Johann Jacob Bräuner
Physicalisch- und Historisch-Erörterte Curiositæten;
Oder:
Entlarvter Teufflischer Aberglaube
von Wechselbälgen / Wehr-Wölffen, Fliegenden Drachen, Galgen-Männlein, Diebs-Daumen, Hexen-Tantz, Holung auf dem Bock, Irrwischen,Spiritu Familiari, Festmachung, Wütenden Heer, Lösel-Nächten, Alpdrücken, Nessel-Knüpffen, Hexen-Buhlschafft mit dem Teuffel, Crystallen Schauern, Wahrsagungen und andern dergleichen.
Durch welche der leidige Satan einfältige und unwissende Leute zum Aberglauben reitzet, und in seine Stricke zu verleiten suchet, also fürgestellet und erläutert: Was von solchen Sachen zu halten und zu glauben ist. Auch bey jedem Capitel einige rare und recht wunderwürdige Historien, nebst noch andern seltsamen und lesenswerthen Sachen, zu nützlicher Erbauung und Zeitkürtzung in 50. curiosen Materien fürgestellet.

Vorrede

Vorrede.
Nach Stand und Würden
Geehrter Leser.

Wenn der unerschrockene und standhaffte Bekenner, der muthige und tapffere Streiter, der reinen Evangelischen Wahrheit, unser seeliger Vatter D.M. Lutherus, alle höllische Eigenschafften des Fürsten der Finsterniß, des leidigen Teuffels, zugleich und auf einmahl beschreiben wil: so läst er sich deßwegen in seinem überaus schönen und geistreichen Hymno, Ein veste Burg ist unser GOtt etc. (welchen er auf seiner Reise nach Worms; zu Oppenheim Anno 1521. oder auch, wie andere melden, zu Coburg 1530. verfertiget haben sol,) gleich am End des 1. Verses kurtz und gut also vernehmen:


Der alte böse Feind / mit Ernst ers jetzt meynt /
Groß Macht und viel List / sein grausam Rüstung ist /
Auf Erd ist nicht seins gleichen.

Macht / List und Grausamkeit / also werden uns die drey höchstverderbliche Haupt-Anläuffe des argen bösen Feindes, welche ihm auch die H. Schrifft selbsten zueignet, in angezogenen pathetischen Worten B. Lutheri, ausdrücklich nahmhafft gemacht.

Mächtig und von grosser Gewalt ist demnach Satanas seiner Natur nach, als ein Geist davon zeuget Paulus Ephes. VI. 12. Wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpffen, sondern mit Fürsten und Gewaltigen, nemlich mit den Herrn der Welt, die in der Finsternüß dieser Welt herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel. Wenn die Herrn Emblematici den mit Pantzer / Schild / Spieß und Schwerd /mächtig gerüsteten, und ungeheuren Riesen Goliath fürstellen, so schreiben sie die Worte dazu:


Inde timetur.
Die Größ / die Stärck / der Waffen Pracht /
Ihn schröcklich und gewaltig macht.

Gleich also ist Satanas, der starcke gewappnete Höllen Riese / Luc. XI. 21. der ungeheure Behemoth, dessen Knochen fest wie Ertz, und seine Gebeine wie eiserne Stäbe sind. Hiob. XL. 13. der entsetzliche und starcke Leviathan, der uns nicht viel Flehens macht noch heuchlet, und gegen welchen mit aller unsrer Macht nichts gethan ist, und wir uns selbst gelassen den Streit mit ihm unmöglich ausführen können, sondern bald verlohren sind. Cap. XLI. 21. & 27. Alleinohnmächtige Macht des sonst sehr mächtigen Herrn der Welt! Nichtige und hinfällige Gewalt des Fürsten der Finsternüß, welche sich unter die selbstständige Allmacht dessen, der alle unumschränckte Gewalt hat im Himmel und auf Erden, Matth. VIII. 18. erzitternd und erbebend schmiegen, und biegen muß. Einen starcken, doch aber angeschlossenen Retten-Hund, welcher nur in seiner ihm gemessenen Weite umherlauffen kan, begleitet der Sinn-Spruch:


Non plus ultra.
Biß hieher und weiter nicht /
Ist dir Ziel und Lauff gericht.

Was ist Satanas anders, als der grosse und starcke Höllen-Hund, welchen die unendlich starcke Hand des Allmächtigen mit ewigen und unzerbrechlichen Ketten der Finsternüß unauflößlich angeschlossen hat, 1. Pet. II. 4. damit er nicht hinlauffen, beissen und reissen kan, wie und wo er wil. Und ob er gleichPaulum, das auserwehlte Rüstzeug GOttes, mit Fäusten schlug, II. Cor. XII. 7. Hiob, den gerechten und schlechten, der doch alles Böse meydete, und desselben gleichen an Frömmigkeit im Lande nicht war,Hiob I. 1. an seinem Leibe mit bösen und gifftigen Schwären stäupete, Cap. II. 7. dessen Vieh und andere Haab und Güter, durch Feuer und Feinde verherete und verderbte, auch seine Kinder und Gesinde plötzlich und ohnverwarnter Sache ums Leben brachte,Hiob. I. 4. usque 22. Machte er gleich Saul, den ersten Israelitischen König, unruhig, 1. Sam. XVI. 14. Erwürgte er gleich die sieben Junge Männer Saræ, der Tochter Raguelis, im Schlaffe, Tob. VI, 15. Sprang er gleich auf jene verwegene Teuffels-Banner und für witzige Geister-Beschwerer, zerkratzte und zerhackte sie jämmerlicher weise, daß sie auch den Ort, wo sie Ritter zu werden vermeinten, mit verwundetem und nacketem Leibe schmertzlich und schimpfflich verlassen musten. Actor. XIX. 16. Und richtet er hier und da noch mancherley Schaden und Unglück an; so zeuget zwar solches alles von seiner Macht und Gewalt, was er bereits gethan, und auch noch gern thun möchte und könte, wenn ihm der grosse GOtt den vollen Zügel fahren liesse, aber dieser ists, der ihm Zaum und Gebiß ins Maul leget, daß er nicht überall und zu aller Zeit, wenn er wolte, seine Macht und Gewalt ausüben kan. Und ob ihm gleich je zuweilen der allein weise GOtt zulässet, jene, die Frommen, damit sie sich nicht ihrer hohen Offenbahrung überhebeten, und auch zu mehrerer Stärckung ihres Glaubens, und eintzigem Vertrauen auf die Gnade GOttes, mit Fäusten zu schlagen; 2. Cor. XII. 7. & seqq. und diese, die Gottlosen, aus Zorn und gerechtem Gericht, und wohlverdienter Straffe ihres ruchlosen Wesens halber, zu plagen, in Schaden und Verderben zu setzen, und sie in seinen Stricken gefangen zu führen nach seinem Willen, 2. Tim. II. 25. so ist und bleibet ihm doch, dem allen ohngeacht, der unumstößliche Gräntz-Stein des gerechten und heiligen Willens GOttes gesetzt; mit den Worten umschrieben:


Non plus ultra.
Biß hieher / und weiter nicht /
Ist dir Ziel und Lauff gericht.

Und diesen ist Satanas zu keiner Zeit vermögend zu überschreiten. Er hat derohalben keine Macht, ja nicht einmahl über die unvernünfftige und verächtliche Schweine, Matth. VIII. 30. noch vielweniger hat er Macht und Gewalt über die vernünfftige Creaturen GOttes, als über die Menschen, und unter diesen ins besondere über die Glaubige, denen er ohne GOttes Willen und Zulassung nicht vermag ein Härlein zu krümmen, wird auch noch einstens mit aller seinerMacht und Gewalt zu Schanden werden. Siehet also nun Satanas, daß er mit Macht oder Gewalt nichts auszurichten Erlaubnüs bekommt; so kommt er flugs in veränderter Masque, als ein sehr


Listiger und verschlagener Geist herzu geschlichen, und verstellt sich betrüglicher Weise in einen Engel des Lichts / 2. Cor. XI. 14. Um eine mit vielen bunten Blumen, und wohlriechenden Kräutern bedeckteNatter stehet der Sinn-Spruch:


Latet anguis in Herba.
Unter dieser Blumen-Zier
Liegt ein böß und gifftig Thier.

In einer solchen verdeckten Gestalt præsentirte sich dieser Ertz-Betrieger und Lügner von Anfang, der Teuffel / die alte Schlange / welche mit ihrer List die gantze Welt verführet hat, Apoc. XII. 9. unserer ersten Mutter Eva im Paradiese, um das erste Meister-Stück seiner Schwartzen Kunst ins Werck zu setzen. Ey wie konte ihr doch dieser Tausendkünstler in Zurückhaltung seiner eigentlichen Drachen-Gestalt einen so artigen blauen Dunst für die Augen machen, wie wuste er doch mit hohen und falschen Schein-Gründen das Verbott des Allerhöchsten zu verstimmlen, verkehren, und gantz anders zu deuten, die gedrohete schwere Todes-Straffe aber klüglich auszureden, hergegen eine gewiß zu erhaltende Weißheit, Herrschafft und Herrlichkeit unter einem theuren Endschwur anzupreisen; und Evam so lange mit süssen, schmeichlenden und schlüpfferigten Schlangen-Worten und angenehmen Zuspruch aufzuhalten, biß sie nach frecher Augen-Weide aus lüsterndem Appetit die stoltze Hand ausreckete, die verbottene Frucht behend ergriff, und nebst ihrem Manne dem Adam den unseeligen und verbottenen Biß drein thäten; dadurch sie sich und uns allen den zeitlichen und ewigen Tod samt allem Unglück an Halß gegessen, und in die ewige Dienstbarkeit und Sclaverey des Satans gestürtzet haben. Daraus wir aber (GOtt sey ewig Danck)durch den Sieg des Lammes in seinem Blut wiederum erlöset und befreyet worden. Satanas aber, der uns gerne aufs neue in sein Netz zu ziehen Belieben träget, gehet deßwegen Tag und Nacht auf Parthey aus, leget aller Orten gefährliche Stricke, braucht viele listige Räncke und Anläuffe / uns wiederum unter seine Herrschafft und Sclaverey zu bringen. Unter solchen teufflichen Fündlein aber ist nichts gemeiners, und welches viele Menschen für ein geringes achten, als der verdammliche Aberglaube / durch welchen so viele Leute verwicklet und eingeschläffert werden, daß er fast mehr für keine Sünde gehalten werden wil, und ist der rechte und wahre Glaube dergestallt verdunckelt, daß Einfältige und Unwissende zwischen dem Rechten und Aberglauben fast keinen Unterscheid machen können. Welches wir täglich erfahren an einfältigen Fuhrleuten, welche des Morgens ihre Rosse (oder Pferde) nicht eher einspannen, biß sie ihnen vorhero den Rücken mit Saltz bestreuet, in der aberglaubischen Meynung / dadurch zu verhindern, daß solchen durch Zauberey kein Schade zugefügt werden könte. Item, ein schwanger Weib soll durch keinen Nothstall für einer Schmiede gehen, sonst müste sie ihr Kind länger tragen, und schwere Geburt haben. Item, so man über ein Kind geschritten, wachse es nicht fort, man schreite denn wieder zurück. Item, wenn ein Mensch im Hauße stirbt, soll man ein Fenster im Logiment aufmachen, daß die Seele hinaus fahren könte. Item, es soll kein Verlobter seiner Braut ein Buch geben, sonst zerblättere sich die Liebe. Und was des aberglaubischen Zeugs und Dinges noch mehr ist; worüber doch, leyder! so fest und steiff gehalten wird, daß man das aberglaubische Volck davon abzuhalten grosse Mühe haben muß; da inzwischen des wahren GOttes und des lieben Gebets gantz und gar dabey vergessen wird. Wenn das fürwitzige und neubegierige Volck einem liederlichen Gauckler oder pralendem Marckschreyer, der doch nur jedermann mit lauter Betrug die Augen blendet, oder sonsten sehr viele und handgreiffliche Lügen herzusagen weiß, um nur dadurch seine nichts-taugende Waaren an den Mann zu bringen, oder auch denen Einfältigen das Geld aus dem Beutel zu locken, hauffenweiß zulaufft, Beyfall gibt, und ihm noch darzu seine nichts nutzende Mischmaschereyen abkaufft; so stehet das Lemma dabey:


Habeat sibi.
Wers glaubt / was er gelogen /
Der wird mit Recht betrogen.

Auf eben die Art macht es auch der listige und verschlagene Teuffel / und treibet beständig unter denen Leuten sein verdammtes Gauckelspiel undheillose Krämerey / sie dadurch im Aberglauben je mehr und mehr zu verstricken, weil er wohl weiß, daß die jetzige Welt sehr curieux neubegierig ist, und sich um alles bekümmert, ja auch von den allergeheimsten und raresten Sachen der Welt Unterricht zu haben verlanget; und durch solche Neugierigkeit kauffen die Menschen zu ihremmercklichen Schaden und Verderben dem Satan seine betrügliche u. vergifftete Waaren öffters ab. Wir wollen hier zum Exempel setzen, was nicht für Teufels-Werck getrieben wird durch das verdammliche Crystall-Schauen derWahrsagerinnen / als des Teufels Affen und Meerkatzen / womit er die Leute zum Stand locker. Item, wie auf mancherley Art curiöse und Mannsüchtige ledige Weibs-Personen ihre Gauckeley in den H. Weyhnachts-Zeiten des Nachts treiben, um zu erfahren, was sie für Männer bekommen werden; Item, was auch noch für Teuffels-Wercke mit Diebs-Daumen /Galgen-Männlein / Spirit Famil. Festmachen /durch Wahrsager und Oracula, Nativi tät stellen /Zeichendeuten / Seegensprechen / Tage wählen /und dergleichen Sachen mehr getrieben werden, welches alles leichtsinnige und so genannte Christen für ein geringes achten, nicht bedenckende, wie sie dadurch in des Teuffels Stricken gefangen, und schändlich hinter das Licht geführet werden, daß das Sprüchwort an ihnen wahr wird:


Habeat sibi.
Wers glaubt / was er gelogen /
Der wird mit Recht betrogen.

Und hieher ist auch noch dieser greuliche Betrug des Satans zu rechnen, womit er diejenige arme Menschen, so mit ihm in einem würcklichen Bund stehen, überlistet und gefangen hält, da er ihnen unter mancherley Ganckel-Possen viele vermeinte Reichthümer / wollüstige gute faule Tage / und sonst noch tausenderley Ergötzlichkeiten mehr verschaffet und geniessen lässet; ex. gr. ihnen verborgene Schätze zeiget / sie in der Lufft auf mancherley Arten zu ihren Versammlungen, Täntzen und Mahlzeiten abholet oder sonsten wunderbarlicher Weise schnell und in sehr kurtzer Zeit viele Meilen Wegs weit von einem Ort zum andern herum führer; ferner ihnen durch subtile Verblendungen mancherley Verwandlungen in Wehrwölffe / Katzen und dergleichen als Schlaffenden einzubilden pfleget, it. mit ihnenvermeinte Buhlschafft und Unzucht treibet, und in ihnen, als den Kindern des Unglaubens / seinWerck und Wesen hat, wodurch er sie aber jemehr und mehr von Gott und seinem Heil. Wort abwendet, je vester und vester in seine Banden und Stricke verwicklet, und sie endlich, wo sie sich nicht von demselben noch hier in der Gnaden-Zeit durch wahre Busse und Glauben an Christum loß reissen, gar in die Hölle ziehet, und zu seinen ewigen Sclaven macht und behält.

Endlich ist auch Satanas ein grausamer und boßhaffter Feind / ein Ertzbösewicht / welcher immerdar seine feurige Pfeile auf uns loßdrücket, Ephes. VI. ℣. 16. ja seine Boßheit ist grösser als aller Menschen Boßheit. Wenn ein zorniger Mörder, oder grimmiger Löwe umher gehet, und auf Blut lauret, so setzet man zu solchen Sinnbildern das Lemma:


Nulli parcit, occidit.
Niemand schont er / seine Wuth
Geht auf Leben, Leib und Blut.

Satanas ist eben der rechte Haupt-Bandit undMörder von Anfang / Joh. VIII. ℣. 44 der über uns alle einen grossen Zorn hat, Apoc. XII. ℣. 12. er ist der grimmige und brüllende Löwe / welcher Tag und Nacht herum gehet und uns gäntzlich mir Leib und Seel zu verschlingen suchet, 1. Pet. V. ℣. 8. er ist gantz unersättlich in seiner Boßheit und Grausamkeit / und kan solche zu keiner Zeit unterlassen. War es demnach nicht eine neidische und sehr grosse Boßheit / daß er denen nach dem Ebenbilde GOttes erschaffenen ersten Menschen diese ihre grosse Glückseeligkeit im Stande ihrer Unschuld mißgönnete, und sie durch seine boßhaffte List zur Ubertrettung des göttlichen Befehls verleitete? War es nicht eine teuffelische Grausamkeit und verleumderische Boßheit, daß er durch sein verdammtes Geschwätz und lügenhaffte Läster-Zunge der von GOtt selbst belobten Frömmigkeit des gerechten Hiobs eine gantz andere Farbe anstrich, Hiob. 1. ℣. 8–10. und dadurch gleichsam GOtt dahin bewoge, ihn und alle das Seinige seiner (doch in gewissen Gräntzen eingeschlossenen) Grausamkeit zu übergeben; welche er auch nach allen ihm vergönnten Käfften tyrannisch gnug ins Werck setzte? Cap. I. & II. Und mit was unerhörter und erschrecklicher Grausamkeit und Boßheit wütet und tobet er nicht in denjenigen elenden und erbarmungs-würdigen Menschen, welche ihm der gerechte GOtt aus heiligen Ursachen zur leiblichen Besitzung übergiebt, die betrübteste und entsetzlichste Exempel davon sind so wol in heiliger als auch Profan-Schrifften in ziemlicher Menge zu finden und zu lesen. Und von aller dieser seiner Grausamkeit und Boßheit nun stehet Satanas noch nicht ab, er treibet sie vielmehr ohnausgesetzt biß auf den heutigen Tag beständig fort, und das entweder durch sich selbst / da er zu grosser Betrübniß und Kummer mancher Eltern auf GOttes Verhängniß ihnen ihre rechte leibliche junge zarte Kinder, wann sie solche nicht dem Macht-Schutz des Allmächtigen fleißig anbefehlen, frevel- und boßhaffter weise wegstehle, und an deren statt unrechte ungestallte Monstra, Kielkröpffe oder Wechselbälge legen soll, die durch ihr fürchterliches Geschrey /Unersättlichkeit / wüstes und unflätiges Bezeigen /grossen Schrecken, Last und Ungelegenheit verursachen, welche unmenschliche Teuffels Banckert aber Satanas öffters durch fast lächerliche Mittel, (absonderlich aber durch inbrünstiges Gebet zu GOtt) wieder wegzunehmen, und die rechte natürliche und leibliche Kinder herbey zu schaffen gezwungen werde. Ferner treibt auch Satanas grosse Grausam keit und Boßheit durch seine liebe getreue Reichsgenossen / als Hexen / Unholden und Zauberer / in denen er sein Werck hat, und sie unauffhörlich anreitzet durch mancherley lose Verzauberung, Gifftmischung und andere böse Teuffels-Künste überall und an allen Orten, wo sie nur können Schaden, Verderben, Jammer, Unglück, Elend und Hertzeleyd an Menschen, Vieh, Hauß, Hoff und denen Früchten und Gewächsen der Erden an- und auszurichten. Und dieses gottlose Teuffels-Geschmeiß scheuet sich auch im geringsten nicht, durch ihr verfluchtes Zauber-Wesen ihrem Nächsten u. Neben-Menschen Schaden u. Leyd zuzufügen, und das geschiehet entweder durch Verlähmung derer Glieder / Benehmung ehelicher Wercke / verzauberte Liebe, mancheböse Kranckheiten oder durch dergleichen zauberische Thaten noch mehr; an welchen allen, wann sie geschehen können, oder würcklich gar geschehen sind, Satanas, als ein grausamer und boßhaffter Schadenfroh, allen seinen Lusten und Gefallen hat, auch wünschet und hefftig verlanget, daß alle Menschen seiner Boßheit und Grausamkeit herhalten müsten. Ein Wandersmann, der durch einen ungeheuren und unsichern Wald reisen muß, schläffet nicht, sondern siehet sich beständig um, ob etwa ein Mörder oder reissendes Thier herfür springen möchte, ihn zu verderben, deßwegen hält er seine Waffen in guter Bereitschafft, um dem sich ereignenden Uberfall Widerstand zu thun; und da gut ihm das Sprüchwort:


Orat & vigilat.
Dieweil er in Gefahr /
So nimmt er seiner wahr.

Ein frommer und rechtschaffener Christ, so auch durch diese Welt-Wüste reisen muß, ist fast keine Stunde sicher, in welcher er sich nicht des grausamen Anfalls des boßhafften Seelen-Mörders undheißhungeringen Löwens / des Satans / und allerseiner geschwornen Werckzeugen und Gehülffen zu befürchten hat, deßwegen muß es stets bey ihm heissen:


Orat & vigilat.
Dieweil er in Gefahr /
So nimmt er seiner wahr.

Er wachet demnach in steter Nüchterkeit und Mässigkeit, und spricht: Ich steh hier auf der Wacht /und gebe fleißig acht, wenn dieser komt gegangen, der meine Seel will fangen. Er betet aber auch dabey im Geist und Glauben, weil er wohl weiß, daß des Gerechten Gebet viel vermag / wenn es ernstlich ist. Jacob. V. ℣. 16. er betet im starcken Vertrauen, erhöret zu werden im Nahmen JEsu Christi, also: Für dem Teuffel uns bewahr! dann groß Macht und viel List / sein grausam Rüstung ist /auf Erd ist nicht seins gleichen.

Nun in gegenwärtigem Buch, Physicali sch und Historisch erörterte Curiosit äten oder Entlarvter Teuflischer Aberglaube genannt, findet der geehrte Leser eine ziemliche Anzahl Materi en, Ide en /Reali en / Curiosa, merckwürdige Exempel und wunderbare Historien / welche von dem, was bißher gesaget worden, mehrere und weitläufftigere Nachricht geben werden. Sonderlich redet der Author, Herr Joh. Jacob Bräuner seel. gewesener Phil. &. Med. Doctor allhier, hierinnen von der vielfachenList, Betrug und Gauckel-Possen des leidigen Teuffels / als wodurch er am allermeisten die unvorsichtige Menschen von GOtt und seinem Wort abzuwenden Gelegenheit und Gehör findet. GedachterHerr Verfasser aber hat dieses nützliche und Lobens-würdige Werck mit grossem Fleiß aus sehr vielen, theils noch nicht bekannten Authoren genau und richtig zusammen getragen, und seinem Nächsten und Neben-Menschen zum nützlichen Gebrauch ausgefertiget.

Es dienet demnach dieses Buch denen einfältigen und aberglaubischen, wie auch denen boßhafften Leuten, eines theils in ihrem unverantwortlichen Teuffels-Affenwerck zum wohlmeinendem Unterricht /daß sie sich von solchen Gotts-vergessenen und verdammlichen Wegen abziehen lassen, denen unwissenden aber treulich, doch nur kürtzlich zur Unterweisung / und auch noch denen von GOtt abweichenden aberglaubischen, und nach verbottenen Künsten greiffenden Menschen zur heilsamen Warnung / sich von diesen bösen Wegen abschröcken zu lassen; Dergeehrte Leser bediene sich demnach dieser curiös en Materien nicht nur zur angenehmen und nützlichen Zeitkürtzung, sondern auch zu seiner Erbauung, Warnung und Verbesserung.

Er aber, der hochgelobte Sohn des Allerhöchsten, Jesus Christus, welcher erschienen ist die Wercke des Teuffels zu zerstöhren, 1. Joh. III. v. 8. zertrete, als der mächtige und siegreiche Schlangen-Treter / Gen. III. v. 15. den Satan, die alte Schlange, samt allem seinem vegiffteten Saamen und verfluchten Mitgliedern unter unsere Füsse in kurtzem, Rom. XVI. v. 20. Demselben treuen Heyland befehle ich dich, geehrter Leser / zu allen Zeiten. Lebe wohl.

J.G.P.


Franckfurther Oster-Meß, 1737.

Verzeichnüß
Aller in diesem Buch enthaltener curiösen Materien.

I.


Von Wechselbälgen oder Kielkröpffen. Bl. 1

II.


Von der Hexen Buhlschafft mit dem Teuffel. 15

III.


Von Nixen oder Wasser-Geistern. 30

IV.


Vom Hexen-Tantz. 40

V.


Von Holung auf dem Bock. 57

VI.


Vom Crystall-Schauen. 68

VII.


Von Lösel-Nächten. 87

VIII.


Von gezauberter Liebe. 98

IX.


Von ehelicher Wercke Verlust. 112

X.


Vom Alpdrücken. 126

XI.


Von Nachtgängern. 138

XII.


Vom Nativität-Stellen. 152

XIII.


Von der Wünschel-Ruthe. 170

XIV.


Von den Bergmännlein. 192

XV.


Von Irrwischen, und was davon zu halten. 212

XVI.


Von fliegenden Drachen. 219

XVII.


Von Allraunen, Galgen-Männlein, Diebs-Daumen. 225

XVIII.


Von verborgenen Schätzen. 238

XIX.


Von Wehrwölffen, ob solche für wahrhafft zu halten. 246

XX.


Von Gespenstern. 263

XXI.


Vom Kobold oder Hütgen. 278

XXII.


Von falschen Gespenstern. 288

XXIII.


Von Meer-Wundern. 319

XXIV.


Von Panqueten der Geister. 329

XXV.


Wie Gespenstern zu begegnen, und was man davon halten sol. 346

XXVI.


Vom Vestmachen. 361

XXVII.


Vom wütenden Heer. 373

XXVIII.


Vom Geheim-Geist, oder Spiritu familiari. 389

XXIX.


Vom Wahrsagen und Oraculis. 403

XXX.


Von Calender-Wahrsagereyen. 431

XXXI.


Von der Physiognomia. 446

XXXII.


Von der Chiromantia. 469

XXXIII.


Vom Aberglauben guter und böser Zeichen. 487

XXXIV.


Vom Traum-Auslegen. 504

XXXV.


Von Gespenstischer Todes-Verkündigung. 525

XXXVI.


Von Wettermachern. 545

XXXVII.


Von unterschiedenem Licht bey Nacht. 566

XXXVIII.


Von unterschiedenen Wunderthieren. 581

XXXIX.


Von Riesen und Zwergen. 607

XL.


Von Wunder-Geschöpffen GOttes im Wasser. 624

XLI.


Von Wunder-Geschöpffen GOttes im Feuer. 638

XLII.


Von Wunder-Geschöpffen GOttes in der Lufft. 660

XLIII.


Von Wunder-Geschöpffen GOttes auf Erden. 680

XLIV.


Von Cometen und Regenbogen. 698

XLV.


Von Erdbeben. 717

XLVI.


Von Sieben-Schläffern. 738

XLVII.


Von D. Faust und seinem Famulo Wagner. 752

XLVIII.


Vom grossen Christoffel. 775

XLIX.


Von Menschen, so unter der Erde wohnen. 791

L.


De Diebus Criticis & Annis climacteribus. 803

1. Von Wechselbälgen oder Kiehlkröpffen

[1] I.

Von Wechselbälgen oder Kiehlkröpffen.

Gleichwie der leidige Teuffel und abgesagte Menschen-Feind seine Boßheit auf vielerley Weise auslässet, so läßt sich solcher mehrmahl würcklich mercken, wie er seine Tücke an dem weiblichen Geschlecht, sonderheitlich an den armen Kindbetterinnen und derer zarten Leibes-Frucht, ausüben möchte: und strebt den Säuglingen sonderlichen nach, selbige zu fällen, weil er sich besorgen muß, daß ein oder das andere unter solchen seyn möchte, welches ihm seiner Zeit einen Abbruch und Stöhrung an seinem teuffelischen Reich thun mochte: Sonderlich greifft er diese Kindbetterinnen mit allerhand Schrecken, auch offt mit Schwermuth, an, raubet ihnen auch zu mehrmahlen die Kindlein von der Seite hinweg, und leget ihnen ein anders an derer Stelle, welche sodann Wechselbälg oder Kiehlkröpff genannt werden. 1 Und solchen Wechsel-Raub [1] Raub begehet er gemeiniglich durch seine ergebene Zauberer oder Zauberinnen, welche er unsichtbar machet, und also in die Stuben oder Kammern hinein practiciret, wiewohl solche auch zuweilen den Kindbetterinnen zu Gesicht kommen und ihnen mancherley Plage anthun; sonderheitlich denen, die sich und ihr Kindlein nicht jedesmahl treulich dem Schirm und Schutz GOttes des Allmächtigen befehlen. Derohalben hoch nothwendig, daß sonderlich Kindbetterinnen durch ein eyfrig Gebet in ihrer Kindbetts-Zeit eine Schutz-Wehr bauen, und mit dem Läger der Heil. Engel umringen. Wie denn leider! zu bedauren, daß manche mehr sinnen, wie sie sich mit ihrem Kindlein prächtig aufputzen und prangen können, als dem hochnothigen H. Gebet nachsinnen. 2 Und schreibt Er. Francisci aus Schererzeri Tract ätlein von Gespenstern, wie einer Sechswöchnerin diese Awentheuer begegnet: In der Stuben, da sie ihr Kindbett hielte, schlieff eine gar alte Frau, welche auch kurtz hernach, durch den Tod, ihres Alters entladen wurde. 3 Dieselbe ward, sowol mit innerlichen im Gewissen, als auch mit äusserlichen Versuchungen, von den Gespenstern jämmerlich geängstiget, also, daß sie gedachter Schererzius mit tröstlichem Zusprechen täglich aufrichten muste. Wie diese Wittib nun bisweilen an dem Leib und Gemüth einen Anfall ausgestanden, pflog sie dieser ihrer [2] beschwägerten Kindbetterin, als ihrer Hauß-Wirthin, eine Warnung zu geben, sie solte um Mitternacht ja nicht schlafen, sondern fleißig wachen, weil etwas kommen und ihr Kind wegraffen würde.

Nach etlichen Tagen ist ein Gespenst auf diese Kindbetterin wie eine schwere Last gefallen, und hat sich hin und wieder über sie geweltzet, hatte auch das Kind weggerissen, wenn es die Mutter nicht mit ihren Armen umfasset und vest gehalten. Hierauf hat sie sich, nach ausgestandenem Schröcken, sehr übel befunden, und an dem obern Leib eine schwere Kranckheit erlitten, die GOTT gleichwohl endlich gemindert.

Unterdeß hat man doch Exempel, daß der böse Geist seine Tücke, auf GOttes Verhängniß, würcklich ausgeführet, wo nehmlich das Liebe Gebet, als die eigentliche Wehr und Waffen darwider, nicht genugsam gebrauchet werden, daß alsdenn ein falsches Kind der Mutter an statt ihres weggeraubten Säuglings an die Stelle geleget worden. Wie mir denn ein schröcklich Exempel bekannt, so Anno 1673. da ich mich Studirens wegen in Padua aufgehalten, einer armen Bauers-Frau, unweit selbigen Orts, begegnet: 4 solcher ist von einer alten sichtbarlichen Zauberin ihr Kind bey Mitternacht im Schlaff an der Brust ausgewechselt worden; als aber solche eben mit zur Thür hinaus wischen will, ist ihr der Kindbetterin Bruder, ein Geistlicher, in [3] der Stuben-Thür entgegen getreten: und als er das Kindlein schreyen gehöret, welches diese Zauberin alsobald auf den Boden niedergeleget, hebt es der Geistliche voller Schrecken auf, und trägt es seiner Schwester an das Bett: da er sie aber bey dem Nacht-Licht erblicket, siehet er, daß solche ein Kindlein schlafende an ihrer Brust säugete: wecket selbige auf, zündet ein Licht an, und befindet, daß das von ihm aufgehobene Kind mit dem saugenden einerley Gestalt, Wickelbinde und alles mit dem andern gleich hat worüber sie gewaltig erstaunet, und Mutter, Vater, Geistlicher noch Umstehende alle nicht wissen können, welches der Mutter ihr rechtes Kind sey. 5 Und also hatte der Satan die Leut verblendet, daß sie solche nicht unterscheiden konten: Diese arme Eltern hielten bis an Morgen fleißig Wache, zeigeten solches hernach ihrem Geistlichen, welcher das Kind getaufft hatte, an, solcher ermangelte nicht, beyde zu segnen, und mit Weyh-Wasser zu besprengen, aber da wolte sich kein Unterscheid finden, noch ausweisen, ausser daß die Kindbetterin sagete, wie das eine so unmäßig saugete, daß das andere nichts vor selbigem in der Brust finden könte: woraus die Verständigsten schliessen wolten, daß solches das zugelegte Kind seyn müsse: worauf der Kindbetterin gerathen worden, demjenigen, so allzustarck saugete, die Brust zu entziehen, und solches [4] mit Wasser abspeisen, hingegen dem andern ihre Brust fleißig geben solte, so auch geschehen, worauf das verdächtige Kind Tag und Nacht geschryen. Endlich am 5ten Tag kommt ein ander benachbart altes Weib in die Stube, und wil der Kindbetterin ihr Leid klagen, erbietet sich auch, bey selbiger über Nacht zu wachen, und reichete nach dem verdächtigen Kind, man wolte aber solches von ihr nicht anrühren lassen, sondern schaffete solche, weil sie ohnedem sehr zerkratzt, auch braun und blau um die Augen ausgesehen, mit Manier wieder fort, und ließ selbige Nacht 2. bekannte Weiber bey der Kindbetterin, und weil beyde Kinder auch fein ruhig samt der Wöchnerin schliefen, waren selbige sonder Sorge: da aber die eine Frau, als die Kindbetterin erwachet, zu der Wiegen kommen, worin das schreyende Kind gelegen, war nichts mehr als s.h. die voller Unrath gemachete Windeln in der Wiegen anzutreffen: woraus jedermann schloß, daß dieses alte Weib, so Abends also zerkratzt, auch die Zauberin gewesen, welche der Satan also gezeichnet hatte, die hernach auch das unrechte Kind wieder weggetragen. Hierauf ist die Kindbetterin und Kindlein bis zu Ende ihrer 6.Wochen in guter Ruhe verblieben.

Wir wollen allhier nicht anführen, sondern in einem absonderlichen Capitel melden, was einige gelehrte Leute von Erzeugung [5] solcher Wechsel-Kinder geschrieben, und auf was Art dieselbe durch Vermischung mit dem Satan geschehen könte, sondern allhier etliche Exempel von solchen Kiehlkröpffen erzehlen.

Paulus Frisius Nagoldanus in seinem Bericht von Hexen und Unholden im 5. Punct schreibt: 6 Zu Heßloch bey Odernheim im Gow gelegen, hat sichs auf eine Zeit zugetragen, daß ein Kellner, oder Hofmann gesessen, der sich mit seiner Köchin heimlich, und zwischen ihnen beyden also verlobt, weil sie sich nicht öffentlich verheyrathen dürfften, inmassen er ein Diener der Geistlichen war, so solte doch ihre Beywohnung eine Ehe seyn, und wolten sich auch nicht anders gegen einander verhalten, als Ehe-Leute: Und als sie ein Kindlein miteinander erzeuget, hat sie GOtt der HErr also heimgesuchet, daß er sie mit einem Wechsel-Kind gestrafft hat. 7 Das hat nicht wollen wachsen, es hat nicht wollen zunehmen, es hat Tag und Nacht geheulet und geschryen, und immer gefressen. Endlich ist die Frau Raths worden, sie wolle ihr Kind gen Neuhausen auf die Cyriacks-Wiegen tragen, und wiegen lassen, und aus dem Cyriacks-Brunnen ihm zu trincken geben, so möchte es besser mit ihm werden; denn zu selbiger Zeit hatten die Leute einen grossen Glauben daran, so man ein Kind zu Neuhausen wiegen liesse, auf der grossen Cyriacks-Wiegen, das nicht gedeyhen [6] wolte, solte es sich gewißlich in 9. Tagen entweder zum Leben oder zum Tod verändern. 8 Als sie nun zu Westhoven mit dem Kind in den Klawer kommen, unter welchem sie getragen, daß sie gekeucht und geschwitzt hat, also schwer ist es ihr worden, ist ihr ein fahrender Schüler begegnet, der hat zu ihr gesaget: Ey Fräulein, was traget ihr für einen Unflath, es wäre nicht Wunder, daß er euch den Halß eindruckte; hat sie geantwortet: Es wäre ihr liebes Kind, und wolte nicht gedeyhen oder zunehmen, und darum wolle sie es zu Neuhausen wiegen lassen. Er aber sprach: Es ist nicht euer Kind, sondern es ist der leibhaffte Teuffel, werfft den Schelmen in die Bach; Als sie aber nicht wolte, sondern immer darauf beharrete, es wäre ihr Kind, und küssete es, sprach er ferner: Euer Kind stehet daheim in der Stuben-Kammer hinter der Arcken in einer neuen Wiegen, diß ist der Teuffel, werfft den Unflath in die Bach: das hat sie mit Weinen und Heulen gethan. Und alsobald ist ein solch Geheul und Gemurmel unter derselben Brücken, so daselbst über die Bach gehet, als ob es ein Hauffen Wölffe und Bären wären, entstanden. Und als sie heimkommen, hat sie ihr Kindlein frisch und gesund in einer neuen Wiegen gefunden. Also hat GOtt der HErr ohne Zweiffel das Kindlein erhalten, die Zeit über als sie dem Teuffel [7] das Wechsel-Kind gesäuget hat. Vid. Hildebrand. pag. 108.

Folgende Geschicht wird ebenfalls von gedachtemHildebrand, in Entdeckung der Zauberey p. 109. beschrieben, welche wahrhafftig geschehen seyn soll. 9 Nahe bey Breßlau wohnete ein nahmhaffter Edelmann, der hatte im Sommer viel Heu und Krummet aufzumachen, darzu ihm dann seine Unterthanen fröhnen musten: Unter diesen ward auch beruffen eine Kindbetterin, so kaum 8. Tage im Kindbett gelegen; wie sie nun siehet, daß der Juncker ihrer nicht verschonen wolte, auch niemand hatte, den sie an ihrer Stelle senden konte, gehet sie und nimmet ihr Kindlein mit ihr hinaus, leget es auf ein Häufflein Gras, ging von ihm, und halff Heu machen.

Als sie nun etliche Stunden gearbeitet, und zu ihrem Kinde, dasselbe zu säugen, gehen will, siehet sie das Kind an, schreyet hefftig, schläget die Hände übern Kopff zusammen, und klaget männiglich, das wäre nicht ihr Kind: weil es so geitzig ihr die Milch entzöge und so unmenschlich heulete, so sie an ihrem Kinde nicht gewohnt wäre. Sie klagete solches dem Juncker, der sagte: Frau, wann euch bedünckt, daß diß nicht euer Kind, so thut eins, und traget es auf die Wiese, da ihr das vorige Kind hingeleget habt, und streicht es mit der Ruthe hefftig, so werdet ihr Wunder sehen. [8] Die Frau folgete solchem Rath, ging hinaus, und strich das Wechsel-Kind mit der Ruthen, davon es sehr geschryen hat, da brachte der Teuffel das gestohlne Kind wieder, und sprach: Da hasts, und mit dem nahm er sein Kind hinweg: Diese Geschicht ist lautbar, und bey Jungen und Alten derselben Gegenden um und in Breßlau kundig.

Bey Halberstadt (schreibt gemeldter) hat ein Mann auch einen Kiehlkropff gehabt, der nicht nur seine Mutter, sondern auch noch 5. andere Säugerinnen augesauget, und über das sehr viel gefressen und sich seltsam geberdet. 10 Diesem Mann haben Leute den Rath gegeben, er solte das Kind zur Wallfahrt gen Hockelstadt zur Jungfrau Maria geloben, und daselbst wiegen lassen. Diesem folgt der Bauer und trägt ihn dahin in einem Korbe: wie er aber mit ihm über ein Wasser gehet, und auf dem Steg oder Brücke ist, so ist ein Teuffel unten im Wasser, der ruffet ihm zu und spricht: Kiehlkropff, Kiehlkropff, da antwortet das Kind so im Korbe saß, das vorher kein Wort geredet hatte, ho, ho; deß war der Bauer ungewohnt, und sehr erschrocken; darauf fraget der Teuffel im Wasser ferner: Wo wilt du hin? Der Kiehlkropff sagte: Ich will gen Hockelstadt zu unser lieben Frauen und mick allda laten wiegen, dat ick mög etwa diegen. Wie solches der Bauer hörete, daß das Wechselkind [9] reden konte, welches er zuvor nie von ihm vermercket, wird er zornig, und wirfft das Kind alsbald ins Wasser, mit dem Korb, darinn ers truge; da sind die zween Teuffel zusammen gefahren, haben geschryen: ho, ho, ha, mit einander gespielet, sich mit einander überworffen, und sind darnach sogleich verschwunden. 11

Solche Wechselbälge oder Kiehlkröpffe supponir Satan in locum verorum filiorum und plaget die Leute damit: Denn diese Gewalt hat der Satan, daß er die Kinder auswechselt und einem für sein Kind einen Teuffel in die Wiege leget, das denn nicht gedeyhet, sondern nur frisset und sauget: Aber man saget, daß solche Kiehlkröpffe über 18. oder 19. Jahr nicht alt werden.

In Lutheri Tisch-Reden lieset man, vor (damahl) 8. Jahren war zu Dessau eins, das ich D. Martin Luther gesehen und angegriffen habe, welches 12. Jahr alt war: 12 seine Augen und alle Sinne hatte, daß man meynete, es wäre ein recht Kind, dasselbe thät nichts, denn daß es nur fraß, und zwar so viel, als irgend 4. Bauren, oder Trescher. Es fraß, schiß und seichte: und wann man es angriff, so schrye es; wanns übel im Hauß zugieng, so lachte es, und war frölich, gieng es aber wohl zu, so weinete es, diese zwey Tugenden hatte es an sich, so sagte ich zu den Fürsten von [10] Anhalt: Wenn ich da Fürst oder Herr wäre, so wolte ich mit diesem Kind in das Wasser in die Molda, so bey Dessau fliest, und wolte das Homicidium daran wagen. Aber der Churfürst zu Sachsen, so mit zu Dessau war, und die Fürsten zu Anhalt, wolten mir nicht folgen, da sprach ich: So solten sie die Christen in der Kirchen ein Vater Unser beten lassen, daß der liebe GOtt den Teuffel hinweg nehme, das thät man täglich zu Dessau, so starb dasselbe Wechselkind im andern Jahr darnach.

Aus obangeregten Geschichten fället demnach die Frage für, ob denn solche Kiehlkröpffe oder Wechselbälge für rechte Menschen oder verlarvte Teuffel anzusehen? und ob sie ein rechter Cörper oder nur eine blosse Larve oder Gespenst wären? 13 Und im Fall sie ein wahrer Cörper, woraus doch derselbe möge eigentlich erzeuget seyn?

Er. Francisci schreibt: Es ist kaum zu zweifflen, daß wo nicht allemahl, (denn man weiß, daß ein solches Wechselkind zuweilen auch wohl verschwunden sey) doch gleichwohl gemeiniglich die Kiehlkröpffe einen rechten cörperlichen Leib haben: angemerckt, manche derselben allmählig erkranckt, ausgedorret und gestorben sind; darzu man, des Exempels halben, sich nicht weit umsehen noch in die Ferne gehen dürffte. Dannenhero nicht zu läugnen, daß sie insgemein eine materialische Substantz [11] haben. Woher aber? das bleibe doch noch die unbeantwortete Frage.

Es vermuthen und sinnen etliche behutsame Theologi, der Satan verstelle nur die gestohlene Kinder mit einer lüstlichen Gestalt, (sonderlich, weil sie insgemein von Leibe hager und kurtz seyn, aber einen grossen dicken Kopff haben) und gebe ihnen ihr recht natürlich Kind wieder; aber darum so verstellt, daß sie es hassen sollten und beweget werden, ins Wasser zu werffen, oder zu verbrennen; und also an ihrem eigenen Fleisch einen Mord zu begehen.

Nun dürffte es bisweilen, aber gewißlich wunderselten, also damit ergehen; denn das widrige, nemlich, daß es das recht natürliche Kind nicht seye, stehet leicht darbey abzunehmen; weil er auf eifferiges Gebet offt gedrungen wird, das rechte wieder herbey zu schaffen, nachdem man ihm das falsche auf den Mist hinaus geworffen, oder von ihm selbst hingegen wieder gehohlt worden. Allermassen ein gewisser geistlicher Scribent im Zweiffel gestanden, ob der Teuffel nicht etwa die Eltern nur also verblende, daß sie ihr leiblich Kind für ein unnatürliches ansehen? welche Sorgfalt dann nicht allerdings zu verwerffen. Unterdessen fället doch vermuthlich, der Wechselbalg sey selten ein natürliches Kind. Wiewohl man doch auch nicht kecklich sagen darff, es sey ein blosses Gespenst oder nichts anders, als [12] der Teuffel; sondern lieber es für einen solchen Leib halten, den der Satan herbey gebracht und daselbst hinein gefahren.

Aber woraus sollte er denselben wohl zusammen richten? der Satan, sprechen etliche, kan gar leicht dasjenige, was etwa ein gottloser Mensch, ein Weichling nemlich, aus verdammter Sodomitischer Geilheit und Lust-Seuche, ausserhalb fleischlicher Vermischung, oder ehelicher Beywohnung von sich gelassen, nach einer von seiner leichtfertigen Vetteln, behende und aufs allerschnelleste übertragen und zu dem Ort der Empfängniß hinein parthieren: davon nachmahls, vielleicht auf GOttes Verhängniß, ein solcher Wechselbalg gebohren werde; welcher doch darum mit nichten ein Mensch, sondern, wofern er etwa in ihm selbst ein rechtes Leben habe, nichts anders als etwa ein Thier, oder etwas, so demselben ähnlich sey; Andere sagen, es werde bloß allein, aus dem weiblichen Saamen und Monats-Geblüt, etwas solches gebohren, welches der Satan an statt einer Seelen belebe, bewege, und dadurch rede. Ich will nicht dafür sprechen, daß solches nicht bisweilen geschehe; doch gleichwohl eben so wenig dafür halten: daß nicht offtmahl der Teuffel einen solchen Cörper nur aus einem Aas oder Schind-Leiche künstlich zusammen füge und darein fahre. Denn am allerseltsamsten wird es das rechte natürliche, [13] aber nur vom Teuffel unkanntlich gemachte Kind seyn. Jedoch begehre ich auch nicht zu läugnen, daß bisweilen eine solche blosse Verblendung vom bösen Geist gespielet werde.

Es gibt bisweilen Wechselbälge, die man nicht wohl anders, als für Teuffels-Bruten schätzen kan. Es mögen solchen nun gleich Teuffel aus einem Aas einen Cörper erkünstlen und darein fahren, oder sonst den Leuten die Augen verblenden, daß sie einen Leib zu sehen sich einbilden, da solches doch nichts anders, als vielleicht ein blosser Augen-Betrug ist.

Delrio lib. 2. Disquisit. Magic. quæst. 15. p. 180. erzehlt, daß ein solcher verstellter Teuffel müsse der Knab gewesen seyn, welchen seiner Zeit ein Bettler in Spanien durch Gallicien und Austurien, mit höchster Beschwer und Ermüdung auf den Schultern herum getragen; Als einsmahls ein Ordens-Mann diesen Wunder-schweren Buben unterweges an einem seichten Fluß angetroffen, und aus Mitleiden hinter sich auf sein Pferd genommen, mit äusserster Mühe und Krafft kaum durch das Fließ-Wasser hinüber tragen können: an jenseits Ufer bald hernach hat man den Bettler ergriffen, und hat derselbe bekannt, dieser sey kein rechter Knabe, sondern der Teuffel gewesen, welcher ihm versprochen hätte, er wolte alle Leute bewegen, ihm Allmosen zu [14] geben, so lang er ihn also in Gestalt eines krancken Knabens herum tragen würde. 14

Wir wollen es allhier bewenden und fernerem Bedencken gelehrter Theologorum überlassen, indessen in folgendem von teufflischer Vermischung mit den Hexen ein weniges gedencken.

Marginalien

1 Wie der Teuffel die rechte Kinder verwechselt.
2 I. Geschicht.
3 Kindbetterin wird gewarnet.
4 II. Geschicht.
Ein Kind wird ausgewechselt / die Hex aber darbey betreten.
5 Wechselkind kan von dem rechten nicht unterschieden werden.
6 III. Geschicht.
7 Eigenschafften eines Wechsel-Kindes.
8 Soll zu Neuhaus in St. Cyriacus-Wiege geleget werden.
9 IV. Geschicht. Ein Kind wird einer Bäuerin auf dem Heumachen ausgewechselt.
10 V. Geschicht. Wechselbalg sauget 5. Weiber aus.
11 Wird ins Wasser geworffen.
12 VI. Geschicht.
13 Frage / ob solche Kiehlkröpffe rechte Menschen seyn.
14 Teuffel läßt sich in Kindes-Gestalt von einem Bettler herum tragen.

2. Von der Hexen Buhlschafft mit dem Teuffel

II.

Von der Hexen Buhlschafft mit dem Teuffel.

Voriges Capitel gibt fernere Anleitung etwas zu untersuchen, ob der leidige Satan in Gestalt eines Mannes mit den Hexen Buhlschaft pflegen, und aus solcher Vermischung Kinder gezeuget werden können. 1 Nun ist es eine gemeine Sage, daß der Teuffel nicht allein in Gestalt eines Menschen erscheine, sondern auch, daß sich die Geister fleischlicher Weise mit Weibern vermischen, und aus solchem Beyschlaff Kinder zeugen können: welche man Campsiones, oder Wechselkinder, verworffene Kinder und Wechselbälge zu nennen pfleget, wie vielerley Historien davon bey unterschiedenen Autoren beschrieben worden. Wann man es aber reifflich überleget, so wird sich finden, daß alles wider die Natur und die Heil. Schrifft [15] lauffe. Denn es können (1) Geist und Leib, derer Natur und Eigenschafft gantz und gar ungleich seyn, sich zu solchem Werck keinesweges schicken: dann dieweil die Geister weder Fleisch noch Beine haben, Luc. 24. so können sie auch mit fleischlicher Lust gegen die Weiber nicht entzündet werden. So (2) die unreinen Geister zu solcher Unkeuschheit Lust und Begierde hätten, und auf einerley Weise vermöchten zu vollbringen, so würden sie solche Schande vielmehr unter einander selbst, als mit dem Menschen treiben. (3) Möchten und könten die geistliche Creaturen fleischlich mit den Weibern zu thun haben, wie sollten wir auch bisweilen nicht sehen, daß etliche aus dem Beyschlaff von den Weibern ohne des Mannes Saamen gebohren würden. (4) Das vornehmste, um Kinder zu zeugen, ist die Krafft des Hertzens, so die natürliche Wärme mäßiget, damit sie ihre Würckung vollbringen; dieweil dann der Teuffel keine lebendige Seele, die im Hertzen entspringet und die gebahrende Krafft nicht an sich nehmen, und andere nothwendige Stücke darzu zu thun nicht vermag, so mögen auch aus dem Beyschlaff des Teuffels und der geilen Weiber keine Kinder erzeuget werden. (5) So nun der Teuffel in männlicher Gestalt die Weiber solte können beschlaffen und schwächen, wie würde man dann die versehrte Zeichen der Jungfrauschafft, [16] wovon MoysesDeut. 22, 13. seq. ein gewisses Zeichen giebt, erkennen und schliessen können. So hat auch 6) die Heil. Schrifft alle Boßheit des Satans bekannt gemachet, aber daß er mit Menschen fleischlicher Weise sollte zu thun haben, davon wird in solcher kein Wort gemeldet. Vid. Thummium tract. de Sagor. impiet. quæst. 4. p. 25. Also ist es (7) teufflisch und gotteslästerlich. Denn niemahls ist ein Mensch gefunden worden, der aus einem Geist und aus einem Weib gebohren ist. (Ausgenommen unser HErr und Heyland Christus JEsus, der ohne Zuthun eines Manns von dem H. Geist, aus der gebenedeyeten Jungfrauen Maria ist in diese Welt, aus grosser Gnade und Barmhertzigkeit gegen uns, gebohren worden. Luc. 1, 34.) Was die Heydnischen Poeten von solcher Materie gedichtet, dienet bey uns zu keinem Beweiß. Endlich ist es vielmehr eine Phantasia und Einbildung, daß die bösen Geister mit den Weibern buhlen sollten. Ob wohl die Hexen offtmahls bekennen, daß sie von ihren Buhlen, da doch dero Ehemann bey ihnen im Bette gelegen, beschlaffen worden, der es nicht empfunden, wäre auch wohl öffter unter dem Volck geschehen, und dannoch nicht gemercket worden. Wie denen geilen und wollüstigen Menschen offt zu träumen pfleget, daß sie eine leibliche Vermischung begehen, da es doch nur im Schlaff ist.

[17] Wir wollen allhier zu des geneigten Lesers ferneren Beurtheilung einige Historien anführen, wie denn der Spanier / Anton Torquemada / in der dritten Tagreise meldet, daß der Teuffel eine Jungfrau, adelichen Geschlechts, zu Calaris oder Cagliari betrüglich mißbrauchet: 2 diese schöne, reiche von grossem Ansehen, und dem Schein nach mit vielen Tugenden begabte Tochter, verliebte sich in einen Ritter, in ihrer Nachbarschafft, betrachtete solchen mit sonders grosser Affection und Liebes-Neigung, offenbahrete ihm aber ihre Gedancken in keine Wege. 3 Nach Verlauff einiger Zeit, da der Jungfer ihr Liebes-Feuer sich in eine geile Brunst verwandelte, bediente sich der Teuffel dieser Gelegenheit, nahm die Gestalt gedachten Ritters an sich; machete bey der Jungfer vertrauliche Kundschafft, und erhielt so viel, daß sie ihm, nach versprochener Ehe, allen fleischlichen Willen bezeigete, niemahls in anderer Meinung, als würde sie von dem eingebildeten Ritter bedienet, und dergestalten ließ sie ihn etliche Monden lang nächtlicher Weile in ihre Kammer kommen, in welcher Zeit der Teuffel sie beredete, daß sie ihm niemahl keinen Boten schicken solte, damit ihre Sache verschwiegen bliebe, und wann er ihrer ansichtig würde, wolte er sich gleichfalls stellen, als ob er sie nicht kennete: daher kame, daß, ob sie schon zu Zeiten den rechten Ritter sahe, sie doch ihrer Abrede [18] nach kein Zeichen einiger Liebe an sich spühren ließ. Eine Zeit hernach gab die Mutter der Jungfrau ein Heiligthum, solches an ihrem Halß zu tragen, daran sich der erdichtete Ritter stellete, ob hätte er einen Abscheu darvor, und blieb gäntzlich bey der Jungfer aus: Also paßirten viele Monden vorbey, in welcher aber der natürliche Ritter sich an einem andern Ort verliebte; wie aber die Jungfrau solches hörete, so wolte sie für Eifer fast vergehen, und weil sie solchen schmertzlichen Verdruß nicht länger endulden konte, sändte sie ihm einen Boten und ließ ihn bitten, er möchte doch zu ihr kommen, sie hätte etwas mit ihm zu reden.

Der Ritter als ein höfflicher Ritter, so zwar von allem keine Wissenschafft hatte, gab ihr die begehrteVisite, fande sie auch gantz allein, und verlangte an sie, was sie gutes bey ihm zu befehlen hätte: Als die Jungfrau solche frembde Reden hörete, als ob er sie kaum kennete, fing sie an sich wider ihn zu beklagen, daß bereits eine geraume Zeit verflossen, in welcher er sich ihrer entschlagen, und sie weder zu sehen, noch mit ihr mehr zu reden gewürdiget. 4 Der Ritter verwunderte sich sehr, als dem, was zwischen ihr und dem Gespenst ergangen, gantz unwissend war: worauf die Jungfrau mit den Worten heraus brach, sagende: Es brauche jetzo seines Verstellens gar nicht, sintemahl kein Mensch bey ihnen wäre: fuhr auch endlich mit Zorn und Schelten [19] heraus, und sprach: Dieweil er ihrer Liebe so lange genossen, wäre es nicht billig, daß er sie gedachte zu verlassen, sondern an dem, daß er seinem Versprechen ein Genüge thun müsse, weil er ihr die Ehe zugesaget: und wann er anders Sinnes sey, wolte sie es nicht allein GOtt und der Welt klagen, sondern auch keinen Fleiß spahren ihn zu zwingen, sein Versprechen zu vollziehen, wann er es nicht mit gutem Willen thun wolte.

Der Ritter über dieses Zureden noch mehr bestürtzt, gab ihr die Antwort, daß er von ihrer Sprache gar nichts verstünde, und müsse sie sich sehr irren. Uber welche Antwort die Jungfer vermeinte rasend zu werden, sagende: Wisset ihr nicht, daß ihr so und so mit mir umgangen seyd? und erzehlte ihm von Punct zu Punct, alles, was ihr von dem Betrüger, unter der Gestalt des Ritters, begegnet wäre; und sagte weiter: Ihr könnet nicht anders, sondern müsset mein Ehemann seyn, und ich eure Frau.

Der Ritter noch weiter bestürtzt, fing an, ihr das Gegentheil zu bezeugen wie sie sich irrete, nur solches zu gedencken, um wie vielmehr zu erweisen; Und als sie deswegen streitig wurden, nennte ihm die Jungfer den Tag ihrer Verlöbniß, an welchem ein hohes Fest gewesen sey. 5

Der Ritter betheurete mit einem Eid, daß er nicht allein an selbigem Tage, sondern 3. Wochen schon vorhero, weder in der [20] Stadt noch in seinem Hause, sondern mehr als 50. Meilen von dannen gewesen wäre, mit Versprechen, solches klar zu erweisen, protestirte aber, wofern sie jemand unter seinem Nahmen betrogen, so könnte und wolte er keine Schuld haben.

Die betrogene Jungfer war über solche Aussage sehr betrübt und traurig, und fing an, etlicher sonderbarer Sachen in vergangener That sich zu erinnern, woraus sie bald abnahm, daß kein sterblicher Mensch solche verrichten können. Woraus sie endlich so viel abmerckete, daß es alles des Teuffels Betrug gewesen wäre. Und nachdem der Ritter wieder von ihr abgeschieden, fing sie an, des Teuffels Betrug mehr und mehr zu überlegen, verfluchte ihre fleischliche Begierden, veränderte ihr Gemüth, begab sich in ein Kloster, allwo sie die Zeit ihres Lebens vollendete: Hieraus ist zu schliessen, wie der Teuffel geschäfftig ist, den inwendigen Unflath fleischlicher Begierden in den Gottes-vergessenen Menschen sich zu Nutzen zu machen.

Wir lesen bey Jacob Sprenger / daß ein Zauberer zu Coblentz gesessen, welcher in Gegenwart seines Weibes und Gesellen solche fleischliche Ubungen verrichtete, da doch von keinem nicht das geringste von einem Weibe gesehen worden. 6

Auch schreibt Johannes Franciscus Picus, Printz von Miranda, der doch selbst der Zauberey halber nicht so gar unverdächtig gewesen, er habe einen Zauberischen Priester [21] gesehen, genannt Benedict Bern, seines Alters 80. jährig, der ungescheuet ausgegeben, er habe mehr denn 40. Jahr mit einem Geiste, der in der Gestalt eines Weibs, unerkannt von männiglich, stets sein Gefährt gewesen, fleischlich zugehalten, und habe diesen seinen geistlichen Leib-Wärter Harmone genannt. Schreibt auch ferner, von einen andern Priester, seines Alters 70. Jahr, der mehr als 50. Jahr mit einem in Weibs-Gestalt bösen Geist sich beflecket. Welchen beyden aber der Lust mit des Feuers Gluth zur zeitlichen Strasse gebüsset worden. Vid. Hildebrand von Zauberey pag. 102.

Erstgedachter Autor continuiret folgend: 7 Und damit wir eine neuliche noch in frischem Gedächtniß habende Geschicht einführen, ist kundbar von einer Aebtißin, Magdalena von Creutz genannt, bürtig von Corduba in Hispanien, die, nachdem sie bey ihren Schwestern und Ordens-Frauen in Verdacht kam, als ob sie eine Hexin wäre und darneben, wann sie verklaget würde, das Feuer sehr befürchtete: da gedachte sie der Beschwerlichkeit vorzubauen, und bey dem Pabst hierüber Ablaß zu erlangen; bekannte derowegen, daß in stehendem 12. jährigen Alter ein böser Geist in Mohren. Gestalt zu ihr kommen, der sie um ihre Ehre angestrenget, dem sie zu Willen worden, und von der Zeit an mehr denn 30. Jahr [22] aneinander bey ihm gelegen, und der teuffelischen Lüsten gepfleget. 8 Ihr Buhle hat sie auch der Treu geniessen lassen, und bey nahe eine Heilige aus ihr gemachet; dann wann sie in der Kirche war, ward sie in die Höhe gehoben; und wann die andern Schwestern zur Communion giengen, so flog nach der Consecration, im Angesicht ihrer aller, die Hostie zu ihr in die Lufft. Darum hielten sie ihre Ordens-Frauen für heilig, ja selbst der Priester meynete nicht anders, dieweil ihm damahls eine Hostie gemangelt hatte; auch thät sich bisweilen das Gemäuer voneinander, auf daß sie nur die Hostien sehen möchte. Sie hat gleichwohl von Pabst Paulo dem dritten Pardon erlangt, nachdem sie die Aergerniß, wie sie saget, bereuet gehabt. Aber ich halte dafür, sie seye durch ihre Eltern gleich aus Mutter-Leib dem Satan für eigen übergeben gewesen.

Von einem Gespenst, welches von einem Jüngling beschlafen, wird von Petro Loyero de Spectris ausÆliano Phegonte, des Kaysers Adriani Freygelassenen, erzehlet, also: 9 Daß zu seiner Zeit ein Patricius, Nahmens Demostrates, mit seinem Weibe Charito eine eintzige Tochter, Nahmens Philinion, von vortrefflicher Schönheit, habe gezeuget, die aber in eine jählinge Kranckheit gefallen und Todes verblichen, auch mit grossem Hertzeleyd ihrer Eltern, die sie auch darauf balsamiret, mit schönen Kleidern, [23] Kleinodien und anderem Schmuck ausgezieret, zur Erden bestatten lassen. 10 Es begab sich aber, daß ein Jüngling, Nahmens Machates, bey dem Demostrate einkehrete, und, nachdeme er sich vorher ein wenig erquickt, in einer besonderen Schlaf-Kammer noch etwas saß, kame zu ihm ein schönes Weibsbild, mit frölichem Angesicht und holdseligen Geberden, und grüssete ihn aufs freundlichste; als er darüber sehr erschrack, trat sie etwas näher zu ihm, lachete ihn sehr freundlich an, und sprach: Wundere dich nicht, mein Machates, ich bin deines Wirthes Tochter, ich habe viel von deinen guten Qualitäten und deiner Geschicklichkeit gehöret, und mich auch alsobald in dich verliebet, ich komme selber, wiewohl wider geziemende Anständigkeit weiblichen Geschlechts, zu dir, und bitte dich um Liebe, die du mir mit deiner freundlichen Umfahung wollest wiederfahren lassen. Und, damit ich deiner Liebe geniessen möge, habe ich diese Nacht-Zeit erwählet, da sie alle im Hause in tiefem Schlaf liegen. Der Jüngling umfieng sie alsobald, that nach ihrem Begehren, und ergetzte sie mit den Confituren, die er durch seinen Diener in die Kammer bringen ließ. Ehe aber der Morgen anbrach, nahm die Philinion von ihrem Buhlen mit vielem Küssen und Umfahen wiederum ihren Abschied, vorgebende, sie müste sich beyzeiten wieder in ihre Kammer machen, damit es etwa Vater und Mutter [24] nicht mercken möchten; versprach aber, auf künfftige Nacht ihn wieder zu besuchen, da sie noch ferner ihrer Liebe pflegen wolten: verehrete ihm darauf, zu holdseligem Andencken, einen schönen Ring von ihrem Finger, und ihr künstlich-genehetes Brusttuch: welches Machates annahm, und ihr hingegen verehrete einen eisernen Ring, den er, nach selbiger Gewohnheit, an seinem Finger truge, und eine künstlich silberne und überguldte Schale. Als sie nun hinweg war, kame die Mutter, ihre liebe Tochter freundlich zu empfangen; denn sie hatte von ihrer Magd erfahren, daß sie die verstorbene Philinion durch die offenstehende Thür mit dem Frembdling an dem Tisch sitzen gesehen, aber sie fand sie nicht mehr: in der folgenden Nacht fand sie aber Gelegenheit ihrer Tochter ansichtig zu werden, und, nebst Ausgiessung vieler Thränen, zu küssen. Aber als die Philinion sich über diese ungestüme Sorgfältigkeit beklaget und ihrer Eltern zukünfftig Elend bedauret, verschwandt der Geist, und blieb der Cörper todt und kalt liegen. Als dieses nun Stadt-kundig war, lief der Stadhalter mit etlichen aus dem Rath zu dem Grabe der verstorbenen Philinion, zu sehen, ob auch ihr Leichnam anzutreffen, aber sie funden dasselbe leer, und nichts mehr darinnen, als den Ring und die verguldete Schale, mit welchem die Jungfrau von dem Machate war verehret worden.

[25] Niemand soll hier glauben, daß ein Verstorbener in eigener Person dem Leibe oder der Seele nach könne wieder kommen, sondern der Teufel, als ein unreiner Geist, hat den Jüngling zur Hurerey verleitet. Erscheinen aber solche Gespenster, die dem Verstorbenen ähnlich, so sind es böse Geister, die solche Gestalt, oder ja bisweilen der Verstorbenen Cörper, an sich nehmen, und damit die Leute zu allerhand Aberglauben verführen. Vid. Reuter vom Reich des Teuffels /p.m. 1167.

Ganfred. Antiscod. lib. 3. c. 26. und Ulric. Molitor, in seinem Büchlein von Hexen und Unholden,Dial. 7. schreiben eine wunderliche Geschicht, so sie für eine gantze Wahrheit ausgeben, daß ihm ein sehr Adelicher Jüngling und guter Schwimmer gesaget, wie er zu Nacht beym Mond-Schein in dem Meer gebadet, und ein Weib, das ihm nachgeschwommen, beyn Haaren ergriffen habe, der Meynung, es wäre seiner Mit-Gesellen einer, der ihn unter das Wasser tauchen wolte, welche er habe angeredet, aber kein Wort abgewinnen mögen. 11 Worauf er sie mit seinem Mantel bedeckt, mit sich heimgeführet, und zuletzt ihm öffentlich und ehrlich vermählet. Als ihn aber seiner Gesellen einer auf eine Zeit darum gescholten, daß er ihm ein Gespenst vermählet, sey er darüber entrüstet worden, habe sein Schwerd gezuckt, und gedrohet, [26] den Sohn, welchen er mit ihr gezeuget, für ihren Augen umzubringen, wann sie nicht reden und anzeigen wolte, wannenher sie käme. Darauf sie gesaget, wehe dir armen Menschen, daß du mich nöthigest zu reden, denn damit wirst du um dein Weib kommen, ich wäre bey dir geblieben und hätte dir viel genutzt, so du mir das auferlegte Stillschweigen vergönnet hättest. Nun aber wirst du mich nicht mehr sehen, und ist hiemit verschwunden, der Knab aber wuchs, und fieng auch an im Meer zu baden, ward auch zuletzt von diesem vermeinten Weibe auf dem Wasser, in Gegenwart vieler Leute, vor ihren Augen verzuckt. Bey angeführtem Autore p. 1161.

Noch eins will zum Beschluß dieses Capitels anhero fügen. 12 Nicht weit von R. an der Tauber kam in eines ehelichen Mannes Hauß einer, dem Ansehen nach als ein Edelmann, mit zwey Dienern, deren einer pfeiffen, der andere aber geigen konte, der gab für, er wäre derowegen kommen, daß er seine züchtige und wohlgezogene Tochter zur Ehe begehre, richtete Gastmahl an, banquetirte, tantzete und war frölich, wie die Freyer pflegen. 13 Der Wirth merckte, daß es nicht recht zugienge, sprach zu seinem Gaste, es wäre eine ungleiche Heurath, edel und unedel schickten sich nicht zusammen, er solte sich anderswo bewerben; als aber der Gast nicht ablassen wolte, und sich ein andermahl wieder einstellete, da ladet [27] der Wirth einen Geistlichen zu sich, mit dem er über Tisch aus der Heil. Schrifft redete: solches verdroß den Gast, sprechende: Wenn man will frölich seyn, soll man nicht von andern Dingen reden. Da fuhr der Wirth heraus, und sagete: Ihr seyd Buben und unsere Feinde, ihr seyd kommen mich und die Meinigen zu beschädigen, es soll euch aber, so GOtt will, nicht gelingen, wir sind getaufft und trauen auf unsern HErrn Christum, der wird uns alle Wider eure Macht und List zu schützen wissen: alsobald fuhren die Bösewichter davon, liessen einen bösen unleidlichen Gestanck hinter sich, und blieben 3. Leichname, welche vom Galgen entführet worden, in der Stube liegen. 14 Wenn nun der Satan einen solchen angenommenen Manns-Leib bewegen und mit sich herum führen kan, und nach seinem Gefallen daraus würcken; so kan er ja auch leicht vergossenen Saamen erwischen, einem Weibe beybringen und sie dadurch schwängern. Wie denn die Hexen selber von dieser Buhlschafft bekennen, daß ihnen keine rechte natürliche Lust darbey sey, wie bey natürlicher Männer-Gesellschafft, und sey der Saame unlieblich und kalt.

Allein hierwider muß man (1) wissen, daß es nicht genug sey zu erweisen, was der Teuffel könne, sondern man muß anzeigen, was ihm GOtt der HErr zugelassen habe. 15 Gewiß kan der Teuffel viel, er ist listig [28] und darbey mächtig, dennoch ohne GOttes Willen konte er den Hiob nicht am Leibe antasten, und uns ein eintziges Haar an unserm Leib kräncken. Man muß (2) auch nicht allein hier fragen, was der Teuffel könne, sondern ob er jemahls eine Beschwängerung bewerckstelliget, und haben wir bereits oben erwiesen, daß es (3) wider die Schrifft und wider die Natur sey. Daß einige sagen wollen, schreibt Peter Goldschmidt in seinem höllischen Morpheus §. 73. der Teuffel könne generiren Krafft des gestohlenen Seminis aut malitia aut defluxu corporis deperditi, ist die grösseste Thorheit. Zumahlen, daß ein Physicus gestehen und nothwendig zugeben muß, daß alsobald der Semen extra destinatos ad generationem à natura locellos projectum, vim plasticam verliehre, und zur Fermentation gantz untüchtig sey. Vid. Wier. lib. 2. c. 37. p.m. 498. seq. Sperling. Instit. Phys. lib. 2. c. 4. quæst. 11. p. 385. Was auch einige darwiderphantasiren wollen, die da sagen, daß die Teuffel in forma Sucubæ den Saamen von den Männern empfangen, und wiederum in forma incubi den Weibern es beybringen und also Kinder zeugen können. Vid. Thom. p. 1. q. 51. art. 3. Conimbr. lib. de generat. 1. c. 4. q. 10. Es bleibt aber darbey und hält die Wahrheit, daß der Teuffel in angenommener Gestalt gantz und gar nicht generiren könne, auch nicht per delatum [29] semen, sondern wo ein Kind gezeuget ist, muß es entweder ein gestöhlenes oder auch ein Teuffel selbst gewesen seyn: wie Lutherus in den Tisch-Reden tit. 24. saget. Ein mehres hiervon kan beyFrommanno de fascinat. magica lib. 3. part. 6. c. 19. gelesen werden.

Marginalien

1 Ob der Teuffel mit Hexen sich fleischlich vermischen kan?

2 I. Geschicht.


3 Teuffel verstellt sich in eines Ritters Gestalt / treibt Unkeuschheit in dessen Gestalt mit der geilen Jungfer.


4 Der redliche Ritter wird in Anspruch genommen.

5 Der Betrug wird erwiesen.
6 II. Geschichte
Münch hat lange Jahr mit einem Teuffel zugehalten.
7 III. Geschicht.
8 Aebtißin gestehet von selbst ihre Buhlschafft mit dem Teuffel.
9 IV. Geschicht.
10 Gespenst kommt zu einem Jüngling / welcher mit solchem Unkeuschheit treibet.
11 V. Geschicht.
Ein adelicher Jüngling fähet eine Buhlschafft im Wasser / und vermischet sich mit solcher.
12 VI. Geschicht.
13 Teuffel im adelichen Aufzug / will eines Wirths Tochter zur Ehe haben.
14 Wie solcher abgewiesen wird.
15 Solcher Beyschlaff wird widersprochen.

3. Von Nixen oder Wasser-Geistern

III.

Von Nixen oder Wasser-Geistern.

So wird unter den gemeinen Leuten viel Sagens und Mährlein von Wasser-Nixen erzehlet, welche solche einfältige Leute auch gantz gewiß glauben und andern wieder erzehlen; es ist aber meistens nur ein erdichtet Wesen, und kein Glaube zuzustellen, wiewohl auch nicht zu läugnen, daß sich böse Geister an- unter- und auf dem Wasser sehen lassen, welche auch Wasser-Männlein und Wasser-Weiblein genennet werden, diese sind es, so wir eigentlich den Nix, in LateinNixas, heissen. 1 Solche Nixen aber gehören eigentlich unter die verdammten Geister, dieweil solche daher nicht unter die Menschen zu zehlen; sintemahl GOtt dem menschlichen Geschlecht den Erdboden zu bewohnen gegeben: zu den guten Engeln kan man sie auch nicht rechnen, denn dieselbe thun den [30] Menschen kein Böses, und machen ihnen kein Schröcken: so find es auch keine Meer-Wunder, weil es denenselben an Verstand und Wissenschafft mangelt, wohl aber ist uns wissend, daß die bösen Geister in der Lufft, im Wasser, im Feuer und auf Erden, theils auch unter der Erden, ihren unruhigen Aufenthalt haben, da sie dann dem Menschen überall nachschleichen um selbigem an seiner Seel oder Leib zu schaden, oder zu ängstigen. Jedoch ist nicht zu schliessen, ob wäre einer sonderbaren Gattung Teuffel das Wasser zu ihrer Wohnung zugeeigenet, als zu einer ihrer Gefängniß. Nein, sondern die Teuffel beziehen alle Elementa, nachdem ihnen ungezweiffelt ihr Obrister Fürst Lucifer Ordre gibt. Daß nun solche Wasser-Gespenster, Leute in Lebens-Gefahr bringen, oder sonst Furcht und Schröcken einjagen, davon werde einige Exempel beybringen, wann vorher etwas von der gemeinen unwissenden Leutlein Fabel-Werck erinnert, damit sie selbst das Gute von dem Falschen unterscheiden können, als:

In Leipzig ist für dem Ranstädter Thor ein Wasser, so die Elster genannt, und allda in die Pleisse fället, in welches bey Sommer-Hitze viel junges Volck zu baden pfleget; solches Wasser aber hat einen betrüglichen Lauff, denn zuweilen hat es eine ungemeine Tieffe, zu Zeiten auch an einigen Orten Sand-Bäncke, sonderlich einen, welcher insgemein das Studenten-Baad [31] genennet wird, von diesem ist die gemeine Sage, daß solches alle Jahr einen Menschen haben müsse, wie dann auch die Wahrheit, daß fast alle Sommer ein Mensch darinn ertrincket, und wird davon geglaubt, als ob der Wasser-Nix einen hinunter drückte, daß er ersauffen müste: allein es hat damit eine gantz andere Beschaffenheit, und verhält sich, wie folget: Wenn junge Leute, welche den Leib vorher sehr erhitzt, sich jähling abkleiden und auf ihr Schwimmen sich verlassende, so schnell ins Wasser springen, so erstarren von des Wassers ungemeinen Kälte die allzuhefftig erhitzte Nerven, und verursachet einen Krampff, da sich dann auch die besten Schwimmer nicht mehr helffen, sondern untergehen und ertrincken müssen. 2 Wovon unterschiedene Exempel von einigen angeführt werden könten, welche von ihren Cameraden errettet und wieder heraus gezogen worden, beym Leben erhalten, und hernach über solchen Krampff geklaget haben.

Nun ist wohl nicht zu zweifflen, daß der Satan auch die Menschen durch seine List und Tücke zu fällen suchet, wie an einem Exempel bey meinem Gedencken geschehen, daß Kinder miteinander gespielet, und sie nahe am Wasser bedunckt, als wären viel schöne bunte Läpplein am Ufer aufgehencket, welche denn die Kinder gern erlangen wollen, unter welchen sich eines Messerschmidts Töchterlein von 6. Jahren gewaget, mit [32] einem Stöcklein solche Läpplein zu sich zu ziehen, ist aber geglitschet, und in den Strohm kommen, und hat in Gegenwart noch anderer 6. Kinder, seiner Gespielen, zu der Eltern Leid-Wesen jämmerlich ertrincken müssen: dieweil nun die gesammte Kinder einhellig gesaget, wie so schöne Läpplein solches von mancherley Farben gewesen, so sind solche doch, so bald das Kind in den Strohm gefallen, nicht mehr zu sehen gefunden worden. Ungezweiffelt hat der abgesagte Menschen-Feind diese Kinder dergestalt verblendet, und also gereitzet, bis eines durch seine List verunglückt worden.

Ein anderes, wiewohl abergläubiges Histörigen wird von einem solchen Nix-Weibel erzehlt, welche unweit Leipzig offt auf der Strasse gesehen wurde, dieselbe gehe unter andern Bauers-Weibern auf den Wochen-Marckt mit einem Trag-Korb, und kauffete allerhand Victualien, gienge auch mit den Marckt-Leuten wieder zurück, redete aber mit niemand ein eintziges Wort, grüssete und danckete auch niemand auf der Strasse, aber wo sie etwas kauffete, konte sie so genau, wie andere Weiber dingen und handlen. 3 Einsmahl giengen ihr 2. Weiber auf dem Fuß nach, und sahen, wie sie an einem kleinen Wasserlein ihren Trag-Korb niedersetzete, im Augenblick aber seye Korb und Wasser-Weiblein verschwunden und nichts mehr zu sehen gewesen: In ihrer Kleidung war zwischen ihr und andern [33] Bauers-Weibern kein Unterscheid gewesen, ausser, daß derselben Nieder-Kleider 2. zwerch Hand hoch gantz naß gesehen hatten: Weil nun solches bloß allein von gemeinem Volck und niemand glaubwürdiges erwiesen worden, so muß man solches vielmehr für ein Mährlein als Geschicht halten, welchem nachfolgende fast zu vergleichen ist.

Nahe bey der Elbe, allwo ein kleines Wässerlein in selbige fället, so zuvor von Köten gen Barby rinnet und sich mit der Saale vermenget, wird erzehlet, daß ein Mann in Gestalt eines Bauers in ein nahe gelegenes Dorff kommen, und die daselbstige Wehmutter aufs demüthigste gebeten mit ihm zu gehen, und seiner Frauen, um gute Belohnung, in ihren Kindes-Nöthen an handen zu stehen: Die Hebamme war willig und gehet getrost mit dem Mann seines Weges; als er aber von der Strasse abwiche, wurde die Hebamme besorgende und fraget, wo er sie hinführete, und wo er wohnete, sie wisse ja Weg und Steg so gut, als ein Mensch im Lande; der Mann aber tröstete sie gar freundlich, bis sie zwischen Tag- und Nacht-Scheid an das Wässerlein kamen: allda sagete er, Wehmutter, fürchte dich nicht, es geschiehet dir kein Leid, folge mir nur getrost nach; damit schluge er mit seinem Stecken in das Wasser, welches sich voneinander theilete, und die Hebamme bedunckete, sie gehe unterwärts, wie in einen [34] Keller: kame endlich mit dem Mann in eine schlechte Bauern-Stube, worinnen eine Lampe und ein ander Licht brennete, und fande niemand mehr, als ein schlecht Bauers-Weiblein auf einem Pausch Stroh liegen, welche in Kinds-Geburt arbeitete; die Hebamme voller Angst, konte nun nicht anders, als ihr Amt verrichten, und der Bauer, ihr Führer, that alle Handreichung, bis endlich ein Mägdlein hervor kame, das einen grossen dicken Kopff, eingebogene Nase und aufgewurstete Lippen hatte: Nachdem nun alles verrichtet, und solch Kind in grobe Windeln eingewickelt worden, begehrte die Hebamme, ungeachtet es Nacht war, der Mann solte sie nun wieder auf die Straß bringen, allein er sagete, du kanst nicht eher gehen, bis daß du zuvor deinen Lohn hast, und brachte einen leinen Sack voller Geld, allerhand groß und kleiner Sorten an Gold und Silber, und schüttete einen ziemlichen Hauffen auf den Tisch, sagete: Allhier Frau, nehm zum Lohn, was dir gefällig, aber die furchtsame Hebamme nahm nicht mehr als ein 4. Groschen-Stück, und sagete, so viel gehöret mir, gleichwie andere Bauers-Weiber geben: dieses war der Mann zufrieden, und brachte sie mit einem gar duncklen Licht wieder an das Ufer, und sagete: Hiemit gehe hin; es hat dir ein guter Geist gesaget, daß du nicht mehr nehmen solst, sonst würdest du deine Wohnung nimmer gesehen haben, und schenckt ihr damit [35] noch ein Stücklein Geld, so 4. Lothschwer an Silber, aber kein Gepräge darauf mehr zu erkennen gewesen. 4 Womit diese erschrockene Frau bey 3. Viertel-Stund weit in finstrer Nacht wieder nach ihrem Dorff geeilet, und glücklich nacher Hause kommen. Und als sie solches ihren Nachbarn erzehlet, haben selbige bejahet, wie sie eine geraume Zeit um selbige Gegend ein schwanger Weib gesehen, sie aber nicht gekennet hätten. Daß diese Geschicht mehr einem Mährlein gleichet, will fast jedermann Beyfall geben, wenn nicht das Stücklein alt Silber-Geld von der Hebamme jedermann gezeiget worden. Es fallen über solche vielerley Gedancken, einige halten es für ein teufflisches Blendwerck und Gauckeley, andere glauben es für eine wahrhaffte Geschicht, und wollen damit behaupten, daß solches die Kiehlkröpffe oder Wechselbälge wären: was aber davon zu glauben, kan in folgendem ersehen werden.

Christoph Hundhagen in Disput. de potestate Dæmon. cap. ult. §. 5. schreibt, daß ungefehr für 80. Jahren in dem Meißnischen Städtlein Delitsch bey Nacht ein Gespenst eine Kindbetterin mit der Stimme ihres Mannes heraus geruffen und geschryen, das Hauß brennete. 5 Sobald sie hervorgangen, ist sie augenblicklich aufgehoben, durch die Lufft geführet, und an den nächsten Fluß niedergesetzt worden: darinnen sie ohngezweiffelt [36] auch ersäufft wäre, wenn sie nicht gebetet hätte, und GOtt um Hülffe angeruffen.

So berichtet auch Stiefflerus, daß sich in der Stadt Meissen begeben habe, und noch bey Mannes-Gedencken: Wie etliche Becken-Knechte am andern Tage des Heil. Pfingst-Fests unter der Mittags-Predigt, oberhalb der Ziegel-Scheuren, gleich dem Baumgarten über in der Elbe gebadet, und einer unter ihnen, der sich auf seine Fertigkeit im Schwimmen verlassen, zu seinen Cammeraden gesaget: dafern sie ihm einen Thaler aufsetzten, wolte er dreymahl nacheinander unausgeruhet dieses Wasser hin und wieder beschwimmen. Den andern beyden kam solches unglaublich für, und willigten in solch Versprechen: Nachdem solches der verwegene Mensch zweymahl geendet, und nunmehr zum drittenmahl nach dem Sieben-Eychen-Schloß zu hinüber schwimmen wolte: siehe, da springt ein grosser Fisch, wie ein Lachs, vor ihm in die Höhe, und schläget ihn mit sich ins Wasser hinab, also, daß er jämmerlich zu Grunde gehen und ertrincken müssen. Worauf den Häschern von der Obrigkeit anbefohlen worden, solchen noch selbiges Tages zu suchen, die ihn auch oberhalb der Brücken gefunden, und hat man an seinem gantzen Leibe gezwickte Mähler gesehen, so mit Blut unterlauffen waren: da man gar leicht die Narben erkennen konte, welche ihm [37] von dem Nix oder Wasser-Geist gemachet worden. Pag. 460. in seinem Historien-Schatz, ex Francisci höllischem Proteo p. 414.

Herr Baron Valvasor in seiner historisch-topographischen Beschreibung des Hertzogthums Crain meldet unter anderen, daß in dem Fluß Laybach, bey der gleich also benahmsten Stadt Laybach, ein Gespenst wohnete, welches man daselbst den Nix oder Wassermann nennet, derselbe habe sich sowohl bey Nachts-Zeit den Fischern und Schiff-Leuten, als auch andern bey Tage, so bekannt gemachet, daß fast jedermann davon zu erzehlen wisse, solches steige aus dem Wasser hervor, und lasse sich in menschlicher Gestalt blicken. Insonderheit hat sich derselbe Wasser-Teuffel Anno 1547. bey einem Reigen in der Stadt Laybach eingefunden, und als sich daselbst die gantze Nachbarschafft unter einer Linde zu erlustigen, beysammen gefunden, und nach gehaltenem Mahl einen Tantz gethan, ist ein schöner wohl gekleideter Jüngling endlich darzu kommen, der die gantze Versammlung gantz höfflich gegrüsset, auch allen Anwesenden freundlich die Hand geboten, welche gantz weich und kalt gewesen, und allen, von denen sie berühret, eine ungewöhnliche Empfindung erreget hat. Solcher hat hernach eine zwar wohlgestallte, aber frisch und freche Junfrau, Nahmens Ursula Schäfferin, aufgezogen und zum Tantz geführet, die sich auch nach [38] seiner Weise meisterlich bequemen und in alle lustige Possen zu schicken gewust; allein diese beede haben sich allgemach von dem Nix-Tantz-Platz entfernet, bis sie an den Fluß Laybach gekommen, allda sie beyde in den Strohm gesprungen, in Gegenwart vieler Schiff-Leute, und den Zusehern Augenblicks aus den Augen verschwunden, auch hernach niemahls mehr gesehen worden. 6

Eben dieser Autor berichtet, daß das Gespenst nunmehr besser Ruhe gebe, welches man dem öfftern Sagen und Weite des Flusses zurechnete: jedoch füget er herzu, er habe gleichwohl, als er zu Laybach, ohngefehr vor 34. Jahren studirt, selber gesehen, daß, als einsmahl ein Burger, mit Nahmen Schmiedler, bey heller klarer Nacht von einer Hochzeit heimgehen wollen, und gantz allein die sogenannte Brod-Kammer vorbey gangen, ein Mann in einem schwartzen langen Rock von dem Wasser herauf gestiegen, sich zu diesem Mann genahet, denselben zum Wasser geführt, und hinein gestossen, da er denn ohne Zweiffel hätte, weil das Wasser eben groß war, ertrincken müssen, wann er sich nicht hätte an die Schüpffen, allwo man die Becker, so das Brod zu klein backen, ins Wasser schüpfft, so lang gehalten, bis die Wacht herzu geeilet, und ihn wieder aus dem Wasser gezogen, worauf das Gespenst sich geschwind ins Wasser gestürtzt, vermuthlich aus Unmuth, [39] daß man ihm den damahls übel bezechten Schmiedler wieder entrissen. 7

Hildebrand in seiner entdeckten Zauberey nennet solche Wasser-Teuffel auch Nixen, der die Menschen zu ihm hinein ins Wasser zeucht, als Jungfrauen und Mägde, mit welchen er hernach zuhält und Teuffels-Kinder zeuget. Denn sonst Kinderzeugen allein ein göttlich Werck ist, und da muß unser HErr GOtt Schöpffer seyn. Denn wir nennen ihn ja allzeit Vater, und muß auch die Conceptio per constituta media & per homines in einem Momento geschehen. Denn er gebrauchet zur Schöpffung der Menschen, als ein Mittel, und durch dieselbe würckt er alleine, und nicht durch den Teuffel. Darum so müssen es gestohlene Kinder seyn, wie denn der Teuffel wohl Kinder stehlen kan: wie denn bisweilen Kinder von 6. Wochen verlohren werden. Oder müssen Suppositii seyn, Wechsel-Kinder, die die Sachsen Kiehlkröpff nennen.

Marginalien

1 Was die Nixen sind.
2 Warum offt die Leut ertrincken.
3 Nix-Weiblein gehet mit andern zu Marckte.
4 Wasser-Nix hohlet eine Hebamme zu seinem Weib. Will solcher den Lohn geben.
5 Gespenst führet eine Kindbetterin ans Wasser.
6 Wasser-Nix führet eine Jungfer vom Tantz weg.
7 Teuffel stösset einen Mann ins Wasser.

4. Vom Hexen-Tantz

IV.

Vom Hexen-Tantz.

Unter allen Bergen, derer sehr viel in Teutschland seyn, ist fürnehmlich zu rechnen der sogenannte Blocksberg, selbiger kan rings herum auf 16. Meilwegs gesehen werden, von [40] welchem man hält, daß den 1. May in S. Walpurgis Nacht, die Unholden ihre Hexen-Fahrt auf demselben zu haben pflegen, wie Johann Prætorius hievon ein absonderliches Büchlein geschrieben, wovon wir etwas, so allhier dienlich, anführen wollen. 1 Damit sie nun ihre Reise wohl mögen verrichten, so gebrauchen solche dazu unterschiedeneInstrumenta, als lebendige Thiere: Böcke, Ziegen, Kälber, Säue, Wölffe, Katzen, Hunde; theils gebrauchen sie leblose Dinge, als Ofen-Krücken, Spinnrocken, Ofen- Mist- und Heu-Gabeln, Schauffeln, Besem und Mulden. etc. wie davon Bodinus lib. 2. Dæmonum c. 4. schreibt. 2 It. Hildebrand in seiner Theurgia fol. 117. Bevor aber solche dahin fahren, beschmieren und salben sie sich zuvor mit einer ihnen vom Teuffel gegebenen Salbe: und warum solches geschehe, dessen führet der Autor der hundert Erquick-Stunden einige Ursachen an: denn es komme zuweilen, daß die Hexen etwas furchtsam seyn, und der Wegfahrt nicht trauen, oder sie sind so subtil und zart von Leibe, daß sie das harte Angreiffen des Teuffels nicht vertragen können. 3

Darum so erhärtet er durch solche Salbe oder Oel ihre Glieder, bildet ihnen auch ein, daß eine solche Salbe eine hohe Krafft und bewährte Macht bey sich habe. Sonst thut er es auch darum, damit er gleich als ein Affenspiel, die Göttliche Sacramenta [41] vorbilde, und durch vorhergehende Ceremonien seinen Bezauberungen eine Zierde angewinne und anstreiche.

Warum aber die Hexen zu solchem ihrem Convent und Hexen-Sabbath gebracht würden, schreibt Balduinus, cas. Conscient. lib. 3. cap. 5. cas. 7. geschehe darum, daß sie erstlich ihren Bund mit dem Teuffel wieder erneuerten: Item, daß sie Macht vom Teuffel bekämen, zu schaden. 4 Auch daß sie Rechenschafft geben von ihren Thaten, die sie gethan haben. Und daß die verfluchte Eltern ihre Kinder dem Teuffel aufopfferten, und zu solcher unglücklichen Gesellschafft mit verführten, auch endlich, daß sie mit diesen ihren Zusammenkünfften bezeugeten, daß sie bereitwillig wären ihm zu dienen.

Allhier fället billig die Frage ein, ob es wohl zu glauben sey, daß die Zauberer, und Unholden in ferne und abgelegene Oerter zu ihrem Hexen-Tantz, und auf den Brockersberg und an andere Enden leibhafft fahren oder geführt und gebracht werden. 5 Davon seynd hier unterschiedene Meinungen, etliche wollen, daß die Hexen und Unholden wahrhafftig mit den Leibern ihre Fahrt sollen anstellen, und an fern abgelegene Oerter ihre Reise also machen könnten: Und beweisen solches mit folgenden Gründen: Erstlich, weil es dem Teuffel nicht unmöglich sey, solche Fahrt mit ihnen anzustellen, und zweytens, weil solches [42] durch viel Exempel glaubhafft gemachet werde.

Oben angeregter Balduinus cas. conscient. lib. 3.c. 5. cas. 7. saget: Man kan nicht läugnen, daß der Teuffel nicht bisweilen solte die Leiber seiner Leibeigenen anderswo hinbringen können. Und daß die Hexen-Fahrt leiblich sey, beweiset auch der Autor der 100. Erquick-Stunden mit gar viel sowohl weltlich-als geistlichen Historien, und setzt hinzu: Auch hindert und hemmet nichts die Schwere desselben, oder dessen widrige Rückhaltung. Denn des Teuffels Macht und Krafft ist weit grösser, als welcher gantze Berge kan aus ihrem Sitz heben. Auch thut nichts diese Meinung zu hintertreiben, daß man vorschützet, die Geschwindigkeit solcher Fahrt, die in gar kurtzer Zeit einen Weg von grosser Weite, verrichtet.

Man findet ja in weltlichen Historien unterschiedene Exempel davon, P. Grillandus quæst. 7. de Sortileg. erzehlt von einem Weibe aus S. Sabinen-Pfarre, nahe bey Rom, daß sie eine Meisterin in der Teuffels-Kunst gewesen. 6 Sie kame deswegen auch bey ihrem Mann in Verdacht, welcher, ob er sie wohl zur Rede setzte, doch nichts erfahren konte. Gleichwohl dachte er der Sache nach, endlich mit List zu erforschen, und sahe einmahl sein Weib sich des Nachts mit einer Salbe beschmieren, noch geschwinder als ein Vogel entweichen, und aus der [43] obern Kammer in das andere Hauß fahren. Er gieng ihr nach, fand sie aber nicht, sahe nach der Haußthür, die war verschlossen, darüber er sich höchlich verwunderte: Den folgenden Tag fragete er sie abermahl in Ernst, jedoch gantz vergeblich; darum hielt er ihr alles für, was er vorige Nacht von ihr gesehen, ergreifft einen Stab, und prügelt sie wohl, drohete ihr auch noch ein ärgers, doch solte es ihr geschencket seyn, wann sie die Wahrheit gestehen wolte. Weil sie also sahe, daß ferner laugnen umsonst, erzehlt sie ihrem Mann alles, und bittet um Verzeihung, darzu der Mann willigte, wann sie ihn zur Versammlung mitnehmen wolte, welches sie ihm gern zusaget, auch vom Teuffel erlaubt wurde. Wie er nun an den Ort kam, sahe er das Spiel, den Tantz und alles Ubrige; Man setzte ihn auch an die Tafel, und weil er die Speisen sehr ungeschmackt sahe, begehrte er ein wenig Saltz, konte aber so bald keins haben, bis nach vielem und offtmahligem Fordern, man eins brachte: da sagte er: Hor laudato sia Dio, pour venne questo Sale: Nun GOtt sey gelobet, daß Saltz kommen. Auf welche Worte die Teuffel alle verschwunden, sammt allen den Gästen, also, daß er bey ausgelöschten Lichtern nacket und bloß allein da bliebe, bis es Morgens frühe etliche Hirten ersehen, die ihn berichteten, daß er nahe der Stadt Benevento im Königreich Neapolis, [44] und also wohl über 100. welsche Meilen von seiner Heymat sey: derowegen, wie reich er sonst war, hat er doch nach Hauß betteln müssen, und so bald er heim kommen, hat er sein Weib als eine Zauberin bey der Obrigkeit angeklaget, und alles erzehlet, worauf sie auch ihren verdienten Lohn empfangen.

Samuel Heinr. Reuter ex Paul Robers letzte Schale des güldenen Leuchters lit. T. 1. & 11. schreibt aus dem Torquemada, eines Spaniers und gelehrten Mannes, der argwohnete, daß sein Nachbar ein Zauberer wäre; aus grossem Verlangen, die Wahrheit hievon recht zu wissen, gesellete er sich zu ihm, und gieng mit ihm also um, daß er zuletzt die Heimlichkeit erfuhr: 7 der Zauberer hielt von der Zeit an, sich der Sach auch anzunehmen, welchem der andere Gehör gab, und bestimmten einen Tag, sich in der Versammlung zu finden. 8 Als die Nacht dieses Tages kam, führet der Zauberer seinen Gesellen durch etliche Berge und Thäler, die er sein Lebtag nicht gesehen; und düncket ihn, daß sie in wenig Zeit einen weiten Weg gereiset wären. Nachmahls, als sie in ein Feld kommen, gantz mit Bergen umgeben, sahe er eine grosse Anzahl Männer und Weiber, die sich versammleten, und kamen alle zu ihm, waren sehr frölich und danckten ihm, daß er sich auch in ihre Gesellschafft begeben, liessen ihn darneben verstehen, daß er der glückseligste in der Welt sey, [45] und sich über die massen wohl darbey befinden werde. Es war mitten im Felde ein fast hoher und köstlicher Thron: und in der Mitten desselben ein heßlich abscheulicher Bock. Dasselbemahl nun stiegen alle, die in der Versammlung waren, um etliche Staffel hinauf zum Thron, und küsseten diesen Bock in Hindern. Als der fürwitzige Spanier diesen so schröcklichen Greuel sahe und hörete, ob er wohl von den Zauberern erinnert ward, was er thun sollte, konte er doch länger nicht Gedult haben, sondern fing an zu schreyen, und mit voller Stimme GOtt um Hülffe anzuruffen. Alsobald erhube sich ein groß Getümmel, und so erschröcklicher Donner, als ob der Himmel und Erden in Abgrund versincken wolten, also daß dieser Fürwitzige gantz plump verdüstert und unempfindlich todt bliebe. Und alldieweil er in dem Wesen war, vernahm er nichts von dem, was weiter geschahe, und da er wieder zu sich selbst kommen, war es bereit Tag, und befand sich in fast rauhen Bergen gantz zerbrochen und abgemattet, daß ihn deuchte, daß er nicht ein Bein an sich hätte, das gesund und gantz wäre. Und da er wissen wolte, an welchem Ort er seye, gieng er hinab ins ebene Land, allda er Leute gefunden, welche in der Sprache mit denen Spaniern unterschieden; Und wuste er also nichts auszurichten, und muste nur seine Meinung durch Zeichen zu verstehen geben, [46] daß sie ihm zur Hülffe kamen. Da er nun so gar allein reisete, zog er gegen Niedergang, und schweiffete 3. gantzer Jahr herum, bis er mit unzehlbahrer Mühe wieder in Spanien kommen; und da er in seinem Hause war, entdeckte er alles das, was sein böser Fürwitz ihm zu sehen und zu erkennen gegeben, auf welches der Zauberer und andere von der Gesellschafft, von der Obrigkeit gerichtet worden.

Eben gedachter Autor erzehlet auch aus Balduinis Brussi. in Epist. Medic. 50. eine Historie, die zu seiner Zeit in Holland passiret. Es war, spricht er, in dem Dorff Ostbrouck, nicht weit von Utrecht, eine Wittib, bey welcher ein Knecht in Diensten war. 9 Dieser Knecht hatte zu unterschiedenen mahlen gemercket, daß diese Wittib, wenn sich das Gesinde schlaffen geleget hatte, bey später Nacht in den Stall gieng, und die oben den Baaren vest-gemachte Heu-Rötze angriffe. Solches observirte er gar offt, und beschloß endlich, wann die Frau solches wieder thun werde, und abwesend seye, daß er es ihr gleich nachmachen wolte: welches dann auch von ihm geschahe. Es bekame ihme aber solches Nachmachen sehr schlecht; Dann er plötzlich darauf in die Lufft gehoben, und in ein klein Städtlein, welches Wyck heisset, niedergesetzt worden, und zwar daselbst in eine unter-irdische Höhle, woselbst er eine ziemliche Menge Zauberin antraff, [47] unter welchen auch seine Hauß-Mutter begriffen, welche mit einander von ihrem Zauber-Wesen discurirten. Als die Wittib ihren Knecht ansichtig wurde, verwunderte sie sich zuerst über seine plötzliche Ankunfft, fragete ihn darnebst, auf was Weise er dahin kommen. Darauf der Knecht erzehlte, wie es geschehen. Das Weib aber ward darüber zornig, fürchtete sich, daß der Knecht die Sache verrathen möchte, und berathschlagete sich mit ihrer Zauber-Gesellschafft, ob sie denselben tödten oder lebendig lassen wollten: Es ward aber der Schluß, daß er möchte lebendig bleiben, wann er sich mit dem theuresten Eyd verpflichtete, keines von dem, was er gesehen, zu entdecken. Der Knecht solches hörend, schweret ihnen hoch, Treu und Glauben zu halten. Indeß fügete sich die Zeit herbey, daß sie sich zum Abmarsch fertig machten, da dann wieder berathschlaget wurde, ob der Knecht solte lebendig bleiben oder nicht? Endlich aber ward abermahl geschlossen, er solte nach nochmahl gethanem Eyd, nichts zu sagen, das Leben behalten. Als solches geschehen, nahm ihn seine Haußfrau auf den Rocken, und führte ihn unter des Teuffels Geleit mit ihr fort. In solcher Lufft-Reise erblickte die zauberische Wittib einen grossen Fisch-Teich oder Weyher, oder vielmehr einen kleinen stehenden See, in welchem viel Schilff gewachsen, und ließ den Knecht [48] von den Schultern da hineinfallen, damit er von ihrer Boßheit nichts entdecken solte, und gedachte, er solte in solchem Wasser ertrincken: allein sie fehlete in ihrer Hoffnung; indem durch sonderbare Gnade GOttes der Knecht erhalten ward, als der nicht ins Wasser, sondern in den Schilff herab fiel, und keinen tödtlichen Schaden erlitte, wiewohl er von allen seinen Gliedern fast kein eintziges, als die Zunge, gebrauchen konte. Brachte also mit Winseln und Weheklagen die restirende Nacht zu, bis bey Tag die vorüber gehende Leute ihn höreten, aufsucheten und in dem Schilff miserable antraffen, da er weder gehen noch stehen konte, denn ihm beyde Hüfften verrenckt waren. Als er den Leuten auf Befragen den gantzen Handel erzehlet, wie es ihm in seiner Lufft-Fahrt ergangen, ward er endlich auf einen Wagen geleget, und hinein nach Utrecht bracht, allwo er die Sache dem Richter Johann Colenburg kund gethan, welcher in der Sache genaue inquirirte, und die Zauberin zur Hafft bringen ließ, die auch bald ihre Boßheit bekannte, und darauf zu gebührender Straff gezogen worden. Vid. & hanc hist. apud Sim. Majolum in Diebus Canicul.

Bartholomæus Spinæus qu. de Strigib. cap. VI. meldet, daß zu Bergom ein junges Mägdlein bey ihrer Mutter gewohnet, und doch des Nachts in Venedig in ihres Schwähers Bette gantz nacket gefunden [49] worden, und als sie des Morgens von ihren Anverwandten erkannt, und gefraget worden, wie solches zugehe, daß sie ohne Kleider und gantz nacket dahin komme? den Verlauff also erzehlet: 10 Ich lage, sagte sie, über Nacht gantz Woll-nacket in meinem Bette zu Hause, und sahe, wie meine Mutter aus dem Bette aufstund, da sie meinete ich schlieff, und sich nacket mit einer Salbe schmierete und sich damit auf einen darzu bereiteten Stock setzete, als wenn sie reiten wolte, ehe ich es recht gewahr ward, fuhr sie zum Fenster hinaus, und ich sahe sie nicht mehr; Ich stund darauf auch aus meinem Bette auf, und nahm eben diese Salbe und beschmierete mich, und bin also meiner Mutter nachgefahren, fand dieselbe auch bey diesem Bette, in dem Vorhaben, daß sie diesen Knaben tödten wolte, da ich solches sahe, erschrack ich, und weil meine Mutter sich über meiner Ankunfft entsetzete, und mich bedrohete, fing ich an den Nahmen JEsu und unser H. Mutter anzuruffen, und von Stund an verschwand meine Mutter wieder, und ich blieb hier nacket und bloß. 11 Nachdem der Schwäher dieses von dem Mägdlein erfahren, hat er solches dem Patri Inquisitori Bergomensi referirt, welcher darauf die Zauberin einziehen ließ, und nach beschehenem Examen und gethaner Bekänntniß zur gebührenden Straffe bracht.

[50] Paulus Grillandus in seinem Buch de Sortilegiis schreibt, daß im 1524. Jahre er von einem Herrn sey gebeten worden, mit ihm in das Schloß S. Pauli, im Hertzogthum Spolet, zu reisen, drey Hexen zu verhören, und ihnen nach Gestalt der Sachen ihr Recht zu sprechen. 12 Die jüngste unter diesen dreyen bekannte ihnen, es wäre nun wohl 14. Jahr, daß eine alte Hexe sie zur Versammlung anderer Hexen geführet; daselbst wäre ein Teuffel gewesen, der sie dazu beweget, daß sie GOtt, ihren Glauben und Religion verschwören, und hingegen mit einem Eyde, den sie mit Handauflegen auf ein Buch, darinnen etliche seltsame, frembde unbekannte Schrifften gestanden, sich dem Teuffel, ihme zu allem Gebot, treu und gehorsam zu seyn, pflichtig gemachet habe. Und von derselben Zeit an seye sie stets zu Nacht, wenn man sie beruffen, zu dem Hexen-Fest gefahren, und habe alle die, so sie dazu bereden können, mitgeführet. Auch sagete sie, daß ihr der Teuffel ewige Freude und Glückseligkeit zugesaget. Bekannte auch ferner, daß sie Zeithero vier Menschen und viel Vieh habe getödtet, und durch Ungewitter die Früchte verderbet. Sagete auch, wenn es sich begäbe, daß sie auf angesetztem Versammlungs-Tag nicht erschiene, und keine wahrhäffte wohlgefassete Ursach habe, so werde sie des Nachts also geplaget, daß sie weder schlaffen noch ruhen könne. Und wenn [51] sie auf seyn müsse, so höre sie eine Stimme eines Menschen, den sie ihr klein Meisterlein nennen, und bisweilen auch Meister Märtinlein. Darauf, wenn sie sich mit dem besonderen Schmeer hat gesalbet, steige sie auf einen Bock, den halte sie bey den Zoten, der sey denn gantz willig zu der Fuhr, und werde damit gantz plötzlich unter den grossen Nußbaum gen Benevent geführet, allda sie eine Unzahl Zauberer und Hexen finde. Wann sie denn daselbst ihrem Fürsten wiederum Gelübd und Huldigung gethan, so thue man einen Tantz darauf, darnach sitze man zu Tische; und zuletzt vermische sich ein jeder Hellbutz mit dem, oder derjenigen, oder die er in Verwahrung und befohlener Anruffung hat. Wann nun dieses alles verbracht, so kehre jedes wiederum auf seinem Bock zu Hause. Uberdiß beteten sie auch in ihren Häusern insonderheit den Teuffel an. Auf solch Bekäntniß sind sie gegeneinander verhört, confrontirt, und noch andere darzu verklaget worden, welche, nachdem sie der Ubelthat bekannt gewesen, hat man sie lebendig, sammt ihren Salben und Pülverlein, verbrannt. Vid. Hildebrands entdeckte Zauberey 130.

Alle dieses Hexen-Werck aber wird von vielen Gelehrten für ein Fabel-Werck gehalten, oder daß es eine starcke Einbildung der verderbten Phantasey seye. 13 Siehe Malebranchium de inquisitione veritatis [52] lib. 2. cap. ult. oder daß der Teuffel nur durch Zauberey den Leuten die Augen verblende, und als ein Tausendkünstler ihnen im Schlaf allerley seltzame Sachen ein bilde: daß sie vermeinen, sie wären anderswo, und lebten wohl, pflegeten und genössen allerley Freude und Wollust, da sie sich doch daheim auf der Banck, in ihrem Zimmer, oder im Bett befinden. Petrus Martyr l. 1. Samuelis c. 28. schreibt: Damit die Zauberer und Hexenmeister die bösen Geister zu sich locken, pflegen sie mit solchen Salben, die den Schlaff verursachen, sich zu schmieren, und dann legen sie sich in ein Bett, und schlaffen so hart und veste, daß sie nicht aufwachen, ob man sie gleich mit Nadeln steche oder mit Feuer brenne. Unterdessen bildet ihnen der Satan im Schlaff solche seltzame Phantasien ein, daß sie ihnen bedüncken lassen, sie seyen bey herrlichen Gastereyen, sie tantzen und leben in aller Lust und Freude.

Lutherus Tom. I. Jenens. in Erklährung der zehen Gebot, gibt gar viel den Zauberern nach, aber daß sie auf bösen Böcken, Besen, Gabeln und dergleichen reiten, ausfahren und zu ihrer Gesellschafft ziehen sollten, will er nicht zulassen, und saget, daß es nicht glaublich sey: Er setzet auch aus D. Johann Geilers Kaysersberg, weyland Thum-Prediger zu Straßburg, eine Historie, von einer alten Vettel, welche, damit sie ihren Prediger, der solch ihr Lufftfahren, [53] als ein falsch, erdichtet und eingebildet Werck verworffen, Lugen straffen möchte, denselben zu sich gefordert habe, und in seiner Gegenwart sich gesälbet, darnach sich auf eine Gabel gesetzt, als wolte sie gleich davon fahren, aber sie sey alsobald eingeschlaffen, und hab sich wunderlich herum geweltzet, bis sie endlich von der Banck, und ein Loch in Kopff gefallen. 14 Wie sie nun erwachet, und zu sich selbst kommen, habe sie wunderliche Sachen, die sie mittler Zeit gesehen und gehandelt hätte, angezeiget. Sie sey aber durch die Wunde, so sie von dem Fall bekommen, überzeuget worden.

