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An Clemens Wenzel Nepomuk Lotharvon Metternich

[Concept.]
Durchlauchtiger, Hochgebohrner
Fürst und Herr.

Das unschätzbare Zeichen allerhöchster Gnade, welches Ew. Durchlaucht, begleitet von so ehrenvollen [54] Zeilen, durch eine theure Hand an mich gelangen lassen, verpflichtet mich zu dem gefühltesten Dancke, welchem keine Worte zu finden weis, dessen Ausdruck zu den Füssen des Trohns daher Höchstderoselben weitumfassendem Geiste zutrauensvoll anheim zu geben, mich genötigt sehe.

Noch überraschender wäre jene Höchste Gabe mir geworden, wenn nicht, auf meinem Lebenswege, Ew. Durchlaucht schon öfter als fördernden Schutzgeist erkannt hätte. Die Ehre, Mitglied einer ansehnlichen Kayserlich-Königlichen Academie der Künste zu seyn, verdancke Höchstderoselben gnädiger Aufmercksamkeit; wie denn auch Ihro persönliche Gegenwart, in so glücklichen als unruhigen Stunden, meine Wohnung von andringenden Kriegsübeln befreyte und mir die, Wissenschafts- und Kunstfreunden so wünschenswerthe Ruhe wiedergab.

Wird mir nun, ebenmäßig durch Ihro Vermittlung, eine unerwartete Auszeichnung zu theil; so bekenne mit Wahrheit daß ich leider die Gebrechen des Alters, so wie das Verschwinden der Kräfte, welchen der Mensch, als allgemeinem Schicksal, sich fügen lernt, zum erstenmal unangenehm empfinde, weil diese Allerhöchste, in der wichtigsten Epoche, auch auf mich gerichtete Aufmercksamkeit, nicht sowohl als Belohnung eines Verdienstes, sondern als Aufforderung zu bedeutenden Leistungen ansehen darf.

[55] Weil man sich aber vielleicht durch das, was man anregt, mehr Verdienst erwirbt, als durch das was man selbst vollbringt; so kann ich hoffen, durch fernere treue Fortwirckung auf deutsche Männer und Jünglinge der Allerhöchsten Absicht, wo nicht zu genügen, doch wenigstens, nach Pflicht und Vermögen, getreulich entgegen zu arbeiten, und so den Schmuck einer Allerhöchsten Auszeichnung mit bescheidnem Danckgefühle führen zu dürfen.

Vergönnt sey es daher schließlich anzuführen, daß ich mich so eben veranlaßt sehe zu bedencken: wie so manche am Rhein und Mayn, ja überhaupt in diesen Gegenden befindlichen und zu hoffenden Kunstschätze, durch Gunst und Aufmercksamkeit höchster Behörden, durch Theilnahme und Neigung Einzelner, versammelt, geordnet, erhalten werden könnten; der gestalt daß jeder Ort sich seines Kunstbesitzes erfreute und alle zusammen sich zu wechselseitiger Mittheilung des Genußes und der Kenntniß vereinigten.

Wäre dergleichen Übersicht und Vorschlag zu einiger Allgemeinheit und Reife gediehen; so würde Ew. Durchl. zu gnädiger Prüfung und Begünstigung die vollständigeren Entwürfe vertrauensvoll vorzulegen mir die Erlaubniß erbitten.

Wsb. d. 4. Aug. 1815.

pp. [56]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Clemens Wenzel Nepomuk Lotharvon Metternich. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8F7C-6