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An Johann Gottlob Immanuel Breitkopf

[Frankfurt, August 1769.]
Gebe dir Gott einen guten
Abend Bruder Gottlob.

Daß du ein rechtschaffner Mensch bist, und brav und dich herausmachst, das sagen mir alle Leute die von Leipzig kommen, und das freut mich höchlich, daß du dich nicht außer zu deiner Avantage änderst, du warst von ieher ein guter Junge, und hattest Menschenverstand, und Gedancken wie ein Mensch der eine Sache begreifft, und Einfälle nicht wie ieder; besuche uns doch einmal, die Mädgen sind hier sehr auf deiner Seite, ich hab ihnen so allerley von dir erzählt, und es sind einige muntre Köpfgen unter ihnen, die meynen es wäre was mit dir anzufangen; schreibe mir doch einmal lieber Bruder, in was für Umständen du ietzo bist.

[216] Ich lebe erträglich. Vergnügt und still. Ich habe ein halb dutzend englische Mädgen die ich offt sehe, und binn in keine verliebt, es sind angenehme Kreaturen, und machen mir das Leben ungemein angenehm. Wer kein Leipzig gesehen hätte, der könnte hier recht wohl seyn; aber das Sachsen, Sachsen! Ey! ey! das ist starcker Toback. Mann mag auch noch so gesund und starck seyn, in dem verfluchten Leipzig, brennt man weg so geschwind wie ein schlechte Pechfackel. Nun, nun, das arme Füchslein, wird nach und nach sich erholen.

Nur eins will ich dir sagen, hüte dich ia für der Lüderlichkeit. Es geht uns Mannsleuten mit unsern Kräfften, wie den Mädgen mit der Ehre, einmal zum Hencker eine Jungferschafft, fort ist sie. Man kann wohl so was wieder quacksalben, aber es wills ihm all nicht thun.

Adieu lieber Bruder. Habe mich lieb, und vergiss mich nicht. Auf's Frühjahr geh ich nach Strasburg. Wer weiß wann wir da wieder was von einander hören. Schreibe mir doch die Zeit einmal, und wenn Bruder Bernhard nicht schreiben will, so lass dir sagen, ob er mir was zu melden hat und setze es mit in deinen Brief. Grüsse Stocken und seine Dame, und sag ihm er machte recht artige Sachen.

Goethe. [217]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1769. An Johann Gottlob Immanuel Breitkopf. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9DDF-8