Joh. Baptista Porta schreibt, lib. 2. Magiæ nat. c. 26. daß die Imagination und Einbildung eines Dings bey dem Menschen und sonderlich bey den Weibs-Personen, so mit Hexen-Werck und Zauberey umgehen, gar viel thue, daß, wann sie sich mit Salben, so sie aus etlichen Stücken zugerichtet haben, geschmieret, und davon entschlaffen seyn, sie nicht anders vermeinen, als fahrrn sie stracks dahin zu einer herrlichen Mahlzeit, Seitenspiel, Tantzen, und schönen Jung-Gesellen, da es doch nur lauter Imagination ist. 15 Da ich nun (saget gemeldter Autor) solchen Dingen zum fleißigsten nachforschete, und hin und her gedachte, weilen ich selbst daran sehr zweiffelte, ist mir eine alte Vettel vorkommen, welche mir freywillig [54] versprochen und zugesaget, sie wolle mir in Eil und in kurtzer Zeit hierauf antworten und Bericht thun, ließ also mich und die andern, so als Zeugen bey mir waren, abtreten und hinaus gehen. Nachdem sie sich nun ausgezogen, und mit einer Salben, wie wir solches durch eine Klunse oder Spalt der Thür gesehen, überall geschmieret, ist sie, Krafft derselben schlaffmachenden Salben, niedergefallen, und in einen harten tieffen Schlaff gesuncken: Als wir nun zugefahren und die Thür eröffnet, auch ihr die Haut recht wohl gebläuet, hat sie doch so hart und vest geschlaffen, daß sie keine Schläge gefühlet, noch empfunden, derowegen sind wir wieder hinaus gangen, der Sachen weiter auszuwarten. Indessen ist die Krafft des Schmierens ziemlichermassen verloschen, daß also ihre Würckung aufgehöret, und das Weib vom Schlaff erwachet; da hat sie viel Narren-Werck zu erzehlen angefangen, als wie sie über Berg und Thal und alle Wasser gefahren sey. Wir sagten beständig nein darzu, und ob wir ihr schon die Schläge an ihrer Haut vorweiseten, die sie von uns in solchem Schlaff bekommen hatte, so blieb sie doch auf ihrer Meinung, und wolte recht haben, und war all unser Einreden und Vorreden vergebens.

Im Buch Malleus judicum oder Gesetz-Hammer der unbarmhertzigen Hexen-Richter. Cap. Ob die [55] Hexen auf Besen / Gabeln / Stecken zum Tantz und Wohlleben ausreiten und fahren / §. 4. Es ist doch wahrlich wider alle Vernunfft und die Natur, daß eine erwachsene Person sollte durch ein Rauch-Loch fahren, welches offt so eng ist, daß kaum eine Faust kan hinein gebracht werden. Ja wann sie gar bekennen, daß sie zu Zeiten durch ein Löchlein geschlupffet seyen, dadurch einer kaum einen Finger stecken könnte. Wer solches glaubet, der kan auch glauben, daß ein Kameel durch ein Nadel-Oehr gehe, ein Fuder Wein in ein ohmiges Faß, und ein Malter Korn in einen Fingerhut. Sprichst du aber, man sage, was man wolle, so siehet man doch gleichwohl die Hexen auf solchen Täntzen, und kennet sie? Antwort, so sie jemand siehet, der siehet keinen Menschen oder leiblich Wesen, sondern ein Gespenst, dadurch mancher unschuldiger Mensch in ein böses Geschrey und um sein Leben kommet. Es sind aber ohne Zweiffel die, so solche Hexen-Täntze wissen zu zeigen, die Personen kennen, und angeben, solche Leute, die dem Teuffel gar nahe verwandt seyn, ihm zu seinen Lügen und Mord helffen, Bestallung und Sold von ihm haben, welche ärger und sträfflicher sind als die Hexen, vid. etiam Augustin. Lercheimer cap. 13.

Marginalien

1 Blocks-Berg wird für der Hexen Sammel-Platz gehalten.
2 Auf was Weise solche dahin fahren.
3 Warum sich solche zuvor salben müssen?
4 Weßwegen die Hexen also zu ihrem Convent fahren.
5 Ob solche auch würcklich dahin fahren.
6 I. Geschicht.
Ein Hexen-Weib nimmet ihren Mann mit sich in ihre Versammlung.
7 II. Geschicht.
8 Ein Spanier fähret zur Gesellschafft mit in die Hexen-Versammlung.
9 III. Geschicht. Ein Knecht schmieret sich mit der Frauen Salbe.
10 IV. Geschicht.
11 Eine Tochter wird näcket gen Venedig geführet durch ihrer Mutter Salbe.
12 V. Geschicht.
Bekäntniß einer Hexe von ihrem Hexen-Tantz.
13 Alle solche Hexen-Täntze werden für Fabel-Werck gehalten.
14 Ein Exempel von solcher Hexen-Salbe.
15 Noch ein ander dem obigen entgegen gesetztes Exempel.

5. Von Hohlung auf dem Bock

[56] V.

Von Hohlung auf dem Bock.

Es ist unter dem gemeinen Volck ein allgemeines bekanntes Wesen, daß sie sagen, der oder diese hat ihren Buhlen auf dem Bock zu sich holen lassen: warum aber gemeiniglich vom Bock und nicht auch von andern Thieren gesaget wird, will daraus erhellen, dieweil der Bock eines der allergeilesten Thiere ist, in welcher Gestalt der Teuffel seinem Anhang auch zum öfftern und am allerliebsten zu erscheinen pfleget, und sich nicht allein in solcher Gestalt von den fahrenden Hexen, sondern auch von unzüchtigen und geilen Vetteln, ihre unreine Brunst zu löschen, gebrauchen lässet, indeme solche ihres abwesenden Buhlens Gegenwart durch seine Würckung und Hülffe herbey schaffen, und in Bocks-Gestalt zu ihnen bringen muß; Sonderlich, wann sich eine Manns-Person mit solchen unzüchtigen Höllen-Bränden verwickelt hat, so können sie ihr Verlangen leichtlich vom Satan erhalten, daß ihr ruchloser Buhle auf einem solchen gehörneten Roß zu ihnen zu kommen, gehorsamen muß. Wo aber ein solch geil Weibs-Bild jemand, der darzu [57] nicht Lust hat, oder sich nicht mit solcher befleckt, holen lassen will, so hat der Teuffel wenig und gar keine Krafft, dergleichen Reuterey ins Werck zu setzen.

Daß man aber wehnen wolte, es müsse eben ein Bock seyn, der solchen Vetteln ihren unzüchtigen Buhlen zuführen solte, ist eben nicht gewiß, dann der Teuffel hat nicht nöthig, einen andern Leib oder Creatur oder Thier zu entlehnen, daß gedachtes Gesindel darauf getragen werde, sondern er kan solches als ein starcker und mächtiger Geist wohl durch seine eigene Krafft viel hurtiger und geschwinder zuwege bringen und werckstellig machen. Daß er sich aber zuweilen anstelle, als ob er diesen oder jenen in Bocks-Gestalt durch die Lufft führete, solches mag wohl eine Verblendung oder solche Verstellung seyn.

Ich will eine Geschicht allhier anführen, die mir noch in frischem Angedencken ist. 1 Als ich Anno 1672. mich Studirens wegen in Erfurt aufgehalten, hat sich begeben, daß eine Dienst-Magd, welche bey einem Schreiner gedienet, sich mit einem Färber-Gesellen in unziemende Bekanntschafft eingelassen, und, weil sie beysammen in einem Hause gedienet, ihr leichtfertiges Wesen geraume Zeit ausgeübet; als aber der Gesell solcher überdrüßig worden, fortgereiset, und zu Langen-Saltze in Arbeit bey einem Meister gestanden, hat die Magd, ihren geilen Lüsten ein Genüge zu thun, [58] am Heil. Pfingst-Tage, da alles im Hause, ausser der Lehr-Jung, in der Kirche gewesen, sich auch durch einen mit dem Satan gemacheten Bund dieses Mittels bedienet, und ihren Buhlen auf dem Bock holen lassen, das also zugangen: Die Magd hat gewisse Kräuter bey dem Feuer kochen müssen, und sobald solche zu sieden kommen, hat auch ihr Buhle müssen zugegen seyn. 2 Nun begiebt es sich, als das Häfelein bey dem Feuer stehet und brodelt, daß der Lehr-Jung, umwissend, was darinn ist, solch Häfelein näher zum Feuer ruckt, und seine Leim-Pfanne an dessen Stelle setzet: sobald aber solch Häfelein nahe zu der Feuer-Hitze gekommen, hat sich etlichmahl in solchem eine Stimme hören lassen, sagende: Komm /komm / Hansel / komm. Komm / komm / Hansel /komm: Indem aber der Bube seinen Leim rühret, fället es hinter ihm nieder, wie ein Sack, als er sich umschauet, siehet er einen Mannskerl im Hemde hinter sich liegen, und hebt ein jämmerlich Geschrey an, die Magd kommt gelauffen, auch andere im Hause wohnende Leute, um zu sehen, warum der Bube so hefftig geschryen hat, und finden den guten Gesellen als einen vom tieffen Schlaff erwacheten Menschen also im Hemde liegen, der sich aber indessen ermuntert hat, und auf Befragen geantwortet: Es wäre ein grosser schwartzer Bock, so gantz zotig gesehen, zu ihm für sein [59] Bett gekommen, der hätte ihn also geängstet, daß er ihn alsobald auf seine Hörner gefasset, und züm grossen Fenster mit ihm hinab gefahren, er wisse weiter nicht, wie ihm geschehen wäre, hätte auch nichts sonderliches empfunden, und befände sich an jetzo allhier einen so weiten Weg, dann gegen 8. Uhr hätte er noch zu Langensaltz im Bette gelegen, und jetzo wäre es zu Erfurt kaum halber neun: er könne anders nicht glauben, als daß ihm die Cathrin, seine alte Magd, neben welcher er vormahls allhier bey einem Meister gedienet, dieses Stücklein gemachet: indem sie ihm bey seiner Abreise gesaget, wenn er nicht bald wieder zu ihr käme, wolte sie ihn auf dem Bock hohlen lassen. Nachdem man solchem Gesellen aber ein paar Hosen und Rock, samt aller Nothdurfft entlehnet, hat man indessen die Dienst-Magd verwahrlich gehalten, bis ihr Meister und Frau nacher Hause kommen, welche man scharff examiniret, und bedrohet, so sie nicht die Wahrheit gütlich sagen wolte, man sie der Obrigkeit als eine Hexe überantworten würde: aber das Mensch hebet an hertzlich zu weinen, und bekennet, daß sie solches Kunststück zwar nicht gelernet, auch mit dem Satan keine Bündniß hätte, doch hätte sie ein alt Weib, welches sie auch nahmhafft gemachet, solches beredet, welches sie gelernet, wenn sie die Kräuter, die ihr auch das alte Weib geben, sachte würde kochen lassen, so müsse [60] alsobald ihr Buhle erscheinen, er seye auch so weit, als er immer wolle: Obschon der Meister und Frau diese alte Vettel wohl kenneten, solche auch offt in ihrem Hause aus- und eingehen lassen, so hatten selbige Bedencken, davon viel Wesens zu machen, und erliessen die Magd ihrer Dienste, den Färber-Gesellen aber mit einer guten Vermahnung wieder seine Strasse gehen.

Erasmus Francisci beschreibt in seinem höllischen Proteo folgende Geschichte: 3 Ein berühmter Kriegs-Obrister, der unterschiedenen Potentaten gedienet, wurde in seiner noch unverheyratheten Jugend von einer verwittweten jungen Obristin zur Ehe gewünschet, weil er damahl allbereit eine Ober-Officier-Stelle bedienete: es wolte aber diesem jungen Officier, der seine Fortun noch suchete, diese Parthey nicht allerdings gefallen. 4 Denn es gieng die Mummelung, als ob diese Obristin von verbotenen Künsten der Finsterniß nicht rein wäre, oder aufs wenigste sich böser Künstler Raths bedienete. Deßwegen, wenn er um ihres verstorbenen Herrn gehabter Kundschafft zu ehren, sie, die Wittib, dann und wann besuchete, und aus seinem Quartier bey Dantzig zu ihr ritt, sich nicht lange bey ihr verweilete, auch gabe er ihren Schmeicheleyen in seinem Hertzen wenig Gehor, sondern bedienete sich, jetziger Welt Art nach, der gewöhnlichen Complimenten: aber damit war der jungen Wittib nichts gedienet, [61] sie wünschete auch Liebes-Worte, oder vielmehr Liebes-Wercke: nemlich ein eheliches Versprichen von ihme zu hören. Hingegen konte er sie nicht lieben, sondern vielmehr hassen, welcher Eckel auch Ursach gab, daß er sich nicht lang bey ihr aufhalten können.

Es schiene aber aus allen Umständen, als wenn diese Obristin ein Kunststücklein an diesem jungen Officier probiret hätte, und ihm etwas im Trunck beygebracht, so einigermassen an ihm gehafftet: denn wiewohl er vor ihrer Person einen Abscheu hatte, und wenn er bey ihr ware, bald wieder von ihr weg zu seyn wünschete, so ereignete sich doch allwege das Widrige, denn wenn er von ihr weg war, wurde ihm fast angst und bange, bis er wieder zu ihr kame. Und wenn sie beysammen waren, so hörete das Verlangen alsobald wieder auf, und fühlete, daß sein Hertz von ihr abgewandt, also, daß an statt des Sehnens, solches mit Reu und Leid erfüllet wurde, ohnangesehen dieseSyrene in ihm das angezündete Feuer bey der Gluth zu erhalten keine Mühe verspahrete.

Einsmahls wurde er zur Nacht so unruhig, daß er nicht im Bett verbleiben konte, sein Pferd sattelte, und um Mitternacht nach ihrem Quartier reiten muste: wie er aber wieder im Zurückreiten war, stürtzte er mit dem Pferd in einen Graben, welcher Fall ihm leicht das Lebens-Licht auslöschen [62] können, wenn er nicht vom Schutz der H. Engel wäre erhalten worden: welcher Fall ihn also abgeschröcket, daß er solchen für eine widrige Bedeutung aufgenommen, daß er alles solchen Reitens und zu Fuß nach dieser Wittib zu gehen, unterlassen hat.

Als er aber nach einer Zeit in seinem Bette ruhete, kommt einsmahls bey Nacht zu ihm vor sein Bette ein grosser schwartzer Bock, welcher ihn mit seinen Hörnern aufweckete und zum Bett heraus nöthigte. Worüber er hefftig erschrocken, seinem Knecht in der Neben-Kammer ruffete, aber es war alles in so tieffem Schlaff begraben, daß er niemand ermuntern konte. Darauf er, nachdem er sich GOtt befohlen, aus dem Bette sprang und hinlauffen und für der Kammer klopffen wolte: aber der Bock wolte ihn so weit nicht kommen lassen, sondern verrennet ihm die Thür, dringt auf ihn zu, und strebt ihn auf die Hörner zu setzen. Er stößt hingegen mit Füssen hefftig von sich, erwischet endlich eine an der Wand stehende Partisan, und wirfft dieselbe dem Bock vor; treibt auch denselben, welcher sich hiervon so stellete, als ob er die Spitze in etwas scheuete, damit zurück, und verfolgte ihn, bis er (der Bock) nach dem Ofen zu allgemach zurück wiche: woselbst er in einem Winckel überlaut zu meckern anhebt, und darauf verschwindet. Hiemit ist dieser Officier des gehörneten Postillions wieder entlediget worden. Besorglich [63] muß er der Weibs-Person einige Hoffnung, sie zu ehelichen, gemacht haben, und da er hernach gespühret, daß sie ihn durch falsche Künste zu sich ziehen wollen, sein Hertz wieder abgewendet.

D. Gokelius im Tractat vom Beschreyen und Bezaubern p. 18. schreibt: 5 Als vor vielen Jahren, da ich noch Physicus zu Gingen gewesen, etliche Catholische Bauren-Knechte von Memmingen, einem Würtembergischen Gräntz-Dorff gegen der Pfaltz Neuburg, (eine halbe Stunde von Gingen) an einem Sonntag frühe um 8. Uhr nach Bachagel, einem Pfaltz-Neuburgischen Dorff, in die Kirche gehen wolten, und auf dem Felde waren, kame unversehens ein starcker zottiger Bock, schloff einem jungen Kerl aus ihnen zwischen die Füsse, und risse ihn den übrigen aus den Augen hinweg, und fuhr mit ihm in die Lufft. 6 Dieser wurde in 2. Stunden von dar 14. Meilweges weit nach Mönchen gebracht, vor der Stadt nieder gesetzt, allwo er die Uhr 10. schlagen gehöret: Zu diesem voller Schrecken bebenden Bauers-Knecht kame seine Mutter, mit Vermelden, daß sie nun etliche Jahre nichts von ihm gehöret, auch nicht gewust hätte, wo er sich aufgehalten, habe ihn demnach auf einem Bock hohlen lassen, damit sie ihn wieder sehen und mit ihm Sprache halten könte. Dieser aber hat in der Angst seiner Mutter nicht viel Gehör gegeben, sondern ist in die Kirche [64] zu den P.P. Capucinern gangen, denen er den gantzen Handel geklaget; welche ihm zur Antwort gegeben, weilen der Teuffel diese Macht durch Verhängniß GOttes über ihn bekommen, müsse er nicht gottselig gelebet, auch nicht fleißig gebetet haben. Er soll künfftighin frömmer seyn, und fleißig beten, so werde ihm dergleichen Unfall nicht mehr wiederfahren. Dieser Mensch ist nach 4. Wochen wieder gen Memmingen gekommen, und hat den gantzen Verlauff vielen Leuten desselben Dorffs, als auch dem Herrn Vogten und Speciali zu Heidenheim erzehlet; ist auch vorhero von seinen Gespanen, die bey ihm gewesen, ruchtbar worden.

Schererzius de Spectris c. 9. de Hirco nocturno, gedenckt: 7 Es habe bey seiner Zeit sich ein Handwercksmann mit einer alten Vettel heimlich verlobet; solche aber hernach sitzen lassen, und mit einer Jungfrau offentlich Hochzeit gehalten, ungeachtet ihme die vorige Alte gedrohet hatte, welches er aber in den Wind geschlagen: bis daß er mit dieser heimgeführet und öffentlich zu Bette gehen sollen, da ihme dann die Drohungen und Rach-Worte der vexirten Alten beygefallen; von welcher Erinnerung er mit so hefftiger Bangigkeit geängstiget worden, daß er die erste Nacht einige Gäste zu sich geladen, und um GOttes Barmhertzigkeit willen gebeten, sie sollen [65] doch bey ihme bleiben, weil ihme vom Satan einige Gefahr obhanden wäre. 8

Solche seine Furcht war auch nicht vergeblich, denn recht in der Mitter-Nacht-Stunde trat ein grosser gehörneter Bock gerad auf den Bräutigam zu und begehrte, er solte sich aufsetzen. Da es dann grosse Mühe brauchete, diesen gehörneten unbescheidenen Boten ungeschaffter Sache wieder hinweg zu bringen. Da thät das liebe Gebet das beste, sonderlich des mit anwesenden Pfarrers, welches den Geforderten ohne Zweiffel am kräfftigsten und noch viel stärcker geschützt, als die Arme der andern beyden Beywesenden, welche den Bräutigam kaum und schier gar nicht mehr aufhalten konten. Worauf doch der Bock-Bote endlich mit einem grauerichen Gemurmel zurück gewichen.

Nachdem sich nun solcher junger Ehemann über ausgestandenen Schutz ausser Gefahr geschätzt, und die bußfertige Abbitte gegen GOtt und Bereuung des verübten alten, allerdings vergessen, auch alle Sinne und Gedancken auf den Liebs-Altar brünstiger geiler Lüste geopffert hatte, und darüber der Empfehlung in den Schutz und Schirm GOttes vergessen, und die Küß-Andacht vorhergehen lassen, denn der Erfolg beweiset es, daß er müsse so sicher und sorgloß gewesen seyn. Denn in der andern Nacht, da er nichts weniger mehr befahrete, war der Bock wieder da, riß ihn[66] aus dem Bette, gienge mit ihm durch, und hinterließ die Braut im Bett allein. Nachdem er aber weidlich umher geführet worden, setzte ihn der Bock also beängstiget oben aufs Dach des Hauses, am Rauch-Schlott oder Schornstein, nieder, da man ihn frühe Morgens nacket und bloß sitzen findet, und die Dach-Schindelen abnehmen müssen, bis man ihn, der schier halb todt, konte wieder herab ins Hauß bringen.

Darauf lage er etliche Monate kranck und schwach im Bette, als es aber ein wenig besser mit ihm worden, lebte er hernach mit seiner jungen Frauen in täglichem Zanck, bis daß er, solches Unfriedens müde, sich in das Soldaten-Leben begabe, und im Krieg in Ungarn sein Leben beschloß.

Zu K. in Pommern hatte ein Saltz-Knecht ein altes Weib, die eine Zauberin ware, bey der er nicht gern bliebe, und derohalben einsmahls vorgab, er wolte in Hessen, nach seiner Heimath wandern, allda seine Freunde zu besuchen; weil sie aber besorgete, er dörffte nicht wieder kommen, wolte sie ihn nicht weglassen, nichts destoweniger, reisete er fort. 9 Wie er nun etliche Tagreisen zurück geleget, kommt auf dem Wege von hinden zu ein schwartzer Bock, schlupfft ihm zwischen die Beine, erhebt und führet ihn wieder zurück, und zwar gerade zu, durch Feld und Wald, über Wasser und Land, in wenig Stunden, und setzt ihn vor dem Thor nieder, in Angst, [67] Zittern, Schweiß und Ohnmacht. Das Weib heist ihn mit hönischen Worten willkommen, und spricht: Schau / bist du wieder da? so soll man dich lehren daheim bleiben. Hierauf that sie ihm andere Kleider an, und gab ihm zu essen, daß er wieder zu sich selbst käme.Lerchheimer in lib. vom Bock- und Gabelfahren.

Marginalien

1 I. Geschicht.
2 Ein Färber-Gesell wird von Langen-Saltze auf dem Bock gen Erfurt geführet.
3 II. Geschicht.
4 Bock will einen Kriegs-Officier aus dem Bett hohlen.
5 III. Geschicht.
6 Eine Mutter läßt ihren Sohn auf dem Bock hohlen.
7 IV. Geschicht.
8 Ein Hochzeiter wird bey seiner Braut vom Bock aus dem Bette genommen.
9 V. Geschicht.
Ein alt Weib läßt ihren Mann auf dem Bock zurück hohlen.

6. Vom Crystallschauen

VI.

Vom Crystallschauen.

Es gibt uns die heutiges Tages fast bezauberte Welt Anlaß, etwas von Crystallsehern und Spiegelschauern zu gedencken; da mancher, wann er etwas verlohren hat, zur Wahrsagerin gehet, die ihm in ihren Crystall oder Spiegel die Gestalt dessen anzeigen soll, der es soll gestohlen haben. 1 Auch lauffen einige dahin, wann sie sonst einer verborgenen Sache halber Raths fragen und sich derselben erkundigen wollen; Wenn einem der Zauberer oder Zauberin in einem schönen und künstlich-gemachten Crystall Zeichen und Figuren vorstellet, daraus der Fragende Bescheid ersehen kan; so wird dasselbe Zauber-Wesen, Crystallseherey genennet, wann aber der Zauberer die Zeichen und Figuren anweiset in einem [68] klaren und reinen Spiegel, so wird es Spiegelschauen genennet.

Die Arten aber solcher Zauber-Spiegel beschreibtPetrus Goldschmidt in seinem verworffenen Zauber- und Hexen-Advocat en c. 14. §. 2. unterschiedlich und nicht einerley, & Casp. Schotto in Physic. Curios. lib. 4. cap. 13. §. 1. in etlichen kan man sehen, die Gestalten der Diebe, Feinde und dergleichen, wie auch die Gestalten der Thiere, der Wasser, der Kriegs-Battallien, der Belagerungen, und alles, was die Menschen machen oder gemachet haben, es seye bey Tag oder bey Nacht gewesen. In der andern Art siehet man keine Gestalten, sondern allein Worte, Reden, Consilia, Anschläge, sie mögen gesaget oder geschrieben seyn. Ingleichem, an welchem Orte, und von welchen dieselbe sind vorgenommen, nebst allem, was darauf beschlossen und zu solchem bewogen hat. Allein diß ist zu observiren und zu præsupponiren, daß es schon geschehene, vergangene, und keine künfftige Dinge seyn müssen. Die dritte Art stellet alles vor, was gantz geheim ist, und sehr rar, und in den Schrifften verborgen lieget.

In Lutheri Tisch-Reden p. 208. wird gedacht, daß der Teuffel auf eine Zeit einem armen Gesellen in sichtbarer Gestalt erschienen, und habe ihm grossen Reichthum versprochen, wann er die Tauffe und die[69] Erlösung, die durch Christum geschehen, verläugnen und nimmer Busse thun wolle: 2 als er nun eingewilliget, habe er ihm ein Crystall gegeben, daraus er wahrsagen können, und dadurch habe er einen grossen Zulauff und Nahmen bekommen; Endlich habe ihn der Teuffel meisterlich betrogen, daß er unschuldige Leute aus dem Crystall Diebstahls halber angeben, darauf er eingezogen worden, hat seinen Bund, den er mit dem Teuffel gemachet, bekennet, ernstliche Busse gethan, und ist mit Feuer verbrannt worden. 3

Daß der Teuffel in solchen Sachen seine Schüler offt betrüge, und mit Lügen berichtet, erhellet aus folgender Historie, so sich zu Neapolis zugetragen hat. 4 Es war einsmahls Christoph Wagner, D. Fausti Famulus, dahin kommen, und hatte vernommen, wie ein reicher Kauffmann auf dem Meer wäre beraubt und umbracht worden, und die bey sich habende Güter ihm genommen, welche um viel 1000. Gulden geschätzt worden, als aber seine Erben davon gern gewissen Grund gehabt hätten, was es damit für Bewandtniß und wer der Thäter gewesen wäre, bothen sie groß Geld aus, dem, der etwas davon entdecken und offenbaren würde, da gedachte Wagner, das wird eine gute Sache für dich seyn, und gab sich bey den Erben an, wie er die Kunst könte, und offt versuchet und probirt hätte. [70] Nun waren diese Leut auch aberglaubisch, wie dann die Welschen viel darauf halten, auch selbst bisweilen gute Zauberer seyen, dann nicht allein die Pfaffen und Münche, sondern auch etliche Päbste selbst sind gute Zauberer gewesen. Die liessen den Wagner seine Kunst gebrauchen, verhiessen ihm 200. Thaler; da nahm er ein Crystall, beschwur sie, und hielt es gegen die Sonne, da sahe man ein Bild darinn, eines reichen Kauffmanns zu Neapolis, welches sie wohl erkannten und sahen, der solte die That an dem andern auf dem Meer begangen haben; nun war dieses wahr, daß er mit ihm ausgefahren, und kamen gleichwohl nicht wieder mit einander, er ward verklagt für der Obrigkeit, und gefraget, ob er nicht wüste, wo dieser Kauffmann geblieben wäre? dieser gab zur Antwort: Er wäre für ihm her geschiffet, ob er wäre versuncken oder verschlagen worden, oder ob er irr gefahren, könnte er nicht wissen, gleicher Gestalt wurden auch die Diener gefraget, welche alle diese Antwort gaben. Und da man es bey solchem nicht wolte bleiben lassen, zoge man sie alle gefänglich ein, marterte sie, und fienge an einem Knecht an, der bekannte, als er gepeiniget ward, daß sie ihn ermordet hätten. Darauf wurde auch der Herr eingezogen, welcher auch aus Pein bekannte, was der Knecht gesaget hatte: worauf man das [71] Urtheil fällete, man solte sie, als Meer-Räuber, zum Tode bringen.

Unterdessen so kommt der Kauffmann, den man vermeinet erschlagen zu seyn, frisch und gesund wieder zu Land, ohne allen Schaden, und war von dem Wind verschlagen worden, daß er an einem Ort 5. Wochen hatte still liegen müssen. Da sahen diese Leichtglaubige, daß sie vom Wagner betrogen worden, und begehrten von ihm, er solte das Geld wieder herausgeben; als er aber nicht gewollt, sondern mit dem Geld davon gangen, da folgeten sie ihm mit denSerganten nach, von welchen ihn einer bey dem Arm erwischete, und fest hielt, aber Wagner fuhr in die Hohe, und nahm diesen Menschen-Fischer mit sich hinauf, und als er ihn ziemlich in die Höhe gebracht, liesse er ihn wieder auf die Erde fallen, daß er ein Bein brach: als solches die andern sahen, wolte ihm keiner mehr nacheilen. Hiermit kame Wagner davon, und hätte der Teuffel bald ein erbärmlich Spiel anrichten sollen. Vid. Hildebrands entdeckte Zauberey /pag. 143. Item Reuters Reich des Teuffels / p.m. 898.

Aus Joh. Rüstens alleredelster Zeit-Verkürtzung /pag. 255. seqq. schreibt Erasmus Francisci im Sitten-Spiegel fol. 64. seq. 5 Eine Jungfrau zu N.N. welche sowohl von Gestalt, als Geschlecht, fürnehm war, verliebte sich in einen feinen Jungen Gesellen, welcher solche Liebe mit [72] gleicher Gegen-Gunst vergalte, also, daß sie beyde sich zu verehelichen hertzlich wünscheten; aber beyderseits Eltern wolten, aus tragenden Ursachen, darein keine Verwilligung geben, welches beyden Verliebten grossen Kummer machete.

Wie nun der Satan sich aller menschlichen Leidens-Regungen, wider derer Heyl und Wohlstand, zu bedienen trachtet, also strebete er auch dahin, wie er durch eine eigensinnige und den Eltern ungehorsame Liebe die Leute in Göttliche Ungnade und Hertzeleid bringe, und gebrauchet zu solcher Verführung Leute, die schon von ihm verführet sind, als Unholden, Wahrsagerin und dergleichen Geschmeiß, wie er denn bey diesem verliebten Paar auch dergleichen Mittel ergriffen.

Eine alte Vettel, welche schier in allen fürnehmen Häusern solcher grossen Stadt einen Zutritt hatte, kame zu dieser in Lieb verstrickten Jungfrau, dieselbe in ihrer Traurigkeit zu trösten, und sagete ihr, was sie gern hörete: nehmlich, die Person, in welche sie verliebt wäre, würde ihr endlich doch noch unfehlbar zu Theil werden. Und dieses war ein Liedlein, welches die Jungfrau gern hörete: sie begehrete aber von der Alten hierüber bessere Erläuterung, fragende, wovon ihr solches eigentlich wissend wäre? Das Weib sprach: Ich habe die Gnade von GOtt, künfftige Dinge vorher zu entdecken: darum kan mir dieses so wenig, als auch viel anderes, verborgen seyn. Euch[73] aber allen Zweiffel an der Wissenschafft, so ich von eurer künfftigen Heyrath habe, zu benehmen, so will ich euch, wie es damit gehen werde, in einem Crystall so klärlich weisen, daß ihr meine Kunst loben sollet. Allein wir müssen eine solche Zeit darzu ausersehen, da eure Eltern nicht daheim seyn, alsdenn sollet ihr Wunder erfahren.

Die thörichte Jungfrau lässet sich solch Anerbieten gefallen, und, nachdem solches abgeredet, erwartet sie der Zeit, da ihre Eltern auf ihr Land-Gut gefahren, worauf sich diese alte Vettel alsobald bey der Jungfrau einfindet, weil aber diese Jungfrau bey dem Weib allein zu bleiben sich fürchtet, und darob ein Grausen empfindet, gehet sie hinauf in die Studir-Stube des damahligen Präceptorn ihres Bruders, nehmlich des Joh. Rüstens, welcher damahls noch ein Student gewesen, nachmahls aber als ein gelehrter Poet und zierlicher Redner durch seine Feder gar berühmt worden, und diesen Verlauff selbst umständlich beschrieben, demselben vertrauet sie ihr Vorhaben, mit hoher Bitte, er wolle doch hinab kommen, und mit darbey seyn, wenn ihr die Wahrsagerin die so hoch verlangete Sache, nehmlich das bevorstehende Heuraths-Glück, im Crystall würde vorstellig machen.

Es bemühete sich solcher aber sehr, ihr diesen sündlichen Vorwitz auszureden, und eines solchen von GOtt hoch verbottenen Handels müßig zu gehen, woraus ihr leicht [74] ein Unglück entstehen könte. Aber es war alles vergeblich, sie wolte, ungeachtet alles Bittens, den Ausgang, durch Crystall-Guckerey, mit ihrem Liebsten erkundigen: Er ließ sich endlich, auf flehentliches Bitten, erweichen, und ging mit der Jungfrau hinab in ihr Zimmer, um wundersam zu vernehmen, was doch diese alte Wettermacherin fürbringen werde. Da sie nun in die Kammer kamen, fanden sie das Weib sehr beschäfftiget, sie zoge ihr Wahrsager-Geräthlein aus einem kleinen Korbe, sahe aber ungern, daß die Jungfrau diesen Rüst mit sich bracht hatte, und sagete, sie könne es ihm aus den Augen ansehen, daß er von ihrer Kunst nicht viel halte: Hierauf säumte sie nicht lange, ihr Expergefex (wie es derAuror gibt) zu machen: sie breitete ein blau seiden Tüchlein, worauf wunderliche Bilder von Drachen, Schlangen und anderm Unzieffer genähet, über die Taffel, setzte auf dieses Tuch eine grüne gläserne Schale, und legete darein ein ander Gold-farben seidenes Tuch, endlich setzte sie auf besagtes Gold-farbenes Tuch eine ziemlich grosse crystallene Kugel, und bedeckte dieselbe gleichwohl auch mit einem weissen Tüchlein, nicht anders, als ob sie ein groß Heligthum verhüllete: bald hierauf hub sie an etwas bey sich selbst zu murmelen, auch wunderlich sich zu geberden, und wie nun solche Ceremonien geendet waren, nahm sie die Crystall-Kugel mit grosser Reverenz und [75] Ehrerbietung aus der gläsernen Schale, rief die Jungfrau, samt dem Studenten, zu sich gegen das Fenster: zeigete ihnen die crystallene Kugel, darin sie anfänglich nichts sahen, bald aber trat in dem Crystall die Braut hervor, in überaus köstlicher Kleidung, und zwar eben so prächtig angethan, als sie an ihrem Hochzeit-Tage gewesen.

Ob nun gleich die Braut überaus herrlich erschien, sahe sie doch in diesem Crystall sehr betrübt und jämmerlich aus, hatte auch darbey eine solche Todten-Farbe, daß man sie ohne grosses Mitleiden nicht betrachten konte. Sie schauete das Bild an, mit nicht geringem Schrecken, welcher aber bald hernach sich ungleich grösser vermehrete, als gerad gegen der Braut über der Bräutigam hervor kam, mit einem so grausam und greßlichen Gesicht, (da er doch sonst ein gar freundlicher Mensch war) daß man dafür hätte erzittern mögen: Er war gestieffelt und gespornet, hatte einen grauen Reise-Mantel mit güldenen Knöpfen um, unter welchem er 2. neue Pistolen hervor langete, und in jeder Hand eine hielt, die in der Lincken richtete er an seine eigene Brust, oder vielmehr aufs Hertz, die in der Rechten setzte er der Jungfer Braut für den Kopf; hierüber wurden diese beyde Anschauer mit einem solchen grossen Schröcken überfallen, daß sie weder aus noch ein wusten: bis er endlich die eine Pistol, die er der Liebsten recht an die Stirn [76] gesetzt, loßdruckte, mit einem dumpfigen Knall oder Puffen. Darob erstauneten diese Crystallschauer nicht anders, als ob das Wetter bey ihnen niedergeschlagen hätte. Sie stunden gantz erstarret, bis sie endlich halb gehend, halb kriechend zur Kammer hinaus kamen, allwo sie sich wieder etwas erquicketen.

Der alten Hexe war bey der Sache auch nicht wol zu Muthe, als welche nicht gedacht hatte, daß es also ausschlagen werde, weßwegen sie über Halß und Kopff zum Hause hinaus lieff; auch so bald nicht wieder kommen ist. Unterdessen konte gleichwol dieser eingenommene Schröcken die so fort glimmende Liebe in ihrem Hertzen nicht auslöschen; hingegen aber auch den schweren Stein, als den Widerwillen ihrer Eltern, nicht aus dem Wege räumen: denn derer Entschliessen blieb gantz in alter Meinung. Und beharrete sowohl ihr Stieff-Vatter als Mutter in dem Schluß, daß diese Heyrath nicht vollzogen werden solte: sondern brachten es vielmehr durch Bedrohung und aus Zwang dahin, daß die Jungfer einem fürnehmen Fürstlichen Bedienten in der Nachbarschafft die Ehe versprechen muste: diese aufgedrungene Heyrath gebahr aber bey der Jungfer eitel Hertzeleid, sie verbrachte ihre Zeit mit lauter Seuffzen, Heulen und Weinen, und ihr erster Geliebter ergab sich dem Unmuth und Verdruß zu eigen, daß er dadurch [77] in die äusserste Verzweifflung gerissen wurde.

Inzwischen wurde die Hochzeit angesetzt, und wegen Erwartung unterschiedlicher Fürstl. Personen, welche diesem Fest solten beywohnen, so viel herrlicher darauf zugerichtet: wie nun der Tag herbey kam, daß die Braut in ihrem grösten Gespräng solte abgehohlt werden, sandte die Fürstin ihre mit 6. Pferden bespannte Leib-Kutsche nebst etlichen Hof-Dienern, und einigen Reutern in die Stadt, welchen sich der Braut fürnehmste Anverwandte und Freunde, theils zu Pferde beyfügeten, und in zierlicher Ordnung zur Stadt hinaus reiseten.

Dieses aber hatte der erste Liebste alles gar genau ausgekundschafftet, und war der Meinung, dem andern, ungeachtet er weit höheres Standes war, seine Liebste nicht so schlechterdings zu überlassen, wes wegen er ein paar gute neue Pistolen in Bereitschafft hatte, des Vorsatzes, mit der einen die Braut, mit der andern aber sich selbst vom Leben zu helffen. Zu solchem vorhabenden doppelten Mord hatte er ein wohlgelegenes Hauß, so etwa das 10. oder 12. von dem Thor war, ausersehen, bey welchem die Braut fürbey fahren muste: indem selbe nun in ihrem grösten Pracht mit den Wagen und Reutern, unter Zuschauen einer grossen Menge Volcks, daher gefahren kame, gab der verzweiffelte Liebhaber [78] Feuer in die Kutsche; es ging aber dem Satan nicht nach seinem Willen, denn der Schuß geschahe ein wenig zu frühe, also, daß die unschuldige Braut gantz unverletzt bliebe, und allein einer adelichen Damen, die im Schlag saß, ihr Haupt-Schmuck, den sie etwas hoch trug, vom Kopf herab geschossen ward; worüber sie aus Schröcken in Ohnmacht sanck, deswegen auch aus der Kutsche gehoben, und in das nächste Hauß getragen werden muste, sie daselbst zu erquicken.

Indem aber fast alles der Kutsche zueilete, und der Thäter merckte, daß er gefehlt hatte, flohe er durch das Hauß zur Hinter-Thür geschwind hinaus, sprang über ein ziemlich breit Wässerlein und kame also, wie eifrig man ihm auch nachsetzte, davon.

Nachdem nun diese Unruhe ein wenig gestillet, verfolgete die Braut ihre Reise, die Hochzeit würde auch mit gröstem Pracht vollendet, wiewohl mit geringem Vergnügen der betrübten Braut, welche nun allgemach ihrer Crystallschauung nachdachte, und den Erfolg davon zu Gemüth zoge. So war auch ihr neuer Ehegespann ein harter, boßhaffter und feindseliger Mensch, derselbe tractirte hernach dieses tugendhaffte und holdselige Fräulein nicht aus menschlich- sondern vielmehr bestialische Weise, sie muste täglich seine Fäuste prüfen, und ward von ihm in allen Gesellschafften verschimpfft, [79] ungeachtet sie ihm ein liebstes Kind zur Welt gebohren hätte. Von solchem übelen Tractament erwuchs aber der Kummer, welcher solche in noch bester Jugend bey 30. Jahren von der zeitlichen Welt nahm: Und diß war die Straffe, wenn man von GOtt abweichet, und sich mit satanischem Wahrsagen behelffen will.

Von solchem Crystallschauen schreibt Jonas Jacobus Boissardus lib. de divinitat. c. 5. und Zeiler in dial. 99. folgende Geschicht: 6 Als einmahl ein vornehmer adelicher Herr von grosser Wissenschafft, wegen begangener Mordthat, sich ausserhalb Vaterlandes aufhalten muste, kame er in Kummer, es werde ihm sein schön junges Weib bey seiner Entfernung nicht getreu seyn, sondern sich mit andern in Buhlschafft einlassen. 7 Wie er nun mit solchen Sorgen beschäfftiget, verfügete er sich einsmahls mehr aus Fürwitz, als Ernst, zu einer solchen teuffelischen Wahrsagerin, und begehrte von ihr, sie solte in den Spiegel sehen, zu erfahren, was seine Ehe-Liebste, von welcher er nun zehen Tag entfernet war, zu Hauß verrichten möchte. Die Zauberin verspricht ihm, seinem Verlangen ein Genüge zu thun, und benennet ihm einen Tag, da er wieder kommen solte: dieser stellete sich auch ein, und nahm unterschiedene gute bekannte Freunde zu sich, derer er sich als Zeugen bey dieser Begebenheit bedienen wollte. Wie sich nun solche bey der Zauberin [80] eingefunden, nahm sie ihr Mägdlein, ein Kind von 8. Jahren, lösete solchem die Haare auf, besprengte es mit Weyh-Wasser, murmelte darzu etliche zauberische Worte, und stellete das Kind in einen mit allerhand wunderlichen Charactern bezeichneten Circul, und hieß solches, daß es sich in dem gegenwärtigen Zauber-Spiegel fleissig umsehen solte. Die Zauberin fragte sie zu dreyen mahlen: Was siehest du? Das Mägdlein antwortete mit unterbrochener zitterender Stimme, indem sie vorher ihre Augen und gantzen Leib seltsam verdrehet: Ich sehe eine schöne grosse Stube mit schönen Schildereyen gezieret, einen künstlich gesetzten Ofen, unter dem Boden sehe ich einen schönen Leuchter hangen, und an den Wänden auf Thresoren allerhand gülden und silbern Gefässe, die Bäncke sind mit kostbaren Decken und Pulstern belegt, und auf dem Tisch lieget ein Mantel mit einem Hut und Degen. Hierauf war sie ein wenig stille, sagete aber bald wiederum: Ich sehe einen weissen Hund bey dem Ofen liegen, und sonst nichts. Uber Vermuthen sagete das Kind wiederum: Ja itzo sehe ich eine Jungfrau, die auf dem Haupt einen Zierrath von Sammet träget, etc. mit einem feinen Kleide angethan etc. weiß aber nicht, was das schwärtzlichte sey, so sie auf ihrer Hand liegen hat, und mit dem Speichel und mit dem rechten darinnen, glatt und weich machet, und darbey lächelt. Ich sehe, fuhr sie fort, einen Jüngling mit gelblechten [81] Haaren hinter dem Ofen stehen, daß er die Hosen hat bis an die Knie sincken lassen; als dieses der Edelmann hörete, und aus Beschreibung des Kindes befindet, daß es seine Ehefrau sey, wurde er über alle massen erschrocken, und, weil er nicht geringen Argwohn auf solchen gestalten Jüngling hatte, er würde mit seiner hinterlassenen Liebsten nicht viel gute Seyde spinnen, gieng er mit verwirretem Gemüth von dieser Zauberin hinweg, und gedachte nicht anders, als wie er seiner Ehe-Frau, wegen treuloser Thät, mit diesem Jüngling das Leben nehmen möche; und ritte sporenstreichs nacher Hause; daß er innerhalb 10. Tagen über 100. Meilen reisete. Weil er aber, wegen begangenen Mords, nicht sicher in die Stadt gehen dörffen, ließ er seine Frau auf das nächste Dörff zu sich forderen, führete sie beyseits; fragete sie mit blossem Degen, ob nicht auf die und die Zeit ein junger Gesell, oben entblösset, vor ihr gestanden sey? Die Frau fällt ihm zu Füssen, bittet ihn, sich nicht so jäh zu übereilen; es sey wahr, daß auf erzehlte Zeit und Weise vergleichen vorgangen, es sey aber ihr Bruder gewesen, welcher zu ihr kommen, und sich beklaget, er hätte ein sehr böses Geschwär über der Hüffte, dem sie ein Pflaster aufgeleget, da er dann das Wammes abgezogen, und das Hembd ein wenig herab gestreifft habe, wie er dessen selbst ein lebendiger Zeuge [82] seyn könte. Auf solche freymüthige Bekänntniß des Weibes wird der Mann anderes Sinnes, und an statt des vorgenommenen Mords umarmet er sie, als seine Gemahlin, mit tausend Liebkosungen, begibt sich nach genommenem Abschied wiederum in sein Exilium, und ward froh, daß er seine Hände nicht mit unschuldigem Blut besudelt. Verfluchte darauf das Crystallsehen, und alle zauberische Künste, als einen Betrug und Verführung des Teuffels.

Wir wollen noch eine Historie, so G.P. Harßdörffer im 7ten Theil seiner jämmerlichen Mord-Geschicht in der 151. Historie beschreibet, hieher setzen, als folget: 8 Valdrea, eine Wittib, hatte ihre Treue lange Jahre über, bey einer Fürstin in Franckreich mit wohlgeleisteten Diensten, als eine Silber-Beschliesserin, beglaubet, und ihr viel schöne Pfenning zusammen gesparet, daß sie also bey Hof in allem Uberfluß gelebet, und ihr nichts gemangelt, als die Kunst gute Tage ohne Laster und Sünde zu ertragen. 9 Dieses alte verdorrete Holtz begunte sich mit neuer Liebe anzufeuren, und ob sie wohl so schön, als ein krancker Spanier, und so freundlich, als ein gesunder Affe, vermeinte sie doch, daß sie noch wohl Liebens-würdig und so klüg, daß sie frembdes Wasser auf ihre Mühle leiten könte. In diesem Wahn richtete sie ihre Neigung auf einen [83] jungen Schrifftling, genannt Mastick, welcher ein sehr schöner und wohlgeberdet er Jungling war, darbey arm, daß er kein ander Mittel hatte, sich hoch zu schwingen, als die Schreib-Feder, so nach und nach stärcker werden solte. Valdrea gab diesem Mastick viel gute Worte, er ihr aber hingegen wenig Gehör, daß sie ihn auf Begebenheit in ihr Zimmer führte, und ihm ihre schöne Ducaten zeigete; allein diesen Jüngling konten solche auch nicht so weit blenden, daß er sie zu eheligen willigen solte, und richtete also diese Versucherin nichts aus, weil dieser Mastick einen Abscheu für diesem lebendigen Grab und alltägigen Fegfeuer hatte. Als nun dieser Jungling die alte Magoram mit hönischen Schelt-Worten unbescheiden verachtete, hat sie ihre Lieb in Haß, und die Holdseligkeit in Zorn verkehret, und Tag und Nacht gesonnen, wie sie sich an dem undanckbaren Gesellen rächen möchte. Es fügete sich aber nachgehends, daß etliche Nacht-Diebe mit falschen Schlüsseln in das Zimmer kamen, in welchem das Silber-Geschirr verwahrlich gehalten worden, und von demselben ein groß Antheil verwendeten. Hierüber wolte Valdrea fast verzweifflen, wiewohl sie ausser allem Verdacht und nicht daran schuldig war. Man forschete aller Orten nach, es konte aber nichts erkundschafftet werden; Valdrea hatte eine alte Gevatterin, Nahmens Ginetta, welche eine [84] berühmte Hexenmeisterin und alles in ihren Crystall und Zauber-Spiegel sehen ließ. Zu dieser verfügete sich Valdrea, und, nachdem sie auf eine gewisse Zeit beschieden worden, hat sie ihr vorgewiesen etliche gantz unbekannte Angesichter, wie selbige das Silber-Geschirr entwendet hätten. Hiermit aber war ihr noch nicht gedienet, weil sie nicht wuste, wo selbe zu betreten waren. Was beginnet aber dieses alte rachgierige Weib? Sie sagete zu ihrer Gevatterin, daß ihr dadurch noch nicht geholffen wäre, und hätte dieser Diebstahl nicht geschehen können, sonder Hülff und Rath eines Hauß-Genossen, welcher ohne allen Zweiffel Mastick seye, solte darbey auch seine Gestalt erscheinend machen. Ginetta aber verspricht die Gestalt Masticks in einem Spiegel darbey vorzuzeigen, damit war Valdrea zufrieden, und zeiget solches ihrer Fürstin unverzöglich an, daß sie doch eine Dienerin wolte mitschicken, welche sie wolte sehen lassen, wie Mastick um den neulichen Diebstahl gute Wissenschafft habe. Ob nun wohl die Fürstin nicht darein willigen, und sich des Satans Rath bedienen wolte, hat ihr doch Valdrea die Sache so leicht gemachet, daß sie ja auch ihren Spiegel, wegen des gebräuchlichen Schmuckes zu Rath ziehe etc. Nachdem nun die Fürstin eine Dienerin, Lamberta genannt, dahin gesendet, und die Sache besagter massen angehöret, daß nehmlich Mastick Wissenschafft [85] und als ein Beystand der Diebe sein Antheil von dem gestohlenen Silber habe, hat man diesen unschuldigen Schreiber in die Hafft, und endlich gar in die peinliche Frage werffen lassen. Der Jüngling war zart, und bekannte aus Schmertzen, was ihm nie zu Sinne kommen, kein Verdacht konte wider ihn, weil man von dem Zauber-Spiegel nichts melden dürffen, aufgebracht werden, als daß er offt zu spielen pflegete, und keine Mittel dazu habe. Ob er sich wohl Anfangs entschuldiget, daß er von gewonenem Geld spielete, wolte es doch nichts helffen, und kame noch darzu, daß er ein Gasconier war, da die Kinder gerne lange Finger macheten, also würde er sonder Zweiffel nicht aus der Art schlagen. Kurtz zu sagen, der armeMastick wurde zum drittenmahl peinlich gefraget, und als ein Hauß-Dieb zum Strang verurtheilet; seinem Beicht-Vater aber bekennete er, daß er diesen Diebstal weder begangen, noch begehen helffen, mit Bitte, solches nach seinem Tode anzusagen, und daß er solches aus Marter bekennet, u.s.f. Valdrea sahe ihn hinrichten, und freuete sich, daß sie sich wegen ihrer Verachtung mit seinem Tod gerächet. Seine Unschuld muste aber bald auf ihren Kopffkommen. Denn wenig Tage hernach wurde ein Mörder eingezogen, welcher bekennet, daß er besagtes Silber-Geschirr entwenden helffen, und daß seine Gesellen in Engelland [86] entwichen, ihm aber seinen Antheil zuvor zugestellet. Mastick, sagete er beständig, wäre von allem diesem unwissend gewesen, und auf diese Bekänntnus wolte er sein Leben enden, wie dann auch erfolget. Uber dieses schwätzete Ramberta von der Ginette Kunst oder vielmehr Zauber-Spiegel, und wurde Valdrea benebens der Hexen, und Ramberta in das Gefängniß gesetzt, da dann der gantze Verlauff sich eröffnet, und die zwo Alten gehenckt und verbrannt, Ramberta aber, weil sie aus Einfalt ihrer Fürstin gefolget, der Gefängniß wieder erlassen.

Aus angeführten Exempeln zeiget die Erfahrung, daß der Teuffel allzeit die Leute entweder affet, oder aber Unschuldige im Crystall anzeiget, wordurch er viel Jammer und Hertzleid anzurichten pfleget. Darum soll jedweder Christ für solchem Crystall- und Spiegelschauen einen Abscheu haben, damit er durch solche sein Gewissen nicht verletzt und die arme Seel in Gefahr gerathe.

Marginalien

1 Was darin für ein Unterscheid.
2 I. Geschicht.
3 Teuffel gibt einem ein Crystall / bekommt schlechten Lohn.
4 II. Geschicht.
Teuffelischer Betrug eines Crystallen.
5 III. Geschicht.
Unglückseliges Crystallschauen.
6 IV. Geschicht.
7 Eine wunderbare Crystallschauung.
8 V. Geschicht.
9 Einer wird durch die Crystallschau unschuldig erhenckt.

7. Von Lösel-Nächten

VII.

Von Lösel-Nächten.

Es wird für eine erschröckliche Tod-Sünde gehalten, wann der Mensch sein Glück, Wohlfahrt [87] und zeitliches Wohlergehen von dem leidigen Teuffel zu erfahren suchet, und von selbigem vorher berichtet seyn will, der doch alle seine dißfalls gegebene Antwort auf solcher aberglaubiger Leute zeitliches und ewiges Verderben richtet, und gar nichts anders suchet, als wie er solche in sein Netz immer weiter und weiter verstricken möge. 1 Sonderheitlich sind noch itziger Zeit insgemein das gemeine Volck, besonders aber die geilen und mannsüchtigen Dirnen, mit dieser aberglaubischen Seuche behafftet, welche allerhand leichtsinniges Gauckelwerck treiben, um dadurch zu erfahren, was sie für Männer überkommen werden: theils lassen sich durch alte Vetteln, die bereits schon mit dem Teuffel einen Bund gemachet, zu dieser Seelen-schädlichen Unsinnigkeit verleiten, und bedienen sich darzu sonderlich der Heil. Weyhnachts-Zeit, ihre verwegene Künste auszuüben, und an statt sie sich auf die Menschwerdung und Geburt ihres Seelen-Brautigams, selbigen mit reinem Hertzen zu empfahen, bereiten solten, so dienen solche zu dieser Zeit dem Teuffel, und gebrauchen darzu 1. die St. Andreas- Nacht, 2. St. Thomas-Nacht, 3. Heil. Christ-Nacht, 4. H. Neu-Jahrs-Nacht, und Heil. drey Königs-Nächte, und noch andere mehr, in welchen sie so mancherley Teuffels-Tant fürzunehmen wissen, wormit sie GOtt und die H. Engel betrüben, dem Teuffel aber eine erwünschte [88] Freude machen. Unter diesen Gauckeleyen müssen ihnen die Creutz-Wege dienen, oder auch nur ihr Küchen-Herd, auf welchen sie sich Mutter-nacket setzen, und ihre gewisse Sprüche zum H. Andreä hersagen: da dann sie insonderheit verwarnet werden, so ihnen jemand erscheinet, ja kein Wort zu reden. Dergleichen Exempel mir noch von meiner Jugend bekannt, da ein gewisser Buchbinder zu Leipzig am St. Andreas-Abend bey einem seiner Mit-Meister gewesen, und sich bis Mitternacht verspätet, Namens Tillman Thorall, als er aber bey Mondschein nacher Hause über den St. Nicolaus-Kirchhoff gehet, und an einem Pfeiler, s.h. sein Wasser lassen will, trifft er allda eine Dirne Mutter-nacket stehen, hinter dem Pfeiler im Winckel angelehnt verborgen, worüber der Mann zwar hefftig erschrocken, sich dannoch gefasset und gefraget: Was machest du allhier? 2 Das Mensch aber noch in hefftigerem Schröcken für so einem langen grossen Mann, (der darzu, wegen habender Trauer, in einem langen Mantel gegangen,) will, ihrer gegebenen Instruction nach, nicht antworten, bis er selbige bey den Armen fasset, und herfür in den Mondschein ziehet, allda hebt sie an hefftig zu schreyen, worzu eben ein Stunden-Ruffer kommt; da sie nun siehet, daß sie nicht unter Teuffeln, sondern Menschen sey, bekennet sie ihr Verbrechen, und bittet, daß man sie gehen [89] lasse: so auch geschehen, und diese wird an die St. Andreas-Nacht Lebenslang gedacht haben. Andere, die etwas furchtsamer sind, bedienen sich leichterer Gauckenspiel, werffen einen von den Füssen abgezogenen Schuh rücklings zur Stuben-Thür hinein, oder begehren, daß ihnen ihr Liebster sein Messer zuwerffen, oder ein Zeichen geben soll, was seine Profession ist; ja vielerley solche Sachen, die man, um Aergerniß wegen, allhier zu gedencken Scheu träget. Wir wollen aber alle christliche Hertzen allhier treulich warnen, dem Teuffel nicht so viel Raum zu geben: weil Exempel fürhanden, daß solche verdammliche Leichtsinnigkeiten von GOtt nicht ungestrafft bleiben, denn entweder gibt GOtt solchen Vetteln keine gesegnete Heurath, oder verhanget, daß solche sonst in Spott, Schande und Gefängniß gerathen, und da ja noch ein oder die andere zur Ehe kommet, erfolget gemeiniglich in selbiger Zanck, Streit und Unfriede, wo nicht gar ein schmählicher und unseliger Tod.

Zu fernerer Abmahnung folgen allhier einige Geschichte, so sich bey dergleichen Gauckeleyen zugetragen haben, als: 3 Vor ohngefehr 25. Jahren hat sich in einer gewissen Stadt ein einfältiges Weibsbild zu dergleichen Handel bereden lassen, und an einem Creutz-Wege übernachtet: massen denn solche Wercke der Finsterniß auch im Finstern getrieben werden müssen, daselbst [90] selbst ist solche durch ein Gesicht so hefftig erschröcket worden, daß man sie frühe Morgens als für todt angetroffen, und obgleich die Lebens-Kräffte wieder kommen, dennoch der Verstand ausblieben, derowegen man keinen rechten Bericht von ihr erhalten können, weil die Sinne alle verstreuet gewesen, und nicht gewust, was man sie fragete; ausgenommen, daß sie nach etlichen Tagen mit Seufftzen gesprochen: Ach! verzeihe es GOtt der Alten / wie hat sie mich armes Kind angeführet! 4 Kurtz vor ihrem Ende ist sie wieder zu völliger Vernunfft kommen, und hat so viel berichtet: Daß, nachdem sie die gewöhnliche Mißbräuche an dem Creutz-Wege abgestattet, ihr gegen über auf dem Dach eine feurige Todten-Bahr erschienen, worüber sie in solchen Schröcken gefallen, daß sie davon in gedachte Kranckheit gerathen. Vid. Erasm. Francisci höllischen Proteus, p. 811.

Aus gedachtem Autore wollen wir noch einige dergleichen Exempel anführen. 5 Vor einigen Jahren trieb gleicher Fürwitz ein junges wohlgestalltes Mägdlein in Oesterreich, die ihres gleichen noch wohl zu Ehren bekommen hätte, so sie es mit GOtt und Ehren angefangen, der Zeit ihres Glücks erwartet, und auf die Göttliche Vorsehung ihr Vertrauen gesetzet. Der Mensch kan es ja nicht besser treffen, noch [91] sicherer gehen, als wenn er die Vorwissenheit seines Glücks oder Unglücks derjenigen Allwissenheit heimstellet, welche zu den Ihrigen spricht: Ich will dich mit meinen Augen leiten! Wer aber mit des Teuffels Augen, der ein Geist der Finsterniß ist, vor sich aus und ins Zukünfftige schauen will, der muß anstossen und fallen, wie es auch dieser Oesterreicherin ergangen ist. Diese hat, auf Einrathen einer alten Vettel, dem Satan wohl befohlenen und in seinen Diensten verruntzelten Mutter, zu Mitternacht, mit darzu erfordernden Ceremonien, ihren Liebsten zu sehen begehrt; worauf ein Schuster mit einem Dolch daher tritt, ihr denselben zuwirfft, und darauf schnell wieder aus dem Gesicht kommet. Sie hebet den nach ihr geworffenen Dolchen auf, und versperret denselben in eine Truhe: und nach kurtzer Zeit wird ihr eben ein so gestallter Schuster zu Theil. Etliche Jahre nach ihrer Verehelichung gehet sie einsmahls nach der Vesper an einem Sonntag zu ihrer Truhen, etwas herfür zu suchen, so sie den folgenden Tag als eine Arbeit fürnehmen wolle, als sie solche Truhe eröffnet, kommt ihr Ehemann zu ihr, und will in die Truhe sehen; sie aber erschrocken, widerstehet solchem, worauf er sie mit Gewalt von der Truhen stösset, und im Hineinschauen seinen verlohrnen Dolch erblicket, welchen er alsobald erwischet, und begehret kurtz um zu wissen, wie sie solchen [92] bekommen hätte, weil er denselben zu einer gewissen Zeit verlohren? Allein in solcher Besturtzung wuste sie sich auf keine Ausrede zu besinnen, sondern bekennete frey heraus, dieses wäre derselbe Dolch, den er ihr in selbiger Nacht hinterlassen, da sie um ihn gebetet hätte: Hierauf ergrimmete der Schuster, und sprach mit einem erschröcklichen Fluch: Hur, so bist du die Dirne, welche mich in selbiger Nacht so unmenschlich geängstiget hat, und stößt ihr damit den Dolch mitten durchs Hertz, wofür ihm hingegen des Henckers Schwerd durch den Halß gedrungen. Diese Begebenheit wird bey unterschiedenen Autoren, wiewohl mit andern Personen, Ort und Umständen, mehr erzehlet.

Frommannus in Fascinatione Magica lib. 3. Part. 6. c. 7. p. 79. setzt ein sonderbar Exempel, und berichtet: 6 Es habe bey seinen Eltern eine Magd gedienet, welche durch dergleichen Mittel eine Weissagung ihres Heuraths-Glücks gesuchet, und von ihrer Edel-Frauen, in derer Diensten sie damahls gestanden, sich bereden lassen, diese verfluchte Weise zu begehen, und drey Gläser auf den Tisch zu stellen, das erste voll Wasser, das zweyte voll Bier, das dritte voll Wein zu füllen, und das hätte sie in Gessellschafft zweyer Mit-Dienerin verrichten müssen; jedwede aber hätte drey Gläser vor sich gesetzt, die Edle Frau aber, in der Cammer stehend, hat durch die offenbleibende[93] Stubenthür dem gantzen Verlauff zugeschauet; wie die drey Dirnen fasennacket am Tisch gesessen, und auf den Anblick ihres Liebsten geharret.

Hierauf ist zum ersten ein Hauß-Knecht (oder vielmehr der in dessen Gestalt verstellte Geist) hinein getretten, hat das Glaß mit Wasser genommen und sich davon gemacher. Nechst diesem ist einer wie ein Büttner (Bänder) erschienen, und hat das vor der andern Magd stehende Bier-Glaß erwischet, und darauf seinen Abtritt genommen, der dritte händigte ihm selbst das Wein-Glaß ein, und trat als ein Dorff-Schulmeister, in schwartzer Kleidung und leinen Strümpffen, auf, dieser gieng mit dem Wein-Glaß davon.

Es soll auch solche stumme Vorsagerey der Ausgang bestättiget haben, wie die dritte Magd besageten Frommannischen Eltern angezeiget; die erste, welcher das Glaß mit Wasser gehört, ist mit einem Knecht in Ehe und Wehe gekommen, hat schmales Brodt mit ihm beissen und ihren Durst mit Wasser stillen müssen, vermuthlich also den Schweiß des Angesichts offt mit Thränen vermischet. Die andere ist besser berathen worden, mit einem wohlhabenden Büttner, bey demselben sie keine Noth gelitten, im Fall sie nicht etwa sonst eine böse Ehe mit ihm geführet: worbey zu erkennen; daß dergleichen [94] also angefangene Heyrathen hernach selten ohne Zwykracht, oder Widerwärtigkeit bleiben. Was sie aber selbst, die dritte, welche dieses erzehlt hat, für einen Bräutigam gewonnen, ist dem Autor unwissend; weil sie aus seiner Eltern Diensten und auch gar aus ihrer Heimath hinweg gekommen. Da sie etwa auch einen Schulmeister auf dem Land geheyrathet.

Zu dieser Materie schickt sich zwar besser seuffzen als lachen; doch kan man es kaum ohne Gelächter lesen, was vor vielen Jahren etlichen Mann-lüsternen Dorff-Nympffen in Crayn widerfahren. 7 Als sie sich am Heil. Christ-Abend, vertraulich auf einen nächtlichen Spatzier-Gang in einen kleinen Wald zu einer Brunnquell verbunden.

Ein junger Bauerkel hatte unvermerckt alles angehöret, was diese zwey junge Dirnen mit einander geredet, und welchen Ort sie ihre Wasser-Weissagung bestimmet hatten, weil er denn trefflich gern eine von diesen beyden zur Braut gehabt, gieng er vor ihnen hinaus heimlich in den Wald, nach der bezielten Brunnquell. Und weil dieselbe von einem hart daran stehenden Baum überzweiget war, schätzete er solchen Baum gar dienlich und bequem zu seinem Wunsch, nemlich, daß die beyde Bauren-Magde sein Ebenbild im Brunne erblicken möchten, erwählte also solchen [95] zu seinem Gerüste, darauf er eine und auch des Wahrsagers-Geistes Person zu spielen wünschte: kletterte also auf den Baum, und setzte sich auf den Ast, welcher über dem Wasser-Pfuhl hervor gieng; allda wartete er mit heisser Begierde ihrer Ankunfft. Er hoffete, der Betrug solte ihm desto besser gelingen, weil er ihnen unter andern diesen Vergleich abgehorchet hatte, daß keine ein Wort reden oder hinter sich schauen solte: wie ihnen vermuthlich eine alte Vettel solchen Unterricht mitgetheilet hatte. Denn sonst hätte er besorgen müssen, die ziemlich klare Nacht dürffte ihn für ihrem Anblick nicht sattsam verbergen.

Nachdem diese beyde also ihrem Vorgänger gefolget, und die Brunnquell im Gehöltz erreichet hatten; guckten beyde ins Wasser, in Vermuthung einen jungen braven Baurenkerl darin ansichtig zu werden. Wie jener solches merckte, lenckt und streckt er den Kopf auf den Ast, besser vorwärts hinaus, nach aller Möglichkeit, damit das Wasser seine Gestalt desto besser empfangen möchte. Aber der Ast, so bereits etwas alt und brecherlich, oder sonst eine solche grobe Bürde nicht ertragen können, zerbrach, ehe es sich diese Bauren-Mägdlein versahen; darüber dann dieser sich gezwungen fand, an statt eines Ebenbildes, oder Schattens, sich selbsten als das lebendige Original ihnen [96] im Wasser zu erscheinen. Denn er fiel hinab, plumpte und platzte in die Brunnquell hinein, mit so schröcklichem Geräusche, daß ihnen diese zwo einbildeten, der lebendige Teuffel führe von oben herab, und stürtzte sie in das Wasser, nahmen, mit grossem Entsetzen, die Flucht, mit einem gleichen Wett-Rennen nach ihrem Dorff zu; aber sie sind hernach in grosse Kranckheit gefallen, und hat es die eine gar mit der Haut bezahlen müssen.

Es wird von einem ansehnlichen Mann bezeuget, wie Erasm. Francisci im Proteo p. 818 schreibet, wie sich zu N. N. in Schlesien, als er sich daselbst bey Hofe aufgehalten, begeben habe, daß drey Hof-Jungfrauen in einer heiligen Nacht sich an einen gedeckten Tisch gesetzt, und über das drey Teller an so viel ledige Stellen geleget, für ihre erwartende Liebsten, welche auf ihr Einladen erscheinen solten; worauf nur zween Cavallier hinein gekommen, und sich zu zween Jungfrauen an den Tisch gesetzet: 8 der dritte verhoffete Beysitzer aber ausgeblieben. 9 Als nun dieselbe darüber traurig und ungedultig worden, endlich, nach langem vergeblichen Harren, aufgestanden, und sich ins Fenster geleget, erblicket sie gegen sich über einen Sarg, darinnen eine Person lieget, die ihr gantz gleich gestaltet; worüber sie hernach erkrancket ist, und auch in kurtzer Zeit darauf gestorben.

[97] Es wird von dieser Materie vielerley geschrieben, noch mehr aber davon erzehlet, und ist wohl zu glauben, daß darunter auch viel Mährlein mit unterlauffen, jedennoch ist nicht zu läugnen, daß gar viel hiervon vorgehet und noch alle Jahr ausgeübet wird: und hat doch unter allem der leidige Teuffel sein Spiel, welcher niemahls feyret, den Menschen in Versuchung zu bringen, um selbigen durch solche kleine Possen nach und nach einzuschläfern, damit er ihn allgemach in seine Klauen erhasche, worzu hernach ein guter Geist und ernstlich Gebet gehöret, sich wieder herauszuwicklen. Der heilige GOtt regiere alle Christen-Hertzen durch seinen heiligen guten Geist, daß keiner sich von seinem Tauff-Bund absondere, und dem höllischen Satan sich solcher Gestalt zu dienen verpflichte, und dadurch an seiner Seelen Heyl Schaden und Mangel leiden möge.

Marginalien

1 Was solche seyen.


2 Eine Magd wird an St. Andreas-Nacht Mutter-nacket auf einem Kirchhofe / ihre Gauckeley zu machen / angetroffen.


3 I. Geschicht.

4 Eine Weibs-Person treibt Löselerey / die ihr aber übel bekommet.
5 II. Geschicht.
6 III. Geschicht.
7 IV. Geschicht.
Etliche vorwitzige Mägde wollen ihren Liebsten sehen.
8 V. Geschicht.
9 Drey Hof-Jungfrauen wollen ihren Liebsten sehen /welches ihnen aber übel bekommet.

8. Von gezauberter Liebe

VIII.

Von gezauberter Liebe.

Es fället allhier zu fragen für, ob boßhaffte Leute solche Liebes-Zauberey, oder mit zauberischer List, die Weiber- und Männer-Gunst zuwege bringen können? das ist, ob die [98] Weibs-Personen Mittel haben, Manns-Personen zu zwingen, daß sie ihnen nachlauffen und sie lieben müssen, & vice versa, ob auch Manns-Personen zuchtige Weibs-Personen zu ihrer Liebe vermögen können? 1 Damit man aber mich recht verstehe, so ist allhier die Frage nicht, ob boßhaffte Leute solche Liebs-Träncklein solten können bereiten, wodurch der Mensch gleichsam toll, rasend und unsinnig werde; denn nach des Poeten Ovidii Worten:


Philtra nocent animis, vimqne furoris habent.


Und hat leider! die Erfahrung genugsam gelehret, daß auch in diesem Stück die natürliche Mittel gemißbrauchet werden. So hat Cæsonia ihren Gemahl, den Kayser Caligulam, mit dem Liebes-Tranck wütend gemachet. Sueton. in vita Caligulæ cap. 25. Calischenes hat den Kayser Lucium Lucullum hiemit umbracht. Und schreibt auch der hochberühmte Aristoteles, daß ein Weib ihren Ehemann mit gleichem Banquet hingerichtet. Vid. Reuter von Gewalt des Teuffels / pag. 1152. seq.

Pfitzerus über das ärgerliche Leben D. Fausti p. 387. schreibt eine notable Historie, folgendes Inhalts: 2 Ein Teutscher von Adel hat sich lange Zeit in der schönen Stadt Neapolis aufgehalten, [99] und mit einer Hof-Dirne, derer Thüre allen offen gestanden, brünstiger Liebe gepflogen; sogar, daß sie geraume Zeit über sich aller andern Geschäffte enthalten, und allein dieses Teutschen abgewartet. 3 Wer Welschland durchreiset, weiß, wie diese Syrenen beschaffen sind, und daß derjenige, der ihrem Gesange zuhöret, kein Geld im Beutel behalte, auch mehrmahl kein gesundes Glied an seinem Leibe davon bringet. Dieser Teutsche muste Doriclea (also wollen wir diese Hof-Docke nennen) die Arbeit theuer genug bezahlen, und erfahren, daß er einer unersättlichen Menschen-Fresserin zu Theil worden; wie ihn die Liebe also verblendet, daß er sich willig zu aller Möglichkeit verstanden, und an statt der ritterlichen Ubung, so er erlernen sollen, hat er alle seine Gelder bey der Doriclea verfochten. Nach geraumer Zeit wird er nach Hause entboten, und von diesem Gold ziehenden Demant noch lange über bestimmte Zeit aufgehalten. Endlich, als es muste geschieden seyn, bittet Doriclea diesen Frembden noch einmahl zur Mahlzeit, und setzet ihm zurCollation allerhand Zuckerwerck und Schlecker-Biß lein auf, unter welchen einige Zeltlein, die sie ihm mit auf den Weg gibt, weil er aus Traurigkeit, oder sonst gefassetem Unwillen, nicht essen wollen. Damit nimmet er seinen Abschied, nicht sonder Thränen, weil sie sich (wie er geglaubt) seiner als ein Ehe-Weib [100] gehalten. Als er nun auf halben Weg nach Capua kommen, fället das Pferd unter ihm zu Boden, und will nicht wieder aufstehen. Er steiget herunter, gürtet den Sattel auf, und zäumet den Gaul ab, solcher bleibt aber als halb todt liegen. In Ermangelung aber aller Labung gibt er dem Roß die Zeltlein, welche ihm Doriclea als eine Magenstärckung geben, zu essen. Sobald das Pferd solche in den Leib bekommen, stehet es wieder auf, und läufft zuruck, und also ungezäumt und ungesattelt, nach Neapoli vor der Doriclea Thür, und zwar so schnell, daß es unter Weges niemand aufhalten können. Der Teutsche ging hernach, so geschwind er konte, fragete allerwegen, wo das ledige Pferd hingelauffen, und wurde dahin gewiesen, wo er sein Pferd gantz rasend, an die Thür der Doriclea schlagend, gefunden, und, als solche herunter kommen, auf sie springen wollen; dadurch sich denn gezeiget, daß der Teutsche mit dem gemeinet, was dem Pferd beygebracht worden. Als der Teutsche solches gesehen, hat er sich ein ander Pferd gemiethet, und GOTT gedancket, daß er ihn für diesem Schandbalg behütet, weil er nicht allein seine Reise hinterlassen, und Doriclea nachlauffen, sondern auch gewißlich rasend worden und von Sinnen kommen wäre; allermassen dergleichen Liebs-Geträncke [101] und Buhler-Speisen solche Würckung zu haben pflegen.

Ich rede aber (saget Reuter) in diesem Handel von einer solchen Zauber-Kunst, wodurch, Krafft etlicher Wörter, oder sonsten unnützer närrischen Mittel, die Leut zu unehrlicher Liebe solten können gefordert und beweget werden. Ich halte dafür, daß dieses Fürgeben ein herrlicher Deck-Mantel sey, womit mancher geiler und unkeuscher Mensch, der seinen Wollüsten nachlebet, seine Ehre trachtet zu vertheidigen und vorwenden kan, es müsse ihm gemachet seyn, daß er von dieser oder der nicht lassen könne.

Jacob Vallyck / Pfarrer zu Geoossen / in seiner Vorrede von Zauberern / Hexen und Unholden /berichtet: 4 Als einmahl eine junge Gesellschafft beyeinander war, und ein junger Gesell sich rühmete, er könne den Jungfern etwas eingeben, daß sie ihn lieb gewinnen, und ein junges Mägdlein, ihrem Fürwitz nach, sagete: Es möchte ihr doch der Junggesell etwas eingeben, dann sie wisse gewiß, daß ihr solches keinesweges könne schädlich seyn; so hat der gute Gesell, der doch nichts von diesen Dingen wuste, noch auch dergleichen zugerichtetes Gifft oder Philtrum nicht bey sich hatte, ihr aus seiner Tasche ein Stück Kuchen zu essen geben, und gesprochen, das wäre das [102] bereitete Kraut, mit welchem er könte die Liebe erwecken. 5 Alsobald trieb sie den Narren mit ihm, und sprach: Ey, mein Freund, wie hab ich dich anjetzo so lieb. Da es nun Abend war, ging ein jeglicher nach Hause, und war auf dieses Ding kein Dencken mehr; die Jungfrau ging auch nach ihrem Bette, konte aber weder rasten noch ruhen, so tieff lag ihr dieses im Sinn, und sprach immer bey sich selber: Ich wolte wohl, daß ich das teufflische Werck nicht eingenommen hätte; ist zuletzt aufgestanden, und so lang bearbeitet gewesen, bis sie zu dem vorigen Gesellen kommen, und von ihm geschwächet worden.

Es geschiehet aber nicht allemahl, wenn Weibs-Personen in eine thörichte blinde Liebe gerathen, daß ihnen solches durch Zauberey, oder Liebes-Träncke, beygebracht worden; sondern ihr eigener geiler Wille gibt ihnen zum Theil dazu Anlaß, daß sich solche selbst in Unglück stürtzen, wie mir dergleichen Stucklein noch in frischem Andencken ruhet, als folget: 6 Zu Insprug, in Tyrol, war meiner Zeit eine feine wohlgestallte Tochter, dieselbe wolte ihr Vater, als ein wohlhabender Handwercks-Mann, an einen Silberschmied verheyrathen, obwohl solche dessen gar keinen guten Willen hatte, ihn auch, ungeachtet dero Eltern fleißiges Ermahnen, nicht bey sich leiden konte, so [103] vermeynete jedermann, es wäre diesem Menschen von jemand angethan. 7 Es wurde hin und wieder gesonnen, bis endlich die Gedancken auf einen Secretarium fielen, welchen man beschuldigen wolte, er habe diesem Mägdlein die Liebe zu essen geben: solches wurde endlich auch dem Secretario zu wissen gemachet, derselbe aber, als einer, welcher Zeit Lebens mit dem Mägdlein keine Conversation noch Bekanntschafft gehabt, hielte solches für Spaß, und bemühete sich, diese Braut kennen zu lernen; wie nun der Teuffel geschäfftig, Unglück anzustifften, und, wo er nicht selbst Gewalt hat hinzukommen, seine Ergebene gebrauchet: also muste auch eine alte Vettel das Werckzeug seyn, solche Bosheit auszuüben. Dieses alte Weib hatte (weil sie offt in der Braut Hause aus-und eingegangen) von dem Handel gehöret, bediente sich der Gelegenheit der Jungfrau zu sagen, wie eifferig dieser Secretarius sey, mit derselben in Bekanntschafft zu kommen, beredete solche auch, daß sie des folgenden Morgens den Inn hinauf, zu den Sieben-Schläffern genannt, mit ihr spatziren solte, dahin dieser Junggesell auch gantz gewiß kommen würde, so auch beydes erfolget: und bey der ersten Zusammenkunfft ward unter diesen beyden das Liebes-Feuer dergestalt angezündet, daß man weder Philtra, noch andere zauberische Sachen, [104] vonnöthen hatte. Was geschiehet? Der Secretarius wird mit der nächsten Post nacher Wien beruffen, mit Befehl, unterweges zu Schweitz für seinen Herrn in Bergwercks-Sachen etwas zu verrichten, und sich etwa 3. Tage daselbst aufzuhalten. Als dieses die Braut erfähret, gehet sie eiligst zu diesem Secretario, bittet ihn um aller Heiligen willen, er möchte sie doch mit sich nacher Wien fahren lassen, sie wolle gern dem Nollesiner bis nacher Lintz den Beytrag zum Lohn entrichten; dieser Secretarius, der auch nicht von Eisen und Stahl war, bewilligte ihr Begehren, mit Bedeuten, daß sie sich Morgens frühe um 6. Uhr bereit halten, und über die Inn-Brücke, allwo der Nolesiner wohnete, ihr Couffré bringen solte. Alles war dem armen Mägdlein nach ihrem Wunsch: die Reise ging wohl von statten, und wurde die Tochter in ihrer Eltern Hauß nicht eher vermisset, als bis ihr gegen Abend ihr Liebster eine Visite geben wollen; es wurde fleißig nach ihr gefraget, aber kein Mensch konte von ihrer Abreise Nachricht geben, weil sich solche nicht in des Nollesiners Quartier, sondern unten am Inn- auf dem schmalen Weg zum Secretario eingesetzt hatte: worüber dero Eltern und Hochzeiter nicht in geringen Kummer gesetzt worden. Inzwischen fuhren diese beyde ohngehindert ihres Weges, und saumete sich der Secretarius [105] auch wegen seiner Ordre in Schweitz keinen völligen Tag, sondern beschleunigte seine Reise best-möglichst, bis nacher Saltzburg, allwo sich beyde, als nunmehr über die Gebühr vertraulich, wie Mann und Weib, zusammen hielten, kamen auch, wiewohl mit kurtzen Tag- Reisen, bis nacher Lintz, in Ober-Oesterreich, allwo sie sich der Donau, bis Wien, bedienen wolten; inzwischen aber war endlich dem Hochzeiter und Vatter Bericht eingelauffen, wohin sich diese Tochter gewendet hatte, welche insgesammt mit der eiligsten Post solche verfolget, und in Lintz, wiewohl nicht beysammen, angetroffen, denn der Secretarius hat allda seiner Herrschafft Herrn Bruder gefunden, mit welchem er zu Land gen Wien gereiset, der Tochter aber alleInstruction geben, wie sie auf dem Wasser vollend hinab fahren könte: aber leider! die arme Tochter wurde von ihrem Vatter übel angelassen, und muste, mit ihrem höchsten Leidwesen, zurück nacher Insprug reisen, allwo sie von ihren Eltern ziemlich eng in den Schrancken gehalten worden. Es wäre auch solche bald mit ihrem Hochzeiter zur Copulation kommen, wenn solches nicht von der Heil. Fasten-Zeit verhindert gewesen. Mithin wolte dem guten Hochzeiter auch von seiner Braut nichts Gutes träumen, und kame ihm diese so schnelle Abreise gar verdächtig für, daß also die Hochzeit bis [106] nacher Pfingsten verzögert worden, unter welcher Zeit die Braut ihr dick wachsender Bauch allgemach verrathen wolte, wie solche mit ihrem Reise-Gespan gelebet: weßwegen sie auch von ihrem Hochzeiter verlassen, und muste mit Schanden seiner Zeit eine junge Tochter zur Welt bringen, wozu sie hernach keinen Vater zeigen konte. Ist also, wie Anfangs gedacht, nicht allemahl mit Liebes-Träncken gethan, sondern der teufflische Antrieb und Geilheit sind Ursachen, daß manches Mägdlein um ihr Kräntzlein gebracht wird; da heißt es wohl: Wer gern tantzt, dem ist bald gepfiffen. Wer seinen geilen unzüchtigen Affecten nicht genugsam widerstehet, der kan leicht, sonder und mit Liebes-Träncken, in Unehrbarkeit gerathen.

Es gibt zwar wohl solches Gesindel, welche mit dergleichen Stücklein umgehen können, daß eines dem andern diese Tücke beweisen kan. 8 Wie D. Paullini in seiner Dreck-Apotheck cap. 14. p.m. 258. seq. von Liebes-Träncken schreibt, als: zu Halberstadt erzehlte mir Herr Michael Wirtzler, Rector bey der Martins-Schule, wie er einen Schreiner-Gesellen gekannt, dem ein Mägdlein etwas beygebracht, daß er nicht von ihr bleiben können. Seine Mutter aber habe ihm ein paar neue Schuhe gekaufft, und Johannes-Kraut hinein gestopfft, worin er nach Wernigeroda geschwind, und fast in [107] einem Trab, lauffen müssen, daß ihme der Schweiß mildiglich über den Kopff und Wangen herab getreuffelt. Wie er dorthin kommen, und sich ein wenig abgekühlet, ließ er ihm eine Kanne Breyhan geben, goß solche nach und nach in den rechten Schuh, und trunck es stehend nach einander aus: worauf er der Hure spinnen-gram wurde, also, daß er nicht einmahl ihren Nahmen ohne Ungedult anhören mochte.

Gockelius in Tractatu vom Beschreyen und Verzaubern gedenckt folgender Geschicht p. 112. Ich kenne einen Pommerischen Cavallier, so damahls unter den Münsterischen Völckern Capitain war, nun aber Obrister ist, dem auch eine geile Metze ein Träncklein beybracht, und dermassen bethört hatte, daß er offt aufstehen, und wider seinen Willen mit Verdruß ihr nachlauffen muste: 9 wie ihm aber einst ihr Mist in seine Schuh geleget ward und er darinn eine Stund lang gangen, und sich satt gerochen hatte, ward die Liebe auch stinckend. 10 Dieses Stücklein wuste Ovidius schon, darum saget er:


Ille tuas redolens Phineu medicamina mensas,
Non semel est stomacho nausea facta meo.

Einem andern ward in einem Brey etwas [108] unwissend von gedorretem Koth der Liebgewesenen gegeben, und dadurch eine abscheuliche Antipathia erwecket.

Gedachter Autor schreibt ferner: 11 Ein fleißigerStudiosus Medicinæ, mein ehmahliger guter Freund, ward offt von des Nachbars Tochter gelockt, aber er hatte Eckel daran. 12 Einst schlieff er bey ihrem Bruder in ihres Vaters Hause, und ward gantz umgekehrt, doch aber kam er nicht zu ihr; Nur des Nachts, mehrentheils um 12. Uhr, stund er leise auf, lieff für des Mägdleins Hauß, küssete die Haußthür 3 mahl und lieff wieder davon. Wie es seine Schlaff-Gesellen merckten, verwiesen sie ihm seine Thorheit, doch konten sie ihn nicht davon abhalten. Einst wollte er sein Kleid bey dem Schneider umwenden lassen, da fand man in den Hosen einen leinen Beutel, und in demselben einen Hasen-Schwantz, krause Haar, (vielleicht von einem ungenannten Ort der Dirne abgeschnitten) und die Buchstaben S.T.T.I.A.M. welche einige so verdollmetschten: Satanas te trahat in amorem mei. So bald aber das Säcklein mit Schwantz, Haaren und allem verbrannt war, hatte dieser Tropff wieder Ruhe.

Stephanus Paschasius aus Francisco Petrarcha lib. 1. epist. 3. schreibt, so zwar einer Fabel nicht ungleich; von einem Zauber-Ringe, welcher in dem Mund eines todten Weibs-Bildes [109] solte gefunden worden seyn, und den Carolum Magnum dermassen bethöret, daß er dieses schöne Weibs-Bild mit Hindansetzung seiner nöthigen Reichs-Geschäfften nicht allein im Leben, sondern auch im Tod so inbrünstig geliebet, daß er es balsamiren, und aufs herrlichste bekleiden lassen, ja mit höchster Verwunderung mit zu Bett genommen, gehertzet und geküsset habe. 13 Nachdem aber der Bischoff zu Cölln beym Altar eine Stimme mitten unter seinem Gebet gehöret; die Ursach solcher närrischen Liebe des Kaysers läge unter der Zungen des verstorbenen Weibs-Bildes verborgen / und er bey Abwesenheit des Kaysers ein klein Ringlein mit einem Edelgestein unter der Zungen des todten Cörpers hervor gethan, sey nachmahls dem Kayser an statt voriger Liebe ein solcher Grauen angekommen, daß er befohlen, man sollte den todten Leichnam hinaus schaffen, er begehre denselben nicht länger um sich zu haben, vielweniger mit demselben zu liebkosen. Der Kayser aber habe hingegen den Bischoff dermassen geliebet, daß er stets muste um ihn seyn. Weil nun dieses dem Bischoff beschwerlich fiel, und merckte, daß dieses ohne Zweiffel von dem Ring herkäme, den er aus dem Munde des todten Leichnams genommen, habe er solchen in einen tieffen [110] Abgrund des nächst-anliegenden Sumpffs geworffen.

Gokelius in obangeführtem Tractat p.m. 63. schreibet: Weiter beschädigen böse zauberische Leut die Menschen durch Philtra, Liebes-Träncker, undHippomanes oder gang mir nach, dadurch die Leut grossen Schaden nehmen, und gemeiniglich raubsinnig werden, oder gar das Leben darüber einbüssen müssen; wie solches unterschiedene Exempel bezeugen: Welches Stephano, einem Ritter zu Neapolis, begegnet, welcher durch einen Liebes-Tranck in Unsinnigkeit gerathen. Ein solches Exempel lieget mir noch im Sinn, daß ein junges Weib zu Bern in der Schweitz, welche nicht gar eine gute Fama hatte, auch von etwa ihrem Buhlen ein solch Bißlein bekommen, so sie kaum. 8. Stund im Leib, da es solche Würckung that, und das Weib tormentirte, daß sich niemand in ihren Humour finden konte: ich ward zu solcher beruffen, sahe, daß etwas in ihrem Leib war, welches ungewöhnlich seyn müste, gab ihr alsobald ein starck Vomitiv, welches bey derer Würckung nicht als lauter Pech-schwartze Materie in grosser Menge von ihr heraus gestossen, aber es wolte doch seine völlige Würckung nicht thun, denn die Frau wurde des andern Tages raubsüchtig, daß man solche bewachen muste, ist aber nach 14. Tagen gestorben.

[111] Noch ein Goldschmieds-Geselle in Schwäbisch-Gemünd, welcher eben auch mit dergleichen Philtro begabet worden, ist mir unter die Cur kommen, solcher war auch seines Verstandes beraubet; bey welchem aber gar kein Remedium anschlagen wollen.

Weßhalben junge Leut treulich zu warnen sind, sich nicht mit allerley losen Gesindel in unzuläßliche Gesellschafft einzulassen, denn des Teuffels Nachstellungen seynd so mannigfaltig, daß selbe von keinem Menschen ergründet werden können.

Marginalien

1 Liebes-Träncklein / etc. was damit zu verstehen.
2 I. Geschicht.
3 Teutscher gibt seine Liebes-Zeltlein seinem Roß.
4 II. Geschicht.
5 Wie der Teuffel unter solcher Liebs-Bannerey sein Spiel treibet.
6 III. Geschicht.
7 Eine Jungfrau verliebt sich ohne Philtrum.
8 IV. Geschicht.
Ein Gesell bekommt einen Liebes-Trunck / und wie er davon entlediget wird.
9 V. Geschicht.
10 Ein Cavallier bekommt einen Liebs-Tranck / wird davon entlediget.
11 VI. Geschicht.
12 Närrische / Würckung gemachter Liebe.
13 VII. Geschicht.
Zauber-Ring wird im Mund eines todten Weibs-Bil des gefunden.

9. Von ehelicher Wercke Verlust

IX.

Von ehelicher Wercke Verlust.

Es wird vielfältig disputiret pro & contra, ob es müglich oder nicht müglich sey, daß Hexen und Zauberer Manns- und Weibs-Personen mit Nesselknüpffen, Schloßzuschliessen, auch andere zauberische Worte, können zu den ehelichen Wercken untüchtig machen: also, daß solcher eins dem andern die eheliche Pflicht nicht leisten könne. 1 D. Ulrich Molitor will, nebst dem beweißlichen Schaden, diese Frage bekräfftigen aus den geistlichen Rechten, dem Zeugniß der alten Kirchen-Lehrer, [112] wie auch aus seiner eigenen Erfahrung. Denn in dem dritten Gespräch seines Buchsvon Hexen und Unholden / schreibt er also: Es stimmen warlich hiemit überein die geistlichen Rechte, und bezeugen, daß ein Mensch, der sonst von Natur nicht kalt, dennoch durch Zauberey zu ehelichen Wercken könne untüchtig gemachet werden; wie wir denn auch in den Gesetzen einen besondern Titul haben: De frigidis & maleficiatis, von den kalten und bezauberten Personen. Daher auch der Pabst Hismarus in cap. Si per Sortiarias 33. quæst. 1. saget: Wann der Beyschlaff aus GOttes heimlichem, doch allerwegen gerechten Urtheil, und des Teuffels Anstifften, durch Hülffe der Hexin- und Zauberinnen, nicht folget, sollen die Verzauberten mit bußfertigen Hertzen und demüthigem Geiste GOtt und dem Priester vollkommlich beichten, und ihre Sünde bekennen, etc. Da sehet ihr ja, daß der Text sage, daß durch des Teuffels Anstifften die ehelichen Wercke verhindert werden. Und wiewohl diese Canon zur Erörterung dieser Sache allein genug wäre, (denn die Canones müssen von jedermann gebilliget und angenommen werden, wie auch in Cap. 1. de Constit. stehet) so halten und bekennen doch solches eben auch die alten Lehrer. Der heilige Thomas sagt, in 4. super sententias distinct. 34: Die Zauberey bringe zuwege, daß einer ein [113] Weib nicht beschlaffen, des andern aber wohl mächtig werden möge. Derohalben auch Hostiensis in Summa lib. 4. rubrica 17. von den Kalten und Verzauberten gesaget: Bisweilen werden die Männer durch Zauberey so untüchtig gemachet, daß sie sich mit einem Weibe fleischlich vermischen können, und sonst mit keiner andern. Bisweilen wird ihnen die Mannheit also genommen, daß sie sich mit allen andern Weibs-Personen begehen, einer aber allein nicht mächtig werden können. Ich, sagt D. Ulricus Molitor, bin auch selbst 18. Jahr lang vor dem Rath zu Costnitz (in Curia Constantiensi) ein Advocat und Fürsprach gewesen, wie auch heutiges Tages, und sind mir solcher Sachen viel zu Handen kommen, da die Weiber ihre Männer vor dem Richter verklaget, daß sie zu ehelichen Wercken untüchtig und unmännlich wären. Die geschworne Aertzte, welchen die beklagte Männer zu besichtigen anbefohlen war, haben auch gesaget, sie wären von Natur nicht so kalt, sondern sie wären durch Zauberey allererst ihrer Mannheit beraubet worden; worauf denn das Urtheil ergangen, daß die Partheyen einander noch ein Jahr lang solten Beywohnung thun, die eheliche Wercke nach Vermögen weiter versuchen, mittlerweil aber offt fasten und Allmosen geben, damit GOtt, der den Ehestand eingesetzt, ihnen dieser Zauberey abhelffe.

[114] Petrus Bornellus aber will solches nicht gestehen,art. 4. Obs. 65. und hält es für gantz unmöglich; auch, so etwas dergleichen geschehen solte, müste solches natürlichen Ursachen, entweder für sich selbst, oder auch zufälliger Weise, beygemessen werden: fürnehmlich der starcken Einbildung, welche hierbey viel vermöge. Dieser Meinung ist auch Joh. Wierus de Præstig. Dæmon. lib. 4. cap. VI. daß man hält, wie daß etliche gebunden werden, daß sie zum Beyschlaff unbequem seyn, gleich als entmannet, dasselbe kan wohl geschehen aus natürlichen Ursachen, so die natürliche Instrumenten, die zum Beyschlaff gehören, geschwächet oder verletzet werden, aus der Natur oder aus Beyfall, oder aus innerlicher oder äusserlicher Artzney oder Gifft. Daher die Theologi einen legem de frigidis & maleficiatis; das ist, von denen, die zum Beyschlaff unmännlich seyn, gestellet haben; derohalben muß man diß Gebrechen nicht allezeit auf Zauberey legen, und den Unschuldigen beschweren. Und wie ich bekannt habe, daß die Partheyen, so zu der Generation dienlich seyn, von dem Satan verletzt können werden, also will ich auch verneinen, daß diß geschehen solte durch bösen Willen, oder närrisches Wünschen eines alten, einfältigen, tollen Weibes: wiewohl sie von dem Satan darzu mit falscher Einbildung gebracht werden könne, daß sie es vermeinet und bekennet [115] gethan zu haben. Derselbige Künsler kan wohl machen, daß der Entmannete mit einer Frauen den Beyschlaff ausrichten kan, so er ihn alsdenn unverhindert läßt in den natürlichen Partheyen, und wiederum soll er bey einer andern Frauen ohnmächtig seyn, darum, daß ihm dann der Satan die Glieder wieder verletzt. In Italia, und insonderheit zu Rom, vermeinen etliche herrliche Curtisanen, oder lose Huren, daß sie die Männer ohnmächtig machten, so sie den Riemen oder Nestel den Männern aus den Hosen stehlen und verknüpffen, und daß sie sie wieder frey und loß machen, wenn sie ihnen den Riemen wieder geben; also meynen auch etliche von des Wolffes Schaam, wenn die in jemands Nahmen gebunden und aufgelöset wird. Von diesem aberglaubigen und närrischen Binden könte ich weitläufftiger schreiben; aber all dieses Binden hat keine Macht, und ist es, daß diß einige Werck darauf folget, so kommt es, durch des Teuffels Würckung, aus dem Aberglauben, auf daß er seinen Vasallen, oder Lehen-Leuten, seinen guten Willen und treuen Dienst erzeigen möchte, und sie ihm wiederum treu bleiben und nicht meineidig werden.

Rod. à Castro lib. 3. cap. 6. de nat. Mul. schreibt, daß solches alles könne oder vermöge entweder durch Geträncke, vergrabene Wurtzeln und Kräuter, in die Kleider [116] und Bettstätten verborgene Sachen, u.s.f. geschehen, und kan also derjenige, der mit innerlicher oder äusserlicher Artzney, oder Gifft, den Beyschlaff eines Menschen zurück gehalten, wiederum zulassen, daß er einer andern Person mächtig werde, wenn er ihn in seiner natürlichen Würckung unverhindert läßt.

Was nun die geistlichen Rechte, und das Zeugniß der alten Kirchen-Lehrer betrifft, so reden sie entweder nach der altväterischen Meynung der aberglaubischen beydnischen Welt, wie der Poet Virgilius in der 8. Ecloga schreibet:


Necte tribus nodis trinos Amarylli colores
Necte Amarylli modò: & Veneris dic vincula necto.

Id est:


Geh, Magd, und nimm der Faden drey,
Kein Farbe wie die ander sey,
Daran solt du drey Knoten machen
Und sprechen auch zu diesen Sachen:
Ich knüpff, ich knüpff zu diesen Band,
Damit sey itzt mein Buhl gebannt.

Dahero auch der heilige Augustinus tract. 7. in Johann. davon die unterschiedliche Manier der Zauberey erzehlet, eine Art, die er Legaturam nennet, wormit die Ehe-Leute gebunden werden, hinzusetzet. Oder sie reden nach dem Wahn der verführten [117] Weiber, welche mit falscher Einbildung von dem Satan darzu gebracht werden, daß sie vermeinen und bekennen, ein solches gethan zu haben, welches sie doch nicht verstehen noch begreiffen. Oder sie reden von der Zauberey, die durch Gifft und andere boßhaffte Sachen zuwege gebracht werden; denn können sie mit ihrem Gifft der Menschen Gesundheit schwächen, dem Leibe seine Krafft und Stärcke benehmen, und die innerliche Feuchtigkeiten zerstöhren, so ist es ihnen auch nicht unmüglich, daß sie die Krafft der menschlichen Besaamung, welche in etlichen innerlichen Gefässen verfasset ist, verhindern: Es sey, daß sie Gefässe des Saamens durch ihr Gifft erkalten, oder sonst Haß und Uneinigkeit zwischen den Ehe-Leuten erwecken. Bis so weit S.H. Reuter im Reich des Teuffels / p.m. 1156. seqq.

Wenn man sich aber auf die öfftere Erfahrung und derer Beweiß-Gründe beruffen will, derer leider! genug angewiesen werden können, daß sogenannte Verknüpfung und Verhinderung des ehelichen Wercks, durch Göttliche Zulassung, von dem leidigen Satan und Feinde des Heil. Ehestandes, durch seineInstrumenta und Werckzeuge, als Hexen und Zauberer, herkomme, so wird man Exempel genug finden, welche die Verneinung gäntzlich übernhauffen werffen. 2 Unter andern kan angeführet werden, folgende Geschicht:

[118] Hildebrand. in seiner entdeckten Zauberey pag. 96. Item M. Wolffgang Buttner, Pfarrer in der Grafschafft Manßfeld, in Epitome historiarum beym andern Gebot, auch Pfitzerus in vita D. Fausti p. 473. schreiben: 3 Im Bißthum Straßburg hat ein fürnehmer Graff mit einer jungen Dirnen gebuhlet, und sie wohl an seinem Hof gehalten: er ward aber anderes Sinnes und Raths, und nahm ihm eine junge und eheliche Gräfliche Fräulein zur Ehe, veränderte seine Unzucht und lebete ehrlich und ehrbar: denn die junge Braut brachte zuwege, daß man die Concubin muste von Hof abschaffen. 4 Weil solches aber die unzüchtige und freche Beyschläfferin verhöhnete, berathschlagete sie sich mit einer alten Zauber-Hexe, dieselbe gabe ihr in einem Hafen allerley seltsame Sachen, die muste sie in des Grafen Brunn versencken; welches alles dahin gerichtet, daß der Graf seine junge Gräfin mit ehelicher Vermischung in 3. Jahr lang nicht bedienen konte; welches auf beyden Theilen nicht wenig Kummer machete. Es begab sich aber, daß der Graf nach dreyen Jahren an dem Ort, wo sich seine gewesene Beyschläfferin aufhielte, durch die Gasse ritte, wo solche ihre Wohnung hatte, und da er vom Roß abgestiegen, mit einem Diener solchem Hause vorbey gehet, redete sie den Grafen an, und befragete ihn, wie er mit seiner Gemahlin [119] lebe? ob sie sich wohl vertrügen? und ob sie auch Kinder mit einander gezeuget? Er hatte aber auf die Concubin gantz keinen Argwohn, sondern antwortete ihr freundlich, und saget: Ja, wir dürffen nicht klagen, und mangelt uns nichts, dancken auch GOtt fürnehmlich, daß er uns 3. feine junge Söhne bescheeret hat, welche mir und meinem Gemahl sehr lieb seyn, auch viel Freude an ihnen haben. Von dieser Rede erschrack diese Concubin, und entfärbte sich unter den Augen; da solches der Graff vermerckte, fraget er sie, warum sie so fleißig nach seinem Stand und Wesen fragete? darauf antwortete sie: Herr Graf! ich freue mich gäntzlich solcher eurer Gnaden-Wohlfahrt, aber der Teufel müsse die alte Hur wegführen, die mir einen Topff in euren Brunnen zu werffen zugerichtet, womit euch an ehelicher Beywohnung mit eurer Gemahlin zu verhindern. Lasset in eurem Brunn, der mitten im Hof stehet, suchen, da werdet ihr den Hafen mit mancherley Zauberey angefüllet finden, denn so lange dieser Hafen, mit dem, was drinnen ist, im Brunn lieget, würdet ihr samt eurer Gemahlin wohl bezaubert seyn und bleiben: der Graf lachete, und sprach: GOtt hat der Hure und der alten Hexe ihre Schalckheit verhindert, und gienge fort, reisete mit Freuden heim, ließ sobald den Brunn ausfegen, und fand alles, was die Concubin [120] gesaget hatte, übergab diesen Handel des Orts weltlichen Gericht, welche die Concubin und Hexe zur Hafft nahmen, und nachdem der Hafen zuforderst verbrannt, auch beyden ihre wohlverdiente Straffe gaben, da die Concubin mit dem Schwerdt gerichtet, die Hexe aber zum Scheiterhauffen verdammet worden. Hernach hat der Graf mit seiner Gemahlin in aller Vergnügung gelebet, auch Söhne und Töchter zusammen gezeuget.

Grillandus de Sortileg. cap. 96. n. 15. erzehlet fast ebenmäßig in folgender Geschicht; welches Exempel sich zwischen zweyen Brüdern zugetragen: 5 daß der Aelteste, der darzumahl Hochzeiter war, und etwan den Jüngern nicht nach Manier recht gekleidet, oder sonst verdrüßlich gewesen, hat dieser auf den Hochzeit-Tag unter währender Trauung, ein Mahl-Schloß genommen, solches zugeschlossen, und in den Brunnen des Hauses geworffen; ist darauf verreiset, und nach Verfliessung vier Jahren erst wieder nach Hause kommen. 6 Da er nun keine Leibes-Erben und Kinder in seines Bruders Hause gesehen, den Bruder aber sehr mager und fast kräncklich angetroffen, deswegen ihn befraget, woher doch solches komme? hat er von ihm die Antwort erhalten: daß ihm ein böser Mensch, dieses Stück angethan hätte; und wann er wüste, wer er wäre, wolte er ihm das Messer durchs Hertz stossen, [121] u.s.f. darauf sich alsobald der Bruder des Schlosses erinnerte, und freywillig bekannte, daß dieses Schloß im Brunnen wieder zu finden seye. Er hätte es aus Fürwitz gethan und so böse nicht gemeinet. Worauf dann sobald der beleidigte Bruder ergrimmet, diesem seinen Jüngern, das zu allem Unglück in Handen habende Messer in die Brust gestossen, daß er alsobald todt hinter den Tisch gesuncken. Nach welchem also der Brunn ausgeschöpfft, das vermaledeyete Schloß gefunden und aufgethan, ist ihm zwar von Stund wiederum geholffen, er aber darüber zu einem Bruder-Mörder geworden.

Unter allen solchen Bubenstücken aber ist keines gemeiner oder schädlicher, so man Verheyratheten zufüget, als das verdammte Nestel-Verknüpffen, welches auch so gemein worden, daß die Kinder damit umgehen und dasselbe mit einer unverschämten Frechheit treiben, ja ungestrafft, daß man sich solcher Bubenstück nicht mehr scheuet, noch verhohlen hält, sondern sich vielmehr solches unredlichen Handels darbey rühmet, als ob es nichts zu sagen hätte. 7 Bodinus de Dæmonomania lib. 1. c. 6. schreibt: Wir lesen bey Herodoto, daß dem König Amasia aus Egypten, auf dergleichen Weise seine Mannheit sey aufgehalten und verbunden worden, daß er seiner Gemahlin, derLeodice, nicht ehelich beywohnen können; [122] gleicher Gestalt haben auch des Königs Theodorici aus Franckreich Concubinen solche Ligaturen gegen der Königin Hermanbergin gebrauchet. Wie bey Paulo Æmilio vom Leben des Königs Clotarii des andern / zu finden. Die Epicurischen Philosophi lachen und spotten wohl solcher Wunder-Geschicht, aber sie werden wohl kleinlaut, und erschröcken, wann solche Meister auf Nessel-Knöpffen, welche man allenthalben findet, dermassen hinter sie kommen, daß sie ihnen auch durch keine Kunst zu rathen oder zu helffen wissen.

Allhier kan man etliche Sachen anmercken. Erstlich, daß die fleischliche Beywohnung durch zauberische Künste kan gehindert werden. Damit auch dieTheologi übereinkommen, und selbst auch Thomas von Aquin schreibet: daß es wohl müglich sey, so viel ein eintzig Weib belanget, gegen derselbigen einzigen unmännisch verstrickt seyen, aber nicht gegen andere oder viele. Zum andern, daß solches durch ein verborgen, und gleichwohl gerechtes Urtheil GOttes, der solches zuläßt, geschehe. Drittens, daß der Teuffel solche Ligaturen zubereite. Zum vierdten, daß man in diesen Zufällen seine Zuflucht zum Fasten und Beten gegen GOtt nehme. Uber diß vierdte Stück aber ist insonderheit wohl zu mercken, und daraus zu lernen, wie eine Gottlosigkeit es sey, durch teufflische Mittel, wie ihrer [123] viel thun, sich solcher Bindung zu entladen.

Noch ist es viel wunderlicher, daß die kleinen Kinder, so der Zauberey gantz unerfahren, dieses Nessel-Knüpffen auch ins Werck richten können, wann sie allein etliche Wort sprechen, und einen Knopf an einen Nessel machen. Auch fället mir jetzt ein, daß ich den Hauptmann Riole, General-Lieutenant zu Blois, habe hören erzehlen, wie ein Weib in der Kirchen einen Buben gesehen, der, als man zwey Eheliche hat eingesegnet, unter seinem Hütlein einen Nestel geknüpffet; und darüber auch mit dem Nestel begriffen worden, aber alsobald davon geflohen.

Bey oben angeregtem Hildebrando lieset man ferner pag. 91. Als ich noch zu Poictirs auf die grossen Gerichts-Täge, wie man sie nennet, des Königl. Procurators Vice-Regent war, im Jahr 1567. da begabe es sich, daß man etliche Hexen vor mir verklagete, als ich nun zu Hause kehrete, und den geklagten Handel, wie er in der That beschaffen, meiner Wirthin erzehlete, welche dann eine angesehene wohlgeachtete Frau war; da erzehlte sie dargegen: als ein hocherfahren Weib auf solche Kunst, in Beywesen Jacobs von Beauvois, des Insinuation-Schreibers, und meiner, die wir beyeinander in gleicher Herberge lagen, daß es wohl funffzigerley Art und Weisen des Nessel-Knüpfens [124] hätte: als eine, damit man allein einen Ehemann könne einhalten. Die andere, damit man allein ein Eheweib verhindern könte: und solches auf das Ende hinein, auf daß, so eines ob seines Ehe-Gemahls Unvermögen und Ohnmächtigkeit einen Verdruß trüge, es dadurch gereitzet würde, mit andern Ehebruch zu begehen. Zudem, sagte sie, daß man den Mann am leichtesten dißfalls aufhalten könte. Ja, man könte auch einen auf einen Tag, auf ein Jahr, auf all sein Lebelang, oder zum wenigsten so lange, als der Nestel verknüpft bleibe, in der Krafftlosigkeit verstrickt halten. Auch wäre ein Geschlecht der Verknüpffungen, da eins das andere lieb hätte, aber nichts desto minder aufs äusserste verhasset werde: Und eine andre Weise, da sie inbrünstig einander lieben, aber wenn sie einander ehelich machen sollen, zusammen heßlich kratzen und schlagen. Item, daß man Personen verstricken könne, die wohl einander ehelich beywohnen, aber keine Kinder zeugen könten. Ingleichem auch, daß man Ehe-Leute finde, die gantz und gar nicht zu verstricken wären. So auch könten sie den Leuten das Harnen verstricken, welches sie vernagelen heissen, wovon ihrer viel sterben müsten.

Und dieweil solches im Land Poictu so sehr eingerissen und gemein worden, hat Anno 1560. der peinliche Richter zu Niort, auf ein schlechtes Angeben einer jungen [125] Hochzeiterin, die ihre Nachbarin deshalben verklagt gehabt, daß sie ihrem Bräutigam den Riemen verknüpfft, dieselbe in einen finstern Thurn geworffen, und ihr gedrohet, sie ihr Lebtag aus dieser Gefängniß nicht zu lassen, sie habe dann den verknüpfften Mann entbunden. Darauf die Gefangene zwey Tage hernach den jungen Ehe-Leuten entboten, wiederum beyeinander zu schlaffen; sobald nun der Richter vernommen, daß die Verstrickten des Zauber-Bandes entlediget, hat er diese Gefangene auch wieder aus der Gefängniß ledig gelassen.

Marginalien

1 Frage / ob solche eheliche Wercke durch Teuffels-Kunst können verhindert werden?
Wird von einigen bejahet / und von andern widersprochen.
2 Hierüber werden einige Exempel angeführet.
3 I. Geschicht.
4 Einem Grafen wird seine Mannheit benommen.
5 II. Geschicht.
6 Ein Bruder nimmt des andern seine Mannheit durch Schloßeinschlagen.
7 Vom Nestelknüpffen.

10. Vom Alp-Drücken

X.

Vom Alp-Drücken.

Das Alp-Drücken ist eine gantz gemeine und bekannte Sache, wovon Gelehrte und Ungelehrte zu sagen wissen, ja es wird offtmahl mehr davon geredet, als geglaubet werden kan: Es ist an und für sich selbst etwas, so die Leute des Nachts im Schlaff befället, und dergestalt drucket, daß sie sich weder bewegen noch ruffen können; aber alles dieses ist eine gantz natürliche Sache. Die Physici nennen diese Kranckheit Incubus, Ephialtes, ist eine Kranckheit, da bisweilen in einem harten Schlaff dem [126] Menschen der Athem also gehindert wird, daß man nicht reden oder um Hülffe ruffen kan. 1 Auch haben solche Leute im Traum die Einbildung, daß ihnen was auf der Brust liege; ja viele wollen närrischer Weise behaupten, sie haben ein Männlein, oder dergleichen was, über das Bett hinauf kriechen, und daß es sich ihnen auf die Brust geleget, verspühret: solches aber wiederfahret sowohl Alten, als Jungen, und dauret zu Zeiten auf eine halbe und gantze Stunde, meistentheils aber auch vergehet es bald wieder. Sie reden auch im Schlaff, allein sie sind nicht zu verstehen. Wenn sie wieder erwachen und alle Zufälle fürbey seyn, so verspühren sie annoch ein Zittern und Mattigkeit der Glieder, gleich ob sie geprügelt wären.

