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An Carl Cäsar von Leonhard

Ew. Hochwohlgeboren

habe, wegen des nicht abgestatteten Besuchs, gar vielmal um Vergebung zu bitten. Ich mache mir Vorwürfe, daß ich, Ihnen so nach in der Gegend von Oberrad eine Zeitlang wohnend, nicht den Entschluß gefaßt, Sie, wenn auch nur auf kurze Zeit, zu besuchen, allein ich konnte nicht denken, daß mir ein Rückweg über Würzburg bestimmt sey. Da ich denn nunmehr, nach Hause gekehrt, meinen Freund Seebeck beneide, welcher von Frankfurt aus seinen Besuch abstattete.

Doppelt und dreyfach aber unangenehm ist mir das Versäumniß dessen ich mich anklage aus folgender[102] Ursache, der ich einige Aufmerksamkeit zu widmen bitte: Ich bin aufgefordert meine Reisebemerkungen über Kunst und Alterthum, über Bemühungen um Natur und Wissenschaft in den Rhein- und Mayn- gegenden zusammenzustellen und baldigst zu publiciren. Man hofft hievon manches Gute in diesen sehr bewegten Zeiten, wo so vieles aufgeregt ist, und überall sich etwas zu bilden strebt, ohne jedoch die rechte Form finden zu können.

Ob ich gleich ungern in den Augenblick einwirke, weil so mancher Mißgriff möglich ist, so habe ich mich doch jenem Vertrauen nicht entziehen können, und das Wagstück unternommen. Nun muß ich nothwendig auch von Hanau reden, und hätte gern diese merkwürdige Stadt unter Ihrer Anleitung nochmals beschaut, da mir aber dieß nicht gelungen, so nehme mir die Freyheit hierbey ein Blatt zu übersenden, auf welchem aus dem Gedächtniß die Hauptpuncte verzeichnet, mit Bitte um vollständigere Nachricht von allem, was Hanau in diesem Sinne merkwürdig macht. Indem ich also Ew. Hochwohlgeb. um die Gefälligkeit ersuche beyliegendes Blatt zu extendiren, so geschieht es auch in der Absicht, weil mir nicht ganz deutlich ist, was, unter gegenwärtigen Umständen, räthlich seyn möchte zu sagen. Dieses werden Dieselben am besten ermessen, und mir für meinen kleinen Aufsatz einen lichten und wirksamen Punct verschaffen. Freylich müßte ich Sie bitten, [103] daß Sie mir Ihren gefälligsten Beytrag baldmöglichst gewährten.

Zugleich aber wünsche ich von Ihnen und den Früchten Ihrer Thätigkeit umständlich zu erfahren, auch wann wir die versprochene Einleitung zur Mineralogie und die erste Sendung der Versteinerungen zu hoffen haben. Wobey ich mich gefälligst zu bedenken bitte.

Herrn von Albini, Excellenz, bitte mich gehorsamst zu empfehlen, ich höre daß dieser vortreffliche Geschäftsmann, wieder, zu unserm Vortheil in Thätigkeit gesetzt ist.

Lassen Sie mein Andenken auch in Ihrem häuslichen Kreise stets erneuert seyn.

gehorsamst

Weimar den 20. Octbr. 1815.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Carl Cäsar von Leonhard. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9184-7