Internationales Symposium über psychiatrische Rehabilitation vom 23. bis 25. Mai 1963 in Rodewisch i.V. (DDR)

Empfehlungen
‘Arbeitstherapie’

Die Arbeitstherapie ist ein Teil der Komplextherapie aller psychischen Erkrankungen. Sie wird ärztlich verordnert und ist eine therapeutische und rehabilitatorische Maßnahme.

Im Rahmen der psychiatrischen Einrichtung stellt die Arbeitstherapie zahlreiche ökonomische Probleme. Dennoch ist der wirtschaftliche Wert dieser Therapie von secundärer [sic!] Bedeutung. Ihre Hauptaufgabe ist nicht Werte zu schaffen, sondern dem psychisch kranken Menschen bei der Stärkung bzw. Integrierung seienes Selbstbewußtseins und seines Kontaktstrebens zu helfen. Der Akzent liegt nicht auf der Quanität und Qualität der Produktion, sondern auf fem [sic!} individuellen Erlebnis, wieder tätig zu sein und etwas zu schaffen, das seinen Wert auch für die Gesellschaft hat, d.h. Arbeitstherapie muß stets sinnvoll gestaltet werden und sollte schöpferische Kräfte wecken. In diesem Sinne gilt die Forderung SIMON's nach ‘aktiverer psychiatrischer Therapie’ auch heute noch.

Notwendig ist frühestmöglicher Einsatz der Arbeitsherapie, unter Umständen schön während der körperlichen und medikamentösen Behandlung, jeweils nach Sachlage des Einzelfalles.

Im akuten Stadium der Erkrankung kann auf ärztliche Anordnung die Arbeitstherapie (nach Babajan) in passiver Form angewendet werden. Nach Abklingen der akuten Erscheinungen gewinnt die aktive Arbeitstherapie an Bedeutung. Das ärztliche Ziel ist, über die Arbeitstherapie eine frühestmögliche Entlassung des Kranken zu erreichen. Günstigenfalls führt die Arbeitstherapie zur Wiedereingleiderung in den Arbeitsprozeß; stets sollte sie die Zurückführung in die prämorbide soziale Struktur des Erkrankten anstreben oder die Voraussetzungen hierfür schaffen.

Die Arbeitstherapie soll möglichst von ausgebildeteten Arbeitstherapeuten angeleitet werden. Festlegung des Ausbildungsganges und des Berufsbildes für Arbeitstherapeuten ist nowendig.

Da die Arbeitstherapie eine therapeutische Maßnahme ist, kann der Patient im stationären Bereich lediglich eine Arbeitsbelohnung erhalten.

Die Arbeitstherapie wird in den psychiatrischen EInrichtungen in verschiedenen Formen angewandt z.B. zur Verbesserung der Milieus, sie kann in landwirtschaftlichen Arbeiten bestehen, zum anderen können Teilfertigungen für Industriebetriebe durchgeführt werden, die jedoch nicht an Produktionsauflagen und Termine gebunden sein dürfen. Von Betrieben, die Arbeitsauflagen geben, ist die geleistete Arbeit entsrpechend an die Einrichtung zu vergüten. Ein angemessener Anteil muß für Zwecke der Patientenbetreuung unmittelbar zur Verfügung gestellt werden.

Eine wissenschaftlich überzeugende Klärung der Wirkung der Arbeitstherapie ist noch nicht gelungen. Versuche in dieser Richtung bleiben so lange hypothetisch, bis die pathophysiologischen und neuropathologischen Grundlagen der Psychosen - insbesondere der endogenen - aufgehellt sind.

Unsere bisherigen Therapieformen haben sich empirisch entwickelt. Dies gilt für die Arbeitstherapie ebenso wie für die Pharmakotherapie der Psychose. Es muß Ziel der Forschung sein, für die jeweiligen Krankheitsbilder die günstigsten arbeitstherapeutischen Möglichkeiten, die den größten therapeutischen Effekt haben, zu finden.

Ein Patient, der durch Komplextherapie gut gebessert ist und in der Lage ist, unter fachlicher Anleitung und Fürsorge gute Arbeit zu leisten, aber nicht in das häusliche Milieu entlassen werden kann, muß in eine beschützende Umgebung entlassen werden. Es sind hierfür neue, noch nicht überall gebräuchliche Lösungen zu finden, z.B. Kollektive in der Landwirtschaft, Wohnheime mit Arbeitsmöglichkeiten in Industriebetrieben und anderen Einrichtungen z.B. Tagesstationen und Nachtsanatorien. Außerdem ist die weitere Einrichtung von Heilwerkstätten zu planen.

Ein Erfahrungsaustausch zwischen den sozialistischen Ländern über Möglichkeiten der Verbesserung der Arbeitstherapie ist notwendig.

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Internationales Symposium über psychiatrische Rehabilitation vom 23. bis 25. Mai 1963 in Rodewisch i.V.

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TextGrid Repository (2018). Quellensammlung zur Geschichte von Menschen mit Behinderungen. Arbeit. C3 - Transkript. Geschichte-MMB. Internationales Symposium über psychiatrische Rehabilitation vom 23. bis 25. Mai 1963 in Rodewisch i.V.. https://hdl.handle.net/21.11113/0000-000B-D1C4-B