Es begegnet aber dieses Ubel meistentheils denen, so auf dem Rücken liegen, sonderlich, wann solche die Arm beyde über den Kopff legen. 2 Herr D. Zwinger in seinem gewissen Artzt saget p. 106: Viel kleinglaubige und einfältige Weibs-Bilder, welche sich doch einbilden, alle Klugheit im Sinne zu führen, bereden sich und andere, daß solches entweder von einem Gespenst, oder von einer Verzauberung, herrühre: dadurch die Leute als im Schlaff erschröcket werden. Es ist ein vermessene Einbildung, da die Leute viel Kranckheiten, welche schwer zu heilen, gleich von einer Verzauberung herziehen wollen. [127] Die alten Medici, so sich in der Zergliederung des menschlichen Leibes und der Chymie nicht zuviel vertiefft, halten dafür daß solche Kranckheit von einigen aus dem mit Speisen allzusehr angefülleten Magen aufsteigenden Dünsten herkomme, dadurch nehmlich der Magen und die Brust ausgedehnet, und die zu dem Athemziehen nöthige Bewegung des Zwerchfells aufgehalten werde. Weilen sich aber dieses Ubel auch bey solchen Leuten erzeiget, welche ihren Magen bey der Abend-Mahlzeit gantz nicht beschweren, als glaube ich vielmehr, daß solches auch herrühre von einemHalitu narcotico, oder einem dicken, wüsten, sauerlechten Dampff, so sich mit den flüchtigen Lebens-Geistern (sonderlich denen, welche sich aus dem achten Paar der Nerven in die Brust, Lungen, und dieMusculen derselben als Organa respirationis fliessen) vermischet, und dieselbige also entschläffert, daß sie gantz matt durch ihre Nerven gehen, und hiemit auch das Athemziehen hindern, welche Hinderung denn Anlaß gibt zu dergleichen Träumen und Einbildungen, nicht anders als bey den Jünglingen der häuffig in den Saamen-Gefässen gesammlete geistreiche Saame im Schlaff liebreiche Gedancken so lange erwecket, biß ihnen der Saame auch wider Willen ausfliesset. Ich achte also mit vielen Gelehrten, daß bey solcher Kranckheit eine gichterische Zusammenziehung der [128] Nerven in dem Zwerchfell, in den Musculen der Brust, oder auch in den Lufft-Röhren der Lunge vorgehe, welche durch verhinderte Bewegung solcher Theilen den Athem verhalte.

Diejenigen, derer Geblüt mit sauren melancholischen Feuchtigkeiten angefullet, sind diesem Ubel mehr unterworffen, und bekommen dasselbe bisweilen, sonderlich wenn sie auf dem Rücken liegen, da das Geblüt Mühe hat, sich durch die grosse Blut-Adern, Venam cavam, in die rechte Höhle des Hertzens und darauf ferner durch die Lungen in die lincken Höhlen desselben zu schwingen.

Etliche schreiben, wenn einer auf dem Rücken liege, so fasse und drücke der Rück-Grad, und was drunter ist, das Hertz am nachsten; aus dieser Anhaltung werde die Bewegung des Hertzens in etwas verhindert. Wo nun die Bewegung gehemmet werde, da sammlen sich um das Hertz viel Dünste und grobe Qualme, welche hernach ins Gehirn steigen, und allerhand abentheuerliche Schreck-Bilder vorstelleten, gleichsam als wenn ein Gespenst da wäre, welches auf der Brust liege; ja, wenn das Hertz also gepresset werde, so werde auch die Lunge zugleich mit gedruckt, und der Stimme der Paß verleget, also, daß, welche mit diesem Affect beladen waren und anderer Leute Hülff schreyen und begehren wolten, doch die Lunge nicht bewegen, noch [129] eine Stimme von sich geben könten. Andere sagen, wenn der Mensch auf dem Rücken liege, so könten die Spiritus animales nicht herunter kommen, und die Lungen und Thoracem bewegen; dieweil das Gehirn, in welchem diese Lebens-Geister gezeuget werden, das Cerebellum druckte, und also den Gang durch die spinalem medullam denen Spiritibus verstopffte. Vid. M. Gottfr. Voigt im ersten Hundert seines physicali schen Zeit-Vertreibers.

Andere halten dafür, daß dieser Alp, oder Maren, Gespenster seyn, welche von den Füssen hinan kriechen, und den gantzen Leib einnehmen, ja die Leute also verpflichtet halten, daß sie um keine Hülffe schreyen können. Bernhard Gordon. de pass. cap. part. 2.624.

Noch andere sagen, daß diese Alp oder Maren verfluchte Menschen seyn, die keine Ruhe haben, bis sie in der Nacht in den Schlaff-Kammern herum gekrochen, und die Leut gedrucket. 3 Sie geben auch vor, daß, wenn gleich alle Fenster und Löcher zugemachet wären, sie dennoch wohl durch ein gebohrtes Löchlein kriechen könten; wann aber solches eiligst zugestopffet würde, so müsten sie bleiben, und könten nicht wieder von dannen kommen, wenn auch gleich Thür und Thor aufgethan würden. Sie sagen ferner, der Alp steckte seine [130] Zunge den Leuten ins Maul, wenn er sich über diejenigen ausbreitete, und sie also einnehme: daher es dann auch komme, daß die Leut sprachloß würden, und sich ihres Schreyens nicht bedienen könten. Solchem Unheil vorzukommen, müsse man sich ins Bett verkehrt legen, und die Füsse hinlegen, wo der Kopff gelegen, und zum andern nicht auf dem Rücken, sondern auf dem Bauche liegen, damit der heranschleichende Alp, wenn solcher den Kopff suchete, die Post-Prædicamenta finde, und allda seine Zunge hinein schiebe; alsdenn fände er sich beschimpfft, und käme nicht wieder. Sie erzehlen auch, daß jemand einen solchen Alp vertreiben wollen, und habe eine scharffe Hechel auf seinen Bauch geleget, damit er solche Spitzen in sich stossen möchte, wenn er über ihn käme; aber der Alp sey klüger gewesen, und hätte die Hechel umgewendet, und also dem Men schen in den Bauch gedruckt. Vid. Joh. Prætorium in seiner neuen Welt-Beschreibung / part. 1.

Obwohl von oben angeregten M. Prætorii angezogenen Fabeln nichts zu schliessen, so ist doch im Gegentheil zu Zeiten der Teuffel auch nicht müßig, den Menschen, auf Göttliche Verhängniß, auf dieserley Art zuzusetzen: darum auch erfahrne Medici den Alp in natürlichen und unnatürlichen unterscheiden, und solches durch Exempel beglaubet machen, worunter fast denckwürdig [131] und lächerlich scheinet, was bey D. Kœnig in Heptad. Cas. Consc. Miscell. c. 2. und beyFreudio quæst. 79. zu lesen ist: 4 Ein gewisser Rechts-Gelehrter lage in einer berühmten Reichs-Stadt in einem ordentlichen Wirths-Hause, und zehrete auf seine Kosten; ein wohlgefärbter lebhaffter Mann, der bey jedermann gar geliebt, aber noch unverheurathet lebete, derselbe ward schier alle Nächte angefochten, und mit diesem Ubel fast bis auf den Tod geplaget, von Kräfften erschwächet und erschöpffet. 5

Er bediente sich der Aertzte Rath, und gebrauchete fleißig, was ihm geordnet worden, aber alles vergeblich und sonder Frucht; indessen hielt diß nächtliche Drücken immerfort an, mattete und mergelte ihn aus. Endlich kommt ein Landfahrer, der gab ihm den Rath, wenn der Druck aufgehöret, solle er stillschweigend vom Bett aufstehen, und in ein Glaß sein Wasser abschlagen, hernach solch Glaß mit Pergament überall wohl verbinden, und in eine verschlossene Truhe setzen, als denn erwarten, was nachgehenden Tages darauf erfolgen wurde. Der Jurist folgete diesem Rath, und da er abermahl über alle massen abgemattet worden, that er, wie ihm der Landfahrer gesaget. Darauf erschien folgenden Tages um 9. Uhr eine alte runtzlechte Vettel, welche in Gegenwart seiner und seines Rathgebers mit vielen Thränen bittet, er solle doch die Truhe [132] aufsperren, und das vermachete Glaß mit Harn ausschütten, im widrigen würde sie, wegen Verhaltung ihres Harns, das Leben einbüssen müssen. Er wolte solches aber nicht thun, sondern schändete sie hefftig aus, und verzog eine gantze Stunde, ehe er ihr Hülff wiederfahren ließ. Weil sie aber ohne Unterlaß heulete und weinete, ließ er sich erbitten und bewegen die Truhe zu eröffnen, und goß das Glaß aus Aufstehenden Fuß aber fieng sie an im Zuschauen aller Anwesenden ihr Wasser lauffen zu lassen, welches längst der Gassen bis an ihr Hauß währete, woraus man erkante, daß sie eine Hexe ware, und diesem Menschen zeither solche Plage angethan hatte, denn von selbiger Zeit an ist er gleich gesund und von dergleichen Drucken nicht mehr beschweret worden.

Ein dergleichen erzehlt D. Frommann lib. 3. de fascinat. Magica part. X. Sect. 2. c. 5. p. 966. wie er berichtet, in seinem Vaterland auch kund und ruchtbar worden: 6 Nehmlich, daß einer, den gleichfalls der Alp gedruckt, eben dergleichen von jemand erlernetes Mittel zu Handen genommen, sein aufgefangenes Wasser bey der Nacht in ein Glaß gethan, und 3. Tage lang fleißig verwahret habe. Nach derer Verfliessung sey die Magd im Hause zum Mann gekommen, und hätte gebeten, daß er doch das Glaß wider den Boden werffen wolle. Dessen er sich zwar Anfangs [133] geweigert, doch endlich erbitten lassen, auf ernstlich Angeloben, daß sie ihm weiter nicht beschwerlich oder schädlich fallen wolle. Da er nun das Glaß aus der Hand geworffen und zertrümmert, hat diese Hex, noch unverruckten Fusses, einen gantzen Strudel Wasser von sich geströhmet, und ihren so lang bishero zusammen gesparten nassen Schatz auf einmahl ausgelediget. Sie ist aber nachmahls, nachdem sie reiff zur Straff gewesen, auf dem Scheiterhauffen verbrannt worden.

Noch ein Exempel führet Francisci in seinem Proteo an, von zwey Jungfern, welche Schwestern, und von ihren Eltern wenig Verlassenschafft, sich mit künstlicher Hand-Arbeit, in einem Bestand-Zimmer, in einer gewissen Stadt, ehrlich hinzubringen sucheten. 7 Selbige wohneten in einem Hauß, da es wegen eines Gespenstes nicht allerdings rein war: Allda sehr offt, ja manche Woche wohl 3 bis 4 mahl des Nachts, so bald sie im Bettlagen, etwas auf sie gefallen, und mit überaus schwerer Bürde gedruckt hat, daß sie weder schreyen noch Hülff ruffen können; welches ihnen nicht allein im Schlaff, sondern auch wachend widerfahren. Ist öffters auch bey Mondschein, wie ein düsteres Schatten-Bild, zu ihnen kommen, und hat sich auf ihr Bett geworffen. Uber dieses klageten sie nicht nur über die Nacht allein, sondern, daß solches auch bey hellem [134] Tage von ihnen in ihrer Wohn-Stube und Kammer gesehen würde, habe auch zu mehrmahlen bey heiterm Tage ein Gewerffe und Poltern in der Stube angerichtet, daß fast niemand darvor bleiben konnen; bis ihnen endlich gerathen worden, solch Zimmer zu verlassen: und nachdem dieses geschehen, hätten sie beyde guten Frieden und Ruhe gehabt. Woraus zu schliessen, daß solch Drücken nicht allemahl Hexen sind, sondern, daß sich auch vielmahl der Satan in derer Gestalt einfinde.

Heurnius in Tract. de Morb. Capitis cap. 30. erzehlt, so unlängst (seiner Zeit) in diesen Jahren etlichen Personen begegnet ist. Ich erinnere mich, schreibt er, daß, als ich noch ein kleiner Knabe war, ich neben einer ehrbaren und gar tugendhafften Matron schlieff, indem dieselbe einsmahls im Schlaff lage, erblickte ich einen schwartzen Kerl, der sich über sie auf das Deckbett zu legen schien: des Morgens klagete sie, der Alp hätte sie befallen; Ich, ob ich schon nur ein Knab war, durffte ihr doch von solchem schwartzen Kerl nichts sagen, weil er mich bedrohet hatte, wofern ich etwas davon ausschwätzen würde.

Eine Geschicht von einem Alp, welche auf dem Schloß Torgau in meiner Kindheit passiret, will allhier noch mit anhencken: 8 Als ich noch ein Knab war, muste [135] ich in der Kammer bey einem Dienstmägdlein schlaffen, welches meiner seligen Mutter aufzuwarten pflegete: in derselben Kammer aber muste auch die Köchin, wiewohl in einem besondern niedrigen Bettlein liegen. 9 Dieselbe beschwerte sich auch, daß manche Woche zu zwey bis dreymahlen sich etwas zu ihrem Bett nahete, und sie dermassen peinigte, daß sie unmöglich einen lauten Schrey thun könte: wordurch fast eine solche Furcht erwüchse, daß man ungern mehr in solcher Kammer schlaffen könte: als nun solches ruchtbar worden hat sich dieser Alp in 14. Tagen nicht mehr in der Kammer spühren lassen: worauf mein seliger Vater allerhand Argwohn geschöpffet, und weilen man genaue Achtung auf das Gesind hatte, ist auf den Laquay gemuthmasset worden, daß derselbe, weil er offt mit der Köchin allerley Schertz getrieben, unfehlbar der Alp seyn müsse, weswegen gedachter mein Vater dem Schreiber, welcher in einer Kammer mit dem Laquay geschlaffen, einen Thaler versprochen, wann er hinter diesen Possen kommen könte: dieser aber wurde dadurch ein guter Wächter, hielt sich bey der Sache, um des versprochenen Thalers willen, gantz geheim, und da einmahl, als sie in ihre Kammer zu Bett gehen wollen, der Laquay sich niederzulegen gesäumet; thate der Schreiber als ob er schon eingeschlaffen; damit schliche der gute Laquay heimlich [136] aus der Kammer, und wolte, wie er sonst mehr zu thun gepfleget, die Köchin drucken: über eine kleine Weile schleichet solchem der Schreiber barfüßig nach, und findet der Magd Kammer offen, ziehet solche Thür zu, und weil dieselbe eine Anwurff-Kette hatte, vesperrete er damit die Thür, daß niemand heraus kommen konte: und gehet damit nach meiner Eltern Zimmer, klopffet leise an, und sagete, wie er vermeinet, daß er den Alp in der Magd Kammer gefangen hatte: ob es aber gleich schon über Mitternacht war, stehet doch mein Vater auf, und nimmet zu sich einen Corporal mit 2. Mußquetirern, gehet nach der Kammer, und findet in solcher den leibhafften Alp, welcher eben beschäfftiget gewesen, zum Fenster hinab zu springen, so doch sonder Lebens-Gefahr nicht geschehen konte: lässet den so lang gefürchteten Alp in Arrest nehmen, die Köchin aber in eine andere Kammer sperren, bis an folgenden Morgen: allwo beyde ihre bisher geübete Leichtfertigkeit gütlich gestanden, die dann beyde nach gewöhnlichen Rechten mit 14. tägiger Gefängnuß bestraffet, und aus dem Dienst geschaffet worden, der Laquay aber hat allzeit hernach den Nahmen Alp behalten müssen.

Marginalien

1 Was solches eigentlich für eine Kranckheit ist.
2 Verschiede Meynungen / wovon solches Ubel entstehe.
3 Fabelhaffte Meynung von dem Alp.
4 I. Geschicht.
5 Offter ist doch der Satan dabey im Werck.
6 II. Geschicht.
7 III. Geschicht.
8 IV. Geschicht.
9 Von einem natürlichen Alp.

11. Von Nacht-Gängern

[137] XI.

Von Nacht-Gängern.

So werden hin und wieder, ausser der Heil. Schrifft, vielerley Geschichte von den Nachtwanderern, oder mondsüchtigen Leuten, wie dieselbe bey nächtlichen Zeiten auf Lebensgefährlichen Wegen, hin und wieder klettern könten, beschrieben; auch unter dem Schutz der heiligen Engel ohne Schaden erhalten würden, daß der böse Feind in dergleichen Zufällen keine Macht habe, solchen kranck-behaffteten Menschen einiges Leyd zuzufügen, unter was für eine Art Kranckheiten aber solche Nachtwanderey zu zehlen, davon hat meines Wissens noch keine gelehrte Feder genugsamen Bericht gegeben; unter was für Krafft und Würckung doch ein solcher Mensch so wunderliche Wege, ohne Halßbrechen oder Fallen und Hindernus, gehen könne. Ja, es ist bey solchen Nacht-Gängern noch bey vielen streitig, ob solche auch dasjenige thäten, was insgemein von ihnen gesaget werde, ob sich diejenige, so solches wollen gesehen haben, nicht selbst irreten; daß solche Menschen da oder dort herum geklettert wären: oder ob solche, die davon erzehlen und es selbst gesehen zu haben vermeinen, [138] nicht etwa in einem tieffen Schlaff gelegen, und es ihnen also getraumet hätte.

Es wird aber von zweyerley Arten solcher mondsüchtigen Leute geschrieben, als eine, wie obgedacht, die des Nachts einher wandern; und wieder andere, welche nur verzuckt wären: 1 welche gleich als Todte da liegen, und auch mehrmahls für todt gehalten werden; wie dergleichen Felix Maurer im Wunder der Welt Part. 1. pag. m. 80. angemerckt: daß ein Gelehrter berichtet, wie ein Schulmeister zu Wimbach, einem Schwartzenburgischen Dorff in Thüringen, vor ohngefehr etlich zwantzig Jahren kranck darnieder gelegen, also, daß er auch dem Ansehen nach Todes verblichen. 2 Wie nun sein Weib und andere Angehörige vermeineten, daß er gestorben wäre, sandten sie jemand nach Angstett, weil Wimbach des Pfarrers zu Angstett sein Filial ist, und bestellten bey dessen Vater, als damahligen Pfarrer, das Begräbniß. Weil aber in gedachtem Wimbach damahls noch mehr Patienten lagen, die dessen Vater öffentlich zu besuchen pflegete, war er gleich auf dem Wege begriffen, als der Schulmeisterin Bote ihm begegnete, und den Tod des Schulmeisters vermeldete; als aber der Vater zum ersten Patienten kam, vernimmt er alsbald, daß eben jetzo der verstorbene Schulmeister wäre wieder lebendig worden, und [139] redete von nichts anders, als von allerhand Gesichtern, die er in seinem vermeinten Tod gesehen hätte. Der Pfarrer begab sich alsobald dahin, und befand es also: der Schulmeister gab vor: es hätte der HErr Christus ihn in die Hölle geführet, und ihm den Ort und die Qual der Verdammten gewiesen, und nennete bey seiner Erzehlung viel bekannte und unbekannte, auch noch am Leben befindliche Personen, auch die er sein Lebtag nicht gesehen hatte, welche ihm alle in der Hölle als Verdammte gewiesen worden, mit Vermeldung ihres Verbrechens, und war wunderlich, daß er die Gestalten derer, die er gesehen, so genau beschrieb, daß auch diejenige, so solche im Leben gekannt hatten, sagten: Es wäre gleichsam, als ob der Schulmeister ihnen als der accurateste Kunst-Mahler die Person fürmahlete und für Augen stellete, ohnerachtet der Schulmeister selbst solche niemahl gekannt hatte. Am allerwundersamesten aber war es, daß er einige vornehme Personen, die noch am Leben waren, und die er doch sonst ausser seiner Entzuckung niemahls gesehen, noch gekannt, oder viel von ihnen gehöret, dennoch in der Hölle mit gewisser Marter beleget, wolte gesehen haben, und erzehlte die darbey vermerckte Umstände so nachdencklich, daß sich jederman verwunderte. Wie dieser Schulmeister nun allerhand solche Ding umständlich genug beschrieben [140] hatte, sagte er: Nun hätte er ausgerichtet, was ihm befohlen worden wäre: nun wollte er sich auch vom HErrn Christo lassen in den Himmel führen. Und lag hierüber eine Stande gantz stille, und verschied hoffentlich selig.

So hat man auch Exempel, daß Menschen also als Entzuckt- oder Todte zur Erden gefallen, haben eine geraume Zeit also gelegen, und, wenn sie wieder zu sich selbst kommen, mehrmahls von weit-entlegenen Orten her allerhand Relation bracht, und wenn man mit Gelegenheit an solchen Orten nachgeforschet, hat man erfahren, daß alles aufs genaueste eingetroffen, wie wir denn uns erinnern, von einem Lappländer dergleichen Historie gelesen zu haben. 3 Es soll einsmahls ein Frantzoß an einen sehr weit-entlegenen Ort verreiset gewesen seyn, und da er so sehnlich Verlangen getragen hätte, zu wissen, was sein Weib und Kind zu Hause machen würden, hat sich ein dergleichen Lappländer, der eben zugegen gewesen, erboten, um die Gebühr innerhalb wenig Stunden Nachricht zu bringen. Dieser hätte dem Lappländer ein gewiß Geld verheissen, jedoch mit dem Beding, daß er ihm ein gewisses Zeichen aus seiner, des Frantzosen, Heymath aufweisen und mitbringen würde, daß er die Wahrheit sagete. Obwohl der Frantzoß nicht vermeynete, daß ihm der Lappländer solches verheissen würde, hat [141] er sich dessen doch entbotten. Hierauf wär der Lapplander, nachdem etliche seines gleichen mit Trommeln um ihn her gestanden und getrommelt, schnell zur Erden gefallen, und etliche Stunden als todt gelegen, bis er wieder zu sich selbst gekommen, und dem Frantzosen nicht allein alles erzehlet hätte, in was für Zustand er sein Weib und Kinder angetroffen, sondern hätte auch seiner Frau ihren Trau-Ring, den der Frantzoß ihr bey seiner Vermählung gegeben, zur Versicherung, daß er wahrhafftig Nachricht hätte, ihm überreichet. Dieser hat solchen gekennet und mit Erstaunen angenommen. Und da er nach geraumet Zeit von seiner fernen Reise wieder nach Hause kommen, und alsbald an seiner Frauen Finger den Trau-Ring vermisset, hat er sie um solchen gefraget, die ihm denn zur Antwort geben, daß, als sie sich einsmahls in seiner Abwesenheit gewaschen, und den Ring auf den Tisch geleget, ohnerachtet niemand zu selbiger Zeit bey ihr, als ihre Magd, in der Stube gewesen, und als sie solchen nach dem Waschen wieder anstecken wollen, wäre solcher verlohren gewesen: und ob sie wohl die Magd, als die unfehlbare Diebin, zur Hafft bringen lassen, welche auch gebührend bestrafft worden, hätte sie dennoch ihren Ring nicht wieder bekommen können. Wie nun der Frantzoß genau nach Zeit und Stunde geforschet, wäre alles accurat eingetroffen [142] mit der Zeit, in welcher der Lappländer verzuckt gelegen hätte. Worauf er der Frau diese Begebenheit erzehlt, und, zu ihrer grossen Verwunderung, den Ring wieder an ihren Finger gesteckt. Aus dieser Historie will der Autor urtheilen, daß bey entzuckten Personen die Seele wahrhafftig aus dem Liebe müsse abgeschieden seyn, und weil der Lappländer so schnell einen so weiten Weg hin und her seinen Geist hätte können wandern lassen, welcher Geist oder Seele zugleich die Gewalt habt, einen Ring so weit mit sich hinweg zu nehmen, so glauben wir, daß mehrmahl auf solche Weise auch Gespenster und Polter-Geister erscheinen können. Ob zwar will gezweiffelt werden, daß diese Begebenheit warhafft geschehen sey, so muß man doch nicht glauben, daß der Geist des Lappen selbst solche Reise verrichtet, sondern vielmehr, wenn es eine wahrhaffte Geschicht wäre, daß solches mit Hülff des Teuffels geschehen sey.

Weil aber unsere Meynung nicht ist, allhier von den entzuckten Geistern der Menschen, sondern allein von den Nachtwanderern zu reden, so setzen wir diese Materie an Seiten, und sagen, wie offtmahl solche Menschen grosse Wunder-Dinge, ohne ihr Wissen und Willen, vollbringen können, welche des Nachts bey Mondschein im Schlaff aufstehen, zum Fenster hinaus steigen, in andere Häuser [143] lauffen, und auf solche Wege steigen, darauf sich am Tag niemand zu wandelen unterstehen würde, die die verschloßne Thüren öffnen, gehen dadurch ein und aus, und machen sie unvermerckt wieder zu, steigen offtmahls auf die Dächer und andere ungewöhnliche Oerter, gehen auch wieder in ihr Bette und schlaffen, und wenn sie erwachen, wissen sie nichts von allem, was sie gethan haben, oder vermeinen, es habe sie geträumet. Nachdencklich ist es aber, daß so lange niemand solchen Nachtwanderern in den Weg kommet und in ihren Irr-Wegen mit Nahmen ruffet oder stöhret, sie auf schmalen höltzernen Rinnen und andern gefährlichen Wegen, ohne einigen Schaden, hinlauffen können, wie die Katzen; sobald aber, als sie mit ihrem Nahmen geruffen werden, besinnen sie sich, und wissen im Augenblick nicht weiter zu kommen. Derowegen es nicht rathsam ist, daß man solche Leute stöhre und anrede, weil sie alsdenn gefahrlich fallen würden.

Lavater P. 1. c. 10. schreibt: Ich habe gehört, daß Leute gewesen, die im Schlaff solche Dinge gethan, welche sie wachend nicht hätten thun können. So nun jemand solche Menschen bey Nacht würde wandeln sehen, sie seyen denn gekleidet oder nacket, und nachmahls von einem solchen Menschen hören, daß er zu Hause auf seinem Bette gewesen, würde er nicht anders [144] meynen, als daß er sein Gespenst gesehen habe, solches würde auch geschehen, wenn jemand solche Menschen in seinem Hause umwandeln hören werde.

Horstius de natura Noctamb. c. 1. berichtet, daß im Schlosse Bernstein drey Brüder, Adeliches Geschlechtes, eine Zeitlang beysammen geschlaffen; davon stieg einer einmahl des Nachts im Schlaff nackigt aus dem Bette, nahm sei Hembd mit sich, in stillschweigend zum Fenster, ergriff das Seil, so oben an der Rolle herunter hing, damit man alles auf die Bühne hinauf zu ziehen pfleget, und kletterte daran bis oben hinauf; wie er nun hinauf war, da fand er ungefehr ein Elster-Nest, daraus nahm er die Jungen mit sich herunter und leget sich ins Bett. 4 Als er nun des Morgens erwachete, sagte er zu seinen Brüdern, er wolle ihnen einen wunderlichen Traum erzehlen: Es hätte ihm geträumet, daß er oben auf das Hauß gestiegen und ein Elster-Nest verstöhret, und die Jungen mit sich herunter genommen. Indem nun die andern ihn auslacheten, und er sein Hembd suchete, fand er darinnen die lebendige junge Elstern, und wie sie darauf alle auf den Thurn stiegen, sahen sie, daß das Elster-Nest verstöhret und zerrissen war.

Galenus I. de Musc. motu, schreibt, daß er selbst fast eine gantze Meile, bey tausend Schritte, schlaffend gangen, und [145] nicht erwachet, bis er sich an einen Stein gestossen, und alsdenn befunden, daß ihm solcher Weg, den er zu reisen willens, nicht sauer worden.

P. Salius Diversus de affect. particular. cap. 18. schreibt: Ich kenne einen Jungengesellen, dem da träumte, daß er seiner Geschäffte halber ausreiten wolte, stehet derowegen vom Schlaff auf, ziehet seine Kleider mit Stiefeln und Sporen an, steiget aufs Fenster und sticht die Sporen in die Wand, und schreyet, als wenn er auf dem Pferdt sasse; wie er nun vom Schlaff erwachet und gesehen, daß er leicht hätte können um sein Leben kommen, da erschricket er hefftig, und fraget mich des andern Tages um Rath. Einen andern hab ich curirt, der von Natur zänckisch war, diesem träumte offt, wie er sich mit andern schlüge: derowegen stunde er vom Bette auf, nahm seinen Degen, zoge ihn aus, und schlug um sich herum, wo er zu kam, nicht anders, als wenn er seinen Mann vor sich hätte. Endlich hat man ihm alles Gewehr müssen aus der Kammer nehmen, und allein schlaffen lassen, damit er nicht ihm selbst, oder einem andern, Schaden zufügen möge. Uber dieses kenne ich auch einen Künstler, der im Schlaff die Treppen auf- und nieder stieg und im gantzen Hauß herum ginge, wie er nun einsmahls nacket in sein Gewölb ging, und daselbst aufschloß, begegneten ihm ohngefehr seine Leute, und [146] redeten ihm zu, daß er davon erwachete, und wie er gesehen, daß er nacket, hat er sich aufs höchste geschämet, und gefürchtet, man möchte ihn deßwegen für einen Narren halten, und ist also wachend seiner Wege gangen. Kornmann de mirac. schreibt, daß ein solcher Schlaffgänger einen Knaben unwissend habe umbracht, und Sennerrus Paralip. IX. ad lib. 1.pract. med. erzehlet aus dem Henrico ab Heer in Observat. medic. von einem Jüngling, der des Nachts aufgestanden, Verse gemachet, dieselbe zu Papier gebracht, und um öfftern hergelesen, auch laut darbey gelachet. Als er aber erwachet, habe er nichts davon gewust, sondern seye hefftig erschrocken, da man ihm die Verse und seine Hand gezeiget. Als er eine Frau genommen, soll er offt das Kind des Nachts im Schlaff aus der Wiegen gerissen, hin und her getragen, auch alle Heimlichkeiten entdecket haben, darüber sie ihn nun gefraget, daß er sich selbst zum höchsten verwundert, wie die Frau solches erfahren habe.

Ein gewisser Gelehrter hat in seiner Jugend eine Magd gekannt, welche in Illmenau bey seinem Bruder, dem damahligen Amtmann, gedienet, die einmahl um Mitternacht aufgestanden, und ohnerachtet das Amt-Hauß mit einem blinden Schloß wohl verwahret ware, sie dennoch ohne Schlüssel hinaus gewandert, und so nacket, als sie GOtt erschaffen hat, den [147] Marckt hinunter gelauffen; weil es aber die andere Magd, sammt seiner Schwester, zeitlich innen worden, haben diese der entlaufenen nachgeruffen, worauf sie alsobald unter eines Burgers Hauß-Thür stehen gelieben, und hat sich geschämet bey hellem Mondschein wieder heim zu gehen, daher die andere Magd ihr den Rock hat bringen müssen, und hat er des andern Tages die Magd selbst helffen verlachen, hat aber damahls die wunderliche Eigenschafften der Mann-süchtigen Personen noch nicht in Betrachtung ziehen können. 5 Vid. Maurers grosse Wunder der Welt / Part. 1. p.m. 90.


In Hamburg hat sich folgender Casus zugetragen: 6 Es sey ein gewisser unbewohnter Thurn daselbst, in welchen offt in Jahr und Tag kein Mensch komme, und dessen Thür also stets verschlossen bliebe; es hätte äber ein daselbstiger Goldschmieds-Junge einsmahls in acht genommen, daß im Sommer die Mauer-Schwalben oben in dieses Thurns Mauer hecketen, welches Schwalben-Nest nicht gar weit von einem Loche, das oben im Thurn wie eine offene Thür durch die Mauer heraus gehe, seye, da hätte er manchmahl gedacht, wenn er nur solte zu dem Schwalben-Nest kommen, und solche ausnehmen. Hierauf hätte sich begeben, daß an einem nicht weit von diesem Thurn stehenden Gebau wäre gearbeitet [148] worden, an welchem des Nachts sowohl, als am Tage, grosse Leitern gelegen wären. Einsmahls aber, da andere im Hause aufgestanden, wäre der Jung im Bette vermisset, seine Kleider aber bey dem Bette gelegen, und niemand hätte ihn zu suchen gewust, es wäre aber eine Leiter von dem vorig-gedachten geleget gewesen, als ob jemand hätte darauf wollen in den Thurn steigen, hätte aber, weil die Leiter wohl 6. Ellen bis an gedachtes Loch zu kurtz gewesen, solches unterlassen müssen. Weil es aber gleichwohl bey jedermann einen Verdacht erwecket, aus was Ursache solche grosse Leiter müsse an den wüsten Thurn geleget seyn, als hätte man veranstaltet, daß die Thüre eröffnet würde; und als man solchen hinauf gestiegen, und sich umgesehen, hätte man den Goldschmieds-Jungen oben bey dem grossen Loch auf einem Schutt-Hauffen in tieffem Schlaff liegend gefunden, also, daß man ihn kaum erwecken können. Da solcher nun erwachet wäre, hätte er nicht gewust, wo er sey, und wie er dahin kommen, am allermeisten aber hätte sich jedermann verwundert, wie er, als ein schwacher Knab, solche grosse Leiter an den Thurn bringen können, welches doch der stärckste Bauer alleine zu thun nicht vermocht hätte, ingleichem, wie er hätte von der Leiter vollends an das Loch steigen, da doch solche etliche Ellen zu kurtz gewesen; weßwegen [149] zu verwundern, ob es doch hat natürlicher Weise zugehen können.

Oben erwehnter Autor schreibt: 7 Mir fället noch eine seltsame Begebenheit ein, derer sich auch noch viele erinnern werden, wie vor ohngefehr zwey und dreyßig Jahren ein Schuler in Arnstadt sich sehr betruncken hatte, und in solcher Völlerey in sein Hospitium ging, seines Hospitis Degen in die Hand nahm, wieder hinaus vor die Thür lieff, und mit vielem Fluchen und Lästern seinen Wirth heraus forderte. Da aber die Nachbaren und Burger in der Zimmer-Gasse daselbst zulieffen, dieser Unfug zu stillen, lieff der bezechte Schüler ins Hauß hinauf, auf den Boden, stieg hurtig zu einem Dach-Fenster hinauf, auf das Dach, bis an den Forst, als ob er auf ebener Erde tantzete, risse die Ziegel auf, und warff damit nach denen, die ihn in Arrest nehmen solten, bis er endlich, durch gütliches Zureden, dahin gebracht wurde, daß er wieder herab stieg, er ward aber von den Burgern in Arrest genommen, worbey er, weil er sich gewaltig widersetzte, auch sein Antheil Schläge bekommen, da man ihn denn in die Wacht-Stube unters Rath-Hauß führete, und ob ihm wohl die Herren Geistliche und Herren Præceptores zuredeten, war doch alles sonder Frucht, bis er den Rausch ausgeschlaffen hatte. Alsdann wuste er von allem nicht das wenigste, was er gethan[150] hatte: und wann er nüchtern hätte wieder sollen auf das Dach steigen, und darauf, gleich trunckener Weise, herum hüpffen, wäre es ohne Lebens-Gefahr nicht geschehen. Ob nun wohl dieser Casus nicht unter die Mann-süchtigen zu zehlen, so ist doch die Frage, welcher gestalt dieser trunckene Mensch auf solchem gefährlichen Wege erhalten worden.

Wann man nun nach der Ursach solcher Nachtgänger ihrer Bewegung fragen möchte, so könte zur Antwort folgen: daß die Spiritus animales oder die Lebens-Geister und Musculen den halb-schlaffenden Leib bewegen und fortbringen, vermittelst der Phantasie und Einbildung, die mit ihren Traum-Bildern und Gesichtern beschäfftiget ist. Worzu dann auch offtmahls viele sonderliche Ursachen helffen können, als der Mond, feuchte Lufft, Trunckenheit, unmäßige Speiß und Tranck, wie auch Melancholey und des Gehirns übele Beschaffenheit, wie Vossius de idol. cap. 25. recht dafür hält. Daß aber solche Nachtgänger nicht fallen, entstehet nicht daher, wie Lemnius de occult. nat. mirac. lib. 2. c. 5. vermeinet, daß ihre Cörper von den erhitzten Spiritibus viel Wind und Lufft bekommen, und also leichter geworden, sondern wegen der Sicherheit, wie Vossius und Sennerrus l.c. dafür halten, und weil die Spiritus animales sich in den äusserlichen Gliedern [151] aufhalten, daß sie ein Ding fest anfassen können. Und darum, wann solche Nachtwanderer aufgeweckt werden, daß sie ihre Gefahr sehen, und die Spiritus aus den Musculis und Spann-Adern nach dem Hertzen hingezogen werden, so sincket der Leib, und sie fallen herunter. Ein mehrers von dieser Ursachen hat Hr. Felix Maurus im grossen Wunder der Welt / Part. 1. p. 27. seq. gar bedächtiglich beschrieben.

Marginalien

1 I. Geschicht.
2 Von einem entzückten Schulmeister.
3 II. Geschicht.
Von einem entzuckten Lappländer.
4 III. Geschicht.
Von einem Nacht-Wanderer.
5 IV. Geschicht.
6 V. Geschicht.
7 VI. Geschicht.

12. Vom Nativität-Stellen

XII.

Vom Nativität-Stellen.

Es wird von niemand widersprochen werden, daß die Sternkündigkeit eine sehr nützliche und fürtreffliche Wissenschafft ist, woraus man viel Dinge ersehen kan, sofern solche nicht mit Aberglauden gebrauchet wird. 1 Das ist aber eine grosse Vermessenheit, daß die Horocopisten oder Nativität-Steller aus der Geburts-Stunde des Menschen wissen und ihm weissagen wollen, was für Glück oder Unglück, welche Kranckheiten, Heyrathen und dergleichen ihm zukommen werden. Item, wie es dem Menschen in seinem Leben, Stand und Beruff ergehen solle: was er werde für ein Weib oder Mann bekommen, und was heut oder morgen aus ihm werden [152] wird. Ob er fromm oder gottloß, reich oder arm, gesund oder kranck, vornehm oder schlecht, angenehm oder verhaßt seyn werde, und was für Glück oder Unglück er hahen solle? wie auch, ob der Mensch im Bett oder im Krieg sterben, durch Räuber umkommen, im Wasser ertrincken, im Feuer verbrennen, oder eines guten ober bösen Todes von der Welt scheiden werde, und was der Fälle mehr seyn mögen. Vid. Hildebrand. Kunst- und Wunderbuch par. 3.

L. Dunte. decis. cas. cons. cap. 3 qu. 3. berichtet: Der Himmel ist, ihrer Meinung nach, in zwölff Häusser eingetheilet, darinnen die Planeten ihre Behausung haben: Das 1te Hauß soll anzeigen, wie es um die Gesundheit stehe: (nachdem dieser oder ein anderer Planet darinnen scheinet, und sonderlich, wie sie reden, ein Herr des Hauses ist.) Das 2te Hauß soll innen haben den Reichthum. Das 3te Hauß, Schwägerschafft, und wie sich ein Mensch mit Schwägern vertragen werde. Das 4te, die liegende Güther: Das 5te, die Kinder, ob derer wenig oder viel, Knaben oder Mägdlein seyn werden. Das 6te, die Art der Haußhaltung, was für Art Knechte und Mägde er haben werde. Das 7te, was er für ein Eheweib bekomme. Das 8te, weß Todes er sterben. Das 9te, was Glaubens er seyn werde. Das [153] 10te, zu was Dignitäten er kommen. Das 11te, ob er treue oder falsche Freunde haben werde. Das 12te, ob er werde gefangen werden. So besiehet er demnach erstlich das Hauß, darnach den Planeten, der das Hauß innen hat. Und nachdem sich das zusammen reimet, zeiget er an, was für Glück oder Unglück vorhanden, da müssen zwey Planeten seyn benefici, als Jupiter und Venus, und zwey malefici, als Saturnus und Mars; Mercurius ist ihnen so ein guter Geselle, der habe die Natur, daß, in welches Hauß er kommet, und dessen Brodt er esse, dessen Lied er singe. Sol und Luna haben auch ihre Würckung, nachdem sie stehen.

Und wie sie solches lehren, so wollen sie es auch mit Exempeln glaubhafft machen, wie Nicolaus Pfitzerus mit folgendem anweiset, da er spricht: Daß der Fürst der Redner, M.T. Cicero, so jämmerlich sey um seinen Kopf kommen, vermeynet Cardanus de Genitur. Gen. X. sey hergekommen von seiner unglückhafften Nativität, oder Geburts-Stunden: darinnen er den feurigen Blut-Stern Martis und einen feindseligen Gegenschein des tückischen Sterns Saturni und mit dem Jove gehabt hätte. 2 Daß Kayser Nero sich selbst so schändlich ermordet, sey daher gerühret, weilen in seiner Geburts-Stunde der Blut-durstige Martis-Stern in dem siebenden Himmels-Hauß, unglückselig in dem Krebs, [154] in einem gesechsten Schein des heimtückischen Saturni gestanden, obgedachtenCardani Zeugniß nach Genit. XL. Daß der Hertzog von Mayland, Callacius Sfortia, von dreyen zusammen geschwornen Buben mit 13. Wunden umgebracht worden, sey geschehen, dieweil er in seiner Geburts-Stunde die Sonne in dem Wassermann, einem gewaltsamen Zeichen, und den Blut-Stern Martis gleich gegen über stehend gehabt, schreibt abermahl Cardanus Genit. XLIV. Daß der tapffere Krieges-Held, Carolus Borbonius, sein Leben vor der Stadt Rom, durch einen feindlichen Schuß habe einbüssen müssen, schreibt man ebenmäßig der bösen Constelation zu, in welcher er das Licht dieser Welt erstesmahl gesehen: dann er den obersten Planeten, den tückischen Saturnum im ersten Hause, mit dem Drachen-Schwantz und den gewaltsamen Stern Herculis gehabt habe. Virgan, in Isagog fol. 722. Daß Heinricus, der andere dieses Nahmens, König in Franckreich, im Jahr Christi 1559. den 28. Junii, auf dem Beylager seiner Tochter, der Princeßin Elisabeth, im Turnier verwundet worden, darüber er, als er kaum das 40ste Jahr erreichet, sein Leben einbüssen müssen, wurde seiner unglückseligen Geburts-Stunde zugeschrieben. Daß der theure Held, Churfürst Moritz, von einem treulosen Buben verrätherisch und zwar [155] hinterwärts erschossen worden, solle durch eine böse Geburts-Stunde verursachet seyn: da doch andere, und sonderlich der Jesuit, Alexander de Angelis, vermelden, daß die Sternseher in Churfürst Moritzens Geburts-Linien und Stern nichts finden können, welches auf einen plötzlichen und gewaltsamen Tod geziehlet habe. Ja gantz vermessentlich ist dieses von solchen vornehmen Mathematicis gehandelt gewesen, unter welchen auch Cardanus einer ist, welcher dem HErrn Christo seine Nativität aus den Sternen, als Zeichen des Himmels, gestellet, wovon wegen Aergerniß besser zu schweigen ist. Dahero alles solches, was diese Astronomi von dieser Wissenschafft schreiben, nichts, als für ein erdichtetes Werck zu halten. Dieweil die Wissenschafft aller zukünfftigen Dinge GOtt dem HErrn einzig und allein zuzueignen ist. Und was wolte doch auch ein Mensch für Wissenschafft aus den Sternen hohlen, da der Prediger Salomon cap. 10. v. 14. sagt: der Mensch weiß nicht, was gewesen ist, und wer will ihm sagen, was nach ihm werden wird? Und warlich, es kommt nicht von den Sternen, sondern alles von GOtt, Glück und Unglück, Leben und Tod, Armuth und Reichthum, Syr. 11. v. 14. Er gibt Weißheit und Verstand, Reichthum und Ehre, darzu ein langes Leben. 1 Reg. 3. v. 12. 13. Er hilfft ihm zu einem treuen [156] Ehegatten: Prov. 19. v. 14. Er stärckt ihn, Esai 41. v. 10. und macht ihn schön Ezech. 31. v. 9. und reich ohne Mühe, Prov. 10. v. 22. und sein Leben und Sterben stehet in GOttes Hand. Ps. 31. v. 16.

Die Altväter haben dieses auch genugsam erfahren, und in ihren Schrifften allzeit solchen losen Weissagungen widersprochen: Lactantius lib. 3. c. 17. schreibt: Es sind teufflische Erfindungen, daß man aus den Sternen, Eingeweid der Thiere, und aus den Gebärden der Vögel weissagen will, selbst auch, da man aus den Götter-Sprüchen und der Necreomantischen Kunst sich ein solches zu thun unterstehet, und was sonst die Menschen entweder öffentlich oder heimlich, auszuwürcken fich bemühen, welche Dinge alle doch an und für sich selbst falsch. Epiphanius lib. 1. rom. 1. nennet sie eine unbeständige und irrige Kunst, wie auch eine unsinnige Thorheit. Der fürtreffliche Arragonische Konig Alphonsus, welcher sonst die Gelehrten sehr hoch hielt, und zu selbiger Zeit keinem in der Stern-Kunst weichen dörffen, hat alle Nativität-Steller von seinem Hof verbannet; weil solche unsichere Wissenschafft von den aberglaubischen Egyptern und Chaldäern ihren Ursprung hätte: sagete auch, als er gefraget worden, warum er den Nativität-Stellern keine Ehre erzeigete: Das Gestirn regieret [157] die Thoren / aber ein weiser Mann weiß /daß ihm das Gestirn nichts zu gebieten hat.

Als ein Astrologus in seinem Prognostico ungescheuet gesetzt hatte: 3 Henricus VII. König in Engelland, würde selbiges Jahr mit Tod abgehen: da ließ der König den Astrologum mit freundlichem Schreiben gantz ehrerbietig abhohlen, und in seiner Gegenwart fragen: ob er in seiner Kunst gewiß wäre? und ob einer aus dem Gestirn etwas gewisses schliessen und anzeigen könne? da nun solches der Astrologus bejahete, und vermeinete, er würde seiner Kunst halber hoch geehret und gerühmet werden, hat der König ihn gefraget, ob er ihm dann auch selbsten eine Nativität gestellet, und wüste, was ihm begegnen würde? und weil die Weyhnachts-Feyertäg vor der Thür, ob ihm wissend, wo er seine Feyertäge halten würde? Da er aber gesaget: nein, das wisse er nicht, hat der König geantwortet: wohlan, so bin ich gelehrter als du, dann ich weiß es; und befiehlt alsobald ihn in den Thurn zu werffen, und nicht eher heraus zu lassen, bis das Jahr vorüber, in welchem gleichwol der König am Leben geblieben. Endlich, so zeiget auch die gesunde Vernunfft, daß diese Betrüglichkeiten und die Kunst billig zu verwerffen ist. Dann es werden ja auf der breiten und weiten Welt wohl alle Tage viel tausend Menschen zu einer Zeit [158] gebohren, und sind gleichwohl nicht einerley Natur, sie lernen und treiben nicht einerley, es begegnet ihnen nicht, einem wie dem andern, gleichmäßiges Glück oder Unglück; welches sonst geschehen müste, so die Stern etwas darbey thäten. Man müste auch schliessen, daß, die im Krieg und auf einen Tag erschlagen werden, oder ein Schiff, so auf dem Meer untergehet, keine andere Leute eingenommen hätte, als solche, welche von den Sternen, schon von ihrer Geburts-Stunde an, darzu bestimmet gewesen, und viel andere Sachen mehr.

Lassenius in seinen adelichen Tisch-Reden im andern Gespräch sagt: Jener Dieb, als er zum Galgen geführet wurde, machete viel Redens daher, warum es unrecht wäre, daß man also mit ihm verfahre; unter andern gab er auch diese Ursache, wie er zum Stehlen gebohren, dieweil dieses oder jenes Planeten Constellation bey seiner Geburt sich ereignet; dem aber ein anderer weißlich antwortete: Bist du zum Stehlen gebohren, so bist du auch zum Hangen gebohren. Hatte also dieser Gesell die Prædestinationem stellarem, oder Stern-Folge, ihm allzu hoch gezogen. Ein hochberühmter Theologus und Chronologus wies einstens dem Herrn Philipp Melanchthoni seine Nativität; als er sie nun besehen, lächelte er, gibt sie ihm wieder, und spricht: Non plus fata, [159] quam pia vota valent; i.e. Gebt euch zufrieden, ein starck Vater Unser kan alle Affecten aufhalten. Abraham Buchholtzer / der vornehme Historicus, saget: Er wisse nur eine Nativität, so allein frommen Christen gemein wäre, in welchem Horoscopo sey GOtt der Vater; im mittlern Himmel JEsus, der Welt Heyland: im sechsten hause der Heil. Geist; im dritten der Teuffel, die Sünde und der Zorn GOttes; im vierten Moises und das Gesetz; im fünfften die Propheten und Aposteln, mit der Glaubens-Form; im sibenden die Sacramenta; im achten die Buß, der Glaube, die Hoffnung und die Liebe; im neunten das Vater Unser und das Gebet insgemein; im zehenden das Creutz und Gedult; im eilfften der Tod; im zwölfften die allerheiligste Auferstehung von den Todten und die ewige Seligkeit, da der Saturnus nicht über uns, sondern unter uns seyn, und seiner an der uns verübten Grimmigkeit wegen Straff leiden werde, mit dem Anhang, wie die Beträchtung nach seinem Sinne werde, und daß wegen unglücklicher Stirnung des Saturni und Satanæ er sich wenig bekümmere.

Andere werffen ein, man könne doch erweisen, daß die Prædictiones bisweilen eingetroffen, als zum Exempel: 4 Daß der König Henricus IV. dieses Namens am 14ten Martii 1610. zu Pariß in seiner [160] Kutsche erstochen worden, hat ihm auch solches ein Astrologus zuvor verkündiget. Davon schreibt Emanuel von Meteren lib. XXVII. der Niederländischen Historien: Man saget, spricht er, daß den König der Hertzog von Vendome, sein Bastart-Sohn, desselbigen Tages gewarnet habe, weilen der Medicus la Brosse, ein alterAstrologus, gesaget hätte, er solle sich diesen Tag wohl vorsehen, denn es würde ihm nach dem Leben gestellet werden. Der König soll geantwortet haben:La Brosse wäre ein alter Narr, und Vendome ein junger, weil er dem alten Glauben gäbe: aber die Wahrheit hat sich nichts destoweniger gefunden; denn um 4. Uhr Nachmittag ließ der König seine Kutsche anspannen, und wolte mit dem Duc de Suily, seinemThresorir, ins Arsenal oder Zeughauß fahren, Ordnung zu dem künfftigen Triumph, so bey dem Einzuge der Königin und des jungen Dophins solte gehalten werden, anzustellen. Zu ihm sassen in der Kutsche die Hertzogen von Espernon und Mombasson, benebenst zween anderen Herren. Der König wolte nicht, daß ihm die Leib-Guarde damahls folgen solte. Als er nun kam in die Gassen, Lascronerie genannt, bey dem unschuldigen Kindlein, war ihm ein Mörder nachgefolget, der lang auf ihn gepasset hatte, ein grosser starcker Mann. Da nun dem König ein Karrn in den Weg [161] fuhr, dadurch der Kutscher etwas stille halten muste, drange dieser Mörder unter dem Volck hervor, und gabe ihm mit einem an beyden Seiten schneidenden Messer, eines Schuhes lang, zween Stiche zur Lincken hinein, nach dem Hertzen, dadurch die grosse Hertz-Ader entzwey geschnitten worden, daß der König sobald die Sprache verlohr und vorwärts todt niederfiele.

Noch ein ander merckwürdiges Exempel erzehltGe. Ph. Harßdörffer in der 27. Historie des andern Theils grossen Schau-Platzes jämmerlicher Mord-Geschichte von Cariton, einem Edelmann zuUrbino, folgendes Inhalts: 5 Cariton, ein Edelmann zu Urbino, hatte sich von Jugend auf mit zulässigen Wissenschafften nicht vergnügen lassen, und allezeit gelehrter als gottsfürchtiger seyn wollen; sonderlich liesse sich selbiger gelüsten, das Zukünfftige zu wissen, und hatte ihm der Satan durch die Stern-Kunst mit einer ungefehr eingetroffenen Wahrheit viel Lügen verkaufft. Er hatte den Planeten-Lauff in seiner Geburts-Stunde zu Papier gebracht, und auch andere Erfahrne dieser Kunst davon urtheilen lassen, welche alle einmüthiglich geschlossen, er werde keines natürlichen Todes sterben, sondern durch seinen Tochter-Mann ermordet werden. Dieses schwebte ihm unabläßlich in den Gedancken, und wie die bösen Zeitungen [162] mehr, als die guten, einzutreffen pflegen, also schwebte ihm auch dieses stetig in den Gedancken. Er hatte drey Töchter, die nöthigte er alle drey ins Closter zu gehen, damit er keinen Tochter-Mann für seinen Augen zu sehen bekomme. Die zwo ältesten willigten gern in ein so einsames Leben, die jüngste und fleischeste, Eugesta genannt, nahm ihr eine Bedenck-Zeit, welche sie nach und nach verlängerte, und endlich ungescheuet sagete, sie hätte kein Nonnen-Fleisch, und fühlete, daß ihr diese Art zu leben unerträglich, und ihr Gemüth von GOtt darzu nicht gewiedmet: Nachdem nun mit Drohen und Straffen bey ihr nichts zu erhalten, sperrete sie ihr Vater in ein Gefägniß auf sein Land-Gut, da sie weder Sonn noch Mond bescheinen konte, der Hoffnung, sie solte noch froh seyn, daraus in ein Closter zu gehen. Der Verwalter dieses Land-Guts hatte nicht wenig Mitleiden mit dieser unschuldig Gefangenen, und erzehlteMarso, einem Edelmann, der in der Stadt Urbino sich wegen begangener Ableibung nicht dörffen sehen lassen, und auf dieses Schloß in Bauren-Kleidern geflohen war, daß sie, die Jungfrau, wegen ihres Vaters Aberglauben allda gefangen läge. Dieser Marso verliebte sich von hören sagen, und begibt sich also, unbekannter Weise, in des Verwalters Dienst, daß er in wenig Tagen Gelegenheit bekame, diese Eugestam zu [163] sehen, zu lieben, und von ihr geliebt zu werden. Daß der alte Cariton in ihr Versprechen nicht willigen würde, aus seinen besorgenden Ursachen, wusten die bey den Verliebten gar wohl, und entschlossen sich deßwegen, die Flucht zu nehmen, und nach Livorno zu entweichen, welches auch mit Gelegenheit geschehen. Cariton wurde alsbald innen, daß seine Tochter entkommen, und mit einem Bauren-Knecht, Sylvio genannt, (diesen Namen hatte Marso angenommen) nach Livorno gereiset. Hierüber betrübte sich Cariton Tag und Nacht, weil er diesen nicht kennete, der sonder Zweiffel schon sein Tochter-Mann seyn werde, und so viel er Unbekannte ansahe, meynete er allezeit, dieser werde ihn umbringen. Es fügete sich aber, daßCariton den Hertzog von Urbino mit einer bösen Rede beleidigte; und deßwegen nach Livorno fliehen muste; weilen etliche hundert Cronen auf seinen Kopff geboten worden. Also kame Cariton auch nach Livorno, willens nacher Spanien abzusegeln; Marso erkennete ihn alsobal, weil er ihn zuvor bey Hof gesehen, Cariton aber kennet Marso nicht, und will ihnEugesta mit einem Fußsall, benebenst ihrem Manne, um Gnade bitten. Als sich deßwegen Marso eines Tages mit Cariton nebst 2. guten Freunden zu besprechen, anmelden lassen, bildet er ihme ein, es wären Leute, die ihn greiffen und zur Verhafft [164] bringen wolten, nimmet derohalben seine Pistolen und Degen, tritt vor die Thür, und indem sich Marso neiget, schiesset er über sein Haupt hinweg, weßwegenMarso vermeynete, sein Schwieger-Vater wolle ihn ermorden, entblösset den Degen, sich zu vertheidigen, und durchrennet sich Cariton selbsten, daß er zu Boden sanck, Marso aber auch am Arm verletzt worden. Cariton lebete noch bis auf den Abend, und erzehlete den Mißverstand, welcher unter ihnen beyden vorgangen, bereuete seinen Aberglauben, und bate schrifftlich bey seinem Fürsten, als auch bey seinem Tochter-Mann, um Verzeihung, Marso wurde auch vor Gericht frey gesprochen, und erhielt hernach bey seinem Hertzoge gnädige Lands-Huldigung.

Magnus Gabriel Block schreibt in seinem Tractat von der Nichtigkeit der Astrologiæ, p. 100. & 101. 6 Es habe ihn ein alter und glaubwürdiger Mann berichtet, wie er in seiner Jugend in Holland gewesen, und zugleich mit andern Schweden bey einer ehrbaren Wittwen zu Tisch gangen, sie aus einer sonderbaren Gelegenheit mit ihrer Wirthin zu schertzen angefangen, als solte sie nach Verlauff eines Monden sterben; sie nahm solches Anfangs nicht zu Hertzen: weil sie aber von ungefehr in selbigem Monat kranck ward, fing sie an darüber Gedancken zu machen, fassete [165] zuletzt den Argwohn, als wüsten die Schweden mehr, als andere Leute, und möchten sie wohl vielleicht aus Lappland seyn, wovon sie viel Historien erzehlen hören; sie zog sich dieses immer mehr zu Sinne, hatte allzeit darbey ihre Grillen, und starb vor Verlauff des Monats. Und ferner Martinus Hortensius von Delfft in Holland, und Professor Matheseos in Amsterdam, that eine Reise in Italien, da er seine Nativität stellete, woraus er sich selbst verkündigte, daß er Anno 1639. sterben solte, welches auch erfolgete. Er verkündete darneben, daß zwey seiner Reise-Cameraden nicht lange darnach leben solten: der eine von diesen starb bald darauf, der andere, der, wie man vermeinet, Daniel Heinsius soll gewesen seyn, ward so betrübt und abgezehret, daß es nicht weit fehlete, er hätte desHortensii Wahrsagung mit der Wahrheit bestättiget: Ist dannoch bis ins 1683. Jahr am Leben blieben, wieBoilett bezeuget. O der schönen Wissenschafft, sagetDescardes epist. ad Merser. & epist. Boxhorn. p. 144. die da gut ist, Leut umzubringen, welche sonst vielleicht nicht kranck worden wären, wann man es ihnen nicht vorher verkündiget hätte.

Im Gegentheil bezeuget auch die Erfahrung, daß dergleichen Prædictiones das meiste Theil falsch gewesen. 7 Jener reiche Bauer liesse ihm seine Nativität stellen, [166] und da der Sternseher ihm eigentlich die Stund und Minute sagete, und ihn beredete, es festiglich zu glauben, beschliesset er bey sich ein richtig Testament zu verlassen, darüber die Erben nicht zu zancken, das ist: alles zu verzehren. Er fienge es mit guter Rechnung an, und führete es auch also hinaus, daß auf bestimmten Tag dies Todes alles fein sauber aufgezehret gewesen; aber die Rechnung hatte weit gefehlet, dann der Tod ist noch manches Jahr ausgeblieben, und hat den Mann genöthiget, sein Brodt für den Thüren zu erbetteln; Da er diese Worte allemahl darzu gebrauchet: Gebt mir armen Mann / der sich in der Rechnung verstossen hat. Vid. Lassenii Tisch-Reden, l.c. Philippus Camerarius erzehltOper. Subcis. cent. prim. c. 41. daß ein reicher Mann in Lyon, welcher eben durch Anleitung seines Planeten die vermeynte Todes-Stund voraus gesehen, alle seine Güther den Armen gegeben, aber nachmahls die übrige Zeit seines Lebens, welche sich annoch auf ein hohes Alt er erstrecket, betteln müssen. Pabst Johannes der XXII. dieses Nahmens, der etliche den XX. etliche den XXI. nennen, (vorhero Petrus Hispanus) war des Himmels Lauffs wohl erfahren, stellete ihm selbst seine Nativität, und beredete sich selbst, er würde gar alt werden, [167] und lange den Päbstlichen Stuhl besitzen; ließ sich dessen auch offentlich bey den Seinen vernehmen; aber im vierdten Monath hernach, welcher war der achte seiner Regierung, ward er durch Einfallen eines Gewölbes oder Kammer, so er allererst im Pallast zu Viterbo neu erbauen lassen, erschlagen: blieb zwar nicht alsobald todt, sondern er ward unter dem Gehöltz und Steinen hervor gearbeitet, und starb am siebenden Tage. Im Jahr Christi 1277. Videatur Nigrinus in der Päbstlichen Inquisition pag. 488. Es hatte diese Thorheit auch wohl erkannt der Landgraf Wilhelm von Hessen, darum als er über das Buch Joh. Garcæi de Judiciis Geniturarum kam, und darinnen auch seine Nativität gestellet, und sein Alter auf 46. Jahr, 9. Monath, 1. Tag, 22. Stunden, 40. Minuten auscalculirt fande, hat er an dem Rande seinen Nahmen und darbey die Worte aus dem 31. Psalm V. 16. geschrieben: Meine Zeit stehet in GOttes Händen; welche Rechnung dann auch besser eingetroffen, indem er allererst 15. Jahr hernach, und also im 60. Jahr gestorben. Vid. Aug. Pfeiffer in Antimelancholico. l. 1. cap. 29. p. 551.

Aber Gabriel Blok schreibet hierüber in seinen Anmerckungen über die Astrologische [168] Prognostica, und Wahrsagereyen §. 4. also: Niemand wird mir einen unter allen, so sich mit Wahrsagen bemengen, zeigen, der nicht 100. mahl unwahr gesaget. 8 Wann er einmahl die Wahrheit getroffen hat, und wann sich solches zuträget, geschiehet es gemeiniglich auf solche Weise, daß entweder der Wahrsager selbst, oder einer seines gleichen, die Application des Wahrsagens hernach gemacht, nachdem eine Sache sich begeben und vorbey ist: auf allgemeine und verwickelte Worte, von doppeltem Verstand, von welchen man vorhin bereits einen grossen Vorrath gesammlet hat, ehe man sich auf die Wege zum Wahrsagen begeben; daneben man ein unverschämtes und Stahl-hartes Angesicht angenommen, welches sich nicht entfärbet, wann man in Unwahrheit betretten wird. Da man noch wohl hundert Ausflüchte im Vorrath hat, auch zugleich allerhand ungereimte Ausdeutungen des rechten Verstandes der Wahrsagung, als Ursachen des Mißtritts, wann man darüber ertappet wird.

Der Autor dieser Meinung schreibet: Ich verwerffe dann hiemit nicht alle Astrologie, sondern sage vielmehr, daß es eine herrliche und fürtreffliche Kunst sey, daraus man viel ersehen und lernen könne; Aber ich läugne allerdings, daß sie sich über die Dinge, welche allein von Göttlicher Schickung, des Menschen freyen [169] Willen, und andern zustossenden Händeln herrühren, erstrecken solle, nachdem selbst dieser Zeiten witzigste Astronomi, Heuelius, Cassini, Huigens, Bilberg, Krock und andere mehr, einhellig bezeugen, daß die sogenannte Astrologia divinatrix lauter Eitelkeit und Thorheit sey.

Marginalien

1 Was davon zu halten.
2 Exempel / was auf gestellte Nativität erfolget.
3 I. Geschicht.
4 II. Geschicht.
5 III. Geschicht.
6 IV. Geschicht.
7 V. Geschicht.
8 Nativität trifft unter 100. kaum einmahlen.

13. Von der Wünschel-Ruthe

XIII.

Von der Wünschel-Ruthe.

Die Wünschel-Ruthen seynd gemeiniglich Instrumenta, derer sich die Bergleut bedienen, damit zu suchen, wo ein oder das andere zu Metall in Gebürgen anzutreffen: bevor wir aber darüber unsere Meynung entwerffen, wollen wir vorhero betrachten, was Theophilus Albinus in seinem Tractat, so er nennet: das entlarvte Idolum der Wünschel-Ruthe / geschrieben: und zwar 1.) was für Nahmen die Wünschel-Ruthe, und woher sie solchen habe? 1 2.) Was der Ursprung und Erfindung der Wünschel-Ruthe seyn möchte? 3.) Woher die Wünschel-Ruthe pfleget genommen zu werden? 4.) Was wegen der Zeit der Wünschel-Ruthe zu observiren gewesen? 5.) Was bey Schneidung [170] und Gebrauch derselben für Umstände beobachtet werden? 6) Was der Ruthen Gestalt und zu ihrer Führung erforderet? 7.) Und von wem die Ruthe fruchtbarlich könne geführet werden. Alles dieses wird aus Simon Heinrich Reuters Reich des Teuffels / und Maurers grossen Wunder der Welt Part. 1. mit folgendem beschrieben.

Den Anfang von dem Nahmen zu machen; so heisset solche im Lateinischen: Virga aurifera, Metalloscopia, Metallica, und insgemein Virgula divina s. divinatrix. 2 Sie wird auch genennet Mercurialis, nach dem Zeugniß Matth. Wille, aus dem Ezlero pag. 486. seq. entweder vom Stern und Planeten dieses Nahmens, weil sie dessen Natur nahe komme, und Bewegung mache. Oder vom Mercurio, welcher ein Mann von Erfindung vieler Künste gewesen, so er die Menschen gelehret, und daher für einen GOtt gehalten worden: welcher sich auch zwischen den Göttern und Menschen als einen Boten habe gebrauchen lassen. Und der ein trefflicher Physicus gewesen, daß er auch mit seiner Ruthe und Kräutern habe Todte erwecket, dahero er nach dem Tode unter die Götter gezehlet worden. Und bey uns Teutschen wird sie die Glücks-Ruthe genennet, insgemein aber die Wünschel-Ruthe; entweder von dem alten [171] Worte wünschelen, welches nach des Pantomysteri Meynung so viel ist, als wanckeln, schwandern, quas. Virga vacillans; oder von Wünschen, weil man von ihr hoffet, sie werde entdecken und offenbahren, was man wünschet. Matth. Wille. qu. 1. oder von Winden, weil sie sich in der Hand drehet und windet. Id. ib.

Den Ursprung und die Erfahrung der Wünschel-Ruthe bringen etliche auf die Zeiten Noá und dessen Nachkommen, weil Thubalkain Genes. 10, 2. von denen Historicis für einen Vater der Bergleut in Europa gehalten werde, und sey Hiob / weil er ein sonderbahrer verständiger Mann, vielleicht auch ein Ruthen- Gänger gewesen, Hiob. 28, V. 1. 5. 3 Andere ziehen den Ursprung der Wünschel-Ruthen auf die Zeiten Mosis, dessen in der Schrifft offt-ermeldter Stab eine Wünschel-Ruthe gewesen seyn soll. Aber diese Gründe stehen auf schlechtem Fuß: und muß wohl eine andere Ursache seyn, woher solche stamme, wie an seinem Ort melden werde.

Das Gesträuch, davon man vor Zeiten allein die Wünschel-Ruthen gebrochen, war insgemein die Hasel-Staude. 4 Derer gedenckt oben angeführter F. Maurer: Wann auf einer Hasel-Staude eine Mispel wächset, ist eine solche Ruthe stärcker, massen beobachtet worden, daß singulari [172] quadam Sympathia unter dergleichen Stauden eine weisse Feld-Schlange ihren Auffenthalt habe. Und die Gäbelein, welche gegen Aufgang der Sonnen wachsen, sind viel kräfftiger als andere: wann man dergleichen Ruthen ut creaturam Dei suam ad rem creatam durch ordentliche Priester weyhen lässet, oder ohne Aberglauben bey dero Schneidung das Creutz machet, auch heilige Worte mit Andacht und dem Lob GOttes spricht, mag es nicht schaden, sondern ehender den erwünschten Seegen bringen. Heut zu Tage ist alles Holtz tüchtig darzu, als Büchen, Bircken, Tannen, Aeschen, Erlen, Eichen, Apffelbaumen, Birnbaumen, Kirschbaumen, etc. Ja selbst könne man darzu gebrauchen, Drat, Papier, Degen, Fischbein, Lichtputzen, Besen, Knackwürste, Linial, Schneider-Scheeren, Buchbinder-Pressen, Messer und Gabel Creutz-weise in einander gesteckt, Tobacks-Pfeiffen, Bücher mit höltzern Taffeln, Eimer-Rincken, Kessel-Reiffen, Faß-Tauben, in Summa alles, was schnellen und in den Händen gehalten sich niederziehen könne. Doch sind die Ruthen unterschiedlich, indem etliche mit einerley Ruthen alles Metall gesuchet, etliche zu jedem Metall eine besondere gebrauchet, und etliche nur einerley Gehöltze, zu unterschiedenen Zeiten nach der Planeten Regierung gebrochen.

[173] Zu welcher Zeit die Wünschel-Ruthe müsse geschnitten werden, darinn seynd die Rutheler noch nicht einig, etliche geben vor, sie müsse geschnitten werden an einem Sonntag nach dem Neumonden, frühe Morgens, ehe die Sonne aufgehet, und zwar am besten im Monath Sept. und Decembr. 5 Keppelius, Berg-Inspector zu Annaberg, hat darzu recommendirt den Char-Freytag; oder so die Noth solche Zeit nicht erwarten könne, an einem Sonntag, da der Mond voll sey, und zwar auch frühe vor der Sonnen Aufgang. Andr. Libavius beym Vallemont vor der Sonnen Aufgang in zunehmenden Monden, um Mariä Verkündigung, nehmlich um das Æquinoctium Vernum; etliche sagen, sie müsse geschnitten werden an einem Mittwoch, zu der Stunde, da der Mercurius regiere, andere haben sie am Oster-Tage, oder in der H. Christ-Nacht, am glücklichsten vermeynet zu schneiden, oder an denen Solstitiis. Schaub. Dissert. Acad. Marpurg. §. XI. n. 2. Noch andere haben vorgeben, man solle und müsse sie in der S. Johannis-Nacht nacket zwischen 11. und 12. Uhr holen und schneiden, und dieses sollen die besten seyn; scheinet auch, ob wäre bey diesen, wann gewisse Worte dazu gesprochen werden, der Satan am nähesten mit im Spiel.

[174] Man ist auch nicht einig in den Ceremonien, die bey dem Schnitte geschehen. 6 Etliche sagen, es müsse mit einem Schnitte geschehen; andere mit drey Schnitten im Nahmen der Heil. Dreyfaltigkeit. Doch hierinnen kommt man insgemein überein, daß der, so die Ruthe schneiden will, gegen der aufgehenden Sonne stehen müsse, und sie unterwärts schneiden, und dabey ein vest Vertrauen darauf haben. 7

Bey dem Gebrauch der Ruthe gehen auch viel Dinge im Schwang. Etliche legen alles Metall von sich, wenn sie die Ruthe brauchen wollen: andere dargegen, um die Ruthe zu determiniren, nehmen das Metall und etwas von den Dingen, die sie suchen, darzu in die Hand, ander massen sie nicht wissen können, worauf die Ruthe schläget. Und solchergestalt können sie auch wissen, was vor Metall in den Gängen verborgen liege, nehmlich eben das, was von dem Metall in die Hand führe; und wann das Metall nicht fürhanden sey, dergleichen man bey der Ruthe in den Händen habe, so schlage sie nicht, obschon sonst viel andere Metallen zugegen. Es werden aber auch nunmehro viel Dinge mit der Ruthe gesuchet, davon man nichts in die Hand nehmen kan, als Wasser, Diebe, Mörder, gestohlne Sachen und Reinsteine. Andere, um glücklich bey der Ruthe zu seyn, sollen das Evangelium S. Johannis: Im Anfang war das Wort /beten. [175] Vallemont schreibt, daß etliche bey der Ruthe die Worte des 23. Psalms appliciren: Dein Stecken und Stab tröste mich.

Von der Gestalt und Figur der Ruthen vid. Kircherum & Schottum. 8 Man gebrauchet darzu allerley, wie oben angewiesen; und was derer Führung betrifft, so hat man bishero davon keine Gewißheit anzeigen können: doch soll die Ruthe recht müssen gehalten und regieret werden, dafernes fruchtbarlich abgehen soll. Die ausführliche Nachricht davon ist bey oben gedachtem Albino zu lesen.

Von dem Gebrauch der Wünschel-Ruthe ist auch viel zu sagen. 9 Ich will solches aus dem Albino hieher setzen, damit man augenscheinlich sehe, wie sehr die Welt dadurch geblendet worden. Erstlich hat man damit die vergrabene Schätze aufgesuchet, hernach ist sie aber auch zu den unter-irdischen Quellen, Brunnen und sonst verborgen liegenden Wassern applicirt worden, und zwar mit solchem vermessenen Vorgeben, daß die Ruthe zugleich Anweisung thun könte, wie tieff das Wasser liege, wie starck es sey, und was es decke, ob es Kieß, Leimen, Sand oder Felß, und wie viel desselben sey. Martin. Mauritius von den Lassungen der alten Juden referirt aus dem Jesuit Stengel / daß zu seiner Zeit die Ruthe [176] nicht nur die Metallen angezeiget, sondern, daß man dieselben auch gebrauchet hätte, wenn man viele andere Dingediviniren und wissen wollen. Denn eine gantz stracke Ruthe, welche niemand angerühret, habe sich rund gebeuget, ob wolte sie einen Circul machen, wann man den Nahmen dessen, was man wissen wolle, pronunciiret. Vallemontius muß sein Zeugniß auch selbst beytragen, wann er saget: Ich habe sonst noch unterschiedene Personen gefunden, welche gar sonderliche heimliche Dinge mit der Ruthe entdecken. Ich kan auch nicht unreferirt lassen, (spricht Albinus) was mir allhier von einer Weibs-Person, so noch am Leben, freywillig sub Sigillo confessionis ist erzehlt worden. 10 Nehmlich, sie habe in ihrer Jugend in einer vornehmen Stadt gedienet, und sey mit einem Gärtner-Bursch daselbst in Bekanntschafft gerathen, der sie dahin gebracht, daß sie ihm und er ihr die Ehe gantz sancte versprochen, doch mit Bedingung, daß, weil sie noch beyde jung, er noch etliche Jahr reisen, und sie sodann unfehlbar heyrathen wolle; sie soll inzwischen sein eingedenck halten, er auch wolle ihr fleißig schreiben, als er auch gethan, wie davon etliche Briefe, die sie noch bey Handen hat, selbst gesehen. Nach einiger Zeit meldet sich ein anderer Freyer an, und wirbet ernstlich um sie; sie entschuldiget sich aber, sie habe ihr Theil, und hoffe, er werde sich nun bald wieder einstellen. [177] Dieser will nicht ablassen, vorwendend, es werde jener nimmermehr wieder kommen. Das bestürtzte Mensch weiß nicht, was sie wählen soll, und bekommet von einer ihrer Bluts-Freundinnen Unterricht: Es sey ein Mann an einem gewissen Ort in solcher Stadt, der habe ein Wünschel-Ruthe, dadurch er den Leuten sagen könte, was sie zu wissen verlangen. Das Mensch lässet sich bethören, und gehet mit besagter Frau zu dem Wahrsager, um ihn um die Gebühr zu fragen; ob ihr alter Freyer wiederkommen werde, oder ob sie den neuen nehmen solle? da seye der Mann, nachdem er ihr Anbringen vernommen, vor eine Schlange getreten, habe eine eiserne oder draterne Wünschel-Ruthe hervor gelanget, welche gestaltet gewesen wie ein Bogen, oder bey nahe wie ein grosser Nadelschafft, derer beyde Ende er in die Hand genonmmen, und nach gemacheten Ceremonien mit der Ruthe zu reden angefangen, dabey die Ruthe sich immer geneiget und in der Hand gedrehet. Nach allen vorgetragenen Fragen habe ihr der Wahrsager gegen Erlegung 4. Groschen den Bescheid gegeben: Sie könne den ersten Freyer noch wohl bekommen, wenn sie es erwarten könte, der Abwesende meyne es treuer mit ihr, als sie es mit ihm, worüber sie nicht gewust, was sie anfangen sollen. Nachdem aber eine Zeitlang kein Brief erfolget, habe der neue Freyer [178] selbst einen schreiben lassen, und darinn fingirt, es sey jener gestorben, welches er durch andere Leute zu berichten gebeten; darauf habe sie sich diesem versprochen und Hochzeit gemachet. Es sey aber bald darauf jener wiederkommen und habe ihre Untreu angeklaget, und ihr propheceyet, es werde ihr mit diesem Mann nicht wohlgehen; massen auch geschehen, denn ihr Mann sey von solcher Zeit an kranck worden und habe keine gesunde Stunde gehabt, bis er gestorben; sie aber habe solch Creutz nicht sowohl mit der Untreu, als mit der Abgötterey der Wünschel-Ruthe verdient zu haben, geglaubt.

Es wurde auch noch ein anderer Casus erzehlt, der sich wegen eines Diebstahls zugetragen, da man obiger, eben in dieser Stadt, ihre beste Kleider gestohlen, sie aber hätte die Diebe durch den Wünschel-Ruthen-Mann erfahren, und ihr Bestes wieder bekommen. 11

Ein Königlich-Frantzösischer Gerichts-Procurator zu Lyon / Nahmens Viginay, beschreibt eine unerhörte Geschicht von einem Bauer, welcher, durch Anführung der Wünschel-Ruthe, einen Mörder mehr als 45. Meilen zu Lande und 30. Meilen zu Wasser verfolget, also: Den 5. Julii 1692. um 10 Uhr gegen Abend, wurde zu Lyon ein Weinhändler mit seiner Frau in einem Keller todt geschlagen, [179] das Geld, welches sie in einem nahe dabey befindlichen Cabinet, so sie zur Schlaff-Kammer mit braucheten, verwahret, zu stehlen, welches alles mit solcher Behendigkeit und in der Stille verrichtet worden, daß niemand im Anfang etwas davon gemercket, wordurch die Mörder sich aus dem Staub machen konten. 12 Einer der Erschlagenen Nachtbarn aber kennete einen wohlhabenden Bauer, Nahmens, Jacob Aymar / der denen Mördern und Räubern nachsetzen konte, wurde beruffen und vor den Königlichen Gerichts-Procurator bracht, der versprach, wann man ihm den Ort, wo der Mord geschehen, zeigen würde, damit er sich die Impression davon recht machen könne, er den Rechtsschuldigen gantz gewiß auf dem Fuß nachfolgen, und sie, sie möchten auch seyn, wo sie wolten, aufzutreiben sich getrauete; sagete darbey, daß er nichts mehr, als seine zu rechter Zeit, von rechtem Holtz ohne Umstände geschnittene Wünschel-Ruthe gebrauchete, welcher er sich sonst, das Wasser, Bergwerck und vergrabene Schätze zu suchen, bedienete. Worauf der zu den peinlichen Sachen bestellte Richter den Bauer in solch Gewölb schickte, wo die That geschehen war: allda kame er gantz aus sich selber, sein Pulß schlug ihm, wie er in hefftigen Fiebern pfleget, und die Ruthe, so er in der Hand hielt, schlug an den zweyen Orten, wo man die beyden entleibten Cörper gefunden hatte.

[180] Des andern Tages ging er aus der Stadt über die Brücke, so über die Rone gehet, stets seiner Ruthe nach, und lenckte sich auf die rechte Hand, dem Fluß die Länge hinauf; die drey Personen, so ihn begleiteten, bezeugeten, daß er mannichmahl die Spur aller drey Mitschuldigen, und auch bisweilen nur ihrer zwey, gewahr wurde: bey dieser Ungewißheit führete ihn seine Ruthe bis an das Hauß eines Gärtners, da wurde er deren Anzahl vergewissert; dann, als er dahin kam, behauptete er mit aller Macht, daß sie um den Tisch gesessen, und unter 3. Flaschen, welche in der Cammer waren, eine angerühret hätten, auf welche auch die Ruthe gantz sichtbarlicher Weise schlug. Endlich bekannten 2. Kinder von 9. bis 10. Jahren, daß 3. Kerl, welche sie beschrieben, sich, weil sie die Thür offen gelassen, in das Hauß geschlichen, und Wein aus der Flaschen, welche der Bauer bemerckt, getruncken hätten.

Auf dieser Kinder Aussage ging der Bauer mit seiner Gesellschafft eine halbe Meil am Ufer der Rone hinunter, allda wurden sie die Fußtapffen dieser Vögel gewahr, worauf sich der Bauer die Rechnung machete, daß sie sich aufs Wasser begeben hätten, und folgete ihnen auch so genau nach, als auf dem Lande, und ließ sich mit seinem Schiffe der Spur nach unter einem Bogen der Brücke wegführen, wordurch man sonst nicht zu fahren pflegete; [181] dahero muthmassete man, weil die Vögel vom rechten Weg abgewichen, daß sie keinen rechten Schiffer müsten gehabt haben. Auf solcher Reise liesse der Bauer aller Orten, wo diese Vögel geländet, anfahren, und wuste, mit grosser Werwunderung der Wirthe und Zuseher, die Betten, darin sie gelegen, die Tische, woran sie gespeiset, und die Geschirr, so sie rühret, zu zeigen. Endlich kam er in das Lager bey Sablon, allda er eine viel stärckere Bewegung bey sich fand, und hielt sicher dafür, daß er diese Mörder unter der Menge der Soldaten ausspühren würde. Er dorffte aber, sich dessen zu versichern, seine Ruthe nicht gebrauchen, aus Beysorge, von den Soldaten Ungelegenheit zu bekommen. Gieng also, der Ursach wegen, wieder auf Lyon, von dar man ihn zu Wasser mit Recommendations-Schreiben wieder zu Wasser nach Sablon schickete. Er traff aber diese Schelmen nicht mehr da an, verfolgts sie aber und war stets hinter ihnen her, bis a la foire de Beaucaire, in Languedock, und zeigete auf diesem Weg alle Betten, Tisch und Stühle, so sie berühret.

Als er nun zu Beaucaire war, und auf der Gassen suchete, führete ihn die Wünschel-Ruthe vor die Thür eines Gefängnisses, da er ausdrücklich sagete, daß einer von solchen Vögeln darin wäre; als man nun aufgemachet, wiese man ihm 14. [182] bis 15. Gefangene; er ging vor alle mit der Ruthe, sie bewoge sich aber vor keinem, als vor einem, mit Nahmen Bossu, welcher kaum vor einer Stunde wegen eines geringen Diebstahls eingekommen war. Der Bauer sagte stracks, daß dieses unstreitig einer der Mörder-Gesellen wäre, und machete sich darauf fort, die andern aufzusuchen, und befand, daß sie einen Fußsteig, der auf den Weg nach Nismes führete, gegangen wären; ward also diesesmahl weiter nichts vorgenommen, als daß man den Bossu nach Lyon führete, welcher dem Bauer widersprach, und schwur, daß er keine Wissenschafft von dem Mord hätte, und noch niemahl zuLyon gewesen wäre.

Unterdessen führete man ihn eben den Weg zurück, den er auf der Flucht genommen, und von dem Wirth, wo er zur Herberg gelegen, erkannt wurde; gestunde zu Bagnols, daß er in eben dem Hause, als er dieRone hinunter in Gesellschaft zweyer Kerl gereiset wäre, gewesen. Er gestunde, daß es 2. Provenzaler wären, so ihn vor einen Diener angenommen, und ihn gezwungen, sich in die That mit zu mengen, er aber hätte dabey weder gemordet noch geraubet; und, daß diese Provenzaler diesen Diebstahl und Mord allein begangen, davon er nicht mehr als sechs und einen halben Thaler bekommen. Diese Bekänntniß ware dem Bauer [183] fast lieb, weil daraus abzunehmen, daß er sich nicht geirret hatte. Und was das allermercksamste, so konte der Bauer den gantzen Weg lang nicht hinter dem Bossu hergehen, weil ihm allezeit gantz übel ums Hertz war; derowegen muste er allzeit voran gehen.

Der Bossu bekannte bey dem ersten Examen zuLyon, daß den Tag, da der Mord geschehen, zween Kerl, so Provenzalisch geredet, ihn in einen Kauff-Laden geführet, allda sie zween Holtz-Aexte gekaufft, und um 10. Uhr auf den Abend hätten sie alle drey sich zugleich bey einen Weinhändler begeben, welchen sie veranlasset, daß er mit seiner Frauen, unter dem Vorwand, eine grosse Flasche voll Wein zu füllen, in den Keller gangen, darauf wären die Provenzaler, ohne ihn mitzunehmen, mit den armen Leuten hinunter gestiegen, und hätten sie mit den Aexten todt geschlagen: darauf wären sie wieder in den Laden kommen, hätten einen Kasten eröffnet, und daraus 130. Thaler, 8. Louis d'Or, und einen silbernen Gürtel gestohlen; hätten sich darauf hurtig davon gemachet, und in einen grossen Hof verstecket, da sie denn des Tages darauf zur Pforte, nahe an der Rone, heraus gangen, und in eines Gärtners Hauß, in Beyseyn zweyer Kinder, getruncken. Bekannte auch, daß sie an dem Fluß einen Kahn loßgemachet, und im Lager zuSablon und zu Beaucaire gewesen, und daß sie eben[184] bey dem Wirth gelegen, allwo sie der Bauer, desto besser Kundschafft von ihnen haben, durchführen lassen.

Diese des Bossu Bekänntniß erläuterte viel Dinge, dahinter man zuvor nicht kommen können. Dann man fand in dem Laden, so sie an statt der Kammer brauchten, eine neue Holtz-Axt, so gantz blutig, und eine Flasche, so fast voll Wein gefüllet war.

Unterdessen wurde dem Bossu der Process mit allem Fleiß gemachet, und als der Bauer wieder kam, wurde dieser Missethäter, so sich nur von 19. Jahren ausgab, lebendig gerädert zu werden, verurtheilet, und als er vor dem Hause des Weinhandlers vorbey geführet wurde, lase man ihm das Urtheil vor. Es war nun der arme Sünder kaum vor das Hauß gebracht, so bate er aus freyen Stücken die guten Leute um Verzeihung, und bekannte, daß er schuld an ihrem Tod wäre, indem er diesen Diebstahl angegeben, und zu der Zeit, da der Mord geschehen, Schildwacht gehalten hätte.

Wenn man wegen der Reinn-Mahl, Marcksteine und Gräntzen streitig worden, hat man gleichfalls nach vielem Disputiren, auch wohl Processiren, seinRefugium endlich zur Ruthen genommen, und dadurch vermeinet gefunden zu haben, was niemand anders auswicklen können. 13 Ja man ist gar zum Schergen oder Büttel worden, [185] und hat angefangen, Diebe, Mörder und Ehebrecher damit aufzusuchen; und dabey hat es die Curiositê noch nicht gelassen, denn es wird erzehlet von einer Jungfrau und Kauffmanns- Tochter, daß sie, vermittelst der Ruthe, die Gebeine der canonisirten Heiligen von andern, welche nichtcanonisirt, unterscheiden können; sie soll auch die Probe wohl erwiesen haben, indem ein ansehnlicher Mann, den dieses Wunder genommen, Reliquien herbey schaffen lassen, eine Art von Gebeinen, so von Rom kommen waren, über welcher sich die Ruthe mit grosser Ungestümm herum gedrehet; und einander Paquet, darinnen nur einige Stücker Zeug, welche einem Carmeliter von Burgund, so aus allzu grosser Frömmigkeit gestorben war, gedienet hatten, da die Ruthe einen gantz andern Effect gethan, und schier keine Bewegung gehabt, und das Mägdlein, so sie geführet, ausgeruffen: Ach! ach! es muß hierin nichts von einem rechten Heiligen seyn. Besiehe von mehrerm Gebrauch und Nutzen der Wünschel-Ruthe dasPanto-Mysterium cap. 6.

Hier fraget es sich nun, ob solches natürlich zugehe, oder nicht? oder, ob es durch Hülff und Mitwürckung des Teuffels sich practiciren lasse? oder, ob es nicht eine Chimæra sey, und alles auf ein bloß Gedicht hinaus lauffe. Etliche meynen, es könne natürlich geschehen, aber man müsse [186] die Würckung ad admiranda und miracula naturæ bringen, deren Känntniß nach dem Fall sehr verdunckelt worden. Und so nimmt man seine Zuflucht sobald zu den occultis qualitatibus, oder dem Magnetismo, bald zu den Atomis und Materiæ subtili, oder zu der animæ mundi, dem allgemeinen Welt-Geist, als einem Principio universali. Denn die Natur habe ihren eigenen und einfältigsten Mechanismum, dadurch die gantzeUniversal-Bewegung und Regung in der Natur entstehe, in allen Corporibus und Elementen, durch alle sechs Species und Arten der Bewegung, durch die Generation, Corruption, Augmentation, Diminution, Alteration, und endlich den Motum localem, da einCorpus von einem Ort zum andern beweget werde.


Andere gestehen, daß das Schlagen der Ruthe wohl könne natürlich seyn, und entweder von der Elasticität dependiren, welche ist ein Zug und Druck der Natur durch die Lufft, wodurch das wider die Natur gekrümmete und verkehrte wieder in seinen natürlichen, geraden und ordentlichen Statum gehet; oder von des Ruthen-Gängers seinem Willen entstehen, der die Ruthe in seiner Gewalt hat, und sie seines Gefallens halten, führen und gehen lassen kan, wie und wann er will; aber solche heimliche Dinge zu entdecken, wie das Panto-Mysterium [187] vorgibt, kan ohne Beystand und Hülfffe des Teuffels nicht geschehen.

Es schreibt auch das Panto Mysterium cap. 6. von dem Gebrauch der Ruthen: daß man in genere alles vergangene, alles abwesende, verborgene und verlohrne dadurch erforschen könne, in specie habe die Wünschel-Ruthe ihren Nutzen 1). in Bergwercken, mit Erfindung der Ertz-Gänge und Berg-Arten, nicht in allein auf dem Berge, sondern auch auf dem Papier, wie die Gänge nach den Plagis mundi streichen, wie tieff man einschlagen müsse, und was unterweges sich findet. 14 2.) In Aufsuchung der Quellen und Brunnen-Graben; woher die Quell komme, wie tieff man darnach graben müsse. Item ob die Quelle starck oder schwach, oder ob gar kein Wasser zu finden? 3.) In Verfertigung der Minen, und Erforschung feindlicher Minen, ohne contraminiren, daß man nur oben darüber hergehet und wissen könne, wo der Ort untergraben, wo die Minirer stecken, wo Pulver stehe, u.s.w. 4.) Weg und Stege zu Wasser und Land ohne Nachfragen und Magneten zu finden. 5.) Mahlsteine, Gräntzen und veränderte Wege, wo sie ordentlich seyn sollen, auszufinden. 6.) Vergrabene Schätze und versetztes Geld und Kleinodien zu erforschen. 7.) Flüchtige Diebe, Mörder und Ubelthäter aufzusuchen und einzuhohlen, zu erforschen, welcher unter vielen der Dieb etc. so man nur die [188] Nahmen auf den Tisch schreibet. 8.) Verlohrne und verirrete Leut, auch verirretes Vieh zu finden. Zu wissen, ob ein guter Freund auf der Reise schon vorbey oder ob er noch zurück seye. 9.) Allerhand verworffene und verlohrne Dinge im Hause zu finden: man schreibet nur mit Kreide auf den Tisch die Gemächer, und suchet alsdann mit der Ruthe nur in dem Gemach, darauf die Ruthe geschlagen hat. 10.) Zu wissen und zu erfahren, wo dieser oder jener gesessen, was er angerühret, wo er im Bett gelegen, u.s.w. 11.) Ob jemand todt oder lebendig, ob er einheimisch oder nicht, ob er gesund oder kranck, ob er einem günstig oder ungünstig; ob eine Frau schwanger oder nicht, ob sie einen Sohn oder Tochter trage, welcher unter vielen ein Dieb, der liebste, wer die Braut haben soll. etc. 12.) Wie hoch es an der Uhr seye, wie weit es bis nach Leipzig oder Nürnberg, etc. wie viel diese oder jene Waare koste? wann einer gebohren und geheyrathet habe, und dergleichen. 13.) Allerhand natürliche und künstliche Dinge zu wissen: Zum Exempel, wie hoch die Sonne von der Erden; Ob Sina 500. Meilen näher gelegen als es in den Land-Karten gesetzt? ob die Wünschel-Ruthe auch untermÆquatore und unter den Polis schlage? ob die Planeten bewohnt oder nicht, etc. ob es wahr oder falsch, was gewisse Historici [189] und Philosophi vorgeben? Defecta in Geschichts-Büchern zu ersetzen, vermittelst angestellter Fragen. Historische Controversien in der Jahr-Zahl, Art und Personen zu unterscheiden. Ob der sogenannte Jude ein solcher sey, oder sich fälschlich dafür ausgebe. 14.) Ob dieser oder jener Heiliger inrerum natura oder nicht? 15) Spuhr der wilden Thiere, Hasen-Läger, etc. zu finden. Item, wo Fische oder Krebse im Wasser stecken? 16.) Zu erkundigen, ob das Erdreich, darauf man bauen will, guten Grund habe? wo Steine, Leimen und Thon stecken? wo Heyden-Gräber zu finden? ob der Ort auf dem GOttes-Acker, wo man ein Grab hinmachen will, schon mit Todten-Cörpern untersetzt? 17.) Wo dieser oder jener,e.g. Bischoff Benno zu Meissen, Lutherus und dergleichen begraben sind? ob ein prætendirtes Heiligthum recht ein solches sey, oder erdichtetes? ob ein Buch des vorgesetzten Autors Schrifft, oder ein Scriptum supposititium ist? in einer Schlacht gebliebene Herrn und Generals, die gantz unerkänntlich, zu unterscheiden, und dergleichen. 18.) Den Feind zu recognosciren, und ihm nachzugehen. 19.) Spanische Silber-Flotten, wo sie im Meer versuncken, und dergleichen aufzusuchen. 20.) Die Wünschel-Ruthe zu combiniren und daraus allerhand Machinen und perpetua mobilia, [190] und automata, e.g. fliegende Gerüste, so einem Menschen anzugürten, künstlich zu erfinden etc.

Was mich betrifft, (schreibt Hr. Reuter) so gestehe ich gern, daß, so solche Dinge damit practiciret werden, der Teuffel nothwendig mit im Spiel seyn müsse; aber ich kan nicht glauben, daß es allerdings wahr sey, was so breit davon ausgegeben wird, und mag sie also nicht mit Unrecht Virga ventosa genennet werden. Es suchen die Rüthler dadurch ihren Nutzen bey den Menschen, auch wohl eiteln Ruhm und Verwunderung. Dem Autori des Panto-Mysterii ist es nicht allwege gelungen, wie er hin und wieder selbst gestehet, und ist sonderlich denckwürdig, der in Gegenwart des Herrn Thomasii und noch einer andern Person begehret habe, man solte auf 3. Papier die Namen des Pabsts, Lutheri und Calvini, schreiben, so wolle er mit der Licht-Putze, als seiner itzigen præsenten Wünschel-Ruthe, das Papier entdecken, darunterLutheri Nahme geschrieben stehe, daß es nicht angangen, sondern gefehlet gewesen; worüber er sich abercap. 6. also entschuldiget: Die Ruthe fehle in Kleinigkeiten mehr, als in wichtigen Materien; Dann die Seel seye so edel, als daß sie sich in alle Lappalien einlassen solte. Item, NB. der Mensch fehle wohl öffters darinnen, als er treffe, daß er bey der Gabe GOttes demüthig [191] werde. Ja, es sind die Rüthler mehr als zu oft über der Ruthen zu Spott worden. Siehe Theoph. Albinum sect. 2. cap. 1. § 3. 4. Johann Leonhard Martini, der Artzney Doctor und Practicus zu Hanau /hat aus unterschiedlichen Briefen vornehmer und gelehrter Leute, welche die Verspottung der Wünschel-Ruthe vorgestellet, und deren Systemata über einen Hauffen geworffen, dargethan, daß entweder nichts als Schelmerey in dem Gebrauch der Ruthen stecke, oder das Geheimniß nicht natürlich sey.

Marginalien

1 Wer davon geschrieben.
2 I. Von deren Nahmen.
3 2. Von dieser Erfindung
4 3. Wovon solche zu bereiten.
5 4. Zu welcher Zeit dieselbe zu schneiden.
6 5. Was für Ceremonien bey dem Schneiden in Acht zu nehmen.
7 6. Von ihrem Gebrauch.
8 7. Von Gestalt und Figur derselben.
9 8. Fernerer Gebrauch.
10 I. Geschicht.
11 II. Geschicht.
12 Wünschel-Ruth entdeckt eine Mordthat.
13 Mehrer Gebrauch.
14 Würckung der Wünschel-Ruthe.

14. Von den Berg-Männlein

XIV.

Von den Berg-Männlein.

Es ist unter den gemeinen Leuten viel Sagens von den Berg-Männlein, von welchen viele Fabel-Dichter den Unwissenden so viel Sachen vorgebildet und glaubend gemachet, daß man auch mit gutem Recht denTheophrastum Paracelsum unter einen von derer Meistern zehlen kan. Dieser hat aus den Lügen-Gedichten der alten Philosophen so viel herfür gesuchet, und mit einem Färblein bestrichen, daß man fast glauben solte, es wäre alles davon die lautere und reine Wahrheit. Seine Meynung [192] will allhier kürtzlich zusammen ziehen, und als folget, den geneigten Lesern mitheilen. Lasset uns derowegen sehen, was er von Nymphen, Sylvanen, Pigmäen und Salamandern für Fabel-mäßige Sachen geschrieben.


Es mögen die Nymphen, Sylvanen, Pigmäen und Salamandern Geist-Menschen genennet werden, dieweil man dieselbe für Menschen ansiehet, aber sie sind nicht aus Adam, sondern geschiedene Creaturen von Menschen und Thieren. In etlichen Stücken kommen die Geist-Menschen mit andern Menschen überein, in etlichen aber sind sie unterschieden. Was ihre Natur betrifft, so kommen sie in folgenden Stücken überein. 1.) Die Geist-Menschen haben Fleich und Blut, und Bein, aber keine Seele, darum auch Christus für sie nicht gestorben. 1 Darum ist GOtt wunderbar in seinen Wercken, aber nicht alle seine Wercke sind uns täglich für Augen, sondern seltzam, doch sollen wir der Dinge Wissenschafft tragen, daß sie seyen, und doch als käme es uns im Schlaff vor, denn wir können die unendliche Weißheit GOttes nicht genugsam ergründen, damit wir GOTT den Schöpfer genug und recht in seinen Wundern erkenneten. Die Geist-Menschen gebähren Kinder, sie reden, essen, trincken und wandelen, sie haben ihre Gradus wie [193] wir aus Adam: als sie sind arm, reich, witzig und thörigt, sie müssen sich auch der Arbeit ihrer Hände pflegen, und Kleidung suchen. Sie haben Vernunfft und Weißheit zu regieren, wie auch die Justitiam; weil sie aber die Seel nicht haben, darum haben sie auch keinen Willen GOtt zu dienen, und in seinem Wege zu wandeln. Doch haben sie sonst ihren ehrbaren Handel der Natur, und wie die Adamici die nächsten bey GOtt, also sind diese die nächsten bey Adamico, und werden deshalber auch Menschen geheissen. Sie haben ihre Künste, Sitten und Gaben subtiler und gröber, wie die Adamici; Sie werden kranck und gesund wie unsere Adams-Menschen, aber ihre Artzney nehmen sie aus der Erden; Sie sterben wie die Menschen, aber geschieden ohne Seel, das ist: Es stirbt alles an ihnen ab, und nicht an uns, ihr Fleisch fanlet wie das andere Fleisch und ihre Gebeine.


Die Geist-Menschen sind auch in vielen Stücken von andern Menschen unterschieden; dann Caro Adami ist ein groß irdisches Fleisch, und kan man es fassen wie Holtz und Stein, aber ihr Caro ist nicht aus Adam, wie dieses, ist ein subtil Fleisch, und kan man es nicht binden oder fassen, denn es ist nicht aus Erden gemacht, es dringet [194] alle Mauren durch und weichet nicht, es bedarff keiner Thür und Lochs, und zerbricht doch nichts; sie sind auch geschwinder als die Menschen, und was ihr Wesen und Substanz betrifft, so haben sie einen Geist und Leib, aber keine Seele. 2

Die Geist-Menschen sind dann 1.) zwar über das Vieh, aber unter dem Menschen: sie haben keine Seel, wie das Vieh, aber sie reden und lachen wie Menschen, und darum sind sie dem Menschen näher als das Vieh: sie sind gegen dem Menschen wie ein Affe, der dem Menschen das gleicheste Thier ist an Gebärden und Wercken, oder wie eine Sau in ihrer inwendigen Anatomie gegen dem Menschen: sie sind doch besser, denn eine Saue und Affe, weil ihnen allein die Seele mangelt. 2.) Ein Geist-Mensch ist unser Bildniß, wie wir das Bildniß GOttes. Wie nun homo Adamicus nicht GOtt, sondern nur in der Bildniß GOtt gleich ist, also sind auch diese darum nicht Men schen, wegen ihrer Bildniß, sondern bleiben in ihrem Geschöpffe.

Dann sind die Wohnungen dieser Geist-Menschen viererley, nach den 4. Elementen, in welchen sie leben. 3 Die Wasser-Leut werden Nymphæ oder Undenæ; die Lufft-Leute Sylvani oder Sylvestres; die Berg-Leute Gnomi und Pygmæi, und die Feuer-LeuteSalamandræ und Vulcani genennet. Den Undenen [195] ist das Wasser ihre Lufft, den Gnomis die Erde, und denSalamandris das Feuer, die Sylvani aber enthalten sich in unserer Lufft, sind bey uns die nächstem und nehmen den nächst-förmigen Tod bey uns. Wie ein Fisch nun kan leben in dem Wasser, also konnen diese seyn in den ihnen verordneten Elementen, und ersauffen, ersticken und verbrennen nicht.

Die Undenæ haben die Gestalt der Menschen, Mannes und Weibes, wohnen im Wasser und fliessenden Bächen, und kommen offt so nahe, daß sie die Lufft-Leute ergreiffen, so darein baden oder reiten. 4 Die Sylvestres sind wie Menschen, doch etwas gröber, länger und stärcker als wir, nähren sich wie Menschen, aber in den Wildnissen in den Wäldern. DieGnomi sind klein bis zwey Spannen, und haben ihre Behausung in den Bergen, darum findet man offt seltzame Gebäu in den Höhlen der Erden, und ist das Gewölb kaum einen Elenbogen hoch. Die Salamandræ sind schmahl, lang und dünne, leben im Feuer, und haben aus der Erden und vom Feuer ihre Nahrung.

Daß diesem so ist, kan man nicht läugnen; die erste Art wird offt gesehen von den Leuten, die sich aufs Wasser begeben; die zweyte, von denen, die da wandern in den Wäldern und Wildnissen; die dritte in den Bergwercken bey guten Ertzen, und [196] die vierte Art Leute findet man in dem Berg Æthna, allwo ihr Zimmerwerck und andere wunderliche Dinge können gehohlet werden. In allen Dingen sind sie uns fast gleich, allein, daß sie sterben als das Vieh, ohne Auferstehen am jüngsten Gericht. Sie essen und trincken, und haben ihre Kleidung, wofür sie auch arbeiten müssen, doch nach der Art ihrer Welt, welche ihre eigene Natur hat, die uns nicht zu ergründen ist. Sie haben ihre Zucht und Regiment, doch nach angebohrner Natur, wie die Immen ihren König haben, und die Schnee-Gänse und andere Thiere ihre Vorflieger. Ihnen scheinet auch die Sonne und das Firmament, sowohl, als uns, und hindert den Bergmännlein die Erde nichts, denn dieselbe ist ihnen an statt der Lufft, wordurch der Mond und Sonne zu ihnen hindurch scheinet. Ihr Schlaffen und Wachen ist wie der Menschen. Sie sind den Kranckheiten sowohl unterworffen, als wir, und haben Apostem, Fieber, Blattern und andere Zufälle mehr.

Die Geist-Menschen bleiben nicht allezeit an ihren Oertern, und in ihren Wohnungen, sondern erscheinen offtmahl den Menschen, wie die Geister, Engel und Teuffel, auf daß offenbar werde, was davon zu glauben und zu halten; Also hat man Berg-Leute nicht allein gesehen, sondern auch mit ihnen geredet, Gold und bisweilen Schläge von ihnen empfangen, [197] (wie weiter gemeldet werden soll) offtmahls sind Wasser-Leute an den Gestaden der Wasser gefunden, und gefangen weggeführet worden, daß sie nachmahls mit den Menschen gehandelt und gewandelt haben, und die Wald- und Feuer-Leute haben sich manchmahl auch sehen lassen.

Die Nymphæ erscheinen in menschlichen Kleidern, mit menschlichem Ansehen und Begierden; die Wald-Leute sind grob und rauch; die Berg-Leute erscheinen kurtz, doch etwa in halber Manns-Länge; dieÆthnische erscheinen feurigt und gehen feurigt in allem ihrem Wesen und Gewand. 5

Die Geist-Menschen können die Menschen nicht wegführen, dann sie haben keine Gewalt über sie. 6 Sie können sie auch nicht bringen an die Oerter, dieweil sie durch ihre Choas nicht durchdringen können; darum bleiben die Geist-Menschen, wann sie sich mit den Menschen vermählt, bey den Menschen, wohnen und sterben auch offtmahls bey ihnen, weil sie der Menschen Choas ertragen und erdulten können.

Die Feuer- und Berg-Leute werden für Geister und Gespenster gehalten; ob sie wohl Fleisch und Blut haben, wie andere Menschen, sind sie doch schnell und behende, wissen auch alle zukünfftige Dinge, und können von geschehenen, gegenwärtigen und zukünfftigen Dingen den Menschen Nachricht geben. DieUndenæ halten auch die Art der Geister in dem Verschwinden; [198] doch die Sylvani sind etwas gröber. Wer nun eine Undenam zum Weibe hat, der muß sie nicht zum Wasser kommen lassen, oder auf dem Wasser beleidigen, noch ein Berg-Mensch muß beleidiget werden an seinem Ort, sonst verschwinden sie, werden verlohren und nicht wieder gefunden; dero Mann aber muß nicht meynen, daß sie todt sey, und daß er also ein ander Weib könte nehmen, dann die Ehe ist noch gantz, sie aber wird am jüngsten Tage, weil sie Mann und Kind verlassen, der Pflicht halber, und von wegen der Seelen, so sie aus der Pflicht bekommen, erscheinen müssen. Gemeldte Geist-Menschen haben auch ihre Miß-Geburten: unter den Nymphen, oder Wasser-Leuten, sind die Syrenen und Wasser-Münche, worzu auch der Venus-Berg und die Melusima gebracht werden. Unter den Sylvanen, Lufft- oder Wald-Leuten, die Gigantes, oder Riesen, und unter den Erd- und Berg-Leuten die Pygmæi, oder Zwerge.

Es sind aber solche Geschöpffe nicht ohne Ursache geschaffen, sondern von GOtt zu Hütern über die Natur gesetzet; die Gnomæi, oder Pygmæi und Vulcani, hüten die Schätze der Erden, dann wo sie seyn, da seynd mächtige Schätze; diese vermehren und verbergen sie, daß sie nicht an den Tag kommen, bis zu seiner Zeit. So man sie denn sindet, wird gesaget, vor[199] Zeiten gingen allda Bergmännlein und Erd-Leute, aber nun erscheinen sie nicht mehr, denn es ist die Zeit, daß sie sollen offenbar werden; denn also sind die Schätze der Erden ausgetheilet, daß sie von Anfang der Welt für und für gefunden werden.

Die Feuer-Leute hüten die Schätze, die in den Feuerstätten gefunden werden, und, wann das Feuer abgehet, succedirt das Erdmännlein, und wartet der Dinge, und nach Abgang seiner Wache werden sie den Leuten offenbar. Die Sylvestres hüten die Schätze, so am Tage liegen, und von den Feuer-Leuten ausgeschmiedet und verlassen sind, und bisher noch nicht offenbar worden. Die Undenen sind Hüter der Schätze, so in nassen Meer liegen, und welche auch von den Feuer-Leuten verlassen worden; und was dergleichen Fabuleyen mehr.

Dieses ist also, was Paracelsus geschmiedet, und als ein Göttliches Orackel und himmlische Wahrheit vorgestellet: wir wollen aber annoch kürtzlich untersuchen, was es für eine Beschaffenheit über diese Dinge habe, und was davon zu halten. Nymphen, Sylvanen und Pigmæen waren auch bey den alten Heyden bekannt; die Nymphen werden in schöner jungfräulicher Gestalt abgemahlet, und sind derselben fast unzehlbar viel. Die Heyden, weil sie keinen Begriff hatten, daß GOtt an allen Orten könne gegenwärtig seyn, [200] eigneten ihm noch Unter-Götter zu, die ihm in der Mühwaltung müsten behülfflich seyn. Diese hatten beynahe alle ihre Nymphen in Diensten, welche nach den Oertern, an welchen sie wohneten, und nach den Aemtern, die ihnen aufgetragen waren, unterschiedene Nahmen empfangen hatten. Dryades undHamadryades wurden genennet die in den Wäldern wohneten, und darüber ihre Sorge hatten; die Oreades und Orestiades stunden den Bergen vor; die Napææ den Thälern und Gründen; die Limoniades den Feldern und Wiesen; die Nereides, Nerinæ, Oceanitides, oder Oceaniæ, dem Meer; die Najades, oder Naides, den Brunnen; die Potamides den Flüssen und dieLimnades den Sümpffen. Was aber von den Syrenen bey den Heyden gesaget wird, ist entweder eine Fabel, oder eine übelverstandene Historie.

Wir wollen allhier die andern von Parcelso vermeinte Geist-Menschen an die Seite setzen, und allhier, unserm Vorhaben nach, etwas von den Berg-Männlein gedencken, welche mehr für böse Geister, als Geist-Menschen zu halten, die sich unter der Erden, in den Berg-Gruben, in sichtbarer Gestalt den Arbeitern sehen lassen, welches nicht nur die Berg-Leute, sondern auch manche gelehrte Scribenten, bezeugen. Olaus Magnus vergewissert es mit folgenden ausdrücklichen [201] Worten: Man weiß gewiß, daß die Teuffel, welche man Wigtelein oder Berg-Männlein nennet, denen Einwohnern des Landes an Handen gehen, und viel Arbeit verrichten, sonderlich in den Stellen und Bergwercken, da sie die Steine zerbrechen und zerschlagen, und alsdann in die Eymer werffen, womit man sie heraus ziehet, die Rollen einheben und die Seiler darum thun, als wolten sie gleichsam viel ausrichten. Sie lassen sich auch bisweilen sehen, und erzeigen sich in angenommener Gestalt der Berg-Leute, verlachen, verblenden sie, und treiben allerhand Gespötte mit ihnen, um sie dadurch zu betrügen: ruffen sie bisweilen an einen andern Ort, wenn sie dahin kommen, ist niemand fürhanden. Sie werffen ihnen etwas unter die Hand, und wann solches die Arbeiter wollen angreiffen, so ist nichts mehr da, sondern verschwindet.

