26/7178.

An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excell.

herrliches Schreiben und dessen traurig süßen Mittheilungen haben mich diese Tage, in der herrlichsten Gegend, bey dem schönsten Wetter, innig beschäftigt. Hätte da ein geheimer Schnellschreiber alles gleich zu Papiere gebracht, was ich in meinem Herzen verwahre bis zu persönlicher Gegenwart.

Jetzt will ich nicht verfehlen zu vermelden: daß Serenissimus Donnerst. d. 28. gesund und glücklich, mit Prinz Christian angekommen. Welcher letztere, nach einem lustigen Abendessen, sogleich in der Nacht, weiter gereist. Freytag den 29. ward das Schloß bestiegen, dann die Sammlung der Gebrüder Boisseree betrachtet. Der Abend ward bey Fr. v. Zillenhardt geb. (oder vielmehr kunstgebohrene) v. Lichtenberg zugebracht.

Sonnabend d. 30. ging es nach Mannheim, wo das Merckwürdigste besucht, der Mittag bey Fr. v. Stryck, der Abend bey Admiral Kinckel zugebracht wurde.

Sonntag d. 1. Octobr. bey Zeiten, fuhren Serenissimus von Mannheim ab, in Willens Fr. v. Dalberg zu besuchen und Nachts in Darmstadt zu seyn.

Ich, nach Heidelberg zurückgekehrt, werde, auf höchsten Befehl, Carlsruh besuchen, alsdann in Franckf. [90] mit unserm theuren Fürsten wieder zusammen treffen. Es ist wundersam genug daß ich vor vierzig Jahren, gerade in diesem Monat, durch eine Kalbische Staffete von Heidelberg nach Weimar gerufen wurde. Welch ein Glück, nach so unendlichen Ereignissen, immer noch in gleichem Verhältniß zu stehen, und nach einem solchen Kreislauf, dieselbe Bahn aufs neue zu betreten.

Ew. Excell. erwähnen eine Veränderung des Locals der Zeichenschule, Serenissimus gedachten im Vorbeygehen dieser Absicht und äußerten, daß sie Hofr. Meyern, damit er sein eigen Haus beziehe, ein Locarium geben wollten. Sollte irgend etwas zu dieser höchsten Absicht vorzubereiten seyn; so haben Sie die Gnade, es nach Überzeugung zu thun, welche auch die meinige seyn wird.

Unsre Seelenangelegenheit geht wie Serenissimus sagten nach Wunsche. Ein Glück bey soviel unseligen Verhandlungen. Wie aber die Welt gespalten und in die kleinsten Bißlein zerrissen ist, erfährt man zu Wunder und Schrecken, wenn man unter fremden Menschen viel hin und her wandelt. Möge ich doch bald wieder in dem engeren Kreise anlangen.

Dürfte ich bitten mich Ihro königl. Hoheiten gelegentlich unterthänigst zu empfehlen, Herrn Grafen Etling die verbindlichsten Grüße zu entrichten und mich in freundschaftlich wohlwollendem Andencken zu bewahren.

Heidelberg d. 1. Octbr. 1815.

Goethe. [91]

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9A43-B