauch, der Befestigung der Stadt vorgesetzt. Manches Interessante, bey dieser Gelegenheit Ausgegrabene, sammelt General Rauch zu künftiger öffentlicher Sammlung diese Einzelheiten bestimmend. Wallrafs vielseitige noch zu ordnende Sammlung. Bey Schulrector [Fochem]. Gemälde, Manuscripte. Einz vorzüglich mit gemahlten Vorstellungen und Zierrathen versehen. Sodann aufBonn gefahren. Mahler Fuchs geleitete.

28. Merkwürdige heiter und geistreich aufgestellte Sammlung bey Canonicus Pick. Mittag zu Andernach. In's Gebirge. Verödete Abtey Laach. Monumente. See. Bruch der rheinischen Mühlsteine. Weissenthurm. Coblenz spät.

29. Frühstück auf der Carthause, veranstaltet durch Görres und Familie. Rückweg über Ems auf Nassau. Familientafel, Thee und Unterhaltung.

30. Desgleichen Spaziergänge.

31. Über Schwalbach nach Wiesbaden.

[60] August 1. Herr von Hügel überreichte mir, im Cursaal, nach Tische den Orden. Ihro Hoheit des Großherzogs Brief erfreute mich gleich darauf.

2. Sulpzig Boisserée kam an. Wiederholung der Cölner Merkwürdigkeiten.

3. Verschiedenes vor- und nachgearbeitet.

4. Fürsten Metternich gedankt. Durch Hügelsche Staffete befördert.

5. Bey Großfürstin Catharine Hoheit zu Tafel.

6. Bibrich zur Tafel. Großes Hoffest. Die Weilburgischen Herrschaften. Prinzeß Braut. Erzherzog Carl und Gefolge. Die neue Dienerschaft von Dillenburg. Darmstädter und Franckfurter.

Die Höchsten Personen Ihro Hoheit sich bestens und verbindlichst empfehlend. Erzherzog Carl, ein Schreiben einhändigend, und ich mich zum Schlusse beurlaubend.

Nachrichtl.

Wiesb. d. 8. Aug. 1815.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8E60-C