Fast dergleichen zeiget Lavaterus, wann er schreibt: Die Metall-Gräber bezeugen, daß in etlichen Ertz-Gruben Gespenster oder Geister sich sehen lassen, die nach der Berg-Leute Weise bekleidet; die lauffen herum in den Schächten, Bergen und Ertz-Gängen, scheinen sich mit allerley Arbeit zu bemühen, da sie doch nichts thun; Adern auszugraben, das Ausgegrabene zusammen zu tragen, in die Eymer auszuschütten etc. Man saget, daß sie Wunder-selten den Berg-Leuten was [202] Leids thuen, dafern sie von denselben nicht ausgelacht, oder mit Schelt-Worten angegriffen werden: dann so werffen sie nach ihnen mit Sand-Steinlein, oder grobem Sand) oder verletzen sie auf andere Weise. Man saget aber, daß sie gemeiniglich in solchen Ertz-Gruben wandeln, da viel Ertz stecket.

Lavater de Spectris part. 1. c. 16. erzehlt oben angeführter massen, aus der Feder eines gelehrten und gottsfürchtigen Mannes, der es ihn vergewissert, daß bey Tafuns, in dem Graupünterischen Alp-Gebürge, wäre eine Silber-Grube, darein der Burgermeister des Orts, Namens Peter Boul, ein braver Mann, viel Geldes gesteckt, auch keinen schlechten Gewinn daraus erhoben; in selbiger Gruben ist ein Berg-Teuffel gewesen, welcher, wann die Arbeiter das Gegrabene in die Eymer schütteten, gemeiniglich am Freytag, sich sehr geschäfftig angestellet, und das Metall aus einem Gefäß in das andere gegossen, welches der Burgermeister sich nicht hätte verdriessen lassen; doch aber, so offt er in den Berg fahren, und wieder heraufsteigen wollen, mit dem Zeichen des Creutzes gesegnet, und niemahls von dem Geist beleidiget worden. 7 Es begab sich aber, eines Tages, daß der Berg-Teuffel sich sehr ungestümm und beschwerlich erzeigete: darüber ward einem Arbeiter der Kopff warm, also, daß er ihn mit vielen Schelt-Worten [203] sich fort trollen hieß, an den Galgen, und darzu im Zorn weidlich fluchete. Wie nun das Gebet des Menschen Harnisch wider den Bösewicht ist, also ist der Fluch seine Entwaffnung und Blössung gegen der Gewalt des Teuffels, und das ereignete sich allhier alsofort: denn der Geist erwischete den wünschenden und fluchenden Bergknappen beym Kopff, und setzte ihm denselben so übel zurecht, daß das Antlitz auf den Rücken zu stehen kam; doch ist der Mensch nicht todt davon, sondern noch eine Zeit hernach mit also verdrehetem Kopff und verkehrtem Angesicht im Leben geblieben, gestaltsam ihn viele Leute, so zu des Lavateri Zeiten noch gelebet, wohl gekannt und in solcher Mißgestalt gesehen haben; jedoch ist er wenig Jahre nach solcher Verstellung des Haupts gestorben.

Georgius Agricola, ein Mann, der in Bergwercken und dessen Gelegenheiten ungemeine Erfahrung gehabt, ertheilet in Dialogo de re metallica, qui inscribitur Bermannus, durch seine Gezeugniß und ausführliche Beschreibung uns die Versicherung, daß es keine Mährlein seyen, was man von den Berg-Gespenstern insgemein saget. 8 Wir mögen, spricht er, darüber lachen, oder nicht, so ist doch gleichwohl aus der Erfahrung genugsam bekannt, daß in etlichen Berg-Stuben eine Art von Teuffeln herum gehe, derer etliche den Metall-Gräbern keinen Schaden thun, sondern [204] nur in den Gruben, oder Schachten, herumschweiffen, und fleißig zu arbeiten scheinen, da sie doch nichts verrichten; denn bald durchgraben sie einen Gang, oder Ader, bald fassen sie das (vermeintlich) Gegrabene in den Eymer, bald arbeiten sie an der Rolle, als wolten sie etwas hinauf ziehen, bald vexiren sie die Berg-Leute und machen dieselben irre; Am allermeisten thun sie solches in denen Gruben, daraus viel Silber gegraben, oder zu erlangen gehoffet wird. 9 Andere aber sind gar schädlich, wie der, welche für etlichen Jahren die Ertz-Gruben zu St. Annaberg, so man die Rosen-Cron heisset, dermassen verunsicherte, daß er 12. Bergknappen, wie vielen Leuten bekannt, umgebracht, auch deßwegen solche Grube, ohnangesehen sie Silber-reich war, verlassen worden.

Bald darnach schreibt er: Etliche unter ihnen, sind, wie gedacht, so böß, daß die Berg-Leute sie scheuen, wie die Pestilentz, und für ihnen fliehen. 10 Andere hingegen sind sanfftmüthiger, und die Berg-Gräber sehen es nicht ungern, sondern wünschen vielmehr, daß dieselbe offt herzu kommen, und sich mit ihrer (Gauckel-) Arbeit hören lassen. Auch machet eben dieser Autor zwischen den Berg-Teuffeln eben dergleichen Unterscheid, und berichtet, daß etliche sehr trutzig, grausam und schrecklich anzusehen; darbey ziehet er abermahl an, zum Exempel, den Annabergischen [205] Geist, in der Rosen-Cron, mit fernerm Bericht, daß derselbe erschienen in Gestalt eines sehr lang-häl sigten Pferdes, mit grimmigen Augen, und einen Dampff aus seinem Rachen geblasen, und, wie vorhin gesaget, 12. Arbeiter ums Leben bracht. Berichtet auch, daß ein solcher der Schneeberger gewesen, der eine schwartze Kappe getragen, und in der Georgens-Grube einen Bergknappen von der Erden aufgehoben, und auf die oberste Stätte der allertieffsten Hölen, (oder Gewölbes) so ehmahls Silber gab, nicht niedergesetzt ohne Verletzung seines Leibs. Und bey den Türcken ist ein Jud gezwungen worden, eine Gewinn-reiche Grube zu quittiren, von einem Metall-Teuffel, der den Leuten offt erschienen in Gestalt einer Geiß mit güldenen Hörnern.

Schwenckfeld und Schickhusius erzehlen von einem Venetianischen Kauffmann, daß, als derselbe den sogenannten Riesen-Grund, an den Böhmisch-Schlesischen Gräntzen, durchgesuchet, er endlich auf eine Wiese, unfern von dem Ursprunge des Flusses Zacke, gekommen, und daselbst unter gar hohen Felsen viel Goldes und Edelgestein-Werck gegraben; davon ihn zu verhindern, ein böser Geist sich gar sehr bemühet habe, und deswegen mancherley Gestalt an sich genommen; dessen ungeachtet der Venetianer dennoch tapffer fortgegraben, gleich als sehe er dergleichen [206] nichts, da gleichwol die Einwohner so viel Muths nicht haben, diesem Kauffmann es nachzuthun; weil ihrem falschem und furchtsamen Wahn nach, selbiges Gespenst sehr viel Leuten den Halß umgedrehet haben solle. 11 Balbinus in Miscell. Histor. Bohem. l. 1. c. 6. §. 2. p. 13. in fine. Dieser Autor schreibt, daß, wie schier auf oder an allen Böhmischen Metall-Bergen Kirchen der Heiligen stehen, also unter denselben die Berg-Höhlen von den bösen Geistern bewohnet werden, welche in der Finsterniß daselbst, nehmlich in den Ertz-Gruben, dominiren; Insonderheit berichtet Zacharias Theobaldus von den Geistern in dem Cubikenischen District, daß sich dieselbe den Metall-Gräbern offt ins Gesicht stellen, wie alte Männer, so 3. Ellen lang, denen der Bart bis an den untersten Bauch herab lange; und zwar bisweilen in Bergmanns-Kleidern, mit Laternen, Schlägern, Hämmern und andern Geräth, aufgezogen kämen; und so man ihrer nicht spottet, noch ihnen sonst einige Widerwärtigkeit zufüge, sondern sie mitfrieden läßt, werden sie einem keine Beschwerniß machen.


Aus einem geschriebenen Buch von dem Cutnensischen Bergwerck gedencket ersterwehnter P. Balbinus, daß man sie zu Cutna offt, in grosser Anzahl habe gesehen, zu den Berg-Gruben heraus und [207] hinein fliegen; und wann kein Bergknapp drunten, sonderlich, wann ein groß Unglück und Schade obhanden gewesen, habe man die Geister hören scharren, graben, stossen, stampfen und andere Berg-Arbeiten mehr vorstellen; bisweilen auch wol nach gewisser masse, wie die Schmiede auf dem Ambos pflegen, das Eisen umkehren, und mit Hämmern schlagen. 12 In eben derselbigen Berg-Höhle höret man auch vielmahls klopffen, oder hämern und bicken, als ob 3. oder 4. Schmiede etwas stiessen, dannenhero solche Geister von den Böhmen Hauß-Schmiedlein benahmset werden: wiewohl diese nicht nur den Berg-Gruben, sondern auch in manchen Häusern gehöret werden, vorab, wenn eine merckliche Veränderung zu Freud oder zu Leyd vorgehen soll.


In der berühmten Berg-Gruben zu Küttenberg / welche man Smytna genannt, haben Anno 1509. und die böse Geister auf eine Zeit angefangen gewaltig zu arbeiten. 13 Man hörete viel Täge und Nächte nach einander von aussen zu, wie geschafftig sie sich erzeigeten, mit Graben und anderer Arbeit: solches wird in der Cuttnensischen Historie für eine Vorbedeutung gehalten des Todes-Falls der Bergleute daselbst, die hernach in selbiger Gruben das Leben eingebüsset: in selbiger historischen Beschreibung wird vermeldet, daß [208] zehen Jahre hernach eben daselbst die Teuffel in grosser Anzahl, und in unterschiedener Gestalt, aus unterschiedlichen Orten, durch die Lufft geflogen, und von unterschiedenen Burgern des Orts gesehen worden.


Manche wunderliche Köpffe werffen alle diese Erzehlungen unter die Mährlein, und wenn sie ja nicht läugnen können, daß die Berg-Leute offt etwas solches sehen oder hören, begehren sie doch nicht zu gestehen, daß es Berg-Geister seyn, sondern schreiben es den starcken Einbildungen zu. Wenn aber solche Einbildungen hierbey Raum fänden, würde der verständige hocherfahrne Medicus, Thomas Bartholinus, der sonst in allen seltsam-lautenden Sachen nach Möglichkeit natürliche Ursachen hervorsuchet, und, wofern sich nur der geringste Schatten derselben äussert, alsofort die Natur für eine Würckung solcher Begebenheiten erkennet, nicht schreiben: Die Norwegischen Berg-Gruben machen, daß wir an den unter-irdischen Teufflein nicht zweiffeln, sintemahl diese daselbst nicht selten erscheinen. Und solches zu beglauben, zeucht er an aus einem Schreiben seines Sohns Christophori Bartholini, der aus Curiosität mit seinem Oheim, Johann Finch, die Silber-Gruben allda besichtiget, folgende Nachricht:

[209] Den Berg-Arbeitern bringen fürnemlich die unter-irdische Gespenster Hoffnung zu guter Ausbeute, wenn sichs begibt, daß man sie erblickt. 14 Ich selbst (saget er) habe mit demjenigen Bergmann geredet, dem, als er in der Gruben gearbeitet, ein Berg-Teuffel, mittelmäßiger Natur und Gestalt, mit einem langen Bart, aber über den gantzen Leib schwartz, an die Seiten getreten. Als dieser schwartze Gesell ankommen, redete er kein Wort, sondern bot dem Arbeiter aus einer Büchsen ein Toback-Pulver dar; derselbe aber ward darüber ungedultig, daß ihn der Geist in seiner Arbeit irre machete, und warff die Tobacks-Büchsen aus der Hand zur Erden. Hierauf flohe ihm der Erd-Teuffel gleich ins Gesicht; dieser setzte sich zur Wehr, mit seinem in der Hand haltenden Instrument; zog aber bald den Kürtzern, muste die Flucht ergreiffen, und aus der Gruben hinauf eilen; indem er nun den Schacht hinauf zu steigen sich äusserst bemühet, fühlete er auf seinem Rücken eine überaus grosse schwere Bürde, daß er solcher Gefahr sich mit äusserster Krafft-Anstreckung kaum entziehen konte. Endlich ist er doch durch Gottes Hülfe entrunnen, hat sich aber von den Nägeln des Teuffels sehr übel zugerichtet und verwundt, sein Hembd zerrissen, auch sonst überall seinen Leib wie eine gemahlte Taffel gebräunet, geblauet und blutrünstig gefunden, also, daß ihm [210] Zeit Lebens die Wund-Mahlen aus seinem Gesicht nicht vergangen.

Es hausen aber nicht nur in unsern Europäischen Berg-Gruben dergleichen Gespenster, sondern auch in andern Theilen der Welt. 15 Die Schwartzen, oder Mohren, in Guinea, pflegen von den Ertz-Gruben und Schachten daselbst Wunder-seltsame Sachen zu er zehlen: nehmlich, daß man daselbst ein groß Getümmel und Geschrey höre, und sich niemand, aufs wenigste kein Heyde, unterstehen dörffte, allda etwa allein zu verbleiben, imgleichen, daß die Berg-Leute und Gold-Gräber offtmahls mit Gewalt heraus gejaget werden, da sie doch niemand sehen können: daß auch zum öfftern ein güldener Hund oder dergleichen Thier sich sehen lasse, doch gleich wieder pflege zu verschwinden, und was dergleichen Gespenster mehr.Vid. Neu-Africanische Reise-Beschreibung / fol. 460.


Dieweil nun diese Exempel uns genugsame Anleitung geben zu glauben, auch genugsam überführen, daß solche unter-irdische Gespenster keine blosse Einbildung noch Phantasey sey, die wir Menschen uns hierüber zu machen pflegen, sondern in einem würcklichen Wesen bestehe: also werden doch manche Menschen lüstern zu wissen, wofür man doch solche Geister eigentlich ansehen und halten solle, ob es rechte Geister, [211] oder ob sie für Mittel-Geschöpffe zwischen Thieren und Menschen zu achten? so ist solches bereits Anfangs berührt, und nicht nöthig, weiter etwas zu melden.

Marginalien

1 Fabelhaffte Meynung von den Geist-Menschen und derer Eigenschafft.
2 Wie weit Geist-Menschen mit andern Menschen unterschieden.
3 Viererley Art der Geist-Menschen / und wo sich solche aufhalten.
4 I. Undenæ, wie solche gestalt.
5 2. Nymphen wie solche erscheinen.
6 Geist-Menschen wie weit sich deren Gewalt erstreckt.
7 I. Geschicht.
Berg-Geister drehen einem Arbeiter den Halßum.
8 Berg-Geister werden in Schachten gesehen.
9 Thun den Leuten selten schaden.
10 Etliche solcher Berg-Geister sind auch sehr schädlich.
11 Böser Geist verhindert die Schatz-Gräber.
12 Böse Geister lassen sich in Bergwercken sehen.
13 Böse Geister arbeiten in Bergwercken.
14 II. Geschicht.
15 Berg-Gespenster werden auch in andern Theilen der Welt gefunden.

15. Von Irrwischen - und was davon zu halten ist

XV.

Von Irrwischen / und was davon zu halten ist.

Was wir Teutschen Irrwisch nennen, ist bey den Physicis Ignis fatuus genannt, die gemeinen Leute halten solche mehrentheils für teufflisches Gauckel-Werck; andere seynd gar in der ungründlichen Meinung, ob seyen es verlohrne Seelen, welche annoch im Leben; die Marck- und Mahl-Steine versetzt, und zu ihrer Nachbaren Schaden ausgegraben, deßwegen so unruhig im Feld als feurige Männer umher lauffen müsten: auch halten einige dafür, daß selbige die Leute des Nachts verführeten und offt gar in Leib- und Lebens-Gefahr bringen, und wissen davon vielerley Exempel zu erzehlen:

An- und für sich selbsten ist solche Feuerscheinende Materie eine entzündete feiste Ausdämpfung, so aus der Erden entstehet, und offter nur als ein Schweffel-Kertzlein brennet: dahero sich solche Irrwische [212] gemeiniglich auf den schweffelichten Boden, dürren Heyden, auch auf GOtts-Ackern, Gerichts-Stätten, auch an feisten sumpfigen Oertern, ja auch auf den breiten Feldern, wo viel Menschen-Blut, auch von Vieh vergossen worden, sehen lassen, welche denn unterschiedene brennende Fackeln, oder Lichter vorstellen, die zuweilen zusammen schiessen und ein Licht werden, bisweilen aber wieder von einander fahren und sich in viel Feuer-Flammen vertheilen. 1


Ob nun wohl solche Irrwische ein natürliches Wesen sind, so geschiehet dannoch wohl, daß öffters der Teuffel darunter sein Gauckel-Spiel treibet; aber theils Menschen seynd auch selbst Ursach, wann ihnen durch solche Nacht-Lichter ein Unfall begegnet, zumahlen nicht zu läugnen, daß viel Menschen, die solchen nachgefolget, in Wasser, schlammigte Oerter, oder auf Irr-Wege gerathen seyn: es sind aber die Irr-Lichter daran nicht Ursachen, sondern solche Leute selbst, welche davon in unzeitige Furcht gerathen und selbigen nachgaffen: denn dieses Feuer suchet allzeit wieder seinen Ort, da es entsprungen, und trachtet immer wieder dahin zu kommen, um sich mit den feurigen, fetten und schweffeligten Effluviis zu vereinigen. 2 Wahr ist es, daß sich solche dem Menschen ziemlich nahen, und auf den Leib kommen, [213] und bey vielen grosse Furcht und Schröcken erregen, so ihnen aber von der blossen Einbildung gemachet wird. M. Johann Gottwalt in Disput. de Meteor. Ignit. § 49. ist der Meynung, als wann solche Irrlichter lauter Teuffels-Spiele; und will sagen, wann man solche nur von weitem, auch nur mit Zischen ruffete, sie ungesäumt herbey kämen, und dieselben, so ihnen geruffen, grausam quäleten, einige gar tödteten.


Daß, wie oben gemeldet, der Satan als ein abgesagter Feind dem Menschen sonderlich bey Nacht-Zeit allerley Fallstricke stellet, ist nicht zu zweifflen, und kan also sein Spiel auch unter solchen Irr-Lichtern treiben, wie Fromondus lib. 2. de Meteor. c. 2. es dafür gehalten, da er also schreibet: 3 Daß einer seiner Anverwandten, als derselbe bey der Nacht gereiset, mitten auf dem Feld von 3. oder 4. Irr-Lichtern urplötzlich umgeben, und dergestalt darüber erschrocken sey, daß er sich alsobald auf die Erde niederlegen müssen; Da dann die Irrlichter eine Zeitlang allda verblieben, und etliche Schritt weit von ihm, ohne einige Bewegung still gestanden. Endlich aber, nachdem er eine Zeitlang auf der Erden gelegen, und GOTT um Schutz angeruffen, von ihm weggesprungen, und weiter denn eine Meil Weges über die Mosel gefahren, kaum aber, [214] da er ein paar Schritt fortgegangen; da sey er wie vorhin wieder von ihnen umringet worden: worauf er sich wieder auf die Erde geworffen, und nicht eher wieder aufgestanden, bis solche davon geflogen: welche Bewegung gemeldter Fromondus billig für verdächtig gehalten, und geurtheilet, daß solche von einen bösen Geist regieret worden. Ich kan allhier nicht umhin dem geneigten Leser ein sicher Exempel zu erzehlen, so mir nebst noch 2. guten, dermahlen in Speyer noch lebenden Freunden selbst be gegnet. 4 Unser 3. waren 1675. in unsern Geschäfftenzu Neustadt an der Hard / in der Pfaltz gelegen, und verspäteten uns etwas, jedoch weil wir des Weges wohl nach Speyer kundig, entschlossen wir uns noch den halben Weg bey Mondschein zu gehen, als wir aber kaum zur Stadt heraus waren, begegnete uns ein unbekannter Mann, der sagete: Wann wir auf Speyer wolten, hätten wir Gefahr, dann es wäre vor etlichen Stunden eine gar starcke Frantzösische Parthey aus Philippsburg gegangen, solten uns also fürsehen, daß wir nicht unter dero Hände geriethen. Meine 2. Reise-Gefährden aber wolten sich daran nicht kehren, sondern entschlossen uns, dannoch fortzureisen: als wir aber von der Stadt, die etwas tieff lieget, auf die Höhe kamen, und der Mond schön leuchtete, sahen wir von ferne über hundert Wacht-Feuer, und[215] hielten dafür, wie solches ein groß Lager mit Kriegs-Volck wäre, und entschlossen uns selbiges zu umgehen, je länger wir aber forteileten, und uns immer aufwärts Landes hielten, so war dannoch solches Lager allzeit wie zuvor an unserer Seiten, endlich wanderten wir alle 3. so lang, daß wir des Nachts um 11. Uhr ein Doff erreicheten, und als wir uns besahen, waren wir zu Freymarsheim, einem im Bißthum Speyer gelegenen Dorff, unweit Landau, die Müdigkeit triebe uns, aus Mangel eines- Wirths-Hauses, bey dasigen Pfarrherrn, M. Nägelein, um Nacht-Herberge zu bitten, so er auch willig eingeraumet: nachdem wir also bis am Morgen geruhet, sendete der Pfarrherr nach seinen im Dorff wohnenden Bauren, ihnen Nachricht von gemeldeter Frantzösischen Parthey zu geben: aber einer davon betheurete: daß er vorigen Tages bis Nachmittag 3. Uhr in Philippsburg gewesen, und nicht die geringste Bewegung einiger Mannschafft von dieser Garnison gemerckt, worauf wir unsern Weg nach Speyer nahmen, und über den Platz giengen, wo wir vorige Nacht die vermeinte Wacht-Feuer gesehen, es war aber nicht das geringste davon zu spühren, und wolte auch kein Mensch derer Orten einige Soldaten gesehen haben. Hieraus lasse ich den geneigten Leser urtheilen, ob solche viele Nacht-Feuer nicht eben auch teufflische Spückungen [216] gewesen, welche uns 4. Stund Weges weit bey der Nacht also umgetrieben: von dem Mann aber, der uns nahe bey der Stadt gewarnet, will ich nicht sagen, ob es ein natürlicher Mensch, oder ein in eines Menschen Gestalt verstellter Geist gewesen ist.

Ein Exempel solcher Irr-Lichter beschreibetErasm. Franciscus im Höllischen Protheo p.m. 174. folgend: 5 Es erzehlete mir vor vielen Jahren ein ehrbarer Mann, der mein Reise-Gefährd war, daß er vor kurzer Zeit, in Gesellschafft eines fürnehmen Manns, zwischen Nürnberg und Nördlingen bey Nacht, weil die Eilfertigkeit solche zu Gehülffen erheischete, geritten, und ehe dann sie hinter Kuntzenhausen an die Brücke gekommen, eine Fackel aus selbigem Städtlein mit sich genommen, worauf unweit vom Wasser etliche Irrwische neben ihnen her zu flackern angefangen: weßwegen sie um so viel mehr die Fackel angezündet, um der Brücken, weil von dem hohen Wasser derselben ein guter Theil überschwemmt und verdeckt war, destoweniger zu verfehlen, noch von derselben herab in den Strom zu verfallen, welches ihnen auch bey nahe schier widerfahren; wann nicht der Mann, welcher mir solches erzehlete, aus offtmahliger Bereisung selbiges Weges, des rechten Strichs wäre kundig gewest. Dann die Irr-Lichter, welche eine Weile hinter oder [217] neben ihnen her geflattert, begunten sich zu mehren, und sie fast irre zu machen: indem etliche derselben vor ihnen her fliegend, sich auf die Brücke stelleten, etliche über dem Wasser zur Seiten der Brücken; etliche auf das Stück der Brücken, welches unterm Wasser stunde. Und wie diese zween Reitende eben an den Ort gelangeten, da der beflossene Anfang der Brücken seyn muste; wolte dem fürnehmen Mann schier bange werden, und ihm sein Pferd abwärts zur Seiten weichen; welches ihn dann gewißlich in die Tieffe geführet hätte, dafern nicht sein voran reitender und diese Brücke wohl erfahrner Reise-Gefährd ihm zugeruffen, er solte still halten, auch etliche Schritt zurück geritten, und ihn wieder auf den rechten Pfad gebracht hätte; Hernach ermahnete er ihn, ihm nur stets hertzhafft zu folgen. 6 Also ritten sie mit höchster Behutsamkeit, durch das über die Brücke hinlauffende Gewässer, bis sie den trockenen Theil desselben erreicheten, als unterdessen bebesagte Nacht-Lichter, unweit von ihnen hin- und wieder hüpffeten, und hernach wiederum voraus fliegend, und um und neben dem End-Stück der Brücken, welches gleichfalls unter dem Wasser verborgen lag, ihre Gauckeley und Flatter-Wesen anfiengen. Woraus dann solche nicht unfüglich geschlossen, daß ein Gespenst mit im Spiel wäre, und daß, wofern sie nicht [218] ein brennend Wind-Licht mitgenommen hätten, einem von ihnen besorglich, im Strohm, seine zwey Stirn-Lichter würden erlöschet seyn.

Viele unterstehen sich, wann Beten nicht helffen will, solche mit Schelten und Fluchen von sich zu treiben, die Fuhr-Leute schnellen und klatschen mit ihren Peitschen; allein alles dieses hat keinen Grund, das beste ist, wenn man reisen muß, daß man sich des Tages bediene, dann die Nacht hat GOtt Menschen und Viehe zu ihrer Ruhe erschaffen: auch ist die Nacht, dem gemeinen Sprich-Wort nach, nicht des Menschen Freund: schliesse demnach, daß soche Irrwische, oder Irr-Lichter, zwar eine natürliche Sache, worunter aber vielerley Teuffels-Wercke mit untermischet seyn, welche den Menschen in Unfall zu bringen suchen. 7

Fußnoten

1 Was die Irr-Lichter seyen.

Wovon solche entstehen.

2 Teuffel treibt sein Gauckelspiel darunter.

3 I. Geschicht.

4 II. Geschicht.

5 III. Geschicht.

6 III. Geschicht.

7 Irrwische wollen weder dem Veten noch dem Fluchen weichen.

16. Von fliegenden Drachen

XVI.

Von fliegenden Drachen

Je fliegende Drachen sind unterschiedener Arten, dann einige werden von blossem auf leichte Späne geleimtem Papier gemachet, und mit Faden bey sanfftem Wind in die Lufft gelassen, welche sich dann so hoch schwingen, daß sie in den Städten [219] über die höchsten Kirch-Thürne steigen, und von einfältigen Leuten, welche davon keine Wissenschafft haben, für etwas wundersames gehalten werden. 1 Ein solcher gemachter Drache errettete einsmahls einige Jesuiter aus der Hand einiger Barbarischer Indianer, wie Kircherus L.X. luc. & umbr. P. II. 7. experim. 4. anführet: Selbige lagen im Kercker gefangen und konte man sie weder durch Bitten noch Bedrohungen erledigen; endlich drohete einer, dafern sie sie ja nicht loß liessen, würden sie bald grausame Zeichen und Wunder in der Lufft sehen, und folgentlich GOttes Zorn handgreifflich spühren. Wie solche Indianer aber dennoch einen Weg wie den andern auf ihren trotzigen Köpffen blieben, machete einer einen papiernen Drachen, schnitte auf dessen Bauch mit Indianischen Worten: GOttes Zorn. Mitten war eine Mixtur von Schweffel, Pech und Wachs zubereitet, daß das gantze Werck davon erleuchtet wurde, und itzt-besagte Worte gantz feurig gläntzeten und sehr vernehmlich gelesen werden konten; sobald die Indianer das Ding in der Lufft ersahen, erschracken sie dermassen, daß sie augenblicklich die Gefangene loß gaben, und die Jesuiten hertzinniglich ersucheten, für sie zu beten, daß GOtt seinen Zorn von ihnen abwenden wolle: worüber der Drach sich in der Lufft entzündete und im Rauch aufgienge.

[220] Eine andere Art fliegender Drachen beschreibet Lavaterus in seinem Buche von Gespenstern und Nacht-Geistern / part. 1. c. 11. 2 Die Naturkündiger, spricht er, lehren, daß offtmahl dicker Rauch oder Dampff aus der Erden hervor komme und angezündet werde; wie auch, daß eine schwefflichte Materie in den Höhlen und Adern der Erden hervor, so hoch als ein Baum, breche, und vergehe wieder plötzlich; welches auch zu einer brennenden Materie, die einen Ausgang suchet, gebracht werden mag. Und ist ein gemeiner Irrthum bey dem Pöbel-Völck, wann sie im untersten Theil der Lufft feurige Zeichensehen, die hin und wieder schweben, daß sie alsobald fürgeben und darzu schwören, der böse Feind kehre bey seinen lieben Getreuen ein, und bringe ihnen durch den Schornstein eines und das andere zu, oder sagen, der Stäpgen ist durch den Schornstein diesem oder dem ins Hauß geflogen. 3 Und ist dieser Irrwahn, wie Fel. Maurer im grossen Wunder der Welt / p. 211. anführet, bevorab bey den Thüringern, so tieff eingewurtzelt, daß auch keine Gegen-Rede darwider etwas vermögen kan, da doch diese Zeichen nichts anders seyn, als lauter natürliche Dinge; dann die Dünste, die durch die Krafft der Sonnen in die Lufft gezogen, oder auch wohl von dem Wind hinauf getrieben sind, und durch das Mittel-Theil der Lufft, welches [221] kalt ist, nicht hindurch dringen können, verharten endlich, und werden durch die Widerprellung der Sonnen-Strahlen, (per reflexiones solares) oder durch die Hitze des Unter-Theils der Lufft angezündet, bis sie, nachdem sie lange genug in der Lufft hin und wieder geschwebet, verzehret seyn. 4

Gottfried Voygt im ersten Hunder seines neu-vermehrten Phyisicalischen Zeit-Vertreibers in der 55. Frage schreibt: Die gemeinen Leute bilden ihnen ein, der fliegende Drach sey nichts anders, als der Teuffel; daher, wann sie ihn sehen, so creutzigen und segnen sie sich und ihr Korn, mehr aus Aberglauben, als aus Frömmigkeit; setzt er sich aber gar auf einen Schornstein, oder kommt an ein Fenster, so sagen sie alsbald, der und der, wer er ist, hat ein Verbindniß mit dem Teuffel, er hat den Drachen, er kan hexen, und was dergleichen mehr. 5 Aber wie der Pöbel viel und fast alles ohne Verstand redet, also saget er auch dieses wider Vernunfft und die Wahrheit. Dann es ist falsch, daß der fliegende Drache nichts anders, als der Teuffel sey, und bisweilen siehet man eine feuerige Materie, die von der Bewegung einer kalten Wolcken dermassen gekrümmet wird, daß sie eine Drachen-ähnliche Gestalt gewinnet. Und solches ist ein natürlich Ding, [222] welches die Naturkündiger Meteoron nennen, gleichwie der Blitz, die fallende Sterne, und dergleichen mehr. Es hat seine natürliche Ursachen, nehmlich, die Sonne und andere Sterne ziehen aus der Erde viel und mancherley Dünste, oder subtile Cörperlein, mit sich, welche theils wässerig seyn; daher entstehen die Wolcken, der Regen, Schnee, Hagel etc. theils fett und schweffelicht, daher entstehen die feurigen Zeichen, oder Meteora, die in der Lufft gesehen werden, als der Blitz,Ignis lambens, scintillæ volantes etc. und aus diesen entstehet auch der feurige Drache. 6 Dann wann die schweffelichten Effluvia in die Höhe steigen, und sich versammlen, also, daß sie in der Mitte dicke beysammen, am Ende aber etwas dünner sind, und hernach angezündet werden, ss gibt es solche Form und Figur von sich, als sonsten die Drachen pflegen zu haben; daß er aber bald hieher, bald dorthin flieget, kommt daher, dieweil das Feuer, als das leichteste Element, von Natur in die Höhe steiget, und die dicken, fetten und schweffelichten Effluvia wollen gern hinunter, weil sie schwer sind; keines aber geschicht, das Feuer kan die schwere Materie nicht mit sich hinauf führen, und die schweren Dünste können das leichte Feuer nicht mit sich herunter ziehen, weil eines so viel da ist, als das andere, darum schwebet der Drache immer so in der Mitte, und fällt [223] bald auf diese, bald auf jene Seite, und wird hernach von Winden und andern Dingen, davon die Lufft beweget wird, hin und her getrieben. Daß er sich aber bisweilen auf die Häuser setzet, ist (1) die Ursach, weil er in der Mitte dick und schwer ist, und daher von Natur herunter zu steigen sich bemühet; (2) Hernach kommen auch die Winde herzu, welche ihn treiben bis an die Gipffel der Häuser, die den Wind aufhalten: bisweilen sind auch Regen-Wolcken in der Lufft, welche durch ihre Schwere immer mehr sincken, und das Meteoron zugleich weiter hinunter treiben, und weil die Lufft um die Häuser etwas gelinder und wärmer ist, als anderswo, so nimmt deswegen der Drache am meisten seine Zuflucht dahin; dahero will er auch bisweilen gern in die Schornsteine kriechen, weil aus denselben mancherley Fett und warme Dünste empor steigen, welche dem brennenden Meteoro oder Drachen eine angenehme Nahrung machen, und durch die natürliche Sympathia, oder Liebe, nach sich ziehen: Derohalben sollen leichtglaubige und einfältige Leute nicht den Schluß machen, wann sich solch ein Drach auf ein Hauß oder Schornstein anleget, die in solchem Hauß wohnende redliche Leute beschreyen und ausruffen, als ob solche mit dem Satan einen Bund gemachet und Zauber-Volck wären, weil sich solche Blame gar schwer wieder auslöschen [224] lässet, weilen mir noch ein solch Gedächtniß im Sinn ruhet, daß sich in meiner Kindheit ein solcher Drach zu Leipzig auf eines im Brühl wohnenden alten Riemers Hauß geleget, wovon hernach diese fromme alte Leut den Nahmen ihr Lebtag behalten, und der Drachen-Riemer genannt werden musten. 7

Marginalien

1 Fliegende Drachen werden von Papier gemacht /helffen etlichen Jesuiten in India aus dem Gefängniß.


2 Andere Art solcher Drachen.

3 Wovon solche entstehen.
4 Sind natürlich.
5 Was gemeine Leut von solchen halten.
6 Näherer Unterricht von dergleichen Drachen.
7 Warum solche auf die Häuser fallen.
Warnung an solche falsche Urtheiler.

17. Von Allraunen oder Galgen-Männlein

XVII.

Von Allraunen oder Galgen-Männlein.

Unter andern aberglaubigen Dingen ist auch bekannt und viel Redens gemachet worden, von den Allraunen oder Galgen-Männlein, von GOtt abgewichene Menschen zu bereichern, ihnen täglich Gold zuzulegen, Liebes-Händel zu befördern, Unfruchtbare zu erfreuen, und allerhand Glückseligkeiten zu bringen, etc. 1 Und scheinet, daß dieses Gedicht von den Allraunen nichts neues, sondern für vielen hundert, ja wol tausend Jahren und mehr, schon mag im Schwang gegangen seyn, wie solches der Nahme Theil bezeuget. Johann Rüst in seiner alleredlesten Thorheit der gantzen Welt schreibet: Daß man [225] aus dessen Nahmen Rhun oder Alruhnwelches ein uraltes Teutsches Wort, dessen Alterthum abnehmen könte: denn es wären diejenige, welche bey den alten Teutschen zukünfftige Dinge verkündiget, Ruhnen genennet worden. 2

Was wir eigentlich Allraun nennen, beschreiben die Kräuter-Lehrer in gantz anderer Meynung, wird im Lateinischen Mandragora genannt. 3 Und lehret davon Barthol. Zorn in Botanologia p.m. 420. was solches für ein nutzbar Gewächs, und wie dessen Kraut und Wurtzel zu gelauchen ist: Ein anders hingegen ist, was von der Mandragora oder Allraun die Landstreicher und Wurtzel-Krämer ausgeben: so von dem Harn eines gehenckten Diebs erwachsen soll; ob wohl solches lauter Betrügerey und Gauckelwerck ist, so werden solche doch umb viel Geld verkaufft, und damit dem Teuffel viel Dienst geleistet, wie solchesMatthiolus offenbaret, vid. Bartholin. Cent. 2. Hist. anal. c. 51. Theoph. Paracels. de vitâ longa l. 3. c. 4. 4 Solche Allraun aber zu erhalten, beschreibt Delrio lib. 4. disq. mag. c. 2. qu. 6. sect. 4. also: Es soll selbiges eine Wurtzel seyn, die einen Menschen bilde, und unter dem Galgen gewachsen, aus dem Saamen oder Urin, der von den erhenckten Dieben herunter trieffe; oben soll sie breite Blätter und gelbe Blumen haben: bey derer Ausgrabung soll grosse [226] Gefahr seyn; dann wann sie ausgerissen wird, soll sie schröcklich heulen und schreyen, daß derjenige, so sie ausgräbet, alsobald sterben müsse; damit man aber diesem Ubel vorkomme, müsse man am Freytag vor der Sonnen Aufgang die Ohren mit Baumwolle, oder Wachs oder Pech wohl verstopffen, und hingehen an den Orth, da sie wachse, drey Creutz darüber machen, und die Erde rings herum abgraben, daß die Wurtzel nur noch mit kleinen Fäsergen in der Erde stecken bliebe; darnach soll man sie mit einer Schnur einem Hund an Schwantz binden, demselben ein Stück Brodt vorhalten, und alsobald davon lauffen, wann nun der Hund nach dem Brodt eilete, und auf solche Weise die Wurtzel mit heraus zöge, so müste er alsobald von dem Geschrey solcher Wurtzel zu Boden fallen und sterben. Die Wurtzel müsse man alsdann nehmen, mit Wein abwaschen, in roth und weiß Seiden-Zeug wicklen, in ein Schächtelgen legen, alle 4. Wochen mit einem weissen Hemmetgen bekleiden, und darbey sich gewisser Worte gebrauchen, also, daß ja bey Leib nichts ausgelassen würde; wann das geschehen, so antwortete es mit dem Haupt auf alle Fragen, und offenbare zukünfftige Dinge. Der Jüdische Geschicht-Schreiber Josephus meldet in seinem 7. Buch, Cap. 23. von Wort [227] zu Wort folgends: Diß Orts aber, (verstehe zu Macherunta, welche Herodes Ascalonita erbauet) da die Kling gegen Mitternacht um die Stadt gieng, war ein Platz mit Nahmen Baraas, darauf auch eine Wurtzel also genannt zu wachsen pfleget; dieselbe ist Feuer-farb, und wann man den Abend zu ihr gehet, so erscheinet sie als ein Blitz, läßt sich aber nicht bald ausgraben, sondern weich hinter sich, und bleibt nicht an voriger Stätte, so lang und viel, bis man Weiber-Harn oder ihre Menses darauf giessen thut, und wann man sie gleich darauf anrühret, ist man gleich darauf des Tods eigen, er thue dann dieselbe Wurtzel an der Hand also hinweg tragen. 5 Sie ist aber auch auf ein andern und nemlich auf diesen Weg zu bekommen: Erstlich muß man sie gantz und gar umgraben, und nur ein wenig im Erdreich davon hafften lassen; folgends einen Hund daran binden, und wann der Hund demjenigen, der ihn angebunden hat, nachlauffen will, so zeucht er die Wurtzel leicht heraus, er stirbt aber auch alsobald davon, und wird an dessen Statt, der die Wurtzel ausgegraben hat, dem Tod aufgeopfert, nachmahls haben sich diejenige, so sie anrühren, keines ferneren Schadens zu besorgen, und ist gleichwohl diese Gefahr einer eintzigen Krafft und Tugend halber, so diese Wurtzel hat, wohl zu übersehen, denn der bösen Menschen Geister, [228] Dæmonia oder Teuffel genannt, welche in die Lebendige gefahren, und die sonst keine Hülffe darwider haben oder wissen, umbringen, werden durch mehr-gedachte Wurtzel, wann sie den Krancken allein dargereichet, verjaget und ausgetrieben, so weit Josephus etc. Dergleichen Art und Ceremonien beydes diese Wurtzel und das Galgen-Männlein auszugraben, veranlassen zu glauben, daß fast beydes einerley; und daß der leidige Teuffel so wohl bey Grabung dieser Wurtzel, als dem Galgen-Männlein der Principal und der Vollbringer oder Würcker derjenigen Dingen sey, so diesen beyden Stücken von den aberglaubigen Leuten zugeschrieben werden. Erasmus Francisici schreibt in seinem höllischen Protheo p.m. 489. daß der böse Geist in der Allraun-Wurtzel seyende, auf des Burgermeisters Befehl in die Cantzley getragen, und daselbst seiner Ankunfft erwarten müsssen: unterdessen viel Wesens und Protestirens gemachet, also gar, daß er geredt, und doch niemand den Redenden gesehen; sobald als der Burgermeister in die Cantzley getretten, sey er schweigend worden; und das Urtheil ohne einzig Widersprechen und Protestiren, leiden müssen, daß man den Allraun unter den Galgen durch den Hencker begraben solte. 6

In einem gewissen Tractat vom Galgen-Männlein /[229] dessen Autor sich Israel Fronschmidt nennet, pag. 626. stehet ein ausführlicher Bericht, von solchen Galgen-Männlein: das gemeine Volck saget und glaubt, daß man solche unterm Galgen grabe, wann an solchem ein Ertz-Dieb, das ist ein solcher Dieb, dem das Stehlen angebhoren, entweder, weil seine Mutter, indeme sie mit ihm schwanger gangen, auch gestohlen, oder wenigstens zu stehlen Lust gehabt, und derselbe seine Jungferschafft noch habend, das Wasser lauffen lässet, so wachse ein solch Galgen-Männlein daraus, so auch Allraun genannt wird, welches hernach zu gewisser Zeit, und mit gewissen Ceremonien, allerdings wie obgedachte Wurtzel Baraas, gegraben wird, hernach werde es in rothem Wein gewaschen, in ein zart leinen und seyden Tüchlein gewickelt, alle Freytag gebadet und in ein Lädel gethan, und ihm alle Nacht ein Stück Geld zugeleget, dafür man am Morgen frühe zwey finde; man müsse es aber nicht überladen, sonst stehe es ab, und sterbe: ein Ducat in einer Nacht, gehe noch hin, aber doch selten; wer aber sicher gehen und das Männlein nicht übertreiben will, sondern seiner Dienste lang geniessen will, mag ihm kühnlich und ohngefehr alle Nacht einen halben Thaler zulegen; Diß ist es, was der gemeine Mann von solchen Galgen-Männlein [230] saget, und von denen, die sich auf solche verdammte Weiß bereichern wollen, in acht genommen und vollbracht wird. 7 Uber dieses wird auch gesaget, wann der Besitzer eines solchen Galgen-Männleins sterbe, so erbe es der jüngste Sohn, und müsse man dem Todten, so das Galgen-Männlein hinterlassen, ein Brodt und Stücklein Geld in Sarg legen und solches mit ihm begraben lassen, wann aber der Erb, dem das Galgen-Männlein zukünfftig zufallen soll, vor dem Vater stirbt, so werde derselbe auch mit Brodt und Geld begraben, wie dem Possessori widerfahren sollen; und alsdann falle das Galgen-Männlein dem ältesten Sohn oder Erben zu. 8

Endlichen will noch anhero fügen, was M. Johann Prætorius in seiner neuen Welt-Beschreibung von allerley Wunder-Menschen von unterschiedenen Betrügereyen, so die Landfahrer brauchen, von solchen Galgen-Männlein geschrieben: Die Wurtzel des Allrauns ist mit ihrem abwärts erstreckten zwey-zackigten Ast einem Menschen und dessen zweyen Schenckeln etwas ähnlich, aber der obere Stamm gleichet dem Menschen gantz nicht. 9 Es werden aber allerley Wurtzeln also zubereitet, daß sie etwas von menschlicher Gestalt vorbilden: man gräbt die Bryonia oder Stickwurtz mit Haber bestecket in [231] die Erde, bis dieselbe ausschläget, welche getrocknet dem Haupt-Haar gleich siehet. Die Art dieser Zubereitung deutet Matthiolus in cap. 71. l. 14. Diascor. an: In die noch grünende Wurtzel des Schilff-Rohrs, des Hunds-Kürbs und anderer Pflantzen schnitzlen die Betrüger sowohl Manns- als Frauen-Bilder, und stecken in dieselben Oerter, da sie das Haar wollen haben, Gersten oder Hirsen-Körner, darnach machen sie eine Grube, und bedecken solche so lange mit wenigem Sand, bis erwehnte Körnlein Wurtzeln schiesssen, so aufs höchst innerhalb 20. Tagen geschiehet; hierauf nehmen sie es wieder aus, und beschneiden die aus den Körnern angewachsene Wurtzeln mit einem scharffen Messerlein, und formiren sie also, daß sie die Gestalt der Haupt-Bart- und anderer Haare des Leibes abbilden. Matthiolus hat diese Art der Aufputzung des Alrauns zu Rom von einem Landstreicher gelernet, welcher selbige leichtglaubigen Leuten um grosses Geld verkaufft. In der Kunst-Kammer zu Neapolis des Imperati sind 2. solche gemachte Alraunen zu sehen, welche gar wohl die Gestalt von einem Menschen præsentiren.

Eine solche betrügliche Art ist mir für Augen kom men, da mir ein ansehnlicher Kriegs-Officier ein Alraun gezeiget, welche er für 10. Ducaten erkaufft hatte, und [232] groß Wesen davon zu machen wuste, massen er solche allezeit für eine rechte Alraun gehalten; es war aber unter seinem Regiment ein Gefreyter, der konte solche auch zurichten, und offenbahrete seine Kunst in meiner und etlicher Gegenwart, sagende: Im Brach-Monat nehme er einige Frösche von ziemlicher Grösse, ziehe ihnen die Haut über die Ohren, spanne solche, wann er sie ausgeweidet, aber wieder mit einer andern Wurtzel ausgefüllet, und die Haut am Bauch wohl über einander geleget, auf ein Bret, und stecke Forder- und Hinter-Füsse wohl angespannet an, bereitete hernach aus der Schmeer-Wurtz einen Kopff, in welche er Haber-Körner gesteckt, von welcher in kurtzer Zeit Haar-Gestalt daraus wüchse, und wenn alles bey gelinder Sonne getrocknet, legete er alles in gute Ordnung, welches denn eine ziemliche Menschen-Gestalt præsentirte, das Haupt befestigte er mit einer Nadel, und nähete selbigem um den Halß ein zart blau Bändlein, damit man den Betrug nicht sehen möchte, solches legete er hernach auf ein taffet Bettlein in eine mit blau Papier ausgefütterte Feder-Schachtel, und ließ sich ein helles crystallen Spiegel-Glaß darüber schneiden, welches alles wir mit gröster Verwunderung anschaueten. 10 Und dieses war eben ein solch Alraun, worauf unser Officirer so groß Vetrauen gesetzt, und bereits etliche hundert Gulden, in[233] Hoffnung gutes Glücks, verspielet hatte.

Noch wäre dieses alles nur ein blosser Betrug, wenn nicht der leidige Satan darunter Spiel machete, und solchen von GOtt abweichenden Leuten den Betrug vergrösserte, und sich selbst in solche Alraun verbergete, um mit solchen Geldbegierigen Leuten endlich in den Abgrund der Hölle zu fahren: und diejenige, so ihnen einbilden, von des Teuffel Hülffe reich zu werden, die finden sich hefftig betrogen: denn der Teufel kan nichts geben, wie solches D. Faust erfahren, als er einsmahls Geld von seinem Geist gefordert, der ihn aber hefftig darüber ausgefiltzet, und zu seinen Künsten gewiesen, solches dadurch zuwege zu bringen. 11 Es ist zwar ausser Zweiffel, daß dem Teuffel bekannt sey, wo alle verborgene Schätze liegen, aber daß er völlige Gewalt darüber habe, solche nach seinem Gefallen zu erheben, und zur Verführung der armen nothleidenden Menschen, oder zu Contentir- und Ersättigung seiner Geitzhälfe, zu verwenden, ist schwer zu glauben: vielmehr ist dafür zu halten, daß er die Seinige in immerwährender Armuth stecken zu lassen sich befleißige, damit sie destomehr, um reich zu werden, sündigen, und desto unaussetzlicher in seinem Dienst verharren müssen: und wenn er einem, dem Ansehen nach, gleich etwas zukommen lässet, [234] so führet er es doch an einem andern Ort wie der doppelt hinweg, wie folgendes Exempel ausweiset: Ein Corporal / ein Mann von sechtzig Jahren / hatte mit dem Satan einen Bund; dieser muste ihm alle Tage sieben Gulden schaffen, welcher solche aber auch alle Tage verschwenden muste, und nicht einen Heller davon über Nacht behalten durffte: so durffte er auch kein Kleid tragen, das durchaus gantz neu gewesen wäre, sondern es muste auf alles, Rock, Hosen, Hembd, Strümpff, etc. allzeit ein alter Blacken geflickt seyn: woraus ohnschwer abzunehmen, wie solcher Menschen-Feind mit seinen Ergebenen umgehet, damit dieser Corporal täglich im Sünden-Schlamme umgeweltzet worden, und an keine Bekehrung gedencken können.

Es ist eine erschrecklicke Sache, daß der böse Geist einige Menschen dahin verleiten kan, zu ihrem ewigen Verderben glaubend zu machen, daß gleichsam der Geist eines erhenckten Diebs mit dessen Saamen oder Urin vereinbahret, in der Erde ein Männlein formire, der hernach andern Geld stehle, und solches seinem Besitzer zubringe; ja es ist zu bedauren, daß solche arme Leute so gar sehr von ihrem Schöpfer abweichen, und sich unter des Teuffels Joch muthwillig ergeben. 12 Du Narr! wilt du deinem Ertz-Feind zu Gefallen, und dir selbst zur Verdammniß, [235] glauben, die Seele eines erhenckten Diebs stecke in der Wurtzel, und stehle auch nach des Diebs Tod, dich reich zu machen; bedencke doch, daß du solcher Gestalt nicht besser bist, als der abgestraffte Dieb selbst: es ist aber nicht die arme Seel, wie du vermeynest, denn dieselbe wird nunmehr nach dem gerechten Urtheil GOttes, nachdem der Leib seine Straffe ausgestanden, an ihrem bestimmten Ort seyn; sondern es ist der leidige Teuffel, dem du dienest, der dir das wenige Geld bringt, und dir auch deinen Lohn geben wird, dafern du ihn nicht alsobald abschaffest, und dich wiederum zu dem wahren GOtt wendest. Damit du aber den Satan desto leichter resigniren möchtest, so wisse, daß sich der Satan auf gar vielerley Art befleißiget, die Menschen zu lehren, wie sie ehrliche Leute bestehlen mögen, dadurch solche zu sich in die ewige Verdammniß zu ziehen. 13 Von den Diebs-Daumen etwas mit wenigem zu gedencken, davon weiß fast jedermann zu sagen, wovon allhier nur eine Geschicht anführen will, welche sich mit einem verwittweten Haffner zugetragen: der hatte sich in einer bekannten Stadt mit des Glöckners, eines Buchbinders, Tochter ehelich verlobt; und weil am Fortgang der Hochzeit kein Zweiffel war, unterließ sie nicht, dessen irdene Waar auf dem Wochen-Marckt, [236] wie andere Häffners-Weiber zu thun pflegeten, zu verkauffen, zu solchem Ende stellet ihr der Hochzeiter etwas in ein Tüchlein gewickelt zu, mit Anzeigung, wenn sie solches bey sich haben würde, daß sie als denn einen guten Marckt und schnellen Abgang der Waaren haben solte: die vorwitzige Braut beschauete und zeigete auch andern Häffners-Weibern das vermeinte Talisma, fande aber einen Diebs-Daumen, daran der Nagel fast lang gewachsen war; alsobald war Feuer im Dach; und weil das Handwerck ohne das einander hasset, wurde der Lermen desto grösser: kurtz geredt, der Hochzeiter wurde eingesetzt und examinirt, von ihm aber vorgegeben, daß er solchen Diebs-Daumen von einem auf seiner Wanderschafft bekommen hätte, welcher durch den Hencker verbrannt, der Haffner aber auf diesesmahl wieder loßgelassen worden. Wir erfahren noch offtermahl, daß an den Hoch-Gerichten den aufgehenckten armer Sündern die Daumen abgeschnitten, solche auch wohl gar um derer willen davon gestohlen und weggetragen werden, und sind solche Leute, die sich solcher bedienen, eigentlich nicht unter die Hexen und Zauberer zu rechnen, dennoch stehen solche gar nahe, gäntzlich mit des Teuffels Netz bestrickt zu werden.

Marginalien

1 Allraun ist eine aberglaubige Sache.
2 Derer Alterthum.
3 Mandragora.
4 Allraun wird unterm Galgen gesuchet.
5 Baraas / wie solche gegraben werde.
6 Allraun wird unter den Galgen begraben.
7 Fronschmidts Bericht von den Galgen-Männlein.
8 Wenn der Besitzer des Alrauns stirbt.
9 Prætorii Bericht von dem Betrug mit den Galgen Männlein.
10 Wie betrüglich solche Alraune bereitet werden.
11 Satan machet sich gern zu solche Galgen-Männlein.
Ist nicht vermögend jemand reich zu machen.
12 Warnung für dem Allraun.
13 Diebs-Daumen / Geschicht davon.

18. Von verborgenen Schätzen

[237] XVIII.

Von verborgenen Schätzen.

Es hat die verdammte Geld-Liebe der meisten Menschen Hertzen also eingenommen, daß dieselbe gantz abtrünnig von GOtt gemachet werden, und sich deßwegen dem allgemeinen Menschen-Feind, dem Satan, unterwürffig machen: ja die Geld-Liebe beherrschet dergestalt die Gemüther, daß solche, um dessen willen, auch in die gröste Grausamkeiten verwilliget, ja den Menschen dergestalt befässelt, daß solcher alle Christliche Liebe verlöschet, den Glauben bricht, die Ruhe verstöhret, und zu allerley Betrug, Stehlen und Morden, Anlaß gibt; und wie viel solche unbesonnene Geld-Geyer brechen den Bund, so sie in der H. Tauff mit GOtt aufgerichtet, und verbinden sich mit dem leidigen Teuffel, daß er ihnen verborgene Schätze zeigen soll, von welchem sie doch gar kahl abgefertiget, und betrogen werden, wodurch sie nicht allein um ihren unschätzbaren Schatz, nehmlich um die Gnade GOttes, das Verdienst ihres Erlösers JEsu, und den Trost des Heil. Geistes, und also um ihrer gantzen Seelen Heyl und Seligkeit [238] kommen, und in den ewigen schmählichen Tod gebracht werden. 1

Nun ist zwar nicht zu läugnen, daß viel Reichthum und Schätze unter der Erden verborgen liegen, die entweder von Natur, auch zum Theil von Menschen, dahin verborgen worden, welches bey Kriegs-Zeiten öffters zu geschehen pfleget, wovon hernach die Leut absterben, daß solche nicht mehr für das Tage-Licht kommen, worbey der Teuffel hernach seine Gauckeley treibet, doch aber nicht die Gewalt hat, selbige zu nehmen, noch auch jemand seiner Ergebenen damit zu beschencken: jedennoch verblendet solches viel Menschen, sonderlich diejenige, welche in der Geld-Liebe ertruncken sind, und sich mit deme, was ihnen GOtt gibt, nicht begnügen lassen wollen. 2 Was diese Schätze anlanget, welche gottlose Leute aus Geitz oder Neid, auch wohl gar bey dem Eingraben dem Teuffel übergeben haben, an solchen ist wohl nicht zu zweifflen, daß derselbe damit nach seinem Gefallen verfahren kan; jedoch müssen die Menschen darbey der Leichtglaubigkeit den Zügel nicht so gar sehr schiessen lassen, und gefället es dem Teuffel sehr wohl, wenn man ihm viel Gewalt zuschreibt, darzu er doch ohne GOttes sonderbahre Zulassung keine Gewalt hat. Jedennoch ist gewiß, daß der Teuffel viele Menschen unter der leidigen Hoffnung des Schatzgrabens äffet und am Seil führet, [239] weil ihme wohl bewust, wie sehr der Mensch dem Gold und Geld nachhänget: dannenhero hält er sich auch gern an dergleichen Orten auf, da er weiß, daß solche Leute wohnen, die es ihnen gleich viel seyn lassen, ob sie vom Segen GOttes oder des Teuffels Hülff reich werden können. 3 Denn wo sich irgendwo ein Glantz oder Licht-Schein in einem Winckel des Hauses sehen lässet, oder der Satan sonst sein Gauckel-Spiel treibt, so beredet sich der Geld-gierige Mensch stracks, es müsse ein Schatz allda verborgen liegen; er suchet, er gräbt, und gebrauchet dabey abgöttische Ceremonien, auch wohl gar zauberische Hülff, und läufft damit in vollem Rennen in des Teuffels Netz hinein. Und damit ihm solch armer Mensch ja nicht wieder entrinne, so erhält ihn der Teuffel in steter Begierde zum Schatzgraben und Geldfinden, verblendet ihm zuweilen die Augen, und machet, als ob an diesem oder jenem Ort Geld läge, und hat man Exempel, daß den Leuten einige Thaler oder alte Müntzen zu theil worden, und das übrige, was sie gesehen hätten, sey ihnen verschwunden. Denn heisset es, der Schatz ist fort geruckt, da doch Gold und Silber natürlicher Weise nicht verschwinden kan. Sind also Schätze, die da fortrucken, niemahlen natürliche Schätze, sondern teufflische Verblendungen. Die aber recht in Gold, Silber oder andern Juwelen zu Kriegs-Zeiten [240] vergraben worden, werden weder verschwinden, noch fortrucken.

Viele solcher Schatz-begierigen Leute verwenden noch wohl das wenige, was sie würcklich haben und sauer erworben, an allerhand betrüglich Völcklein und sogenannte Schatz-Gräber, welche solche arme Leute vollend in ihrem Aberglauben einschläfferen und mit ledigem Geschwätz aufhalten können, bis sie ihren Beutel gespickt, worauf solche hernach hunderterley Ausflüchte haben, warum der Schatz noch nicht könne gehoben werden. 4 Zu dieser Leichtglaubigkeit verleiten solche Schatz-Begierige noch wohl gelehrte Leute mit ihren dißfalls in Druck gegebenen Anleitungen, wie- und auf was Weise man solche Schätze graben soll, wie unter anderen Wolffgang Hildebrand /ein sonst gelehrter Mathematicus, in seinem Kunst-und Wunder-Buch / p.m. 300. ex Theoph. Paracelso Tom. IX. in Philosophia occulta beschreibet: Von den Schätzen und verborgenen Geld, so in- und unter der Erden liegen, ist hier auch etwas weniges zu reden, wie die erkennet, erfahren und überkommen werden, und was sich offt für Ubel und Wunder bey denselben zutraget. 5 Erstlich euch fürzuhalten, bey was Zeichen man einen Schatz, der unter der Erden verborgen, erfahren kan: auf daß man wisse und nicht wehne, soll man acht [241] geben, wo sich nächtlicher Zeit viel Gespenster sehen und hören lassen, und sich etwa sonst Ungestümmigkeit zuträget, die Leute, so zu Nacht darüber gehen, sehr erschröcken, oder die sonst eine Furcht ankommt, daß offt solchen Leuten der kalte Schweiß ausgehet, ihnen alle Haar, wie man saget, zu Berg stehen, und sonderlich geschiehet solches viel an Sambstags-Nächten, auch so die Leute mit Lichtern darüber gehen, löschet es ihnen die Lichter aus, als ob ein rechter Wind darein gienge so geschichts auch offtmahls, wann ein verborgener Schatz in einem Hause lieget, lassen sich daselbsten an schweren Nächten viele Gespenster sehen, und groß Gerumpel hören. Wann sich nun solche Zeichen zutragen, sehen und hören lassen, ist gemeiniglich die Ursache, daß da ein Schatz eingegraben und verborgen lieget, und soll man solches keiner andern Ursache zumessen, dann dieser allein. Und sind der Schätze zweyerley; einer mag gefunden und überkommen werden, der andere nicht. Diß ist aber nur der Unterscheid, der eine, welcher gefunden und überkommen mag werden, ist ein Schatz von dem Gelde, so wir selbst machen, und von uns herkommt. Das soll nun und muß ein jeglicher Schatz-Gräber wissen, und auf die Zeichen, wie gemeldet, Achtung geben: dann die Wünschel-Ruthe ist betrüglich, sie gehet so gern etwan nur auf einen Pfennig, der verlohren [242] worden; so seynd auch die andern Visionen, Spiegel, Crystall und dergleichen, wie es die nigromantischen Schatz-Gräber gebrauchen, auch falsch und betrüglich, derohalben sich auf solches nicht zu verlassen. Nun aber von dem Graben zu reden, wie man die Sachen soll angreiffen, und nach dem rechten Process glücklich und fürsichtiglich zu handlen, geschicht auf diese Weise: Anfänglich hebe an zu graben in der Influenz Lunæ oder Saturni, und wann der Mond gehet im Stier, Steinbock und Jungfrau, und brauche sonst keine Cermeonien nicht, darrfst auch keinen Circul machen, oder einige Beschwerung darüber thun, allein grabe frölich hinein, und habe nicht seltsame Gedancken noch Imaginationes der Geister halber, sonst erscheinen dir von Stund an wunderliche Phantasien, und ist doch nichts leibliches da, sondern ist nur ein Gesicht und Erscheinung, die nicht zu fürchten ist; darum sollen die Gräber miteinander reden, singen und frölich seyn, und unverzagt und gutes Muths, und keinesweges das Reden verbotten seyn, wie die Unerfahrnen dieser Dinge sagen, etc. So weit Paracelsus. Es ist aber diese des Paracelsi Lehre ein lediges Geschwätz, womit dennoch viele Leute sich bethören und an der Nase herum führen lassen. Ich will, zum Abschröcken solcher Schatz-begierigen und Geld-süchtigen Leute, ein Exempel anhero fügen, welches [243] der berühmte JCt. D. Benedict Carpzov, in Pratica Rerum Criminalium beschreibet: Ein gewisser Mann, welchen die von denScabinis eingehohlte Belehrung mit den Anfangs-Buchstaben H.K. bezeichnet, hat bekannt, daß er etlichen Leuten zugesaget, verlohrne Dinge wieder zu verschaffen, und daß er vor ungefehr 3. Jahren einen Geist, mit Nahmen Sybille, auf einen Freytag Abends dreymahl nacheinander geladen, welcher auch jedesmahl als ein kleines Kind in menschlicher Gestalt, in weiß-grauen langen Kleidern, mit einem seltsamen wunderbarlichen Angesicht und krummen langen Nasen, auf dem Haupt lange dörnene Sträuche, in Gestalt einer Cron, habend, erschienen; weil aber H.K. in den ersten zweyen mahlen nichts erfragen können, habe er ihn zum drittenmahl geladen, und bey dem Gehorsam, womit er dem obristen Teuffel Beelzebub verwand, beschworen: worauf er erschienen, und als er ihn willkommen geheissen, auch nochmahlen in vorangezeigetem Nahmen beschworen, daß er ihm anzeigen solte, an welchem Orte im Hause der verborgene Schatz fürhanden, und womit er denselben bekommen könte, hätte ihme darauf der erschienene Geist, Sybille, mit kleiner subtilen Stimme vermeldet: Er solte nehmen geweichet Wachs, dasselbe mit Myrrhen und Weyhrauch vermischen, ein Licht daraus machen, solches anzünden, und einer [244] kleinen unbefleckten Dirnen in die Hand geben, daß sie damit im Hauß herum ginge, an welchem Ort dasselbe Licht auslöschen würde, daselbst wäre das Geld und der verborgene Schatz fürhanden; wie er solches von dem Geist, Sybillen, gehöret, hätte er gebeten, daß er in dem Friede, wie er gekommen, wieder hinscheiden solle: wie dann geschehen, un er darauf die Kunst gebraucht, und einen Thaler werth dafür empfangen: mehr hätte er nicht gethan; er hätte aber ein Glaß zu Amsterdam, das heisse das Violen-Glaß, wann er das hätte, wolte er darein wohl alle böse Geister laden.quæst. 50. fol. m. 330. 6


Ist es der Mühe wohl werth gewesen, für einen Thaler so viel Ceremonien zu machen? Der Teuffel hat vermuthlich anderswo von seinen Creaturen einen Thaler genommen und dahin geleget: damit er nicht gar mit Schanden bestünde, und der Lügen überzeuget würde, indem daß er gesaget: Daselbst wäre Geld und der verborgene Schatz fürhanden. Hat also eine kleine Wahrheit mit einer grosssen Lügen zusammen geknüpfft, indem er den einigen Thaler das Geld und auch zugleich einen Schatz tituliret. Aber das Beste und der fürnehmste Schatz, welchen ihm der Teuffel aufgehoben und endlich zugeschantzt, ist dieser, daß er ihm durch die Beschwerungen eine rothe Corallen-Schnur von [245] Blut um den Halß zuwege gebracht, indem ihn das rechtlich Urtheil zum Schwerd verdammet.

Marginalien

1 Verborgene Schätze / was davon zu halten?
2 Viel lieget in der Erden verborgen. Teuffel hat nicht Gewalt über die Schätze.
3 Viele werden damit betrogen.
4 Falsche Schatz-Gräben.
5 Paracelsi Lehre / wie man Schätze graben soll.
6 Historie von einem Schatz-Gräber / und dessen Lohn.
Lichtlein zu machen / damit Schätze zu suchen.

19. Von Wehr-Wölffen - ob solche für wahrhafft zu halten

XIX.

Von Wehr-Wölffen / ob solche für wahrhafft zu halten.

Es ist eine gemeine Sage, und wollen einige eine gantz gründliche Wahrheit daraus machen, wird auch von unterschiedlichen Scribenten beygebracht, daß Zauberer und Hexen sich in Wölffe, Katzen, Hunde und dergleichen andere Thiere verwandeln können, Felder, Wälder und Häuser durchlauffen, und den Menschen und Vieh nicht geringen Schaden zufügen könten. 1

Daß sich aber solche Menschen in rechte natürliche Wölffe verändern solten, scheinet eine wahre Unmöglichkeit zu seyn, denn wie kan doch die Seele des Menschen ihren Leib verlassen, und in eines Thieres Leib fahren; oder der Leib müste bey vereinigt-bleibender Seel in eines Viehes oder Thieres Leib sich wesentlich veränderen, derer doch eines so wenig geschehen kan, wie das andere. 2 Das erste anlangende, so muß auf Absonderung der Seele vom Leibe gleich der Tod erfolgen, der Mensch untergehen [246] und verderben; das Verstorbene aber wieder lebendig zu machen, ist ein Werck, so weder Engel noch Teuffel zuwege bringen können, sondern einig und alleine von GOtt geschehen muß. Augustinus de Civit. Dei lib. 18. c. 8. schreibt: Es lautet ungereimt und wider alle Vernunfft, daß Leute solten in Wölffe verändert werden. 3 Ich glaube, daß nicht allein nur nicht die Seele, sondern auch der Leib, in keine Wege durch der Teuffel Kunst und List, oder Macht, wahrhafftiglich in Gliedmassen, oder Lineamenten unvernünfftiger Thiere verkehrt werden könne. Ist also glaublicher, daß der Satan die Leute mit falschen Gesichtern und Fürstellungen betrüge: und kan dieser Lügen-Geist solchen Betrug auf unterschiedene Art anspinnen: Denn erstlich kan er selber eine Gestalt der Thiere anziehen, und entweder aus der Lufft, wie auch aus andern Elementen das Bild eines Wolffs künstlen, und selbiges nach Art eines natürlichen Wolffs regieren.

Erasmus Francisci ex Lerchheimers Bedencken von dieser Frage apud Dedekium. Vol. II. Consilior. f. 434. schreibt: 4 daß ein Bauer in eines Vogts Hauß kommen, und zur Nacht allda gegessen: Nachdem er sich nun wohl angefüllet, fällt er plötzlich von der Banck hinter sich, als wann ihn der Tropf schlüge; der Vogt, der das Ding, wie er [247] vermeint, verstund, ließ ihn also unangerührt liegen, und befahl seinem Gesind schlaffen zu gehen; Morgens fand man vor der Stadt ein todt Pferd, auf der Weyd liegen, welches mit einer Sensen mitten von einander gehauen, die lag darbey; der Vogt ließ seinen Gast einziehen, der bekennete: er hab es gethan, es sey eine Hexe da herum geflogen, wie eine Licht-Flamme, welcher die Wehr-Wölffe feind, und müssen sie verfolgen, nach dieser hätte er gehauen mit der Sensen, da sie sich aber unters Pferd verborgen, als es gieng und grasete, sey der Hieb durchs Pferd gangen; also hat solcher Mensch bekannt; das er nicht gethan hat, sondern ihm nur geträumt. Ferner erzehlt gemeldter Autor: 5 Ich bin einmahl mit einem Kirchen-Diener, meinem Freunde, in eines Land-Vogts Hauß gegangen, der einen sogenannten Wehr-Wolff im Gefängniß hatte, solchen ließ er für uns bringen, daß wir uns mit ihm besprechen solten, und erkundigen, was es doch für eine Beschaffenheit mit solchen Leuten hätte? der Mensch gebärdete sich wie ein Unsinniger, lachete, hüpffete, als wann er nicht aus einem Thurn, sondern aus einem Wolleben käme; bekannte nebst vielem andern teufflischen Betrug und Gespenst, daß er am Oster-Tage Nachts bey seinem Gesind in Wolffs-Gestalt gewesen wäre, [248] welches Ort mehr als 20. Meil von dannen wäre, und ein Fluß darzwischen, zweymahl so breit als der Rhein zu Cöllen. 6 Wir frageten: wie kamst du aus dem Gefängniß? Ich zoge die Füsse aus dem Stock und flohe zum Fenster hinaus. Wie kamst du dann übers Wasser? Ich flog darüber. Was machtest du bey den Deinen? Ich gieng umher, besahe, wie sie lagen und schlieffen. Warum kehrtest du dann wieder ins Gefängniß? Ich muste wohl, mein Meister wolte es so haben. Rühmte seinen Meister sehr; da wir ihm sageten, es wäre ein böser Meister, sprach er: Könnt ihr mir einen bessern geben, den will ich annehmen; er wuste von GOtt so viel, als ein Wolff. Es war erbärmlich den Menschen anzusehen und anzuhören, wir baten für ihn, und erhieltens, daß er loß wurde, sonst hätte er müssen brennen. Nun lag ja dieser über 20. Meil im Thurn, darum konte er nicht daheim gewesen seyn, und der vorige die gantze Nacht in der Stube, und konte also nicht aussen auf dem Feld gewesen seyn, und die That mit dem Pferd begangen haben. Der Teuffel hat beydes gethan, und solchen armen Menschen, die in so starckem tieffen Schlaff gelegen, eingebildet, daß solche es gemeynet und bekannt haben.


Dergleichen starcke Träume, Einbildung und Melancholie gibt es insonderheit viel [249] in den Mitternächtigen Nördlichen Orten, da die grobe dicke Lufft dem Satan zu seiner Würckung bequem, darum sich auch daselbst mehr Leute aus Schwermuth und Bekümmerniß selbst entleiben. Ist also, wie oben angedeutet, dem Satan keinesweges möglich, eines Menschen Seel hinweg und wieder ein zu führen.

Wir wollen allhier noch einige von andern für wahr gegebene Geschichte von solchen verwandelten Menschen anführen, dem geneigten Leser zu bedencken, anheim stellen: 7 Nic. Rem. Garzon meldet: Als der Groß-Hertzog in Rußien den Zauberer Lycaonem, welcher sich offt in einen Wolff verändert, und den Bauren grossen Schaden gethan hatte, gefangen, und mit eisernen Ketten gebunden hielte, hat er ihm befohlen, er solte seine Wolffs-Verwandelung sehen lassen, und sich seinem Gebrauch nach in ein solch Thier verwandeln: Lycaon versprach dieses mit Bitte, er solte ihn nur mit seinen Hütern ein wenig auf die Seite gehen lassen, wie nun solches geschehen, setzte er sich nieder, verrichtete seine Zauberey, und bekam alsobald eine Wolffs-Gestalt, sperrete den Rachen auf, funckelte mit den Augen, und wütete so grimmig, daß die Hüter genug zu halten hatten, darauf ließ der Hertzog zween junge starcke Jagd-Hunde auf ihn loß, die den Wolff anfielen, und zerrissen, [250] daß er seine menschliche Gestalt nicht wieder bekommen konte. 8


Pucerus de divinatione p. 170. schreibt hiervon: Es ist mir allzeit sehr lächerlich und fabelhafft fürkommen, was ich habe erzehlen hören von der Verwandelung, da die Menschen zu Wölffen werden: aber daß es nicht allerdings falsch und erdichtet sey, habe ich verstanden von gewissen und glaubwürdigen Leuten, und welche, daß sie alle Jahr, die nächsten 12. Tage nach dem Geburts-Fest Christi, durch Lieffland und andern angräntzenden Ländern sich begeben solte, erlernet haben aus den Bekänntnissen derjenigen, die um solche That und Bubenstücken sind ergriffen, und peinlich sind examinirt und befraget worden. 9 Es soll aber also zugehen: Wann der Christ-Tag verflossen, so gehet ein Junge, welcher mit dem einen Bein hincket, herum, fordert solche dem Teuffel ergebene Leut, derer eine grosse Anzahl ist, zusammen, und heisset dieselbe ihm nachfolgen; Wann nun etliche darunter seynd, die da zaudern und säumig, ist ein anderer grosser langer Mann da, mit einer von eisern Drat und Kettlein geflochtenen Peitsche, der hauet auf sie zu, und treibt sie mit Zwang, daß sie fortgehen müssen. 10 Er soll so grausam auf die Leut peitschen, daß man nach langer Zeit die Flecken und Narben auf ihrem Leib sehen kan: die ihnen[251] auch grosse Schmertzen machen und verursachen. So bald sie nur angefangen ihm zu folgen, gewinnet es das Ansehen, als wann sie ihre vorige Gestalt abgelegeten, und in Wölffe verwandelt würden, da kommen denn ihrer etliche 1000. zusammen, ihr Führer gehet vor ihnen hermit einer eisernen Geissel, dem folget der gantze Hauffe nach; wann sie nun aufs Feld geführet sind, fallen sie das Vieh grausam an, und alles, was sie nur ergreiffen können, das zerreissen sie, und thun grossen Schaden, aber die Menschen selber zu verletzen, ist ihnen nicht vergönnet noch verstattet. Kommen sie an das Wasser, so schläget ihr Führer mit seiner Ruthen oder Geissel in das Wasser, und theilet es von einander, daß sie trocknes Fusses übergehen können. Nach Verfliessung aber zwölff Tage kommen sie wieder zu ihrer vorigen Gestalt, und werden wieder zu Menschen.

Remigius gedencket lib. 2 c. 5. daß ein Weib gewesen, welches sich mit einem Schäffer nicht wohl vergleichen können, und dannenhero als eine Zauberin ihre Teuffels-Künste gebrauchet, und sich in einen Wolff verwandelt, und also die Heerde angefallen, und ziemlichen Schaden gethan; sey aber von dem herzulauffenden Schäffer durch einen Beil-Wurff an der Hüfft verwundet worden; darüber sie sich in den angelegenen Busch begeben, und daselbst nach abgelegter [252] Wolffs-Gestalt ihren empfangenen Schaden mit einem Stück, welches sie vom Kleide abgerissen, verbunden, das häuffig heraus fliessende Blut zu stillen, weilen aber der Schäffer dem blessirten Wolff nachgefolget, in Meinung denselbigen zu überwältigen, und das verwundete Weib angetroffen, als habe er selbiges bey dem Richter angegeben, und darauf den Lohn der Zauberey empfangen. 11

Sennertus erzehlt aus dem Mund eines fürnehmen Mannes, daß, nachdem man ein gewisses Weib, auf Anzeigen, daß sie sich in einen Wolff verwandelt, gefänglich eingezogen, und sie solches auch selbst hätte gestanden; Hat der Magistrat ihr zugesaget, das Leben zu schencken, wann sie dessen würde eine Probe thun, da sie nun solches zu thun versprochen, wann sie nur ihre darzu bedürfftige Salbe zur Hand hätte: 12 so hat man dieselbe aus ihrem Hauß geholt, und ihr gebracht; womit sie dann den Kopf, Halß, Achseln und andere Glieder des obern Leibs, geschmieret, bald hernach aber in Gegenwart des Raths niedergefallen, und von einem tieffen Schlaff befallen worden: nach dreyen Stunden aber ist sie jähling wieder aufgestanden, und nachdem gefraget worden, wo sie unter dieser Zeit gewesen? und was sie so lang gemachet hätte? hat sie geantwortet: sie wäre verwandelt worden in einen Wolff, hätte nahe bey einer von dannen gelegenen [253] Stadt erstlich ein Schaaf, hernach auch eine Kuh zerrissen. 13 Solches nun, ob es sich also in der That verhielte, in Erfahrung zu bringen, hat man bey dem Magistrat selbigen Orts Nachfrage gethan, und vernommen, daß dem freylich also sey, und daß ein solcher Schade unter der Heerde würcklich geschehen wäre: daraus dann Sennertus mit guter Vernunfft schließt, es hab es der Teuffel im Nahmen dieser Hexen, indem dieselbe in vestem Schlaff gelegen, verrichtet, und ihr im Schlaff eine solche Vorstellung gemachet, daß sie sich selbst für die Thäterin gehalten. Vid. Sennert. de Morb. occult. lib. 6. part. 9.c. 5.

Bodinus lib. 2. dæmon. c. 5. und auch andere muthmassen: Es könne mit des Teuffels Macht die Seele per ecstasin oder durch eine Entzuckung von dem Leibe getrennet werden, un also in die Welt hin und wieder herum wallen, endlich aber verfüge sie sich selbst nach selbst eigenem Belieben wieder in ihre gewöhnliche Wohnung: In solchem Trennungs-Stande sey der Leib erstarret und todt, die Seele aber geselle sich zu einem wahrhafftigen oder zu einem vom Teuffel præparirten Wolffs- oder andern Thieres-Leib, verübe alsdann darinnen, welches sie wolle, bis sie endlich nach gethanem beliebigen Wercke von dem Teuffel hin in ihren eigenen Leib wiederum gebracht werde.

[254] Aber, schreibt Johannes Prætorius, die Seel eines Menschen kan nicht verwandelt werden in die Seel eines Wolffs, noch der menschliche Leib in einen Wolffs-Leib: Es ist unsere Seel viel edeler und unser Leib viel herrlicher, als daß er also solte können verwandelt werden. Ja es kan die Seel des Menschen sich nicht von ihrem Leibe scheiden, daß sie fahre in eines Wolffs Leib, denselben zu bewegen und lebend zu machen; und kan solches der Teuffel selbst nicht ins Werck richten, viel weniger die Hexen. Daß es der Teuffel nicht könne, ist daher offenbar, weil er es weder auf natürliche Weise, noch übernatürlich, verrichtet. Nicht übernatürlich, weil es allein GOtt zukommt, über die Natur thun. Nicht natürlich, weil die Natur Wölffe, Katzen, Hunde nicht zeuget, ohne durch den Saamen dieser Thiere. Ist also solches nur ein Blendwerck des Teuffels, welcher die Menschen also betrüget, sie entzucket und solche falsche Einbildung in ihnen würcket. Vid. Prætor. vom Blocksberg / Part. 2. c. 6. § 10.


Hiermit stimmet auch überein der Autor des Buchs / genannt Malleus judicum, c. 3. ob die Hexen in Wölffe, Katzen und Hunde, u.s.f. verwandelt werden. §. 5. O wie eine falsche, unvernünfftige Meynung! Wenn ein Leib einmahl ohne [255] Seel ist, so ist er schon todt, sintemahl der Tod anders nichts ist, denn eine Absonderung dieser beyden, Leibs und der Seelen; wer aber todt ist, den kan kein Teuffel wieder lebendig machen, dieweil solches allein GOttes Werck ist. Daß aber solche Leute nicht fühlen, wenn man sie schon mit Nadeln oder Pfriemen stüpfft, oder auch sie brennet, wie etliche vorgeben, folget noch lange nicht, daß derowegen die Seele von ihnen frey seyn müsse, denn sie athemen ja, und regen die Brust sowohl, als andere Schlaffende, allein daß sie in einem tieffen Schlaff liegen, dergleichen Kranckheiten auch wohl nur aus blossen natürlichen Ursachen allein herrührend, von den Medicis observirt werden, wiewohl in diesem Sopore Dæmoniaco, über die natürliche Ursachen, des Teuffels Gespenst mit unterlaufft, zudem kan man doch Artzneyen zurichten, dadurch der Mensch in so tieffen Schlaff fället, daß er nichts, wann man ihm schon ein Glied vom Leibe gar ablösete, davon empfindet; ist also offenbar, wann die Hexen-Leiber eine andere als Menschen-Gestalt haben, daß solches Gespenst des Satans sey, dadurch sowohl andere Menschen am Gesicht, als die Hexen selbst am Verstand und Einbildung geblendet werden.

Andere Autores wollen es mit rechtem Ernst behaupten, daß sich solche Menschen in Wölff verwandeln können. 14 Petrus [256] Mamorius schreibt in einem kleinen Tractat, so er von den Zauberern gemachet, daß, als er in Sovoya gewesen, er allda die Verwandelung der Menschen in Wölffe gesehen habe. Johannes Fincelius lib. II. von Wunder-Zeichen / schreibt, daß zu Padua ein solcher Menschen-Wolff oder Wollf-Mensch gewesen seye, deme man, als man ihn ergriffen, die Wolff-Tappen abgehauen, und seye er gleich auf der Stätte an Händen und Füssen gestümmelt gewesen. Heinrich von Colle in Tractat. de Lamis, hält solche Verwölffung für gantz unzweiffelhafftig und gewiß; deßgleichen auch Ulricus Molitor in seinem Büchlein von Hexen und Unholden, Dialog. ro. Siehe mehrere Exempel beym Bodino lib. 2.cap. 6. von der Lycanthropia oder Wolffssucht /und ob der Teuffel die Menschen in Thiere und Vieh verwandeln könne.

Sprengerus part. 1. quæst cap. 9. und aus demselben Steinhard. in epist. histor. p. 83. & 84. und andere mehr, schreiben, wie sich Weiber in Katzen verwandelt haben und beschädiget worden seyn. 15 Undrecitirt Caspar Goldwurm eine Historie davon, mit folgenden Worten: Der Teuffel läßt auch Fromme, Unschuldige und Einfältige nicht unangefochten, sondern verwandelt sich, nur Schaden zu thun, in [257] mancherley Gestalt: denn im Bißthum Straßburg (die Stadt und Ort wird mit Fleiß zu nennen unterlassen) ist ein frommer ehrsamer Mann gewesen, welcher auf eine Zeit in seinem Hoff gestanden, und Holz zum Brennen gespalten, ist eine Katze in heßlicher und grosser Gestalt zu ihm kommen, und mit Gewalt, ihm Schaden zu thun, an ihn gesprungen, welche er mit aller Macht von sich zu treiben bemühet gewesen; indem kommt eine andere, viel heßlich- und grösserer Gestalt, und stehet der ersten Katzen bey, und beängstigen den guten Mann sehr hart, daß er sich hinten und vornen wehren muß, dieselbe zu vertreiben; endlich kommt die dritte Katz auch darzu, und eine springt ihm unter das Gesicht, die andere auf den Nacken, die dritte greiffet ihn mit Beissen an den Beinen an, und als er GOtt in solcher Noth angeruffen, und sich ihm gäntzlich befohlen, indem wird er ergrimmet, und schlägt um sich, und in dem Springen der Katzen trifft er eine auf den Kopff, die andere auf den Rücken, die dritte an die Füsse, und hat sich also ihrer mit grosser Mühe und Arbeit erwehret und sie vertrieben. Nachdem solche fort, hat er wieder angefangen sein Holzhauen zu vollführen; indem kamen bald hernach zwey Stadt-Knechte, nehmen und binden ihn als einen Ubelthäter; und führen ihn vor den Richter, der Richter aber war zornig und wolte den armen Mann [258] nicht zur Verhör kommen lassen; sondern befiehlet, daß man ihn in den tieffsten Thurn der Ubelthäter werffen solte. Der arme Mann beklagte sich mit weinenden Augen der Unbilligkeit, und begehrte seine Unschuld anzuzeigen, daß er möchte verhört werden. Der Richter aber war je länger je mehr über ihn ergrimmet; und wolte ihm auch sonst niemand die Ursache seines Zorns erklären; aber andere Raths-Personen erbarmten sich des guten Mannes, und redeten dem Richter zu; daß er ihme Audienz zu geben willigte: Da er aber von den Richter und Raths-Verwandte gestellet ward, wolte ihn der Richter noch nicht ansehen; doch endlich ruffete der arme Mann die andern umsitzenden Personen an, und bate, daß man ihm doch anzeigen wolle, was er verschuldet hätte. Da fieng der Richter an, und fragte mit zornigen Worten: Du Bösewicht, wie darffst du solche deine Ubelthat verläugnen; und zu verbergen suchen; hast du nicht auf diesen Tag die drey ehrlichen und fürnehmsten Matronen dieser Stadt dermassen verwundet, daß sie zu Bette liegen, und sich weder regen noch bewegen können. Da solches der arme Mann gehöret, ward er erquickt, und bedachte die Zeit und Stunde, in welcher er den Katzen-Kampff gehalten und überstanden hatte, und sagete: Herr Richter, ich weiß, daß ich mein Lebtag keinen Weibs-Person geschlagen oder beschädiget, [259] ich will auch mit euren und meinen Nachbarn erweisen, daß ich denselben Tag und Stunde in meiner sauren Arbeit, Holtz zu hauen, gestanden bin. Darauf der Richter wieder zornig geantwortet: Siehe, wie kan sich der Bösewicht so frey vertheidigen, dieweil doch die That öffentlich da ist; da bedachte sich der Mann, was ihm in derselben Zeit mit den Katzen wiederfahren ware, und sagete: Herr Richter, ich erinnere mich und gestehe, daß ich unvernünfftige Creaturen, 3. Katzen, aber keine Weiber, geschlagen habe, und mich meines Leibs und Lebens für ihnen mit Gewalt habe erretten müssen. Darüber erschracken die umsitzenden Raths-Personen, und begehrten von ihm, daß er nun den Handel, wie es sich begeben hätte, erzehlen und offenbaren solte. Da fieng er an, ihnen den gantzen Handel, wie es zugegangen wäre, zu erzehlen, gleich oben kürtzlich vermeldet worden. Darüber sie sich alle entsetzten, und vermerckten wohl, daß es ein teufflisch Werck gewesen wäre, und gaben den armen Mann ledig und loß, verboten ihm aber, daß er es bey Lebens-Straff niemand offenbaren solte, damit solche ansehnliche Personen nicht in Schande und Schaden gebracht werden möchten.

Daß sich ein Weib in einen Hasen verwandelt, erhellet aus folgender Geschicht: Petr. Goldschmid in seinem verworffenen Zauber- und Hexen-Advocaten /[260] cap. 24. §. schreibt: Es habe Herr J.W. Scheffer. Licent. Med. & Archiat. Reg. in Dännemarck, für wahrhafftig erzehlet, was sich bey dem bekannten Holcken, adelichen Sitz bey Nieburg, in Fünen gelegen, in seiner Anwesenheit daselbst begeben: Der Jäger desselben Guts war mit zwey Hunden und dem Jäger-Jungen ausgegangen, einen Hasen zu hetzen: Es trug sich aber zu, daß sie in einem Bauren-Hauß, so selbigem Hof zukame, zu Nacht blieben. 16 Da aber der Jäger sich zu Bett geleget hatte, blieb der Junge in der Stuben auf der Banck liegen, und seine Hunde legten sich vor ihm auf die Erden. Um Mitternacht-Zeit kam die Wirthin desselben Hauses hinein in die Stube, und weil sie meynete, daß der Jäger-Junge schlieffe, verfügete sie sich hin zu dem warm-eingeheitzten Ofen, und kleidete sich Mutter-nacket ab, und beschmierte sich mit einer Salbe über den gantzen Leib, und setzte, nach gethaner Beschmierung, die Salbe oben über den Kachelofen, kleidete sich darauf wieder an, und gieng zur Stuben hinaus: der Jäger-Jung, welcher dieser Frauen ihr Salben wohl beobachtet hatte, urtheilte, es müsse eine gute Salbe und zur Stärckung der Glieder dienlich seyn; Zohe seine Schuhe aus, nebst den Strümpffen, und beschmierte seine Füsse, an welchen er Schmertzen empfunden, weil er mit den Hunden den vorigen [261] Tag, auf gefrohrner Erde, etwas herum gewandelt, und nachdem er sich beschmieret hatte, schmierete er auch seinen Hunden die Füsse mit solcher Salbe. Am folgenden Morgen machete sich der Jäger frühe auf, und hieß den Jungen mit den Hunden wiederum ins Feld gehen. Da dann geschahe, daß ein Hase, so sich vor ihnen gedrückt hatte, weil sie nahe auf ihn zukamen, aufstund, der Jäger hetzte demselben die Hunde nach, welche nebst dem Jungen der Hunde schnell zu lauffen anfiengen, in unerhörter Geschwindigkeit den überaus schnellen Hasen verfolgeten, also auch, daß, eher sich der Jäger es vermuthen konte, Junge, Hunde und Hase ihme aus dem Gesicht kamen. Weil aber der Jäger nicht folgen konte, auch nicht erblickte, wo der Lauff hingangen war, als machte er sich nach langweiligem Warten auf den Weg zum Hof hin. Als er aber ohnweit vom Hofe in dem angelegenen Dorffe kommt, findet er Jungen und Hunde für einem Backofen, der nach Lands-Manier von Leimen etwas abwärts vom Hause gesetzt war, stehen, also, daß ihnen die Zunge vom starcken Lauffen zum Halß heraus gienge, und der Junge absonderlich Athem-loß war. Der Jäger sich dessen verwunderend, spricht demselben nach Landes-Manier zu: wie ihn der Teuffel mit den Hunden dahin geführet hätte? dem der Jung antwortete, er wäre [262] dem Hasen nachgelauffen, welcher in den Backofen gesprungen wäre, und sich jetzo in ein Weib verwandelt hätte: Als der Jäger darauf in das Ofenloch hinein schauete, befand er die Sache also, und daß das Weib ihre Wirthin wäre: als sie hierauf auf den Hof kommen, hat der Jung den gantzen Handel dem Herrn erzehlen müssen.

Marginalien

1 Was sie seyn.
2 Ob sich Menschen in solche / oder andere Thiere /verwandeln können.
3 Wird vom Augustinuo und andern widersprochen.
4 I. Geschicht.
5 II. Geschicht.
6 Falsche Meynung von einem solchen Wehr-Wolff.
7 III. Geschicht.
8 Zauberer muß sich für dem Hertzog zum Wolff machen.
9 IV. Geschicht.
10 Wie die Hexen zusammen geruffen werden.
11 V. Geschicht.
Wehr-Wolff wird von einem Schäfer verwundet.
12 VI. Geschicht.
13 Hexe muß sich für der Obrigkeit zum Wolff machen.
14 Einige Autores wollen behaupten / daß würcklich Wehr-Wölffe seyen.
15 Drey fürnehme Hexen suchen in Katzen-Gestalt einen armen Mann zu beschädigen.
16 Ein Weib verwandelt sich in einen Hasen.

20. Von Gespenstern

XX.

Von Gespenstern.

Es gibt viel Leut, welche alles, was man nur von Gespenstern schreibt, für Schatten-Werck, Mährlein und falsche Einbildungen halten wollen, und wollen durchaus nichts von solchen halten noch glauben; derohalber vonnöthen, beweißlich darzustellen, daß die Gespenster wahrhafftig offt, entweder dem Gesicht, oder Gehör oder Gefühl nach, sich spühren lassen. 1 Wiewohl auch nicht zu widersprechen, daß bey vielen die Einbildungs-Krafft, Furcht, Schröcken und Bestürtzung erwecken kan, indem solche offt vermeinen, sie sehen etwas, da es doch an ihm selbst nichts ist, dannenhero man auch wunderselten vernehmen wird, daß behertzte Leut ein Gespenst gesehen; Ein [263] Trunckener kan leicht durch sein verderbtes Gesicht mit einer irrigen Einbildung betrogen werden: denn der überflüßige Wein und Brandwein kan ihm leicht eine falsche Einbildung machen, als ober da oder dort Gesichter und Gespenster sehe: gleichem Betrug ist auch das Ohr unterworffen, sonderlich bey denen, die Schwachheit am Gehör haben; dann bey veränderlicher Lufft und Wetter krachet offt etwas am Getäffel an der Wand, Banck, oder Tisch, wovon solche Leut ihnen einbilden, sie hätten etwas gehöret. Nichtweniger kan das Gefühl und Geschmack ebenfalls irren und betrogen werden: vielfältigmahl werden auch durch Leichtfertigkeit und Betrug falsche Gespenster angedichtet, welche hernach Anleitung geben, daß viele von den wahrhafften Gespenstern weder etwas wissen noch glauben wollen.

Die Römisch-Catholische halten die Gespenster für Englische, teufflische oder menschliche Geister, welches entweder selige, oder im Feg-Feuer noch begriffene oder verdammte Seelen eines Verstorbenen seyn, die Protestirende oder sogenannte Reformirte werden den Nahmen eines Gespenstes den Heil. Engeln nicht leichtlich zueignen, auch zum Theil wohl gantz und gar allen Erscheinungen, Gespenstern und Polter-Geistern widersprechen wollen: von den West-Indianern[264] werden solche für theils böse, theils gute Götte gehalten. 2 Bey den alten Heyden aber werden solche entweder für den guten oder bösen Genium jewedes Menschen oder jeglicher Nation angesehen.

Ob nun wohl von den Gespenstern, derer Natur und Wesen mancherley Meynungen fallen, so dienet doch gleichwohl zur Vergewisserung, daß schier kein Land unter der Sonnen, welches nicht von Gespenstern zu sagen wüste: und falllet gemeiniglich der allgemeine Schluß dahinaus, daß es würckliche Erscheinungen gäbe, ohnangesehen davon nicht einerley Urtheil gefället wird. 3 Und haben gar viel alte Heyden viele denckwürdige Sachen davon ihren Schrifften einverleibet; auch viel gelehrte und verständige Christen, Römisch-Catholischer, Evangelischer und Reformirter Religion gar viel Händel, so von Gespenstern verübet, durch ihre Feder abgesasset, welche allhier anzuführen für unnöthig achte: Gesetzt auch, daß solches nicht geschehen wäre, so können doch solche Gespenst-Vernichter und Widersprecher durch die Feder des Heil. Geistes einer unverschämten Eigensinnigkeit überführet werden. Dann dieselbe schreibt mit hellen und klaren Worten: Die Jünger des HErrn hätten gemeinet, daß sie ein Gespenst seyen: ob wohl die Widersprecher vorwenden, diß gelte für keinen Beweiß, weils es sich die [265] Jünger nur so eingebildet; aber welche eine kahle, liederliche und nichtige Ausrede ist doch dieses, wann nur bloß allein bey Matthäo am 14. stünde, die Jünger hätten gesagt: Es ist ein Gespenst; so möchte solch eiteles Fürgeben noch ein wenig gefärbter heraus kommen; aber St. Marcus gibt es also: Sie meyneten / es wäre ein Gespenst und schryen; welche Rede Marci 6. V. 49. unwiedertreiblich zu verstehen gibt, es gebe Gespenster. Der HErr Christus nimmet auch den Jüngern solchen Wahn, als ob sie würcklich anjetzo nicht ihn, sondern einen Geist oder Gespenst erblickten, mit einem solchen Beweiß, der zugleich bestättiget, daß jemahlen Geister, (oder Gespenster) würcklich erschienen, indem er sagt: Ein Geist hat nicht Fleisch und Beine / wie ihr sehet / daß ich habe.

Und wann alle Gespenster eine getichtete falsche Einbildung wären, so müste die Göttliche Wahrheit gar sehr fehlen, indem sie durch den Mund Esaia weissaget: Feld-Geister werden da hüpffen / Es. 13. V. 21. Ein Feld-Teuffel wird dem andern begegnen / der Kobald wird auch daselbst herbergen und seine Ruhe finden / Es. 34. V. 14. Moyses beschuldiget die abtrünnige Israeliten Levit. 17. V. 17. & Deut. 32 V. 17. daß sie [266] den Feld-Teuffeln geopffert haben. 4 So auch werden solche Leute, die den Gespenstern widersprechen, zu allen Zeiten widerleget durch die peinliche Bekänntnisse der Hexen: sintemahl dieselbe sämtlich berichten, wie und welchergestalt ihnen der Teuffel erschienen sey.

Daß wahrhafftig Gespenster seyn und geglaubet werden müssen, bestättiget uns die monathliche Unterredung Mens. Julii 1689. in folgendem: Die Erfahrung hat empfunden Martinus Schookius, weyland Professor honorar. zu Franckfurt an der Oder. 5 Dieser gelehrte Mann kam einstens auf der Reise zu N. in ein Wirths-Hauß, konte aber, weil dasselbe schon mit Leuten angefüllet war, kein ander Nacht-Quartier bekommen, als in der mittlern Stuben, darin niemand zu übernachten verlangete, weil es, des Wirths eigener Aussage nach, allzu unsicher darinnen war. Schookius, seines Grund-Schatzes eingedenck, nehmlich, daß keine Gespenster zu glauben, befahl dessen ungeachtet, man solte ihm, als der sich nicht fürchtete, nur das Bett allda aufmachen, und legete sich, nach eingenommener Mahlzeit, zur Ruhe; aber um Mitternacht gehet der Lermen an, und kommt jemand zur Stube hinein gepoltert, marchiret fein gerade in die Kammer, nach dem Bett zu, der gute ehrliche Schookius vergaß hierüber aller seiner [267] Hertzhafftigkeit, erschrack recht von Hertzen, und verkroch sich vor Angst, mit allen seinen Principiis, unter die Decke. Das Gespenst aber, welches in einem alten Deutschen Kleide, und in Gestalt eines für diesem erstochenen Soldatens aufzog, wolte ihm seine Dubia recht aus dem Grunde solviren, hob derohalben die Decke auf, nahm Schookium heraus, stieß ihn unter das Bett, und legete sich hinein an seine Stelle; nach einer Stunde aber stund es auf, und trollete sich wieder davon. Indessen befande sich Schookius in tausend Aengsten, und lernete beten. Als aber kein Gespenst sich mehr merckenließ, kroch er hervor, legete seine Kleider an, ging hinunter, und bezahlte den Wirth; dieser, der seine Veränderung wohl merckete, fragete, ob er kein Gespenst gespüret hätte? Er antwortete: Wer weiß, wer mir den Schabernack gethan. Doch ist er nachmahls nicht mehr so verwegen gewesen.

Es stellen sich aber die Gespenster in vielerley Gestalt vor, und regieren gemeiniglich an solchen Orten, da Mord und Todtschlag geschehen, da groß Blutbad vorgegangen, oder etwa Leute sind umgebracht worden. Sie lassen sich nicht allein an einsamen Orten in Wäldern, Feldern, Wassern, sondern auch wohl in GOttes-Häusern spüren: wie sie denn gemeiniglich in der Mitternacht, oder Mittags-Stunden, auch zu heiligen Zeiten, auch in heiligen Zeiten, ihr Gepolter [268] und Spückerey gern treiben, und trachten durch ihre Erscheinung und Gepolter den Menschen zu erschröcken: ja es hat der Satan so vielerley Arten und List, dem Menschen zu schaden, daß solche allhier unmöglich zu beschreiben seyn. Und alles verhängt GOtt, den Frommen zur Bekehrung und Ubung ihres Glaubens und Gebets: auch zu mehrerer Fürchtigkeit in ihrem Wandel; denen Gottlosen aber geschicht es zur Straffe, und sonderlich den Atheisten, entweder zum Nachdencken und Erschröckung, oder zukünfftiger stärckerer Uberweisung ihres ruchlosen Wandels.


Zu mehrerer Bekräfftigung, daß es wahrhafftig Gespenster gibt, sollen dem geneigten Leser noch einige gründliche Historien allhier angeführet werden. 6 G.P. Harßdörffer im Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte hist. ult. schreibt, wie ein Gespenst, welches einem Frantzösischen Edelmann, Robert genannt, in Weltschland in der Nacht, als er irre geritten, erschienen, und ihn in ein Wirths-Hauß gewiesen, in welchem der Wirth und Gäste Mördern und Straffen-Räubern gleich gesehen, deßwegen sich Robert zum Feuer gesetzt, seinen Degen in acht genommen, seine Pistol fertig gehalten, und in einem Buch gelesen; zur Mitternacht kommt das Gespenst wieder, und weiset ihm, er solte folgen; welches er auch [269] gethan, und in einen Garten zu einem Brunnen geführet worden, allda das Gespenst verschwunden; er will nicht wieder zurück ins Hauß kehren, sondern erwartet mit grossem Verlangen des Tages, mit welches Morgenrothe er wieder verreiset; und der Obrigkeit des Orts darbey anzeiget, was ihm begegnet: da dann sobald nachgeforschet, und ein Kauffmann, der neulich ermordet, in dem Brunnen gefunden worden: deßwegen etliche von den Thätern ergriffen, und ihre gebührende Straffe anstehen musten. Zwey Tage hernach erscheinet das Gespenst Roberto wiederum, und verspricht ihm, drey Tage vor seinem Tode ihn zu warnen, weil er gethan, was recht gewesen: verschwindet darnach, und laßt ihn in tieffen Gedancken nachsinnen, ob es ein guter oder böser Geist. Nachdem er wieder in Franckreich gekehret, sich verheurathet, und in allem Wohlergehen lebte, kommt das Gespenst wiederum und sagete zu ihm: 7 Er solte sein Hauß beschicken, sich zum Tod bereiten, in dreyen Tagen würde er die Welt verlassen müssen. Robert läßt diese Erinnerung nicht ausser Acht, und schickt sich zum letzten Abschied, wiewohl er nach und nach an der Erfolgung zweiffelte, weil die 3. Tage verflossen, und er sich bey guter Gesundheit und aller Sicherheit befande. Als die Nacht der drey bestimmten Tage zu Ende, fängt der Hund, welchen [270] Robert in seiner Kammer schlaffen lassen, er springt aus dem Bett, ergreifft den Degen, eröffnet die Kammer und will das Gesind auffwecken, indem wird er auf der Stiegen durch und durch gestochen, daß ihm der Degen im Leib stecken bleibt, und der Thäter über seinen halb-todten Leichnam davon springet. Wer dieser Meuchel-Mörder gewesen, konte niemand wissen, allein wurde der Degen erkannt, daß er Sarmont, einem seiner besten Freunde, zuständig, der sich damahls in Holland aufgehalten. Robert verzeihet seinem Mörder von Hertzen, und befiehlt, man solte deswegen keine Nachfrage halten; und verstirbt also folgenden Tages sehr Christlich. Sarmont, des Verstorbenen Freund, hatte um Nerinam vor Robert gebuhlet, und war in dem Hause, vor seinem Verreisen nach Niederland, sehr wohl bekannt; dahero nahme Falsa, die Magd im Hause, Ursach auszugeben, Sarmont hatte ihren Herrn, den Robert, umgebracht, und hielte sich heimlich in der Gegend auf, wie der Degen beglaubt, oder hätte ihn verrätherischer Weise ermorden lassen, durch einen andern, Nerinam, die hinterlassene Wittib, zu freyen. Diese Verläumbdung wird hernach offenbar, als Falsa sich hoch schwangers Leibs und in Kinds-Nöthen befand, daß Morin, Sarmonts [271] Diener, welchen er wehrhafft gemachet, und mit seinem Degen beschenckt, nicht allein Vater zu ihrem Kind, sonder auch Roberts Mörder wäre: allermassen auch besagter Morin solche Wahrheit durch seine Flucht bestättiget.

Noch eine Geschicht von einem Geist aus besagtem Autore lib. citat. part. 3. Histor. 77. will allhier anführen: 8 Zu Stockholm hat sich ein Metzger in eine schöne Dienst-Magd verliebt, welche aber in seinen sündlichen Willen nicht einwilligen wollen, es sterbe dann sein Weib, und daß er sie eheliche. 9 Weil ihm nun die Alte nicht nach seinem Willen sterben wolte, und eben die Pest des Orts grassirt, hat er einen Sarg machen lassen, und des Nachts seinen Weib mit dem Schlacht-Beil ihr Haupt zerspaltet, sie in den Sarg geleget und vorgegeben, sie wäre an der Pest gestorben. Nach diesem hat er sich die Magd trauen lassen, und ist diese Mordthat niemand als ihm, dem Thäter, bewust gewesen. Worauf ein erschrecklich Gespenst im Hauß grosse Unruhe gemachet, daß er genöthiget worden, in ein ander Hauß zu ziehen, und dieses ledig stehen zu lassen. Es begibt sich aber, daß ein Reichs-Tag zu Stockholm ausgeschrieben worden, dahin auch eine adeliche Wittib verreiset, ihre Rechts-Sache daselbst fortzusetzen; als solche aber, wegen grosser Menge des Volcks, keine Herberg [272] finden konte, ist sie, ob man ihr schon die Beschaffenheit des Gespenstes in solchem Hause angedeutet, dannoch in selbigem eingekehret, mit Vorwenden, sie scheuete sich nicht, sondern vertrauete ihrem GOtt. Zu Mitternacht ist das Gespenst mit grossem Gepolter in die Stube kommen, worüber die Wittib sich mit dem Gesicht zur Wand gekehret und zu GOtt gebetet, bis das Gespenst verschwunden, welches sie ein wenig ruckwärts gesehen, und eine Weibs-Gestalt mit zerspaltenem Haupt erblicket. Dieweil ihr nun kein Leyd wiederfahren, ist sie die folgende Nacht, als das Gespenst wieder erschienen, behertzter gewesen, und hat es nach ihrem Gebet also angeredet: Alle gute Geister loben GOtt den HErrn. Worauf das Gespenst in der vorigen Gestalt ihr geantwörtet: Ich bin ein guter Geist, und lobe GOtt den HErrn. Als nun die Adeliche Wittib hierauf gefraget, warum dann dieser Geist sich in diesem wüsten Hause aufhalte? hat, nach Bericht der begangenen Mordthat, der Geist zu verstehen gegeben, der Leib könte nicht ruhen, bis ihr Mann von der Obrigkeit zu verdienter Straff gezogen würde. Sobald der Tag angebrochen, hat die Wittib der Obrigkeit alles angedeutet, welche das Grab eröffnet, und das zerspaltene Haupt in Augenschein genommen, darauf den Morder zur Hafft bringen lassen, welcher nach gestandener [273] That zu gebührender Straff gezogen worden.

Anno 1686. den 8. Junii, wurde aus Basel folgende Begebenheit geschrieben: Als zu itzt-benannter Zeit zwey Edel-Leute in Bünthen, auf dem Wege nach Chur, an einem Busch ein kleines Kind erblickt, welches in Leinen gewickelt dargelegen, habe der eine Edelmann, aus Mitleiden, seinem Diener befohlen abzusteigen, und das Kind aufzuheben, auf daß man es ins nächste Dorff mitnehmen könte. 10 Wie nun der Diener abgestiegen, das Kind angefasset und aufheben wollen, hat er es nicht von der Erden erheben können: worüber beyde Edel-Leute sich höchstens verwundern, und dem andern Diener auch befohlen, er solte gleichfalls absitzen, und dem ersten helffen, aber beyde haben mit gesammter Hand nicht so mächtig werden können, nur einmahl von der Stelle zu rucken. Nachdem solche aber lange genug daran gehoben und gezogen, hat das Kind angefangen zu reden, und gesaget, sie solten es nur liegen lassen, dann sie würden es doch nicht von der Erden wegbringen können. Unterdessen wolle es ihnen nur so viel anzeigen, daß es anjetzo ein köstliches und fruchtbares Jahr geben, aber sehr wenig Leute solches erleben würden; und sobald es solche Worte ausgeredet, sey es verschwunden. Worauf beyde von Adel in höchster Bestürtzung fortgerritten, es zu Chur dem Rath angezeiget, [274] und alles nebst ihren Dienern eydlich deponiret; dahero man der Gewißheit solcher Begebniß genugsam versichert ist. Was solches nun für ein Gespenst gewesen, will ich nicht zu entscheiden mich unterstehen.

Im Jahr 1644. am 18. Aug. zog Churfürst / Johann Georg der Erste / die Stadt Chemnitz vorbey; als seine Leut in einem Gehöltze selbiger Gegend ein wildes Weiblein fiengen, so nur einer Ellen lang, sonst aber recht menschlich gestaltet war. 11 Ihr Angesicht, Hände und Füsse waren gantz glatt: der übrige Leib aber aller rauch; selbiges Weiblein fieng an zu reden, und sagete: Ich verkündige und bringe den Frieden im Lande. Der Churfürst befahl, man solte sie wieder lauffen lassen; weil vor etwa 25. Jahren auch ein Männlein in gleicher Gestalt gefangen worden, welches den Unfrieden und Krieg verkündiget. Vid. Gottfr. Schultzens Chronik / im 1644. Jahr, worüber auch viel speculirt worden, ob solches ein Teuffels-Gespenst oder guter Engel gewesen.

Wierus lib. 2. cap. 22. de Præstig. schreibt von einem schädlichen und schalckhafften Geist, welcher sich in einem Dorff am Rhein finden lassen: 12 Derselbe machete viel falsche Miracul; und den Gaffern mancherley Possen und Spiel und Augen-betrügliche Blendungen vor; daran solche [275] Zuschauer, welche seine List nicht merckesten, ihre Lust un Kurtzweil hatten, und also manche Stunde, die sie hätten GOtt in ihrem Beruff zueigenen sollen, diesem Ertz-Betrüger zuwendeten. 13 Hierdurch hat er je länger je grösser Gewält erlanget, den Einwohnern allerley Beschwerung und Unlust zuzufügen, wie dann alle, die sich ob diesem Wunderthäter ergetzten, am Ende mit einem Bubenstück von ihm bezahlt worden: Anfangs ließ sich der Bößwicht von niemnd sehen; warff aber mit der Zeit nach den Leuten mit Steinen, und klopffte an die Thüren. Bald aber hernach verbarg sich dieser höllische Geist unter menschliche Gestalt, und beantwortete die ihm aufgegebene Fragen; entdeckte auch bald diesen, bald jenen Diebstahl, nebst andern Unthaten: beschuldigte aber auch offt manchen Unschuldigen, und warff also viel Leuten eine Klette an, woraus grosser Zwietracht und Feindschafft entstunde: Er fieng gleichfalls nach und nach an, Hütten und Scheuren anzuzünden, und manche gar abzubrennen.

Einen gewissen Mann aber setzte er insonderheit hefftig zu, wo derselbe gieng und stunde, stellete er sich ihm an die Seiten, und brannte ihm sein Hauß ab. Er verhetzte wider ihn die gantze Nachtbarschafft dermassen, daß er seines Lebens nicht sicher genug war; indeme der Ertz-Lügner und Verleumbder ihm auftichtete, um seiner [276] vielen Ubelthaten willen wäre der Ort verflucht und verschreyt. Also muste der arme Mann unter freyem Himmel bleiben; dann er wurde von jederman gescheuet und geneidet, als ein Mensch, an dem lauter Flüche klebeten, und der den bösen Geistern zur Plage übergeben wäre: weßwegen er nirgend eingenommen noch beherberget ward. Wolte nun der Mann seines Lebens in der Nachtbarschafft sicher seyn, so muste er ein glüend Eisen in den Händen tragen; und weil ihn solches nicht verletzte, wurde er endlich ausser Verdacht gelassen. Nichts desto weniger hat ihm dannoch der vermaledeyete Geist auf dem Acker sein Getrayd angezündet; weil dann von Tag zu Tage dieser Verfolgete noch, verhasseter, und für ein allgemeines Scheusal gehalten, brachte man zuletzt die Sache für den Bischoff zu Mayntz; welcher hierauf etliche Priester abfertigte, die das Feld daherum mit Weyh-Wasser und geweyhetem Saltz besprengen solten. Darauf gab der Bößwicht anfänglich nicht viel, sondern warff etliche mit Steinen, daß sie bluteten. Als man aber mit dem Gebet und Beschwerungen angehalten, hat er endlich aufgehöret zu toben, und hat sich weiter nicht mehr hören oder sehen lassen: Es würde aber ungezweiffelt dieser Höllen-Bube keine Macht bekommen haben, so viel Wesens anzurichten, wann sich die fürwitzige Leut nicht mit ihm ins Gespräch [277] eingelassen hätten: denn den verdammten Geist soll man viel zu gering achten, sich mit ihm in ein Gespräch einzulassen.

Fußnoten

1 Gespenster wollen viel nicht glauben.

2 Was einige von Gespenstern halten.

3 Aller Orten weiß man von Gespenstern zu sagen.

4 Gespenster werden erwiesen.

5 Einer / so kein Gespenst glaubt / hat es erfahren.

6 I. Geschicht.

Gespenst weiset einen Irrenden zurecht.

7 Zeiget ihm seine Todes-Stunde an.

8 II. Geschicht.

9 Gespenst zeiget eine Mordthat an.

10 III. Geschicht.

Gespenst läßt sich als ein Kind am Wege finden.

11 IV. Geschicht.

Wild Weiblein gefangen.

12 V. Geschicht.

13 Gespenst stellt lose Händel an.

21. Vom Kobald oder Hütgen

XXI.

Vom Kobald oder Hütgen.

Es wird unter gemeinen Leuten viel Sagens gemachet von dem Kobald oder Hütgen / von hunderten aber weiß kaum einer, was solches für ein Seelen-gefährlicher böser dienstbarer Geist ist. 1 Wierus l. 1. de Præstig. Dæmon. c. 22. § 5. saget: Die Kobalde sind eine Gattung von Gespenstern, oder Hauß- und Stall-Teuffeln, so zu Nachts, in denen Häusern, da man solche gern, hingegen keinen redlichen Eifer noch Vertrauen zu GOtt hat, herum gehen, und Knechts-Arbeit verrichten, auf beschehenes Ruffen erscheinen, die Stiegen herunter gehen, die Thür öffnen, Feuer schüren, Wasser schöpffen, Speise und alles, was sonst im Hause vonnöthen, zurichten, da sie doch indessen gantz nichts würckliches ausrichten: welches sich doch durchgehends nicht allemahl also verhält: sondern allein von solchen Kobaldischen Gespenstern zu verstehen, die der gottlose Haußwirth nicht ausdrücklich darzu fodert, [278] daß sie ihm knechtische Dienste thun sollen. Dann wann er sie darzu bestellt, und in seinen Dienst angenommen, so versorgen sie erst das Vieh, und theils andere häußliche Verrichtungen, wiewohl hingegen seiner Seel gar übel gedienet wird.

Georgius Agricola lib. de Animant. Subterran. setzet derselben zweyerley Gattung: deren eine den Leuten selten erscheinet; da sie (die Kobalden) doch täglich einen Theil der Arbeit verrichten, und des Viehes warten: diesen haben die Teutschen den Nahmen Kütel oder Gütel geben, weil sie den Menschen Gutes thun, und hold zu seyn scheinen. 2 Die andern aber nennet man Trullen, welche so männlich als weiblich Geschlecht annehmen; und bey manchen Nationen, sonderlich aber beyden Sujonibus, das ist: bey den alten Kügianern und Schweden in knechtischen Diensten gewesen seyn sollen.

Dieser Gattung sind auch, welches die Russen Coltri in ihrer Sprache genennet; dieselben unterhalten sie, schreibt Melitenius, gar wohl mit allerley Speisen. Sie halten sich auf in den Holtz-Stössen und an verborgenen Orthen im Hause; Stehlen aus frembden Scheuren das Getrayde, und pflegen es ihren Unterhaltern zuzutragen. Wann aber solche Geister an einem Ort Wohnung und Unterhalt verlangen, erklären sie dem Haußvater ihren Willen auf diese Weise: Sie tragen bey [279] Nacht etliche Scheiter Holtz zusammen, und werffen den Koth und Mist, von mancherley Thieren, in die Milch-volle Eymer: wann nun der Hauß-Wirth dessen gewahr wird, und weder die Scheiter von einander noch den Roß- oder Küh-Koth, Schaaf- oder Geiß-Lorber von der Milch heraus wirfft, sondern von der verunreinigten Milch mit sei nem gantzen Hauß-Gesinde isset, alsdann sollen sie daselbst erscheinen und bleiben.

Durch die zweyte Art der Kobalten verstehet Agricola die Gespenster, so man Bergmännlein nennet, weil sie in den Bergwercken meistens in Gestalt alter kleiner Männlein erscheinen, und daselbst mancherley Gauckeley treiben, den Bergleuten sowohl in der Kleidung und ertichteter Arbeit, als in der Gestalt, nachäffen, vielmahl auch wohl allerhand Ungelegenheit anrichten und Schaden thun. Wir wollen aber allhier von solchen Bösewichten nicht, sondern an seinem Ort, handeln, und nur allein von den sogenannten Kobalten oder Hauß-Teuffeln schreiben. So sollen dann hierauf etliche seltsame historische Muster dieses Awentheuer vorstellen, derer eins seyn soll: 3

Trithemius erzehlt eine Historie von einem Geist, der sich gar freundlich gegen die Leut gestellet, und im Bißthum Hildesheim, des mehrern Theils aber an dem Bischoffs-Hoff, da er sich in der Küchen [280] zum Dienst gebrauchen lassen, aufgehalten hat; davon desAutoris eigene Worte: Um diese Zeit hat ein böser Geist im Bißthum Hildesheim eine gute Weile sich sehen lassen, welcher, so offt er den Leuten erschienen, nichts anders, dann Bauer-Kleider angetragen, und einen Filtz-Hut aufgehabt hat; daher ihn auch das Bauers-Volck Hütgen / auf Sächsisch Hedekin / genannt haben. 4 Dieser Geist hatte seltsames wunderliches Werck gethan, war gern bey Leuten, redet mit denselben, und fraget sie allerhand, gab auch guten Bescheid, wann er gefraget wurde. Und das alles thät er zuweilen sichbarlicher-zuweilen unsichtbarlicher Weise; keinen fügete er Schaden zu, es wäre denn Sache, daß ihm von jemand etwas zu Hohn gethan worden. Dann wann ihm einer etwa eine Tück bewiesen, hat er es ihm so lang nachgetragen, bis er sich gerächet hat.


Da Burgkard / Graf zu Ruca / von Graf Herman von Winsenburg erwürget worden ware, und die Sachen sich so anliessen, als wann die Grafschafft Winsenburg ausgeplündert werden würde, ist gedachter Geist bey der Nacht zu Herrn Bernhard, dem Bischoff zu Hildesheim, ans Bett kommen, ihn gewecket und gesaget: Du Kahlkopff, stehe auf, rüste dich und mache dich mit Volck gefast, dann die Grafschafft Winsenburg stehet eines [281] Todtschlags halben ledig, sie wird sich dir leicht ergeben. Der Bischoff nicht faul, macht sich auf, bringt in der Eyl einen Hauffen Volck zusammen, fällt in die Grafschafft, nimmt dieselbe ein, und bringt sie also zu dem Stifft Hildesheim, doch mit Vorwissen und Verwilliung dazumahl gewesener Kayserlicher Majestät.

Derselbe Geist hat gedachten Bischoff auch sonst ungefraget offt vieler Gefahr halber gewarnet, hat sich auch sonst zeitlich an des Bischoffs Hoff sehen lassen, doch mehrentheils in der Küchen, da ist er den Köchen zur Hand gegangen, fleißig gedienet, und zeitlich Gespräch mit ihnen gehabt; da er endlich gar gemein worden, und sich so freundlich erzeiget, hat sich niemand mehr bey Hofe für ihm gefürchtet. Vid. Hildebrans Kunst- und Wunder-Buch Part. II.p.m. 316.

Von diesem Hütgen oder Kobald schreibt gedachter Autor ferner, wie auch bey Francisci höllischen Protheo p. 797. also: 5 Am Hofe dieses Bischoffs erschien Hütgen gar offt, und weil man seiner nun so sehr gewohnt war, daß keiner sich für ihm fürchtete, hat sich ein verwegener Küchen-Bube an ihn gemachet, allen Hohn und Spott angethan, auch, so offt er nur gekonnt, ihn mit Spühlich und unfläthigem Wasser übergossen und beschüttet. 6 Wann solches nun geschahe, klagete er es dem Koch, bat ihn, daß er dem Buben [282] wehren und von der Buberey abhalten wolte, wo nicht, so wolte er sich dermahleins selbst rächen, und dem Buben seinen Muthwillen wieder einträncken. Aber er fand bey dem Koch kein Gehör, sondern spottete sein noch und sagete: Bist du ein Geist / und fürchtest dich für einem solchen heylosen Buben? Da gab der Geist zur Antwort: Wohlan, dieweil ich dann mit Bitten nicht so viel erhalten kan, daß der Bub seiner Boßheit halben, die er mir ohn Unterlaß anthut, gestrafft werde, auch mich noch von dir dazu verspotten lassen muß, so solt du in kurtzem erfahren, wie hefftig ich mich für deinem Buben gefürchtet habe, und gehet zornig davon. Nicht lange hernach, als dieser Küchen-Jung auf einem Abend müde und voller Schlaff sich allein in der Küchen niederlegte und entschlaffen war, kommt der Geist über ihn, und druckt ihm die Kehl ein, erwürget ihn, und zerhackt ihn in kleine Stücklein, setzt dieselben in einem Hafen bey das Feuer auf dem Herde, fängt sie an zu sieden und zu kochen. Da das der Koch innen ward, ergrimmte er darüber, und fluchete dem Geist, was er konte: Uber solches ward der Geist zorniger, als über den Küchen-Jungen; that derhalben eins, und kame des folgenden Tages, da der Koch ein Gebratenes für den Bischoff am Spieß beym Feuer hatte, und zertruckte mit den Händen über solchen Braten gräuliche Kröten [283] und betrauffete damit den Braten über und über; auch rächete er sich ferner an dem Koch, als solcher zu einer andern Zeit über ihn geschmähet, und stürtzt ihn von einer Brücken in einen tieffen Graben hinab; er ließ auch den Wächtern auf der Stadt-Mauer und in den Flecken keine Ruhe, wann ihnen etwa bey Nacht die Augen zugehen wolten, und zwang sie mit Gewalt, daß sie wachen musten.

Noch eines, welches auch beyde obenbemeldte Autores schreiben, muß ich von solchen Kobald oder Hütgen allhier anführen: 7 Als auf eine Zeit ein Bürger verreisen wolte, dessen Weib andere lieber als ihren Mann im Bette hatte, ihre geile Lüste zu ersättigen, saget solcher Mann Spaß-weise zu dem Geist Hütgen: Mein Geselle, ich will dir mein Weib, bis ich wieder komme, anvertrauen, und es befohlen haben, daß du ihr fleißig hütest. 8 Da nun solch Weib, in Abwesenheit ihres Manns, ihre ehebrecheris. Huren-Buben einen nach dem andern bey der Nacht zu ihr einliesse, war Hütgen allwege sorgfältig, und legete sich zwischen solche beyde, daß ihn niemand sahe: und wann ein solcher Buhler sich des Kampffs mit dem Weibe unternehmen wolte, so warff er solchen herab auf die Erde, daß sie keiner berühren konte, oder sie ihren Willen mit einander hätten pflegen können; Und dieses that er allen ihren Buhlen, so sie zu sich lassen wolle. Als [284] nun der Mann wieder heim kame, und noch weit vom Hause war, lieff ihm Hütgen entgegen, und sprach mit Freuden zu dem Mann: Ach wie gern sehe ich es, daß du einmahlen wieder heim kommest, damit ich der mühsamen Arbeit abkomme, die du mir befohlen hast. Der Mann fraget ihn, wer er wäre? da antwortet er: ich bin Hütgen, dem du dein Weib befohlen hast, als du von hinnen reisetest: und nun siehe, ich habe sie dir bewahret, wiewohl mit grosser Macht und steter Arbeit, und liefere sie dir gantz ungeschändet wieder, aber das will ich dich gebeten haben, du wollest mir hinfort nimmermehr befehlen, ihr zu hüten, dann ich viel lieber und auch mit weit geringerer Arbeit alle Schwein in gantz Sachsen hüten wolle, dann deines eintzigen Weibes, so offt hat sie mir die Augen verkleiben, und mit Gewalt zur Huren werden wollen.

Mehr sehr verwunderliche Dinge seynd von diesem Geist verübet worden, davon viel zu schreiben wäre, und wann solche auch geschrieben würden, würden sie doch nicht alle geglaubet werden. Endlich hat besagter Bischoff Bernhard diesen Kobald durch der Kirchen-Diener Beschwerungen vertreiben, und, mehr Unheil zu verhüten, aus dem Bißthum zu weichen gezwungen. Wierus ex Trithemio. l.s.c.

Noch eine andere Begebenheit wird einem solchen Kobald zugeschrien: Anno [285] 1707. begab es sich, daß bey St. Ulrich zu Wien ein Metzger um eines Mannes wohlgeartete Tochter freyete: 9 weil aber ein Kollet-Schneider und wohlhabiger Wittwer bey seinen noch besten Jahren auch um solche Tochter warbe, konte solcher leichtlich, wegen guter Mittel, den Vorzug erhalten; des Tages aber, da er copulirt worden, und mit erbetenen Hochzeit-Gästen sich in seinem Hause frölich machen wolte, kam ihm schnell ein Reiffen im Unter-Leib an, und muste sich also dieser Hochzeiter an statt des Braut-Bettes ins Todten- oder auf sein Sterb-Bett bringen lassen, dann in 3. Stunden zog sich sein männlich Glied dergestalt in den Leib, daß wenig männliches davon gespühret werden konte: worüber er auch den dritten Tag sein Leben enden muste. 10 Die darüber betrübte noch jungfräuliche Wittib verblieb, vermöge ihres Hochzeiters Disposition, im Sterb-Hauß, und unterhielt einige ihrer Verwandten bey sich, einigen Trost zu haben; aber bald am ersten Tag nach des Hochzeiters Begräbniß fande sich ein solcher unsichtbarer Kobald im Hause, welcher grausam rumorte, und alles übereinander warffe, doch aber niemand beschädigte: Endlich machete solcher es so grob, daß er auch der jungen Frauen die Speisen von dem Tisch warff, die Teller umher stürtzte, und sogar die Trinck-Geschirr mit dem Wein verschüttete: endlich auch seinen [286] Muthwillen an den Speisen verübete, und allerhand Unreinigkeiten darein mischete: niemand konte ersinnen, wie solches zugehen mochte, weil sonst niemahl in solchem Hauß etwas dergleichen verspührt worden. Man ruffete fromme Capuziner-Münche zur Taffel, welche durch fleißig Gebet solchen Geist abwenden solten, aber es wolte alles nichts helffen; ja solche legeten auch ihrBreviarium und andere geweyhete Sachen auf das Trinck-Geschirr, diesem aber ungeachtet, schlug solcher Geist das gantze Geschirr mit Buch und Wein vom Tisch herunter, und wolte kein Beschweren noch Ausbannisiren an solchem Geist etwas helfen, bis endlich diese junge Frau das Hauß raumete, und sich wieder zu ihren Eltern begabe, da dann weder bey derselben, noch im Hause, ferner etwas zu hören oder zu sehen gewesen: welches alles man hernach dem ersten Freyer, dem Metzger, zumessen wollen, daß er beydes verübet, und durch eine Zauberin dem Kollet-Schneider nicht nur die Mannheit benehmen lassen, sondern auch solchen Kobald ins Hauß gesandt hätte; so ihm aber von niemand erwiesen werden konte.

In der Franckfurter Relation Anno 1675. p. 86. wird geschrieben, daß selbigen Jahres, am 18. Februarii, ein Weib von Kalbe einem Becker in einem Sack mit Saltz einen Kobalt ins Hauß practicirt; als nun der Sack im Hause stund, lieff solcher gantz hoch auf, darum [287] der Becker seinem Jungen befohlen, das Saltz nieder zu drucken; eher aber man sich solches versahe, warff der Kobald den Jungen mitten ins Hauß, schlug zugleich eine Kachel aus dem Ofen, auch etliche Krüge und Gläser entzwey, worauf die Leut von der Gasse zusammen gelauffen und alles mit Verwunderung gesehen haben. 11

Marginalien

1 Was solches für ein Geist sey.
2 Kobald läßt sich zu allerley Hauß-Diensten gebrauchen.
3 I. Geschicht.
4 Kobald ermahnet den Bischoff zu Hildesheim im Bett.
5 II. Geschicht.
6 Kobald zerreist und kochet einen Küchen-Buben.
7 III. Geschicht.
8 Kobald hütet eine Frau.
9 IV. Geschicht.
10 Kobald wütet in einem Hanse zu Wien.
11 V. Geschicht.
Wird in einem Sack weggetragen.

22. Von falschen Gespenstern

XXII.

Von falschen Gespenstern.

Es werden viel Dinge gehört und haben ihre Ursachen in der Natur, etwa machet eine Katze, Ratze oder Mauß ein Gerassel, daß mancher vermeynet, er höre ein Nacht-Gespenst, so im Hauß herum schwebet. Stampffet etwa ein Pferd mit den Füssen auf die Erde, oder wirfft der Wind etwas nieder, so wollen furchtsame Leute alsbald einen Polter-Geist gehöret haben. Es pflegen offt Wände, Tisch oder Bäncke bey verändertem Wetter des Nachts zu krachen, so wollen solche Leute alsbald meynen, es sey an solchen Orten nicht sicher; wird eine Rohrdommel oder sonst ein Vogel gehöret, naget etwa ein Holtz-Wurm in der Breter-Wand, so sollen alsbald Erd-Männlein daselbst seyn gehöret worden. [288] Und hiermit überfället manchen eine Furcht, als wann alles voll Gespenster um ihn sey.


Es berichtet Nicol. Remigius part. 3. dæmonolatr. folgendes: 1 In dem Jesuiter-Collegio zu Neapolis befand sich ein junger ziemlich gelehrter, jedoch von Natur furchtsamer Jesuit, der nahm das geringste Geräusch, so sich in dem Collegio hören ließ, ja das Rauschen der Blätter eines Baums, für ein Gespenst auf. 2 Offtmahl klagete er den Obristen und andern, daß aller Orten, die an seine Schlaff-Kammer anstiessen, es voller Gespenster wäre; er ward aber hierüber von ihnen verspottet. In einer Nacht, als jedweder in der Ruhe lag, entstunde ein Wind, der eine halb offenstehende Thür in einer Kammer hin und her schluge, derhalben einer von den Jesuiten, der dadurch an seinem Schlaff verhindert ward, aufstund, dieselbe zu zu machen: weil nun die Nacht sehr finster war, so verirrete er sich in seinem Wiederkehren, und wuste nicht, ob er, seine Kammer zu treffen, sich auf die lincke oder rechte Seite wenden muste; weil er aber doch wuste, daß er die Thür an seinem Zimmer offen gelassen, und alle andre zugeschlossen waren, so tappete er längst der Mauer hin, bald an die eine, bald an die andere Thüre, bös er die offenstehende Thür würde gefunden haben: endlich gerieth er ferne von seiner Kammer [289] an die Bibliotheck, da er hinein ging, der Meynung, daß es seine Kammer wäre, welche er nach sich zuthät; aber er merckte bald seinen Irrthum, und begunte, weil er keinen Schlüssel hatte, das Schloß wieder zu eröffnen, gewaltig an die Thür zu klopffen, auf daß jemand käme, der ihm wieder aufmachete. Nichts hatte leisere Ohren, als die Furcht des obgemeldten Jesuiten, der allzeit, wo er was hörete, ihm festiglich einbildete, daß es ein Gespenst sey, und begunnete, als er solch Klopffen hörete, in seiner Cammer zu zittern und zu beben, und fehlete wenig, daß er in dieser Angst vor diesem Geist nicht seinen eigenen Geist aufgegeben hätte; endlich stund er doch aus seinem Bett auf, lieff geschwind nach dem Superior, und bat ihn, er wolle doch nun mit ihm an den Ort, wo das Gespenst sey, gehen, damit er mit seinen eigenen Ohren hören möchte, was er niemahls hätte glauben wollen, und weßhalber man ihn stets, wann er etwas davon gesaget, nur verspottet hätte. Dieser Pater Superior ließ sich endlich bewegen, ging mit diesem jungen Jesuiten, hörete dieses Klopffen, und begonnete auch für wahrhafft zu halten, daß allhier ein Gespenst wohnete, welches also rumorete, und machete sich bereit mit seinen Beschwerungen, solche daselbst ins Werck zu setzen. Es wird die gantze Brüderschafft aus ihrem Schlaff aufgewecket, und ging in einer [290] Procession nach dem Ort, wo das Gepolter von dannen kam, mit Creutz und Bildern gewaffnet; unterdessen hielt der Beschlossene mit Klopffen tapffer an, und ging je länger je ungestümmer damit zu Werck, weil die Kälte der Nacht ihm, der nichts anders als sein Hembd anhatte, ziemlich auf die Haut drunge, und voll Zähnklappern machte. Als nun die Exorcisten, oder Beschwerer, mit aller Standhafftigkeit hinzu traten, so begunnte der halb Erfrohrne durch eine Klunse den Glantz des Lichtes zu sehen, und wolte aus Schaam sich nicht gern so nacket sehen lassen, und fing an zu ruffen: Thuet das Licht weg, kommet mit keinem Licht herein. Diese Stimme und Begehren machete diesen heraussen einen guten Muth, derhalben sie trotzig Antwort gaben: Ja so, nun wissen wir, was du für ein Geist bist; ein Geist der Finsterniß, weil du das Licht fliehest. Aber du must heraus, heraus must du, heraus, packe dich von hier nach dem Abgrund der Höllen, da du hingehörest. Der andere aber rieff und protestirte desto hefftiger, je näher ihm das Licht kam, daß man selbiges beyseit thun solte: dem Superior und übrigen Jesuiten wuchs der Muth über die massen sehr, vermeyneten, daß der Licht-fliehende Teuffel, der sich so sehr vor ihnen fürchtete, durch ihr Beschweren sehr voller Angst wäre, und begunten ihm noch mehr zuzusetzen. Je bessern [291] Kauff der arme sich selbst versperrete Tropff gab, jemehr wuchs denen heraussen das Hertz, daß sie endlich die Courage fasseten, die Thür aufzuschlieffen und hinein zu treten. Der im Hembd stehende Jesuit hätte sich wohl gern verborgen, aber er wuste nicht wohin, auch hatten sie ihn, den sie wegen ihrer Beschwerungen für einen gedemüthigten Geist hielten, an allen Seiten umringet, stürmeten einhelliglich auf ihn loß, und macheten seinen halberfrohrnen Leib mit dem vielen Besprengen des Weyh-Wassers noch mehr erstarrend, der doch niemals die Hitze der Höllen gefühlet hatte. Endlich wurde der Leut-scheuende Geist für ihren Mit-Collegen erkennet, und hiermit der Handel mit einem allgemeinen Gelächter beschlossen. Der Jesuit,Pater Schottus, hat dieses in seiner Physica Curiosa aus dem Mund eines noch lebenden Jesuiten aus Sicilien beschrieben.

Viele verlarven sich in Gespenster, wie davon Lavaterus de spectris part. 1. cap. 9. Pfizer in Anmerckungen über D. Fausts Leben; Auch Münster im Christlichen Unterricht von Gespenstern c. 4. schreiben: 3 Im Jahr Christi 1569. hatte ein fürnehmer Herr in der Stadt Augspurg eine Magd und etliche Diener, welche nach der Jesuitischen Lehr nicht viel frageten. 4 Der Hauß-Wirth aber, welcher der Römisch-Catholischen Lehre zugethan war, war hierüber sehr bekümmert, [292] klaget deswegen diese seine Noth, die er deswegen mit seinem Gesinde habe, einem Jesuiten, der ihm verheisset, in kurtzer Zeit seine Magd und Diener auf andere Meynung zu bringen, und solches künstlich auszurichten, hat er sich wie ein Teuffel verkleidet, und sich an einen Ort versteckt, die Magd und Diener zu erschröcken. Was geschicht? Die Magd kommt entweder ohngefehr, oder auf Geheiß ihres Herrn an den Ort, da sich der lebendige Teuffel aufhielt, der sie auch hierauf hefftig erschröckete und plagete, mit Vermelden, wann sie die Lutherische Ketzerey nicht verlassen, und die Catholische Lehr ergreiffen würde, so wolle folgende Nacht dieser Teuffel kommen und sie abhohlen. Die Magd klagete solches dem einen Diener, mit Verwarnen, diesen Ort des Hauses bey Nacht-Zeit zu vermeiden. Dieser aber vermerckte in etwas, daß es mit solchem Gespenst nicht richtig sey, und ließ sich nicht erschröcken, sondern als ihn fein Herr auch mit Licht schickete, wo er bey dem verborgenen Teuffel vorbey gehen muste, wischte der Teuffel wieder aus seinem Ort herfür, machete Anfangs ein mächtig Gepolter, und wolte mit ausgereckten Händen dem Diener ein Schröcken einjagen: solcher aber war resolvirt, und stieß mit seinem Gewehr den Hund durch und durch, daß er niederfiel, und sein Leben lassen muste; Dieses war der Lohn eines [293] solchen sich zum Teuffel machenden Menschens. Was haben doch die vermummete Mönche nicht für Teuffels-Gespenster gemachet; wie Anno 1509. der gleichen Schelmstücker vier Dominicaner-Mönche zu Bern, im Schweitzer-Land, gemachet, welche auch ergriffen, und daselbst auf dem Scheiterhauffen verbrennet worden, vid. Städlers Berner Chronick / und bey andern Autoren mehr.

Masenius gedencket eines gewesenen Soldatens,Johannes Bergensis, welcher, nachdem er endlichen ein Religios worden, zu erzehlen gepfleget. 5 Er sey einsmahls im Lutzenburger Lande, durch Hülff seines Spiel-Gesellens, den Schornstein herab gelassen worden, und mitten auf den dicken Stäben wie ein Hahn gesessen, die Schincken an ein Seil gebunden, und seinen Diebs-Gesellen hinauf zu ziehen, überreichet; indem bricht unversehens einer von den Stöcken, darüber er zu boden herunter fallen muste: Von diesem Geprassel erwachete der Pfarrer samt allen seinem Gesinde, welche mit einem Licht kamen, und dem ungebetenen Gast, so gefallen, aufhelffen wolten: dieser aber hatte sein gantz Angesicht mit Ruß beschwärtzt, und sich eine haßliche Teuffels-Gestalt gemachet, und laufft in solcher Gestalt unter die, die ihn mit Prügeln bewillkommen wolten, löschete ihnen das Licht aus, und [294] stellete sich nicht anders an, ob wär er der leibhaffte Teuffel, und machete den Pfarrer selbst fürchtend. Und als solcher mit seinen kräfftigen Sprüchen wider die Gewalt des Teuffels herfürwischete, begehrte der Dieb, man solte Thürn und Fenster öffnen, so wolle er von dannen fahren: da wurden sie alle froh, solchen bösen Geist loß zu werden, und öffneten Thür und Thore, damit wischete der böse Gast geschwind davon. Hierüber triumphirete der Pfarrer, dermassen, daß er ruffete: Mein! wie habe ich doch gleichwohl den Satan mit meinem Zusprechen geängstet, und ihm mein Hauß enge gemachet. Aber am Morgen wurde erst der gute Herr Pfarrer innen, wie ihm seine Schüncken unsichtbar worden; worüber andere den Pfarrer noch verlachet haben.

Vorgedachter Autor meldet auch: 6 Ein Schlosser wolte auf einen Marckt reisen, daselbst seine gemachete Arbeit zu verkauffen, redete deswegen mit seinem Nachtbar, und beschlossen mit einander, des folgenden Morgens frühe aufzuseyn, weil er aber viel früher als die andern aufgestanden, machete er sich auf den Weg, da er nun eine gute Meil Weges fortgegangen war, sahe er wohl, daß es noch gar frühe, wolte derowegen etwas ruhen, und auf seine Gesellschafft warten, und legete sich unwissend unter einem Galgen [295] auf einen grünen Waasen, an welchem man vor wenig Tagen einen Dieb aufgehencket hatte, und schlieff daselbst ein. 7 Wie nun der Tag anbrach, giengen seine Nachtbarn für dem Galgen vorbey, und rieffen zu dem Gehenckten: Holla / guter Gesell / wilt du nicht mit? du bist ja lang genug da gewesen: worauf der Schlosser erwachete, vermeinende, man hätte ihn geruffen: ja / ja / wartet nur ein wenig / ich komme. Die andern erschracken hefftig darüber und glaubten, es wäre der Gehenckte, der ihnen geantwortet hätte: der Schlosser aber lieffe ihnen nach, da lieffen die ersten aus Furcht desto stärcker, und höreten nicht auf zu lauffen, bis sie nach Bourgueil kamen, und erzehlten bey ihrer Ankunfft den grossen Schröcken und Furcht, so sie gehabt hätten, anders nicht vermeinende, als daß der Teuffel ihnen in Gestalt des gehängten Diebs nachgelauffen, bis endlich der Schlosser allda auch ankommen, und ihnen verwiesen, daß sie so starck fortgelauffen; wodurch die Sache an Tag kame, und weidlich dessentwegen verlachet worden.

In einer ansehnlichen fürnehmen Residentz-Stadt reiseten ein Wirth und 2. andere Weinhändler aus dem Wein-Geburge, woselbst sie einen guten Vorrath an Wein eingehandelt, und als selbe in der Rückreise nahe zum Galgen kommen, und wolberauschet [296] waren, sahen sie 3. Gehenckte, welche schon lange Jahr hingerichtet waren: da russete einer von den 3. Wein-Händlern: 8 Du, Bären-Wirth, diese 3. Gesellen, so da hencken, sind auch deine Gäste gewesen: Hey / sagete der Wirth / sie können heut zu Nacht zu mir kommen / und mit mir essen. 9 Was geschiehet: Als der Wirth also betruncken vom Pferd gestiegen, in seine Wohn-Stube gegangen, und sich niedergesetzet, ist ihm eine erschröckliche Angst ankommen, hat aber, wie er vorgegeben, niemand ruffen können. Als indeß der Hauß-Knecht gekommen, ihm seine Stieffel abzuziehen, lieget sein Herr halb todt im Sässel, der ruffet alsobald die Frau, und da solche kommen und ihren Mann mit Hertz-stärckenden Sachen ein wenig wieder zu recht gebracht, hat sie ihn befraget, wie ihm geschehen wäre? darauf er ihr erzehlt, wie er im Fürbeyreiten die 3. Gehenckte zu Gast geladen, und da er in seine Stube kommen, und sich niedergesetzt, seyen diese 3. Gehenckte in der häßlichen Figur, wie sie am Galgen zu sehen, in das Zimmer getretten, hätten sich an Tisch gesetzet, davon ihm einer gewinckt, zu ihnen zu kommen: bis endlich nach lang ausgestandenem Schröcken der Hauß-Knecht in die Stube getretten, da wären solche Geister alle 3. verschwunden. Dieses wurde von andern für eine blosse Einbildung des[297] Wirths gehalten, weil ihm etwa so trunckener Weise eingefallen, was er im Fürüberreiten spöttischer Weise den armen Sündern zugeruffen, worauf ihn hernach bedunckt hätte, als kämen solche zur Stube hinein. Und ob man diesem Wirth es gleichwohl aus dem Sinn reden wolte, muste er dannoch vom Schröcken bis an den dritten Tag im Bett liegen, nach welchem er fein ruhig sein Leben beschlossen.

Ich will allhier Gelegenheit nehmen noch eine Geschicht von einer für wahrhafft gehaltenen Erscheinung eines Geistes, welche in Happelii Relationibus Curiosis p.m. 251. Part. I. die Geister-Cavalcade betitelt, beschrieben wird, als folget: 10 Francis Taverner, etwa 25. Jahr alt, ein Diener des Mylord Chichester, Grafen von Donegal, ritte ums Jahr 1662. von Hilbourg etwas spät nacher Hause, und merckte, als er unweit Dumbridge war, daß sein Pferd still stehen blieb, welches ihn veranlassete herunter zu steigen, und in der Meynung, daß ihm etwa ein Schwindel zugestossen, ihm eine Ader am Maul öffnete, worauf er auch wieder fortritte. 11 Nicht lange darnach sahe er zween Reuter neben sich, die ihm bald zuvor kamen, hörete aber doch kein Gelaut, so etwa sonsten ein Pferd-Tritt zu verursachen pfleget, welches ihn sehr verwunderte, aber noch destomehr befremdete, als der dritte in einem weissen Rock gekleidete Reuter ihm [298] nahe an Arm geritten kam, der die Gestalt vonJames Haddock, einem vor 5. Jahren verstorbenen Manne und Einwohnern zu Malone, gantz natürlich hatte. Taverner war so behertzt, daß er ihn folgender massen befragte: In GOttes Namen / wer seyd ihr? und auch darauf zur Antwort erhielt: Er sey James Haddock, dessen er sich bey etwas, so er ihm sagen würde, erinnern könte: und darauf erzehlte er ihm, welchergestalt er, der Geist, nebst zwey andern Freunden, vor etwa 5. Jahren und drüber, ihn, den Haddock, in seines Vaters Behausung besuchet, und ihnen auf Befehl desselben Nüsse aufgetragen, weßhalber er nur unerschrocken seyn dörffte. Taverner erinnerte sich auch dieser Passage noch gar wohl, und weil er muthmassete, daß die voraus gerittene Reuter etwan die übrigen zween gute Freunde seyn möchten, fragete er ihn wieder gantz behertzt: Warum er denn eben ihn mit seiner Erscheinung beunruhigen möchte? welches vom Geist beantwortet wurde, daß es darum geschehen, weil er die meiste Courage hätte: so fern er nur mit ihm reden wolte, würde er ihm etwas anvertrauen. Taverner, der eben keinen sonderlichen Appetit spührete, in Gesellschafft dieser geistriger Reuter zu seyn, schlug ihm solches ab, und trennete sich auf einem Scheide-Wege von ihnen voller Erstaunung. Kaum waren sie voneinander [299] geschieden, so entstund ein so hefftiger Wind und erschreckliches Geheul, daß er genöthiget ward in äusserster Bestürtzung sein Pferd anzuspornen, hörete auch bald darauf ein Hahnen-Geschrey, als ein Zeichen benachbarter Häuser, welches ihn so viel wieder aufmunterte, daß er abstieg, sich auf die Erde legete, und seinem GOtt vor die Errettung aus dieser Gefahr inbrünstig danckete. Die folgende Nacht erschien ihm die Gestalt von James Haddock wieder, und befahl ihm zur Eleonora Welsch, an Davis zu Malone verheyrathet, zu gehen, die zuvor des James Ehe-Frau gewesen. Das Kind dieses Heddocks war an einem gewissen Renth-Brief, wegen der andern Verheyrathung seiner Mutter, vernachtheiliget worden, und darum solte er dieselbe befragen, ob nicht ihr Jungfern-Nahme Welsch sey; und wann sie solches bejahete, alsdann zu ihr sagen, daß ihr voriger Ehemann, James Haddock, ausdrücklich wolte, daß ihr Sohn den Renth-Brief wieder haben und behalten solte. Allein Taverner ließ sich durch einige sich selbst vorstellende Bewegungs-Gründe von dieser ihm seltsam aufgetragenen Botschafft abhalten, dahero er nach Verfliessung dieses Monats von dem Geiste aufs neue beunruhiget, und in entsetzlichen Gestalten mit harten Bedrohungs-Reden angemahnet wurde die Bottschafft auszurichten. Insgemein über fiel ihn vor der Erscheinung [300] ein hefftiges Grausen, und allemahl spührete man in seinem Angesicht eine merckliche Veränderung, welches seine Frau allemahl merckte, die zwar offt bey der Erscheinung zugegen war, aber nichts mercken oder sehen konte. Endlich ging er zu Davis Frauen nach Malone, und fragete sie, ob nicht ihr Jungfern-Nahme Eleonora Welsch wäre, weil er ihr in solchem Fall etwas zu offenbahren hätte; worauf sie ihm antwortete: Es wäre noch eine desselben Nahmens im Leben; und also kehrete Taverner wieder heim. Wie er nun in folgender Nacht in einem sehr tieffen Schlaff lag, erweckete ihn etwas, wordurch er sehr hart gedruckt ward, und wie er die Augen in die Höhe richtete, erblickete er sogleich desHaddocks Gestalt in einem weissen Kittel, welche ihn fragete, ob er die Bottschafft ausgerichtet; hieß ihn gutes Muths seyn, sahe ihn etliche mahl sehr freundlich an, und verschwand darauf in einem hellen Schein. Nach wenig Tagen ward er fast alle Nächte von dieser unangenehmen Visite incommodirt, und das Gespenst dräuete ihm zuletzt gar in Stücken zu reissen, wann er sich noch länger wegern werde, die verlangte Botschafft völlig auszurichten. Solches verursachete, daß er sein im Gebürg liegendes Hauß auf eine Zeitlang quittirte, und nach Belfast, einer im Norder Theil Irrlands gelegenen und seinem Herrn zugehörigen Stadt; in [301] der Graffschafft Autrim, des Kirchspiels Connor, sich begabe, woselbst er in der Behausung eines Schusters, Nahmens Pierre, logirte, mit welchem er auch noch in Gesellschafft zween anderer Männer die gantze Nacht aufblieb, und vor dem Camin-Feuer mit ihnen eine Pfeiffe Toback rauchete. Seine Gäste, die alle curieus waren, seinen Geist zu hören und zu sehen, wurden auch nach der Mitternacht gewahr, daß Tavernes Angesicht durch eine bleiche Farb sehr entstellet wurde, und daß er an allen Gliedern bebete und zitterte, er selbst aber merckte gleichfalls, daß das Gespenst in der nähesten Cammer seiner wartete; dannenhero fassete er sich so weit, daß er ein Licht ergriff, damit in die Cammer ging, und seinen Nachfolger hertzhafft fragete: Warum er ihm doch so unschuldig zusetzte? Das Gespenst antwortete: Die Ursache seiner Erscheinung sey abermahl nichts anders, als die übele Observance der ihm anvertraueten Bottschafft, wiederhohlte darbey die vorher gedachte Dräuungen, und nachdem es sich in vielerley ungeheure Gestalten verwandelt, verschwand es endlich zuletzt als ein Geist in einer weissen Gestalt. Des folgenden Tages ging Taverner, den diese Begebenheit aufs neue sehr betrübt und bestürtzt gemacht, nach des Mylord Chichesters Hauß, und erzehlte an einigen desselben Haußgenossen seinen unglückseligen Zustand mit wehmüthigem [302] Hertzen, welche es auch hinwiederum an des Mylords Capellan, Mr. James South, gelangen liessen, welcher ihm dann, nachdem Taverner ihm die Sache mit mehrern Umständen erzehlet, alsobald riethe, sich gleich nach Malone zu begeben, um dem Geist in dem verlangeten Dienst zu willfahren, er wolte selber sein Begleiter seyn. Sie macheten sich auch beyderseits auf den Weg, und wie sie unter Weges bey einem Prediger zuBelfart, Dr. Lewis Dows, einsprachen, und demselben die Sache erzehlten, schrieb er anfänglich alles einermelancholischen Phantasie zu, ließ sich aber durch die allzudeutliche Umstände bald zu einer andern Meynung überreden, wiewohl er dennoch sehr zweiffelhafft bliebe, ob man die Botschafft, wegen einiger zu hoffenden Zufälle, ausrichten solte, oder nicht. Kurtz, sie entschlossen sich alle drey, dahin zu gehen, thaten es auch, und wie sie dahin kamen, verrichteteTaverner die Botschafft gantz allein bey der Frauen, des Inhalts: Wie er dazu von ihres vorigen Mannes Geiste veranlasset worden, welcher ausdrücklich wolte, daß sie dem von ihr mit ihm erzeugten Sohne, mit einem gewissen Reuth-Briefe, wiederum zu seinem Rechten helffen solte, weil sie und ihr itziger Ehemann darinnen dem Knaben zu nahe gethan. Sobald er dieses gesaget, befand er sein Gemüth gar ruhig, danckete denen [303] beyden Geistlichen für die ihm darinnen geleistete Freundschafft, und ging von da nach seines Bruders Hause, zu Dumbridge, allwo er ein paar Tage verweilete. In der andern Nacht erschien der Geist abermahl, und fragete ihn etwas frölich: Ob er die Bottschafft vollbracht? Und als er die Frage mit Ja beantwortet, sagte das Gespenst: Er müste die Sache auch des Knabens Vormündern entdecken, damit alles vollkommen möchte ausgeführet werden. In solcher Unterredung fragete Taverner das Gespenst: Ob er sich auch von Davis einiger Rache zu besörgen hätte? Worauf der Geist Anfangs etwas zweiffelhafft zu antworten schiene, aber nachmahls doch sagete: Er wolle dem Davis in solchem Fall Unheil genug zufügen; mit welchem Worten er auch verschwand.

Des folgenden Tages muste Taverner alle bisher sich zugetragene Passagen seinem Mylord, dem Dr. Jeremias Taylor und Down, Connor und BischoffeDromor, in Beyseyn einer grossen Menge Volcks, alles Haar-klein erzehlen; worauf ihm der Mylord etliche Fragen fürsagete, die er dem Geist fürtragen solte, wenn er wiederum erscheinen würde, und noch desselben Tages wurde er nach Mylord Conway gesandt, welcher drey kleine Meilen davon wohnete, und daselbst nochmahls wegen der gantzen Sache verhört. Er blieb auch des Nachts allda, und etwa nach 9. [304] oder 10. Uhren, wie er mit seinem Bruder vor dem Fenster stund, veränderte sich sein Gesicht abermahl, und seinen gantzen Leib überfiel ein Schauer, welches die ordentliche Prognostica der Gegenwart seines Verfolgers waren. Aus Höfflichkeit, wie er in Mylords Hause keine Unruhe erwecken wolte, ging er mit seinem Bruder in den Hoff hinaus, sahe den Geist über die Mauer steigend zu ihm nahen, der ihn dann auch anredete: Ob er die Botschafft auch an die Vormünder abgeleget? Worauf er mit Ja geantwortet, und darbey sagete, was massen es ihn sehr befremdete, daß er noch nicht nachliesse ihn zu verfolgen. Das Gespenst sagete: Er hätte nichts zu befürchten, dann es würde ihn hinführo weder verfolgen noch schaden, sondern eintzig und allein den Vormund, wann er dem Knaben nicht werde Recht wiederfahren lassen, plagen. Sein Bruder erinnerte ihn der Fragen, so ihm der Mylord gesaget, die er dem Geist vorlegen solte, welches er auch that, aber keine Antwort erhielte, sondern an statt dessen den Geist unter dem Gelaut einer lieblichen Music über die Mauer wiederum verschwinden sahe. Worauf er ihm auch nicht mehr erschienen ist.

Bey dieser Geschicht ist merckwürdig, daß der Schuster Pierce, in dessen Hause und Gegenwart eine Erscheinung vorgegangen, gesaget, als er gefraget: Ob er [305] nichts gehöret oder gesehen hätte? Er wäre ihm vor seinen Augen die gantze Zeit über als ein dicker Nebel gewesen, und was der Geist zu Taverner geredt, von dem hätte er nichts verstanden, sondern es wäre eine sehr dunckele und hohle Stimm gewesen. In Summa, dem Knaben wurde der Renth-Brief zugeschrieben, und einer von seinen Vormunden, Nahmens John Costler, wie er sich hart verschworen und verflucht hatte, nichts von solchem Brief zu wissen, und dem Knaben mit einem Process zu dräuen begunte, bekame das Malheur, daß er kurtz darauf, als er sich truncken zu Pferdt gesetzt hatte, von demselben herunter stürtzte, und sogleich, ohne ein eintzig Wort zu sprechen, todt verbliebe.

Ein ander verlarvtes und falsches Teuffels-Gespenst beschreibet Happelius in seinem Schwäbischen Ariovist. Part. II. p. 62. also: Ein junger Spanischer Cavalier, Don Diego genannt, war von Jugend auf gewohnet, den Tag in die Nacht, und die Nacht in den Tag, durch liederliches Leben zu verkehren; denn wann andere Leute wacheten, so schlieff er, und wann andere Leute schlieffen, so wachete er, nur darum, damit ihm desto mehr Seltsamkeiten und wunderliche Begebnüsse aufstossen möchten. 12 Einsmahls zur Fastnachts-Zeit befande er sich bey guten Freunden zum Nacht-Essen; nachdem er sich aber [306] mit Speiß und Tranck wohl angefüllet, auch von theils Leuten übel geredet, etliche der Anwesenden auch dem Diego zuwider waren, machete er sich heimlich davon, anderwärts eine Conversation zu suchen, nimmet derowegen seinen Degen und gehet durch die allereinsamste Oerter der Stadt. Er hatte aber noch kaum die Helfft seines vorgenommenen Weges verrichtet, da er vor ein unbekanntes Hauß kam, dessen Thüre offen stund, aber gantz Stallfinster darinnen ware; weil er nun vorwitzig, anderer Leute Thun und Wesen auszuforschen, nahm er seinen Degen, jedoch sammt der Scheide, unentblöset in die Hand, ginge frech hinein durch einen langen Gang auf einen leeren Platz, da es gleichfalls gantz finster ware; hier stund er ein wenig still, sich die Gedancken machende, daß solches nicht von ungefehr geschehen. Weiter zu gehen bedünckte ihn eine Verwegenheit zu seyn, doch wolte er ferner sehen, was ihm aufstossen wolte: ginge derowegen zu der Wand tappend fort, und fand eine halb-offene Thür, welche er aufmachete, und als er hinein gehen wolte, auf eine falsche Staffel tratte, daß er 10. à 12. Schuh hoch in ein Loch hinunter fiele, doch so weit glücklich, daß ihm im Fallen weiter nichts geschahe, als daß er seinen Degen, weil er sich etwas anzuhalten vermeynete, verlohren.

[307] Sobald er hinunter gestürtzet, hörete er an einem Ort, der ihm etwas weiter von ihm zu seyn däuchte, eine Stimme, die da ruffte: Wer ist da? Don Diego, der von dem Fall sich noch nicht erhohlet, antwortete auf das erste Zuruffen nichts; da die Stimme zum andernmahl ruffte: Wer ist da? Diego antwortete hierauf: Ein einiger Mensch. Wanns ein Mann ist, sagete die Stimme, so kan er herein gehen. Nunmehr fing es den Spanier an zu gereuen, daß er sich seine Verwegenheit so weit hatte verleiten lassen. Weil er sich nunmehr weiter zu gehen verbunden achtete, ging er auf die Stimme zu, und kame in einen grossen Saal, da er (welches ihm erschrecklich vorkame) vier kleine Lampen in den 4. Ecken aufgehencket sahe, welche einen so geringen Schein gaben, daß man kümmerlich die Dinge, so allda sich befanden, unterscheiden konte.

Als er nun weiter fortschritte, præsentirten sich zwey in Schwartz gekleidete Männer, die als Leydklagende jeder auf einem Stuhl sassen, da einer, die Hand am Kopff haltende, als ob ihn schläfferte, der andere aber zu wachen schiene, gleichsam als ob sie einen todten Leichnam, der zu ihren Füssen in Capuciner-Habit steckte, auf einem Leichen-Tuch ausgestreckt läge, bewahreten.

Dieser entsetzliche Anblick machte den Diego etwas bestürtzt, doch erhohlte er sich [308] bald, da indessen der Schläffer erwachete, und alle beyde zugleich frageten: Bist du Don Diego? Ja, ich bin es, antwortete er; aber woher wisset ihr meinen Nahmen? Darnach hast du nicht viel zu fragen, sagete der andere mit gar rauher und wilder Stimme, gib du nur Antwort auf das, was wir dich fragen, dann daran hangen viele Sachen, die wir diese Nacht verrichten müssen. AlsDiego dieses hörete, wuste er nicht, wessen er sich entschliessen solte, fluchte auch bey sich selbst über seine unbesonnene Curiosität; doch fassete er einen Muth, alles, was ihm begegnen möchte, auszustehen, dahero sagete er: Wohlan, was ist dann zu thun? ich bin dann Diego, und ihr zween Teuffel.

Es scheinet, er kenne uns, sagete einer zu dem andern. Du must hier bleiben, antworteten sie ihm, und diesen todten Leichnam verwahren, indem wir hingehen und andere Geschäffte verrichten, und was du indessen hörest oder siehest, dafür entsetze dich nicht. Darauf stunden sie alsobald auf und gingen zur Thür hinaus, und schlossen Don Diego dar hinein, ihn in Gesellschafft des Todten allein zu lassen. Es ist leicht zu erachten, wie dem Don Diego an diesem furchtbaren und ungeheuren Orte müsse zu Muth gewesen seyn.

Als er sich nun also bey dem Todten allein befande, bildete er sich ein, daß dieses eine gerechte Verhängniß und Straffe des [309] Himmels wäre, dahero verwahrete er seinen gantzen Leib mit dem Zeichen des Creutzes, befahl sich GOtt und allen Heiligen, und ruffete unabläßig die Barmhertzigkeit GOttes an: dann die Vermahnung, die ihm die zween Gesichter gegeben hatten, daß er sich ob nichs entsetzen solte, stellete ihm tausenderley erschreckliche Einbildungen für, die sein Gemüthe am hefftigsten beunruhigten.

Eine kleine Weile, nachdem diese zween Gesichter sich verlohren, hörete Diego ein trauriges Seufftzen, bald darauf ein Getöse am Eisen, als wann man lauter eiserne Ketten über diesen Saal zöge, und machete ein solches Poltern, daß es schiene, als wolte das gantze Hauß zu Grunde gehen.

Dieses Rasseln und Gepolter machete ihn auf das Reißaus zu gedencken, da er aber zu der Thür kame und solche zu eröffnen suchete, hörete er eine schwache Stimme, die von weitem her ruffete: Don Diego, wo gedenckest du hin zu fliehen? Wende um! wende um! es ist dir noch nicht erlaubt von mir abzusondern; komme wieder, oder ich will dir nachfolgen. Da er nun sahe, daß er nicht konte hinaus kommen, kehrete er wieder zurück, und wurde gewahr, daß es der Todte ware, der ihm zugeruffen; derselbe fuhr nun weiter fort und sagete zu ihm: Wisse, daß ich derjenige bin, welchem du vor wenig Tagen das Leben beraubet, und zwar mit grossem [310] Unbedacht, als der ich dich niemahl beleidiget hatte. Du Grausamer! du Barbarischer! meynest du, daß der Himmel nicht meinetwegen Rache von dir fordern, und daß nicht ein erschröcklich Unglück dich zu Boden schlagen werde, dich wegen deiner Ubelthat zu züchtigen? Durch des Himmels sonderbare Vorsehung bist du hieher geführet worden, daß du meine gerechte Verweisung anhören soltest; aber nahe herbey, auf daß du mich desto besser verstehest. Diego, nicht zweifflend, als das diß Leanders Geist sey, der aus der andern Welt kommen ihn zu peinigen, nahete sich nichts desto weniger herbey; da der Todte in seiner angefangenen Rede fortfuhr: ich bekenne es, daß du mich entleibest, da ich wider dich stritte und das Gewehr in Händen hatte; weil ich aber meine Jugend ohne Erlernung der Fecht-Kunst zugebracht; du aber darinnen wohl geübet bist, ware es dir leicht, mich zu überwinden, jetzund aber must du mir Rechenschafft darum geben: Höre du, laß uns mit einander ringen, Leib an Leib, mit diesem Beding, daß, wo du mich zur Erden fällest, verspreche ich dir, daß ich dich hernach nimmermehr beunruhigen will, sondern verhindern, daß dich auch keiner von meinen Gesellen betrucke: wofern ich aber dein Uberwinder bleibe, solt du verbunden seyn, alle Jahr, auf eben den Tag meines [311] Todes, die Nacht auf meinem Grab auf dem Freyhof zu wachen.

Weil nun Diego sahe, daß die Parthey gantz ungleich ware, antwortete er ihm: Er könne zu solchem Kampf und Bedingung sich nicht verstehen, indem er ja keine Hoffnung haben könne, die Stärcke eines Geistes mit menschlicher Schwachheit zu überwinden. Weil aber jener darauf beharrete, und Diego bey sich selbst betrachtete, daß solches eine Gelegenheit wäre, eine ansehnliche Probe seiner Hertzhafftigkeit zu erweisen, willigte er endlich in diesen Kampf, und stellete sich in eine so veste Positur, als er konte, auf daß er den Kräfften seines Widersachers einigen Widerstand zu thun vermöchte.

So bald der freche Diego, wie gehöret, den Kampff einwilligte, da richtete sich der Todte in seiner Capuciner-Kutte auf, und schiene viel grösser, als sonsten die gewöhnliche Menschen-Grösse zu seyn pfleget; und in eben diesem Augenblick fielen die vier Lampen von den vier Ecken auf den Boden.

Nunmehr finge dem Diego an, ein kalter Schweiß über den gantzen Leib herab zu lauffen, er zittert und bebete, und war dergestalt verwirret und bestürtzt, daß er schier als unempfindlich da stund; zu gleicher Zeit aber, da die Lampen auf die Erde fielen, überfiel der Todte den Diego gantz grausamlich, nahm ihn und warff [312] ihn 3. Schritt weit von sich, als wann er todt ware, dann er blieb eine gute Weile ohnmächtig liegen, sowohl wegen des Schröckens, als auch wegen des Falls und unfreundlichen Niederwerffens.

Nachdem er nun wieder zu sich selbst kommen, wuste er nicht, in was für einer Welt er wäre; endlich als er sich ein wenig an Kräfften erhohlete, entsinnet er sich des vergangenen, merckte auch, daß es beginnete zu tagen. Er sahe sich hin und wieder um, erblickete aber nichts als 4. Mauren; Er richtete sich auf, und suchete einige Fußtapfen seines vergangenen Nacht-Gesichts, siehet aber das geringste nicht mehr davon; dann der Capuziner, der ihn so unfreundlich umarmet, ware sowohl als die vorige 2. Gesichter verschwunden; so ware auch von denen Lampen, die er hatte sehen auf die Erde fallen, nichts mehr fürhanden.

Indeme nun der Tag anfienge heller zu werden, begunte ihm auch mit des Tages-Licht der Muth zu wachsen; Daher er aus angewöhntem Vorwitz Lust bekame, dieses Hauß recht zu durchsuchen, wie er denn oben und unten that, aber darinnen nichts, als was er selbst dahin gebracht, nemlich seinen Degen, fand, den er in solcher Noth gemangelt hatte. Darauf verfügete er sich von diesem Gespenst-Hause nach seinem Logiment, eher es noch heller tag würde; er hätte sich gern in der Nachtbarschafft befraget, wem dieses Hauß zugehörete, und [313] warum es nicht bewohnet wäre; aber es war noch zu frühe, daß er niemand ersahe, den er fragen konnen; er beschlosse zwar bey sich selbsten, daß man den Nacht-Geistern dieses Hauß zu bewohnen, eingeräumet, dahero niemand darinnen bleiben könne, legete sich darauf gantz matt und müde auf sein Bett. Als er aber ziemlich ausgeruhet, kame ein Cavallier, Nahmens Antonio, zu ihm ins Zimmer, fraget, wie er die Fastnacht geendet; Auf Gegen-Befragen, sagte Antonio, habe diese Nacht eines verfehlet: dann ihr kennet ja den Edelmann vonCorduba, den wir den Ritter von Don Diego nennen, welchem ich einen Fallstrick gestellet, ich will solchen noch ertappen, es geschehe bald oder langsam, darum, daß er sich so hochadelich halt, daß, einen Unterschied zwischen ihm und andern, so diesen Nahmen führen, zu machen, wir ihn den Ritter nennen.

Dieser Ritter Diego hatte sich in eines reichen Advocaten Tochter verliebt, derer Fenster auf einen Kirchhof hinaus gehen, welchen Weg er sich, selbiger aufzuwarten, meistentheils des Nachts bedienet; Weil er aber ein furchtsamer Hase, haben wir ihm vorgeben, daß man vor wenig Tagen einen Mann daselbst begraben, welcher alle Abend auf dem Kirch-Hof umher spatzierete, und grosse Ketten nachschleiffete, auch denjenigen, so über diesen Kirchhoff gingen, unvergleichlichen Schröcken [314] einjagete; weßwegen auch die Haußsassen in selbiger Gegend allgemach ihre Wohnungen verliessen und ledig stelleten, weil solche den Schröcken nicht mehr ausstehen könten. Aber es liesse sich der gute Gesell, welcher kein Narr war, von diesem Discurs nicht abschröcken, sagete: Die Geister der andern Welt würden ihn nicht furchtsam machen; worauf wir unsere Gesellschafft quittirten und Bereitschafft macheten, diesen Eisenbeisser mit einer lächerlichen Invention zu ertappen, daß wir seiner hernach zu spotten hätten:

Der Anschlag, den wir macheten, war dieser: Ich hab ein Hauß an einem abgelegenen Ort, mit viel Losamentern, in welchem sich wohl 3. à 4. kleine Haußhaltungen aufhalten können. Vor ohngefehr 8. Tagen seynd die Bestand-Leut daraus gangen, habe aber dem Ritter Diego zu Lieb solches dato nicht wieder verleihen wollen, weil solches das Theatrum zu unsern Possen seyn solte. Meine Invention war diese: Nachdeme es vollkommen nacht worden, führete ich 3. junge Kerl, die erst von der Universität kommen, Pursche von gutem Verstand und herrlicher Adresse in das Hauß, ihnen sagende: Daß einer von meinen Freunden und ich mir vorgenommen hätten, die Hertzhafftigkeit eines gewissen Eisenbeissers zu versuchen, welcher sich gerühmet hatte, daß er nichts fürchtete, und die Geister oder Nacht-Gespenster [315] nicht achtete. Nachdem ich solche also meines Vorhabens verständiget, versahe ich sie mit denen Kleidern, die sie anlegen solten, und führete sie in den Saal, welchen ich zu solchem Spiel bestimmet, der sehr weit in dem Hause entlegen ist. Unter diesen dreyen Kerlen war einer eines gantzen Kopffs länger als ich, da ich doch keiner von den Kleinesten bin: im übrigen war er starck und von guter Form an Gliedern; dieser solte als ein Capuciner gekleidet, auf der Erden ausgestreckt, als ob er todt wäre, liegen; Die zwey andern aber schwartz gekleidet, mit verdecktem Angesicht, ausser den Augen, an den 4. Ecken des Getäffels im Saal, auf einem Stuhl sitzen, an den Ecken aber 4. kleine Lampen angezündet aufgehenckt seyn, welche einen schröcklichen Schein von sich geben solten.

Nachdem ich nun alles angestellet, sagete ich zu dem Todten und seinen Hütern, daß ich ihnen nun den Kerl, von welchen ich ihnen gesaget, schicken wolte. Und so bald sie ihn hörten herein gehen, solten sie ihn fragen, ob er Don Diego heisse; wann er nun mit Ja antworte, solten die zween Hüter hinaus gehen, und ihn bey dem Todten allein einschliessen, welcher sich denn stellen solte, als wäre er einer, den der Ritter neulicher Zeit ungefehr entleibet, daß er Rechenschafft von ihm solcher Unbilligkeit wegen begehren, und mit ihm [316] ringen solte, auch ihn nach ihrer eigenen guten Invention dergestalt ängstigen, daß er gantz verirret würde, sich aber indessen, eher er wieder zu sich selbst käme, davon machen.


Meine gute Anstalt aber hatte keinen so guten Fortgang; dann da ich nach Don Diego gehen, und ihn seiner Hertzhafftigkeit erinnern, und in mein Hauß, welches wegen der Nacht-Gespenster nicht konte bewohnet werden, zu gehen bereden wolte; wurde ich unversehens von 4. Soldaten angehalten, vor den Richter geführet, und wegen einer gewissen Sache, derentwegen einer meiner Freunde in Gefahr ware, befraget. Ich entschuldigte mich zwar bestermassen, wie ohnmöglich es mir wäre, über eine Sache Zeugniß zu geben, davon ich keine Wissenschafft hätte: der Richter aber glaubte das Widerspiel, war gantz entrustet, und befahl mich in Arreste zu setzen, auch keinen Menschen mit mir reden zu lassen, muste also diese Nacht, in welcher ich die Comedie angestellet, zu meinem grösten Verdruß vorbey gehen lassen: Eben diesen Morgen bin ich wieder frey gelassen, und habe seithero noch niemand gesehen, als euch, meinen Unstern zu klagen, jetzo gehe ich gerade und will die 3. Personen suchen, die diese Action mit meinem Ritter spielen solten; um zu vernehmen, [317] wie lang solche gewartet haben: sie werden sonder Zweiffel über mich zornig seyn, daß ich sie die gantze Nacht in dieser Mummerey gelassen, und werden meinen, das Spiel sey auf sie, und nicht auf einen andern angesehen gewesen.


Aus diesem Discurs des Antonii wurde Don Diego des Ursprungs seines Anfalls gewahr, welcher sich sowohl wegen seines unziemlichen Vorwitzes, als aus Irrthum der Namen, Don Diego, zugetragen. Aus dieser Erzehlung kan man nun zur Genüge abnehmen, daß sich manchmahl so wunderliche Fälle zutragen, die mit gespensterischen Erscheinungen eine grosse Verwandtschafft haben, sogar, daß solche, nicht leichtlich, ob es die Wahrheit oder ein Gespenst, oder nur sonst angestellter Weise sich zugetragen; wie dann oberzehlte mit einer wahrhafften gespensterischen Teuffels-Larve eine ziemlich grosse Gemeinschafft gehabt.

Marginalien

1 I. Geschicht.
2 Von einem furchtsamen Jesuiten.
3 II. Geschicht.
4 Von einem entleibten Geist.
5 III. Geschicht.
Von einem Schincken Dieb.
6 IV. Geschicht.
7 Einer jagt 3. andere.
8 V. Geschicht.
9 Wirth ladet drey Gehenckte zum Nacht-Essen.
10 VI. Geschicht.
11 Die Geister Cavalcade.
12 Erschröckliche Geschicht mit einem Spanier.

23. Von Meer-Wundern

[318] XXIII.

Von Meer-Wundern.

Wer zu wissen verlanget, was für mancherley Geschöpff im Meer leben, der kan davon bey Gesnero in seiner Historie von Thieren / die im Wasser zu finden, Nachricht erlangen. Alexander ab Alexandro lib. 3. gen dier. c. 8. gedencket eines Seemanns, welcher von der äussersten Meer-Spitze aus Mauritanien nach Spanien gebracht worden; derselbe sey am Gesicht und Leibe bis auf die Schaam einem Menschen, im übrigen aber einem Fische gantz ähnlich gewesen.Theod. Gaza zeuget von einer See-Jungfrau, welche, als er sich in Peloponneso aufgehalten, an das Ufer lebendig angetrieben worden: Diese habe eine fast menschliche Gestalt gehabt, hingegen aber einen bis zur Schaam geschuppten und rauhen Leib mit einem Fisch-Schwantz. Und Thom. Cantipratanus lib. 2.mirac. & exempl. mem. c. 30. n. 53. erzehlt, daß zu seiner Zeit die Schiffleut der Königin in Engelland ein See-Wunder aufgebracht, welches einem Weibe sehr ähnlich gewesen, ausser, daß ihr Kopff anzusehen, als ob sie eine Crone, die einem Fisch-Körblein gleich siehet, auf der Stirn gehabt; [319] Sie habe gegessen und getruncken, und fürnemlich ihr die frischen Fische wohl schmecken lassen, wie auch die Früchte; sie habe aber nichts geredet, auch keine Stimme von sich vernehmen lassen, als nur einige kleine Seufftzer, ihren Kummer damit anzudeuten, und seye gantzer dreyer Jahre an dem Königlichen Hoff geblieben.


In der Niederländischen Beschreibung der Nieder-Lande / Part. 2. wird folgende Geschicht bey der Stadt Edam angemercket: 1 Daß im Jahr 1430. eine See-Frau von den Edammer Mägdlein gefangen worden. 2 Snojus, der er aus derjenigen Mund und glaubwürdigem Zeugniß mit Fleiß aufgezeichnet, die solches alles selbst gesehen haben, schreibt davon also: Nachdem ein grosses Ungewitter entstanden, und etliche Teiche durchgebrochen waren, und die Süder-See das gantze Land überschwemmet, ließ sich eine Wasser-Frau gantz nacket, kothig und unfläthig in einer Seichte von etlichen Mägdlein aus Edam sehen, die mit einem Schifflein über die Purmer fuhren, ihre Kühe daselbst zu melcken, welche sich zwar Anfangs sehr dafür entsetzten, doch endlich ihnen wieder ein Hertz fasseten, daß sie diejenige Frau in ihr Schifflein zogen, und sie nach Edam brachten, allwo sie gesäubert und gekleidet wurde, unsere Speisen gebrauchete und spinnen lernete. Sie gebrauchete [320] sich einer unbekannten Sprache, und konte kein Nieder-Teutsch verstehen. Von daraus wurde sie nach Harlem geführet, allda sie etliche Jahr gelebet. Porcacho in seinen weit-berühmten Insuln schreibt: Daß ein Meer-Mann in der Frießländischen See gefangen worden, welcher zwar zahm gemachet, bey den Leuten gewohnet, aber niemahls etwas geredet. Ingleichem um das Jahr 1531. sey in Norwegen / nahe bey der Stadt Elepoch oder Elepock, ein solcher Meer-Mensch bekommen worden, der einem Bischoff, mit allem seinem Zugehörigen, gleich gesehen, welchem man dem König in Pohlen verehret; allein er habe nicht essen wollen, und hätte drey Tage gelebet, und sich keiner andern Stimme vernehmen lassen, als grosser und schwerer Seufftzer.

Was von der Melusina zu halten, wovon die gemeinen Leute viel zu erzehlen wissen, ist lauter Mährlein-Geschwätz, welches wir doch allhier mit wenigem anführen wollen: 3 Als der Durchlauchtig und Hochgebohrne König Helmas, Herr zu Awelon undAlbanien, seiner Gemahlin, der Persina, geschworen, sie nimmer in dem Kindbett zu besuchen und zu besehen, noch jemand solches zu thun gestatten oder befehlen, seinen Eyd aber und Gelübde nicht gehalten, hat Persina ihn verlassen und ihren dreyen Töchtern unterschiedliche Gaben gegeben, da dann die jüngste Tochter, [321] Melusina, welche klug und wohl erfahren war, folgendes empfangen: Daß sie alle Samstag vom Nabel hinab solle eine Schlange oder Wurm werden. 4 Der sie nun zum Weibe nehmen wolle, der müsse schweren und geloben, daß er an keinem Samstag sie jemahls besuchen, sondern in ihrem Thun unbekümmert lassen wolle. Wann solches der Mann würde halten, so würde sie hernach wie ein anderer Mensch sterben. Da nun Reymund, des Grafen von Forst jüngster Sohn, und Emerich, Edler Graf zu Poitiers in Franckreich, im Walde Columpier gar spat am Abend auf der Jagd sich verirret hatten, und aus den Augen aller ihrer Diener gekommen waren, stößt sich ihnen bey noch hellem Mondschein ein groß wildes Schwein auf und fället dermassen den Grafen vonPoitiers an, daß es ihn gäntzlich zur Erden niederwirfft. Als Reymund seinen Vettern in so grosser Gefahr sahe, und ihn gedachte zu erretten, zuckte er den Spieß, und stieß damit nach dem Schwein, weil er aber fehlete und der Spieß abwiche, traff er seinen Herrn und Vettern dermassen, daß er ihm das Leben benahm. Hier fing er nun ein jämmerlich Klagen an, er rauffte seine Haare, und sprach: Glück / ach Glück! wie hast du mich so gar in Jammer und Elend gesetzet! Ach, was hast du doch [322] mir armen jungen Menschen damit anzeigen wollen? Ich bin ja durch diese That an Seel und Leib, an Ehr und Gut, verderbet, und in grosse Noth und Elend bracht. Ach, wolte GOtt, daß ich doch auch sterben, und mit meinem Vettern begraben werden könte! In dieser Klage kame Reymund zu einem Brunnen, bey demselben stunden 3. schöne Jungfrauen, hochgebohrner und adelicher Gestalt, welche er für Jammer und Leid nicht gesehen hatte. Von diesen ging die jüngste, genannt Melusina, von unsäglich-schönem Angesichte und wohlgestalltem Leibe, zu ihm, erklärete die Ursachen seines Unfalls, welcher ihm zu der Stunde wiederfahren, und sprach: Lieber Reymund, wann du meiner Lehr wilt folgen und nachkommen, so soll es dir an Gut, Ehr, Glück und Geld, nimmermehr mangeln, sondern du solt glückhaffter, mächtiger und reicher werden, dann jemand deiner Freunde; aber du solt mir derohalben schweren, daß du mich zu deinem ehelichen Gemahl nehmen, und an einem Samstag niemahl nach mir fragen, noch mich suchen, sondern in allwege frey und unbekummert lassen; so will ich dir hinwieder schweren, daß ich allezeit, und besonders auf denselben Tag, nirgend hinkommen will, welches dir schädlich oder unehrlich sey. Wirst du aber auf selbigen Tag mich suchen und erkundigen lassen, was ich schaffe oder thue, so wirst du mich [323] verliehren, und wirst abnehmen an Land und Leuten, an Ehr und Gut. Als nun Reymund Treu und Gelübd versprochen, so hat ihmMelusina in allem als ein Ehe-Gemahl beygewohnet und viel Kinder gebohren, derer doch jedes ein Anmahl oder Zeichen am Leibe gehabt, nehmlich, eines ein Auge in der Mitten seiner Stirn, ein andres drey Augen, das dritte Zähn im Mund, wie ein Eber, und so weiter. Da aber der Graf von Forst, Reymunds Vater, mit Tod abgangen, kame sein ältester Bruder, der dazumahl Graf war, gen Lusinien zu ihm, führete ihn besonders, und sprach: Reymund, lieber Bruder, ich besorge, ihr seyd bezaubert, dann es ist eine gantze Land-Mähr, und saget männiglich, ihr seyd nicht wohl bedacht, daß ihr nicht sollet und dürffet nach eurem Gemahl fragen, wo sie sey, oder wo und wie sie sich halte am Samstage, auch ist es eine frembde Sache, daß ihr nicht wissen dörffet, was ihr Gewerb, Thun oder Lassen sey. Ihr habt dessen grosse Unehre, auch viel und mancherley Nach-Reden. Dann etliche meynen, sie treibe Büberey, und habe andere Männer lieber, dann euch. Andere sagen, sie sey ein Gespenst oder Ungeheuer; derohalben forschet nach ihrem Wesen, damit ihr nicht also von ihr geäffet und zu einem Narren gemachet werdet. Da er dieses von seinem Bruder gehöret, ging er in grossem Grimm nach der [324] Kammer, die sie sich hatte zu ihrer Heimlichkeit bauen lassen, in Meynung, er würde solche mit einem andern in ihrer Untreue betreten; aber, da er hinein sahe, verlohr er alle seine Freud und Herrlichkeit. Dann Melusina, nachdem sie ihn seiner Verrätherey und Falschheit überwiesen, und sich selbst beklaget, daß sie nun würde Pein leiden bis an den jüngsten Tag, von welcher sie sonst wäre befreyet gewesen, nahm von allen Anwesenden Abschied, sprang mit beyden Füssen in ein Fenster, und wurde in einem Augenblick unter dem Gürtel wiederum ein feindlicher ungeheuerer Wurm, schoß schnell durch die Lufft, fuhr drey mahl um das Schloß herum, und schied endlich mit grossem Geschrey wieder von hinnen; sie ließ sich auch nachmahls nicht mehr, wie vorhin, sehen, als daß sie in der Nacht ihre annoch kleine Kindlein säugete und in der Lufft über dem SchloßLusinien erschiene, wann etwa durch einen Todes-Fall das Schloß einen andern Herrn bekommen solte. Es ist dieses wohl ein bastartig Gedicht, wovon doch die Alten so viel Schwätzerey gemachet, und ist doch darunter kein wahrhafft Wort, so vernünfftige Leute auch nicht glauben werden, wann man alle Umstände reifflich überlegen wird.


Happelius in Relat Curios. Part. I. p. 453. schreibt von denen auf der Ost-Indischen Fahrt vorkommenden [325] Meer-Wundern folgendes: Man siehet in diesem Meer Wallfische, welche doch denen in den Nord-Ländern nicht gleich kommen, als Blaser / so sehr grosse Fische, welche das Wasser gleichwie einen Thau in die Lufft spritzen, fast wie ein Wallfisch thut. Item Thun-Fische / so in Franckreich gantz bekannt sind. Boniten / welche nicht gar so groß als die Thun-Fische, aber besser Fleisch haben. Requins / welches Raub-Fische sind, und eigentlich Meer-Wölffe heissen. Doch gibt es bey dem Vor-Gebürg der guten Hoffnung viel andere Gestalten, die man gleichfalls Meer-Wölffe nennet. Diesen Fisch kan man nicht essen, dann er soll den Bauch-Fluß machen, welches wohl seyn kan, massen er sobald nichts, es mag ein Mensch oder was anders seyn, in die See fallen siehet, sofort darauf zu schießt, und es erwischen und fressen will. 5 Auf einer Reise geschahe es, daß der Schiff-Schlosser gestorben; man wickelte solchen, dem Gebrauch nach, in ein Segel-Tuch, und warff ihn ins Meer. 6 Des andern Tages fing man einen dergleichen Fisch, und fand in seinem Bauch den Leichnam noch gantz in seinem Sterb-Kittel. Man siehet auch Fische, so Meer-Schweine genennet werden, so groß und gut zu essen sind; der Kopff siehet als eines Schweins Kopff, zwischen Haut und Fleisch haben sie [326] Speck. Item siehet man fliegende Fische, an Gestalt und Grösse wie ein Häring, diese sind von den besten Fischen, die ich (schreibt der Autor) sein Lebtag gessen habe. Sie fliegen Schwarm-weise, wie die Staaren, und erheben sich nie höher als zwey oder drey Ehlen hoch über das Meer. Ihr Flug ist in einer geraden Linie, und wann sie von den Boniten verfolget werden, fliegen sie so lange als ihnen die Flügel naß bleiben: fallen sie dann im Flug auf eine trockne Stelle, so können sie eben so wenig, als andere Fische, wieder fortkommen. Indeß solte einer, der sie fliegen siehet, vermeynen, es wären Vögel, und dannoch haben sie keine Federn. Ihre Floß-Federn, so ihnen statt der Flügel dienen, haben 5. Zoll in der Länge, und 2. Zoll in der Breite, und ihre Schwäntze sind bey sieben halbe Zolle lang.

Es gibt noch andere wunderbahre Fische im Meer, worunter der Schwerd-Fisch sonderbar zu bemercken, welchen einige dafür halten, der sein Horn für dem Kopffe mit Zacken besetzt habe, und, wie die Seefahrende versichern, einen immerwährenden Kampff mit dem Wallfisch führet: wie dann einige solchem Kampff wohl zwey Stunden lang zugesehen, und beobachtet, wie der Schwerd-Fisch in die Höhe gesprungen, und wann der Wallfisch Athem hohlen wollen, solchen zu durchstossen gesuchet: Noch ein Wunder-Geschöpff [327] GOttes ist 1707. von 2. Fischern gefangen und mit Beylen verschlagen worden: Solcher Fisch ist von einem andern verfolget, worden, indem man hernach an ihm gesehen, daß er hin und wieder geritzet gewesen; und auf einen sandigen Grund, nahe bey der Insul Beveroe getrieben, und so bald nicht mehr davon kommen können, bis ihn gedachte Fischer erschlagen. 7 Bey dem vierdten Schlag, der recht bis an den Rippen gangen, soll solcher als ein Rind gebrüllet haben. Mit Kopf und Schwantz ist dieser Fisch 25. Fuß lang, und rund um den Leib 12. Fuß und 10. Zoll dick; Die Floß-Feder an jeder Seite hinter dem Kopf, jede 2. Fuß und 10. Zoll lang, und 9. Zoll breit gewesen. Die in die Höhe steigende Floß-Feder auf dem Rucken ist 1. Fuß und 11. Zoll hoch gestanden; und die Floß-Feder hinden am Schwantz hat 8. Fuß in der Breite gehalten. Über und über hat er eine Asch-farbete und gantz glatte fleischigte Haut gehabt, und im Nacken, hinten am Kopf ein rundes Loch, worein man 2. Finger stecken können: es war ein Weilblein gewesen, an welchem sich die Pudenda 2. Fuß und 2. Zoll lang befunden. Es hat sich sowohl an Floß-Federn, Schwantz und aller Orten, mit lauter Speck und Fett gezeiget. Die Curiosität hat viel Leut häuffig mit Kutschen von Ost- und Westen angereitzet, dahin [328] zu fahren und solches Wunder-Thier zu sehen, und in Augenschein zu nehmen. Vid. Happelii Relat. Curios. Part. II. p.m. 308.

Marginalien

1 I. Geschicht.
2 Meer-Frau wird von Edammer Mägdlein gefängen.
3 II. Geschicht.
4 Von der Melusina, was davon zu halten.
5 II. Geschicht.
6 Meer-Wölffe verschlucken einen gantzen Menschen.
7 Wunderbahrer Fisch / so 1707. gefangen.

24. Von Bancketen der Geister

XXIV.

Von Bancketen der Geister.

Speidelius in Speculo variarum observat. sub Voce Geist / n. 46. p. 439. seq. erzehlt: daß einsmahl Albrecht, Freyherr von Zimbern, seinem Lands-Herrn, Friedrich, Hertzogen in Schwaben, mit einer Besuchung aufwarten wollen, dieweil er bey solchem in sonderbaren Gnaden, und allzeit angenehm war; sonderlich, weil er bey ihm auferzogen worden. Als er sich nun einsmahls bey demselben einfand, stellete dieser Fürst einen Spatzier-Ritt an, in Begleitung seiner Grafen und Baronen, derer sich gemeiniglich eine ziemliche Anzahl an seinem Hof befanden. Und war dieser Lust-Ritt angeordnet zu dem Grafen Erhinger von Magenheim, auf dessen Wohn-Schloß Magenheim, so im Zabergau gelegen, zu welchem er schon vorhero mehrmahl geritten. Dieser hatte Mariam, eine Gräfin von Tübingen, zur Gemahlin, und zwo Fräulein, aber keinen Sohn von ihr erzielet; also [329] so daß dieser Gräfliche Stamm mit keinem männlichen Zweige mehr unterstützet war: selbiger Graff war ein Mann fröliches Gemüths, ein Liebhaber der Jagd, und sonst auch andern ehrlichen Ubungen ergeben.


Nun lieff in dem grossen und lustigen Walde, Stromberg genannt, so von jetztbesagtem Schloß nicht weit lag, schon eine ziemliche Zeit her, ein ansehnlich-grosser Hirsch, den weder die Jäger noch die Hof-Bediente jemahls hatten fahen können, derselbe ließ sich bey dieser Anwesenheit des Hertzogs nun wiederum sehen, zu ihrer aller grossen Freude, sonderlich des Grafen Erhingers; darum begaben sie sich alle mit einander dahin, zusamt dem gewöhnlichen Jäger-Gezeuge. 1


Unter dem Jagen kame erstgemeldter Baron von Zimbern von der Gesellschafft, und ritte in einer absonderlichen Gegend selbiges Waldes herum, bis er eines grossen und schönen Hirsches ansichtig ward, desgleichen ihm keiner jemahls in die Augen gekommen war; demselben setzte er durch den Wald weit nach, bis er ihn gar aus dem Gesicht verlohr, und nicht mehr wissen konte, wo der Hirsch geblieben war.


Indem er aber also fortreitet, begegnete ihm ein Mann, so schröcklicher Gestalt, für welchem der Baron Albrecht, der [330] sonst ein behertzter und großmüthiger Cavallier war, sich hefftig entsetzte, und mit dem Zeichen des Creutzes sich wider ihn segnete: Jener aber sagete zu ihm, er solte sich nicht fürchten, denn er wäre von GOtt gesandt, ihm etwas zu offenbahren, er solle ihm nur getrost nachfolgen; alsdann wolte er ihm wunderliche Sachen weisen, dergleichen ihm noch niemahls für Augen gekommen: und darbey hätte er sich keiner Gefahr zubesorgen. Baron Albrecht, (den Speidelius auch zuweilen einen Grafen nennet) willigte darein, und gieng seinem vorangehenden schröcklichen Führer immer nach, bis sie mit einander zum Wald hinaus kamen. Allda bedunckte den Herrn Allbrecht, als sehe er trefflich schöne Wiesen, und eine überaus lustige Gegend; ingleichem ein Schloß, welches mit vielen Thürnen und andern Zierrathen so herrlich prangete, daß seine Augen dergleichen niemahls geschauet. Indem sie zu diesem Schoß sich naheten, kamen ihnen viel Leute, als gleichsam Hof-Bediente, entgegen: die redeten alle kein Wort; sondern nahmen nur von ihm sein Pferd; der, so ihn daher geführet, sagete: Er solte sich ihr Stillschweigen nicht befrembden lassen, und auch nicht mit ihnen, sondern nur allein mit ihm reden, und thun, was er ihn heissen würde.

Also traten sie zum Schloß hinein, und führete ihn sein Vorgänger in einen [331] grossen schönen Saal; allwo ein Fürst mit den Seinigen an der Taffel saß; sie stunden für dem Herrn Albrecht alle auf, bewillkommeten ihn gleichsam mit ehrerbietiger Neigung ihrer Häupter, und setzten sich hernach wieder nieder, gleich als ob sie mit einander speiseten, ässen und trüncken: Herr Albrecht blieb stehen, hielt sein Schwerdt in der Hand, und wolte dasselbe durchaus nicht von sich legen noch aus der Hand lassen, betrachtete aber unterdessen mit Verwunderung das Wunderkünstliche silberne Tafel-Geschirr, darinnen die Speisen auf- und hernach wieder abgetragen worden, samt allem andern Tafel-Silber: wiewohl solches alles mit Stillschweiger geschahe; der Herr und seine Hof-Leute assen jedweder für sich selbsten, und bekümmerten sich um ihn nichts. Nachdem er alles also genugsam angeschauet; erinnerte ihn der, welcher ihn hatte dahin geführet, er solte dem Herrn und dessen Ministern einen Reverentz machen und sich für ihnen bücken, denn er wolle ihn nun wieder hinaus führen: wie er nun solches thät, stunden der Herr und dessen Hof-Bediente wiederum höflich auf, und neigeten gleichfalls ihre Häupter zu ihm. Hernach ward er wieder von dannen zu der Schloß-Pforten hinaus geführet: da stellten ihm diejenige, welche bisher sein Pferdt gehalten, dasselbige wieder zu; legeten [332] ihm aber darbey ein Stillschweigen auf, und kehreten wieder mit Stillschweigen in das Schloß zurück. Da gürtete er sein Schwerdt wieder an, und ward von seinem Gefähr den durch den vorigen Weg wieder nach dem Stromberger Wald hinein begleitet.

Er fragete hierauf denselben, was doch dieses für ein Schloß, und wer dessen Einwohner wären, die da selbst gesessen und an der Taffel gespeiset hätten? Der Geist gab zur Antwort: Der Herr / welchen du gesehen / ist deines Vatern Bruder gewest / ein gottsfürchtiger Mann / welcher vielmahls wider die Unglaubigen gefochten. Ich aber und die andern / welche du sahest / waren bey Leibs-Leben seine Bediente / und müssen nun unaussprechlich-harte Pein leiden. Er hat in seinem Leben seine Unterthanen mit harten Auflagen sehr gedruckt / und solches Geld wider die Unglaubigen im Krieg angewendet. Wir andern alle aber haben ihm darzu Rath und Anschläge gegeben /und werden itzo / um solcher Ungerechtigkeit willen / hart gestrafft / so lange es GOtt wird gefallen. Dieses ist dir / deiner guten Merit en wegen /[333] geoffenbahret / damit du für solchen und dergleichen Dingen dich hüten und dein Leben bessern mögest. Siehe / das ist der Weg / welcher dich wieder durch den Wald an deinen vorigen Ort bringet: doch kanst du zuvor noch einst wieder zurück kehren / auf daß du sehest / in was für Elend und Jammer sich daselbst die vorige Glückseligkeit verkehrt habe. Diß gesaget, ist der Geist verschwunden.


Hierauf kehrete Graf Albrecht noch einmahl zurück, nach dem Schloß, da ihn der Geist hinein geführet hätte; Siehe! da war alles mit einander zu Feuer, Pech und Schwefel worden, davon ihm der Gestanck gar starck in die Nase gieng: daneben hörete er ein jämmerliches Geschrey, Weheklagen und Lamentiren; worüber er sich dermassen entsetzete, daß ihm die Haar empor stiegen; Derohalben wendete er sein Pferdt, und ritte des Weges zu Hertzog Friederich, und dem Grafen Erhinger, denen er verändert und verstellet vorkame, daß sie ihn so bald nicht erkennen konten: denn ob er gleich noch jung von Jahren, hatte ihm doch der grosse Schröcken und Bestürtzung die Gestalt eines eißgrauen alten Mannes angebildet: im Ansehen ihme sein Haar und Bart Schneeweiß geworden. Sie verwunderten sich [334] darüber höchlichen, noch vielmehr als er ihnen alles, was ihm begegnet, erzehlete: nemlich die Erblickung des grossen Hirschens, die Erscheinung des Geistes und Schlosses: und wie sie alle darüber erschracken, so kehreten sie wiederum nach Magenheim.

Hierauf bate Herr Albrecht den Graf Erhinger, daß er ihm möge erlauben, in seinem Gebiet, an dem Ort, da solches geschehen, eine Kirche zu bauen: welches ihm gern verstattet wurde, die ihm auch mit Rath und Beysteuer an Handen gangen, und also an solchem Ort ein Frauen-Kloster aufgerichtet, und GOtt stets daselbst gedienet worden. Zu welchem Bau auch Hertzog Friedrich Hülffe verheissen, damit solcher Bau je eher je besser seinen Fortgang gewinnen möchte, welches auch erfüllet, und gewisse Gefälle darzu verordnet worden. Angeführter Speidelius schreibt: Man saget, diese Geschicht soll sich unter Regierung Kayser Lotharii des II. im Jahr Christi 1134. begeben haben. Der Ritter Conrad von Moßbach, Groß-Hofmeister des Landgrafen Wilhelms und andere haben sie in einem alten Buch gelesen. Man lässet den Urheber oder Verfasser dieses Gesichts für die Gewißheit desselben stehen; und so es eine wahrhaffte Geschicht seyn solte, den geneigten Leser darüber urtheilen.

[335] Unter dergleichen Geister-Bancketen fället nachbeschriebene etwas wahrscheinlicher zu seyn. 2 Als Fridericus III. König in Dännemarck und Norwegen /eine öffentliche Zusammenkunfft nach Flenßburg ausgeschrieben, welcher auch der nunmehro selig-ruhende König durch seine Gegenwart einen Glantz gegeben. Als nun unter andern Edel-Leuten auch einer dahin reisete, welchen man schier unter die Ruchlosen zehlete, der weder Teuffel noch Gespenst glaubete: dergleichen Leute es itzo noch viel gibt, die ein Gespött daraus treiben. Dieser Edelmann langete so spät an, daß er kein bequem Logiament mehr für sich ledig finden konte. Endlich kame er in ein Hauß, da ihm der Wirth aufrichtig bedeutete, wie alle seine Zimmer besetzt wären, ausser ein eintziges, darinnen er ihm aber zu logiren selbst nicht rathen möchte, weil ein Ungeheuer in solchem gewaltig rumorete, und ihn leicht, durch überkommenden Schröcken, ein Unheil anwandeln möchte. Der Edelmann aber gab seinen unerschrockenen Muth lächlend zu verstehen, wie er für dergleichen Mährlein keine Furcht hätte; sondern begehrte nur ein Licht, welches er auf den Tisch stellete, und gantz allein da sitzen blieb, um sich dessen desto gewisser mit wachenden Augen zu versichern, daß er nichts gesehen hatte, oder, im Fall sich ja etwas sehen liesse, er beym Licht erkennen könte, ob es nicht [336] etwa ein gemacht, oder ertichtetes Gespenst wäre, und dasselbe fein beleuchten möchte.


Der Wirth willfahrete ihm, ließ ihm Licht genug, und wünschete ihm bey seiner Vermessenheit eine geruhige Nacht, in Meynung, dieser freche und kühne Gast müsse gewiß ein Schweiß-Baad vonnöthen haben, welches er in diesem Zimmer gewiß gar wohlfeil erhalten könnte. Es fehlete auch nicht, und war die Nacht noch nicht gar halb passirt; als sich nach und nach etwas im Saal anfing immer stärcker zu rühren, und ein Getöse über das ander hören ließ: welches aber sein gefasseter Muth zu überhärten, und wider den anschaurenden Schröcken sich männlich zu halten bestrebete. Unterdessen vergrösserte sich das Geräusche, und machete ihm gleichfalls auch mit der Zeit, vor Furcht, seine Haut gleichsam rauschen, wie ein Aspen-Laub, wie sehr er auch sich selbst zu stärcken bemühet war. Nach einem ziemlich langen Vorspiel, Gepolter und Getümmel, kam durch den Camin, welches im Zimmer war, bald ein Bein, bald ein Arm, hernach der Bauch, Brust, und endlich der Kopf herab, und wurde aus solchen Theilen geschwind ein gantzer menschlicher Cörper, in Gestalt eines Laquayens zusammen gesetzt. Hernach fielen immer mehr und mehr nach einander herab, welches alles [337] der Edelmann mit erstarreten Augen anschauete. Bis zuletzt die Thür des Zimmers aufgehet und der helle Hauffen einer völligen Königlichen Hofstatt hereingehet.


So bald hatte derselbe sich nicht zu dem Tisch genahet, als unser zitterender Edelmann sich von seinem Ort wegmachete, und mit aller seiner Resolution hinter den Ofen retirirte: weil er von denen im Weg stehenden menschlich-gelarvten Gespenstern zur Thür nicht hinaus konte. Er sahe, wie man im Augenblick die Taffel deckete, und voller Königliche Tractamenten anhäuffete, auch mit vielen silber- und güldenen Trinck-Geschirren besetzete.


Wiewohl er nun, unter diesen verdächtigen Geistern, ein Gast mit zu seyn, schlechten Appetit hatte, kame doch bald einer, und begehrte an ihn, er solte, als ein Gast und Frembdling mit zur Taffel sitzen und vorlieb nehmen. Weil er aber sich weigerte, ward ihm ein grosser silberner Becher dargereichet, um denselben auf Gesundheit resolut Bescheid zu thun: der gute Edelmann, welcher nunmehr starck glaubete, daß es Gespenster gebe, und vor grosser Bestürtzung und Grausen nicht wuste, was er thun solte, nahme zwar das Trinck-Geschirr an, zumahlen, weil es schien, als ob man ihn nöthigen würde, weil ihm aber, [338] ehe denn er ansetzete, ein erschröcklich Grausen ankame, fing er an in solcher Angst und Furcht GOtt um Schutz und Schirm anzuruffen. Sobald er aber solches Gebet kaum verrichtet, war im Augenblick aller Pracht, Geplärr und das gantze Bancket, mit allen herrlich-scheinenden und stoltzen Geistern verschwunden.

Ob nun gleich aus seinen Augen die gantze Hofstatt und alle Speisen im Augenblick entrissen waren, verbliebe doch dem Edelmann der ihm gereichete silberne Becher in der Hand, nebst allem andern Silber-Geschirr, so auf die Taffel kommen war, benebst dem einigen Licht, welches ihm der Wirth aufgestellet hatte: Der Edelmann bildete ihm ein, daß nunmehr alles solch Silber-Geschirr ihm zugehörete, und nahm es auch zu Handen, in Meinung, es für sich zu behalten, der Wirth aber wolte ihm solches nicht gestatten, da indessen der Verlauff für den König kam, derselbe aber liesse alles zu seinen Handen nehmen, unter dem Titul: daß es solche Sachen, so der höchsten Landes-Obrigkeit heimgefallen wären. Ob wohl der Edelmann einen rechtlichen Anspruch darauf zu haben vermeinete, als einen solchen Hund, den GOTT ihm, für seine ausgestandene Todes-Angst und Lebens-Gefahr, [339] hätte zu Theil werden lassen; Liesse doch der König die Frage deßwegen an unterschiedene Juristen-Facultäten gelangen, von welchen es aber einhelliglich dem König allein zugesprochen worden.


Wo solch Silber-Werck eigentlich herkommen, hat man nicht erfahren können, dieweil auf solchen nichts, wie sonst gewöhnlich, von Wappen oder Nahmen gestochen gewesen. Indessen hat der Edelmann glauben lernen, daß gewiß Teuffel und Gespenster seyn. Hat auch sich mit dem rechtlichen Ausspruch vergnügen lassen müssen, daß solches der König zu seinen Handen nehmen lassen, vermuthlich ist solches ein vergrabener Schatz gewesen, und hat solchen der Edelmann im Schweiß seines Angesichts nicht gegraben, ist auch von ihm nur ohngefehr erblickt, darzu nicht in seinem, sondern in dem Wirths-Hause gefunden worden. Vid. Francisc. Höllischen Protheus pag. m. 426.


Daß nun solche gefundene Schätze der hohen Lands-Obrigkeit heimfallen und zugesprochen werden, hat ein Teutscher armer von aller zeitlichen Hülff entblösseter frommer Studiosus juris zu seinem Vortheil gar fleißig beobachtet: 3 [340] Denn als selbiger nach geendetem 30. jährigen Kriege gen Straßburg reisen und daselbst famuliren oder andere Dienste zu seinem Unterhalt suchen wollen: übereilet ihn im Elsas ein starckes Donner-Wetter, welchem es nicht entfliehen können, als daß er ein alt zerstöhrt Schloß auf einer ziemlichen Höhe erblicket, weil er aber vermeynet, daß etwa neben solchem sich Leute aufhalten möchten, eilet er, dem Wetter zu entgehen, nach solchem zu, findet aber nichts, da er sich für dem Regen ins Trockne salviren können, als in dem alten Gemäuer einen verfallenen Saal, welcher noch an einem Ort bedecket, worunter er für dem Regen geschirmet ware, dahin setzete er sich, von Kälte, Hunger und Durst geplaget und ließ das lang anhaltende Donnern und Blitzen, sammt grausamen Regnen, um sich herum spielen: dieweil aber inzwischen die Nacht heran ruckete, muste er sich entschliessen, seine Nachtherberge in diesem alten Gemäuer auf den Steinhauffen aufzuschlagen, und daselbst den morgenden Tag zu erwarten: als es nun finster zu werden beginnet, überfiel diesen armen Reisenden, wegen ohnedem grosser Müdigkeit, ein angenehmer natürlicher Schlaff, der etwa bis um Mitternacht angehalten hatte: und als solcher eine weile gewachet, siehet er 3. wohlgekleidete[341] Herrn-Diener in rother Lieberey mit Schnüren kommen, welche in den alten Saal, der eine 2. brennende Lichter von weissem Wachs, und die andern zwey eine Tafel getragen brachten, und dieselbe in die Mitte des Saals stelleten: zween giengen ihres Weges, der dritt aber kam zu dem voller Schröcken, Zittern und Angst befallenen armen Studenten, und sagte zu ihm: Fürchte dich nicht / es wird dir kein Leyds widerfahren / aber, wann du siehest die Herrschafft in den Saal treten, so bleibe allhier an deinem Ort still stehen, und wer dich auch fragen wird, was du allhier machest; oder wer du bist, so gib kein einiges Wort zur Antwort, und schweige Mause-stille: so es vonnöthen seyn wird, will ich schon für dich die Antwort ertheile: Mitlerweile kommen die vorige beyde Diener wieder, und tragen einen grossen Korb mit Tafel-Geschirr, decken den Tisch, besetzen solchen mit dem schönsten Servis von Silber, mit doppelten Teilern, Handvassel oder Lavor und Saltz-Büchslein, samt schönen Leuchtern und zwar keine Servietten: Uber eine kleine Weile vernimmet der beängstigte Student, wie er ein paar Heer-Paucken schlagen hörete, darauf tritt ein ansehnlicher Herr in Gold und Sammet bekleidet in den Saal, deme folgeten noch 18. fürnehme Krieges-Officirer in schönster [342] Monture. 4 Diesen folgeten so viel Laquayen und Bediente, daß der gantze Saal damit angefüllet worden. Endlichen wurden auch Speisen aufgetragen, und bedünckte den Studenten, als ob solche tapffer essen und trincken möchten. Endlich siehet sich der Fürnehmste im Saal umher, und ersiehet den Frembden, ruffet ihm, er soll näher herbey tretten: welchen dann der erst-gedachte Diener herzu hohlete, und an des Studenten Stelle seinem Herrn alles Fragen, als wer und was er wäre, wie er an den Ort kommen, und wohin er wolle, beantwortete, darauf hieß er ihn wieder an seinen Ort gehen: Und als beynahe eine Stund verflossen, stehet der Herr wieder von der Taffel auf, samt aller Gesellschafft; und gesamte Diener waren so geschwind als ein Blitz alle zum Zimmer hinaus, dann folgeten die übrige, so an der Tafel gespeiset hatten, und zuletzt gieng auch der Fürnehmste, allwo der Studiosus abermahl die Heer-Paucken schlagen hörete: worauf im momento alles stockfinster in dem alten Gemäuer worden, und der Himmel oder die Wolcken waren auch so dick vom vorigen Regen, daß nicht das geringste zu erkennen war. Inmittelst befahl sich der arme Mensch in den Schirm GOttes, und fiel abermahl auf seinem harten Stein-Hauffen in einen angenehmen Schlaff, erwachete [343] auch nicht wieder, bis die Sonne das alte Gemäuer gantz erleuchtet hatte: als er nun den Schlaff aus seinen Augen gewischet, und sich umsahe, fande er alles in der Nacht auf die Tafel gestellete Silber- Geschirr auf der Erde hin und wieder zerstreuet liegen. Furcht, Schröcken und Freude aber wolten ihn keine Entschliessung, was er allda machen solte, fassen lassen, doch gehet er zum Gemäuer hinaus, siehet aber nichts um und bey sich als alte Gemäuer, und Dorn-Hecken, welche herum gewachsen waren: Endlich entschliesset er sich allhier gute Beute zu machen, wohl wissende, wann er von solchem hinterlassenen Silber-Schatz jemand etwas offenbarete, daß er wenig oder nichts davon bekommen würde: derowegen suchete er alles, so viel möglich, zu verbergen, und verstecket alles Silber-Geschirr unter den Stein-Hauffen, daß niemand davon etwas gewahr werden konte, nimmet aber die 2. ledige Saltz-Fässer zu sich, und gehet damit in die näheste Stadt, verkauffet solche an einen Goldschmied, und als er Geld in Handen bekommen, kaufft er sich einen alten Mantel, sammt einem Zwerch-Sack, und dinget ihm in dem Städtlein eine Kammer bey einer armen Wittib, und gibt vor, wie er Kinder informiren wolte, zahlet ihr auch das Mieth-Geld für Bett und Kammer voraus, und nimmet den Schlüssel zu sich; nachgehends [344] gehet er wieder in aller Stille nach dem alten Schloß, und findet solch Silber-Geschirr unverruckt, steckt so viel zu sich, als er vermeynet, daß er in der Stille fortbringen könne, bis er 4. Dutzend silberne Teller, 18. silberne Schüsseln, 4. Gesteck verguldte silberne Becher, 3. schöne Leuchter, sammt Löffeln und Messern, alles nach und nach in seine Cammer practicirt, welches er hernach in einen ziemlichen Couffre eingepacket nach Straßburg führen lassen, und mit grosser Klugheit und Nutzen zu baarem Gelde machen können. Als er nun dergestalten aus seinen gefundenen Silber-Schätzen bey 2000. Reichs-Thaler baar Geld in guten Ducaten zusammen bracht, gehet er gen Hagenau, und lebet sehr sparsam damit, wohl wissende, daß ihm dergleichen Fund nicht mehr unter Handen kommen werde. Nach Verlauff einiger Zeit verheyrathet er sich an eine schöne, junge, wohlhabige Wittib, welche sich der Wirthschafft bedienet, und lebet mit derselben in vergnügtem Wohlstand. Endlich aber reiset ein fürnehmer Fürstlicher Rath, und begibt sich, daß solcher eben zu Hagenau in seinem Wirths-Hauß einkehret: und da solcher des Wirths Nahmen nennen höret, forschet er auch, wo dessen Heymath sey, und wie er wäre in diese Stadt kommen; als er von allem benachrichtiget, gibt er sich zu erkennen, daß er vor diesem mit ihmstudirt, in einer Stadt [345] zu Hause, und nahe Verwandte miteinander wären: solchem hat der Wirth sich vertrauet, ihme den gantzen Handel erzehlet, wie er zu solchen Mitteln gekommen, welcher es hernach, gleich es allhier beschrieben, bekandt gemachet, und dabey erinnert, daß solch Königlich Servies Silber 233. Marck an Gewicht, und die Marck zu 16. fl. ge rechnet, 4728. fl. an Geld ertragen hätte, welches alles dieser arme Student durch seine Klugheit conservirt und ruhig in Besitz erhalten hat.

Marginalien

1 I. Geschicht.
2 II. Geschicht.
3 III. Geschicht.
4 Ein armer Student siehet ein groß Bancket der Geister / und wird reich davon.

25. Wie Gespenstern zu begegnen - und was man davon halten soll

XXV.

Wie Gespenstern zu begegnen / und was man davon halten soll.

Es wird itziger Zeit viel Sagens von Erscheinung der Gespenster gemachet, auch hin und wieder gelehret, wie man solchen begegnen und von solchen einen Unterschied machen, auch sich wider dieselbe beschirmen soll. Es ist aber darunter dieses der Unterscheid, und sind solches entweder englische oder teufflische Gesichter, wie davon im Pabstthum viel Sagens gemachet wird, und hat die Erfahrung offtmahl bezeuget, wie viel Böses damit in der Römischen [346] Kirchen gestifftet worden; sonderlich mit dem abscheulichen Betrug der vermeynten englischen Erscheinungen. Was aber die Teuffels-Gesichter betrifft, die doch nach der Zeit der Zukunfft Christi ins Fleisch ziemlich aufgehöret, dieweil derselbe die Wercke des Teuffels zerstöhret, 1. Joh. 3. V. 8. so wird dannoch hin und wieder davon gemeldet. Solte sich demnach begeben, daß einem ein Geist in angenommener sichtbaren Gestalt erscheinen solte, so hat man sich wohl fürzusehen, daß man nicht von solchem betrogen werde: dann die Gespenster, so sich hin und wieder sehen lassen, poltern, schlagen, werffen, herum vagiren, von solchen kan man sich nicht einbilden, daß es gute Geister seyn. Solte dir nun etwa ein Geist erscheinen, und dir etwas anzeigen, wie du aus bevorstehendem Unglück oder gegenwärtiger Gefahr entrinnen mögest, oder dich bewegen wollen von GOttes Wort abzuführen, und an GOttes statt dir wider dasselbe etwas befehlen, so solt du dasselbe mit allem Ernst fliehen, und dich des Spruchs des heiligen Pauli, Gal. 1. V. 8. bedienen, da er saget: So auch wir / oder ein Engel vom Himmel / euch würden Evangelium predigen / anders / denn was wir euch peprediget haben /der sey verflucht. Und wann auch ein solcher Geist Busse predigte, und dir in geistlichen Sachen [347] Unterricht gäbe, so gar nicht wider GOttes Wort wäre, so soll man solchem doch nicht trauen; und schreibt davon der Heil. Ambrosius: Die unreine Geister (spricht er) pflegen gemeiniglich sehr betrüglich, als durch eine Nachfolgung, gute Dinge zu sagen, und unter denselben böse Dinge mit einzuführen, auf daß mit den guten die bösen mögen angenommen werden. Ja wann auch dir durch einen Geist gleichsam von zukünfftigen Dingen etwas wäre gesaget worden, und es erfolgete auch alles also, so kanst du auch noch nicht unfehlbar trauen, daß es ein guter Engel gewesen, dann auch der Teuffel, aus gewissen Ursachen, wissen kan, was geschehen soll, und dem Menschen dasselbe verkündigen, solchen dadurch in Aberglauben zu bringen.


Heutiges Tages wird unter den Christen von Gespenstern nirgendwo mehr gehöret, als bey den Papisten, und wird von solchen ja recht einfältig gelehret, wann einem ein solches Gespenst sichtbar oder unsichtbar, oder in Gestalt eines verstorbenen Freundes, eines Ehegattens, Vatters, Mutter, Bruder oder Schwester, erscheinete, er alsobald sagen solte: Alle gute Geister loben GOtt den HErrn; und der Geist antwortete ihm: Ich auch / daß es alsdann kein Teuffel, sondern ein guter Geist sey, welchem man mit guten Gewissen folgen könte. O Unbesonnenheit! [348] Hat dann der Teuffel nie gelogen? Redet er dann allezeit die Wahrheit? Ist er nicht ein Vater der Lügen? Joh. 8. Kan er sich nicht verstellen in einen Engel des Lichts? 2. Corinth. 9. V. 14. Ist also und bleibt ein solches Gespenst nichts anders, als der leibhaffte Teuffel. In Vitis Patrum stehet, daß der Satan sich in einen Engel des Lichts verstellende zu einem gottsfürchtigen Bruder kommen, und gesaget: Ich bin Gabriel. Da hat der fromme Mann geantwortet: Du wirst vielleicht zu einem andern gesandt seyn, dann ich bin nicht würdig, daß mir GOtt einen Engel sende, und hat ihn nicht hören wollen; damit ist der Satan verschwunden. Von einem andern Einsiedler wird geschrieben, wie solcher in seiner Celle mit allerley Anfechtungen gekämpffet, und den Teuffel allzeit abgewiesen, so ihn hefftig verdrossen, sey er einsmahls in sehr schöner Gestalt kommen, und hätte gesaget: Ich bin Christus. Darauf der Einsiedler seine Augen zugethan und gesaget: Ich will Christum in diesem Leben nicht, wohl aber in jenem Leben, sehen; da sey er verschwunden. Vid. L. Dunte Cas. Consc. de Angel. cap. 4. qu. 2.

Die Gespenster zu vertreiben sind vielerley Mittel auf die Bahn gebracht worden. 1 Dorten wurde dem jungen Tobia befohlen, das Hertz und Leber vom Fisch zu [349] nehmen, und auf Kohlen zu legen, durch dessen Rauch solte der böse Geist vertrieben werden. Andere haben Kräuter angezündet und sonst Feuer gemachet, den Teuffel damit zu verjagen. Die Brasilianische Heyden tragen, wann sie ausgehen, Feuer, sich damit wider die bösen Geister zu beschirmen. Bey den Papisten sind vielerley ohnmächtige, nichtige und aberglaubige Mittel angeordnet, wormit sie erscheinende Geister abschröcken wollen. Als da sind dieReliquien der Heiligen, das Weyh-Wasser, Saltz,Chrisam, Palmen, Wachs-Kertzen, Weyhrauch, Räucherwerck und andere geweyhete Sachen mehr. Das Bezeichnen mit dem Creutz wird auch nicht vergessen, und werden die ersten Worte des Evangelii Johannis daher gemurmelt; und bedienen sich des Nahmens GOttes des Vatters, JEsu, der Heil. Engel und Martyrer, und allerhand Beschwörungen; worbey aber zu wissen, daß, wann der Satan durch diese Mittel weichet, er es darum thue, damit er die Seelen, welche in solche Abgötterey gefallen sind, noch mehr einnehmen und bestricken möge.

Die rechten wahren Mittel, die uns aus GOttes Gebott von dem Heil. Geist selbst angewiesen werden, sind: (1) Ein vestes Vertrauen zu GOtt / dessen Wort und seine Verheissungen. (2) Das Gebet / [350] mit welchem man sich dem lieben GOtt und treuen Hüter Israel befehlen, und um seine liebe Engel anruffen soll. (3) Der Glaube / welcher der rechte Schild wider die feurigen Pfeile und Anläuffe des Satans ist, ohne welchen auch das Gebet nichts nützen würde. (4) Das Fasten / nicht zwar, daß solches wider den Teuffel kräfftig genug wäre, sondern dadurch die Lüste des Fleisches zu dämpffen, und uns desto brünstiger zum Gebet zu machen. (5) Die Buße / welche ernstlich seyn muß. (6) Die Gedult / an GOtt vest zu halten, und uns nicht nach verbottenen aberglaubigen Dingen vergaffen. (7) Die fleißige Abwartung unsers Beruffs / darein wir von GOtt gesetzet worden. (8) Endlich die Bewahrung eines guten Gewissens. Mit solchen Waffen können wir den Teuffel und allen seinen Anhang von uns abweisen.

Wir wollen allhier auch einige Historien anführen, wie die Gespenster lebendiger Personen Gestalt an sich genommen, und wie solche endlich durch Gnade GOttes sind abgewiesen worden. Francisci im höllischen Protheo p.m. 1097. schreibt: 2 Bey Dedekinno lieset man, daß einer von Adel, welcher mit langwühriger Ohnmacht und Schwachheit behafftet gewesen, von einem Landfahrer sey berichtet [351] worden, er wäre bezaubert, und sich darbey erbotten, ihm das Weib für die Augen zu bringen, die ihm solches angethan hätte: Der Edelmann bewilligte; darauf sagete der leichtfertige Vogel: Welches Weib morgen in euere Behausung kommen, und sich auf den Herd zum Feuer stellen, auch den Kessel-Hacken mit der Hand angreiffen und halten wird, dieselbig ist es, welche euch diese Kranckheit angemachet. 3

Folgenden Tages kame eine dem Ansehen nach von seinen Nachbarinnen und Unterthanen, ein ehrlich und frommes Weib, und stellete sich dahin auf solche Maaß und Weise, wie ihm der Landfahrer gesaget hatte. 4 Dessen verwunderte sich der Edelmann zum höchsten: weil er von dieser Frau, die er für fromm und redlich achtete, auch deswegen ihr nicht übel wolte, niemahlen dergleichen sich eingebildet hätte, darum er auch anfing zu zweifflen, ob es recht zugienge; Er gab derowegen seinem Diener heimlichen Befehl, hin zu lauffen, und zu sehen, ob diese Nachtbarin zu Hause seye oder nicht. Als das Ausgeschickte nach ihrem Hause kommet, findet er dieselbe über ihrer Arbeit sitzen, und Flachs hecheln; der Diener sagte: sie solle alsobald zum Juncker kommen, und will ihr auch nicht zulassen, daß sie sich zuförderst recht anlege, sprechende: es werde sich ja nicht schicken, daß sie so staubig [352] und unaufgebutzt für den Juncker trette; jener antwortete: Es habe nichts zu bedeuten, sie solle eilends mit ihm gehen. So bald sie nun zu des Junckers Thür hinein tritt, verschwindet die erste aus dem Saal, da merckete der Edelmann, daß ihn der Teuffel betrogen, und bekennete, er würde die Frau haben verbrennen lassen, wann ihm GOtt nicht in Sinn gegeben, den Diener dahin zu schicken. Daß also der Satan in lebendiger Personen Gestalt, zum Nachtheil ihres guten Leumuths, bisweilen erscheine, wird ebenmäßig durch folgende Geschicht glaubend gemachet.


Bey Regierungs-Zeit Hertzogs Johannis Casimiri, wohnete dessen Stallmeister G.P.v.Z. zu Coburg erstlich in der Spital-Gasse, hernach in demjenigen Hause, welches nach ihme D. Frommannus bezogen; demnechst in dem grossen Hause, bey der Vorstadt, die Rosenau genannt; nachmahls im Schloß, darüber er Schloß-Hauptmann war; zu so vielmahligem Wohnungs-Wechsel bemüßigte ihn ein Gespenst, welches seiner Eheliebsten so vollkommlich gleich sahe, daß, wann es ins Logiment hinein kame, indem er am Tisch saß, bißweilen ihm darüber ein Zweiffel entstund, welches seine rechte Eheliebste wäre: 5 denn es folgete, wann er gleich aus dem Hause zog, ihm doch allenthalben [353] nach. Und als diese Edelfrau ihrem Herrn das Hauß, darinn hernach gedachter Doctor gewohnet, zur Wohnung vorschlug, um dergestalt dem Gespenst auszuweichen; hub dasselbe an, mit lauter Stimme zu reden, sagende: Du ziehest gleich hin, wo du wilt, so ziehe ich dir nach, wann du auch die gantze Welt durchzögest. Solches sind auch keine blosse Droh-Worte gewesen, sondern es hat sein Versprechen gehalten: Dann nachdem ihr Ehe-Herr, der Stallmeister, eingezogen, hat folgenden Tages, nach geschehenem Auszuge, die Thür des Hinter-Hauses ein solch Krachen gegeben, als ob solche mit Gewalt zugeschlagen würde; und hat sich von selbiger Zeit an, in solchem verlassenen Hause, das Gespenst niemahl mehr sehen lassen, sondern ist in dem neubezogenen wiederum erschienen.

Wie die Edelfrau Kleidung anlegete, in solchem Habit erschien auch das Gespenst, sie mochte ein Feyer-Kleid oder ein alltäglich Kleid anlegen, was solches auch für Farben hatte, weswegen sie niemahl allein in ihren Hauß-Geschäfften, sondern allstets von jemand begleitet gieng; es erschien aber gemeiniglich in der Mittags-Zeit, zwischen 11. und 12. Uhr. Einsmahls liessen sie ihren Beicht-Vater, Hn. Johann Prüscher, gegen selbige Zeiten zur Mahlzeit bitten, welcher auch kam, aber damahls liesse sich der höllische Affe nicht [354] sehen; folgenden Tages stellete sich gemelter Beicht-Vater auf beschehenes Einladen wieder ein, allein es wolte auch diesesmahl weder hernach jemahls, das Gespenst in seiner Gegenwart erscheinen, als aber der Edelmann mit seiner Eheliebsten und seiner Jungfrauen Schwester, ihn, da er wieder heim gehen wolte, an die Stiegen begleitete, stieg es von unten die Stiegen hinauf, und erwischete, durch ein, nahe an der Stiegen befindliches höltzernes Gitter, der Jungfrauen, welche den Geist allein gesehen hatte, ihr Für-Tuch, oder Schurtz-Flecken, wiewohl es alsofort, als sie anhub zu schreyen, verschwand. Einsmahls ist es auf der Küchen-Thür-Schwellen mit dem Arm gelegen, und als die Köchin gefraget: was wilt du? hat es geantwortet: Deine Frau will ich; sonst soll es der Edelfrau keinen Schaden zugefüget haben. Gedachter Jungfer aber, nemlich des Stallmeisters seiner Schwester, ist es sehr gefährlich gewesen, und hat ihr einst eine solche Ohrfeige gegeben, daß ihr auf dem Backen Blasen davon entstanden; weswegen auch diese Jungfrau wieder heim, in ihres Vaters Hauß kehren müssen: Endlich aber hat sich doch solch Gespenst verlohren, und ist ruhig im Hause worden.

Wann jemahl eine Geschichte wegen ihrer sonderbaren Umstände verdienet gelesen zu werden, so ist es folgende, an derer [355] Gewißheit um so weniger zu zweifflen, weil die unruhige Händel dieses Trommel-Geistes in vielen Jahren von vielen tausend Personen, hohen und niedern Standes, Gelehrten und Ungelehrten, in Augenschein genommen, und durch solche Zeugniß confirmirt worden, als jemahls kan verlanget werden. 6


Es reisete Mr. Joh. Mompesson von Tedworth, in der Graffschafft Wilts / im Jahr 1661. nach Ludgarschall, und wie er daselbst eine Trommel rühren hörete, befragete er den Richter derselben Stadt, um dessen Ursache, welcher ihm zur Antwort gab: sie würden von einem gottlosen Tambour verunruhiget, welcher von dem Constable besageten Orts Geld forderte, und deswegen einen Pass vorzeigete, welchen er für falsch hielte. Mr. Mompesson ließ ihn alsobald vor sich kommen, und fragete ihn, was ihn veranlassete, also mit der Trommel herum zu schwärmen? worauf der Tambour zur Antwort gab: er wäre befugt genug darzu, und alsobald zog er einen von Sir-William Crauly und Colonel Ayliff von Gretenham unterzeichneten Paß hervor, weil nun Mr. Mompesson die Hand gedachter Herren sehr wohl kennete, und falsch auf dem Paß befund, befahl er dem Vagebonde die Trommel abzulegen, und gab Ordre, daß er von dem[356] Schergen zum Friede-Richter gebracht würde, damit er gebührend bestrafft werden möchte. Da bekannte er den gantzen Betrug, und bat um nichts so sehr, als um die Restitution seiner Trommel, welche ihm Mr. Mompesson auf gewisse Conditionen wieder zu geben versprach, inzwischen aber selbige bey dem Richter ließ, da nicht lange hernach der Gefangene aus den Händen der Schergen freygelassen ward. Einen Monath hernach, als Mr. Mompesson sich zur Rück-Reise fertig machete, ward ihm die Trommel von mehrbesagtem Richter zugesandt, und wie er zu Hause wieder anlangete, erzehlte ihm seine Frau mit Bestürtzung, wasmassen sie in der Nacht durch Diebe sehr erschröckt worden wäre, die das Hauß bey nahe erbrochen hätten. Nach dreyen Tagen ward dergleichen Lermen wieder vernommen, und hörete man ein starckes Klopffen an die Thüren und äussere Wände des Hauses, dahero Mr. Mompesson mit 2. geladenen Pistolen auf solche Thüren zugieng, so bald er aber an einer Thür stund, hörete er das Pochen an der andern, er gieng zwar um das gantze Hauß, traff aber niemand an, ausser daß er etlichmahl einen frembden Thon und hohlen Laut vernahm. So bald er sich aber zur Ruhe legete, kame es ihm für, als geschehe ein klarer Trommelschlag, auf dem obersten Theil des Hauses, so mit Brettern bekleidet, und [357] wann es insgemein fünff Nächte nacheinander vernommen worden, war es 3. Nächte wieder stille, damit es nicht das Ansehen hätte, als müsse der Tambour immerhin auf die Wacht ziehen. Nach einer Monaths-Frist verließ er die äusserste Wand, und kame in die Gemächer des Hauses selber, ordinaire des Abends, wann sie sich zu Bett legeten; oder etwa eine halbe Stunde darnach: und der Trommelschlag hielte jedesmahl 2. Stunden an. Das Merck-Zeichen, woraus sie abnehmen konten, wann der Trommelschläger kommen wolte, war, daß sie in der obern Lufft der Peripherie des Hauses, einen Lermen vernahmen, und wann er abziehen wolte, so hörete man einen natürlichen Abzug schlagen. Das merckwürdigste hierbey war, daß es in derselben Kammer zuerst zwey gantzer Monath durch gehöret ward, in welcher die Trommel lag, und ob zwar solche Unruhe sehr verdrießlich war, so schlieff dennochMompesson selber in dieser Kammer, um alles desto genauer zu observiren. In der Nacht, darinn Mompessons Eheliebste entbunden ward, hörete man nicht den geringsten Laut des unruhigen Trommel-Geistes, welches auch drey gantzer Wochen also stille war, bis die Frau wieder zu Kräfften kommen. Allein nach einer so hefftigen Pause fing es an, auf weit stärckere und verdrießlichere Art, seine Gegenwart an Tag zu legen, und [358] lermete weit ärger als jemahls: solche Unhöfflichkeit muste Mompessons jüngstes Kind, undFamilie am meisten erfahren, dann es erschütterte dessen Bettstätt dermassen hefftig, daß man derselben Einfall besorgen muste, und wann man die Hand an die Pfosten legete, vernahm man keinen Schlag, sondern nur die blosse Erschütterung; darbey pflegete es allerhand Species der Trommel-Schule zu schlagen, als Marches, Reveilles, Tropps, Schar-Wachten und Abzüge; nach solchem vernahme man ein gewaltiges Kratzen unter dem Bett, als geschehe es mit sehr harten und eisernen Klauen: So pflegete es auch die Kinder aus dem Bett aufzujagen, und aus einer Kammer in die andere zu verfolgen; und also hatte es sein Affenspiel mit niemanden eine Zeitlang, als mit den kleinen Kindern. Nun war noch in dem Hause ein Zimmer, woselbst man noch keine Beunruhigung verspühret hatte, daher brachte man die Kinder dahin, betete ihnen daselbst, und legete sie zur Ruhe, aber noch bey hellem Tage, so bald sie nur ins Bett stiegen, verfolgete sie ihr Marterer auch an diesem Ort. Den 5. Nov. dieses Jahrs machete er einen dermassen poßirlichen Lermen, daß viele Gelegenheit nehmen werden, insonderheit die Hexen-Patronen, zum wenigsten darüber zu lachen; wo sie sich nicht moquiren. Man sahe in der Kammer zwey Bretter sich bewegen,[359] und Mompessons Diener hieß eines zu sich kommen, welches auch bis auf eine Ellen lang Distanz geschahe, ohne daß ein Mensch das geringste sahe, von welchem es beweget wird; der Diener sprach, gib es mir gar in meine Hand, es kam auch zu ihm, er stieß es wieder von sich; es kam wieder zu ihm, und dieses Gauckelspiel trieben sie wenigstens 10. mahl nacheinander, so lang bis Mompesson seinem Diener gebot, solche nahe Gemeinschafft und Vertraulichkeit mit dem Polter-Geist aufzuheben. Dieses geschahe nicht im Finstern, sondern am hellen Tage, auch nicht in Gegenwart ein oder zweyer Personen, sondern die Zuschauer erfülleten die gantze Kammer, und diejenige, so die Nacht durch geblieben waren, derer Curiosité bezahlte der seltsame Tambour mit einem unfläthigen schwefflichten Geruch.

Erhellet also aus angeführten unverwerfflichen und wahrhafften Geschichten, daß solche Schreck- und Polter-Geister nicht können geläugnet werden, wider welche keine stärckere Mittel, als das wahre und reine Wort GOttes, nebst angeregter Christlicher Gebührde, zu gebrauchen, worwider im Heil. Vater Unser die sechste Bitte uns durch GOttes Gnade kräfftiglich schützen kan.

Marginalien

1 Gespenster / wie man solche vertreiben soll.
2 I. Geschicht.
3 Teuffel verstellt sich in ein bekannt Bauer-Weib.
4 Suchet solche in Unglück zu bringen.
5 II. Geschicht.
6 III. Geschicht.
Von einem Trommel-Geist.

26. Vom Vestmachen

[360] XXVI.

Vom Vestmachen.

Von dem Vest- oder Schußfreymachen wird viel Wesens, sonderlich unter den Soldaten, gemachet, weßwegen allhier die Frage entstehet: Ob sich jemand Schußfrey, oder, nach gemeiner Red-Art, vest machen könne, um dadurch seinen Leib von allerhand Verletzung und Verwundungen zu befreyen? 1 Dieses wird von unterschiedenen Autoren mit Ja beantwortet. ImTractätlein des alles anbellenden Menschen-Hundes beantwortet der Autor diese Frage mit Ja, und lehret, daß der böse Feind den Stich eines Degens, den Hieb eines Schwerdts, und den Stoß einer Kugel aufhalten könne, weiset aber darbey an, daß solches auch natürlicher Weise geschehen könte, wie er dann folgender Weise davon schreibet: Ob auch einer, der nichts zum Vestmachen eingenommen hat, von der Nähe könne geschossen werden, daß die Kugel nicht eingehe? und will solches aus nachfolgender Geschicht erweisen, da er saget: Vor ohngefehr 6. oder 7. Jahren hat es sich zugetragen, daß in Niederland 2.Cavallier, als ein Obrister mit seinem Obrist-Lieutenant, uneinig worden, bey welchen es endlich zu[361] einem Zwey-Kampff gerathen, welcher zu Pferd mit Kugeln-Wechseln geschehen ist. 2 Der Obrist-Lieute nant hatte sich verschossen, wordurch der Obrist Lufft bekame, auf ihn zuritte, und ihm die Pistol sorn an die Stirn setzte, und also auf ihn loß brennete; die Kugel aber ging nicht ein, sondern prallete zuruck, und machete nur einen Brand-Flecken an die Stirn des Geschossenen. Auf dieses Werck machete jedermann ein Geschrey, es müsse der Obrist-Lieutenant nicht redlich gehandelt haben, sondern vest gewesen seyn. Ich (schreibt der Autor) ward unter andern dieser Sache wegen befraget, und gab hierüber dieses Urtheil: Daß, wann der Obrist nur 2. oder 3. Schritt weit von dem Widerpart gewesen, und alsdann ihn auf die Stirn getroffen hätte, so würde die Kugel durch den Wurff und Schwung der Bewegung eingedrungen seyn; weil aber der Schuß, gantz forn an der Stirn-Blatt geschehen, nicht eingegangen ist, so habe die Kugel, welche in der Flamme des Anstossens verwickelt gewesen, den Trieb nicht gehabt, einzudringen, sondern sey an der Hirn-Blatt abgebrochen, wie die Erfahrung solches bey dieser Gelegenheit gezeiget hat, daß der Pistolen-Schuß des Obristen, welcher fornen an die Stirn-Blatt geschehen, nicht eingegangen, weil das Mittel zwischen dem Würckenden und Leidenden, nehmlich der Zwischen-Stand der Bewegung, [362] nicht da gewesen ist. Diese Meynung bleibt bey mir vest, so lang, bis eine vernünfftigere und beweißlichere davon abzuweichen mich nöthiget; dann je hefftiger eine Kugel in ihrem Forttriebe, je hefftiger ist auch die Würckung in ihrem Abstoß; hingegen, je schwächer der Antrieb, je matter ist auch die Würckung. Nun kan der Antrieb nicht starck seyn, wo er sogleich aufgehalten wird, und also bey gefolge, die eindruckende Gewalt auch nicht sehr kräfftig. Dieses mag durch die Probe in Erfahrung gebracht werden an einem aufgespanneten Tuche, wann man eine Kugel in ein Rohr ladet, und auf die Kugel wieder einen Schuß Pulver, schiesset hernach darauf in der Nähe, so wird die Kugel nicht eingehen, sondern vor dem Tuch niederfallen, dieweil solcher der Trieb benommen worden.

Pfitzerus in seinen Anmerckungen über das Leben Doctoris Fausti pag. 261. beantwortet diese Frage auch mit Ja, und berichtet, daß es nicht, dann durch Hülffe des Teuffels, geschehen könne: deßhalben er auch folgende Fragen fürstellet: Ob ein Christ mit gutem Gewissen sich möge Schuß-frey oder vest machen? Darauf er folgender massen ferner berichtet: Es werde allhier nicht gefraget, ob solches könne geschehen, sintemahl die Erfahrung mehr als zuviel bezeuget, daß nicht allein die Menschen, sondern auch[363] Pferde, Hunde, und so fort, denen dergleichen Kunst (wann solches anders eine Kunst zu nennen) beygebracht und angehencket worden, nicht können verletzt oder verwundet werden, wie solches unter andernHerr D. Mengering bezeuget, wann er in seinen Scrut. Consc. c. 9. schreibt, daß diese gottlose Leute auch pflegen einen Häring so vest zu machen, daß man denselben weder schneiden noch geniessen könne, inmassen er selbst in Jena ein dergleichen Exempel gesehen, und mit Erstaunen wahrgenommen; sondern: Ob es recht, und einem Christen nicht schädlich oder nachtheilig sey, sich besageter Kunst zu bedienen? Welchem aber mit Recht widersprochen wird. Dann diß ist gewiß, daß weder in Metallen, noch im Papier, an und vor sich selbst einige dergleichen Kunst anzutreffen, sondern solches allein den Characteren und Figuren zuzuschreiben seyn müsse, welche in solchen Sigillen und Zauber-Zetteln eingegraben und geschrieben worden. Und obwohl etliche, unter welchen Cornelius Agrippa lib. 1. de occult. Philos. c. 33. nicht der geringste, den Sternen und sonderlichem Einfluß derselben grosse Gewalt und Macht über unsere Leiber zugeschrieben; hat doch solches viel eine andere Meynung, und kan auf solche vestmachende Kunst nicht gezogen werden. Vielmehr aber ist solches einer natürlichen Macht zuzuschreiben, welche vom Satan [364] einig und allein, weil GOtt ohne Wunderwerck den Lauff der Natur nicht ändert, herrühret, der die Menschen durch kräfftige Irrthümer zu verführen weiß, daß sie ihr Vertrauen von GOtt ab, und auf eine solche Kunst und Zauber-Zettel setzen, da es doch heisset: Du solt keine andere Götter neben mir haben, wie aus nachfolgendem erhellen mag: Daß ein General, welcher in die Stadt B. geflohen kam, die Büchsen-Kugeln häuffig aus den Ermeln schüttete, wie Erbsen, davon ihn keine verwunden können. Ich habe auch selbst einen hohen Officier gekannt, welcher bey einer harten Belägerung, nebst noch zween andern Officirern, ausserhalb den Aprochen auf- und abspatzirete, nach welchem tapffer aus der Vestung mit Stücken und Falconetten gefeuret wurde; derselbe aber fuhr nur mit seinem Commando-Stab lincks und rechts umher, und befahl den andern beyden, Trup zu halten und hinter ihm nicht abzuweichen: wovon alle Kugeln beyseits ausgiengen, und weder ihn, noch die andern beyden, im geringsten nicht beleidigen oder treffen konten. Durch was Hülff und Krafft alle Schüsse abgewiesen, und solche Schuß-frey gemachet, lasse ich andere judiciren. Obiger Autor schreibt, solche Künstler seyen in Satans Händen, welcher die Kugeln in der Lufft, als ein gewaltiger Fürst, wohl aufhalten, auffangen, und die Hieb und Stiche verhindern [365] kan. Solche Teuffels-Künstler aber lehren dabey, daß sie wohl den Leib bewahren, aber für die Augen, Mund und etliche andere Glieder keine Sicherheit versprechen könten: woraus dann der Betrug leichtlich abzumercken ist.

Im VIII. Jenaischen Theil Herrn D. Lutheri p. 121. erzehlet er: Daß zu Hertzog Albrecht zu Sachsen ein Jud kommen, und ihm einen Knopff geben, so mit seltsamen Charactern und Zeichen gemachet war, derselbe solte dienlich seyn für kalt Eisen, Stechen und Schiessen: da sagete gemeldter Hertzog: So will ich diese Kunst am ersten an dir probiren, führete hierauf den Juden für das Thor ins Feld hinaus, hinge ihm den Knopff an den Halß, gleichwie er damit den Hertzog belehret hatte, zohe sein Schwerdt aus und durchstach ihn; da hat ihn nichs geholffen seinSchemhamphoras, Tetragrammaton und andere seine Gauckeleyen. Und ob sie wohl einwenden und sagen, daß kein Beschwerniß und Bündniß mit dem Satan vorlauffe, ja daß natürliche, den meisten aber verborgene Ursachen seyen, durch welcher Wissenschafft und Erkänntniß man möge Schuß-frey werden: als was von dem Gemsen-Kraut gesaget wird, daß solches die Thiere, von welchen es den Nahmen, so erharte, daß ihnen der Jäger nicht beykommen möge. Ob dem also, stehet zu erweisen; wäre es aber, so kan gleich so [366] wohl des Teuffels Verblendung mit unterlauffen, durch welche er seine Künstler ins Verderben, sich aber in Vertrauen zu setzen pfleget, und mit einer Wahrheit zehen Lügen an Mann zu bringen weiß. Man sehe aber solcher Leute ihr Ende an, so wird man gewiß erfahren, daß sie mit Schröcken zu Grund gegangen und elenden Todes gestorben seyn.

Wir wollen diese Frage etwas genauer untersuchen, ob auch durch natürliche Mittel ein Mensch könne vest oder gebacken werden. Solches wird durch die vielfältige Erfahrung an den Gemsen, Hirschen, Rehen und Eichhörnlein bestättiget, daß zu Zeiten, wann sie von gewissen Kräutern, Wurtzeln oder Früchten essen, sie dermassen vest und hart werden, daß sie vielfältige Schüsse aufhalten, ohne im geringsten verletzt zu werden, wie dann einige Eichhörnlein wohl sieben Schüsse mit Kugeln bekommen haben, ohne Verletzung, daß, wann sie vom Schlag der Kugel vom Baum herunter gestürtzt worden, sie sich bald wieder ermuntert, und zum Baum hinauf gerennet seyen. Solche Vestigkeit aber dauret über 2. Tage nicht, es wäre dann, daß ein solches Thier von solcher Frucht wieder aufs neue fresse. Dieses wissen die erfahrne Jäger gar wohl, dannenher, wann sie auf einen Hirsch oder ander Thier schiessen, welches vest ist, so lassen sie es bis an den dritten Tag lauffen, bis solche Vestigkeit [367] fürbey ist, da sie es dann nach Wunsch schiessen und fällen können. Einer solchen Vestigkeit kan ein Mensch, dem diese natürliche von GOtt dazu begabete Mittel bekannt seyn, sicher und ohne Scrupel sich mit gutem Gewissen bedienen: dieweil dazu keine verbottene aberglaubische Mittel angewendet werden, welche wider die Seele streiten. Eine solche Gefröre oder Vestigkeit mag auch von niemand aufgelöset werden; sondern sie hält den Stich, bis die Krafft der vestmachenden Frucht oder Speise durch die Circulation ihren Lauff vollendet hat, und der Leib zu der vorigen Disposition gelanget: dann GOtt und die Natur haben dem Menschen viel Geheimnisse verborgen, dieweil, wann solche bekannt wären, grosser Mißbrauch daraus erwachsen würde.

Dieses alles sind solche Künste, mit welchen sich ein rechter Christ wenig oder gar nicht behencket, solchem auch nicht anständig seyn, sondern vielmehr von ruchlosen Soldaten und anderm verwegenen Gesindel, aufgesuchet werden, welcher sie sich zu bedienen pflegen. Es sind noch Exempel bekannt, daß solche Leute, durch des Teuffels Hülfe und Verblendung, sich nicht allein im Krieg vest gemachet, sondern auch gantze Esquadronen Reuter und andere Soldaten ins Feld stellen können. 3 Wie dann unter König Gustavi Adolphi, in Schweden, Reuterey, ein gewisserOfficier gewesen, [368] welcher, wann er auf Parthey ausgegangen, und an eine feindliche Parthey gestossen, gegen welcher er sich zu schwach befunden, alsobald ein paar Squadronen mehr, oder wohl gar ein gantzes Regiment dem Feind ins Gesicht gestellet, und ihn dadurch in die Flucht bracht; bisweilen auch wohl etliche, die ihm sonst an Mannschafft überlegen gewesen, mit sehr wenig natürlichen Soldaten, in Begleitung vieler unnatürlichen, aus dem Quartier verjaget und geschlagen haben. Und auf Kayserlicher Seiten hat der damahls sehr berüchtigte Immernüchtern mit eben dergleichen Stücklein den Schweden manchen glücklichen Streich beygebracht; endlich aber hat ihn sein Meister von solcher Kunst verlassen, und ist den Flegel-Fechtern, nehmlich den Bauren, in die Hände gerathen, welche ihm mit Knütteln, Aexten und Wagen-Scheitern den vestgemacheten Leib so mürb geklopffet, daß er seinen unseligen Geist aufgeben müssen.

Schererzius schreibt, daß bey seiner Zeit aus solcher Mord-Grube des Teuffels zween erfahrne Kriegs-Männer, durch GOttes Barmhertzigkeit endlich noch heraus gezogen und errettet worden. 4 Diese zween hatten sich allbereit eine lange Zeit mit solcher Teuffels-Kunst im Kriege beholffen, auch gleichfalls viele andere darzu verleitet, und unter andern Stücklein gantze Compagnien oder Squadronen von Reuterey[369] durch Gespenster den Bauren vorgestellet, wann ihnen der Lust ankommen, ein Dorff auszuplündern. Endlich hat GOtt diesen verblendeten Teuffels-Sclaven, unter Anhörung seines Worts, das Hertz gerühret, daß sie den Greul solcher Händel in Betrachtung gezogen, und in ihrem Alter sich bey dem Kirchen-Diener demüthigst angegeben, und mit Bewilligung des Raths dessen Orts, etliche Muster ihrer Teuffels-Possen daher gemachet, hernach öffentliche Kirchen-Buße gethan, und sind also aus des Satans Banden glücklich erlöset worden. Schererzius de Spectris, in fine Admonitionis decimæ lit. I.


Es wollen auch einige dafür halten, daß solche Teuffels-Künstler nicht nur im Feld, sondern sogar in der Lufft solche satanische Soldaten aufstellen könten, und schreibt man von Berlin unterm 8. Januarii 1675. daß sich daselbst in der Stadt, und ausser solcher in derselben Gegend herum, eine Reuterey von vielen Regimentern in der Lufft sehen lassen, die augenscheinlich gegeneinander gestritten, daß man das Handgemeng gar eigentlich erkennen, die Degen klingen hören, auch das Feuer der geloseten Carabiner und Pistolen deutlich seyen, doch keinen Knall vernehmen können. 5 Darbey wurde auch berichtet, es wäre solch Gespenst zuletzt gar bis an die Vorwachten kommen, und [370] dreyen Reutern auf die Haut gedrungen, hätte auch dieselbe gar angerühret, welche, in Meynung es wären rechte Männer, Feuer darauf gegeben: Anfangs hätte man davon wenig oder gar nichts glauben wollen; als man aber nachmahls nicht allein verschiedene Reuter, so die Wacht gehabt, selbst besprochen, indem es wohl 8. Tage lang continuiret, sondern auch ihre Officier, die es mit angesehen, solches bekräfftiget, habe man endlich die Sache glauben müssen.

Obwohl oben angeführet, daß Gemse, Hirsche, Rehe, Eichhörnlein zu Zeiten, wann sie von gewissen Kräutern gegessen, vest seyn solten, und von Jägern nicht gefället werden können; so hat dannoch mir dißfalls ein alter beruffner Gemsen-Jäger im Glarner Land freywillig gestanden, daß er sehr viel, ja etliche hundert Gemsen auf den höchsten Stein-Klippen gefället, aber in 40. Jahren keine angetroffen, so vest gewesen wäre, sondern was er getroffen, hätte unfehlbar fallen müssen, dahingegen andere, wann sie wohl 5. à 6. Fehl-Schüß gethan, hernach andern weiß machen wollen, die Gemß oder das Rehe wäre vest, und nicht zu fällen gewesen, um dadurch ihre Ungeschicklichkeit zu bemänteln. 6 Von Abfällung der Eichhörnlein ist gar wenig Ruhms zu machen, dann gewiß ist, wann einer nach solchen auf einen Baum schiesset, und gleich nicht trifft, [371] daß solches für Schröcken des Knalles vom Schiessen auf den Boden fället, und Angesichts wieder aufstehet und davon läuffet, wie mir selbst begegnet, da ich nur einen blinden Schuß für Spaß auf solch Thierlein gethan, es alsbald vom Baum gefallen, welches mein Jung auch im Moment ergriffen, und mit sich nach Hause genommen. Andere verläugnen die Kunst völlig und widersprechen, daß entweder nicht wahr sey, was gesaget wird, daß dieser oder jener sich könne Schuß- oder Stichfrey machen, und daß man es dem Glück zu dancken habe, daß dieser oder jener dem Stich oder Hieb eines Degens, und dem Stoß einer Kugel auf diese Weg entgangen, daß er zwar den Stich und eine Kugel von seinem Leib, selbst an solchem Ort, da es andern tödtlich ist, aufgefangen habe, und nicht verletzt worden; oder, daß es durch natürliche Mittel geschehen sey, welche etlichen bekannt, vielen aber verborgen seyn, wie dann gewiß ist, daß ein Kollet, und manche gedoppelte Hembder, unter welchen ein nasses ist, natürlich einige Bewahrung wider die Hieb geben könte. Die beste Vestmachung beschreibet uns der Königliche Prophet David in seinem 91. Psalm / daß, der in dem Schutz des Allerhöchsten ist, sagen kan: Ob tausend fallen zu deiner Rechten, und zehen tausend zu deiner Lincken, so wird dich es doch nicht treffen. Dann er hat seinen Engeln befohlen [372] über dir, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen. Er will bey dir seyn in der Noth, er will dich heraus reissen und zu Ehren machen, und will dir zeigen sein Heyl.

Marginalien

1 Ob solches natürlich geschehen könne.
2 Geschicht vom Vestmachen / so bey einem Duell fürgangen.
3 I. Geschicht.
4 II. Geschicht.
5 III. Geschicht.
6 Gemse / Hirsche / etc. ob solche zuweilen vest seyn.

27. Vom wütenden Heer

XXVII.

Vom wütenden Heer.

Was von dem wütenden Heer vor alten Zeiten gesaget worden, und was solches vor eine teufflische Spückniß, davon ist, GOtt lob! unter dem gemeinen Volck nicht vielmehr bekannt, und hat solches seine Endschafft erreichet, sobald die Evangelisch-Lutherische Lehre ihren Anfang genommen. Dessen Erscheinung ist vormahl in folgender Gestalt bemercket worden: Gemeiniglich zu heiligen Zeiten, sonderlich vor dem heiligen Christ-Fest / hat sich auf dem Land in unterschiedenen Bauer-Höfen ein groß Getümmel mit Trommeln und Pfeiffen um die Mitternacht-Stunde hören lassen, da ist dann, im Angesicht vieler Leute, eine gantze Schaar Geister anmarchiret kommen, welche durch den Bauren-Hof gezogen, aber niemand einiges Leid zugefüget, und hat mir in Sachsen-Land noch ein alter Bauer erzehlet, daß, da solches Heer ankommen, sein Knecht [373] aber nicht entfliehen können, habe er sich unter eine grosse Bütte gesteckt, solche aber sey ihm über den Kopff gestürtzt worden, und hätte ihm anders nichts geschadet, als daß er davon einen grossen Schröcken ausgestanden. In der Eydgenoßschafft lieget in der Grafschafft Sarganz die Herrschafft Warthau, welche allesammt in eine Kirche, reformirter Religion, gehen, auch alle Todte auf derselben Kirchhoff begraben, daselbst geschiehet es noch zum öfftern, daß sich ein solches wütend Heer mercken lässet, und denen Leuten bey heiterm Tage, sonderlich um die Mittags-Stunde, auf dem Kirchwege, in einer holen Strasse, eine solche Procession, jedoch in aller Stille, begegnet, welche öffters einen bedeckten mit Ochsen bespanneten Wagen vor sich her treiben, der mit einem schwartzen Tuch bekleidet ist, in eben solcher Form, als wie die Leute dieses Ortes ihre Todten zu Grab begleiten. Wann solches hernach bis an die Kirchhoffs-Mauer kommet, so verschwindet alles im Augenblick, und diese Geister-Procession lässet sich gemeiniglich sehen, wann ein Mann in der Herrschafft, so ein wenig in Consideration ist, sterben soll. Obzwar die Reformirten von solchen Geistern und derer sichtbaren Erscheinung, wenig glauben wollen, so hat es dannoch die Erfahrung in gedachter Herrschafft vielen belernet, und also glaubend gemachet, daß sie solches andern Leuten [374] als eine pure Wahrheit aufbürden. Wir wollen allhier mit anführen, was Frasm. Francisci in seinem höllischen Proteo von dieser Materie berichtet in folgendem: Das wütende Heer (schreibt er) wird von manchen für den gespenstischen Aufzug des sogenannten treuen Eckards verstanden; insgemein aber meynet man heutiges Tages damit das Jagd-Geschrey und Gebelle der Hunde, so der Teuffel manchesmahl bey der Nacht in den Wäldern anrichtet, und von Reisenden vielfältig gehöret wird. Und in dieser letzten Bedeutung ist es zu nehmen, was ich itzo erzehle.

Aus gutem Grund wird der böse Feind in heiliger Schrifft einem Jäger und Vogelbeytzer verglichen, der dem Wind und Geflügel Strick und Garn leget. Seine Versuchungen sind Netze und Lock-Körner, womit er die unfürsichtige Seelen zu fahen bemühet ist, und wie ein unverdrossener Jäger weder Hitze noch Kälte scheuet, sondern Tag und Nacht dem Wilde nachstellet, auch, ob er gleich etlichmahl mit ledigem Garn heimkehren muß, dennoch bald wieder kommet, dem Fange oblieget und lauschet: also, wann gleich der geistische Jäger bisweilen mit seinen Pfeilen einen Blossen schießt, und fehl zielet, und seine aufgespannete Strick nichts als leeren Wind fahen, wird doch seine Unverdrossenheit dadurch nicht abgeschröcket, sondern vielmehr ermuntert: seine gefährliche [375] Jagd-Lust und Fang-Begierde nicht abgekühlet, sondern allererst heisser entzündet. Die Lufftstreiche sind seines Hirschfängers Wetzsteine, darauf sie nur geschärfft werden. Dahero der Mensch, die gejagete Hindin, immerdar auf alle ihre Tritte sehen muß, daß er den Schlichen dieses unermüdeten Jagers nicht zum Raub werde, und dem Zeitlichen nicht so sehr nachjagen, damit er nicht erjaget noch gefangen werde, der die Sicheren am meisten berucket.

Ausser solcher unsicheren Jägerey aber, stellet der böse Geist auch manchesmahl eine sichtbare Jägerey, oder vielmehr ein Affen-Spiel der Jagd an, den Leuten entweder zum Spott oder Schröcken; oder auch, daß er sie, zumahl wann er sich in eines Verstorbenen Gestalt darbey sehen läßt, mit falscher Einbildung, es seye der Verstorbene selbst, der also in den Wäldern herum gehe und jage, betrüge. Wie dann vor diesem die Dännemarcker geglaubt, der Geist ihres ruchlosen Königs Abel ritte in den Wildnissen und einiger anderer Orten, auf der Jagd sichtbarlich herum, da es doch ein pur-lauterer Aufzug des Teuffels gewesen. Man versichert, daß er auch wohl manchmahl etlicher annoch lebenden Personen Gestalt und Wesen zu jagen gar lebhafft vorstelle.

In meiner Jugend ward solches, in einem gewissen Lande, von einem hochbegüterten alten Cavallier /der seinen [376] Unterthanen sehr übel, unchristlich und tyrannisch, mitzufahren pflag, gar starck geredet: nemlich, daß man, da er noch lebete, gar offt in den Wäldern sein Ebenbild erblicket, darneben auch seine Stimme gantz känntlich schreyen hörete. 1 Ob der blosse und allgemeine Haß seiner Wüte, oder die Wahrheit solches Gerücht ihm erwecket habe, kan ich nicht wissen: so viel aber ist meinem Gedächtniß noch bekannt, daß er über die masse gern zu jagen, und die armen leibeigene Leut damit genug abzumatten pflegete. Wann sie aber aus Ungedult, davon in andere Länder fliehen wolten, und durch seine Nachsetzung wieder erhaschet worden, wurden solche von ihm übel tractiret.

Es sey nun gleich solche gespensterische Erscheinung seiner Person auf der Jagd ein Geschicht oder Geticht, so glaubet man doch gar gern, daß GOtt dergleichen Fürstellung dem Satan offtmahl zulasse, solchen Leuten zu Spott, die ihr Hertze mit dem Jäger-Netze gantz verstrickt, hingegen das Band der Liebe, gegen ihren geplagten Unterthanen, gäntzlich zerrissen; den Wald mehr als den Himmel verlanget, ein Wild höher als GOtt und sein Wort geschätzt haben. Von einem dergleichen Jagd-ergebenen Edelmann erzehlet Johann Rist mit folgendem:

Ein Edelmann / welcher bey guten gesunden Tagen der Jägerey, mit gröster [377] Beschwerde seiner armen Unterthanen, ergeben gewesen, kame endlich durch grosse Kranckheit so weit, daß jederman an seiner Aufkunfft und fernerem Leben zweifflete. 2 Als er aber fast an seinem Ende von seinem Seelsorger ermahnet worden, sich mit dem geistlichen Zehr-Pfennig des Heil. Nachmahls zu versehen, und sich GOtt durch ein bußfertiges Gebet zu empfehlen, hat er auf sein gut Hollsteinisch geantwortet: Ja / ja / dat kümt noch wol! (Es sey noch gute Zeit damit) hingegen hat man ihm noch alle seine Jagd-Hunde in das Zimmer hohlen müssen; und nachdem dieselbe ihrer Weise nach, ein grosses Jagd-Geheul und Gebell angefangen, hat er mit gefaltenen Händen, seines Theils gar beweglich, an Seiten der Umstehenden aber gantz lächerlich, gesprochen: O du lewe GOtt! welck ein arm verlaten Hüpken hinterlat ick! (Ach du lieber GOtt! welch ein arm verlassenes Häufflein hinterlaß ich!) und also mehr für seine Hunde, als für seine arme Seel, Weib und Kinder gesorget. Von dergleichen Jagd-ergebenen ruchlosen Personen, ist die Rechnung leicht zu machen, daß der Teuffel nach ihrem Tod, ihr Gedächtniß in den Wäldern offt begehe; ihre Gestalt und Jagd-Manier nachäffe, und die Leut dadurch erschröcke.

Es lieget ein paar Meilen von hiesiger Stadt ein grosses Dorff, und allernächst [378] daran ein Wald, daselbst muste ich einsmahls auf der Reise im Wirths-Hause übernachten, als ich nun nach dem Abend-Essen, mich ungefehr um halb zehen Uhr, schier zur Ruhe legen wolte, und mit meinem Reise-Gespan am Fenster stunde, erhub sich in dem Walde ein überaus lautes Jagd-Geschrey, Gebell der Hunde und anders Getümmel, nicht anders als ob man im vollen Hetzen begriffen wäre: 3 und solcher Jagd-Lermen währete schier eine halbe Stunde; schallete bald lauter, bald gelinder, bald näher, bald weiter; bis er sich endlich tieff in den Wald hinein zu ziehen und zu verliehren schien. Ob es hernach, da ich allbereit schlieff, nicht wieder angefangen, kan ich nicht wissen. Des Morgens berichtete uns der Wirth, daß es um den Neu-Mond, der damahls eben im Eintritt war, allzeit sich also hören liesse. Diesemnach glaub ich seit dem nun so viel desto leichter, was der Theologus D. Müller /in seinem Informatorio gedenckt: Daß ein Fürstl. Mecklenburgischer Secretarius ihm erzehlt, er hätte sich einsmahls im Wald dergestalt verirret, daß ihn die Nacht daselbst befallen, und sich bald hernach ein grosses grauerisches Geräusch und erschröckliches Getümmel, als gleichsam eine starcke Jagd von weitem hören lassen, weswegen er eilends abgestiegen, sein Pferd an einen Baum gebunden, [379] unter dem nechst darbey stehenden Baum sich auf die Erde geleget, und in seinen Reise-Mantel gewickelt: da dann endlich das sogenannte wütende Heer, näher gekommen, mit einem entsetzlichen Jagd-Getöse, Gehetze und Geheule, hart neben ihm vorbey getrabet, ohne einige Berührung und Verletzung seiner Person.


Allhier wollen wir noch einige Jagd-Geschicht anführen: 4 König Heinrich der Vierdte / welcher ein grosser Liebhaber des Jagens war, zuweilen aber die Masse darinn zu weit überschritte, daß ihm endlich diese Abentheuer begegnete. Er hatte einsmahls in dem Forst bey Fontaineblau, eine Jagd angestellet; als er einen Hauffen Hunde bellen, auch darbey das Jäger-Horn schallen, viel Leute ruffen und schreyen hörete; Allerdings, wie es zugehet, wann man dem aufgetriebenen Wilde nachsetztet: Solches lautete zwar Anfangs, als obs noch ziemlich ferne und ungefehr eine halbe Frantzösische Meile weit, von ihm wäre, es kame aber in einer Minuten gar nahe. Dieses begunte den König zu verdriessen, daß sich jemand erkühnen dürffte, ihm seine Lust zu zerstöhren, in einer solchen Gegend, die den Königen in Franckreich allein zu ihrer Ergötzlichkeit vorbehalten wird; schickete derohalber den Grafen von Soisson hin, nebst etlichen andern, um solche kühne Jäger [380] aufzusuchen; derselbe ritte mit seinen Gefährden fort, konten aber nichts antreffen: Sie höreten zwar alle das Geschrey, und das Getöse, bekommen aber weder Menschen noch Hund ins Gesicht, können auch keinen gewissen Ort finden, da das Geschrey sich hören lassen. Nachdem sie also eine gute Weile sich vergebens bemühet hatten, tritt aus dicken und finstern Hecken, ein langer schwartzer Mann hervor, und redet sie an; was er sagete, konten sie, vor Bestürtzung eigentlich nicht verstehen; Etlichen dauchte, als ob er spräche: M'attendez vous? Wartet ihr auf mich? etlichen, als sagete er: M'entendez vous? Verstehet ihr mich / oder wisset ihr / wer ich sey / und was ich hiemit sagen wolle? Andern aber kame es, und zwar am glaublichsten vor, als spräche er: Amendez vous! bessert euch! Weil, nach solcher redenden Stimme, das Gespenst gleich verschwand, fanden sie nicht rathsam, weiter fortzureisen. Nachmahls befragete man die Schäffer, Köhler und andere Arbeits-Leute, welche sich in diesem Wald gemeiniglich aufhielten, und vernahm von ihnen so viel Bericht, daß sie offt einen schwartzen Mann gesehen, der mit Hunden aufgezogen käme, gleich ob er jagen wolte, doch ihnen gleichwohl kein Leyd thäte; und von ihnen [381] der grosse oder lange Jäger genannt würde.

Von einem vormahligen Marggrafen zu Brandenburg / schreibt man: 5 Daß er der Jagd allzusehr nachgejaget, und mehr einen Jägermeister als einen Regenten abgegeben; als er aber einmahls einem wilden Schwein sehr inständig und eifrig nachgeeilet, habe er sich darüber in dem Wald verirret, also, daß er sich von seinen Jagd-Leuten und Dienern verlohren; und als er des Nachts über in der Wildniß sein Quartier nehmen müssen, je weiter er nun geritten, je finsterer ist es ihm für den Augen worden; weil nun bey solcher finstern Nacht sehr übel fortzukommen, und in solchem Wald leichtlich mit dem Pferd hätte stürtzen können, und also seine gesunde Glieder, oder gar das Leben in Gefahr setzen müssen, ist er abgestiegen, und hat sich unter einen Baum niedergesetzet.

Wie graußlich bey solcher Entfernung von allen Menschen einem solchen Herrn, der sonst mit so viel Dienern umgeben, ihme der Ort bey so häßlich-schwartzer und unleutseliger Nacht vorgekommen, ist leicht zu ermessen. Noch gleichwohl wäre dieser Herr damahls lieber in seiner Einsamkeit allein gewesen, als sich von einer höchst-verdrießlichen und unmenschlichen Gesellschafft umschränckt gesehen. Dann [382] es hatte nicht lange angestanden, da hatte der höllische Nacht-Affe, der Teuffel, für seinen Ohren gleichfalls ein Jagd-Gehetze angestellet, und ist also der arme Marggraff, von allerley teufflischen Gespenstern gantz grausamlich angefochten und geplaget worden: darum, daß er die armen Unterthanen, mit seiner unmäßigen Jägerey, gar zu unbarmhertzig mitgenommen, und zu schanden gebracht: Daher er dann daselbst auch ein ziemlich Schweiß-Bad ausstehen müssen, daß Fürsten und Herrn, wann sie in ihrem Beruff stehen, auch lernen müssen, in solchem, als Göttlichen Statthaltern gemäß, zu wandeln; damit solche der Satan selbst scheuen und fürchten müsse. Es hat aber dieser Fürst, nachdem er solche Jäger- und Schröck-Geister um sich gehabt, ihme solches zu einer guten Correction dienen lassen, und sich die Jagd-Sucht nechsthin nicht mehr so sehr einnehmen lassen.

Hildebrand in seiner Magia naturali beschreibet pag. 33. eine wunderbarliche Historie, welche Doctor Antonius, aus dem Vincentio Belluacensi im 26.Buch seiner Historien p. 2. sum. Histor. tit. 16.cap. 7. §. 4. von der Veneris Bildniß, aus welchem Kornmann dieselbe gezogen, welche einem wüthenden Heer fast gleich, als nemlichen: 6 Zu den ZeitenKayser Heinrichs des Dritten / ward [383] zu Rom ein adelicher und reicher Jüngling, so da neulicher Zeit ein Weib genommen, der empfing seine gute Gesellen mit einem stattlichen Hochzeit-Mahl: nach dem Mittags-Essen sind sie aufgestanden, hinaus gangen mit dem Ballen, um sich zu erlustigen, der Bräutigam, als Führer des Spiels, fordert einen Ballen, und damit ihm sein Trau- und Braut-Ring nicht ausfiele, hat er ihm, dem Bild Veneris, so nicht weit von dannen stunde, an den Finger gesteckt.

Als sie nun allda auf den Bräutigam zugeworffen, ist er bald ermüdet, von dem Spiel abgestanden, und zu dem Bildniß gegangen, seinen Ring allda wieder zu nehmen. Was geschicht: Er findet den Finger, der sonst gantz strack und gerade gestanden, in die Hand eingekrümmet, und wie sehr er sich auch unternommen, den Ring wieder zu nehmen, hat er doch den Finger nicht biegen, und den Ring mit Gewalt abziehen können; kehret aber wieder zu seinen Gesellen, und saget ihnen nichts davon. Gegen Mitternacht ist er mit seinen Dienern zu dem Bildniß gegangen, und findet an demselben, wie am Anfang, den Finger wieder gerad ausgestreckt, aber ohne dem Ring: und als er seinen Verlust andern erzehlet, fügete er sich nach Hause zu seiner Braut; als er aber das Braut-Bett beschritten, und sich seiner Braut nahen wollen, verspührete er eine [384] Verhinderung, und fühlet, daß etwas nebelichtes und dickers, zwischen ihm und dem Leibe seiner Braut sich wältzete, konte aber nichts sehen, wurde aber durch diese Verhinderniß von der Braut in ehelichen Verrichtungen abgehalten; hörete auch eine Stimme, sagende: Schlaff bey mir / weil du dich heut mit mir vermählet hast. Ich bin die Venus, der du heut deinen Ring an ihren Finger gesteckt hast, und ich will dir denselben nicht wiedergeben. Durch solch Wunderwerck ist der Jüngling erschrocken, daß er kein Wort zu reden vermocht: bringet also diese Nacht ohne Schlaff mit tausenderley Sorgen zu, und sinnet dieser Sache nach; aber, so offt er sich zu seiner Liebsten nahen wolte, so ware ihm obgedachte Hinderniß im Wege, und dieses währete lange Zeit, ungeachtet ihme doch an Kräfften und seiner Mannheit nicht das wenigste benommen ware; endlich ist er durch des jungen Weibs Bitte ermahnet worden, daß er solches Unheil seinen Eltern entdecket hat. Als solche dessen benachrichtiget, gehen sie, nach gepflogenem Rath, zu einem Priester in der Vorstadt, mit Nahmen Palumbo, und wolten sich dessen Hülff bedienen, dann er war ein erfahrner und in bösen Sachen wohlgeübter Schwartz-Künstler. Nachdeme er nun durch gute Geschencke gereitzet, hat er dem Jüngling einen Brief gegeben, und gesaget: Gehe zu der Stund[385] des Nachts auf einen Wegscheid, da vier Wege zusammen gehen, und stehe still, allda werden fürüber gehen Gestalten von beyderley Geschlecht Menschen, allerley Alters und Standes, zu Roß und Fuß, einige frölich, einige traurig, und was du auch hören wirst, solt du dannoch kein Wort sagen oder reden; es wird dem Hauffen ein langer Mann von Statur nachfolgen, dick und feist von Leib, auf einem Wagen sitzende; diesem geb stillschweigend den Brief zu lesen, so wirst du alsbald deiner Bitt gewähret seyn. Der Jüngling thät alles, was er gelehret ward, und hat unter andern allda gesehen ein hurisches Weib, an Tracht und Kleidung, auf einem Maul-Esel reitend, deren Haar am Rucken hinten herab hangende, mit einer güldenen Hauben, und in der Hand eine güldene Ruthe führend, damit sie den Maul-Esel regierete, wegen Zartheit und Durchsichtigkeit der Kleider aber gantz nacket, seine unzüchtige Geberden damit anzeigende. Zuletzt kame der Herr des Hauffens, sahe den Jüngling erschrecklich an, fragete, was er allda für seinem prächtigen Wagen machete, welcher von Smaragden und Perlen herrlich gezieret war; der Jüngling aber gab nicht die geringste Antwort, und reichete ihme mit ausgestreckten Armen den Brief dar. Der Teuffel, so das Siegel wohl kante, und also nicht verachten konte, lase den Brief, und mit aufgehabenen Händen [386] gen Himmel sagende: O! du allmächtiger GOtt / wie lang wilt du zugeben der Boßheit des Priesters Palumbi. Und ohne Verzug schickte er seine Trabanten, so da den Ring von der Venere wieder forderten, worzu dieVenus zwar lange nicht willigen wolte, dennoch aber ihn endlich wieder gegeben hat. Also ist der Jüngling seiner Bitt gewähret worden, und hat hernach ohne Hinderniß seiner lang gewünschten Vergnügung, der begehrten Liebe, bey seiner Geliebten theilhafftig werden können. Palumbus, der Priester, aber, nachdem er des Teuffels Schreyen an GOtt vernommen, hat er dadurch verstanden, daß ihm damit sein Ende des Lebens angedeutet worden, und hat ihm derowegen alle Gliedmassen des Leibs selbst abgehauen, und ist also erbärmlich und elendiglich gestorben, nachdem er unerhörte Bubenstück dem Römischen Volck gebeichtet hatte.

Obbedeuteter Hildebrand in seinem Kunst- und Wunder-Buch P. II. p. 132. gibt seine Meinung vom wütenden Heer in folgendem: Nun lasset uns declariren, was da sey das wütende Heer; das ist eine Versammlung aller derer, oder vieler Hexen, Unholden, Hängsten, Zauberern, die zusammen kommen in einem Rath, ihr Geschäfft zu handlen, richten aus, was sie in ihren Häusern nicht [387] mögen zuweg bringen, zu capituliren, zu unterrichten, zu lernen, zu ertragen, zu conspiriren, einzuschreiben, zu bezeichnen, zu huldigen, Gelübniß geben, und was ihre Bündnus in sich hält, aufzurichten, einander zu befehlen, was Unraths sie stifften wollen, auch was ein jeglicher für sich selber auszurichten habe, und also ihr Laster und Hexen-Werck vollenden. etc. Mit dem wütenden Heer, kommen allzusammen, von allen Nationen, führet sie der Teuffel über Stock und Stöcke, Dörffer, Städte, Land, Leute, Berg und Thal, mit grossem Geschrey, erschröcklichem Greuel, führet ihn der Ascendens-Teuffel vor und nach, bis sie kommen auf den Platz, den sie verordnet haben, da genesen sie ihre Kinder, und richten alle ihre Handlung aus. Wiewohl von dem Fahren kein Zweiffel ist; dennoch ist ein anderer Fall, darinn die Weiber betrogen werden: dann es begibt sich offt, daß eine Hexe von ihrem Ascendenten zu fahren begehret, dieweil aber nicht Platz noch Convocation zu derselbigen Zeit fürhanden ist, verstopfft der Ascendent der Hexen Schläffe, hefft ihre Organa auf, senckt einen tieffen Schlaff in sie, lässet ihr das Fahren im Traum fürkommen, daß sie nicht anders wehnet, denn sie fahre dahin, zabelt, schreyet und wütet, wie sie in allen Freuden der Hexen sey. Es ist aber diesem Autori in seiner Meynung nicht [388] allerdings beyzufallen, welches an einem andern Ort mit mehrerm erwartet werden soll.

Marginalien

1 Cavallier jaget noch nach seinem Tode.
2 I. Geschicht.
3 II. Geschicht.
4 III. Geschicht.
5 IV. Geschicht.
6 V. Geschicht.

28. Vom Geheim-Geist - oder Spiritu Familiari

XXVIII.

Vom Geheim-Geist / oder Spiritu Familiari.

Es sind die Spiritus Familiares oder Geheim-Geister / bey den sogenannten gottlosen Christen so gemein worden, daß viele sich bemühen, dergleichen Teuffel in Besitz zu kommen, welcher sich sodann auch nicht lang säumet, sondern gar bald zu erscheinen pfleget: 1 Es wird solcher aber von den GOtt-abtrünnigen Leuten auf vielerley Weise und Würckungs-Krafft gesuchet: einige verlangen einen solchen Geist, der ihnen wahrsaget; andere, der ihnen Geld bringet; noch andere, der ihnen zu ihrer viehischen Unkeuschheit dienen soll: Andere suchen solche zum Glück im Spielen, zum Vestmachen; Zu Ersindung allerley Künsten, zur Gelehrsamkeit in mancherley Sprachen; andere aber sich bey grossen Herrn in Gnade und Gunst zu setzen.

Was aber eigentlich ein Spiritus Familiaris ist, kan derselbe anders nicht als ein [389] verdammter Höllen-Brand oder Werck des Teuffels, ja der Teuffel selbst genennet werden, welcher sich von seinen Anhängern an einfältige oder GOttes-vergessene arme Menschen um ein liederliches oder wohl gar umsonst verkauffen oder hingeben lässet, mit dem Beding, daß derer Possessores ihn Zeit Lebens behalten müssen, oder ja, wo sie dessen ledig werden wollen, einem andern übergeben können; ja der zweyte könte ihn auch noch an den dritten bringen, welcher ihn auch bis an seine Sterb-Stunde behalten müsse: wo hernach solcher Teuffel mit dem Abgestorbenen hinfähret, dahin wünschet ihm kein rechtschaffener Christ zu kommen. 2 Siehe, so subtil kan sich der leidige Satan bey dem Menschen einschmeichlen, und solchen sicher machen, damit er ihn hernach desto vester in seinen Schlingen verstricken möge: dann es seynd viel einfältige Leut, die es gar für keinen Fehler noch Sünde achten, wenn sie nur dergleichen Spiritus bekommen könten: andere seynd in Gedancken, es sey eine Sache, welche man bey Kauffleuten ums Geld erkauffete; gehen auch in der Dummheit hin, und forschen öffentlich nach, selbige zu erhandlen: 3 Wie mir dann noch in gutem Gedächtniß, daß ein arm einfältig Bauren-Weib / um einen Spiritum Familiarem zu bekommen, einen fernen Weg, aus dem Fürstl. Bischöffl.[390] Eichstädtischen Gebiet, bis nacher Leipzig in die Messe gelauffen, und sich in dem Auerbachischen Hof daselbst bey einen fürnehmen Kauffmann in Laden begeben, und ernstlich um einen Spirit. Familiarem angesuchet; ob wohl der Kauffmann anderer Geschäfft wegen selbige bald abgewiesen; kommet sie doch zum drittenmahl und bittet, ihr doch darzu behülfflich zu seyn, sie wäre so einen weiten Weg gereiset, und dörffte nicht wieder zu ihrem Mann kom men, wann sie ihm keinen Spirit. Familiar. mitbrächte; sie wolle ihn gerne zahlen, und hätte ihr ihr Mann 6. Batzen baar Geld darzu geben. 4 Der Kaufmann, ob er schon verdrießlich worden, bekommet doch über der Frauen Einfalt eine sonderbare Erbärmde: und sendet einen seiner Bedienten an dasige Stadt-Gerichten, und übergibt die Sache zu derer Erörterung. Der damahlige Stadt-Richter, nunmehro seel. D. Schacher, sendet alsobald einen Spiritum Familiarem, nemlich einen Häscher oder Stadt-Knecht, und lässet das Weib abhohlen, und in eine leidliche Verwahrung setzen: des folgenden Morgens wird diese Käufferin ernstlich examinirt, da sie dann ungescheuet saget: Sie hätte gehöret / daß zu Leipzig im Auerbachischen Hof solche Dinger zu verkauffen wären / die den Leuten Geld brächten; weil sie nun so blut arme [391] Leute wären, und wenig mit ihren Kindern zu leben hätten, sey sie von ihrem Mann mit 6. Batzen Geld, so all ihr Vermögen gewesen, abgeschickt, einen solchen Spiritum zu kauffen, mit dem Bedeuten, nicht wieder für seine Augen zu kommen, wann sie keinen mitbringen würde: Die gedachte Löbl. Stadt-Gerichten aber redeten dem Weib anfänglich hart zu, und stelleten ihr vor, wie hoch straffbar sie wäre, daß sie so vermessen zu redlichen Leutgen kommen, ihnen anmuthen dörffen, daß sie ihr den Teuffel verkauffen solten, nachmahls aber ermangelte es auch an guter Lehr und Vermahnung nicht, von solcher Boßheit abzustehen: und zu mehrerem derer Unterricht, wurde ihr ein Gotts-gelehrter Geistlicher, damahl, meines Bedünckens, Hr. L. Seligmann / Archidiaconus zu St. Nicolai / beruffen, der muste diesem einfältigen Weib Lehr, Unterricht, Vermahnung und Trost aus Göttlichem Wort zusprechen, sie ihrer Einfalt wegen treulich für der List des Teuffels verwarnen, und unterweisen: nachdem dieselbe alles mit heissen Thränen bereuet, auch angelobet, es ihrer Catholischen Religion nach, ihrem Beicht-Vater anzuvertrauen, wolte sie sich wieder zu ihrem Mann und Kindlein wenden. Worauf ihr nicht nur von Löblichem Stadt-Gericht ein ehrlicher Zehr-Pfenning, sondern auch von noch andern [392] Leuten treulich und reichlich gesteuert worden, und sie wiederum ihres Weges ziehen lassen.


Noch eine andere solche Geschicht ist mir bekannt, als ich Anno 1668. auf meinem Reisen nacher Stettin in Pommern kommen, mich einige Tage von der Meer- und Wasser-Reise-Unlust auszuruhen, hatte der Wirth kein bequem Zimmer ledig, vertröstete mich aber, den folgenden Morgen mit einem guten Logiament zu versehen, und gab mir so lang eine Cammer ein, welche nur mit Bretern verschlagen war: 5 Als ich den ersten Schlaff geendet, hörete ich in der Neben- Kammer sehr eyffrig beten, und einem Menschen zusprechen, welches mich bedünckte, daß mehr als eine gemeine Kranckheit bey solchem Patienten dominirte; sonderlich, wann ich dessen Worte beobachtete, da er zum öfftern ruffete: Sehet doch / dort stehet er an der Cammer-Thür; von welchem traurigen Zustand ich nicht wieder einschlaffen, sondern den lieben Morgen wünschete. Nachdeme ich nun den Wirth wegen solches Patienten befragete, erzehlte er mir, daß solcher keine Kranckheit hätte, wohl aber mit grosser Anfechtung und Gewissens-Angst bereits 14. Tage zugebracht, und den Geistlichen, auch Umstehenden, grosse Mühe und Kummer machete; die Ursache aber dessen wäre folgende: Vor 24. [393] Jahren wäre der Mensch, so sonst seiner Handthierung ein Schneider sey, unter den Schwedischen Soldaten ein Musquetirer gewesen, hätte aber darbey den grösten Mangel erlitten, und zu Leipzig auf der Vestung Pleisenburg in Guarnison gelegen; er hätte aber einen Cammeraden gehabt, solcher hätte alle Tage ins Bier-Hauß gehen und trincken können, da er doch eben so wenig Sold, als er, bekommen hätte: weßwegen er ihn einsmahls befraget: Wie solches doch zugehe? 6 So hat er ihm geantwortet: Als er einsmahls auf der Schloß-Pastey Schildwacht gestanden, sey ein Mann zu ihm kommen, und hätte ihm versprochen, er wolle ihm einen Spiritum familiarem geben, wann er solchen bey sich trage, würde er alle Morgen dritthalben Groschen in seinem Sack finden, jedoch müsse er seinen Nahmen mit Blut schreiben und 24. Jahr darzu, so könne er die gantze Zeit über täglich so viel Geld ohne Mühe überkommen. Das hätte er gethan, und auf diese Weise könte er alle Tage gut Bier trincken. Wann er dergleichen auch thun wolle, so könte er ihme zu solchem behülfflich seyn. Dieser Schneider williget alsobald, und verspricht zwischen Tag- und Nacht-Scheidung einen solchen Zettel zu machen, und auf die Pastey zu gehen, wann der Mann da anzutreffen sey. Er thate solches auch, und als er mit dem Vorsatz auf die hohe daselbst [394] etwas dunckele Wendel-Treppe hinauf gehet, überfallet ihn eine grausame Furcht: da kehret er wieder um, und wird der Sache gereuen, erstlich betrachtende, in was Gefahr er seinen Leib und Seele dadurch setzen werde, zerreisset den geschriebenen Zettel in kleine Stücke, und gehet zurück: und ist ihm auch niemahl das geringste angestossen, ausser anitzo, da die 24. Jahr eben um seyn, setzet ihm der böse Feind so hefftig zu, und suchet den armen Menschen in Verzweifflung zu bringen. Dieweil ich mich aber 14. Tage in diesem Wirths-Hauß aufgehalten, ist doch in solcher Zeit dieser Patient wieder gantz zurecht kommen, und hat weiter keine Anfechtung gehabt. Sehet, also machet es der Teuffel, wie wird solcher erst mit dem armen Men schen verfahren seyn, welcher sich ihm würcklich verschrieben hat, indem er an denjenigen, der doch im Augenblick Reue darüber empfunden, und sich nicht mit dem Teuffel eingelassen, sondern den Zettel wieder verrissen, eine Prætension machen wollen.


Was es aber mit solchen Geheim-Geistern für Beschaffenheit habe, davon wird unterschiedliche Meldung gethan, wie daß dieselbe an Wissenschafft und Gelehrsamkeit einander weit fürgehen. 7 Dann obgleich diese viel geschwinder, scharffsinniger und vollkommener, die tieffeste Natur-Geheimnissen [395] und andere Wisssenschafften begreiffen, als der allerglückseligste Verstand eines Menschen, sind sie doch unter sich selbsten darin gar sehr unterschieden, und einer dem andern weit überlegen. Erasm. Francisci im höllischen Proteo pag. m. 329. Tit. XXXIII. schreibt: Alle Teuffel verstehen ohne Zweiffel alle die fürnehmste Sprachen der Welt, doch nicht alle in gleicher Vollkommenheit alle Wissenschafften der Welt, zudem können auch nicht alle das, was sie verstehen, dem Menschen so lautbar und vernehmlich machen, daß es derselbe auch verstehen könte; dahingegen andere, sonderlich die Spiritus familiares, dem, der sie unterhält, und mit ihnen in verdammlicher Freundschafft stehet, alles, was menschliche Vernunfft fassen kan, eingeben und gleichsam eingiessen können; aber, indem sie ihm einen irdischen Witz mittheilen, hingegen die wahre Weißheit in ihm auslöschen, und seinen Verstand gäntzlich verfinstern, unterdessen daß er sich einbildet, er werde von ihnen sehr hoch erleuchtet.

Solche Unvermöglichkeit manches Geistes aber, sich dem Menschen genugsam auszudrücken oder verständlich zu machen, steckt nicht so eben darin, daß der Geist selber nicht solte seine Gedancken deutlich genug zu beschreiben wissen; als vielmehr hierin, daß er bisweilen solche Geschicklichkeit und [396] Geschwindigkeit nicht hat, wie andere Geister, dasjenige Mittel, wodurch er eine verständige Rede zuwegen bringen muß, so fertig, hurtig und meisterlich zu disponiren, oder zu regieren. Daher kommt es, daß manche Geister, ob sie gleich alles in allerley Sprachen verstehen, aus dem Besessenen gleich reden, weil nehmlich einer vor dem andern solche Sprachen entweder fertiger redet, oder die Zunge des Besessenen besser zu regieren weiß.

Camerarius schreibt, daß ein Geist des Besessenen, als er Griechisch reden wollen, von anwesenden Gelehrten ausgelachet worden; der Geist aber alsofort sich entschuldiget habe, sagend: Er wisse wohl, daß er in dem Accent einen Fehler begangen, die Schuld sey aber nicht sein, sondern des gar zu tölpelischen Weibes, derer Zung sich so übel zu derselben Sprache bequemen lasse, daß er kaum damit etwas frembdes reden könne. 8

Es hat auch zu unserer Zeit vor nicht viel Jahren ein Geistlicher mir erzehlet, daß, als er den bösen Geist, der aus einem besessenen Mägdlein redete, Griechisch, Hebräisch und bisweilen Lateinisch angeredt, derselbe ihm allezeit in Teutscher Sprach richtig darauf geantwortet; und als besageter Geistlicher ihn deßhalber beschämen wollen, weil er sonst so klugwitzig und vor wissenhafft gesehen seyn wolle, und ihm doch nun nicht mit einiger Antwort [397] in ausländischer oder frembder Sprache begegnen könte, der Geist diese Antwort darauf versetzet habe: Narr! die Geister verstehen alle Sprachen; aber alle reden sie dieselbe nicht. Welches sich auch befunden, dann wann er bisweilen mit andern anwesenden Gelehrten etwas Lateinisch discuriret, hat der Geist alles verstanden, und, was ihn betroffen, zu Teutsch beantwortet.

Dieses will mich fast auf die Gedancken bringen, dergleichen von einem gemeinen Mann zu urtheilen, welches noch in gutem Andencken, auch noch wohl Leute fürhanden seyn werden, welche solchen Mann wohl gekannt haben. Unweit Leipzig wohnete ein grober Huff-Schmidt / ein Bauer, auf einem Dorff, Kinntzel / oder der gelehrte Bauer / genannt, welcher sich durch seine jährliche Calender in ziemlichen Credit gesetzt. 9 Solcher lebete noch im 1664. Jahr, und habe ich solchen, als ich noch ein Jüngling war, etlichemahl selbst in dem Schürerischen Buch-Laden zu Leipzig kennen lernen: Dieser war niemahl zur Schule kommen, dannoch verstunde er fast alle der Gelehrten Sprachen, als Hebräisch, Griechisch, Syrisch, Chaldäisch, Latein und Teutsch, konte aber in keiner andern Sprache, als in gutem grobem bäuerischen Teutschen antworten; verstunde den Himmels-Lauff, schrieb Calender, [398] und wurde damahl für ein Wunder der Welt geachtet, lebete auch gantz sittsam, und bezeigete sich in allem Christlich, daß man fast an ihm keinen Mangel finden konte: und wann er befraget worden, wie es möglich sey, zu solcher Wissenschafft zu gelangen, gab er zur Antwort: Es sey eine Gnade GOttes. Ob nun wohl man solchen für einen redlichen Mann passiren lassen muste, sonderlich, weil er niemand schadete, auch hernach gar Christlich abgeschieden, wolten doch viele ansehnliche und gelehrte Leut an solchem Mann zweifflen, vorgebende, daß sie dafür hielten, als ob er seine Wissenschafft durch einen solchen Spiritum Familiarem erhalten hätte.

Unterdessen gibt es doch gleichwohl viel Geister, die aus den Besessenen fremde Sprachen reden. Und ein solcher hat, im Jahr 1673. zu Buxtehude, im Stifft Bremen, wie D. Thom. Bartholini aus einem Schreiben des Stadt-Physici des Orts, Doctoris, Joh. Ludovici Hannemanni, bezeuget, sich hören lassen, aus einem in Besitz genommenen jungen Soldaten von 18. Jahren, welcher zwey Jahr zuvor sich dem Satan mit eigenem Blut verschrieben, und auf 4. Jahr zugeeignet hatte. Dieser redete schier kein vernehmliches,articulirtes oder recht begliedertes Wort, das man verstehen konte; wann er aber bisweilen etwas recht ausdruckte, und verständlich [399] aussprach, so antwortete er jedwedem in solcher Sprache, darinnen man ihn anredete, es mochte auch eine Sprache seyn, was es für eine wolte. Vid. Bartholini in Cistis Medicis vol. 2.Obs. VIII. p. 11. seq.

Ob nun wohl dem Teuffel eine grosse Wissenschafft zugeschrieben wird, so weiß er dennoch nicht alles, oder wird durch Göttliche Macht gebunden, daß er nicht sagen darff, was er weiß. 10 Dann als D. Luther im Jahr Christi 1521. von dem Reichs-Tag von Worms gekommen, und in dem Heimziehen in dem Wald bey Eisenach aufgefangen, und auf das Schloß Marburg, auf Befehl Hertzog Friederichs von Sachsen / geführet ward, daß er vor des Kaysers Acht und Verfolgung sicher wäre, hat kein Wahrsager, obgleich viele darum ersuchet worden, durch seine Teuffels-Kunst wissen oder anmelden können, an welchem Ort Lutherus stecken möchte oder verborgen läge, bis Lutherus zu seiner Zeit selbst wieder herfür kommen. Vid. Lutheri Tisch-Reden cap. 9. fol. 84.

Damit wir in dieser Materie nicht gantz abweichen, wollen wir noch einige Anmerckungen beyfügen, wie geschwind der Teuffel erscheinet, wann er geruffen wird. D. Faust erhielt solchen gar geschwind, begehrete auch von Plutone, ihm einen solchen Geist zuzuordnen, wie er ihn verlangete: [400] und lesen wir in dessen Geschichten, daß ihm Anfangs ein solcher dienstbarer Geist gesandt worden, und da ihn D. Faust befraget, wie geschwind er in seinen Verrichtungen wäre, zur Antwort gabe, so geschwind als ein Pfeil, muste solcher wieder fort, und war Fausto viel zu langsam, endlich folgete ein anderer, der gab Bericht, er wäre so geschwinde, als der Wind, solcher aber war Fausto noch nicht zu seinem Gefallen; endlich kame der dritte, welcher meldete, er wäre so geschwind als der Menschen Gedancken: und dieser war Fausto recht, und nahm ihn auf 24. Jahr in seinen Dienst, worgegen er sich mit seinem Blut, samt Leib und Seel als eigen verschreiben muste: aus solchem ist abermahl der Unterscheid der Geister zu erkennen. Indessen ist der Teuffel unverdrossen, alles zu verrichten, wann er nur eine Christ-glaubige Seel erhaschen kan.


Zu Venedig war in einem Wirths-Hauß ein verwegener Mensch, welcher sich vernehmen ließ, er möchte gern einen Spiritum Familiarem haben; Ein Marcktschreyer gehet nach der Mahlzeit auf den Heu-Boden, und fänget eine grosse Spinn in ein Gläßlein, verkaufft solche dem Italiäner um ein groß Geld; der böse Geist aber ist schon fertig und bereit, und setzt sich an der Spinne Stelle in das Gläßlein, und thut dem Menschen alles [401] nach seinem Willen; also dienstfertig bezeiget sich der Teuffel eine arme Seel zu verstricken.


In Wollgast lage ein Schwedischer Unter-Officirer, derselbe hat einen Spiritum Familiarem an sich erhandelt, welcher ihm bloß allein zu der Unzucht und Hurerey Dienste leisten muste, gebrauchete solchen auch, und funde bey heyllosen Vetteln allen guten Willen. Einstmahl aber machete er auch eine solche Verständniß mit seiner Wirthin, welche ihm auch den Handel nicht versagen wolte, als er aber mit solcher in volliger Action war, kommt dero Ehemann, welcher ein Schiffer gewesen, über der Frauen Vermuthen in die Kammer, und als der Soldat also im Ehebruch begriffen worden, springt er hurtig nach seinem Degen: aber der Schiffer ist geschwinder, und hauet ihm sein in Händen gehaltenes Beyl dermassen in den Kopff, daß er des Aufstehens gar bald vergessen: dieses war der Lohn seines verlangeten Wunsches, und der Spiritus Familiaris wird die beste Beute davon bekommen haben.

Marginalien

1 Zu wie vielerley Dienst solcher gesuchte wird.
2 Was solcher ist.
3 I. Geschicht.
4 Ein Baute-Weib suchet einen solchen Spiritum zu kauffen.
5 II. Geschicht.
6 Von einem / der sich d.m. Teuffel verkaufft hat.
7 Was für ein Unterscheid unter solchen Spirit. Famil. ist.
8 Teuffel kan Griegisch nicht verständlich pronunciiren.
9 Der gelehrte Bauer verstehet alle fremde Sprachen /kan solche aber nicht reden.
10 D. Luther wird in Sicherheit gebracht.

29. Vom Wahrsagen und Oraculis

[402] XXIX.

Vom Wahrsagen und Oraculis.

Gleichwie GOtt der HErr unterschiedenmahl und auf mancherley Weise den Vätern seinen Willen offenbahret: also hat auch der Teuffel als ein Affe GOttes auf unterschiedene Weise sich seinen Ergebenen offenbahren wollen, und den Fragenden Antwort gegeben. Dahero Cicero lib. 1. de divinitat. schreibet: Daß er kein Volck gesehen habe, es sey auch noch so verstandig und gelehrt, oder so wild und wüst und barbarisch gewesen, so nicht zugegeben, es könnten zukünfftige Dinge von einigen vorher verkündiget und verstanden werden. Ob nun wohl unzehlbare Arten der verbotenen und dem Satan insgemein beygelegten Wahrsagungen seyn, so hat sie dennoch Balduinus cas. consc. lib. 3. cap. 6. in folgende Classes eingetheilet: Als 1. Astrologia oder die Stern-Kunst. 2. Stereomantia. 3. Chiromantia. 4. Physiognomia, welche nicht so gar zu verwerffen oder dem Satan zugeschrieben werden können. Was aber die übrige, aberglaubige und verworffene Wahrsagungen seyn, davon wollen wir mit wenigen [403] gedencken, als auf Vögel-Geschrey zu achten: Wann sich eine Krähe auf dem Dach unsers Hauses setzt, will der gemeine Mann daraus wahrsagen, es werden Gäste kommen. Item, wann der Mensch des Mörgens frühe ausgehet, wer ihm am ersten begegnet, von solchem wolten sie wahrsagen, ob es glücklich oder unglücklich sey, oder mit welchem Fuß der Mensch zum ersten aus dem Hauß schreitet, oder ob ihm zuerst eine Katz oder Hund begegnet.

Noch teufflerische Wahrsagungen waren die Heidnische Oracula, welche an gewissen vom Teuffel besessenen Oertern den Fragenden Antwort gegeben. 1 Andere Wahrsagungen geschehen durch teufflische Beschwerungen, wovon Petrus Lepidus, ein Königlicher Procurator, erzehlet, daß eine alte Wahrsagerin, eine Jungfrau, um zu erfahren, welchen sie unter ihren Freyern zur Ehe bekommen werden, gelehrt habe: Sie solte bey jemand einen Schilling (2. Kreutzer) betteln, und dafür Gersten-Mehl kauffen, welches sie einmachen und knetten, und daraus eine Leiter mit sieben Stuffen machen müste, selbige mit gewissen Worten beschweren und unter ihr Haupt-Küssen legen, daß sie darüber einschlieff. 2 Als nun dieses die Jungfrau gethan, habe sie im Traum gesehen denjenigen, der sie am meisten liebete, [404] zu ihr auf einer Leiter heran steigen, sey aber von der dritten Staffel herunter gefallen, und habe den Halß gebrochen. Ein ander aber, der sie nicht gar lieb gehabt, sey über alle sieben Stuffen zu ihr ins Bett kommen. Nicht lange hernach habe sie erfahren, daß derjenige, den sie lieb hatte, im Rennen mit dem Pferd gestürtzt sey, und den Halß gebrochen habe; den andern habe sie aber durch Zwang der Eltern heyrathen müssen.

Oben-gedachter Oraculorum, welche dem Menschen wahrsagen solten, gabe es unter den Heyden eine unsägliche Menge hin und wieder, unter welchen einige in grossem Beruff waren, davon das Oraculum Apollinis, auch Oraculum Delphicum genannt, das allerberühmteste gewesen: dieweil fast von allen Enden der Welt die neu-begierige Menschen gereiset, um sich zukünfftiger Dinge zu erkundigen, und über wichtige Anschläge einen Göttlichen Rath und Antwort zu erlangen: Es hatte solch Oraculum seinen Sitz an den äussersten Gräntzen Griechen-Landes, in der Landschafft Boetia, bey der Stadt Delphi, dahero es auch seinen Nahmen hat. 3

Von dem Ursprung dieses Oraculi redet Diodorus von Sicilien im 16. Buch / als an dem Ort, wo man hernach den Tempel gebauet, in der Erde sich [405] eine grosse Klufft oder Höhle erzeigete, um welche etliche Ziegen weideten, und hin und her lieffen, geschahe es offt, daß eine dieser Klufft zu nahe kam und hinein sahe, welche bey ihrer Rück-Kehr wunderbarer Weise sprang und tantzete: und eine seltzame Stimme von sich hören ließ; wann nun der Hirte selbst hinzu lieff, und sich über diese Klufft verwunderte, wurde er gleicher Gestalt mit demselben Geist erfüllet, daß er sprang und weissagete. Das Gerücht davon erschallete überall, und wie eine grosse Menge Volck herzu kame, hat man gesehen, daß alle die, welche sich in die Klufft hinein gelassen, mit dem Wahrsager-Geist erfüllet worden, und sich den unsinnigen Leuten gleich gestellet; dahero man auch den Ort für ein Wunder der Natur gehalten, und das Oracul der Erden zugeschrieben. Als aber auch viel Leute in dieser Raserey sich unbesonnener Weise in die Tieffe hinein gestürtzt, und das Leben darbey eingebüsset, hat man verbieten müssen, daß sich hinführo niemand mehr hinzu wagen solte.

Das zweyte grosse berühmte Oraculum war dasOraculum Jovis Hammonis, welches in Africa in dem wüsten und sandigen Lybien gelegen war, und demJupiter Hammon gewiedmet gewesen, so die gantze Welt fast in seinen Stricken hielt, ist nach des Funccii Zeit-Rechnung [406] im 1902. Welt-Jahr im Flor gewesen, solches war ein Götzen-Bild, mit Hörnern gestaltet und einem Widder gleich anzusehen gewesen, darum wurde es auch Oraculum Arietinum genannt. 4 Curt. l. 4. c. 7. Diodor. Sicul. l. 17. schreibt, dasselbe in Bocks-Gestalt und mit Edelgesteinen reich besetzte Götzen-Bild wurde in ein güldenes und mit vielen silbernen Schaalen überall umhängtes Schiff gesetzet, und durch ein unbekanntes Lied, welches von etlichen Frauen und Jungfrauen nach Landes Art gesungen wurde, zur gewissen und unfehlbaren Antwort genöthiget. 5 Es gab aber seinen Willen nicht mit verständiger Stimme, sondern entweder mit Wincken oder andern Zeichen zu verstehen. Strab. l. 17.Geogr. Und weilen die Zeichen mehrentheils dunckel waren, Alex. ab Alexandro lib. 6. cap. 2. so musten die Priester und Götzen-Pfaffen dieselbe eröffnen und erklären, welche aber bisweilen selbst nicht verstunden, was Jupiter wolte angekündiget haben. Unterdessen so brachten sie nach ihrem Gutdüncken etwas hervor, damit sie das Volck in dem Aberglauben unterhalten, und in diesem ihrem Götzen-Dienst bevestigen möchten. Nahe bey dem Götzen-Bild war ein Brunn von wunderbarer Würckung, dann bey der Sonnen Aufgang war dessen Wasser laulicht, auf dem Mittag, da der Tag am heissesten, kalt, bey herannahendem [407] Abend warm, und mitten in der Nacht gantz heiß. 6 Diodor. Sicul. l. 17. Curt. l. 4. c. 7. Veccius füget hinzu, daß auf dem Grunde dieses Brunnens Gold gefunden worden, und das Wasser darinnen die Krafft gehabt habe, daß es den Krancken die Gesundheit, und andern den Wahrsager-Geist mitgetheilet habe, auch sey alles, ja selbst die allerleichtesten Dinge, darinnen zu Grunde gegangen.

Dieses Oraculum, unangesehen es weit abgelegen gewesen, ist dannoch bey nahe durch die gantze Welt berühmt worden, daß selbst Könige, Fürsten und grosse Potentaten beschwerliche Reisen dahin vorgenommen, und dasselbige um Rath gefraget haben. Alexander Magnus hat dasselbe mit grosser Lebens-Gefahr besuchet, dann weil alles Wasser, welches er in Schläuchen auf Cameelen mit sich führen lassen, nunmehro auf der Hin-Reise ein Ende genommen, hätte er mit seinem gantzen Kriegs-Heer in denen trockenen, wüsten und unfruchtbaren sandigten Orten, bey einer unerträglichen Hitze, aus Mangel des Wassers, für Durst sterben müssen, wo er nicht durch einen milden Regen wäre erquicket worden, welcher die halb-erstorbene Soldaten wieder erfrischet hätte. Auch würden sie nimmer dahin gekommen seyn, wann nicht etliche Raben vor dem Lager hergeflogen und ihnen den rechten Weg gewiesen hätten. Reuter pag. [408] m. 726. ex Diodor. Sicul. lib. 17. Curt. lib. 4. cap. 7.

Das dritte grosse Oraculum wurde genannt dasOraculum Dodonæi, welches, nach Funccii Rechnung / im 3325ten Welt-Jahr bekannt worden, ist nach Dodona, einer alten und berühmten Stadt derMolossen in Epiro, genannt. 7 Dann nahe bey Dodona war ein Wald, dem Jovi geheiliget, worinnen, durch des Teuffels und der Priester Betrug, mit grosser Verwunderung zukünfftige Dinge verkündiget, und den Fragenden Antwort ertheilet wurde. Plin. l. 17. cap. 25. Es meynen etliche, daß Jupiter selbst in diesem Walde geantwortet, und unter den Bäumen, als in Tempeln, gewohnet habe. Der GOtt Jupiter redete nun entweder aus einer Eiche, oder aus einer Buche, dann von beyderley Art Bäumen wurden in dem Wald gefunden, und durfften, weil sie heilig gehalten waren, von niemand abgehauen werden. Man sagt auch, daß in dem Walde zu Dodona zwey Säulen gewesen, auf deren einer ein ehern Becken oder Kessel, über der andern ein Bild eines Knabens, gestanden, der eine eherne Geissel oder Stecken in der Hand gehabt, und so offt der Wind scharff gewehet, habe er mit der Peitschen dermassen das Becken berühret, daß es eine geraume Zeit einen Klang von sich gegeben. Andere aber sagen, daß etliche eherne Becken also um das [409] Oracul gehangen, daß sie einander berühret, wann nun eines von denenselben einen Klang von sich gegeben, sey der Klang wegen der Gleichlautigkeit durch die andern Becken hindurch gedrungen, und lange Zeit gehöret worden. Es sollen auch ferner zwo schwartze Tauben daselbst verwahret worden seyn, die dem aberglaubischen Volck mit deutlicher menschlicher Stimme auf ihr Fragen Antwort ertheilet hätten. Andere aber meynen, daß diese sogenannte Tauben Wahrsager-Weiber gewesen, weil die Thessalischen Völcker sowohl die Wahrsagerinnen, als die Tauben, πε?ε?αdα? zu nennen pflegeten. Vide Pausan. l. 10. Alex. ab Alexandr. genial. dier. Dann es sollen, wie Herod. l. 2. c. 55. berichtet, zwo Tauben aus Egypten geflogen, oder zwo Wahrsagerinnen da herausgegangen seyn, davon eine nach Lybien, die andere nach Dodona gekommen seye, und daselbst desJupiters Oraculum gestifftet haben.

Dieses Oraculum hat den Lacedæmoniern, als es von ihnen wegen des Sieges befraget worden, Antwort gegeben, daß sie in der Leuctrischen Schlacht mehr um ihr Leben, als um den Sieg, solten bekümmert seyn.

Das vierdte grosse Oraculum war das Oraculum Trophonii, nach der Meynung des gelehrten Bocharti von einem Syrischen Wort, Tauropho, welches [410] eine Niederschlagung des Gemüths und plötzliche Erschröckniß bedeutet, zumahlen alle diejenige, welche sich in diese Höhle einliessen, das Oracul um Rath zu fragen, mit grossem Schröcken wieder zurück kamen. 8 Welche wollen auch bewähren, daß diejenige, so aus dieser Höhlen wieder zurück kommen, niemahls mehr solten gelachet haben, sondern hätten die gantze Zeit ihres Lebens traurig und ernsthafft ausgesehen. Alexand. ab Alexandr. lib. 6. c. 10. genial. dier. Dahero man in einem Sprichwort von einem sauersehenden und störrischen Menschen sagt, daß er in der Höle Trophonii geweissaget habe. Dieses Oraculum gabe in einer tieffen, finstern und wüsten Höle bey Lebadia in Bocotia einem Fragenden aus der Erden seine Antwort.

Pausanias schreibt im neundten Buch: 9 DaßAgamedes und Trophonius zu ihrer Zeit fürtreffliche Baumeister gewesen, welche des Hyriei, oder wie andere wollen, des Angiä Schatz-Kammer so künstlich gebauet, daß sie einen Stein aus der Mauer hinweg nehmen, und nachdem sie so viel Geldes, als ihnen beliebet, hinweg genommen, wieder unvermerckt haben hinein setzen können. Als nun darüber Hyrieus irre wurde, da er sahe, daß sein Geld täglich abnahm, und nicht begreiffen konte, wie solches zugehen möchte: zumahl das Siegel über der Thür [411] allzeit unverletzt von ihm gefunden worden, und er auch selbst den Schlüssel darzu verwahrete, hat er rings um das Geld herum etliche Stricke legen lassen, womit diejenige, die sich nur würden hinein machen, alsbald könnten gefangen werden; wie auch geschehen: Dann als Agamedes nach seiner Gewohnheit wieder hinein gieng, wurde er dergestalt verstrickt und veste gehalten, daß er keinen Fuß weiter fortsetzen konte. Trophonius aber, da er dieses gesehen, hat dem Agamades, seinem Mit-Gesellen, das Haupt abgeschnitten, damit er hiedurch nicht möchte verrathen oder bekannt gemacht werden.

Pausan. l. 9. schreibt: Es ist dieses Oracul in Bœotia folgender massen bekannt worden: Als es etliche Jahr in Bœotia nicht regnete, und also aus Mangel des Wassers die Länder unfruchtbar blieben und keine Früchte hervor brachten, hat man aus allen Städten einige nach Delphos gesandt, zu erfragen, ob sie dieses Ubels könnten erlassen werden. 10 Pythia, die Wahrsagerin des Apollinis, befahl ihnen, sie solten nachLebadia gehen, und Trophonium anhören, was derselbe hierin rathen würde. Da sie aber den Ort, allwo der Wahrsager-Geist sich aufhielte, nicht finden konten, hat einer mit Nahmen Saon, aus Acrephnia bürtig, gerathen, man sollte dem Bienen-Schwarm, welcher eben damahls vor ihnen [412] herflog, nachfolgen, und den Ort bemercken, wo derselbe sich niederlassen würde; denn an dem Ort, wo derselbe sich werde hinsetzen, würden sie gewißlich dasjenige finden, nach welchem sie sucheten. Als sie nun den Bienen immer in ihrem Flug nachfolgeten, und dieselbe sich endlich auf einen Baum niederliessen, kamen sie zu einer Höhlen, und funden an demselben Ort einen Wahrsager-Geist, von welchem sie nicht allein diejenigen Dinge erlerneten, um welcher willen sie dahin gesandt waren, sondern auch die Gesetze und Gebräuche, wie sie ihm forthin dienen und um Rath ersuchen und ansprechen sollten.

Der Geist nun desselben Orts, wurde Trophonius genannt, weil nach Anzeigung des Delphischen Oraculi der Geist Trophonii sich daselbst aufhalten solte. 11 Er wurde auch genannt, Jupiter Trophonius, weil Jupiter durch denselben daselbst die Antwort ertheilete, und der Tempel, welcher nachmahls über dieser Höhle gebauet worden, ihme zugeeignet und geheiliget worden sey. Boissard. l. de. divin. & Classen. l. 2. c. 5. §. 4. de orac.

Derselbige hatte nun seinen Sitz in einer Höhlen, welche von Natur und Kunst tieff in die Erden gemachet war, so daß, wer sich dahinein lassen wolte, auf einer Leiter in dieselbe herunter steigen muste.

[413] Welcher nun dahinein steigen wolte, der muste erstlich sich etliche Tage vorher mit Wasser waschen, welches aus dem Fluß Hercynna geschöpffet werden muste. 12 2.) Unterschiedliche Opffer herzubringen, den Geist zu versöhnen, wie dann ein solcher auch noch zur selbigen Stunde, als er sich in die tieffe Grufft hinein lassen wolte, einen Widder bey der Höhlen aufopfferte, und Agamedem, des Triphonii Gesellen, zum öfftern anrieff. Im mittelst aber besichtigte der Aruspex die Eingeweide in den Opffern, und weissagete daraus, wie Trophonius gegen ihm gesinnet, ob er versöhnet oder noch erzürnet sey. 3.) Musten zween Knaben aus der Stadt, welche man Hermas, das ist, Mercurios nannte, und ungefehr 13. Jahr alt waren, mit Oel gesalbet, und bey dem vorigen Fluß Hercynna, allwo ihn des Nachts die Priester, die das Opffer verrichtet, hingeführet hatten, abgewaschen werden. 4.) Muste er trincken aus dem FlußLethe, damit er alles vergesse, was er sich erinnern konnte, gleichwie er hernach aus dem Fluß Mnemosyne tranck, daß er behalten konte, was er allda gesehen. 5.) Muste er ein Bildniß, welches von dem Kunstreichen Dædalo geschnitzt und gemacht war, Göttlich verehren und anbeten.

Wann er nun solches alles verrichtet, ließ er sich in die Höhle entweder gantz nacket hinein, oder zog auch zuvor einen weissen [414] oder Purpur-farbenen Rock an, zierte sich mit einer heiligen Haube, und legete Sohlen unter seine Füsse, damit er also gantz heilig möchte erscheinen, und von dem Geiste gütig aufgenommen werden. Er nahm auch etliche Kuchen und Fladen mit, zu dem Ende, damit er die unterirdischen Geister versöhnen, und wieder unbeschädigt aus der Höhlen heraus gehen möchte. Vid. Philostr. l. 4. c. 8.de vita Apollon. Er pflegete auch wohl einen Spieß mit sich zu nehmen, damit er sich in der Gruben wider die Schlangen und ander Ungezieffer beschützen könnte, wie Clasenius aus Zenodoto erzehlt, l. 2. c. 5. §. 16.

Wann er nun in der Höhle war, fiel er auf seine Knie, und stellete sein Anliegen mit klaren und hartlautenden Worten vor, erwartend aus dem, so er entweder sahe oder hörete, die Känntniß seiner Sache. Nach erlangter Antwort, wurde er gleichsam als mit einem gewaltigen Winde aus der engen Höhlen wieder heraus gestossen, dergestalt, daß er mit seinen Füssen zuerst hervor kam: denn keiner von allen, der sich in diese Höhle hinein gelassen, ist darin geblieben oder getödtet worden, als nur ein Knecht von derGuardi des Demetrii, weil derselbe ohne gewöhnlichen Gottesdienst hinunter gestiegen war, und zwar nicht zu dem Ende, daß er etwas erforschen möchte, sondern, weil er gedachte [415] aus selbiger eine herrliche Beuthe an Gold und Silber heraus zu hohlen. Derselbe wurde darinnen jämmerlich getödet, und sein Leichnam ist nicht durch die heilige Thür, sondern an einem andern Ort heraus geworffen worden.

Nachdem sich nun der Rathfrager nach seiner Wiederkunfft einigermassen erhohlet, muste er, wie schon gemeldet, (1.) aus dem Fluß Mnemosyne trincken, damit er nicht vergessen möchte, was er von demOraculo gelernet. (2) Wurde er genau examinirt, damit er alles bekennen und nichts verschweigen möchte von dem, was da vorgefallen war. (3) Wurde er wieder in die Kammer der bonæ fortunæ, oderboni genii, geführet, in welcher er sich vor seinem Hineinsteigen in die Höle etliche Tage aufgehalten hatte. Und (4) muste er endlich alles, was er gesehen und gehöret, auf ein Täffelein schreiben und übergeben. Vid. de his omnibus prolixe Pausaniam lib. 9.

Noch ist übrig zu gedencken des Oraculi Amphiarai, welches war zu Oropos in Griechenland / vid. Tertullian. lib. de anima cap. 46. an der Gräntze zwischen Attica und Baeotia, solches gab nicht allein in gewöhnlicher Griechischer, sondern auch in andern frembden Sprachen, den Leuten Antwort, oder offenbahrete sich ihnen des Nachts in einem Traum, wenn sie sich zu dem Ende in dessen Tempel auf einer Haut [416] hatten schlaffen geleget. 13 Es hat seinen Nahmen von Amphiarao, dem Sohn Oeclei und Hypermestræ, welcher bey seinem Leben ein fürtrefflicher Prophet und Traum-Deuter gewesen, und nach seinem Tod unter die Zahl der Götter gebracht worden. Cic. I. 1.de divinitat. c. 40. Pausan. l. 1.

Der Ort, allwo dem Menschen Antwort ertheilet, wurde Harma genannt, weil, nach Bocharti Meinung, der Ort, allwo Amphiaraus von der Erden verschlungen worden, dergestalt verflucht gewesen, daß noch die Vögel auf den Seulen, mit welchen dieser Platz umgeben und gleichsam umzäunet gewesen, haben sitzen, noch die wilden Thier das Graß zwischen den Seulen haben anrühren und essen können. Bochart. Geogr. sacr. p. 1. c. 6.

Dieses zu verstehen, will ich hieher setzen, was die Scribenten sonst hievon berichten: 14 Als Ereocles, der Thebaner König, und sein Bruder Polynices wegen der Regierung uneinig worden, und wider einander streiten wolten, gedachte ein jeder Ampharaum zu sich hohlen zu lassen, weil sie alle beyde vermeineten, daß bey seiner Gegenwart der Krieg glücklich werde ausfallen, Amphiaraus als er dieses erfuhr, versteckte sich an einen verborgenen Ort, denn er wuste wohl, daß er nach Andeutung des Oraculi sein Leben[417] darbey zusetzen würde; und wuste um diese Sache niemand mehr, als allein Eryphyle, die Tochter Talai, die er zum Weib genommen hatte: denn derselben hatte er sich kund gethan, und darbey verbotten, daß sie ihn nicht verrathen solte, noch von Polynice Geschenck nehmen. 15 Als aber ihr Bruder Adrastus ihr ein güldenes Halßband verehret, hat das untreue und Geld-geitzige Weib ihren Mann verrathen, daß er hervor gezogen, und dem Läger zu folgen gezwungen worden. Als er nun mit den andern wider Thebas hingezogen war, ist er desselben Tages, als es nunmehr aus Treffen gehen sollen, durch eine plötzliche und erschröckliche Erdbebung von der Erden eingeschlungen worden. Vid. Reuter / ex Apollodor. l. 3. de Deor. orig. & Hygin. fab. 73.

Die Griechen haben ihm allda einen schönen und herrlichen Tempel aus lauter Marmorstein künstlich aufbauen lassen; auch war ihm allda eine Marmorsteinerne Säule aufgerichtet, in welcher er in Gestalt eines bewaffneten Soldaten abgebildet war, weil er mit in den Thebanischen Krieg, wiewohl ohn allen seinen Willen, war eingewickelt worden. 16 Nahe bey diesem Tempel war ein Brunnen, in welchem sie sich nicht wuschen, reinigten, oder sonst Göttliche Dinge verrichteten, sondern allein Gold und Silber nach ihrer Väter Weise hinein wurffen, ihr danckbares Gemüth[418] zu erzeigen, insbesonder, wann sie kranck gewesen, und nun wieder ihre vorige Gesundheit erlanget hatten. Paus. l. 1.

Wer bey Amphiarao eine Antwort ersuchete, der wurde erst eingeweihet, hernach opfferte er einen Widder, schlieff über der Erden auf dessen Haut, und erwartete des Nachts im Traum die Antwort, welche von den Priestern nach vorgehenden gebührlichen Ceremonien ausgeleget wurde; damit aber die Priester zu Auslegung des Gesichts geschickt seyn möchten, musten sie sich einen Tag der Speise, und 3. Tage des Weins enthalten. Philostr. l. 2. c. 4.

Was nun von diesen gesammten Oraculis zu halten, ist billig die Frage: Ob nicht alles, was darin vorkommet, entweder unwahr oder ertichtet, oder lauter Betriegerey der listigen und durchtriebenen Priester gewesen? 17 Oder ob nicht auch der Teuffel darinnen seine Würckung gehabt, und in den gegebenen Antworten seine Person gespielet habe? Einige, als vonDalen de Oraculis, und D. Becker in seiner bezauberten Welt / meinen, daß dasjenige, so in den vermeinten Götter-Sprüchen der Heyden vorkommt, entweder ertichtet sey, oder daß die verschlagene Priester die Geheimniß der Rathfragenden, auf vielerley Weise hätten erforschen, und also die Antwort [419] leicht geben können. Wir aber nehmen mit vielen andern Gotts-Gelehrten das zweyte an, und glauben, daß würcklich in vielen derselben Eingebungen des Teuffels gewesen: wie dann gewiß, daß der Teuffel in den Heydnischen Wahrsagungen gewürckt, und läßt sich an GOttes Wort nicht im wenigsten zweiffeln, wann wir nehmen die Wahrsagerin zu Endor, die falschen Propheten des Königs Achabs, die Magd zu Philippis, die einen Wahrsager-Geist gehabt, welcher hernach von Paulo aus ihr getrieben worden, wodurch wir sattsam überzeuget seyn.

Man kan auch mit Grund nicht sagen, daß alles lauter Betrug der Priester gewesen, die die Geheimnissen der Rathfragenden auf vielerley Weise erforschen und also die Antwort leicht hätten geben können: dann es würden viel Heydnische Könige, Fürsten und andere grosse Männer sich derselben nicht bedienet haben, wann sie nicht etwas mehr denn menschlich bey den Oraculis gespühret, und etwas ungemeines darinnen erkannt hätten; Fürnehmlich, da die Antworten der vermeinten Götter-Sprüchen offters sehr hart, grausam, gantz gottloß, abscheulich, und also tüchtig waren, einen Abscheu vor denselben zu erwecken. Die Priester würden gewißlich auch nicht so frech heraus gesprochen haben, weil sie sich leicht die Rechnung machen können, daß bey Entdeckung des Betrugs, [420] sie eines grausamen, elendigen und schmähligen Todes hätten gewärtig seyn müssen. Auch ist nicht wohl zu glauben, daß solche grobe Betrügereyen, welche man in den vermeinten Götter-Sprüchen zu seyn vorgibt, so viele hundert Jahr hätten können verborgen bleiben, wie man an den Betrügereyen, welche in der ersten Christen-Zeit aufgerichtet worden, völlig wahrnehmen kan. Es mag ein Betrug offtmahls so lange Stand halten, als der Stiffter desselben lebet, nach seinem Tode wird aber derselbe bald zum Vorschein kommen, indem die Nachfolger oder die neuen Priester, die auf die abgestorbenen Alte folgen, nicht allzeit darein zugleich einwilligen, oder gleich listig und den Betrug zu unterhalten tüchtig sind. Und ist auch wohl zu mercken, daß bey den Götter-Sprüchen solche Dinge geschehen, die nicht wohl natürlicher Weise durch List und Betrug hätten geschehen können. Zum Exempel: daß die Pythia, oder die Wahrsagerin bey dem Oraculo zu Delphis, so bald sie auf dem Dreyfuß gesessen, in Raserey verfallen, und dannoch in solcher Tollheit auf die vorgelegete Fragen Antwort geben können; Daß bey dem Oraculo des Trophonii die Rathsfragende aus zwey Brunnen haben trincken müssen, da sie durch Würckung des ersteren alles vergessen, was sie gethan, und gewust; und Krafft des andern alles in ihrem Gedächtniß behalten, [421] was sie daselbst gesehen, und gehöret hatten; und daß in etlichen Götter-Sprüchen, als des Æsculapii, die Offenbahrungen und Antworten in dem Schlaff geschehen. Folglich dann so bleibet vest, daß in vielen Heydnischen Götter-Sprüchen der Satan seine Würckung gehabt habe.

Alle diese Heydnische Oracula aber seynd nach Verlauff vieler Jahre sehr geschwächet und verachtet worden, so, daß sie endlich gäntzlich aufgehöret und verstummet seyn. Cicero lib. 2. de divin. schreibt: Daß nicht allein zu seiner Zeit, sondern auch vorhero keine Oracula zu Delphis mehr gegeben worden. 18 Und Strabo Geograph. lib. 9. zeuget: daß nicht allein das berühmteste Oraculum zu Delphis, sondern auch viel andere aufgehöret. Von dem Delphischen Oraculo saget er: Jetzt wird der Tempel gering geachtet, der zuvor in so grossen Ehren gewesen ist. Und lib. 7. spricht er: Das Dodoneische Oraculum ist einigermassen verlassen, wie auch die andern alle. Dieses weiset auch an Plutarchus in seinem Buche / de defectu Oraculorum, und wann er nach derselben Ursache sich erkundiget, so saget er: daß etliche die Veränderung aller Dinge anführen; andere, weil Griechenland nicht mehr so häuffig von den Völckern besuchet worden; andere, dieweil die Menschen [422] mit ihrer Boßheit sich der Göttlichen Oraculen unwürdig gemachet; andere, dieweil die Dæmones verstorben, welche den Wahrsagern die Oracula eingeben; andere, dieweil die Ausdämpfung der Erden, womit sie eingenommen worden, daß sie zukünfftige Dinge haben weissagen können, ausgetrocknet gewesen, und ihre Krafft verlohren: dieses letztere wird von Cicerone verlachet, wann er spricht: Man saget, daß durch das Alter die Krafft der Oerter, durch welcher Ausdämpffung die Wahrsagerin Pythia die Oracula ausgesprochen, vergangen seye. Man solte vermeinen, daß man von Wein oder gesaltzenem Fleisch rede, welche durch das Alter ihre Krafft verliehren, hier aber redet man von der Krafft eines Ortes, welcher nicht natürlich, sondern Göttlich ist, wie kan der vergehen?

Die wahre und fürnehmste Ursache aber, daß dieOracula der Heyden so unversehens vestummet, ist die Zukunfft Christi unsers Herrn ins Fleisch gewesen, welcher den Teuffel, der in den vermeinten Götter-Sprüchen geherrschet, zerstöhret, und seiner Macht beraubet hat. Und da die Sonne der Gerechtigkeit auf dem Erdboden leuchtete, muste die Macht der Finsterniß verschwinden; Und zu dem Ende kam Christus auf die Erden, daß er die Wercke des Teuffels verstöhren solte.

[423] Wir wollen noch einige aus Herrn S.H. Reuters in seinem umschränckten Reich des Teuffels / p.m. 776. seq. und anderer Autoren Schrifften, Phantastische Wahrsagereyen anführen: Als was Antonius Torquatus in dem 15. und 16. Seculo in Ungarn mit seiner Wahrsagerey ausgerichtet, und was für Unwesen daraus erfolget, ist aus den Historien genüglich bekannt gemachet: Er stellete dem König Matthias Corvinus im Jahr 1480. vor, daß die Ottomannische Pforte aufs allerlängste im Jahr 1596. gäntzlich würde übernhauffen geworffen werden, und die Türckey in der Ungarn Gewalt verfallen. 19 Wie nun die Ungarn zufolge dieser Weissagung mit den Türcken einen unnöthigen Krieg anfingen, in Hoffnung, sie würden den Sieg davon tragen, hat Soliman mit einem mächtigen Krieges-Heer die gantze Ungarische Krieges-Macht erschlagen und bey Mohaz 1526. einen vollkommenen und Nahm-kündigen Sieg erhalten, da Ludovicus, der letzte König von der Jagellonischen Familie, sein Leben zusetzen müssen; und ist bekannt, daß der Türck immer mächtiger in Europa gewesen, als vom Jahr 1526. bis zum Jahr 1683. vid. Magn. Gabr. Block, von nichtigen Wahrsagungen §. 37.

Johann Hilten / ein Teutscher Baarfüsser-Mönch /hat eine Prophezeihung [424] im Jahr 1487. ans Licht geben und geweissaget, daß der Türck in 1600. in Teutschland und Italien regieren, Gog und Magog im Jahr 1606. über gantz Europa herrschen, und daß das Jüngste Gericht unfehlbar im Jahr 1657. kommen solte. 20 Vid. Melch. Adam, in Vit. Theolog. p. 5.

Camerarius erzehlt, Medit. histor. cent. 1. cap. 41. daß ein gewisser Pfarrherr / ein ziemlich-gelehrter Mann und Rechenmeister, in einer Predigt angekündet hätte: Der Welt Ende wäre vorhanden, und Tag und Stunde gesetzt, an welchen solches alles geschehen solte, nach Anleitung dieser Worte: VIDeb Vnt, In qVeM pVpVgerVnt, sie sollen sehen / in welchen sie gestochen haben. 21 Wie nun ein grosser Theil von den Einfältigen solches glaubte, so macheten sie sich gute Tage, und verzehreten all ihr Gut mit Schwelgen und Sauffen. Wie die angesetzte Stunde heran nahete, versammleten sie sich alle in die Kirche, und erwarteten mit grosser Andacht das Ende der Welt, worzu oben-berührter Pfarrer sie mit einer beweglich- und darzu schickenden Predigt unabläßig bereitete und erweckte. Ehe noch die Predigt zum Ende, entstunde ein grausames Wetter mit Donnern und Blitzen, daß auch jeder vermeynete, die Welt solte selbigen Augenblick vergehen; [425] wie aber der Sturm fürüber war, blieb alles in seinem vorigen Wesen und Stande. Da die arme und der Schrifft unerfahrne Menschen solches mercketen, wurden sie über ihren Pfarrherrn so erbittert, daß sie ihn gewiß ermordet, wann er sich nicht verstecket, und dieselbe von andern verständigen Männern wieder wären zurecht bracht worden. Vid. Gabr. Block /§. 39.

Der Frantzos / Jean Desmarets, ist über die massen kühn und unverschämt gewesen, indem er nicht wie die Oracula, oder seines gleichen im Dunckeln und mit zweydeutigen Rätzeln und Worten, sondern offenbar und deutlich, verkündet, daß der König in Franckreich, Ludovicus XIV. den Mahomet und alle dessen Secten ausrotten solte. 22 Er bezeichnete in seiner Mutter-Sprache Zeit und Ort, die Personen und die Art, mit allen ihren Umständen, als: Daß der Pabst und der König in Spanien, welche damahls lebeten, als Desmarets dieses kund machete, dem König Ludovicus in Avignon begegnen und alle Könige und Fürsten sich daselbst versammlen und berathschlagen solten, auf was Weise dieses grosse Werck am besten vorgenommen und vollführet werden könte; daß alle Christen zu der Römischen Kirchen fallen würden; daß der König Ludovicus, als das Haupt aller Christen, [426] das Christliche Kriegs-Heer anführen, die Türcken und alle Muhametaner, zu Wasser und Land, übern Hauffen werffen und verstöhren solte. Von sich selbst sagete er: Daß er wäre der Prophet Eliacim Michael, und solte zur Gesellschafft bekommen die hundert und vier und viertzig tausend Seelen von den Kindern Israel, davon in der Offenbahrung Johannis Cap. VII. ℣. 4. geredet wird, die er dem König in Franckreich zustellen solte, daß derselbe sie gebrauchen könte, den Befehl auszurichten, welchen er von GOtt durch ihn bekommen würde.Idem §. 39. 40. Dieses verfassete Desmarets in einem Buche, unter dem Titel: Avis au Saint Esprit au Roy; oder: Des Heil. Geistes Rath / dem König gegeben. Daß aber Desmarets ein Phantast gewesen, hat die Erfahrung bezeuget, daß man demselben vielmehr gerade zuwider von aller Zeit her bemühet gewesen, zu der Türcken und Heyden Lust und Vortheil, die Christen selbst, leider! auszurotten und zu verwüsten; scheinet also nicht, daß der König in Franckreich zu der Türcken Untergang helffen werde.

Oben angeführter Autor schreibt pag. 782. Als ich vor etlichen Jahren in Holland studirte, wurde mir folgende Copey einer Prophezeyung eingehändiget: Es sind in Italien zwey neue Propheten [427] auferstanden, welche nach Boulogne kommen, und weil sie einen solchen Geist haben, der vom Ende der Welt und Buße prediget, haben sie grosse Furcht verursachet, weil sie sich Aposteln nennen, sie sind solche Männer, daß man ihres gleichen nicht gesehen, beyde sehr alt, und sehen einander so gleich, als Brüder, haben einerley Kleider, gehen barfuß und mit blossem Haupt, sagen: GOtt sey sehr erzürnet über Boulogne, und wann sie sich nicht bekehre, werde die Stadt in drey Monaten untergehen. 23 Der Magistrat hat schon verbotten solche Dinge zu reden / aber sie haben das Gebott verlachet, und gesaget: Sie seyen Propheten, von GOtt gesandt; worüber man sie ins Gefängniß geleget. Einige des Magistrats haben aus Curiosität mit ihnen gesprochen, denen sie auf Hebräisch, Griechisch und Lateinisch in allen Sprachen geantwortet. Sie sagen den Leuten an, ob sie Böses oder Gutes gethan haben: sie führen ein strenges Leben, essen nichts als Brod, und trincken Wasser, sagen: sie kämen aus Damasco und Galilæa, von welchem Ort sie expressè von GOtt gesandt worden, den unbußfertigen Leuten ihren Untergang zu predigen; es sey ein jeder 700. Jahr alt, und versichern, daß das Ende der Welt Anno 1719. kommen werde. Die Jesuiten haben sie in Ketten schliessen lassen, um sie nach[428] Rom zu führen, darüber sie sich sehr erfreuet, aber da in Gegenwart jedermanns die Ketten wie Weber-Faden zerrissen. Sie sagen weiter: Daß der Krieg Anno 1711. in der gantzen Welt brennen werde. Constantinopel und der Groß-Türck werden 1712. zu JEsu Christo bekehret werden. Anno 1714. werden alle Nationen den rechten Glauben annehmen. Anno 1715. werde eine verklärete Person aufstehen. Anno 1716. werde Africa untergehen. Anno 1717. werde durch die gantze Welt ein erschrecklich Erdbeben seyn. Anno 1718. werde die Erde in grausamen Schröcken seyn. Anno 1719. werde JEsus zu Gericht kommen.

Zum Beschluß dieses Capitels wollen wir aus Gabriel Block § 21. noch eine solche falsche Wahrsagerey allhier mit anmercken: Als Ferdinandus, König in Neapolis, nicht konte überredet werden, die Juden aus dem Neapolitanischen Reich zu jagen, auf diese Weise, wie sein Verwandter, der König Ferdinandus von Arragonien, in Spanien, gethan hatte, fing ein ungelehrter Leye-Bruder, Franciscus Hispanus genannt, öffentlich an, und sagete: Daß er von einem Engel Offenbahrung [429] hätte, daß solches Ferdinandi Neapolitani Verhalten GOtt mißfalle, und der Göttlichen Straffe zu entgehen, müste der König unverzüglich seines Bluts-Verwandten rühmlichem Exempel nachfolgen; aber sobald er sahe, daß er mit seinen Predigten nichts schaffete, ließ er eine erdichtete Prophecey in eine bleyene Taffel eingraben, in S. Cataldi Nahmen, welche bleyene Taffel er hernachmahls unter eine alte Kirchen-Mauer in Oranto vergraben ließ; drey Jahr hernach wurde ein anderer Priester subornirt, welcher öffentlich verkündete, wie er Offenbahrung und Befehl von St. Cataldo bekommen, eine Taffel auszugraben, an der oder der Stelle, welches auch geschahe. 24 Auf beregeter Taffel wurden also etliche Sprüch-reiche Befehle gefunden von der Juden Ausrottung, mit besonderer Verwarnung an den König Ferdinand, bemeldete Schrifft nicht zu lesen, ohne in Gegenwart seiner getreuesten und verständigsten Ministren. Welches alles, wie es der König nicht achtete, der ohne Zweiffel von dieser Practique Wind bekommen, griffen die Münche wieder zu ihrem vorigen Handwerck, mit Predigen und Schwermen, so greulich und überall, daß gantz Italien, insonderheit aber der Römische Hof, darüber bestürtzt wurde. Vide Jovium Pontonum lib. 2. Serm. cap. ult.

Marginalien

1 I. Geschicht.
2 Beschwerung / so teufflisch / wird zum Wahrsagen gebrauchet.
3 1. Oraculum zu Delphis.
4 2. Oraculum Iovis Hammonis.
5 Oraculum Arietinum, wo selbiges anzutreffen gewesen.
6 Wunder-Brunn.
7 3. Oraculum Dodonæi.
8 4. Oraculum Trophonii.
9 I. Geschicht.
10 Wie dieses Oraculum erfunden worden.
11 Ursprung dessen Nahmens.
12 Wie solch Oracul venerirt worden.
13 5. Oraculum Amphiarai, wie sich solches offenbaret.
14 II. Geschicht.
15 Vom Tod des Amphiarai.
16 Was ihm nach seinem Tod für Ehre bezeiget worden.
17 Was von den Ausspruchen der Oraculen zu halten.
18 Wann und wie diese Oracula untergangen und ein End genommen.
19 König Matthias in Ungarn wird durch falsches Wahrsagen verleitet.
20 Falsche Prophezeyhung eines Baarfüsser-Mönchs.
21 Pfarrer verkündet fälschlich den Jüngsten Tag.
22 Falsche Wahrsagung Desmarets von Ausrottung des Turckischen Reichs.
23 Wunderbare Wahrsager zu Boulogne, und derer befundenen Lügen.
24 Ein Münch propheceyet König Ferdinand mit Betrug.

30. Von Calender-Wahrsagereyen

[430] XXX.

Von Calender-Wahrsagereyen.

Was für phantastische Aberglauben unter den Calender-Nahmen fürlauffen, davon wäre ein gantz Buch voll zu schreiben, dann derselbe ist bey vielen einfältigen Leuten dergestalt eingerissen, daß solche in ihrem Haußwesen fast nichts anheben oder verrichten wollen, wann sie nicht zuvor in den Calender gesehen haben, ob es auch ein glücklicher Tag sey, dieses oder jenes zu Handen zu nehmen: Dann will einer reisen /so siehet er in den Calender, was zu solcher Zeit für Wetter seyn wird. 1 Will er Artzney gebrauchen /so soll ihm solches der Calender rathen, will er aderlassen / so muß das im Calender stehende Laß-Männlein zu Rath gezogen werden, will er baden und schröpffen / so muß der Tag in dem Calender darzu gezeichnet seyn, will eine Frau ihr Kindlein von der Brust entwehnen / so muß es ihr der Calender rathen, will einer sein Haar beschneiden lassen / so kan solches ohne vorhergehende Berathschlagung mit dem Calender, nicht geschehen, und was dergleichen aberglaubige Narrenpossen mehr seyn. Was das Prognosticiren [431] des Wetters anlanget, ob es regnen, schneyen, Sonnenschein oder windig seyn wird, kan wohl für keine geringe Thorheit gehalten werden, und wissen solches die Astronomi von selbst wohl, daß solches alles nichtig und vergebens, sie sagen aber: Sie müssen solches in ihren Calender mit einflicken, und den Unverständigen damit willfahren, nur, daß solche ihre Calender desto besser abgehen möchten. 2 Und solches ist auch die Wahrheit, dann wo die Witterung in Calendern ausgelassen würde, solte mancher den Calender nicht ansehen, dieweil der Aberglaub also starck bey gemeinen Leuten in diesem Fall überhand genommen: dann kein Astronomus wird mit Wahrheits-Grund behaupten können, was über 8. Tage für Wetter seyn werde, geschweige dann solches Jahr und Tag vorhersagen können. Von einem solchen Wetter-Propheten schreibt Marcellus Liv. de la Sage folie chap. 7. folgende Geschicht: 3 König Ludwig in Franckreich / der XI. schreibt er, hat einsmahls Bereitschafft machen lassen, auf die Jagd zu reiten, wolte aber gleichwohl gern wissen, was auf solchen Tag für Wetter seyn würde: befahl derowegen seinemAstrologo, solches nachzusehen, welcher, nach vielen Aufzügen mit seinem Astrolatico, sehr schön Wetter verkündete; wie aber der König aus Paris gekommen, und nicht wehr fern von der Tager-Parck war, begegnete [432] ihm ein Köhler / mit seinem Esel / welcher Kohlen nach der Stadt führen wolte, der sagete zum König: er möchte doch nur bald zurück kehren, er dem Schlagregen und Ungewitter ausweichen wolte, der König aber, welcher von seines Astrologi Bekräfftigung sicheren Unterricht eingenommen, achtete solches nicht, sondern verfolgete seine Reise: aber er war kaum in den Wald kommen; da fing es entsetzlich an zu regnen, zu donnern sich habende Leute zerstreuet wurden; ja der König selbst muste durch die Hurtigkeit seines Pferdes einen Ort suchen, daß er sich ein wenig unter Schirm und Sicherheit salviren konte: des folgenden Tages ließ der König solchen Kohlenbauer aufsuchen, vor sich kommen, und fraget ihn; wie er gewust habe, daß es vorigen Tages hätte regnen wollen? der Köhler antwortete hierauf: Der Esel / den Ihro Majestät gestern / mit Kohl-Säcken beladen / mit mir führen sahen / ist der sicherste Wahrsager / den man wünschen kan: Denn wann Ungewitter fürhanden / lässet er die Ohren und den Kopff sincken / und wird sehr traurig und laß. 4 So bald der König dieses hörete, ließ er dem Astrologo seinen Abschied geben, und sagete: [433] Daß er in diesem Fall keinen andern Astrologum gebrauchen wolte, als dieses Bauers seinen Esel; ließ dahero auch dem Kohlen-Bauer den Unterhalt für seinen Esel geben. Ist also fast sicherer, sich nach solchen Allmenachen zu richten, als dergleichen natürliche Prognostica von Gewitter in die Calender zu setzen. Es ist auch gewiß, daß durch die Thiere, Vögel, Frösche etc. vielfältigesmahl abgemercket wird, wann sich das Wetter verändern oder regenigt werden will, wie davon M. Gottfried Voigt / im zweyten hundert seines Physicalischen Zeit-Vertreibers / quæst. 23. schreibet, und mancherley Zeichen angemerckt, so eben auch nicht zu verwerffen, doch muß man sich auch sogar eigentlich an diese Dinge nicht binden, und daraus keinen Mißbrauch noch Glaubens-Articul machen.

Gleicher Gestalt werden auch bey den See-Fahrenden vielerley Zeichen von dem Wind angemerckt, welche eben auch sogar nicht an Seite zu setzen: Fr. Baconus de Verulamio in Histor. Ventor. p. 89. hat solcher Zeichen ein ziemlich Theil zusammen gelesen, derer einige allhier kürtzlich zu gedencken: 1.) Wann die Sonn bleich untergehet. 5 2.) Wann sie untergangen, roth wie Blut, anzusehen ist. 3.) Wann sich die Sonnen-Strahlen vor ihrem Aufgang zeigen. 4.) Wann die Sonn im Aufgang mit Wolcken bedeckt ist. 5.) Wann [434] sie im Anfang mit einem Circul umgeben. 6.) Wann das Meer still ist, und sich obenhin Blasen oder Schaum sehen lässet. 7.) Wann die Wasser-Vögel zusammen kommen und Hauffen-weiß fliegen. 8.) Wann die Meer-Schwein und Wallfische spielen: solcher Zeichen hat gemeldter Autor noch vielmehr angeführet.

Was dieses für eine Thorheit ist, wann man im Calender sehen solte, zu welcher Zeit gut Artzney zu gebrauchen: wie manchem Krancken wurde übel gewartet seyn, wann derselbe so lange Zeit liegen solte, bis ihn der Calender zur Medicin anmahnete: Noch mehr ist zu schelten, wer auf Tage wählet, wann man eine Aderlaß von nöthen hat: da wird der Calender bald zu hinderst, bald zu forderst durchsuchet, wo der Calender-Prophet ein rothes oder doppelt-rothes Creutzel hingezeichnet, dessen sich auch die Bartscherer und Bader zu bedienen wissen, und solche Tage an theils Orten ein rothes Läpplein oder Binde an ihre Stange hencken: da lauffet dann solches blinde Volck zu, in Meinung, daß dieses der Tag, oder doppelte Tag des guten Aderlassens sey; Andere haben noch ein grösser Vertrauen zu dem im Calender stehenden Aderlaß-Männlein: welches zeiget, an welchem Glied ein jedes himmlisches Zeichen seine Würckung hat: bey solchem ist der Glaub so groß, daß auch [435] alles Einreden bey dergleichen Leuten nichts verfangen will: da muß auch bey unwissenden Bartscherern der liebe Mond, erstes, zweytes oder drittes Viertel erwählet oder verworffen worden: des Tage-Wählens, als welche gut, oder verwerfflich seyn, zu geschweigen: das beste Zeichen zum Aderlassen aber, wird ein schön heiterer und heller Tag seyn, oder wann solches die höchste Noth bey gefährlichen Kranckheiten erfordert: gleiche Bewandtniß hat es auch mit dem Schröpffen, da muß ein Schröpffköpff im Calender stehen, als dann läufft der Bader mit einem Becken die Stadt durch und durch, und läutet dadurch ins Bad, worauf dann das aberglaubige Volck auch in solcher Dummheit zurennet, in Meinung, daß sie es damit wohl getroffen haben: Noch närrischer kommts mir für, wann solche Calender-Schmierer den armen einfältigen Weiblein mit ihren Zeichen vormahlen, wie sie ihre Kinder von der Brust entwehren solten: worinnen doch gar nichts verständiges zu finden, dieweil eine jede Mutter selbst besser weiß, wann sie ihr Kindlein entwehnen will, weßwegen auch gar wenig auf solche Prophetische Weissagung gehalten wird. 6 Bey dem Haarabschneiden / wo im Calender die Scheer, ob sich gekehrt, wann es gut, und unterwärts gekehret, wann es böß seyn soll, [436] stehet, solches ist eine Verlachens-würdige Thorheit.

Es ist derowegen eine aberglaubische Thorheit, wann solche Leute zu allen ihren Geschäfften sonderbare Tage und Stunden erwählen, welches doch rechtschaffene Christen fliehen und andere davon abhalten solten, und dannoch finden sich sehr viele, die nichts ohne den Calender in ihren Geschäfften fürnehmen wollen: so wohl im Säen / Pflantzen / Holtz-Fällen und dergleichen, wann sie nicht ein glücklich Zeichen darinnen finden: ja es kommen öffter solche närrische Dinge zum Vorschein, daß die Leut auch wissen wollen, wann gut Ertz, Zinn, Bley, Eisen etc. zu graben: wann gute Zeichen zum Kauffen und Verkauffen, neue Kleider anlegen, Nägel abschneiden, Geld einnehmen, fischen, jagen, über Feld ziehen, Gesind dingen, gut Heyrath machen, und was tausenderley des Dinges mehr ist.

Was noch ein mehrers, so entblöden sich solche Calender-Schreiber nicht, auch in grosser Herrn und Potentaten Cabinet, oder wohl gar in Göttliche Raths-Cammer zu schlieffen, und derer Prognostica also einzurichten, als wann solche sehen könnten, was unter solchen grossen Herrn, bald in Norden, bald in Westen geschehen werde. 7 Einer verkündet grosser Herren Tod; ein anderer glückselige Geburten; dieser grosse Niederlage und Feld-Schlachten; einer [437] Friede, einer Krieg: Noch im dißjährigen Calender 1717. wird prophezeihet, die in grossen Krieg verwickelte Haupter, verstärcken ihre Armeen: ja wohl, mein lieber Calender-Schreiber, das ist recht getroffen, aber was andere solche Händel antrifft, als: Ein hohes Haupt fället in eine gefährliche Kranckheit; Ein hoher Printz wird der Welt, adjeu sagen. Einem König gehet ein grosser Anschlag zu nichte. Es werden grosse Anstalten zu einer harten Belage ung gemachet. Traurige Bottschafften lauffen an unterschiedenen Orten ein. Eine glückliche Vermählung gehet von statten: Wann man diese und dergleichen Wahrsagungen betrachtet, so seynd die selbe also zu deuten: Daß es gar, wohl eintreffen kan, und scheinet, daß solche Wahrsager das Affenspiel von den Oraculis entlehnet haben. Kommen wir aber zu den Gesundheiten und Kranckheiten, und was solche davon prognosticiren, so soll das liebe Gestirn, die Creatur GOttes, mehr als derer Schöpffer vermögen: da soll bald der Monath, bald die Planeten und Gestirn, bald der Herbst oder Sommer, diese und jene Kranckheit bringen, da soll das Jahr fruchtbar oder unfruchtbar seyn. O ihr arme elende Menschen! die ihr eurem Schöpffer [438] vorschreibet / und von der Creatur mehr als von GOtt selbst / urtheilen wollet / der doch Leben und Tod, Gesundheit und Kranckheiten, Krieg und Frieden, Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit in seiner Hand hat, und regieret solche nach seinem allerheiligsten Wohlgefallen.

Ihr Herrn Astronomi wisset ja selbst wohl, daß euer nichtiges Prognosticiren lauter Phantaseyen sind; Ihr schreibt solche Gauckeley ja um keiner andern Ursach willen, als daß vierlerley in solchen zu lesen seyn soll, und daß ihr den Calender-Narren damit das Hirn füllen, und dem Verleger einen guten Abgang machen wollet. Es gibt ja Materia genug, ohne solches Lügen-Werck, damit die wenige Blätter in euren Calendern anzufüllen, daß ihr nicht vonnöthen hättet, solche einfältige Leutlein in ihrem Aberglauben mehr zu stärcken und zu verführen. Habt ihr nicht Materia genug, (an statt eines Hauffens ungereimter Dinge, und ärgerlichen, leichtfertigen und läppischen Historien, allerhand falschen Astrologischen Wahrsagungen, und dergleichen) zu schreiben von der Abtheilung des Jahrs und ihren vier Zeiten, als Frühling, Sommer, Herbst und Winter; von der Sonnen Lauff in die zwölff himmlische Zeichen; von sichtbaren und unsichtbaren Finsternissen; von der Julianischen, Gregorianischen und jetzigen Calender-Rechnung; [439] von Zehlung der Monaths-Täge, und darin enthaltener Fest-Tägen; vom Schalt-Jahr, von Sonntagen und deren Buchstaben; vom ab- und zunehmenden Monden-Licht; von den bekannten Nahmens-Tägen; von der güldenen Zahl, indict. roman. vom Planeten-Lauff, von des Tages Länge, Auf- und Untergang der Sonnen, und andern sicheren Dingen, die mit gutem Gewissen könnten aufgezeichnet werden, so werdet ihr nicht vonnöthen haben, solche läppische Sachen aufs Papier zu bringen.

Talander in seinen schertz- und ernsthafften Erquick-Stunden machet gewisse Calender-Reguln, die unfehlbar seyn, fol. 49. und saget: In bevorstehendem Jahr werden die Blinden wenig oder gar nichts sehen, die Tauben werden übel hören, und die Stummen nichts vernehmliches reden können. 8 Der Frühling wird warm und feucht, der Sommer aber heiß und trocken; der Herbst unbeständig an der Witterung, der Winter aber kalt und feucht gefunden werden. Im Sommer wird es zuweilen schön warm, auch regenhafft Wetter werden. Zwischen Hunden und Hasen, auch den Katzen und Mäusen, wird allezeit Unfried und Nachstellungen seyn. Es werden viele Ochsen, Kälber, Schaafe, Gänse und Hüner, sterben müssen. Viel Leute werden, wegen Armuth, Mangel haben, auch wird mancher [440] kranck werden und sterben. Die Reichen werden sich eher, als die Armen, etwas Gutes thun können, und den Armen wird das Dublonen ein zu wechseln verbotten werden. Im Märtz-Monat werden die Schaafe wohlfeilern Kauffs, als die Ungarischen Ochsen, zu bekommen seyn. In Nova Zembla und nahe dabey gelegenen Orten, wird die Kälte ziemlich hart werden.

Wann nun manchmahl zu geschehen pfleget, daß ein oder die andere solcher astronomischen Wahrsagungen eingetroffen, so muß man sich eben davon nicht verleiten lassen: dann gemeiniglich setzen solche ihre Wahrsagungen also, daß sie auf mehr als einerley Weise, zu des Wahrsagers Vortheil und Entschuldigung, können ausgedeutet werden, als e.g. es setzte einer im Octobr. Es werden diß Jahr im Monat October hohe Häupter im Reich fallen; wie der Calender-Schreiber darüber zu Rede gesetzt wurde, hat er es interpretiret, von den Ochsen /derer man viel um diese Zeit zu schlachten pfle get. Und wann schon einmahl so etwas eintrifft, so seynd es nur Sachen, so ohngefehr geschehen, woraus dann nichts gewisses von solcher Wahrsager-Kunst zu schliessen ist, wie aus folgenden zweyen Exempeln, so M. Gabriel [441] Block in seinem Buch, da er handelt von allerhand Wahrsagereyen / Nichtigkeit /Betrügerey und Falschheit / §. 4. & 5. angewiesen hat: 9 Im Jahr 1647. spricht er, im December-Monat, hat ein berühmter Astrologus in Franckreich, Larrivey genannt, in seinen Allmanach mit grossen Buchstaben gesetzt: Latin perdu, verlohren Latein; welche Redens-Art die Frantzosen insgemein gebrauchen, zu bedeuten, daß ein Anschlag mißgelungen. Nun trug sich zu, daß Wilhelmus Marcellus, Professor Rhetorices im Collegio de Lisieux in Paris, ein Programma anschlagen ließ, zur Parentation über den Feld-Marschall Gassion; weil aber dieser Gassion ein Huguenot war, däuchte einen und anderen Eifferer der päbstlichen Religion, daß sich nicht gebührete, daß ein Huguenot die Ehr geniessen solte, daß ihmparentiret würde, berichtete deßwegen solches an den Rectorem in dem Sorbonne, Gottfried Hermont, welcher alsobald die Parentation verbot, Marcellus beschwerete sich bey dem Reichs-Cantzler, aber er ward wieder an den Rectorem verwiesen, der sein voriges Verbot bestätigte, wodurch die Parentation gestürtzt ward. Sobald dieses geschehen, waren die Astrologi nicht säumig auszuschreyen, wie glücklich Larrivey es getroffen hätte. Der selige Professor, [442] Andreas Spole / erzehlte mir, wie ich in Upsal studirete, daß er sich nicht erinnerend, durch was Anleitung er im Januari-Monat seines Allmanachs über das 1661ste Jahr gesetzt hätte, daß ein vornehmer Herr unglücklich umkommen solte. Nun trug sich zu, daß des Reichs-Drostens / Grafen Magnus Gabriel de la Gardie, Sohn / ungefehr in selbigem Monat in Upsal todt geschlagen ward, wie er vom Pferd absteigen wolte. Wie nun hoch-gemeldeter Graf von ohngefehr beregetes Prognosticon in selbigem Calender ersiehet, fragete er den Professor Spole, was Grund er zu solchem Prognostico habe, und warum er ihn nicht vorher gewarnet hätte? Professor Spole antwortete hierauf, daß er keine andere Anleitung hierzu gehabt, als die alten astrologischen Regeln, welche er dem gemeinen Mann hie und da zu Gefallen, in seinen Allmanach einzuflicken pflegete; er aber selbst hielte, daß sie nichts zu bedeuten hätten, und wann er eine solche betrübte Begebenheit vorhersehen können, solte er nicht gesäumet haben, denen, die es angehet, zeitig anzuzeigen.

Wären also alle und jegliche Menschen für solchenastronomischen Wahrsagungen, die in die Calender geschmieret werden, billig zu warnen, dieweil nicht billig ist, daß man einfältigen Leuten dadurch [443] einbildet, daß das Himmels-Gestell und die Zusammenfügung der Sternen, dieses oder jenes Glück oder Unglück solte prophezeyen können, so in diesem Jahr oder Monat gewiß erfolgen werde, oder, wie dieser oder jener Potentat mit Tod abgehen solte. 10 Sehet, also pfleget die menschliche Vernunfft und Weißheit zu phantasiren, wann sie das Wort GOttes aus den Augen fahren lässet.

Was die Aspecten der sieben Planeten anlanget, und wie ein jeder Planeyt über den Menschen herrschet, davon wird so vielerley fabulirt, daß man gantze Bücher davon anfüllen könte. 11 Was aus denenselben für aberglaubisches Tage-Wehlen gemachet wird, davon haben viele gewisse Regeln schreiben wollen, wie bey Wolffgang Hildebrand / Colero und andern dergleichen Autoren zu lesen, als zum Exempel, dieConjunctio U mit dem

bringet einen unglückseligen Tag; du solt dich aber fürnehmlich hüten für diesen folgenden Menschen, als da seynd: Alte geitzige Bauern, Wucherer, Berg-Leut, Juden; hüte dich auch für Fürsten und allen Gewaltigen. Findet sich ein Zeichen * U, so soll es ein glücklicher Tag seyn, zu handeln mit Senioren und Bauers-Leuten, Wein, sammt anderem Garten-Gewächs, pflantzen, in Weinbergen anfahen zu bauen, Fechser legen, den Acker-Bau verrichten, im Erdreich graben, alte Gebäude [444] wieder verneuen, Vestungen bauen, auch auf diesen Tag die Weiber zufrieden lassen.

! U. Dieses Zeichen soll ein überaus unglücklicher Tag seyn, an welchem alles Vornehmen zu meiden. Hüte dich auch mit Kauffmannschafft in fremde Lande zu verreisen, dann all dein Vornehmen wird zurück gehen, wer es nicht glauben will, mag es mit Schaden erfahren. Hüte dich diesen Tag auch für Artzney zu gebrauchen; Item für Handlung mit Fürsten und grossen Herrn; meide alle Freunde und Feinde; hüte dich auch für Juden, München, Bauren etc.

Diese und dergleichen GOttes-vergessene aberglaubische Thorheiten beschreibet Wolffgang Hildebrand in einem Planeten-Buch / dessen sich gemeine unwissende Leute solchergestalt zu gebrauchen wissen, und ein Vertrauen darein setzen, als ob solches die lautere Wahrheit wäre, wodurch sie dem wahren GOtt seine Allmacht verkleinern, welcher doch einig und allein alles nach seinem heiligen Willen und Wohlgefallen regieret, auch alle Veränderungen, die in grossen Königreichen, Republiquen und andern Orten vorfallen, verursachet, ja auch die Hertzen der Menschen in allem ihrem Thun neiget und lencket, wohin er will. Kein Verständiger zwar wird nicht läugnen, daß das Gestirn in unsern Leibern grosse [445] Würckung habe, daß solche Würckung aber in oben angeregten Phantasien bestehen solte, und uns glücklich oder unglücklich im Handel und Wandel, oder unserm gantzen Thun und Leben, machen solte, wird sich kein vernünfftiger Mensch bereden lassen. So viel indeß von Calendern gesaget.

Marginalien

1 Einfältige Leutlein wollen alles aus dem Calender erforschen.
2 Astronomi wissen gar wohl / daß darauf nichts zu halten ist.
3 I. Geschicht.
4 Ein Esel prognosticirt vom Wetter.
5 Wie Seefahrende die Winde abmercken.
6 Wie der Aberglauben von Calendern bestättiget wird.
Bestes Aderlaß-Zeichen.
7 Astronomi schreiben doppeldeutige Prophezeihung in ihre Calender.
8 Schertz vom Calender-Prognostico.
9 II. & III. Geschicht.
10 Was man von solchen Prognosticiren glauben soll.
11 Was von Aspecten der Planeten fabulirt wird.

31. Von der Physiognomia

XXXI.

Von der Physiognomia.

Ob aus der Physiognomia des Menschen Gemüth, Gesundheit und Kranckheit könne abgenommen werden, davon schreibt Happelius in Relat. Curios. Part. II. p.m. 282. also: Die Physiognomia ist eine Wissenschafft, des Menschen Leben, Kranckheiten, und dessen Gemüth aus der gantzen Statur eines Menschenprobabiliter zu erkennen und davon zu urtheilein. 1 Daß aber allhier das Gemüth mit angeführet werde, daran ist Ursach, weil viel tausend Menschen gesund und lange lebeten, dafern sie ihre Affecten bezwingen könten. Die Affecten zu beurtheilen, gibt die Farbe des Angesichts, die Rede, die Bewegung der Augen, der Armen und des Ganges. Dann wie man lebt, so ist das Geblüth, wie dann hernach das Blut, welches [446] aus dem Hertzen herkommet, alsdann sich die Farben des Angesichts, und folglich der gedachten Glieder Bewegung, mit ereignen. Daß das Angesicht sich nach dem Gemüth ändert, solches beweiset die Heil. Schrifft Genes. 31. ℣. 2. Esa. 48. ℣. 4. Ezech. 2. ℣. 4. & 3. ℣. 8. Maccab. 4. ℣. 30. Hiernächst ist bekannt, daßex fumositate cordis das Gehirn mit unterhalten werde, dahero wie man lebet, alsdann das Gehirn ist. Die Dünste aus dem Magen, wann der Mensch nicht diærisch lebet, werden gleichfalls Schmertzen und Ungelegenheit dem Kopff machen. Zum Exempel: Ein Rittmeister, cholerischer Natur und kurtzer krauser Haare, lebete, wegen seines Haus-Creutzes, gantz unordentlich, wodurch nicht allein die Galle rege wurde, und per modum consensum das lincke Gehör mit litte, weil mit dem Gehör die Galle eine grosse Sympathiam hat, die krausen Haare veränderten sich und wurden länger und schlechter, die Dünste aus dem Hertzen und Magen verursacheten dem Kopff destomehr Flüsse, dadurch das Gehör mehr abnahm. Wann sich nun die Flüsse in dem Kopff und Stirn allzusehr häuffen, wird gemeiniglich eine Anmerckung der Stirn, als Finnen, Flecken und Wartzen, gefunden werden; falls man nun nicht zuvor kommt, werden solche Flüsse die Brust, Magen und Rücken treffen, die Wartzen, Flecken und Finnen- [447] Kranckheiten und auch causam morbi anzeigen, solches gibt die tägliche Erfahrung, nur muß man den Unterscheid machen, daß Wartzen und Flecken, die beständig im Angesicht gefunden werden, generaliter es nur andeuten, und wann es geschehen soll, solches die Liniamenten geben, die dieses Glied beherrschen. Hier ist höchst zu bewundern, wann der Mensch durch seine Affecten, oder durch einen andern Zufall, in Unglück gerathen, daß eben diese angedrohete Kranckheiten an dem Gliede sich anticipando ereignen und einstellen. Eine Wartze, je stärcker sie ist, desto grösser ist auch die Kranckheit, oder das Unglück. Wann sie demnach bey einem Menschen wachsen, nimmet die Kranckheit zu.

Ja es ist die Physiognomia eine solche Kunst, da man von des Menschen Gemüthe, Sitten und Neigungen, aus Linien und Zeichen, die sich an dem menschlichen Leibe und Gliedmassen befinden, etwas gewisses weissagen will. 2 Polemon und der Sophist Adamantinus, haben unterschiedliche Regeln davon verfasset, die sie aus der Erfahrung und langem Gebrauch wahrgenommen haben. Aristoteles hat ein besonderes Buch davon geschrieben. Hippocrates in lib. 2. de morbis popularibus hat hin und wieder davon etwas berühret. Für böse hält er diejenige, so roth-härig seyn, wie auch die, so eine spitzige Nase und kleine Augen haben; [448] für gut aber, die zwar härig seyn, aber die eine nieder gedruckte Nase und kleine Augen haben. Wiederum sind gut bey ihm die groß und kahl seyn / stammlen und eine schwache Stimme haben; Zornige aber, die ein grosses Haupt haben, kleine Augen / dabey stammlen / und mit der Zunge anstossen. Und abermahl: Zornige sind bey ihm, die mit den Augen wincken; gut aber, die einen grossen Kopff / schwartze und grosse Augen / und eine dicke und niedergedruckte Nase haben. Vid. Frid. Balduin. cas. consc. lib. 3. cap. 6. cas. 6. Die Mohren haben bey Erwählung ihrer Könige nicht die Stärckesten und Reichesten, sondern die Wohlgestaltesten und Schönsten vorgezogen, weil sie auf der klugen Gymnosophisten Gutachten für wahr angenommen, daß Wohlgestallte am Leibe auch von gutem Gemüth wären.

Ermeldter Autor. l.c. berichtet, daß der gelehrte Italiäner / Scipio Claramontinus, neun Bücher davon geschrieben, da er unter andern im 6. 7. und 8. Buch anweisen wollen, wie menschliche Gemüther geartet und gesinnet seyen, aus dem Haupt, Stirne, Augen-Braunen, Ohren, Augen, derer Farben, Nase, Munde, Gestalt und Angesicht, Leibs-Bewegung u.s.m. welche vor 40. Jahren D. Conring [449] in Teutschland lassen offentlich drucken, und denen bekannt gemachet, die vorhero davon nichts gewust haben. 3 So kan man nun (spricht er ferner) abnehmen, wie der Mensch inwendig beschaffen sey, und haben die Alten aus der Erfahrung manches wahrgenommen; an der Stirn, ob der Mensch ernsthafft oder zornig, oder aber sanfft müthig und gelinde; an den Augen, ob das Gemüth unbeständig, fromm, demüthig, oder züchtig sey; an den Augbraunen, ob er niederträchtig oder hochmüthig sey; an dem Munde, ob er lebhafft sey; an der Nase, ob er hönisch oder spöttisch sey; an den Wangen, ob er schamhafftig und keusch sey, u.s.f.Plato hat sollen können aus der Farb abnehmen, ob einer frisch, behertzt, grimmig, andächtig und verliebt wäre. Socrates hat aus der Rede der Knaben Gemüther erforschet, wie denn auch Syrach spricht,cap. 28. ℣. 7: Man mercket an der Rede, wie das Hertz geschickt ist.

Auch hat der Kirchen-Lehrer / Gregorius Nazianzenus, auf diese Kunst sich wohl verstanden, welcher, wie Niceras bezeuget, seines gleichen nicht gehabt, in Unterscheidung der menschlichen Angesichter, und hat am allerbesten von dem innerlichen Menschen aus dem äusserlichen Ansehen und offenbaren Dingen urtheilen können. Er hat Orat. 4. in Julian. den Julianum nach seiner Gestalt und Angesicht [450] beschrieben, was für einer er inskunfftige seyn wurde, und angewiesen, wie er aus seinen schwachen Füssen, zuckenden Schultern, herum vagirenden und wilden Augen, hönischen Nase, liederlichem Lachen, übereilten Fragen und unbedächtigen Antworten, nichts Gutes schliessen könne. Es kont bey mir nichts Guts bedeuten, als ich sahe, daß er keine vest und starcke Schenckel hatte, daß er die Schulter dann und wann bewegete und aufzog, mit seinen Augen herumschweiffete, und wie ein rasender toller Hund aussahe, daß er keine veste Schritt that, sondern mit seinen Füssen wanckete, daß er seine Nase hönisch aufwarff, und sonst lächerliche Minen machete, unhöfflich und übermäßig lachete, ohne Ursache mit dem Haupt nickete und winckete, mit seiner Rede anstieß und dabey offt Athem schöpffete, schnell fragete, und nicht weniger unbedachtsam antwortete.

Aristoteles saget, nach Anweisung des Autoris deswohl-informi rten Redners / wer unter einer gewissen Art Viehes zu thun hätte, könte gemeiniglich aus der Gestalt das gute und böse erkennen, nehmlich, ein Jäger die Hunde, und ein Reuter die Pferde. 4 UndFranciscus Valesius spricht de Sacra Philosophia c. 32. p. 217. Es finden auch die weltlichen Gesetze bisweilen aus der Physiognomia einen Grund, dann wann man auf zwey [451] Menschen einen Verdacht wegen eines Lasters würffe, so möchte man nur denjenigen am ersten martern, welcher das garstigste Angesicht hätte. Er antwortet aber darauf gantz recht, daß an denen unvernünfftigen Thieren die Merckmahle gewisser wären, als bey denen Menschen, dieweil jene ausser der Natur nichts hätten, diese aber genössen ausser der Gnade GOttes eine gute Auferziehung und Zucht, dahero geschähe es auch, daß bisweilen böse Zeichen durch ein gutes Leben verbessert würden, die guten Zeichen aber, wegen verabsäumter Auferziehung, mit der That nicht übereinkämen, der Mensch könne offtmahl simuliren und dissimuliren, die Natur, Stirn, Augen und Gesicht prophezeyeten manchmahl falsch, und die Rede sey mehrentheils gar betrüglich; gleichwohl habe die Natur das Gemüth in dem Leibe einigermassen vorgestellet, und Mittel, das Gemüthe aus dem Leibe zu erkennen, an die Hand gegeben.Vid. Reuters Reich des Teuffels p. 824. seq.

Bey den Kranckheiten kan man auch anmercken, daß zu solcher Zeit alle Nägel am Menschen weich werden, die Höfe an den Nägeln der Finger nehmen ab und vergehen, dergleichen an einer Durchlauchtigen Person, so tödtlich verwundet worden, abgemercket. 5 An dem Leibe finden sich auch offt ein und andere Zeichen, welche in dem Angesicht nicht gefunden werden, [452] inmassen man bey einem armen Mägdgen zu Hannover, nahe bey der Hertz-Gruben, Sonne, Mond und andere Sterne stehend verspühret, die bey Veränderung des Mondens kleiner und grösser worden; gleichfals hat es eine solche Bewandtniß mit ihrem Gehör gehabt, daß sie zu einer Zeit etwas weniges, zu anderer Zeit gar nichts hören können. Zu Bestärckung solcher Meynung kan man des weit-berühmten Medici, Bartholini, Anatomi sche Geschichte pag. 383. lesen, also: Ich habe in unserm Vaterlande eine sonderbare Einstimmung des Mondes mit einem an dieser Seuche kränckenden Cörper gesehen. Die Tochter der Sophien in dem Königlichen Garten zu Friedrichsburgk, mit der schweren Noth behafftet und meiner Cur sich bedienend, hat scheinbare Flecken in dem Angesicht gehabt, die den mannigfaltigen Schein und Veränderung des Monds, sowohl an Farben, als an Grösse, vorgestellet haben. Nimmet man nun die Nase, so wird man finden, wann sie gezeichnet ist, daß es Galle, Stein, Gonorrhœam, und bey denen unzüchtigen Leuten morbum Gallicum bedeutet. Dannenhero siehet man, wann solche Venerische Leute nicht beyzeiten Mittel gebrauchen, daß bey ihnen die Nase unglücklich und abscheulich wird, auch wohl gar abfället. Man findet auch bey den Kindern, wann sie in den inferioribus & grossioribus intestinis [453] Würme, i.e. cucurbitinos haben, werden sie an der Nasen, als bey den Nasen-Löchern, viel Jucken und Griebeln empfinden. Daß die Nase mit dem Unter-Leib, absonderlich mit den Pudendis, eine grosse Verwandtniß habe, wird viel muthwillig Frauen-Volck solches zu judiciren wissen; sie finden sich aber zum öfftern betrogen, indem der Mütter Impression, so sie schwanger gehen, die Pudenda vergrössern und verringern kan. Auch bezeuget die tägliche Erfahrung, daß in febribus acutis, wann die Nasen und Nasen-Löcher allzuspitzig werden, es eine Anzeigung des Todes sey, sintemahl die nätürliche Hitze allzuschwach, und zu den äussersten Gliedern nicht gehen könne. In hecticis werden gleichfalls die Nase spitzig, allein hieran ist Ursach, weil die Feuchtigkeit allzusehr verzehret worden, und gleichsam eine Anzeige, daß die Kranckheit gefährlich und tödtlich sey.Anno 1674. hat ein vornehmer Dänischer Abge sandter unterschiedlichen erzehlet, daß er vor der Hochzeit mit seiner Liebsten auf eine Zeit freundlich geredet, da sich eine Ader im obern Theil feiner Nase geöffnet hätte, und häuffig Blut heraus geflossen wäre. 6 Da nun das Bluten nachgelassen, wäre keine eintzige Anzeige solcher eröffneten Ader zu finden gewesen: sonsten weiß man sehr viel Exempel, daß, wann verliebte Personen beysammen gewesen sind,[454] sie aus den Nasen-Löchern geschweisset haben. Aus dem Munde werden viele Kranckheiten des Schmeer-Bauchs, der Genitalien, Brüche, wie auch Obstructiones alvi & menstrui, abgenommen. Eines Fuhrmanns Söhnlein vor dem Elster-Thor zu Wittenberg / welches von seiner Mutter und dessen Schwester den 11. Febr. des 1680. Jahres zu einem erfahrnen Liebhaber der Physiognomiæ gebracht ward, hatte einen Bruch, derselbe war nicht von Natur, als von der Influenz des Himmels, sondern vom Geblüt der Eltern. Vater und Mutter waren nicht gebrechlich, sondern der Frauen Vater, als Groß-Vater des Kinds; hingegen der Frauen Schwester und ihr Bruder hatten Brüche, die Schwester hatte im Gebähren ihren Bruch bekommen, der Bruder aber von Natur, wie die Wartzen anzeigeten. Zum Munde gehören ja auch die Zahne und die Zunge. Daß nun auch die Zunge etlichen Kranckheiten unterworffen, solches gebrauchet allhier keiner weitläufftigen Erörterung, vielmehr ist höchst zu verwundern, daß auf der Zungen Wartzen gefunden werden, davon wollen wir nur etlicher Exempel gedencken: Als zu Halle, (schreibt Happelius in Relat. Curios. P. 2. pag. 285.) in dem Wirths-Hauß der H. drey König benahmt, Anno 1668. über dem Tisch, in Gegenwart vornehmer Herren, Tit. Herr Georg Neumarckt / [455] Vice-Com. Palat und Hoch-Fürstl. Sachsen-Waymarischer Gerichts-Secretarius, fragete: Ob es möglich wäre, auf der Zung eine Wartze zu haben? Darauf solches mit ja beantwortet, und zugleich die Unpäßlichkeit der Zungen mit angezeiget worden; welches imgleichen damahls sein Reise-Camrad bejahete, und alle Anwesenden seine Wartze auf der Zunge sehen liesse. Zu Wolffenbüttel hatte ein Hof-Cavallier Anno 1678. auch Wartzen an seiner Zungen, deßgleichen eines Hoch-Fürstlichen Braunschweig-Lüneburgischen Lieutenants Kind, 9. Viertel Jahr alt, viel Wartzen auf der Zunge gehabt; wann nun die Colligantia membrorum beobachtet wird, werden die Wartzen vergehen. Unter andern ist denckwürdig, wie der Hoch-Gräflich-Sollmische Informator zu Sonnenwalde etliche 20. Wartzen auf beyden Händen gehabt; da aber derselbe mit Pferd-Haaren vier abgebunden, sind darauf die andern alle miteinander in kurtzen Tagen von sich selbst vergangen. Was demnach diese Wissenschafft bey den armen Patienten vor einen Nutzen habe, solches wissen verständige Medici zur Gnüge zu erkennen, durch derer Hülff sie in schweren Kranckheiten causam morbi zu erforschen fähig sind, und wie denselben müsse abgeholffen werden. Dessen Möglichkeit ist inFernelii Ambiani Pathologia de Signis p. 34. nachzuschlagen.

[456] Wolffg. Hildebrand in seinem Kunst- und Wunder-Buch Part. III. p.m. 550. schreibt: die gantze Physiognomia sey den Mahlern, Bildhauern, und allen denen, so dergleichen künstliche Arbeit verfertigen, hoch vonnöthen, dadurch eines jeden Menschen Eigenschafft und Art der Sitten und Gemüths nicht allein erlernet und eigentlich geurtheilet werden mag, sondern ein jedes Bild darnach mancherley Weise von kunstreichen Bildhauern gebildet und formiret werden soll. 7 Und erstlich ist zu mercken, daß, den rechten Grund dieser Kunst zu erlernen, der Mensch unterschiedlich seiner Gestalt und Gesicht nach geurtheilet werden soll: als wann nach der Art seiner Nation, seines Vaterlandes, seines Geschlechts, und wie er an sich selbst gestalt ist, und für das erste, ob er ein Mohr oder Assyrer wäre, zu Theben oder zu Egis erzogen, gefraget würde, wird solches am besten aus der Kleidung oder Tracht gesehen; wie Virgilius schreibt, von den Trojanischen Jungfrauen, daß sie Pfeile und Köcher getragen. Derohalber künstlichen Bildhauern insonderheit vonnöthen, mancherley frembde Nation, Gegne, Land-Art, Sitten, Trachten, Gewohnheit und Manier eigentlich zu wissen: Denn die gegen Mitternacht, gegen dem Polo arctico wohnen, die seynd vor andern länger von Leib, weisser Farb, weicher, zärter, gelbfarbet Haar, grauer [457] Augen, flach, feist, fleischig, bauchig und leibiger; Zorn-jähig, einfältig, leichtfältiges Raths, jähe, unverständig, grob, und zu allen guten Künsten und grosser Subtiligkeit ungeschickt; wie dann fürnemlich bey den Schweden, Dänen und Nieder-Sachsen gemercket wird.

Die aber, so gegen Mittag wohnen, die haben schwartz-krause Haare, schwartze Augen, sind kurtz von Leibe, starck von Schänckeln, brauner Farbe, dürr, mager von Leib, und zu guten Künsten untauglich, aber doch voller Gedancken, leichtfertig, arglistig, lügenhafftig, gewinnsüchtig und diebisch, doch einer mehr, denn der andere, nachdem jede Landschafft den beyden Polis, dem Mitternächtigen oder Mittägigen, am nächsten gelegen, als die Sardinier, Sicilier, Mauritianer oder Mohren und Araber. 8

Aber die in der Mitte gelegen, die haben auch eine mittelmäßige Complexion oder Qualität, sind mittelmäßiger Gestalt von Leibe, ihre Haar weder zu krauß noch zu schlecht, von Farben etwas bleicher, schöner von Angesicht, sinnreich und zu allen guten Künsten und der Lehr wohlgeschickt; barmhertzig und guter Sitten, fürnehmlich die Griechen und rechten Italiäner.

Aber welchem Lande eine jede Nation am nähesten, nach demselben, als ihren Nachbarn, verändert sie ihre Sitten und Art am meisten, denn die Libier vergleichen [458] sich mehr mit den Hiberis, die Hiberi mit den Celtis, wie auch die Lybier den Mohren in Aethiopia, und die Celten mit den Franzosen, in Gestalten und Sitten gleicher und ähnlicher.

Alle Völcker aber, so gegen Mittag gelegen, die werden von Wärme und Truckenheit regieret, aber die gegen Mitternacht, dargegen wieder von Kälte und Feuchte, also wird auch von denen verstanden, so beyderseits gegen Orient und Occident gelegen, solche Arten den beyden Polis nach.

Doch begibt es sich etwan, daß sich die Nationen verändern, also, daß ein Volck aus einer Landschafft in die ander ziehet, dadurch eine Vermischung verursachet wird, als wo die Italiäner in Thraciam, oder die Thracier in Italien zögen, die Perser in Aßirien oder die Aßirer in Persien. 9 Aber dem Geschlecht nach wird der Mensch auch geschauet, und seiner Gestalt nach judicirt oder geurtheilet, nicht daß man frage, wer seine Eltern und wes Stammes er sey, sondern ob er männliches oder weibliches Geschlechts sey: denn in diesem ist fürnehmlich ein mercklicher Unterscheid; denn das männliche Geschlechte ist das fürtrefflichste, gerecht, unerschrocken, kühn, großmüthig, standhafft, freyen Muths, fromm, freygebig und herrliches Ansehens.

[459] Aber dargegen ist das weibliche Geschlecht verachteter / zänckisch / furchtsam / frevelmüthig /ungezähmt / hinläßig / gifftig / unverträglich / unbeständig / wanckelmüthig / böser / schalckhaffter und geitziger Art. 10 Es ist auch das Weib menschlicher Proportion und eigentlicher Simmetria nach kleiner von Haupt, denn der Mann, kürtzer von Person, weicher und schwärtzer von Haar, schmähler von Angesicht, heller brennender Augen, dünner von Halß, schwerer Brust, weich in Seiten, Hüfften und Diechen, völliger fleischiger Waden, und kürtzer gebeinet, unter den Knien hinab, die Hände und Füsse etwas aufgelauffen, und am gantzen Leib lieblicheres Ansehens, linder, und im Angreiffen weicher, die Stimme klahr, die Schritt enger oder kürtzer, die Glieder alle völliger, und in allem Thun und Bewegung langsamer.

Weiter wird der Mensch für sich selber auch angesehen, seiner Gestalt nach judicirt, und seine Natur und Eigenschafft erkundiget, aus zweyerley Dingen, so der Substanz der Glieder angehefft, und der Gestalt und Wesen des gantzen Cörpers mit theilhafftig seyn; als aus dem Angesicht, Alter und Gange, der Stimme und dem Athem. Aber zum andern wird er gesehen und seiner Gestalt nach judicirt [460] und geurtheilet von äusserlichen Umbständen, als aus der Zierde, Nahmen, Stand oder Art, Zeit und dergleichen, die Gebährden und mancherley Vorstellungen des Angesichts, und auch die Farbe, welche darinnen das Mittel hält.

Wann man nun aus allen diesen Zeichen die Natur, Eigenschafft und Sitten der Menschen erlernen, und auch die Bilder in solcher Gestalt künstlich mahlen und bilden will, daß solche von ihnen erkannt werden, kommen uns die Augen am ersten für, als die fürnehmsten, ingleichem derer angehörige Theile, so denselben am nächsten sind, als das Augensternlein, die Augbraunen, Stirn, Wangen, Augenlieder, die Nase, die Lefftzen, der Mund, die Backen, Haar, Ohren und das Haupt selber. 11 Von diesem werden in die andere Ordnung gesetzt, was um die Brust und um den Rucken herum zu finden; In die dritte Ordnung gehöret, Arm, Hände, Hüfft und Füsse; aber in die letzte Ordnung die Dieche, der Bauch, der Rucken, Lenden und Waden, von solchen Gliedern aber, ist von jedwedem besonders zu urtheilen.

Aus den Augen ist in der Physiognomia viel zu urtheilen, denn in solchen ist gar mancherley Unterscheid: ihrem Wesen nach sind solche entweder groß, mittelmäßig oder klein, weit vor dem Kopff liegend, oder tieff hinein gedruckt, geschwollen, [461] eben oder ein gefallen, beweglich, stät, zitternd, stätig, blitzend, viel oder wenig blickend gesehen und geurtheilet. 12 Aber des Gesichts halber werden sie unterscheidet, ob sie zwitzern, feucht oder trocken, schön, gläntzend, finster oder dunckel, frech oder traurig, scharffes oder dunckeln Gesichts, ernsthafft oder leichtfertig, tückisch oder freundlich, samt noch mancherley dergleichen Anmerckungen: dann auch haben sie mancherley Unterscheid an der Farbe, etliche sind schwartz, etliche grau oder blau, und dergleichen auch von vermischeten Farben, die halber-schwartzen Augen, so man die braunen Aeuglein nennet, sind fast freundlich; andere sind roth, gelb, Feuer-farbig, und noch andere Arten mehr. Was aber die Qualitäten solcher Farben betrifft, gründlich zu untersuchen; dieweil solches eine gar weitläufftige Beschreibung erfordert, wollen wir solche allhier gesucheter Kürtze wegen übergehen, und nur ein weniges davon berühren, im andern Theil aber dieses Buchs, derer mit mehrerm gedencken.

Wir wollen uns allhier bedienen, fürnehmlich, was von Aristotele und Adamantio hievon aufgezeichnet, welche beyde treffliche Philosophi in der Kunst derPhysiognomiæ genugsam bezeuget, und alles grundlich und wahrhafftig dargethan; und will Aristoteles, daß das rechte Maaß der [462] Augen weder zu klein noch zu groß seyn soll. 13

Weit-aufgelassene Augen / so fern vor dem Kopff heraus liegen, um welche ein geschwollener Ring ausserhalb umher gehet, und eine hohle Grube rings umher gezogen ist, bedeutet einen betrüglichen, bäuerischen und gantz ungeschickten Menschen: wann solche aber schön gleissend, ziemlicher Grösse, klar und feucht anzusehen, bedeutet, daß solcher zu aller Gütigkeit und Billigkeit geneiget, auch zu der Lehr und allen guten Künsten wohlgeschickt, und von jederman geliebet werde, wie von Socrate zu lesen, daß er solche Augen gehabt.

Die tieffe verborgene Augen / wiewohl solche am schärffesten sehen, werden solche dennoch nicht gelobet, wo sie nicht auch eine Grösse darzu haben, denn wo sie klein sind, bedeuten sie einen Heuchler, neidischen und aufsätzigen Menschen.

Wo die Augenbraunen beweglich / gibt es Anzeige eines mächtigen Gemüths, wo aber nicht, einen Kunst-durstigen: Die Augen / die schnell runds umgehen / bedeuten einen faulen, trägen, hinläßigen Menschen; starrige Augen bedeuten niemahlen was guts, denn wo sie feucht, bedeuten sie ein verzagt Gemüth; dürr und trocken einen Unsinnigen; die groß und roth-farbig, zeigen Begierde zu [463] der Unkeuschheit: wo aber solche Augen darzu gläntzend sind, solchen Menschen soll man alles Fleisses meiden; weil derselbe Mensch sein gröstes Vergnügen hat, wann er einem andern Schaden zufügen kan.

Die Augen / wann man sie zuthut, daß sie über sich steigen, bezeichnen Unkeuschheit, Fräßigkeit, sind auch ein gewiß Zeichen der fallenden Sucht: Sind sie roth-färbig oder schwartz-färbig / bedeuten sie ein unverschämt Maul, weibische Art, groben Verstand, etc.

Wann aber die Augen einbeschlossen / sich unter sich neigen, bedeutet in allen Dingen das Widerspiel, die Augen, welche also erstarren, oder bestehen bleiben, wann man sie aufthut, geben Anzeigungen tieffer Gedancken, oder daß einem eine Sache hart anlieget. Kleine schieffende Augen bedeuten einen tückischen Menschen, die sehr groß sind, einen ungeschickten groben Tölpel, und Vielfraß.

Da aber solche Augen etwas groß / hell und gläntzend seyn / geben solche Anzeigung eines grossen Geists, eines hohen Gemüths, das sich hoher und gewaltiger Dinge unterstehen darff, doch Zornmüthig, weinsüchtig, und vor andern grosse Rühmer, wie vonAlexandro aus Macedonia zu lesen, der ein solches Gemüth gehabt.

[464] Finstere und dunckle Augen sind gebrechlich; sind sie fast klein, bedeuten sie einen unwahrhafften, arglistigen und aufsätzigen Menschen, eines boßhafften und doch beständigen Gemüths.

Die hell-gläntzende Augen / wo sie sonst keinen andern Mangel haben, sind sie fast gut und fast nützlich, geben aber keine gäntzliche Anzeigung der Frömmigkeit, denn sind sie blaufärbig, zeigen sie grosse Listigkeit; die braun und zur Schwärtze geneiget, zeigen auf Furcht, Schröcken und Arglistigkeit; aber die schwartzen Augen bedeuten einen verbuhlt- und ehebrecherischen Sinn; sind sie darbey feucht, bedeuten sie Starcke, Unfürsichtigkeit, schnellen Zorn, Mildigkeit und Gütigkeit.

Die viel blinckenden Augen bedeuten einen aufsätzigen diebischen Menschen: sind sie aber feucht, geben sie Anzeigung eines grossen Fleisses mancherley guter Künste; welche aber nicht blincken im Zuthun, sondern sich bald schliessen, bezeugen eine Schamhafftigkeit. So aber die Augen schnell aufgesperret werden, bezeichnen solche ehebrecherische und frätzige Leut; sind sie dürr und trocken, bedeuten solche Frevel.

Man könte hier auch anführen, wie von denAugen-Stern und Körnlein in den Augen aus derPhysiognomia zu judiciren. Item aus dem Augenlied und Augbraunen / sowohl auch aus der Nasen [465] Gestalt / Wangen / Mund / Lefftzen / auch der Stirn /zu urtheilen.

Das Angesicht des Menschen aus der Physiognomia zu erkennen, so will Aristoteles, daß ein groß Angesicht einen groben Verstand bedeute, aber ein klein Angesicht Stetigkeit. 14 Ein breit Angesicht /wie Adamantius spricht, bedeutet einen weichen Menschen, der in aller Wollust lebet. Ein mager Angesicht bedeutet einen fleißigen Menschen, der grosse Mühe auf ein Ding leget; desgleichen einen, so der Lieb ergeben ist, auch wohl einen Aussätzigen. Ein klein Angesicht bezeichnet kleine Zucht, aber ein fastgroß Angesicht ist eine Anzeigung eines fast tollen Verstandes.

Die Verwandelung des Angesichts / so ein rechter Spiegel ist des Gemüths, wird von den Alten Vultus genannt, und ist solche Verwandelung gar mancherley Gestalt. 15 Denn wie unser Hertz in jeden Affecten beweget wird, also verstellet sich auch das Angesicht, wiewohl man etliche findet, die aus Gleißnerey sich anders stellen, denn ihnen ums Hertz ist; darum man nicht leichtlich oder unbedachtsam jedesmahl solcher Gestalt des Angesichts so gar gäntzlichen vertrauen muß, sondern die Art und Eigenschafft des Menschen aus der Gestalt des Angesichts zu urtheilen, muß man [466] so lange harren, bis solche Bewegungen des Gemüths, die das Angesicht verstellen, sich gäntzlich gestillet haben. Denn ohne solche Verstellung findet man auf tausenderley Gestalt der Angesichter, als traurige, fröliche, leichtmüthige, ernsthaffte, freudige, lautere, finstere, demüthige, wachende, schläfferige, faule, furchtsame, tapffere und erschrockene, und also unzählig viel Unterscheidungen.

Aus dem Halß, Genick, Kehlen, Gabelbein, Brust, Düttlein, wie auch dem Ober-Theil des Arms, der Schultern, Rückblat und Lenden, des fördern Arms, der Hände, Finger, Nägel, desgleichen aus der Seiten, Hüfften, Bauch, Diechen, Schänckel, Füsse und Knotten, sonderbar aus der Farbe des Angesichts, könten vielerley Prognostica angeführet werden, so aber bis auf bessere Gelegenheit ausgesetzet werden.

Ist also die Physiognomia nicht so gäntzlich zu verwerffen, wann man nur in den Schrancken verharret, den natürlichen Affecten des Gemüths und derConstitution des Leibes, denn bey Formirung des Menschen werden in dem Angesicht etliche Signa eingepräget, darum auch solche Zeichen eine Ursach haben, derowegen kan auch einigermassen davon geurtheilet werden; dann so einer etwas im Sinn hat, das siehet man ihm an den Augen an, es sey Gutes oder Böses. 16 Aber hierzu gehöret ein vernünfftiger Mann, der die natürlichen [467] Sachen, so sich aus den Neigungen des Gemüths von aussen erzeigen, wisse von denen mit Fleiß verstelleten und angenommenen Geberden zu unterscheiden. Vom König David / dessen Hertz aufrichtig und ohne Falsch war, zeugete auch sein äusserliches Ansehen, dann er war braunlecht, und mit schönen Augen und guter Gestalt; 1. Sam. 16. ℣. 12. da er aber bey Achis, dem Könige zu Gad, seine Geberden verstellete, unter seiner Diener Händen kollerte, sich an die Thür am Thor stieß, und seinen Geiffer in den Bart ließ herab fliessen, 1. Sam. 21. ℣. 13. seq. da konte er sein aufrichtiges Gemüth gegen GOtt nicht erkennen, welches er doch allezeit behalten hat.

Wie solten aber daraus gewisse und unfehlbare Weissagungen und Deutungen können genommen werden, daß derer Erfüllung also nothwendig erfolgen müsten, da doch Sonnenschein, Hitze, Kälte, Nässe, Trübe, scharffe und Faule Lufft, gifftige Dünste, Schnee, Dampff und Winde, nicht nur den Leib offt inwendig und auswendig alteriren, sondern auch den Verstand, Gedächtniß und Gemüthe, nach Gelegenheit ermuntern, verdrossen, frölich und betrübt machen.

Es kan auch ein frommer Mensch mit dem Gebet, Frömmigkeit und Gottesfurcht dem Bösen begegnen, und seine Natur, durch Hülffe GOttes, verändern [468] und verbessern. 17 Zophyrus hat von dem Socrate aus dem Gesicht seines Leibes geurtheilet, er müsse ein dummer, ungeschickter, wie auch ein weibischer Mensch seyn, dieweil er keine hohle Kehle hätte; aber es hat dieser Heyde, Socrates, seine übele Natur mit Fleiß und Ubung der Tugend also ausgebessert, daß man davon das allergeringste nicht hat an ihm verspühren können. Welcher demnach urtheilen will aus dem Gesicht, von dem Fleiß und Sitten der Menschen, der muß bey diesen natürliche Zeichen auch hinzu thun, welche von dem Willen des Menschen vorkommen, die die Natur des Menschen zum öfftern verbessern.

Marginalien

1 Ob aus der Menschen Angesicht etwas könne genommen werden?
2 Was die Physiognomia für eine Kunst sey.
3 Unterschiedene gelehrte Leute haben von der Physiognomia geschrieben.
4 Aristotelis Meynung von der Physiognomia.
5 Der Menschen Kranckheiten können auch aus derPhysiognomia abgemercket werden.
6 Unterschiedene Exempel davon.
7 Die Physiognomia ist auch den Bildhauern und Mahlern zu verstehen nöthig.
8 Unterscheid der Menschen an vielfältigen Orten.
9 Wie der Mensch seine Natur verändert.
10 Eigenschafft des weiblichen Geschlechts.
11 Aus welchen Theilen des Menschen die Physiognomia abzunehmen.
12 Wie aus den Augen zu judiciren.
13 Aristotelis und Adamanti Urtheil aus den Augen.
14 Judicium aus dem Angesicht.
15 Aus dem Angesicht ist vielerley zu prognosticiren.
16 Physiognomia ist nicht gantz zu verwerffen.
17 Durchs Gebet kan GOtt die Natur verändern.

32. Von der Chiromantia

XXXII.

Von der Chiromantia.

Die Chiromantia ist eine Weissagung oder Wahrsagung, welche aus Anschauung der Hand und darinnen befindlichen Linien genommen wird, und von der Menschen Natur, Wesen, Geschicklichkeit und Zufällen Bericht geben soll. Solche Wissenschafft ist bey den Vor-Alten in grossem Werth und Gebrauch gewesen, wovon viel ansehnliche gelehrte Männer geschrieben [469] haben: Heinrich Cornel. Agrippa de incert. & vanit. omn. scient. führet davon unterschiedliche sowohl alt- als neue Scribenten an; unter den alten spricht er, ist gewesen Hermes, Alchindus, Pythagoras, Pharaotes Indus, Zophyrus, Helenus, Ptolomæus, Aristoteles, Alphorabius: über dem Galenus, Avicenna, Rasis, Julianus, Maternus, Loxius, Phylemon, Palæmon, Constantinus, Africanus. 1 Unter den Römischen Fürsten haben sich L. Sylla und der Dictator Cæsar sehr darauf geleget. Der neuenScribenten sind auch nicht weniger, als: Petrus Apponensis, Albertus Teutonicus, Michaël Scotus, Bartholomæus Cocles, Michaël Zavonarola, Antonius Cermisonus, Petrus de Arca, Andreas Corvus, Tricassus Mantuanus, Joannes de Indagine, und viele andere berühmte Medici. Siehe auch Antonium Verderium lib. 8. variarum lectionum cap. 9. Joh. Rothmannum in Chiromantia Theoretico-Practica, Joh. Taisnier in epistol. dedicat. oper. Mathem. und Joh. Prætorium in Judicio Chiromantico. Dieser schreibtpag. 599: Man könne auch ohne die Wissenschafft der Chiromantiæ nicht reiten lernen. Und sage Johann Kayser in ιππικωμικη p. 189. also: Demnach gebühret dir der Zaumen in der lincken Hand zu fassen, dergestalt, daß du zwischen beyden Zeuglein allwege den kleinen Finger habest, [470] und die völlige Hand also führest, daß der Berg Veneris, sammt der Linea vitæ, das ist, die Linea des Lebens, den Sattel biegen, den Daumen aber auf beyden Zügeln gewandt, gegen der rechten Hand etc. Ferner saget gedachter Prætorius l.c.p. 601: Es könne niemand für einen grossen Mann gehalten werden, der diese Kunst nicht verstehe. Und p. 676. spricht er: Marcus Tullius Cicero ist auch ein Chiromante gewesen, denn Cicero bedeutet so viel als Kiecker / und Marcus so viel als Märcker /der die Hand ankiecket und bemercket.

Heutiges Tages findet sich allerhand liederliches Lumpen-Gesindel / Landstreicher, Quacksalber, verdorben Handwercks-Volck, alte Weiber, abgedanckte gebrechliche Soldaten, die sich auf solche Zeichendeuterey und Wahrsagen legen, und Einfältige zu betrügen suchen. 2 Unter andern massen sich dieser vermeinten Kunst auch an zusammen verlauffen diebisches ruchloses Gesindel, welche bey uns insgemein Zigeuner genannt, werden, derer Weiber eigentlich davon Profession machen, und zugleich unter dem Wahrsagen den einfältigen Weiblein mit der andern Hand nach dem Sack fahren, und ihre Beutelschneiderey ausüben. Solche geben für, sie kämen aus Egypten, welches Land doch von allen keine gesehen hat.

Was Wolffg. Hildebrand in seinem Kunst- und Wunder-Buch [471] Part. III. p.m. 567. davon schreibet, bestehet in folgendem: Als Palma heist die Fläche einer starcken glatten aufgethanen Hand, Vola, die Höhle der Fläche, aus welcher Höhle entspringen fünff Finger, welche also nacheinander in Latein genannt werden, Pollex, der Daume / wird darum also genannt, daß er stärcker und mehr bevestiget ist, als die andern Finger. Digitus judex, der Zeig-Finger /damit wir gewöhnlich auf ein Ding zeigen, Digitus medicus, der dritte / weil er in der Mitte stehet, wird er der Mittel-Finger genannt. Digitus annularis, der Hertz- oder Prang-Finger / dieweil solcher gemeiniglich mit guldenen Ringen gezieret wird, vornehmlich in der lincken Hand, und solches daher, weil die Medici schreiben, daß ein kleines Aederlein von diesem Finger zum Hertzen gehe, und wann also dieser Finger mit Gold gezieret sey, so gebe das Gold aus eigener Art durch gemeldtes Aederlein dem Hertzen sonderliche Krafft und Stärckung, (so aber bessern Grund vonnöthen hat.) Digitus articularis, der Ohr-Finger / denn gemeiniglich wird solcher zu Aussäuberung der Ohren gebrauchet, und das aus sonderlich angenommener Gewohnheit.

Percussio manus, der Handschlag / wird sonst auch pugnus genannt, wann die Hand beschlossen und zugethan ist, mit [472] eingeschlagenen Fingern, alsdann machet sie eine Faust, derer Ober-Theil ist bey dem Daumen das Unter-Theil herunter. Restricta ist der Ausgang der Hand / da sie sich mit dem Arm vereiniget, und daselbst wird die Hand dem Arm angestrickt. Incisuræ, werden die Linien in der Hand also genannt, wie dieselbe nebst der Planeten Sitz ausgetheilet werden.

Eine förmliche Hand bedeutet eine Geschicklichkeit zu aller Handthierung oder Handwerck, was einer fürnimmet. Wann einer die Hand oder Finger von Natur kan hinter sich legen, bedeutet eine schwache Natur und räuberischen Menschen.

Was die fürnehmste Linien in der Hand betrifft, sind solche Linea vitæ, Linea cerebralis, Linea Veneris; so dieser dreyen Linien eine nicht fürhanden wäre, bedeutete es grosse Fälle und plötzlichen Tod.

Linea vitæ, dieselbe ist die fürnehmste Linia, wann solche ihren rechten Anfang hat, fein gleich und wohlgestalt ist, bedeutet ein starck Hertz und gute Natur, wird der Sonnen zugeeignet.

Linea cerebralis nimmet ihren Anfang aus der Linien des Lebens, auf Hypothenar, wird dem Hirn und Monden zugeeignet, so dieselbe fein gleich ist und unterschnitten, judiciret man daraus ein gesund und gut Gehirn, da sie aber gleich, als wäre sie von Haaren geflochten, erscheinet, [473] zeiget sie an ein flach und flüßig Haupt, ist sie zerspalten, bedeutet, daß einer soll einen Schaden am Bein bekommen, dadurch einer möchte hinckend werden.

Linea Veneris hat ihren Anfang von Thenar, und streicht auf Hypothenar, wird den Nieren, denen Geburths-Gliedern und Veneri zugeeignet, so dieselbe fein gleich und nicht zerschnitten oder gespalten ist, zeiget und bedeutet sie einen fruchtbaren Menschen.

Linea Saturnina soll mit der Vitali ihren Anfang haben, und die Veneream nicht gar erreichen, wird dem Saturno zugeschrieben, da dieselbe fein gleich und unzerschnitten ist, bedeutet einen gesunden und harten Menschen, deßgleichen weit und glückselige Reisen: & econtra. Linea Epatica hat ihren Anfang von vitali, und soll mit der Cerebrali und Vitali einen feinen gleichen Triangulum machen, wird dem Mercurio, Lunæ und Soli zugeeignet, da dieselbe fein gleich und scheinbarlich, bedeutet eine gute Leber und Dauung, auch einen verständigen Menschen. Er econtra. Via Lactea ist Soror Epatica, da dieselbe fein scheinbar zu sehen ist, bedeutet groß Glück, ist in der Epatica zu sehen.


Von den Lineis in genere wird prognosticiret:


Viel kleiner Linien in den Kindern und [474] kleinen Knaben, sollen künfftige Dinge bedeuten; in den Alten aber sollen viel dunckele flache Linien, geschehene Dinge bedeuten, so sie aber nicht tieff sind, sondern gleich, als wann sie vergehen wolten, sollen sie vergangene Dinge bedeuten. 3 Subtile Linien aber etwas neues und zukünfftiges; zerbrochene und zerschnittene, die doch auf einander gehen, bedeuten grosse Fälle; unterschiedene Linien aber bedeuten Hinderniß, die aber nicht vorhanden, oder doch nicht auf einander gehen, bedeuten Schwachheit und Mangel desjenigen Vermögens, so durch dieselben Linien angezeiget wird. Ungleiche und schlimme Linien bedeuten zwar nicht eine Schwäche, sondern eine Temperatur und eine unartige Wärme, daß in Gliedern nicht zugehet, wie es soll. Bleiche Linien, bedeuten einen fernen Effect, und werden fürnehmlich auf vergangene Dinge gezogen. Wann breite Linien allein und ohneSorores stehen, bedeutet wohl Starck, aber keine Hülffe, so einem in Nöthen möchte gethan werden. Wann unter den fürnehmen Linien eine mangelt, ausgenommen die Epatica, oder zusammen gehen ohne Ursach, nehmlich wann die Linea Veneris mit der Cerebrali zusammen kommet, oder allzuweit von einan der stehen, bedeutet nicht geringe Fälle und plötzlichen Tod. Wann Vitalis mit Cerebrali oben nicht zusammen gehet, bedeutet Ungleichheit des [475] Temperaments, sonderlich so Cerebralis auf Thenar streichet, bedeutet es nach des Thenars Art überley Hitz und Truckenheit, Bangigkeit, Abnehmung der Feuchtigkeit des Gehirns und der halben Schwachheit des Haupts, und was für Kranckheiten daraus erfolgen. Wann die Saturnina in mensa manus unglücklich ist, oder zerspalten, oder wann 2. Linien aus der Höhle der Hand schlimm, gegen die mensalis aufsteigen, bedeutet es morbum Gallicum, oder ja solche Verderbung der Feuchtigkeiten, wann sie aber gleich durchstreicht, bis auf die Wurtzel des Fingers, achtet man dafür, daß sie Mühe und Arbeit, Elend und Armuth bedeutet. Wann eine Soror cerebralis fürhanden, und sonderlich, da sie nicht wohl geartet, bedeutet Schwachheit des Haupts, und ferner ob sie schon für eine Linea der Erbschafft gehalten wird, achten doch etliche dafür, daß, so die befunden, sie vielmehr Schwachheit bedeutet, sonderlich, so sie nicht wohl geartet, da auch bey der Linea des Hirns, sonst eine in der Höhle der Hand, oder so sich die Finger erhaben, gefunden wird, achtet man, daß es mondsüchtige Leute bedeuten soll. Wann Cerebralis etwas länger in der lincken Seiten zerbrochen, und auf Hypothenar streicht, soll sie eine Anzeigung seyn, daß einer aus steten Flüssen Beschwerung haben soll, wo sie aber zerspalten, achtet man es dafür, daß der [476] Mensch werde hinckend werden. Wann Venerea zerschnitten, und scheinet, gleich wie sie von Haaren geflochten wäre, soll sie gewisse Kranckheit dräuen. Daß auch einer, da er 34. Jahr alt worden, und ihme die andern Linien ziemlich wohl gestanden, nur derselben wegen, 23. Kranckheiten gehabt, und saget derowegen, daß er die Sororem cerebralem nicht gesehen. Wann dascingulum Veneris durch der Saturninæ Spatium streicht, soll es gantz unartige Menschen bedeuten, welche mit Knaben zuhalten, oder mit Vieh zu thun haben, tölpische Köpffe, und die keine Lust zu freyen Künsten und ehrlicher Tugend haben.

Es pfleget auch eine von der Linien des Gehirns oder Cerebrali, bis zum Anfang des Mittel-Fingers zu streichen, so von etlichen für die Saturnina gehalten wird; dieselbe soll Arbeit, Armuth, Elend, Verfolgung, Verweisung u. Gefängniß bedeuten. 4

Aus Martia, Cingulo Veneris & Sorore cerebrali judicirt man unmäßige Affecten, fürnehmlich Uneinigkeit, Unzucht, auch einen hefftigen Sinn und Betrübniß, besonders aber aus dem Cingulo Veneris schändliche unmäßige Brunst und Unzucht. WannLinea vitæ mit der Cerebrali eine lange Figur voller Creutzlein machet, saget man, es soll einen Spiegel bedeuten. Via combusta Solis soll Feuers-Noth und Gefahr bedeuten, auch sonst groß Jammer und Elend. Nimmet ihren Anfang von [477] der Linea des Lebens, und streicht auf Thenar. Cingulum Orionis, soll eine Anzeigungen seyn, überflüßiger Feuchtigkeit und Gefahr der Wasser, daß einer ertrincken möchte, nimmet ihren Anfang von der Linien des Lebens, und streicht unterwärts auf Hypothenar zu. Thenar bedeutet Schaden von Feuer: wenn eine Linie von der Vitali auf denselben Ort gehet, bedeutet es Schaden von Feuer, so aber ein X. darinnen stehet, bedeutet es einen hertzhafften Menschen und Muth. Wo man sonst ein Creutzel in der Hand findet, bedeutet es überaus groß Unglück, desgleichen zerbrochene Circul, Röste, Fackeln und solche ungewöhnliche Zeichen, fürnehmlich da sie unterwärts steigen.

Es sind der Auslegung- und Bedeutungen so vielerley aus den Hand-Linien angemerckt, daß man endlich einen Eckel darob empfindet, und damit die Gedult, solche zu lesen, bey verständigen Leuten mißbrauchet, weswegen solchen Uberfluß allhier übergehe; weil aber viele eine aberglaubige Meynung vom Bedeuten der Zeichen auf den Nägeln der Finger und Zehen haben, will ich aus obgedachtem Autore noch etwas davon mit anfügen:

Man findet (schreibt er) auch Zeichen auf den Zehen / also auch auf den Nägeln / welche, da sie weiß seyn, werden sie wohl für ein gut Zeichen geachtet; da [478] sie aber allzu viel erscheinen, sollen sie offtmahl vergebliche Hoffnung und Furcht bedeuten, die grossen grosse, und kleinen kleine Hoffnung, ein Glantz-Auge scheinbarliche, ein heller Glantz etwas mehr dann man gehoffet oder gefürchtet hätte. 5

Am Anfang des Nagels ein zukünfftiges, mitten, ein gegenwärtiges, oben, das nunmehr verschwinden oder vergehen will, tieffe weisse Punct an dem Daumen des Nagels, Ehre, Wollust, Reisen; am Zeicher, Gewinst und Reichthum; am Mittel-Finger, Gedancken und mühselige Studia; am Gold-Finger, Erfindung und Würdigkeit; am Ohr-Finger, Speculirung, Befleißigung freyer Künste, und daß einer mit kleinen Sachen zu thun. Ein grosser und scheinbarer Stern soll ein Zeichen seyn, daß etwas grosses vorhanden und zu erwarten. Schwärtzliche, dunckele und Bley-farbige Zeichen sollen nicht so offt, als die weissen, vergeblich erscheinen, sondern Furcht, Schaden, Jammer und Hinterlist bedeuten.

Auch saget man, daß die fürnehmsten Linien derjenigen, so bald sterben werden, nicht allein bleich, sondern schwartz werden, und ungleiche Farben bekommen sollen, daß auch sonst der Linien und Zeichen böser Zustand sich ereigenen, pflegen auch etliche übernatürliche Linien und Zeichen ausdrücklich und kräfftiglich zu erscheinen. 6 NB. Wann dieSoror vitalis fein scheinbarlich [479] ist, bedeutet es hefftigen und hitzigen Muth, kühn und streitbar. Item: Wann die Vitalis, Cerebralis und Venerea sich miteinander vereinigen, und zusammen schliessen, bedeutet es einen Menschen harter Natur und guter Gesundheit.

Es mögen nun, wie Eingangs gedacht, noch zehenmahl so viel alte und neue Autores von Bedeutung solcher Hand-Linien geschrieben haben, so wird mich doch niemand bereden können, etwas Wahrhafftes von solchem aberglaubigen Fabelwerck zu schliessen. 7 Und urtheile ich mit Herrn Simon Heinrich Reuter / was derselbe in seinem unumschränckten Reich des Teuffels p.m. 430. davon geschrieben, da er saget: Daß die Hand-Wahrsagung nichtig und vergeblich sey, und daß man aus den Zeichen, Hübelgen und Linien in den Händen, als da ist unter andern, Linea martis, cingulum Veneris, und so weiter, nicht von dem Glück und Unglück, Gesundheiten und Kranckheiten, Ehestand und Ehrenstand, wie auch vom Leben und Art des Todes gewisses weissagen könne. Denn erstlich / solche Zeichen, Hübelgen und Linien haben in dem Menschen ja keinen Zwang, und handeln mit ihm und seiner Natur nicht, daß sie ihn zu diesem oder jenem unvermeidlich solten ziehen und zwingen, wie solte man denn daraus etwas gutes oder böses wissen und andern [480] sagen können. Und händeln wärlich gantz vermessentlich, die von des Menschen Lebens-Zeit und Länge aus seinen Händen unfehlbar weissagen wollen. Dann das heisset GOtt dem HErrn in seinen geheimen Rathstuhl steigen, und ihm in sein Buch schauen, darin er eines jeden Menschen Tage geschrieben hat, ehe denn sie noch waren, Psalm 139, 16. und wir finden nirgend in der Schrifft, daß von einem Menschen gesaget werde, daß seine Zeit in seinen Händen stehe, sondern David saget zu GOtt:Psalm 31. ℣. 16. Meine Zeit stehet in deinen Händen.

Zweytens / wann sie schon einen Zwang über uns hätten, so könte man doch nicht einem einen unvermeidentlichen Zufall vorher sagen. Und gestehen die Verständigsten unter den Chiromanten selbst, daß, ob gleich ein böses Zeichen in der Hand gefunden würde, so könnte doch, wegen unterschiedener Zufälle, die Erfüllung des Zeichens verhindert werden. Drittens /wann diese Kunst probat und gültig wäre, und man alle Thaten aus der Hand sehen könnte, so hätte man niemahl nöthig eine Tortur anzustellen, man dörffte auch nicht in Erforschung der begangenen Ubelthat viel Wesens machen, sondern die Leute, in derer Händen man lasterhaffte Zeichen findet, könten alsobald zur gerechten Straff gezogen werden. [481] Viertens / kan ich nicht begreiffen, wie diejenigen Leute, welche gantz unterschiedene Linien in der Hand haben, dennoch, als im Kriege, einerley Zufälle erfahren müssen. Fünfftens kommen die Chiromanten in der Kunst gar nicht mit einander überein; einige, als Albertus M. Bartholomæus Cocles, Johannes Taisnier, Tricassus, Andreas Corvus und Joh. Rothmannus, theilen die Berge in der Hand also aus: Der Berg des Daumens wird der Veneri, der Berg des Zeigers dem Jupiter, der Berg des Mittel-Fingers dem Saturno, der Berg des Gold-Fingers der Sonnen, der Berg des kleinen oder Ohr-Fingers dem Mercurio, der Raum von dem Anfange der Tisch-Linie bis zu der Restricta dem Monden, und der Platz in der hohlen Hand dem Marti zugeeignet. Andere hingegen, alsBalthasar Sommerus cap. 2. de digitorum montibus, und ein Anonymus in Chiroscopia beym Prætorio l. c p. 309. 310. eigenen den Berg des Ohren-Fingers der Veneri, und den Triangel in der Hand oder den Raum in der hohlen Hand dem Mercurio zu. Alchindus, ein alter Chiromante, setzte den Berg Saturni unter den Daumen; andere machen nur 6. Berge in der Hand, und stossen die Venerem gantz und gar aus:Johannes ab Indagine bringet [482] den Mond und Martem in die hohle Hand. Siehe den Autorem des wohl-informi rten Redners in der 43. Frage. Dieser schreibt ferner davon also: D. Summerus spricht, de manus Physiognomia conclus. 8. Es waren einige, die wolten nur an gewissen Tagen, und zu gewissen Zeiten des Jahrs aus den Händen wahrsagen; dann sie sprachen, man müste eines Mannes rechte Hand im Frühling und Sommer, am Sonn- oder Donnerstage, einer Frauen lincke Hand aber im Herbst und Winter, am Freytage, ansehen. Andere meineten, man solle bey Männern und Weibern die rechte Hand sehen, und zwar wann sie noch Kinder wären, weil sich alsdann die Zeichen gantz deutlich sehen liessen, und selbige noch nicht durch Arbeit, Kälte und Kranckheit ausgelöschet hätten. Noch andere sagen: man dörffte einem Kinde vor dem viert- oder sechsten Jahr seines Alters nicht in die Hand sehen, weil allererst bey solchem Alter der Mond seine Würckung hätte: Wie Picciolus lib. 2. c. 2. p. 26. berichtet. Cocles aber und viel andere widersprechen diesem Vorgeben gantz und gar, und wollen, daß man auch in des kleinesten Kindes Händen die Linien bemercken könnte; woraus dann lauter Unrichtigkeit erhellet. Johannes ab Indagine sagt l.c.p. 14. Die Lebens-natürliche Mittel- und Tisch-Linie stünden [483] allzeit in aller Menschen Händen, und gleichwohl spricht er kurtz darauf: Es würden diese Linien in den Händen der Bauren, wegen der stetigen Arbeit gar nicht gefunden, welches beydes ziemlich wider einander laufft, und widerspricht dem letzten Stück Joh. Prætorius l.c.p. 724. Die klügesten Heyden haben Sechstens hievon besser wissen zu urtheilen: denn sie schreiben alle Erkänntniß zukünfftiger Dinge den Göttern zu, und wolten sich nicht unterstehen, zu erforschen, wenn ein Mensch sterben, oder was für Glück er haben würde, weil GOtt solches dem Menschen nicht offenbahren wollen. Siehe unter andern von der Nichtigkeit der Chiromantiæ Caspar. Schottum, lib. 8. thaumaturg. Physic. Syntagm. 2. cap. 1. und den Autorem des wohl-informi rten Redners / in der 43. Frage.

Einige unter denen Christen, welche dieser Chiromantischen Kunst zugethan seyn, wollen sie behaupten aus dem Spruch Elihu bey Hiob cap. 37. ℣. 7. Es thut aber, was allda gefunden wird, nichts zur Sache, schreibt Balduinus Cas. Consc. lib. 3. cap. 6. cas. 6. der Verstand nach der Hebräischen Wahrheit ist, daß alle Menschen in der Hand GOttes seyen, welche aus dem Ungewitter die Wercke und die Macht GOttes erkennen können. Und wird also nichts gemeldet von den Zeichen [484] und Linien in den Händen, woraus die Hand-Wahrsager weissagen wollen. Dieser Meinung scheinet auch Lutherus gewesen zu seyn, wann er es also übersetzt: Alle Menschen hat er in der Hand /als verschlossen, daß die Leute lernen, was er thun kan. Die Nieder-Teutsche Ubersetzung gibt den Worten diesen Verstand: Er siegelt die Hand eines jeden Menschen zu / auf daß er kenne / alle Leute seines Wercks / als wolte Elihu sagen: Durch Ungewitter schliesset GOtt die Hand der Hauß-Leute auf dem Lande, daß sie nicht können arbeiten, und also kennet dieser Land-HErr alle Arbeiter.

Man darff nicht fragen, worzu dann die Linien in den Händen nutzeten, wann man daraus nicht prophezeyhen könnte. Dann auf diese Weise könnte man denn wieder fragen, worzu doch die Ehe-Linien in den Händen derjenigen nutzeten, die niemahls an das Heyrathen gedencken, wie auch, was die Linien in den Händen der Kinder bedeuteten, welche in der zarten Jugend sterben. Wann bisweilen solche Weissagungen eintreffen, so sind sie doch mehrentheils falsch, und die Exempel, die offtmahl darzu angeführet werden, sind verfluchte Fabeln. Manchmahl sind die Weissagungen gantz general, als: Der Mensch habe in der Jugend viel Unglück ausgestanden, er habe viel Feinde und [485] Verfolger; er werde nicht ohne grosse Mühe zu Ehren kommen; es stünde ihm eine schwere Kranckheit vor, und dergleichen mehr: allein solche Zufälle begegnen den meisten Menschen.

M. Joh. Hollstein / D. Lutheri Tisch-Gänger / sagete einmahl zu Hn. D. Luther, wie aus dessen Tisch-Reden / cap. 37. fol. 383. zu ersehen, man sehe es einem an den Händen an, wann einer milde, Kost-frey und gutthätig wäre, und vermeinte, daß mans aus derChiromantia urtheilen könnte. Darauf antwortete D. Luther, und sprach: Das ist freylich wahr, an der Hand kan mans sehen, wann einer milde ist, denn man muß mit der Hand ausgeben, mit den Füssen gibt man nicht.

Wollen wir Achtung geben auf unsere Hände, so laßt uns dieselbe zu GOtt in dem Himmel Thren. 3, 41. und zu seinen Geboten Ps. 119. ℣. 8. 1. Tim. 2. ℣. 8. aufheben und ihn hertzlich bitten und anruffen, daß er uns für allem Ubel, beydes am Leibe und an der Seele, ingleichem für Schanden und Lastern gnädiglich behüten wolle. Laßt uns dieselbe nicht ausstrecken zur Ungerechtigkeit, Psalm 125. ℣. 3. sondern in Unschuld waschen, daß wir nicht sündigen.Psalm 73. Ein jeder arbeite fleißig, dann eine läßige Hand machet arm, aber der fleißige Arm machet reich. Prov. 10. [486] ℣. 4. Und schaffe also mit den Händen etwas gutes, auf daß er habe zu geben den Dürfftigen. Ephes. 4. ℣. 28.

Marginalien

1 Wer von der Chiromantia geschrieben.
2 Allerhand Gesindel will sich dieser Kunst bedienen.
3 Von den Lineis in genere.
4 Ex linea vitæ, veneris & Epatis judicatur de valetudine.
5 Von Zeichen auf den Nägeln und Zehen.
6 Von den tödtlichen Zeichen.
7 Alles solchen Hand-Linien-Judicium ist lauter Fabelwerck.

33. Vom Aberglauben guter und böser Zeichen

XXXIII.

Vom Aberglauben guter und böser Zeichen.

Der Aberglaub ist fast bey den meisten Christen dergestalt eingeschlichen, daß mancher Mensch alle seine Actiones mit Aberglauben vermenget hat, und offtermahl selbst nicht weiß, daß er hiermit seiner Seel und Gewissen ein Brandmahl zuziehet; dann diejenige, welche dem Aberglauben nachhängen, seynd abgöttische Leute, welche ihren Schöpffer verlassen, und die Creatur ehren, dann ein Aberglaubiger kan im rechten Glauben nicht aufrichtig gegen den wahren GOtt seyn. Und hat GOtt der HErr in seinem Gesetz ernstlich geboten, daß man den aberglaubischen Zeichen kein Gehör geben soll, noch darauf Acht haben, da er spricht: Ihr solt euch nicht wenden zu den Wahrsagern / und forschet nicht von den Zeichen-Deutern / daß ihr nicht von ihnen verunreiniget werdet. Denn ich bin der HErr / [487] euer GOtt /Lev. 19. ℣. 31. Item: Wann eine Seel sich zu den Wahrsagern und Zeichen-Deutern wenden wird /daß sie ihnen nachhuret / so will ich mein Antlitz wider dieselbe Seel setzen / und will sie aus ihrem Volck rotten / Lev. 20. ℣. 6. Item: Wann ein Mann oder Weib ein Wahrsager oder Zeichen-Deuter seyn wird / die sollen des Todes sterben / man soll sie steinigen / ihr Blut sey auf ihnen / ℣. 27. Deut. 18. ℣. 11. Es soll unter dir kein Zeichen-Deuter gefunden werden. Und dannoch ist die Welt dermahlen von dem Teuffel also verblendet, daß solche noch täglich mit allerhand aberglaubischen Phantasien umgehen, und in allem, was ihnen nur vorkommet, etwas Gutes oder Böses daraus prophezeyen wollen; wie dann zu geschehen pfleget, wann einer über Land reiset und begegnet ihm ein Hirsch, Wolff, Schwein oder Bär, so soll es ein böses Zeichen seyn. Item, wann einem ein Hase über den Weg lauffet, soll man 3. Schritt zuruck gehen, sonst sey es ein böses Zeichen. Auch sey es ein böses Zeichen, wann einem wilde Gänse oder wilde Endten über den Weg fliegen. Fraget man nach der Erklärung, so wissen solche Leute nichts darauf zur Antwort, als: Es sey nicht gut. Freylich [488] ja ist es den Reisenden nicht gut / sondern wäre besser / wann Hase / wilde Endten und Gänse gebraten in der Schüssel lägen. Böse Zeichen seynd es gewiß, wann einem ein hungriger Wolff oder Bär auf der Strasse aufstösset, denn ein Reisender ist bey solchen in Lebens-Gefahr. (2) Wann ein Fremdes in eine Stube gehet, soll man es ohne Niedersitzen nicht wieder weggehen lassen, sonst nimmet man dem Kind die Ruhe mit. (3) Es sey nicht gut, wann man eine ledige Wiege wieget, weil das Kind sonst, wann man es hineinleget, nicht schlaffen könte. (4) Es sey nicht gut, wann man am Leibe flickt. (5) In den zwölff Christ-Nächten, als vom Heil. Christ-Tag bis drey Königs-Tag, soll niemand Erbsen, Linsen oder Hülsen-Frucht essen, sonst bekommen solche Leute in diesem Jahr die Krätze oder Schwären. (6) Ein Bräutigam soll seiner Braut kein Buch oder Messer verehren, sonst werde die Liebe verblättert und zerschnitten. (7) Den Abend vor Walpurgi, ist der Abend vor dem 1sten May, soll man über die Thüren drey Creutz machen und Holler-Zweiglein über die Thüren stecken, so können keine Hexen in solches Hauß kommen. Dieser Aberglaube wird annoch in Sachsen-Land sehr observirt, und ist mir noch erinnerlich, daß der Superintendent zu [489] Delitsch / bey Leipzig, an solchem Fest-Tage Philippi Jacobi über Feld reisete, und bey einem Pfarrer in seiner Superintendur abtrat, im Eingehen des Hauses aber solcheCreutzel und Holler-Püschlein an etlichen Thüren bemerckte, und auf Befragen, was solches bedeutete? von der Frau Pfarrerin die Antwort bekam: Mein Herr hat es gestern aufgesteckt, weil die Hexen heut Nacht auf dem Blocksberg gewesen, daß sie nicht allhier einfahren könten, und uns oder unserm Vieh Schaden zufügen. 1 Die arme einfaltige Frau meynete, sie hätte sich gar wohl verantwortet; weil aber ihr Herr Pfarrer nicht zu Hause, so wurde er den andern Tag für denSuperintendenten citirt, und ihm sein ärgerlicher Aberglaube fürgehalten, auch dessentwegen ab Officio suspendirt, bis zu nächstem Capitel, da es nach scharffer Admonition nicht viel gefehlet, der aberglaubische Herr Pfarrer wäre gar removirt worden. Ich glaub aber, solcher wird dieses Creutzmachen und Hollerstecken folgende Jahr seinen Bauren ziemlich geprediget haben. (8) Keine schwangere Frau soll unter einer Wagen-Deistel durchkriechen, oder durch einen Nothstall gehen, sonst werde sie ihre Leibes-Frucht über die gewöhnliche Zeit tragen müssen. (9) Wann man des Morgens den Rossen, eher selbige aus dem Hauß geführet werden, Saltz auf das Creutz streuet, so soll ihnen nichts Böses [490] wiederfahren können. (10) Von den Manßfeldischen Thalern, worauf der Ritter St. Georg gepräget, mit der Uberschrifft:Bey GOtt ist Rath und That / ist der Aberglaube, wann einer solchen bey sich trage, sey er im Krieg und auch sonsten für allen feindlichen Geschossen bewahret; weßwegen auch viel Unglaubige mehr Vertrauen auf einen solchen Thaler, als zu GOtt haben, und wird von manchem zu Zeiten 6, 8, bis 10. Thaler für einen dergleichen Manßfeldischen gegeben. (11) Wann sich ein grosser Wind erhebt, pflegen viele fürzugeben, es habe sich jemand erhenckt, und diese Sage bekommet so vielfältigen Beyfall; aber, wie offt gehet doch ein starcker Wind, da man nichts von dergleichen Erhenckten höret, und wie manchmahl vernimmet man, daß sich ein oder der andere aus Desperation erhenckt, da man doch kein unordentlich Lüfftlein vermercket hat. (12) Endlich auch ist der einfältige Aberglaube eingerissen, daß, wann ihr ein schwanger Weib in ihrer Rechnung einbildet, daß sie über die Zeit schwanger gehe, so soll sie ein Pferd aus ihrer Schürtz Haber fressen lassen, so würde sie bald gebähren. O der überhäufften Thorheiten! Stehet nicht bey Salomo: Gebohren werden hat seine Zeit / und Sterben hat seine Zeit. Daß aber ein Pferd den Rathschluß GOttes durch sein [491] Fressen solte ändern können, kan von rechtschaffenen Christen nicht geglaubet werden. Von dergleichen GOttes-vergessenem Aberglauben hat ein Anonymus ein gantzes Buch geschrieben, und die gestrielgelte Rocken-Philosophia betitelt, in welchem der geneigte Leser in 400. Arten solcher aberglaubischen Regeln antreffen wird.

Wir wollen einige solcher aberglaubigen Thorheiten etwas genauer nach Herrn Reuters Meynung in seinem umschränckten Reich des Teuffels p. 844 betrachten, da er aus Thom. Cantibratensis lib. 2. de apib. cap. 57. anführet: Daß der Wolff / sobald er einen Menschen ansichtig würde, die Strahlen seiner Augen in ihn schösse, und desselben Spiritus visivos damit austrocknete, und wann diese dürre wären, so müsten auch die Lufft-Adern versiegen; daher könte ein Mensch nicht recht reden, Instrument der Sprache untüchtig gemachet wäre, wie sonst auch dergleichen zu geschehen pflegete, wann die alten Weiber mit ihrem häßlichen Anschauen durch die gifftige Dünste, so aus ihren Augen gehen, den kleinen Kindern Schaden zufügeten; oder: Wann die Weiber in ihrem monatlichen Blute den Spiegel beflecken mit den bösen Dünsten, so aus dem Mund, Nasen und Augen-Winckeln heraus gingen. 2 Dann gleichwie die Thränen aus den Augen gingen, [492] so kämen auch die bösen Dünste heraus. Andere sagen: Wann der Wolff den Menschen zuerst sähe, so suche er sich zu rächen, und also brächte er in ihn die schädliche, gifftige Dünste, daß er nicht schreyen könte. Dergleichen sich auch begäbe bey dem Basilisken, der mit seinem Gifft die Lufft erfüllete, daß die Herannahenden davon sterben müsten; wann er aber vermerckete, daß er schon von Menschen wäre gesehen, so fürchtete er sich, und trachtete zu entfliehen, daher gedächte er den Gifft von sich zu lassen, und die Lufft zu vergifften.

Hierauf antwortet M. Gottfr. Voigt in dem dritten Hundert seiner neuvermehrten physicali schen Anmerckungen in der 16. Frage folgender Gestalt: Obschon solches Martin Delrio disq. magic. lib. 1. c. 3. qu. 4. p. 57. nicht verwirfft, ist es doch in vielen Stücken falsch und irrig; dann erstlich sind die Dünste, so aus dem Wolff gehen, nicht so gifftig, daß sie dem Menschen die Stimme benehmen könten: weil einer ohne einige Gefahr bey dem Wolff seyn und bleiben kan. Wären sie gifftig, so könten sie von dem Menschen nicht aufgezogen werden. Fürs andere /wann gifftige Dünste aus dem Wolff gingen, so würden sie nicht allein der Sprache, sondern auch andern Gliedern am menschlichen Leibe Schaden zufügen. Zum dritten / wann die Dünste mit ihrem [493] Gifft dem Menschen die Sprache benähmen, so könte man zu solcher nicht wieder gelangen, ohne nöthige Mittel und Artzeney, und würden also die, so von den Wölffen erst gesehen, lange oder allzeit stumm bleiben. Viertens / wann das Aufsteigen der gifftigen Dünste die Ursach dieses Dinges wäre, so würde sowohl der verstummen, welcher ehe den Wolff siehet, als der, welchen der Wolff erst siehet; anderer ungeräumter Dinge zu geschweigen, die daraus erfolgen würden. Was anlanget das Gleichniß, von denen, die böse Augen oder ihre Monat-Zeit haben, hergenommen, so kan solches hier nichts anders beweisen, als daß böse gifftige Dünste aus etlichen Dingen steigen; daß aber solche auch aus dem Wolff kommen, wird zwar für gewiß angenommen, aber nicht erwiesen. Was vomBasilisken vorgegeben wird, ist nicht allzeit wahr. Tödtet er mit dem blossen Anschauen, wer hat dann jemahls einen gesehen? Sonst kan nicht geläugnet werden, daß es ein gifftiges Thier sey, zu dem man sich ohne Leib- und Lebens-Gefahr nicht nahen darff, es seye dann, daß man sich zuvor mit solchen Dingen versehe, die wider das Gifft dienen.

Vossius Theol. gentil. lib. 3. c. 62. Scaliger exerc. 344. Sperling instit. Physic. lib. 2. c. 3. qu. 1. Senguerd. exerc. Physic. 34. und viele andere, halten nichts davon. Dann obschon einer etwa, wann er [494] eines Wolffs ansichtig wird, also erschröcken möchte, daß er nicht reden könte, welches sich offt zuträgt; so geschicht es doch nicht eben alsdann, wann einen der Wolff siehet; und nicht nur bey Anschauung eines Wolffs, sondern auch, wann einem ein Löw, Bär, oder dergleichen grausam Thier begegnet. Scaliger saget: Ich wolte wünschen, daß die Lügener so offt mit Ruthen möchten gestrichen werden, als uns die Wölff gesehen haben, da es unserer Sprach nichts geschadet: denn ich weiß, daß ich 3. mahl auf der Jagd von einem Wolff bin gesehen worden; einmahl von einem der in den Sträuchen lag, darnach von einem, der oben auf dem Berg stunde. Und zum dritten von einem, der ein Mägdlein entführet hatte, dieser war im Hanff, der schon ziemlich hoch erwachsen, und streckte den Kopff oben etlichmahl hervor, und sahe sich um: da sagete eine von denen andern Mägdlein: O! da ist ein grosser Hund, er sahe mich und meine Gefährten: unser keiner aber ward seiner gewahr, da verlohren wir nicht allein unsre Sprach nicht, sondern fingen auch laut an zu schreyen, daß er davon erschrack, und die Flucht ergriff, wir aber jageten ihm nach, und nahmen ihm den Raub ab, wiewohl ohne Leben.

Daß die alten Christen mit solchem aberglaubischen Wahn auch schon seyn bethöret und eingenommen gewesen, zeiget [495] Chrysostomus an unterschiedlichen Oertern an: denn also schreibt er Homil. 21. ad populum Antiochenum: Man hält für ein unglückliches Omen, so jemand aus dem Hause gehet, und ihm ein Mensch begegnet, der entweder blind oder lahm ist. Und abermahl: Es ist lächerlich, und ich schäme mich es zu erzehlen, doch wegen euer Heyl und Seeligkeit werde ich genöthiget, es zu sagen: Man hält dafür, so einem eine Jungfrau begegne, so würde er einen unglücklichen Tag haben, so ihm aber eine Hure begegne, so werde selbige ihm glücklich, nützlich und vortheilig seyn. Und über das vierte Capitel des ersten Briefs Pauli an die Corinther schreibt er: hernach nach gehaltener Hochzeit, wann etwa ein Knäblein gebohren wird, hat man auch auf solche Thorheit und viele gantz lächerliche Zeichen Achtung: Dann wann nun dem Knaben der Nahme soll gegeben werden, so nennen sie ihn nicht nach den heiligen Männern, gleichwie zuerst die alten Christen gethan haben, sondern sie zünden Lichter an, und geben ihnen Nahmen, und nach dem Licht, so am längsten währet, nennen sie den Knaben, und muthmassen daher, daß er sehr lang leben werde. Und abermahl, Homil. 12. ad Ephes. Es ist die Seel mit vielen Stücken angefüllet, so Schröcken machen. Als zum [496] Exempel: Daß dieser oder jener Mensch mir zuerst ausser dem Hauß entgegen kommet; es muß daher mir tausenderley Unglück entstehen: und wiederum hat mir der Knecht, der Bösewicht, zuerst den lincken Schuh überreichet, welches groß Unglück und Unfall bedeutet. Ich selbst, da ich aus dem Hause gieng, setzte erst den lincken Fuß fort, welches mir gleichfalls Unglück prophezeyhete, und solches Ubel kam über mich, als ich noch nicht von Hause war, als ich weiter fort gieng, fing mir das Auge an zu springen, welches eine Vorbedeutung der Thränen ist. So weiset er auch an, daß die Weiber bey ihrem Gewebe allerhand Zeichen und Omina haben, auch, daß man in obacht nehme, so ein Esel schreye, ein Hahn krähe, so jemand niese, und was sonst mehr ist.

Wir, die wir aus GOttes Wort besser unterrichtet seyn, lassen billig solche eitele Deutung fahren: denn es begegne mir wer oder was da will, so kan mir doch ohne GOttes Willen daher kein Unglück entstehen. Und (saget angeführter Autor ferner) warum solte eben allein das Hasen- und Wolffs etc. begegnen, mehr Ubels bedeuten als anderer Thiere, die auf eben solche Weise begegnen. Und abermahl, warum solte der Mensch mehr böses verursachen, als der ander, ob er schon alt, blind und lahm ist? Man wird sich solcher [497] gestalt an GOtt dem HErrn versündigen, als der sie geschaffen hat, und an Christo, dessen Glieder und Gliedmassen sie seyn, vergreiffen. Und sehr wohl saget Chrysostomus Homil. 21. Der Mensch / der dir begegnet / machet dir keinen bösen Tag / sondern wann du in Sünden lebest.

Nun kan man zwar nicht läugnen, daß es offtmahl also ausgefallen, wie man aus den Zeichen gemuthmasset hat, aber es ist denn also aus Göttlichem Triebe geschehen, als davon wir lesen Gen. 24. ℣. 14. 15. 1. Buch Sam. 14. ℣. 9. Iud. 7. ℣. 14. oder zufälliger Weise. Und hat hierinnen auch Bodinus gar recht, wann er sagt: Gemeiniglich wiederfähret einem aus gerechter Straff GOttes das Unglück, wann er saget: Er glaub ernstlich und vestiglich, daß ihm dieses oder jenes widerfahren werde, deme aber, der nicht achtet, was nicht zu achten ist, geschiehet nichts böses. Dahin dann gehöret, was Plutarchus erzehlet, in vita Crassi, von dem Sohn Crassi, daß, als er, wie er die Schlacht wider die Parther führen wolte, also seinen Fuß verletzt, daß er zu der Erden nieder gefallen, daher man muthmassete, daß er in der Schlacht würde umkommen. Solches ist auch dem Tiberio Gracho widerfahren, wie Valerius Maximus bezeuget, [498] lib. 1.cap. 4. und ist bekannt, was Tibullus schreibt: lib. 1.eleg. 3.


O quoties ingressus iter, mihi tristia dixi,
Offensum in portâ signa dedisse pedem.

Ein jeder hüte sich, daß sein Hertz dadurch nicht möge abgewandt werden, von der wahren Gottseligkeit, von dem Gebet, und Zuversicht zu GOtt, ohne dessen Willen kein Haar von unserm Haupte fallen und gantz kein Unglück begegnen kan.

Nun ist noch zu erörtern: Ob denn dieses ein gewisses Zeichen sey, daß ein Mensch sterben werde, wann die Hunde und Eulen etc. ungewöhnlich heulen? und ob man aus dem Fall / Pochen und Klopffen / so bisweilen gehöret wird, gewiß schliessen könne, daß einer aus dem Hause, wo es geschicht, bald darauf sterben werde.

Was erstlich das ungewöhnliche Heulen der Hunde bedeutet, so haben dasselbe die Alten allzeit für ein böses Zeichen gehalten. 3 Lipsius hat viel Historien davon erzehlet, cent. 1. ad Belg. ep. 14. und schreibt Freudius in Gewissens-Fragen / von Zaub. p. 187. Es ist ausser allem Zweifel, daß offt und vielmahl um das Hauß oder Zimmer, darinn ein sterbender Mensch lieget, bey Nacht-Zeit, [499] oder auch wohl bey Tage, entweder die Hunde ein greulich Geheul treiben, oder die Katzen verdrießlich heulen und mauen, sich mit einander grimmig herum beissen und jagen, und sonderlich auch din Eulen sich zur Zeit vor dessen und dessen unglückseligen Todtes-Fall haben sehen lassen.

Pfitzerus schreibt über das ärgerliche Leben und schröckliche Ende Joh. Fausti p.m. 455. unvorgreifflich wird dafür gehalten, daß solche unvernünfftige Thiere die Gegenwart der unreinen bösen Geister vermercken, und hierdurch in Furcht und Schröcken gebracht werden, und würde also die nächste Antwort seyn, daß Hunde, Katzen und solche Thier mit ihrem Heulen und Geschrey die Præsenz der unreinen höllischen Geister ankündigen, und zu verstehen geben, daß nicht allein bey gottloser, unbußfertiger, ruchloser Leute Krancken- und Sterbe-Betten dieselbe sehr mühsam und geschäfftig seyn, in alle Wege zu verhindern, daß ja der Sterbende zu keiner Busse und guten Gedancken und Glauben an Christum kommen und gelangen möge, damit ihnen etwa die Seele durch Treue und Fleiß ihrer Seel-Sorger und anderer Gottseliger Beyständer nicht entrückt, und dem HErrn Christo, durch Bekehrung gewonnen werde: Darum dann solche böse Geister allen Ernst ankehren; Sondern es müssen auch die Frommen und Glaubigen solche Anläuffe, Arglist [500] und Versuchung des Teuffels erleiden und ausstehen, wie in den Historien von S. Martino zu lesen, daß, da er sterben sollen, der Teuffel zun Füssen bey seinem Bett gestanden, den er aber keck also angeredet: Quid tu hîc stas, horrenda bestia, nihil habes in me; das ist: Was stehest du hier / du abscheuliche Bestie / du hast kein Theil an mir. Und wann die unreinen Geister an der wohl-verwahrten Seel eines Glaubigen nichts schaffen oder gewinnen können, schröcken und nöthigen sie zum wenigsten das unvernünfftige Vieh zum Geschrey und Geheule, entweder einen solchen sterbenden Menschen in seinen letzten Zügen zu verunruhigen, wiewohl vergebens und ohne alle Frucht, wie andere Anfechtungen, oder die Umstehenden in ihren guten Gedancken, Vorbeten, oder Zusprechen bey ihrem Mit-Bruder oder Mit-Schwester irre zu machen, ja in den Argwohn zu verleiten, daß sie an dessen oder an deren Seligkeit zweifflen sollen, u.s.w. wie dergleichen Meisterstück der leidige Satan an demfrommen Hiob erwiesen.

Was das Fallen / Gepolter und Schlagen anlanget, so kommt solches bisweilen von der Phantasey her, oder geschiehet zufälliger Weise auf solche Art, daß mans eigentlich nicht erforschen kan. 4 [501] Und willHerr Reuter d.c. §. 21. daß man daraus nicht schliessen könne, daß eben aus demselben Hauß oder von den Freunden, einer nothwendig darauf sterben müsse. Thut es gleich der Teuffel und klopffet an die Fenster, Läden und Thüren, so kan man selbiges doch nicht als ein Zeichen des bevorstehenden Todes halten. Denn ob zwar der Teuffel durch lange Erfahrung wohl gelernet, die Ursachen des Todes, und daher etlichermassen schliessen und muthmassen kan, ob einem bisweilen sein Ende nahe sey oder nicht, so kan er doch solches nicht unfehlbar wissen oder zuvor sagen. Denn der Menschen Leben und Tod stehet bey GOTT / der hat uns allen ein Ziel gesetzt /davon der Teuffel nichts weiß. Joh. 14. ℣. 5. und daher findet man auch, daß offt dergleichen geschehen, und der Tod nicht darauf erfolget ist.

Zum Beschluß dieses Capitels wollen wir noch eine Historie anführen, wie geschäfftig der Teuffel gewesen, einem armen krancken Mann zuzusetzen; als folget: Es ist zu Freyberg in Meissen / ein frommer armer Mann kranck gelegen, welcher schier mit dem Tod gerungen, und von seinen Sünden angefochten worden, bey welchem sich der Teuffel unterstanden, tapffer zuzuschüren und sein Gewissen [502] zu ängstigen. 5 Endlich kam er leibhafftig in Gestalt eines grossen Mannes, mit einem grossen Dinten-Horn, und Feder-Futral oder Pennal, samt einer grossen Esels-Haut, und spricht zum armen krancken Menschen:Wohlan / sage mir deine Sünden her / alle nach einander / daß ich sie aufschreibe / und dieselbe vor den Richter-Stuhl GOttes bringe. Der gute arme Mann erschrack hefftig, greiffet doch alsobald zun Sprüchen Heiliger Schrifft, und spricht: Wohlan /setze dich nieder / ich will dir dictiren / schreib also /diß soll dein Exordium seyn: Des Weibes Saamen soll dir den Kopff zertretten. Da der leidige Teuffel solche scharffe Donner-Schläge Göttliches Worts hörete, nimmet er sein Pennal oder Dinten-Horn und verschwindet, und lässet einen häßlichen Gestanck hinter sich. Also ist der arme Mensch durch die Krafft Götttliches Worts erlöset worden.

Marginalien

1 Historie eines aberglaubigen Pfarrherrns.
2 Was vom Anschauen eines Wolffs zu halten.
3 Hunde-Geheul / was solches bey Krancken bedeutet.
4 Gepolter und Fallen in Häusern / was solches bedeuten soll.
5 Historie.

34. Vom Traum-Auslegen

[503] XXXIV.

Vom Traum-Auslegen.

Ein Traum / welcherley er ist, er sey gut oder böse, so bringet er dem Menschen eine Freude: Träumet einem von etwas gutes, so geniesset er die Freude im Schlaff; träumet ihm aber etwas böses, furchtsames oder unglückhafftes, so bringet er die Freude, wann der Mensch wieder erwachet, und erkennet, daß es nur ein Traum gewesen. 1 Allein unter Sachen im mühsamen Leben der Menschen, seynd die Träume nicht ein geringes Werck, welches denenselben Grauen, Furcht und Schröcken machen kan. Wie bey Hiob 7. ℣. 13. 14. und im Buch der Weißheit Salom. c. 18. ℣. 17. 18. 19. zu lesen: weßwegen wir billig untersuchen sollen, was Träume seyn, woher sie entstehen, und was davon zu halten sey. Hier. Birkmayer schreibt: Ein Traum wäre eine Erscheinung, so durch die innerliche Sinne oder vielmehr Phantasie, denenjenigen, so eingeschlaffen, sich darstellen, worbey die äusserliche Sinne, als gleichsam durch den Schlaff gefässelt, im geringsten nichts beytragen. 2 Unter den Heyden haben etliche dieselbe für Schatten und Gespenster gehalten, derohalber sind sie auch von ihnen mit schwartzen [504] ausgebreiteten Fledermaus-Flügeln abgemahlet worden.

Es können aber die Träume / die einem vorkommen, in Ansehung ihrer Ursachen unterschieden werden in natürliche / Göttliche und teufflische Träume. 3 Die natürliche Träume werden, ihrem Ursprung nach, aus der Natur gebildet und veranlasset, und haben unterschiedliche Ursachen. Und geschehen entweder aus den Affecten des Leibes oder der Seelen, und nachdem die Natur des Menschen ungleich ist, werden auch die Träume auf vielfältige Weise verursachet.

Was die Affecten des Leibes betrifft, so erheben sich die Träume in dem Gehirn, aus unterschiedlichen Feuchtigkeiten und Dämpffen des Leibes. EinCholericus, der eines warmen, hitzigen und trocknenTemperaments ist, hat gemeiniglich Träume vom Feuer, Krieg, Zanck, Hader, Uneinigkeit, Mord und Todtschlag, und wie er in der Lufft über der Erden schwebe und fliege. 4 Ein Melancholicus, der kalter und trockner Natur ist, hat traurige Träume von abscheulichen und schröcklichen Gespenstern, bösen Geistern, finstern und duncklen Orten, Einöden und andern gefährlichen Sachen. Einem Phlegmatico, der kalter und feuchter Natur ist, träumet von Wasser, darin er badet, von Schifffahrt, Ungewitter und andern gefährlichen [505] Zufällen, bisweilen träumet ihm, daß er in tieffe Wasser falle, oder etwas schweres auf ihm liegen habe, daß er weder hinter noch vor sich kriechen ka. Ein Sanguineus, der Blut-reicher, feuchter, warmer und geiler Natur ist, hat liebliche, fröhliche, lustige Träume, von allerhand Gastereyen, Hochzeiten, Täntzen, venerischem Beyschlaff, und dergleichen Dingen, so zur Freud und weltlicher Wollust dienen.

Was die Affect en der Seele betrifft, so entstehen solche Träume aus Affecten der Erb-Sünde. Einem zornigen Menschen träumet von Lästern, Fluchen und Morden; einem furchtsamen von Schröcken und Grauen; einem Verliebten von Unzucht und Buhlerey.Hinc Virgil. eclog. 8. qui amant, ipsi sibi somnia fingunt.

Es entspringen auch die Träume aus mancherley Kranckheiten und unordentlichem unmässigen Leben, wie Sprach saget, Cap. 41. V. 5. 6. 7. 5 Wann einer des Nachts auf seinem Bette ruhen und schlaffen soll, fallen ihm mancherley Gedancken vor: Wann er gleich ein wenig ruhet, so ist es doch nichts, dann er erschrickt im Traum, als sähe er die Feinde kommen. Und wann er aufwachet und siehet, daß er sicher ist, so ist ihm, als wann er aus der Schlacht entrunnen wäre, und ist Wunder-froh, daß die Schlacht nichts ist gewesen.

[506] Es enstehen wohl auch die Träume von Amts- und Beruffs-Geschäfften, oder von den Handlungen, womit der Mensch des Tages umgehet, wie Eccl. 12. ℣. 2. stehet: Wo viel Sorgen ist / da kommen viel Träume. 6 Es pfleget auch dem Menschen alles, wovon er des Tages gedacht, und nach welchem er verlanget, bey nächtlicher Zeit wieder im Traum vorzukommen. Joh. Munsterusin libr. de Spectris cap. 4. schreibt: Ist einer im Lehr-Amt getreu, so träumet ihm, wie er seine Zuhörer lehre, und ihnen wohl fürgehe; ist jemand im Wehr-Amt getreu, so träumet ihm, wie er seine Unterthanen beschütze und beschirme; ist einer im Nehr-Amt getreu, so träumet ihm von seiner Arbeit und Hauß-Geschäfften etc. ist er aber ein Säuffer, Fresser, Huren-Jäger, Ehebrecher, Balger, Spieler, so träumet ihm auch von solchen Sachen, dazu sein Gemüth geneiget ist.

Es find aber diese Träume ungewiß, falsch und nichtig, und kommen bisweilen so wunderlich heraus, daß wo man hernach solchen Träumen nachdencket, wird sich befinden, daß solche aus unterschiedenen Handlungen, die man kurtz vorhin, oder für langer Zeit gethan, zusammen geflickt seyn. 7 Solche Träume aber verschwinden und vergehen auch plötzlich, daß mancher, wann er erwachet, sich derer nicht mehr erinnern kan.

[507] Joh. Lassenius im siebenden Gespräch seinerAdelichen Tisch-Reden / auch andere Naturkündiger / unterscheiden die Träume nach der Zeit, vorgebende, daß man von denen, die vor der Concoction geschehen, nichts halten solle, weil die übrigen Dünsten, so aus dem Magen der unverdaueten Speisen entstehen, allerhand Phantasien bey den Sinnen der Menschen erwecken. 8 Von denen aber, so gegen Morgen geschehen, da die Verdauung allbereit ein Ende hat, soll man so gar verächtlich nicht reden, weil solche gar offt ihren Effect mit sich gebracht. So auch sprechen einige, daß ein grosser Unterscheid in Träumen vorkomme, nach dem der Mensch lieget, als: Da jemand auf dem Rücken liege, verursache es traurige und erschröckliche Träume, da nehmlich das Geblüt alles dem Hertzen zuziehe, und selbiges also beschwere und ängstige; und solche Bewandtniß habe es auch mit dem Liegen auf der rechten oder lincken Seiten.

Endlich seynd auch Träume / die von GOtt eingegeben worden / entweder unmittelbar durch ihn selbst, oder durch den Engel, in welchen er sich auch offtmahl den Menschen-Kindern hat bekannt gemachet, und ihnen einige verborgene Sachen hat offenbahren wollen, wie er Num. 12. ℣. 6. zu Aaron und Mirjam sprach: Höret meine Worte: ist jemand unter euch ein Prophet [508] des HErrn, dem will ich mich kund machen in einem Gesicht, oder in einem Traum. 9 Oder wie dem Ertz-Vater Jacob / Gen. 28. ℣. 12. da er die Himmels-Leiter im Traum sahe. Item Gen. 37. ℣. 42. 43. 50. wie Joseph geträumet hatte, und wie selbige erfüllet worden. Oder 1. Reg. 3. ℣. 5. seq. da der HErr zu Gibeon des Nachts dem König Salomo im Traum erschiene. Auch bey Matth. 2. ℣. 13. da der HErr dem Pfleg-Vater unsers Seligmachers /JEsu Christi / im Traum erschienen. Oder dem Apostel Paulo / Actor. 27. ℣. 4. da der Engel GOttes des Nachts im Traum zu ihm kam, und sprach: Fürchte dich nicht / Paule / du must vor den Kayser gestellet werden etc.

Träume seynd auch unterschiedenen von GOtt eingegeben, und haben wir ein Exempel an Monica, der Mutter des Augustini, die war ihres Sohnes wegen, weil er den Manichæern anhing, hertzlich betrübt, und bat den barmhertzigen GOtt, er möchte ihn doch bekehren, und zur Wahrheit führen. 10 Als sie nun einsmahls über solchem Seufftzen entschlieff, erschien ihr im Traum ein Jüngling in hell-gläntzenden Kleidern, und sprach mit frölichem Angesicht: Sie solte nicht mehr weinen und betrübt seyn, dann wo sie wäre, solte auch ihr Sohn seyn. Augustinus verspottete vorerst den Traum, und [509] sprach zu seiner Mutter, sie hätte etwa den Jüngling übel verstanden, vielleicht hätte er gesaget: Wo er ist, daselbst wirst du auch seyn; aber nachmahls ist er dergestalt gerühret und bewogen worden, daß er die schädliche Secte der Manichæer verlassen und den wahren Glauben angenommen. August. l. 6. c. 13. Confess.

Wir wollen allhier etliche Träume anführen, derer Bedeutung unschwer zu begreiffen. 11 Bodinus, als er seine Dæmonomaniam geschrieben, spricht von einem Menschen, der einen Geist zum Gefährten gehabt, welchen er damahls allererst kennen lernen, als er 37. Jahr alt worden. Dann wiewohl, seiner Meynung nach, derselbe Geist die gantze Zeit seines Lebens um ihm gewest, (massen er solches gemuthmasset, sowohl aus den vorher gehabten Träumen, als Gesichtern, wodurch er gewarnet worden, für gewissen Lastern und Fährlichkeiten sich zu hüten) so hätte er ihn dannoch niemahls zuvor so vollkommentlich gemercket, als wie von gemeldtem 37sten Jahr seines Alters an. Solches aber ist ihm, seinem Bericht nach, wiederfahren, nachdem er zuvor nicht aufgehöret ein gantzes Jahr durch GOtt von Hertzen Abends und Morgens anzuruffen, daß er einen guten Engel senden wolle, der ihn in allem seinem Thun und Fürnehmen führen und leiten möchte; vor und nach solchem Gebet aber [510] hätte er eine bestimmte Zeit zur Betrachtung Göttlicher Wercke angewendet, bisweilen zwey oder drey Stunden gesessen bey der Bibel, dieselbe mit ernstlicher Aufmerckung und Andacht gelesen, und in seinem Geist erforschet, ob er daraus ergreiffen möchte, welche dann unter den allstreitigen Religionen doch die rechte wäre, und mit der Wahrheit übereinträffe, darbey er dann nicht selten diese aus dem 143. Psalm genommene Verse gesprochen:Lehre mich thun nach deinem Wohlgefallen /dein guter Geist führe mich auf ebener Bahn.

Er sagete, daß er die Weise derjenigen gar nicht loben könte, die GOtt bäten, daß er sie in ihrer vorgefasseten Meynung wolte erhalten. Nachdem er also immerzu mit solchem Gebet und Lesung heiliger Schrifft angehalten, hätte er beym Philone, dem Hebräer / im Buch von den Opffern / gefunden: Es könte ein guter, frommer, vollkommener und von GOtt gereinigter Mensch GOtt dem HErrn kein grösser noch angenehmers Opffer thun, als so er sich selbsten dem HErrn opfferte: Solchem Rath folgend, habe er GOtt seine Seel aufgeopffert.

Von der Zeit an seynd ihm (wie er saget) Träume und Gesichte voll Belehrungen gegeben, bald diesen, bald jenen Fehler zu corrigiren, bald einiger Gefahr vorzubeugen, [511] bald diesen, bald jenen schweren Knoten, sowohl in Göttlich- als menschlichen Dingen, aufzulösen, oder aus einer Beschwerlichkeit sich heraus zu wickeln. Unter andern habe ihn gedünckt, als hörete er im Schlaff GOttes Stimme / welche zu ihm spräche: Ich will deine Seele erhalten / ich bin der / welcher dir erschienen.

Nachmahls klopffete der Geist alle Morgen um 3. oder 4. Uhren an seine Thür; wann er dann aufstund, und die Thür aufthat, sahe er niemanden. Der Geist aber fuhr fort, solches alle Morgen zu thun, und erweckete ihn, wann er nicht aufstund, deßwegen begunte er sich endlich zu fürchten, und gedachte, es wäre ein böser Geist, ließ derohalben nicht ab, GOtt aneinander zu bitten, er wolle seinen guten Engel senden, sang auch offtmahl die Psalmen, welche er schier alle auswendig konte.

Hierauf offenbahrete sich ihm der Geist / als er wachete, und klopffete nur leise an; selbigen Tages vernahm und hörete er gar eigentlich, daß der Geist zum öfftern ein Glaß anrührete, darüber ihm kein geringes Entsetzen ankame; als er nach zween Tagen seinen guten Freund, einen königlichen Secretarium, (der gleichfalls 1580. noch am Leben war, als Bodinus diß Buch drucken ließ) mit einer Mahlzeit zu Mittag [512] bewirthete, klopffte der Geist an die nächste bey dem Gast stehende Banck, worüber derselbe sich erröthete; er aber ihm zusprach, sagende: Erschröcket nicht! ihr habt euch deßwegen nicht zu fürchten. Und damit er ihm die Furcht desto besser möchte aus dem Sinn bringen, erzehlte er ihm die wahre Beschaffenheit.

Von selbiger Zeit an ist der Geist allzeit um ihn gewest, und er von demselben durch ein empfindlich Zeichen erinnert und abgemahnet, oder angefrischet worden. Thät er was Ungeschicktes oder Unrechts, gab ihm der Geist einen gelinden Streich an das rechte Ohr; widrigen Verhaltens aber auf das lincke. So einer kam, ihn zu betrügen, oder zu hintergehen, empfand er den Streich am rechten Ohr; dafern aber ein redlicher Mann, der es gut mit ihm meynete, und ihm was Gutes zu erweisen gewillet, ihn besuchen wolte, fühlete er den sanfften Schlag am lincken Ohr. Wann er etwas ihm schädliches essen oder trincken wolte, ward ihm ein Zeichen gegeben, sowohl als wann er zweifflete oder säumte etwas fürzunehmen. Gedachte oder setzte er ihm was Ubels vor, ward er durch ein Zeichen davon abgekehret. Hub er unterweilen anGOtt mit Psalmen zu loben / oder von seinen Wunderwercken zu reden / fühlete er durch eine geistliche Krafft darin gestärckt und bestättiget [513] zu seyn. Und damit er die eingegebene Träume von den Phantasien konte unterscheiden, die von ungesundem Geblüt, oder Zerrüttung und Verwirrung des Gemüths zu entstehen pflegen, pfloge ihn der Geist um die zweyte oder dritte Stunde zu wecken: und, nachdem er darauf wieder eingeschlaffen, alsdann ward ihm durch wahrhaffte Träume angezeiget, was er von dem, darüber er in Zweiffel stund, glauben, oder thun solle, oder was ihm vorstossen würde: also gar, daß von selbiger Zeit an ihme fast nichts begegnet ist, so ihme nicht vorher angedeutet worden; er auch nichts für glaubwürdig geachtet, dessen er nicht vorhero wäre erinnert worden.

Er bat zwar GOtt täglich, daß er ihn wolte seinen Willen, Gesetz und Wahrheit lehren, und wendete einen Tag in der Wochen an zum Lesen und Betrachtung heiliger Schrifft, lobte GOtt mit singenden Psalmen, brachte also denselben gantzen Tag, welchen er gantz feyrete, in fröhlicher Andacht zu, und kam alsdann keinen Tritt aus dem Hause, bediente sich aber hierzu nicht des Sonntags / an dem sonst andere ihre Andacht zu verrichten pflegen, weil, wie er saget, am Sonntag lauter Uppigkeit und Ruchlosigkeit getrieben würde.

Sonst bezeigete er sich in allem seinem Thun und übrigen Handlungen eines fröhlichen [514] Gemüths, pflegete auch hierauf anzuziehen die Worte der Schrifft:Vidi facies Sanctorum lætas.

Im Fall er bey irgend einer Gesellschafft war, da kein gar zu gutes Gespräch gehalten, oder etliche Tage das liebe Gebet unterlassen hatte, ward er im Schlaff also fort daran erinnert; wofern er ein Buch lase; das nicht gar gut war, schlug der Geist alsobald auf das Buch / daß er es solte weglegen; was seiner Gesundheit nicht dienlich, dafür warnete er ihn; und wann er kranck war, curirte er ihn auf aller fleißigste. Kurtz zu sagen, er erzehlte dem Bodin hievon so vielerley, daß er dieses für unzählig achtete und nicht alles wiederhohlen können. Ein mehrers davon ist bey Francisci höllischem Protheo zu lesen.

Ein Traum wird bey gedachtem Autore erzehlt, welcher, wie er im Traum vorgekommen, also wahr worden. 12 Als Abt Otto zu St. Lamprecht / Rudolff von Lichtenstein / und Heinrich von Waldsee /bey König Jacobo in Arragonien anlängeten, um desselben Fräulein Tochter, Elisabeth, vor Kayser Friedrichen zu werben, war in der Nacht vorher dem Fräulein im Traum ein schöner Fürst erschienen, derFriedrich heisse. 13 Da nun erstbenannte Gesandten Kayser Friederichs (der sonst der schöne genannt) durch [515] ihre Ankunfft und Werbung solchen Traum ihr eines Theils wahr macheten, truge sie desto weniger Bedencken, nebst ihrem Hn. Vater, in diese beharrliche Ansuchung zu willigen, bevorab, weil das Bildniß des schön gestalteten Kaysers mit der Gestalt, welche ihr der Traum hatte fürgestellet, sich aufs Beste vergliche. Massen sie dann hierauf, um Pfingsten, in Teutschland gen Basel begleitet, allda prächtig eingehohlt, und mit dem Kayser copulirt, auch hernach mit öffentlicher Crönung zu einer Römischen Kayserin beehret ward.

Noch Verwunderns-würdiger ist der Traum Kayser Caroli IV. damahls aber noch Königlichen Böhmischen Printzens / bey dessen Herrn Vater, demKönig Johann / hielt der Königliche Dauphin, oder älteste Printz von Franckreich / um Beystand an, wider den Hertzog von Savoyen / als mit welchem er Krieg führete: bekame auch darauf gute Vertröstung. 14 Indem König Johann Völcker zusammen bringet, kommt erstmahls gedachtem seinem Printzen, Carl, im Traum ein Kriegs-Heer zu Gesicht, und unter demselben ein schön gebildter Jüngling / welcher aber mitten aus dem Kriegs-Hauffen hinweg geführet ward. Worüber Printz Carl sich höchlich verwunderte, und, nachdem [516] er allernächst bey sich einen andern Jüngling von ungemeiner Herrlichkeit und Ansehen erblicket hatte, denselben fragte: Wer doch immermehr der Jüngling sey, mit dem man so scharff verfahre? und aus was Ursach man ihm solche peinliche Schmach angethan? Jener antwortete: Es ist der Dauphin, erstgebohrner Sohn Königs in Franckreich / der die Straff empfähet. Den Unzüchtigen pflegt man es also zu machen.

Da Printz Carl des Morgens aufgestanden, berichtet er seinem Herrn Vater, was ihm geträumet, und bat, derselbe möchte den Marsch der Hülffs-Völcker nur contramandiren: denn der Dauphin würde schwerlich mehr der Völcker verlangen; sondern sonder Zweiffel bereits des Lebens beraubt seyn. Der König kehrete sich an solche Reden nichts, sagende: Man müsse auf Träume nicht gehen, noch so viel darauf halten; und ließ den Zug der Völcker vor sich gehen. Nachdem er aber etwa 2. Tage mit dem Volck fortgeruckt, bekame er Zeitung: Der Dauphin wäre bey Belagerung eines Schlosses mit einem Pfeil an die Schaam getroffen worden / worüber er sein Leben einbüssen müssen. Massen Carolus hernach, zu Erinnerung dieses überaus denckwürdigen Traums, eben an dem Ort, wo [517] ihm solches Traum-Gesicht vorgestellet worden, ein Stifft gebauet, und mit reichen Einkünfften versehen.

Bey Cicerone lesen wir, daß zween junge Gesellen aus Arcadia ihnen fürgenommen miteinander eine Reise zu verbringen. 15 Und als sie in eine Stadt, so man Megaris nennet, kommen, ist der eine Gesell zu seinem guten Gönner / der andere aber in einschlechtes Wirths-Hauß eingekehret, und sich jeder an bemeldtem Ort beherbergen lassen. Nachdem nun der, so in seines Freundes Hauß zu Nacht gegessen, sich in Ruhe begeben, ist ihm im Traum fürkommen,wie sein Reise-Gesell von seinem Wirth verletzt und erschlagen wäre / ihn bittende / Hülff zu verleihen. Hiermit erwachete er, schauete sich umher, sahe und hörete niemand, vermeynete derohalben, daß es eine Phantasey und lediger Traum gewesen, legete sich wieder nieder, und entschlieff, alsobald kame ihm das vorige Gesicht wieder vor, und ermahnete ihn, wo er ihm ja nicht helffen könne / oder zu helffen vermögen / so soll er doch des Morgens zum Stadt-Thor gehen / und allda verharren / bis sein Wirth / der ihn beherberget / ein Fudex Mist aus führe / und alsdann in selbigem suchen / da werde er ihn [518] ermordet auf dem Wagen mit Mist verdecket finden. Worauf er abermahl erwachet, und sich anlegete, nach dem Thor verfügete; kaum war er dahin kommen, so langete auch der Wirth mit einem Wagen, voller Mist geladen, an, welchen er alsobaldvisitirete, allwo er seinen Reise-Gefehrten mit Mist bedecket gefunden, solches des Orts Obrigkeit angezeiget, welche den Wirth zu gebührender Bestraffung genommen. Vid. Hildebrands Kunst- und Wunder-Buch / p.m. 921.

Die Göttliche Träume seynd die, durch welche GOtt der HErr zuweilen die Menschen für ein oder dem andern Unglück warnet, und ihnen für Augen stellet, was künfftig geschehen werde. 16 Dessen gibt der Traum ein Exempel, welchen Fridericus III.Churfürst zu Sachsen / am 31. Oct. in der Nacht vor dem Tage Allerheiligen 1517. zu Schweinitz hatte / da ihm geträumet / als ob GOtt einen Mönch von feinem ehrbaren Ansehen und Gesicht zu ihm schickete, der des Apostels Pauli natürlicher Sohn wäre: dieser hätte auf GOttes Befehl alle Heiligen zu Gefährten bey sich, welche dem Mönche, daß kein Betrug mit ihm, sondern er ein wahrhaffter Gesandter GOttes wäre, vor dem Churfürsten Zeugniß ertheilen solten, [519] darbey ließ ihm GOtt gebieten, er solte dem Mönch gestatten, etwas an seine Schloß-Capelle zu Wittenberg zu schreiben; so ihn nicht gereuen würde. Hierauf ließ ihm der Churfürst durch den Cantzler sagen: Weil es GOttes Befehl wäre / und er auch so gewaltig Zeugniß hätte / so möchte er schreiben / was ihm befohlen wäre. Sodann fieng der Mönch an zu schreiben, und machete so grosse Buchstaben / daß sie der Churfürst zu Schweinitz deutlich lesen konte. Darbey führete er so eine lange Feder / daß sie mit ihrem Ende bis gen Rom reichete, und einen Löwen / so daselbst lage, damit dergestalt in ein Ohr stach, daß der Sturtz zum andern Ohr wieder heraus ging. Diese Feder streckete sich ferner bis an die Päbstliche dreyfache Crone / an welche sie so hart stieß / daß sie zu wacklen begunte /und Ihro Heiligkeit vom Haupt fallen wolte. Als nun die Crone im Fallen war, dauchte den Churfürsten / als wann er nebst seinem Herrn Bruder, Hertzog Johanne / nicht weit davon stünde, da er dann seine Hand ausstreckte / und sie halten wolte /worüber er auch erwachete; er schlieff aber wieder ein, und alsbald [520] stund ihm der Mönch wieder vor den Augen, welcher immer fort schrieb, und mit demFeder-Sturtz noch immer weiter auf den Löwen zu Rom loßstach, also, daß alle Stände des Römischen Reichs zulieffen, um zu erfahren, was da wäre. Worauf die Päbstliche Heiligkeit von den Ständen begehrete: Man solte doch dem Mönch das Schreiben verwehren, und sonderlich dem Churfürsten von Sachsen diesen Frevel berichten, worüber der Churfürst zum andernmal erwachete; schlieff aber auch zum drittenmahl wieder ein, und kam ihm der Mönch, wie vorhin, wieder vor Augen, da sie sich denn alle äusserst bemüheten, die Feder zu zerbrechen und den Pabst beyseit zu schaffen; jemehr sie sich aber bemüheten, jemehr starrete und knorrete die Feder, also, daß es dem Churfürsten in die Ohren schmertzete / darüber sie auch so ermüdet worden, daß sie endlich nachliessen, und sich einer nach dem andern verlohr; massen sie besorgeten, der Mönch möchte mehr denn Brod essen können / und auch ihnen Schaden zufügen; nichts destoweniger ließ der Churfürst den Mönch fragen: Wo er denn zu solcher Feder gekommen, und wie es zuginge, daß sie so gar unzerbrechlich wäre? Worauf denn der Mönch dem Churfürsten diese Antwort [521] geben ließ: Sie wäre von einer hundert-jährigen alten Böhmischen Ganß / die hätte ihm einer seiner alten Schulmeister verehret / und gebeten / er wolle sie / weil sie sehr gut wäre / zu seinem Gedächtniß brauchen: Er hätte sie selbst geschnitten / und daß sie so dauerhafft wäre / rühre daher: weil man ihr den Geist nicht nehmen / noch die Seel oder Marck / wie aus andern Federn / heraus ziehen könte. Darüber er sich auch ungemein verwundern müssen. Bald hierauf hörete der Churfürst ein Geschrey, ob wären aus dieser langen Mönchs-Feder noch unzehlig viele Federn zu Wittenberg gewachsen; da es dann mit Lust anzusehen ware, wie sich so viel gelehrte Leute darum rissen, und waren theils der Meynung, diese junge Federn würden mit der Zeit eben so starck und lang werden, als der erste Kiehl des Mönchs, ja es würde gewiß etwas sonderliches auf diesen Mönch und seine lange Feder erfolgen. Hiermit wachete der Churfürst auf, und gleich des folgenden Tages hat D. Luther seine Theses zu Wittenberg wider Tetzeln angeschlagen. Dieses ist wohl ein Traum gewesen, welcher von GOtt hergerühret, dessen Bedeutung und Ausgang sich auch bald darauf erzeiget.

[522] Es kan auch nicht geläugnet werden, daß Heyden und Unglaubige bisweilen auch Träume gehabt, die von guter Deutung gewesen, wie Gen. 41. zu lesen,daß Pharao von den 7. fetten und 7. dürren Kühen / auch 7. fetten und 7. magern Aehren geträumet. GOtt ließ auch des Pharaonis obristen Schencken / und dessen obristen Becker im Traum offenbahren, daß der erste wieder an sein Ambt kommen, der ander aber an Galgen gehenckt werden solten, Gen. 40. Und die Weisen aus Morgen-Land empfingen den Befehl GOttes im Traum, daß sie sich nicht wieder solten zu Herodes lencken. Matth. 2. ℣. 12. Und das Weib des Römischen Land-Pflegers Pilati / ließ ihren Mann im Richt-Hauß warnen, er soll nichts zu schaffen haben mit JESU dem Gerechten / denn sie hätte viel in vergangener Nacht seinetwegen im Traum erlitten.

Nun sind auch noch teufflische Träume / die durch den höllischen Feind durch Zulassung GOttes, den Menschen wegen ihres Unglaubens und Mißtrauens halber eingeräumet werden. 17 Solcher Art Träume waren eine unsägliche Menge bey den Heyden, allwo der Teuffel dem Menschen im Schlaff eingiebet, was geschehen [523] soll. Die Juden haben viel Auslegung von den Träumen gemachet; und erzehlt einer der Juden in dem Babylonischen Talmud / daß zu Jerusalem 24. Traum-Ausleger gewesen seyen; wer nun einen Traum gehabt, sey zu allen gangen, welchen dann der eine so, der andere anders erkläret, und dennoch hätte sich alle von ihnen erzehlten Sachen zugetragen. Vid. Dav. Knikke in Historia der Prophetien. lib. 4. cap. 8. §. 5.

In unserm Christenthum herrschet der Aberglaub, in Auslegung der Träume auch noch so gewaltig, ja der leidige Teuffel verleitet die Menschen solcher gestalt, daß sie des andern Tages, wohl noch vor ihrem Morgen-Gebet über die heyllose Traum-Bücher lauffen, um zu sehen, was ihnen ihre Träume bringen oder bedeuten möchten. Wie es dann an dergleichen Götzen-Büchern nicht fehlet, welche voller solcher Lügen-Auslegung angefüllet, auch vest versichern und für eine pure Wahrheit ausgeben, was dieses oder jenes sein Traum bedeuten soll. Ja es hat sich offt-angeführter Hildebrand nicht entblödet, einen gantzen Tractat solcher Träume zu verfertigen. Ein guter und rechtschaffener Christ aber wird sich dafür wohl zu hüten wissen.

Marginalien

1 Träume sind allemahl erfreulich.
2 Was ein Traum ist.
3 Wie die Träume zu unterscheiden.
4 Wie der Mensch nach den 4. Complexionen der Natur / den Träumen unterworffen.
5 Träume entstehen auch aus mancherley Kranckheiten.
6 Auch von Amts-Geschäfften.
7 Träume seynd ungewiß.
8 Träume werden auch nach der Zeit und Lager des Menschen unterscheidet.
9 Träume / so von GOtt eingegeben worden.
10 Durch Träume werden viele verwarnet.
11 I. Geschicht.
Ein Geist verwarnet einem im Traum.
12 II. Geschicht.
13 Von einem Traum / so wahr worden.
14 III. Geschicht.
Von Caroli IV. Traum.
15 IV. Geschicht.
Traum zeiget die Ermordung eines Freundes an.
16 V. Geschicht.
Nachdencklicher Traum Churfürst Friederich des Dritten zu Sachsen.
17 Es sind auch teufflische Träume.

35. Von gespenstischer Todes-Verkündigung

[524] XXXV.

Von gespenstischer Todes-Verkündigung.

Es wird nicht allein in dem blinden Heydenthum viel hin und wieder gelesen, wie denenselben von gespensterischen Erscheinungen offtmahl das Ende ihres Lebens angekündiget, sondern auch ist solches von denenselben ins Pabstthum kommen, daß davon eine unzehlige Summa solcher Historien aufgezeichnet gefunden werden, worbey aber ein grosser Theil Münchs-Gedichte und fabelhaffte Lügen untergemischet, daß von solchen auch die Wahrheit verdunckelt worden ist; Und was zu bedauren, so wird solches aberglaubige Wesen auch bey der reinen Evangelischen Lehre bey vielen untermischet, daß man fast die Wahrheit mit dem falschgedichteten nicht zu unterscheiden weiß. Wenn dann hierunter auch grosser Betrug fürgehet, so muß man nicht alles schlechterdings annehmen, sondern mit dem unterscheiden, was man selbst gehöret, gesehen, und von glaub-würdiger Personen Zeugniß erfahren hat. Bekannt ist, wie sich offtmahl Vor-Botten des Todes, durch [525] gewisse Ankündigung herfür thun, wie dann einige hören, bey Absterben eines Menschen die Todten-Särge zuschlagen oder zunagelen: da hören sie im Hause einen grossen Fall: und sehen dennoch, wann sie nachsuchen, nichts, das im Hause verrücket wäre. An einigen Orten siehet man die Geister in unterschiedener Gestalt / an andern Orten aber lassen sich solche auf mancherley Art hören, und gemeiniglich wann eines aus einer Familia versterben soll.

Dergleichen Todes-Ankündigungen lesen wir viel in Papistischen Schrifften / welche von dem Zustand der abgestorbenen Seelen lehren, daß die Gespenster, welche erscheinen, entweder selige Seelen aus dem Himmel, oder die Verdammten aus der Hölle, oder die Seelen, die im Feg-Feuer von ihren Sünden gereiniget werden, seyn sollen. 1 Sie sagen, die seligen Seelen kämen offt auf die Erde, zeigeten sich den Menschen, lehreten, vermahneten und trösteten die Menschen, und kündigeten denenselben auch offt die Stunde ihres Todes an.

Von den Seelen der Verdammten lehren sie, daß solche zwar in der Hölle dem ewigen Feur zur Qual übergeben wären, dennoch kämen sie bisweilen nach dem verborgenen Gerichte Gottes wieder auf die Erde und zeigeten sich dem Menschen, öffters mit [526] grosser Erschröckniß. 2 Lavater schreibt: Daß nach dem gemeinen Gesetz der Gerechtigkeit, alle Seelen würden kommen aus der Höllen, auf daß sie gerichtet würden, und daß vor der Zeit keine aus der Höllen kommen könne; Doch aber würde nach der Göttlichen Regierung zugelassen, daß einige auch vor dem letzten Tage des Gerichts aus der Höllen gehen möchten, zwar nicht ewiglich, doch auf eine gewisse Zeit, und solches zu Unterweisung und Warnung der Lebendigen. Sie erzehlen von unterschiedenen Gesichtern, und schreiben: daß etliche Geistliche und Layen /männ- und weiblichen Geschlechts, ihren Beicht-Vätern und Weibern erschienen, und denselben die Ursach ihrer Verdammniß angezeiget hätten. Auch lehren sie, wie die Seelen im Feg-Feuer offtmahl dem Menschen nach ihrem Tod erschienen, und geklaget, was grosse Qual und Schmertzen auszustehen, und bäten, daß man ihnen doch mit Fürbitt, Allmosen geben und Seel-Messen zu Hülffe kommen möchte: dieses aber ist alles eine falsche Einbildung, grober Irrthum und Aberglauben. Wir haben dessen keine glaubwürdige Exempel, daß dem Menschen durch Geister geprediget worden; Wohl aber hat GOtt auf mancherley Weise seinem Volck zugeredet: aber niemahl hat [527] er solches durch Abgestorbene thun lassen. So leidet es auch der Verstorbenen Zustand nicht, daß sie solten wiederum in die Welt kommen und den Lebendigen erscheinen: denn was derer Leiber betrifft, so verfaulen und verwesen solche alsbald in der Erde, und werden zu Staub und Asche. Gen. 3. ℣. 19. Die Seel aber der Seligen wird nicht mehr auf die Erde kommen, und erscheinen: Denn selig sind die Todten / die in dem HErrn sterben / denn sie ruhen von dem Augenblick ihres Todes / Apoc. 14. ℣. 13 und sind in GOttes Hand und keine Qual rühret sie an. Sap. 3. ℣. 1. 3 Wie solten solche denn auf Erden herum schwärmen, die Leute ängstigen und quälen, oder durch zauberische Beschwerungen ängstigen und quälen lassen. Sind die Leute gottloß gewesen, so befinden sie sich nach dem Tod alsbald in der Höllen-Qual und Verdammniß, von dannen sie nimmermehr heraus kommen, und ihre Qual gelindert werden wird. Die Seelen betreffend, die im Fegfeuer sich aufhalten sollen, und bisweilen auf die Erde gelassen würden, davon wird in der Heiligen Schrifft nichts gefunden: Denn dem Menschen werden nur zwey Orte, als Himmel und Hölle, fürgestellet; so wissen die alten Kirchen-Lehrer auch von keinem mehrern Ort als vom Himmel und der [528] Hölle zu sagen; was aber eigentlich dieses für Geister oder Gespenster seyn, die mehrmahlen dem Menschen zu erscheinen pflegen, so ist solches anders nichts, als der leidige Teuffel, welcher viel Leute durch seine Erscheinungen zu verführen und von GOtt ab, zum Aberglauben zu verleiten suchet.

Anlangende die Verkündigung des Todes, so von Geistern geschiehet, so beschreibet uns Francisci im höllischen Protheo eine weisse Frau / welche sich an unterschiedenen fürnehmen Höfen sehen lasse, wann aus desselben Geschlecht eine Person mit Tod abgehen solte; und wäre solche weisse Frau bereits bey vielen Lebens-Läufften unter denen Herren von der Rosen (oder von Rosenberg) gemercket worden, wann jemand zu einer Leiche werden sollen. 4 So versichert auch der Jesuit, P. Bohuslaus Balbinus, die Gewißheit der noch heutigen Erscheinung dieses Gespenstes mit unterschiedenen Zeugnissen. Denn weil er, als ein gelehrter Mann, wohl verstanden, daß das öffentliche Gerüchte manch Gedicht und Mährlein den Leichtglaubigen unter die Waaren der Wahrheit mit einmenget, hat er vor einer genauen Nachforschung nicht allerdings trauen wollen, daß jemahls ein solch Gespenst erblickt werde; dahero er so genaue nachgeforschet, bis er glaubhaffte [529] Zeugen gefunden, so die weisse Frau selber gesehen hätten. Und habe ihm P. Georg Müller / Soc. Jesu zu Prag / gesaget, daß er selbst die weisse Frau um Mittags-Zeit gesehen, da sie aus einem Schloß-Fenster von einem öden und unbewohnten Thurn, zu welchem, weil alle Stuffen und höltzerne Steigen von Alterthum verfaulet und zerbrechlich worden, niemand mehr hinauf steigen können, herab, auf die unten liegende Stadt Neuhauß / und sonderlich auf den Marckt, geschauet; sie wäre gantz weiß gewest, auf dem Kopff einen weissen Wittben-Schleyer mit weissen Bändern tragend, einer langen Statur, und gar sittsamen Angesichts. Als aber männiglich auf dem Marckt mit Fingern auf sie gezeiget, und sie gemerckt, daß man nach ihr hinauf geschauet, wäre sie zwar von ihrer Stätte nicht hinweg getretten, doch allgemach immer kleiner worden, gleich als ob sie hinab stiege, und endlich gar verschwunden.

Herr Wilhelmus Slavata, Böhmischer Reichs-Cantzler und Herr dieses Schlosses / thut dieser weissen Frauen Meldung in seinen libris Apologeticis, und schreibt davon, als einer gantz gewissen Sache, die allerdings Land-kündig sey.

P. Balbinus stellet die Frage an: Ob die weisse Frau ein gutes Gespenst sey, und unter die Seelen oder Geister, so bey GOtt [530] dem HErrn in Gnaden seynd zu rechnen. 5 Sein Urtheil als eines Catholischen Ordens-Manns lautet hierüber also: Die Thaten selbst reden deutlich genug davon, (schreibt er) daß die weisse Frau in der Liebe GOttes beharre: denn es kan weder ein böser Engel, noch eine verdammte weisse Frau sich stellen oder verstellen, daß nicht bisweilen ein böses Wort, oder in solcher Pein, welche die verdammten Seelen allzeit begleitet, eine Anzeigung der Verzweifflung heraus fahre, oder auch ein teufflisches und grausames Ungebärde hervor blicke. Die weisse Frau aber läßt in ihrem Angesicht nichts als lauter sittsame Bescheidenheit, Zucht, Schamhaftigkeit und Gottseligkeit erscheinen.

Man hat gar offt gesehen, daß sie zornig worden, und ein finsteres Gesicht gemachet, wider diejenige, welche wider GOtt oder den Gottesdienst eine lächerliche Rede ausgeschüttet; hat auch dieselbe wohl mit Steinen, und allem, was ihr in die Hand kommen, verfolget, worzu noch kommet ihre Liebe gegen die Armen und Dürfftigen: denn alle alte Gedächtnissen stimmen hierinnen überein. Die weisse Frau habe den süssen Brey, welchen man den armen Unterthanen am Tage der Einsetzung des Heiligen Nachtmahls jährlich kocht, am ersten samt selbigen gantzen Gastmahl verordnet und gestifftet; weßwegen sie dann, wofern etwa [531] der bösen Zeiten, oder feindlicher Gefahr, oder anderer Ursachen halber, solche Gutthat an den Armen unterlassen wird, sich so unruhig, so übel vergnügt, ja gantz rasend und wütig erzeiget, daß sie gantz unerträglich wird, und sich nicht eher zur Ruhe gibt, als bis den Armen die gewöhnliche Barmhertzigkeit, daß sie gespeiset werden, widerfähret; alsdann siehet man sie wieder frölich und munter, und ist niemand überlästig noch beschwerlich.

Ich habe (schreibt er ferner) von glauwürdigsten Leuten vernommen, daß, als vor 30. und mehr Jahren die Schweden nach Einnehmung selbigen Schlosses und der Stadt, den Armen die Mahlzeit auszurichten entweder vergessen, oder fürsetzlich unterlassen, sie, die weisse Frau / einen solchen Tumult erreget und dergestalt getobet, daß die Leute im Schloßschier dar über hätten verzweifflen mögen. 6 Es ward die Soldaten-Wacht verjaget, geschlagen, und von einer geheimen Gewalt zu Boden gestürtzet. Es begegneten solchen Schildwachten mancherley seltzame Gestalten und Wunder-blasse Gesichter. Die Officir wurden selbst bey Nacht aus den Betten auf der Erden herum gezogen. Da man nun gantz keinen Rath wuste, diesem Ubel zu steuren, sagte einer von den Telczenisischen Bürgern dem Schwedischen Commandanten:Es sey den Armen [532] ihre jährliche Mahlzeit nicht gereichet; und riethe ihm, er solte solche alsobald, nach der Vorfahren Weise, geben lassen. Nachdem solches geschehen, hat man alsobald im Schloß Ruhe bekommen, und ist alles überall von Gespenstern still worden, daß allerdings sich nichts mehr gereget hat.

Es findet sich aber, wie mehr-besageter Autor ferner spricht, in Jahr-Geschichten des Neuhausischen Jesuiter-Collegii: Die weisse Frau habe noch eine grössere Anzeigung gegeben, daß sie ein guter Geist sey. Denn als im Jahr 1604. am 24. Jenner /der Letzte von der verleuchtenden Neuhäuser Familia, die in ihrem Wappen eine güldene Rose im weissen Feld führte, Nahmens Joachim / auf seinem Schloß in tödtlicher Schwachheit lag, und niemand doch gleichwohl einen Priester aus dem Collegio hohlte, klopffte die weisse Frau gantz sachte an die Thüre, trat darauf gantz ansehnlich ins Gemach zu dem Pater Rector des Collegii, Nicolao Pistorio, dessen sich Herr Joachim meistentheils zum Seel-Pfleger gebrauchete, und ermahnete ihn, er solle eilen, und das Heil. Sacrament mit sich zum Krancken hintragen; sintemahl Herr Joachim nicht länger als eine Stunde mehr zu leben hätte. Der Pater gehorchete,[533] lieff damit fort, fande den Bettlägerigen im Todes-Kampffe, ertheilte demselben doch noch, auf angehörte Beichte, die Absolution, sammt der himmlischen Weg-Zehrung, und überließ ihn also, nach so guter Vorbereitung, dem Himmel.

Diese der weissen Frauen wichtige Verrichtung begreifft einen gewaltig-starcken Beweiß, daß sie in einem trefflichen guten Zustande bey einem frölichen und glückseligen Gewissen lebe. Zu mehrerer Bekräfftigung dessen dienet noch überdas, als Frau Catharina von Montfort die Frau Maria von Hohenzollern in ihrer Kranckheit zu Bechin besuchete, und nicht gleich eine Fackel bey der Hand war, die weisse Frau sich alsofort dargestellet, und mit einer Fackel voran gangen.

Daß diß Gespenst alle dergleichen Sachen gethan, ist nicht unglaublich, dann also zeiget sie sich ebenfalls an etlichen hohen Höfen in Teutschland /wann solchen hohen Häusern ein Trauer-Fall bevorstehet, und höret man davon wunderseltsame Abentheuer, darunter auch dieses: Daß einer grossen Für stin / als sie mit einer Cammer-Jungfrauen in einem Zimmer vor den Spiegel getreten, um einen neuen Aufsatz zu probiren, und endlich besagete ihre Cammer-Jungfrau gefraget: Wie viel Uhr es wäre? unversehens und plötzlich die weisse Frau hinter der Spanischen [534] Wand hervor tretend soll erschienen seyn, und gesprochen haben: Zehen Uhr / Ihr Liebden! Worauf dieselbe hohe Fürstin zum hefftigsten erschrocken, auch etliche Tage hernach bettlägerig und über etliche Wochen gar dem Grab übergeben worden.

Ob aber oberwehnten P. Balbini Meynung, daß diese weisse Frau eine selige Seele sey, glaublich, und aus dem von ihm angeführten gütlichen Verhalten derselben, wie auch sonderbaren Eyffer für die geistliche Seelen-Verpflegung ihrer Nachkommen, und von ihrer gestiffteten Speisung der Armen / erweißlich seye, darüber soll allhier kein Disputat gehalten werden. 7 Genug ists, daß wir oben angeführet, daß dieselige Seelen sich aus ihrer seligen Ruhe nicht mehr in diese Welt sehnen, oder um solche weltliche Dinge bekümmern werden.

Merckwürdig ist, was anderer Orten in Stifftern für Todes-Anzeigungen gegeben worden, wie noch heutiges Tages zu geschehen pfleget; und berichtet einAutor, S.G.H. daß von langer Zeit her in der Stiffts-Kirche zu Merseburg / in Sachsen / allemahl drey Wochen vor Absterben eines jeglichen Thom-Herrn bey der Nacht ein grosser Tumult in der Kirchen gehöret worden, und auf dem [535] Stuhl desjenigen Thom-Herrns, welcher sterben sollen, ein solcher Schlag geschehen, als ob ein starcker Mann aus allen Kräfften mit geschlossener Faust einen gewaltigen Streich thäte. 8 Sobald solches die Wächter, derer etliche sowohl bey Tag, als bey Nacht, aneinander gewachet, und wegen kostbarer Kleinodien, so darin vorhanden seyn, die Ronde gangen, vernommen, haben sie es gleich des andern Tages hernach dem Capitel angezeiget, und solches ist demselben Thom-Herrn, dessen Stuhl der Schlag getroffen, eine Vorbedeutung gewesen, daß er in drey Wochen an den Todten-Reihen müsse.

Noch mehr bedächtlich ist, was in der herrlichen langen Thum-Kirchen der Kayserl. Freyen Reichs-Stadt Lübeck geschehen, auch noch geschicht. 9 Dessen gedencket nicht allein Martinus Zeilerus, sondern auch D. Ph. H. Friedlieb in seinerMedulla Theologica; und dieser letztere zwar mit folgenden Zeilen zu Teutsch:

Bey den Lübeckern soll sich in der Thum-Kirchen vormahls zugetragen haben, was folget: Wann auf eines Canonici Pult im Chor des Nachts eine Rose geleget, und des Morgens frühe gefunden worden, so hat man ohne einigen Zweiffel daraus geschlossen, daß solchem [536] Thom-Herrn der Tod bald obhanden wäre. Man füget hinzu, es habe sich begeben, daß, als einer unter selbigen Canonicis, Namens Rabundus, eine solche Rose / welche ihm seine Sterb-Stunde anzeigete, auf seinem Pult angetroffen, er dieselbe davon weggenommen, und auf eines andern seinerCollegen Pult geleget; nichts destoweniger aber dannoch unlang darnach der Natur ihre Schuld bezahlet habe. Man saget auch also, dieser Rabundus errege noch heut zu Tage einen solchen Tumult im Chor dieser Kirche mit Klopffen, so offt das letzte Lebens-Ziel eines Thom-Herrn herbey nahet; und saget man des Orts zum Sprichwort: Rabundus hat sich gerühret /darum wird ein Thom-Herr sterben.

In vielen Häusern / und fast insgemein, wird entweder an die Thür oder Banck, oder Tisch geklopfft, und gehet auch wohl bisweilen die Thür von sich selbst auf, wann einer tödtlich darnieder lieget, und nicht wieder aufkommen soll; Man höret auch gemeiniglich etliche Tage vorher, oder in der Todes-Stunde einen schweren Fall / solches wollen etliche demSchutz-Engel, oder sonsten einem guten Engel / andere aber einem Teuffels-Gespenst zuschreiben: Ich vermuthe aber, daß solches vielmehr von einem[537] bösen Engel als einem guten geschehen müsse: dieweil GOtt nicht will, daß wir unsers Lebens Ziehl wissen sollen. 10

Es ist noch merckwürdig, wie 2. gute Freunde mit einander verabredet, einer dem andern seinen Tod wissen zu lassen in folgendem: Michaël Mercatus, der fürnehmste Philosophus, und Marsilius Ficinus hielten sehr gute und vertrauliche Freundschafft, wegen ihrer Gleichheit im Studiren, nachdem sie nun mit einander Unterredung hielten, wegen der Unsterblichkeit der Seelen und künfftigen Lebens, nach der Satzung des Platonis und seine Meinung mit Göttlichen Gründen bewiesen, vergleichen sie sich unter einander, daß der Erstere, wo es möglich und auf GOttes Zulassung geschehen könnte, so da stürbe, solte Relation bringen, wie es im andern Leben sich verhielte; solches bekräfftigten sie auch einander mit einem Eyd. 11 Nachdem nun sie sich trenneten, und ein jeder in einer besondern Stadt zu wohnen kam, geschahe es, daß in einer Morgen-Stunde, da der Mercatus an seiner Philosophia beschäfftiget war, jemand aus der nähesten Gasse in vollem Trapp sporenstreich, auf seine Haußthür zureitende, überlaut rieff:o Michaël! Michaël! Es ist wahr / und wahrhafftig und aufs gewisseste. Mercatus eilete von seinen Büchern, kennete seines [538] Freundes Stimme, und siehet den Marsilium rücklings, welcher sein weisses Pferd schon umgewandt hatte, und davon ritte. Er rieff ihm aber nach: Marsili! Marsili! allein der Reuter flohe geschwinde weg, als wann er den Blitz zum Klepper hätte, und von einem Adler geführet würde. Hierüber erschrickt Mercatus und sinnet nach, ob sich auch ein Fall mit seinem Freund Marsilio zugetragen: Stellete auch brieffliche Nachfrage, und erfähret, daß sein Freund Marsilius eben zu der Stunde / da ihm der Reuter auf dem weissen Pferde erschienen ware /zu Florentz Todes verblichen wäre. Vid. Baron. tom. 5. Annal. ad annum 411.

Wir wollen von einem Gespenst anführen, welches einem Frantzösischen Edelmann / Robert genannt / in Welschland in der Nacht, als er irre geritten, erschienen, und ihn in ein Wirthshauß gewiesen, in welchem der Wirth und Gäste, Mördern und Straffen-Räubern gleich gesehen, deßwegen sich Robert zum Fenster gesetzt, seinen Degen in acht genommen, seine Pistole fertig gehalten, und in einem Buch gelesen, zu Mitternacht kommt das Gespenst wieder, und weiset ihm / er solte folgen / welches er auch gethan, und in einen Garten zu einem [539] Brunnen geführet worden / allda das Gespenst verschwunden. 12 Er will nicht wieder zurück ins Hauß kehren, sondern erwartete mit grossem Verlangen des Tages, mit welches Morgen-Röthe er wieder verreisete, und der Obrigkeit des Orts darbey anzeigete, was ihm begegnet sey; da dann sobald nach geforschet, und ein Kauffmann / der neulich ermordet, in dem Brunnen gefunden worden: deßwegen etliche von den Thätern er griffen, die ihre gebührende Straff ausstehen müssen. Zween Tage hernach erscheinet das Gespenst Roberto wiederum, und verspricht ihm, 3. Tage vor seinem Tod denselben zu warnen / weil er gethan / was recht gewesen; verschwindet alsdann, und lässet ihn in dunckelen Gedancken nachsinnen, ob solches ein guter oder ein böser Geist müsse gewesen seyn; massen er sich bestürtzet und ohne Trost, welchen sonst die guten Geister hinter sich lassen, wie auch ohne Furcht, so die bösen Geister in die Gemüther drucken, befunden. Nachdem er nun wiederum in Franckreich gekehret, sich verheyrathet, und in allem Wohlergehen lebete, kommt das Gespenst wiederum, und sagete zu ihm: Er solte sein Hauß beschicken / und sich zum Tode bereiten / in dreyen Tagen würde er[540] die Welt verlassen müssen; Robert lässet diese Erinnerung nicht ausser Acht, und schicket sich zum Abschied / wiewohl er nach und nach zweiffelte an der Erfolgung, weilen die drey Tage verflossen, und er sich bey guter Gesundheit und Sicherheit befand. Als die Nacht der 3. bestimmten Tage zu Ende, fängt der Hund, welchen Robert in seiner Kammer schlaffen lassen, an zu bellen: Er springt aus dem Bett, ergreifft den Degen, eröffnet die Kammer und will das Gesind aufwecken; indem wird er auf der Stiegen / durch und durch gestochen / daß ihm der Degen in dem Leibe stecken verbleibet / und der Thäter über seinen halbtodten Leichnam davon springet. Wer dieser Meuchel-Mörder gewesen, konte niemand wissen, allein es wurde der Degen erkannt, daß er Sarmont, einem seiner besten Freunde, zuständig, der sich damahls in Holland aufgehalten; Robert verzeihet seinem Mörder von Hertzen / und befiehlt /man solle deswegen keine Nachfrage halten / und verstirbt des folgenden Tages sehr Christlich. Sarmont, des Verstorbenen Freund, hatte um Nerinam vor Robert gebuhlet, und war in dem Hause vor seinem Verreisen wohl bekannt gewesen: dahero nahm Falsia, die Magd im [541] Hause, Ursache vorzugeben, Sarmont hätte ihren Herrn, den Robert, umgebracht, und hielte sich heimlich in der Gegend auf; wie der Degen beglaubend machete: oder hätte ihn verrätherischer Weise ermordern lassen, durch einen andern, Nerinam, die hinterlassene Wittib; zu heyrathen. Diese Verleumdung wurde hernach offenbahr: Weil sich aber die Magd Falsia schwanger befand, und als sie zur Geburt arbeiten solte, darüber aber in Kinds- und Todes-Nöthen kame, bekennete sie,Morin, Sarmonts Diener, weichen er wehrhafft gemachet, und mit seinem Degen beschenckt, wäre Vater zu ihrem Kind, und Roberts Mörder gewesen, allermassen auch Morin solche Wahrheit durch seine Flucht bestättiget hat.

Es ist auch solche Ankundigung des Todes nicht nur bey Christen geschehen, sondern vielfältig im Hendenthum aufgezeichnet worden. 13 Plutarchus schreibt im Leben Dionis: 14 Daß diesem freymüthigen und unerschrockenen Manne ein grösses und abscheuliches Gesichte vorgekommen, worauf wenig Tage hernach sein Sohn, oben vom Hause gefallen, und sein Leben geendiget, und Dion selbst todt gestochen worden; In dem Leben Decii Bruti schreibt er folgendes: 15 Als Brutus beschlossen hatte, seine Kriegs-Trouppen bey Nacht aus Asien in Europam überzusetzen, [542] setzen, und nun in dem gantzen Lager still, und in seiner Hütten wenig Licht war, sahe er zu seiner Gemachs-Thur herein tretten, ein grosses abscheuliches Gespenst, welches sich stillschweigend neben ihn stellete, und ihn starr anschauete. Und da er Muth geschöpffet hatte, und das Bild gefraget: Was bist du? einer aus den Menschen oder aus den Göttern / und warum bist du zu uns kommen? gab es zur Antwort: Tuus, ô Brute! summalus genius, videbis me Philippis, i.e. Ich bin / ô Brute! dein böser Geist / du wirst mich zu Philippen sehen. Darauf antwortete Brutus gantz unerschrocken: Videbo, Ich werde dich sehen. Da nun das Gespenst verschwunden war, hat Brutus seine Diener geruffen, welche sageten, daß sie nichts gesehen oder gehöret hätten. Brutus aber konte diese Nacht nicht schlaffen, gieng derowegen frühe Morgens zu Cassio und er zehlte ihm, was er gesehen; Cassius, der ein Epicurer war, und alle diese Dinge verachtete, hat es natürlichen Ursachen zugeschrieben: aber Brutus ist hernach auf dem Felde bey Philippen von Augusto und Antonio in einer Schlacht überwunden worden, und damit er nicht in die Hände seiner Feinde kommen möchte, hat er sich selbst ums Leben bracht.

[543] Dio Cassius Nicæus lib. 55. der Römischen Historien / schreibt alsbald im Anfang, daß Drusus, als er nun weil und breit in Teutschland alles verwüstet zu der Elbe gekommen, und allda, weil er über den Fluß nicht kommen konte. Sieges-Säulen aufgerichtet habe, und zurück gewichen sey; dann bey dem Fluß begegnete ihm ein Weib, in schöner und menschlicher Gestalt, und sprach zu ihm: ô Druse, wie weit wilt du fortziehen? 16 Weist du nicht deiner Begierden eine Maaß zu setzen? Es ist dir nicht mehr zugelassen / alle diese Dinge zu sehen / gehe nur weg /hier ist das Ende und das Werck deines Lebens. Als Drusus dieses hörete, zoge er alsobald wieder zurück; aber unter Weges, ehe er noch zu dem Rhein kommen, ist er an einer Kranckheit gestorben.

Kommen wir auf die spätere, so wird man auch häuffige Gespenst-Erscheinungen in den Leben der Altväter und Päbste antreffen; weil aber unter solchen Schrifften allzuviel Fabeln und Lügen mit unterlauffen, und viel Gedichte an statt wahrhaffter Historien aufgebracht werden, so wird unvonnöthen seyn, dieselbe allhier beyzubringen: fürnehmlich, weil Ludovicus Vives, Beatus Rhenanus, und andere gelehrte Männer sehr über die Chronicken der Mönche klagen, daß solche von ungelehrten [544] Menschen, ohne einigen Verstand gesammlet seyn. 17 Derowegen muß man nicht alles so schlechterdings glauben; wir gehen sicherer, und halten uns an die Heil. Schrifft, welche die beste Lehrmeisterin aller Dinge ist, auf welche wir uns auch, als rechtglaubige Christen, sicherlich verlassen können.

Fußnoten

1 Todes-Ankündigung im Pabstthum.

2 Von Seelen der Verdammten / auch derer im Fegfeuer.

3 Zustand der seligen Seelen.

4 Weiß-Frauen-Gespenst verkündet etlichen ihr Absterben.

5 Ob die weisse Frau ein gutes Gespenst sey.

6 Süsser Brey / wie solcher gestifftet.

7 P. Balbini Meynung von dieser weissen Frauen.

8 Gespenst zeiget an / wann ein Stiffts-Herr im Merseburger Thom sterben soll.

9 Auch in der Thom-Kirche zu Lübeck.

10 Allerley Zeichen in Häusern worin jemand sterben wird.

11 Zwey gute Freunde versprechen einander Nachricht von ihrem Tode zu geben.

12 Gespenst verkündet einem von Adel seinen Tod.

13 Gespensterische Todes-Unkündigung auch bey Heyden.

14 1. bey Dione.

15 2. bey Decio Bruto.

16 Drusus vernimmet auch sein Ende von einem Geist.

17 Päbstliche Geschichte sind sehr mit Mönchs-Lügen angefüllet.

36. Von Wettermachern

XXXVI.

Von Wettermachern.

Es wird von unglaubigen und gottlosen Leuten für gewiß gehalten, daß der Donner / Hagel und Ungewitter keinen andern Ursprung haben, auch von niemand anders herkommen, denn allein von dem Teuffel / von seinem Anhang und Nachfolgern, als Zauberern und Unholden; auch wird solchen die Ursach beygemessen, wann die Früchte auf dem Feld oder der Weinstock zerschlagen worden: da wir doch aus GOttes Wort weit anders davon berichtet werden, wie nehmlich GOtt der HERR den Hagel schaffe und zuwege bringe, dieser Ursache halben, die Gottlosen, Unglaubigen und Ungerechten damit zu straffen, auf daß, wann sie durch solche Straffe zur Erkänntniß ihrer Sünden kommen, [545] sie sich nachmahls zur Busse und Besserung kehren: dargegen die Frommen und Gottsfürchtigen durch solche Hagel-Wetter probirt, ob sie auch in wahrem Glauben und Erkänntniß ihres GOttes beständig verharren wollen. 1 Wie wir dann in heiliger Schrifft davon klaren Unterricht haben, da GOtt befohlen, daß Mose seine Hand ausstrecken, und über gantz Egypten-Land, über Menschen und Vieh, einen grossen Hagel kommen lassen solte, 2. Buch Mose am 9. Cap. So sagete GOtt der HErr auch zu Hiob / Cap. 38: Bist du gewesen / da der Schnee herkommet? oder hast du gesehen / wo der Hagel herkommet? die ich habe verhalten bis auf die Zeit der Trübsal / und bis auf den Tag des Stretts und Kriegs.

Also kan der Teuffel und sein gantzer Anhang, solche mögen so gifftig und rachgierig seyn, als sie immer wollen, ohne dem Willen und Verhängniß GOttes uns nicht den wenigsten Schaden thun. 2 Dann der Teuffel ist für sich selbst, ohne GOttes Zulassung, ein ohnmächtiger Geist, welchen GOtt der HErr als einen Ketten-Hund in seiner Gewalt hat, daß er ohne seinem Willen nichts vermag; und ob ihm schon zu Zeiten, wegen der Menschen Boßheit, etwas verhängt wird, so ist ihm doch darneben ein Ziel gesteckt, [546] darüber er nicht schreiten darfft. Dieweil nun solchergestalt der Teuffel seines eigenen Willens nichts vermag, wie vielweniger werden denn seine Anhänger thun können, die nichts in diesen Dingen vermögen, und wie solten diese ohnmächtige Leute die Wasser in die Lufft erheben und regnen lassen können /die doch keines Tropffens aus einem bey ihnen fürüber fliessenden Wasser, oder aus einem Brunnen, zu ihrer Nothdurfft erlangen können, wann sie nicht hingehen und schöpffen, und tragen es in einem Geschirr heim, wie andere Leute auch thun müssen: und wann eine grosse Dürre und trockne Zeit einfället, vermögen sie ja über ihre eigene Gärtlein und Beete keinen Regen zu machen; oder auch, wann ein naß Jahr ist, den Regen davon abzuhalten und Sonnenschein darüber zu bringen. 3 Wie solten die Blitz und Donner können in die Lufft schaffen / die nicht ein Füncklein Feuer / wann es ihnen daheim verloschen ist, ohne Feuerzeug machen können, sondern bey ihren Nachbarn holen müssen. Also auch, wann ihr Lands-Herr mit seinem Feind eine Schlacht hielte, und solche Zauberer zu Hülf forderte, vermöchten sie doch nicht einẽ Hagelstein, nicht ein Körnlein Sand, nicht ein Windelein zu machen und zu erregen, damit ihrem Herren zu gut zu kommen. Ja der Teuffel selbst kan es nicht, wann er es gleich seinen [547] Zauberern zu Gefallen thun wolte, ohne GOttes Zulassung. Wir haben dessen ein Exempel an dem Propheten Elia auf dem Berge Carmel / da so viel Pfaffen zu ihrem Baal, das ist, zum Teuffel, rieffen, daß er ihnen das Holtz und Opffer anzünden wolle, so er doch nicht konte; da aber Elias seinen und unsern GOtt anrieff, da fiel das Feuer vom Himmel / und verzehrete Holtz / Opffer und das Wasser / das darauf gegossen war und darunter stund. 4

Wierus lib. 3. cap. 11. in seinem Teutschen Tractat von Hexen / schreibt: Wann die bösen / alten /neidischen und gottlosen Vetteln deren Dingen, so sie selbst bekennen, und auch verjahen, gewaltig und mächtig wären, würden nicht Früchte genug jährlich herfür kommen können, das menschliche Geschlecht zu unterhalten: ja es würde auf dem Erdreich nichts ungeschändet und unverwüstet bleiben, und der Mensch selber vor ihnen nicht sicher seyn; und lieber, was bedörffte man viel Kosten in Kriegs-Läufften anzuwenden, und so grosse Mühe und Arbeit zu haben, solche Instrumenta und Mittel zu bereiten, den Feind dadurch übel zu beschädigen, die Felder zu verwüsten, den Saamen und Weinstock zu verschänden, das Wasser zu vergifften? 5 Würde man nicht so [548] eine alte Hex oder Wettermacherin gebrauchen, die alle solche Stück zuwege bringen könte? Würde solche nicht das gantze Heer der Feinde dermassen peinigen, Städte und Länder aufs grausamst e beleidigen, daß sie kommen und um Gnade in gröster Demuth bitten würden? Was bedörffte es dann eine solche MengeGeschütz / Pulver und Kugeln / und ein so mächtig Heer gewaffneter Soldaten? Was brauchte es Granaten / Feuer-Ballen und dergleichen, die Städte damit zu verwüsten, wenn wir solches alles durch so eine alte Hexe zuwege bringen könten? Wie könten wir solche doch den Türcken und Tartarn über den Halß schicken, damit doch einmahl die Christliche Länder von derer Joch entladen würden. Gewiß, wann es hätte solchergestalt geschehen können, so wären wir ja blind gewesen, so eine schöne Gelegenheit aus Handen gehen zu lassen. Man hat aus Dännemarck geschrieben, daß der König aus Schweden solches nicht vergessen habe, 1564. wider den König in Dännermarck vier alte zauberische Weiber mit umzuführen, die den Feind bezaubern solten, daß sie gegen die Schwedischen nicht siegen, und ihnen keinen Schaden zufügen möchten: dergleichen die in der Stadt sich nicht wehren, sondern dieselbe aufgeben müsten. 6 [549] Und soll ein Reuter des Grafen Günthers von Schwartzenburg eine von solchen Zauberinnen gefangen haben, welche solches bekannt, und daß man auf dem Wege rings um die Straffe in Sümpffen und Brunnen lange ausgezogene Fäden gar weiß /daran viel höltzerne Creutzer und andere Characteres gehangen, gefunden.

Dieses aber erweiset noch nicht, daß die Hexen oder Zauberinnen solten Gewalt haben, feindliche Armeen zu verderben, oder durch Wetter zu verunglücken; weniger wird ein vernünfftiger Christ glauben, daß solche durch ihre zauberische Worte, Zeichen und Beschwerungen Hagel, Blitz und Donner machen können; sondern der Teuffel lehret und betrüget nur seine Ergebene, daß wann etwa ein Wetter kommen soll, so sich von Natur generiret, so unterweiset er solche vermeinte Wettermacherinnen, wie sie sollen zu bestimmter Zeit und Stunde etliche Worte daher brummelen / Steine rückwärts gegen Untergang der Sonnen werffen / oder Sand aus einem Bach nehmen / und über sich gen Himmel stäuben / wie sie ein oder das andere in einem Hafen kochen / oder Holtz überzwerg in ein [550] Wasser legen / daß alsdann dadurch sich ein Wetter erheben solte: wann dann nun, wie obengedacht, von Natur ein Gewitter kommet, so bilden sich solche betrogene Leute nichts anders ein, als wann sie das Wetter gemacht hätten, beharren auch in dieser Meynung, und wann solche auch in Verhafft kommen, bekennen sie einhellig, daß sie dieses oder jenes Wetter gemachet hatten, lassen sich auch mithin drauf peinigen, und beharren in ihrem Bekänntniß bis zum Tod. 7 Ja sehet, so weit kan es der Teuffel mit solchen schwachen armen Menschen durch seine Verführung bringen.

Weil nun der Teuffel aus selbst eigener Gewalt nichts vermag, was wolten denn seine Boten und Ergebene, als Zauberer / Segensprecherinnen /Hexen und Unholden vermögen? Ulricus Molitor in seinem Dialogo mit Kayser Sigismundo von Hexen und Unholden / saget: Es ist ein Sprichwort bey den Philosophen: Es ist nicht alles fehl, was man gemeiniglich saget; Nun gehet die gemeine Sage, die Hexen sollen Donner und Hagel gemacht, der Frucht auf dem Feld und den Menschen damit grossen Schaden gethan haben, so bekennen sie es auch in der peinlichen Frage selbst, und man weiß aus der täglichen Erfahrung, daß sie einander solche Kunst gelehret [551] haben. Und ist die Erfahrung in der Erörterung der Sachen nicht zu verwerffen, denn die Erfahrung lehret alle Dinge, wie im Cap. ubi peticulum, de elect lib. 6. stehet; dahero ist das gemeine Sprichwort: Experto crede Ruperto, das ist: glaube einem / der es erfahren hat. Die Teuffel vermögen nichts wider einigen Menschen, es wird ihnen dann von GOtt verhänget: sie sind mächtig, verkehren und verstellen sich in mancherley Gespenst und Gestalten. Also saget Gregorius im 4. Buch seiner Gespräch: Ohne des allmächtigen GOttes Verhängniß hat der böse Geist keine Gewalt wider irgend einen Menschen, sondern so viel und fern, als ihm von GOtt zugelassen wird; dahero Augustinus im dritten Buch de Trinitate saget: Daß die Teuffel etwa Schaden thun können, das kommet von der unendlichen Gewalt und Zulassung GOttes; wann ihnen aber nicht von ihme verhänget wird, können sie auch niemand beschädigen. Und setzet weiter hinzu: Denn das ist eben die Ursache, warum die Zauberer Pharaonis, die doch vormahls Frösche und Schlangen gemachet hatten, keine Läuse machen konten; dieweil sie von einer grössern Gewalt, nemlichen durch den Geist GOttes, gehindert worden sind, welches auch die Zauberer selbst bekennen, [552] da sie sprechen: Der Finger GOttes ist hier. Exod. 7. Deßgleichen saget auch der Heil. Chrysostomus lib. 1. in Matthæum: Der Teuffel darff die Menschen nicht so hoch versuchen / als er begehret: Also saget auch Petrus Lombardus lib. 2. Sentent. dist. 7. Die Zauberey werde alle durch der Teuffel Kunst und Macht verrichtet, welche doch ihre Gewalt und Verstand von GOtt empfangen haben zu betrügen, die betrügliche Menschen, als die Egyptier, oder die Zauberer selbst, welche von denselben Geistern, durch derer Mitwürckung sie itzund hoch gehalten sind, künfftig müsten verdammt werden, zu betrügen, oder aber die Glaubigen dadurch zu warnen, daß sie sich solcher Kunst nicht gelüsten lassen, oder der Gerechten Gedult zu üben und zu bewahren. Man soll auch nicht dafür halten, daß die sichtbaren Creaturen dem Teuffel nach seinem Gefallen dienen, sondern vielmehr GOtt, von welchem sie auch diese Macht empfangen. Vid. Lerchemeirum in seinem Bedencken von Zauberey c. 10. Bullingerum von Heren und Unholden. Paul. Frisium in seiner Nebel-Kappen im andern Punct.

Von den Lappländern meldet Ziegler / daß sie einen Strick oder Riemen [553] gehabt, worein drey Zauber-Knotten geknüpffet gewesen; wann derselben einer sey aufgelöset worden, habe sich ein erträglicher Wind erhoben. 8 So sie den andern aufgelöset, wäre der Wind hefftiger und ungestümer worden: nach Auflösung des dritten aber sey ein offenbarer Sturm und Ungewitter erfolget. Was aber allhier Ziegler den Lappländern zuleget, schreibet Olaus Magnus, Ertz-Bischoff zu Upsal in Schweden / den Finnländern zu, wann er spricht: Unter andern Heydnischen Irrthümern pflegen die Finnen denen Kauff-Leuten, die in ihre See-Küsten durch widrigen Wind angetrieben werden, den Gegen-Wind um ein gewiß Trinck-Geld anzubieten / damit sie ihre Reise glücklich fortsetzen können, und dasselbe geschicht also: Sie verkauffen ihnen einen Riemen mit drey Zauber-Knotten / mit diesem Bericht, daß, wann sie den ersten auflösen würden, ihnen der Wind freundlich und gelinde spielen werde; wofern sie aber den andern aufmacheten, solle er gewaltig und starck brausen; im Fall sie aber den dritten auflöseten, würde er dergestalt wüten und toben, daß sie kaum ihre Augen aufthun könten, die Klippen zu verhüten, noch ihre Füsse auf dem Uberlauff des Schiffs fortzusetzen, um die Segel [554] einzunehmen, noch so viel Kräffte besitzen, ihre Steuer recht regieren zu können. Damit man aber aus diesem Unterscheid der Zeugniß (vornehmlich, weil auch die neueste Scribenten, Samuel Rheen & Joan. Tornæus, von den Lappen dergleichen nichts schreiben) nicht möchte auf die Gedancken gerathen, es wäre ein fabelhaffter Irrthum hierunter verborgen, so hebt Petrus Claudi diesen Zweiffel auf, und spricht, daß die Norwegischen Finn-Lappen allhier zu verstehen seyn, als welche durch ihre Zauberey, Winde machen könten, welchen sie wolten. Er thut auch noch mercksamlich hinzu, ein jeglicher habe fürnehmlich solche Winde in seiner Gewalt, welche zu der Zeit, da er gebohren worden, gewehet hätten.

Es berichtet Damianus à Goës gleichfalls, daß die Lappen mit ihrer Kunst, die Schiffe auf den Ströhmen oder Seen nach Belieben stillen oder verunruhigen könnten; Auch nach Belieben ein Schiff in vollem Lauff durch ihre Zauberey so starck anhalten, daß sie keine Gewalt des Windes von der Stelle bewegen könte. Er habe auch von den Lappländischen Einwohnern vernommen, dieses Unheil sey einig und allein damit zu vermitteln, daß man die Gänge und Ruder-Bäncke des Schiffs mit Excrement einer Jungfrauen bestreiche, als für welchen die [555] Geister von Natur einen Abscheu trügen. Schefferus hält für gewiß, Damianus meyne für die Excrementa das monathliche Geblüth / von welchem Plinius lib. 28. c. 7. meldet: Daß, wann die Thüren mit solchem Monaths-Geblüth gefärbet wären, die Künste der Zauberer dadurch vernichtet würden. Es erzehlt auch Marcus Paulus Venetus, daß in der Insul Scoira viel Zauberer unter den Christen solten gefunden werden, die einen starcken contrairen Wind verursachen könten, daß ein Schiff in vollem Seegel dadurch solte zurück getrieben werden. lib. 3. c. 38.

Heinr. Simon Reuter gedenckt ferner, p. 1190. weil Peter Goldschmidt, in seinem verworffenen Zauber- und Heren-Advocat. Cap. 22. die Zauberey behaupten will, so führet er noch andere alte und neue Begebenheiten an, damit jedermann sehen könnte, daß die Hexen, Krafft ihres mit dem Teuffel gemacheten Bundes, Wind, Ungewitter und dergleichen machen könnten. Als König Hadding / spricht er, in Dännemarck / wider die Lappländer Krieg führete, und diese ein groß Ungewitter wider ihn erwecketen, hat ein alter Mann / welchen der König bey sich im Schiff hatte, noch ein erschröcklicher Ungewitter wider die Lappländer gemachet, [556] wordurch der König endlich auch den Sieg hehalten. Lib. 1. in Vita R. Haddingi. Der Admiral des Königs Frotho in Dännemarck / Nahmens Otto, hat über seine Feinde durch Zauberey Wind und Wetter erregen können, wann er gewolt, und hat sich offt durchgeschlagen,ohne Schwerdt und Spiesse. Saxo. lib. 5. in Vita Reg. Froth. III p. 71. Da König Harald Blatand die Norweger bekriegete, hat der Norweger König Hugon ein schröcklich Hagel-Wetter über die Dänen gebracht, und sie dadurch geschlagen. Saxo in Vita R. Harald. VII. lib. 10. p. 183. König Erich in Schweden / oder Wind-Hut sonst gennant, ist so fertig in diesem Kunst-Stuck gewesen, daß, wohin er nur den Hut auf seinem Kopff gedrehet, er daher Wind und Wetter erwecket hat; Daher ihm auch der NahmeWind-Hut gekommen. Ericus Upsalensis. lib. 1. Histor. Sueco-Goth. n. 37. p. 20. Olaus Magnus lib. 3.c. 13. addendus Majolus tom. 2. colloq. 3.

Anno 1242. haben die Tartern mit den Christen bey Lignitz in Schlesien, ein blutiges Treffen gehalten, da dann 9. grosse Säcke voll, von der todten Christen Ohren sind gesammlet worden, und hätten die Tartern weichen müssen, wann [557] nicht unter denenselben einFähndrich gewesen, der durch seine Zauberey den Christen eine solche dicke Finsterniß für Augen gemachet, daß sie nicht gewust, wie ihnen geschehen, und dadurch die Niederlage haben leiden müssen. 9 D. Cramerus erzehlt in seiner Pommerischen Kirchen-Historie lib. 3. p. 165. daß, da Anno 1561. den 19. August Wenceslaus Kielmann, Pfarrer zu Cüstrin /selig gestorben, den folgenden Tag nach seiner Beerdigung bey dessen Begräbniß ein hefftiger Sturm entstanden sey; da aber hernach etliche Zauberinnen eingezogen worden, haben solche bekennet, daß sie solchen Sturm und Ungewitter zuwege bracht hätten, darum, daß er bey Lebzeiten so hefftig auf die Hexen gescholten, auf daß die Leut argwohnen solten, der Teuffel hätte die Seel weggehohlt, und wolle den Leib auch mit wegführen. Manlius meldet in collectaneis p. 36. und aus demselben Hondorffius in promptuar. Exemplor. bey dem andern Gebot pag. 267. daß zuBerlin Anno 1553. zwo Zauberinnen gefänglich eingezogen worden, welche sich unterstanden gehabt,Hagel und Ungewitter zu Verderbung der Land-Früchte zu erwecken: solches zauberische Teuffels-Werck aber zu vollführen, hatten sie aus der Nachbarschafft einem Weibe ein kleines Kind [558] gestohlen, damit sie es kochen könten. GOtt aber fügete es also, daß des Kindes Mutter darzu gekommen, und des verlohrnen Kindes Glieder gesehen im Topffe, und solches der Obrigkeit angedeutet. Auch haben diese Bestien, als sie darauf eingezogen und befraget worden, bekannt, daß / wenn sie die Kochung des Kindes ungehindert vollführet hätten / alle Früchte solten verdorben seyn. Worauf solche auch den Lohn für ihre böse That billig empfangen haben.

Frommannus aus dem Joh. Rudingero de Magia illicita Decad. I. concion. 1. führet an, wie zwey gelehrte, wahrhaffte und in geist- und weltlichen Ehren-Aemtern lebende Männer über Tisch erzehlet, daß, da sie beyde in Leipzig studirt gehabt, sie ihrem Famulo, welcher der Römisch-Catholischen Religion zugethan gewesen, und aus Franckenland gebürtig, ein geschriebenes Buch weggenommen gehabt, und befunden, daß in demselben allerhand Zauber-Künste anzutreffen, da denn unter dem Ausspatzieren sie gelesen, wie man Donner und Blitz erwecken könte: als sie beyde zu Tisch gegangen, und mit ihren übrigen Tischgenossen sich besprochen hatten, wurden sie alle schlüßig, daß ein jeder etwas contribuiren solte, zur Experimentirung des zu erweckenden Donner-Wetters: Also machete [559] einer einen Circul / der andere einen kleinen Graben / ein anderer trug Wasser in denselben, der vierte mischete die Materie herum /der fünffte mahlete die Characteres, der letzte trat in den Circul und recitirte die vorgeschriebene Worte. 10 Ob nun gleich der Himmel vorhero schön und gantz hell gewesen, so fing derselbe an mit Wolcken verhüllet zu werden, bis daß endlich gar ein hefftiges Donner-Krachen und erschröckliches Blitzen erfolgete, so sich immer mehr und mehr vermehrete, jemehr derActus von denen Studenten continuirt wurde. Da nun das Gewitter endlich gar schwer ward, höreten sie zusammen von ihrem bösen Beginnen auf, fielen auf ihre Knye, und baten den gnädigen GOtt, daß er ihnen ihre Missethat vergeben wolle, welches sie unbedachtsamer Weise gethan hätten, des Teuffels Gewalt zu probiren. Und damit sie ihre Reue destomehr anzeigen möchten, binden sie an das voneinander geöffnete Buch Steine, und werffen es in die Pleisse, da dann endlich das Ungewitter sich verlohren und der Himmel wieder helle worden. Vid. Frommann. de fascinat. lib. 3. part. 4. sect. 2. cap. 2. §. 4.

Bodinus in seiner Dæmonomia lib. c. 8. schreibt: Unter allen andern Handlungen, die ihnen die Zauberer und Hexen zumessen, [560] ist kaum ein mercklicheres Stück, als das Wettermachen / welches die Rechte für gewiß halten. 11 Und zu einem Exempel wird im Buch der fünff Ketzer-Meister gedacht, daß im Jahr 1488. im Bißthum Costantz dermassen ein überaus gewaltiges Wetter, von Donnern, Hageln und Blitzen sey angegangen, daß auf 4. Meilen herum alle Früchte des Landes seyen beschädiget und verwüstet worden. Alles Land-Volck beklagete deshalber die Zauberer; man fing zwey übel-berüchtete Weiber /eine Anna Mindelen und die andere Agnes genannt. Als es nun an die peinliche Frage gelanget, haben sie es zwar erstlich geläugnet, aber zuletzt, als jede besonders befraget worden, hat eine jede bekannt; daß sie beyde auf einen Tag mit ein wenig Wasser im Felde gewesen, und als eine von der andern nichts gewust, habe eine jede eine Grube gemachet, und das Wasser darein gerührt, und getrübet, bis auf den Mittag, und etliche Wort (so unnöthig zu wissen) darzu gemurmelt, und den Teuffel angeruffen: darauf; sobald sie zu Hause kommen, sey das gedachte Wetter einsmahls eingefallen, und habe gemeldten Schaden gethan. Und sind also diese zwo Wettermacherinnen darum lebendig verbrannt worden. Aber Herr Bodinus gibt seine Ration alsbald darauf; da er saget: Es möge zwar hierbey wohl [561] geschehen seyn, daß der Teuffel, nachdem er das Ungewitter natürlich von fern sich nähern sehen, die zwo Unholden darzu beweget habe, damit er sich bey ihnen ein Ansehen mache und sie in Furcht bringe, welches der Satan zu thun pfleget, wann er Künfftiges, Pestilentz oder Unfruchtbarkeit / oder Vieh-Sterben voran siehet, so überredet er die Zauberer und Zauberinnen, als geschähe es durch seine Macht, daß sie so eine allgemeine Land-Plage verschaffen oder vertreiben.

Es wird weiter im Buch der fünff Ketzer-Meister gedacht, daß noch über eine andere Zauberin in Costantz das Recht ergangen, welche bekannt, daß, als sie wahrgenommen, wie alle Dorff-Leute bey einer Hochzeit waren, und sich mit Tantzen erlustigten, sie aber allein ungeladen gewesen, sich aus Neid und Zorn bey hellem Tage auf ein kleines Berglein, nahe bey dem Dorff, habe vertragen lassen, und als es ihr an Wasser gemangelt, welches sie in eine Grube, die sie, wie sie bekannte, nach gewöhnlichem Gebrauch, zu Erregung eines Ungewitters gegraben gehabt, eingiessen wollen, habe sie darein geharnet, solches in der Grube herum geruhret, und etliche Worte darzu gesprochen, und bald darnach sey der Himmel, so sonst klar und hell gewesen, trübe und dunckel worden, und ein ungestümer Hagel darauf [562] erfolget, und nur allein das Dorff, samt allen denen, so bey dem Tantz waren, getroffen: hernach sey die Zauberin wie der in das Dorff gekehret, worauf die Dorff-Leute, da sie solche ersehen, darauf gefallen, daß solche dieseWettermacherin seyn müste. Als sie nun gefanglich angegriffen worden, haben die Hirten ausgesaget, wie sie diese Vettel in der Lufft damahls hätten fahren sehen; dessen sie auch, nachdem sie angeklaget worden, sey bekanntlich gewesen, darauf hernach, auf Urthel und Recht, mit Feuer verbrennet worden. Und ist bey dieser Geschicht sonderlich zu mercken, daß der Hagel die Früchte auf dem Land nicht berühret habe. Welches sich auf diß, so man in Fornicario lieset, schicket, da ein Zauberer bekennet, daß ihm wohl möglich sey, durch Mittel eines Opffers, das sie dem Teuffel thuen; und unnöthig zu beschreiben, ein Wetter zu erregen; aber darbey auch dieses ausgesaget: Sie könten durch die Ungewitter nicht ihres Gefallens Schaden thun, noch die Früchte verderben: wiewohl die Unholden, oder vielmehr der Satan, auf ihr Begehren und durch Zulassung GOttes, zu Zeiten die Früchte verderben, jedoch nicht alle, auch nicht alle Personen, welches dann nichts neues ist. Vid. Hildebrands Erklärung der Zauberey / p.m. 43.

[563] Es gibt aber über solche teufflische Gewalt und Wettermacherey oberwehnter S.H. Reuter im umschränckten Reich des Teuffels p. 1192. den rechten Ausschlag, da er schreibet: Wer solte aber hier so unverständig und närrisch seyn, der nicht leichtlich merckte, daß diß nur lauter Wahn und Teuffels-Betrug sey; der Teuffel, als ein scharffsinniger Naturkündiger, mercket bald, wann aus der Ordnung GOttes und Lauff des Himmels ein Wetter fürhanden; wann nun der Teuffel (wie oben schon gemeldet) siehet, daß GOtt der HErr mit Ungewitter ein Land straffen will, so beredet er die bösen Weiber, daß er ihnen, ihrem Vertrag und Unterweisung nach, erlauben wolle, groß Ungewitter zuwege zu bringen, da doch nichts destoweniger, ohne alle ihre Gauckeley-Possen, das Wetter hätte kommen müssen. 12 Zum Exempel, man lieset in den alten Griechischen Büchern, daß ihre Hexen und Unholden den Mond vom Himmel gezaubert, daß er verschwunden sey; nachmahls aber hätten sie mit Schellen und Glöcklein geläutet, und auf messingene Becken geschlagen, und ihn also wieder hervor bracht. Dieses ist aber also zugegangen:Der Teuffel / als ein geschickter Astronomus und Sternseher / zeigete ihnen an, wann eine Monds-Finsterniß fürhanden, alsdann gaben sie für, sie wolten den Mond [564] vom Himmel ziehen. Und weil sie wusten, daß er bald wieder seinen vorigen Schein bekommen würde, bildeten sie dem gemeinen Volck ein, sie wolten ihn durch ihre Kunst wieder hervorbringen, läuteten und schelleten mit grosser Macht, da doch ohne dasselbe der Mond seinen vorigen Schein wieder bekommen hätte. Solche Anzeigung thut auch der Teuffel den Hexen, er beredet und verblendet sie, als ob sie dieses oder jenes Wetter durch ihre Vermittelung gemachet hätten, da doch ohnedem, den natürlichen Zeichen und Ursachen nach, ein gefährliches und schädliches Ungewitter in die Lufft zusammen getrieben und herabgeführet wäre. Und hierdurch suchet er sie je länger je mehr in ihrer Boßheit zu stärcken, und in seiner Unterthänigkeit zu erhalten. Wann aber das Wetter sich wiederum verziehet, und nicht folget, und GOtt ihnen das Ziel verrücket, so geben sie für, sie seyen mit ihren Mitteln entweder zu früh, oder zu spät gekommen, oder damit nachläßig umgegangen, oder das Glocken-Läuten, wie es an etlichen Orten gebräuchlich, und das Wetter segnen, habe diß Ungewitter abgewendet.


Brentius in der 31. Homil. über das Evangelium Johannis spricht: Niemand, er sey Mann oder Weib, kan mit seiner Kunst oder Zauberey ein rechtes Ungewitter oder Sturm in der Lufft erwecken, [565] denn wenn das den Menschen nach ihrem Gefallen würde zugelassen, so würden wir fürwahr selten, ja nimmermehr, ohne Ungewitter, Sturm und Hagel seyn, so böse ist die menschliche Natur, und so gar geneiget Schaden zu thun. Aber der Teuffel, der da in der Lufft herrschet, wie Paulus saget, kan wohl sehen, wann grosse Ungewitter und Sturm kommen wollen, welche Schaden thun können. Und wann er das siehet, so beweget er der Leute Gemüther, welche er gefangen hält und bestrickt hat, daß sie anfangen zu zaubern und ihre Segen zu sprechen. Wann sie das gethan, und sich etwa ein Ungewitter erhebet, welches ohnedem kommen wäre, so meynen sie gäntzlich, daß es durch ihre Kunst, Krafft und Zauberey zuwege gebracht worden sey. Und was brauchet es viel weiter zu widerlegen, weil es von verständigen Leuten schon längst verworffen worden, und nicht alles für Wahrheit anzunehmen ist, was von ein- oder dem andern hiervon erzehlet wird.

Marginalien

1 GOtt allein schaffet das Wetter.
2 Teuffel kan ohne den Willen GOttes kein Donner-Wetter machen.
3 Hexen selbst müssen ihre Feldfrüchte vom Hagel beschädigen lassen.
4 Teuffelische Baals-Pfaffen konten kein Feuer vom Himmel bringen.

5 Wann Hexen Schaden thun könten / würden wir wenig Früchte bekommen.


6 Schwedischer König hat 4. Hexen in Krieg mit sich geführet / welche den Dänen Schaden thum sollen.


7 Hexen vermögen kein Wetter zu machen.

8 Lappländer und Finnen können Wind machen.
9 Tartern füllen 9. Säcke mit erschlagener Men-Christen-Ohren.
10 Drey Studenten machen aus einem Zauber-Buch ein Donner-Wetter.
11 Hexen werden wegen Wettermachen eingezogen.
12 Was von solchem Wettermachen zu halten ist.

37. Von unterschiedenem Licht bey Nacht

XXXVII.

Von unterschiedenem Licht bey Nacht.

Es giebt unterschiedene natürliche Dinge, die aus gerechten Ursachen zu entstehen pflegen, worüber die unwissende und aberglaubige [566] Leute viel seltsames urtheilen: von derer etlichen wir allhier in diesem Capitel mit wenigem gedencken wollen. Unter diese gehören auch die Irrwische und fliegende Drachen /davon wir bereits oben gehandelt haben, anjetzo kommen bey uns für, die Stellæ cadentes, fallende Stern, oder Stern-Schnupffen: wiewohl allhier nicht die Meynung ist, daß sich die Stern schneutzen / oder von ihrer Unreinigkeit säubern solten / noch weniger, wie vormahls Epicurus geglaubet, als wann sie dafür hielten, daß jemahls ein rechter Stern vom Himmel gefallen, welches der allmächtige Schöpfer wohl zu verhüten weiß. Dann wann einer auch der kleineste Stern vom Firmament fallen solte, würde derselbe den gantzen Erdboben bedecken. 1 InmassenM. Voygt in seinem neu-vermehrten Physicalischen Zeitvertreiber in der 73. Frage / also davon schreibet: Es ist ein naturliches Ding, so zwar nicht am Himmel, sondern in der Lufft entstehet; Anfangs sammlet sich in dem dunstigen Lufft-Revier eine ziemliche Menge von zähen, dürren und schweffelichten Materien: dieselbe wurckt in einander in dem kalten Lufft-Revier, bis daß der subtile Schweffel sich entzündet, so bekommet solche Materie einen Stoß, welcher unterwärts treibet. 2 Die Ursache ist, dieweil solche subitle [567] Materie die wärmesten Spiritus ober sich hat, welche am ersten angesteckt werden. Indem nun der Brand fürhanden, und die Materie in der Bewegung ist wegen des ersten feurigen Anstosses, entgehen die verzehrten schwefelichten Spiritus und wird solcher Mischmasch schwerer und schwerer, dannenhero es natürlicher Weise nach der Erden fället; und scheinet solches einem schiessenden Stern gleich, welche Figur es von dem Sterne empfangen, darunter es sich versammlet. Wann diese Materie auf den Erdboden gefallen, so siehet solche schwartzgrau, ist schmierig und schlüpffrig wie Frösch-Läich anzugreiffen.

Ferner finden sich auch die Johannis-Würmlein /welche sich um Johannis-Zeit des Abends in den Gärten sehen lassen und umher fliegen, welche die einfältige Leute auch fürchtend machen, weil sie des Nachts leuchten. 3 Wiewohl auch ander solche Gewürm gefunden werden, so keine Flügel haben, von derer Ursprung schreibet Maurer in observat. Curios. Physic. Part 1. p.m. 940. also: Ich will erzehlen, was ich in Pohlen davon vernommen, allwo mir auf einer Reise, einer, so derselben Land-Art kündig, und lange Zeit in Zamosc, in Reussen gewesen, ein Kraut weisete, gegen das Ende des Junii, mit Vermelden, dasselbe bekäme [568] käme um diese Zeit rothe Beeren, wie Johannis-Träubel an seiner Wurtzel, derer gebrauchen sich die Reussen, das Leder damit roth zu färben, welches er selbst gethan, und würden die Beeren also zugerichtet: Man müsse sie um Johannis-Zeit von dem Kraut abreissen, und in einem wohlvermacheten Hafen in einen Back-Ofen setzen, daß sie geschwind dürre würden; Denn wenn sie in der Wärme stehen blieben und fauleten, so wüchsen die gläntzende Würmlein daraus, die bey Nacht einen solchen Schein von sich geben: und sey es ihm einsmahls selbst widerfahren, daß er den Hafen nicht wohl vermacht gehabt, noch auch starck genug gedörret, sondern über anderer Arbeit vergessen, und im Back-Ofen stehen lassen; als er nun, und zwar des Morgens für Tage, darzu kommen, wäre der Ofen voll gläntzender Würmlein gewesen, im Hafen aber hätte er nichts gefunden als leere Hülsen, und fliegen diese Würmlein auch an dem Kraut selbst aus den Beerlein heraus, wann solches über die Zeit stehet, wie wir denn unterschiedene Pflantzen ausgezogen, und daran solche rothe leere Hülsen gefunden, von denen er sagete, daß die Würmlein schon heraus gekrochen wären. 4 Und war dieses Kraut das eigentliche Gramen cocciferum. Es vermeldete mir auch gedachter Freund, daß von diesem Würmlein auf Pohlnisch der Monat Junius [569] den Nahmen habe, und Ezervviec Miesiac genannt würde; dann Ezervv heisse ein Würmlein, und Ezervvony roth. Diese geflügelte Johannis-Würmlein haben einen Bauch voll Ringlein, an dessen äussersten Ende zwey Tröpflein zu finden, so durchsichtig sind wie Feuer: doch mit einer etwas grünlicht oder blaulichten Farbe vermischet, wie etwa die Schwefel-Flammen zu seyn pflegen, und siehet man alsdann solchen Glantz am meisten, wann sie den Bauch zusammen drücken, und sich diese durchsichtige Feuchtigkeit gegen das Ende des Bauchs hinbegiebet. So aber das Würmlein auf dem Rücken lieget, und die Brust oder den Bauch vielmehr in die Höhe kehret, so leuchtet er wie ein Feuer, welches Plinius nicht recht scheinet betrachtet zu haben, mit allen denjenigen, so ihm folgen, wann er spricht: das Johannis-Würmlein fange an zu leuchten, sobald es die Flügel voneinander thuet, und wenn es dieselben wieder zusammen leget, werde es wieder dunckel. Dann als ich mich in Malta aufhielt, und daselbst eine grosse Menge solcher gläntzenden Würmlein antraff, sammlete ich derselben eine grosse Anzahl zusammen, damit ich ihre Natur recht betrachten und genau nachforschen könte, wo doch eigentlich dieses helle Licht herkäme; und da befand ich, daß dieses Thierlein [570] die gedachte leuchtende Materie durch eine freywillige Bewegung bald zurück ziehen, bald heraus lassen könne, nachdem es vermeinet einen Freund oder Feind vor sich zu haben; dann wann man es zopffte oder plagete, zog es das Licht in sich zurück, und über eine kleine Weile ließ es dasselbe wieder hervor, und zwar am allermeisten, wann man viel solche Würmlein zusammen suchete, also daß es schien mit dem Glantz seines Lichtes zu prahlen, als wolte es gleichsam gern haben, daß man es anschauen solte. Es ist aber nicht zu urtheilen, daß die Natur so ein wunderliches Licht umsonst hervor gebracht, denn erstlich gibt es dem Bauer-Volck zu erkennen, daß nunmehr die Gerste reiff sey, (in den warmen Ländern) und man die letzte Saat mit Hirse und Heydekorn thun könne, wie solches Plinius gar zierlich mit anführet, auch Baptista Mantuanus, ihrer auf solche Weise gedencket. Weil aber dieses Würmlein von vielerley Thieren zur Speise gesuchet wird, so scheinets, als habe die Natur keinen andern Schutz darwider verliehen; denn mit dieser feurigen Fackel /die etliche nicht leiden können, schröcket es gleichsam seine Feinde ab, als wie mit einem Schilde, indeme sie vermeynen, es sey ein Feuer, und derowegen aufhören, ihme nachzustellen.

Man siehet auch an den Fischen / weil sich solche in einem sehr kalten Element aufhalten, [571] wie ihnen die Natur so harte und schleimigte Schuppen gegeben, voller irdischen Theile, daß sie eine feurige Krafft an sich haben, dero natürliche Wärme zu stärcken und zu erhalten. 5 Es lehret auch die Erfahrung, daß die meisten Fische, sonderlich aber der Hecht / die Kresse /der fischende Frosch / und denn auch die Auster-Arten / und was Schalen hat, samt andern See-Geschlechten, die Krafft haben, im Finstern zu leuchten; wie dann die Austern, wann sie an einem finstern Ort liegen und verfaulet sind, bisweilen ein solches Licht von sich geben, daß mancher, der die Ursache nicht weiß, solches für ein Wunder halten solte: Es gibt auch Meer-Datteln, eine Art von Austern, die, wann man sie nur mit den Händen reibet, gleichsam gantze Funcken von sich spritzen, wie ich in Malta / Sicilien / Calabrien und an der Genuesischen See-Küste /nicht ohne Verwunderung bey den Fischern gesehen.

Es schreibt auch Hiera, daß in Neu-Hispanien auf den Gebürgen Quantimata, eine Art von Raupen gefunden werden, welche wegen eines erschröcklichen Giffts niemand anrühren darff, dieselbe aber leuchten an ihrem Bauch mit einem natürlichen Licht, wie eine Lampe / [572] und warnen gleichsam die Reisenden, daß sie sich auf alle Möglichkeit vorsehen, diesen schädlichen Glantz nicht anzurühren. 6

Wir wollen hier noch etwas mehrers von solchen leuchtenden Thieren handlen; In America um Mexico, sollen eine Art Schlangen gefunden werden, so Arms dick, und bey vier Ellen lang seyn, die geben bey der Nacht einen feurigen leuchtenden Schein von sich; so hat es auch auf den Antilen-Insuln in America eine Art gläntzender Fliegen / welche die Indianer Coucoujou nennen, die sind in Grösse eines Käfers, braun von Farb, mit zween dicken Flügeln, allda steckt eine gläntzende Klarheit, so im Dunckeln leuchtet, beynahe wie ein brennendes Licht; nicht weniger funckeln auch ihre Augen, wie zwey Lichtlein. 7 Sie leben vom Thau der Blumen; wann sie gefangen werden, verbergen sie solchen Glantz, ausser, was aus den Augen leuchtet. Die Indianer / wann sie bey Nacht-Zeit reisen, binden solche in ihre Hände und Füsse, daß sie ihnen an statt einer Laternen dienen. Etliche beschmieren mit der aus ihnen gepresseten Feuchtigkeit an ihren Fest-Tägen, die sie bey Nacht-Zeit und im Dunckeln halten, die Brust und das Angesicht damit, davon schimmern sie, als wann sie in einer Glut stünden: man fähet sie vermittelst eines angezündeten Holtzes, das in der Lufft umher [573] geschwandet wird, gegen demselben stiegen sie an, und werden alsdann niedergeschlagen, aber aller Glantz und Licht verlöschet, wann sie von sich selbst sterben. Vid. Dappers Africa.


Es gibt auch Arten von Muscheln / welche Pholades und Solenes, von etlichen Dactyli, von andernCapulenzæ, und von noch andern Canales oder Rin nen-Muscheln genannt werden, welche von einem gesaltzenen Wasser ihr Leben haben. 8 Diese hat die Natur mit einer so leuchtenden Feuchtigkeit begabet, daß sie, wie ich offt in der Erfahrung befunden, im Finstern nicht anders erscheinen, als ein Feuer. Derer gedencket auch Plinius mit diesen Worten: Den Muscheln, Solenes genannt, hat die Natur dieses verliehen, daß sie im Finstern, wann sonst kein Licht fürhanden, einen andern Schein von sich geben, sogar, daß diese ihre Feuchtigkeit, wann sie erreget wird, auch ein Licht von sich gibt, in dem Munde derer, die sie essen, oder die sie in Händen haben, ja, daß auch die davon fallende Tropffen auf der Erde und an den Kleidern Licht von sich geben. Und in Wahrheit, einer, der es nicht gesehen, wird sich kaum bewegen lassen solches zu glauben. Ich aber habe in der That befunden, daß es dem also sey; denn wenn man die Feuchtigkeit davon mit einem Spreng-Wedel in die finstre Lufft hinsprenget, so siehet es [574] nicht anders, als wann ein feuriger Regen herab fiele, also, daß einem die Hände, die Kleider, und wo dieser leuchtende Schein kleben bleibet, nicht anders gläntzen und schimmern, als wäre alles voller Funcken und Flammen. Ja, man kan es niemand besser einbilden, als wann jemand gesehen, wie von brennendem Speck die feurigen Tropffen herab fallen. Rondiletius saget: Die Ursache dieses Glantzes stecke in dem schleimigen Safft dieser Muscheln: wir halten aber dafür, die Ursach dieses Lichts sey zu suchen in der durchsichtigen, zähen, schleimigen Feuchtigkeit, so von ihrer eigenen Natur gläntzend ist, und von der Natur diesen Thieren zum gewissen Zweck gegeben worden.

Noch kommet für ein Meer-Wunder, welches, ob es schon unter allen Blutlosen Thieren das allergeringst und schlechteste ist, dennoch wegen seines angebohrnen Lichts nicht wenig Vortrefflichkeit an sich hat: dieses heissen etliche die Meer-Lunge / andere die Meer-Nessel / weil es denen, so in der See schwimmen, die Schaam-Glieder und Hände wunderbarlich brennet und erhitzet: dieses Thieres oder Thier-Gewächses Feuchtigkeit hab ich befunden, der Feuchtigkeit der Dattel-Muscheln, so gleich zu seyn, daß schier mit einem kan alles ausgerichtet werden, was mit dem andern. 9 Doch ist dieses sonderlich zu verwundern, daß, wann [575] die Feuchtigkeit von dieser Meer-Lunge auf schwartze Stecken oder andere Sachen gestrichen wird, dieselbe im Finstern nicht anders als wie ein Feuer schimmert und funckelt, welches ich das erstemahl zu Martgoe, bey Marsille, in Franckreich / wahrgenommen, und hernach auch bey demBelloneo also befunden, welcher auch spricht, daß Ruthen und Stecken, so damit beschmieret werden, des Nachts nicht anders leuchteten, als brennende Fackeln, daraus hab ich geschlossen, daß fast in allen Fischen eine gewisse Spuhr zu finden sey, von solcher Feuchtigkeit, die ihre eigen angebohren Licht hat, sonderlich in den weichen Schalen- und Krusten habenden Fisch-Arten.

Man hat auch unlängst in der Gegend um Bononia eine Berg-Art gefunden, wie ein Stein, der, wann er auf eine gewisse Art zugerichtet, und an die Sonne geleget wird, derselben Strahlen dergestalt in sich sauget, und so vest in sich einverleibet, daß, wann er hernach an einem finstern Ort, aus der Schachtel heraus genommen wird, er das angenommene und behaltene Licht nicht anders, als eine glüende Kohle, mit Verwunderung derer, die es sehen, wieder von sich strahlet. 10 Von diesem Stein entstehen vielerley Meynungen; etliche, weil sie gesehen, daß sich das Licht in eine Schachtel einsperren lässet, und an ein finster Ort tragen, [576] auch daselbst zu erhalten ist, ohne Gegenwart des leuchtenden Cörpers, halten dafür, das Licht sey ein Cörper, welches den gemeinen Meynungen der Schulen- und Natur-Kündiger gantz zuwider ist; und der Stein ziehet das Licht auf eben solche Weise an sich, wie das Stein-Oel Naphtha genannt, das Feur, und der Magnet das Eisen etc.

Ist demnach gewiß, daß alle Dinge, welche des Nachts feurig erscheinen, bey dem gemeinen und unerfahrnen Volck für gläntzende und feurige Gespenst, und lauter Teuffels-Werck gehalten werden. Scaliger exerc. 174. meldet von einem Calabrischen Pferde /daß es Funcken von sich geben / wann es im Finstern gestriegelt worden. Auch siehet man es fast an allen Katzen, wann man solche auf dem Rucken im Finstern, am warmen Ofen, die Haar aufwärts streichet, wie solche Funcken von sich spritzen. Thomas Bartholinus hat mit seinem Bruder Caspar 1641. zuMompellier hellgläntzendes Rind- und Lammfleisch gesehen, auf solche Gelegenheit: Im April desselbigen Jahrs kauffte eine Frau etliche Pfund Fleisch, und weil sie es nicht alsobald kochen können, so hat sie es in ihrem Hause aufgehangen; wie sie nun schlaffen gangen und ohngefehr des Nachts aufgewachet, da siehet sie das [577] aufgehenckte Fleisch hell gläntzen / des Morgens frühe breitete die Frau solches unter die Nachbarn aus, da lieffen die Leut häuffig hinzu, das Fleisch zu sehen und dergleichen zu kauffen, es wurde auch ein Stück davon dem PrintzConde gebracht, welcher es etliche Stunden mit Verwunderung angeschauet. Das Licht an ihm selbst war nicht feurig, sondern weißlicht, wie der Sternen ihres, und war bald hier, bald da was, also daß es nicht überall continuirlich an einander hing, und daurete so lang, bis das Fleisch verfaulete. Olaus Magnus hat einmahls durch seine Magd einen Scorp-Fisch kauffen lassen, wie sie ihn nun abgezogen, hat sie die Haut mit dem Kopff weggeworffen. Nach etlichen Tagen ist zu Abend-Zeiten ohngefehr daselbst sein Diener vorbey gangen, und hat ein helles Licht gesehen, worüber er nicht wenig erschrocken, gehet hin und ruffet noch andere aus dem Hause darzu. Aus welchem einer ein Hertz fasset, und das Licht angegriffen, da findet er den Kopff mit der Haut des Fisches, und hebt solches bis auf den andern Tag auf, des Morgens frühe bringet er es dem Olao Wormio, der leget es in seine Studir-Stube, und findet im finstern eben dergleichen.

Zum Beschluß dieses Capitels wollen wir noch anführen, was obgedachter Autor [578] gedencket, daß sich einige unternommen, von den Feuchtigkeiten oder dem Wasser aus dem Johannis-Würmlein ein Licht zu bringen: da er also schreibt: Ich kan aber nicht unterlassen, auch etwas zu reden von dem Wunder-Dinge, so etliche zuweg bringen wollen, mit dem Wasser von dem Johannis-Würmlein; dann etliche vermischen das Wasser mit andern Feuchtigkeiten, und wollen Briefe damit schreiben, die niemand lesen kan, als bey der Nacht und im finstern: Sie wollen auch Bilder an die Wände damit mahlen, die sich mit aufgehender Sonne verliehren, bey derer Niedergang aber wieder erscheinen sollen. 11 Etliche richten dieses Nachtleuchtende Wesen also zu: Sie nehmen faul Weyden-Holtz, und Johannis-Würmlein, mischen solche mit Eyerweiß unter einander, und wollen diese Mischung gebrauchen: etliche wollen aus allen faulenden Dingen, die sonst sehr weißlicht, und durchsichtig sind, ein Wasser zurichten, das in der Nacht leuchten soll. Der Porta sondert die leuchtende Materie aus dem Johannis-Würmlein heraus, reibet solche auf einem Pophir, und stellet dieselbe 14. Tage in einem Glaß in Roß-Mist. Hernach thut er etwas Queck-Silber darzu, und destillirt aus einem Kolben die Essenz davon, dieselbe, meynet er, soll man in eine gläserne Viole thun, so werden sie das [579] ganze Hauß erleuchten. Aber das sind Possen über alle Possen, denn ich kan nicht sehen, wie diese Feuchtigkeit, wann sie so offt verändert, coagulirt, figirt, circulirt, putrificirt, destillirt, und mit dem durchfressenden Queck-Silber vermischet wird, in ihrer vorigen Reinigkeit bleiben könne: diß sind nur Aufschneidereyen von Landfahrern und Quack-Salbern; ich habe, die Wahrheit dessen zu erfahren, gewißlich mit recht grossem Fleiß solches alles probirt, aber nicht einen Tropffen Feuchtigkeit oder Wassers, nicht einmahl aus fünfftzig Stücken heraus bekommen können: ja, ich habe befunden, daß dieser geringe Schleim, so bald er von den Würmlein weggenommen ist, mit sammt den Würmlein verdorre, und nicht die geringste Spur von Licht mehr übrig behalte. Auch habe ich beobachtet, daß diese Feuchtigkeit nirgends anderswo ihr Licht von sich geben, als an dem Ort, wo sie die Natur um gewisser Ursachen willen hingeordnet; also, daß sie ausser solchem ihrer Natur gemässen Ort, gantz verderbe. Wann nun diese einfältige Feuchtigkeit, nach dem sie abgesondert ist, kaum einige Würckung des Leuchtens mehr thun will, vielweniger wird sie denn thun, wann sie mit so viel Mischungen verderbet, und von ihrer ursprünglichen Natur durch so viel Verwandelung abgeführet worden. Und ist demnach alles falsch, was derWeckerus aufschneidet, wie man mit Hülff diesers[580] Nacht-leuchtenden Wassers bey Nacht-Zeit Fische fahen könne. Falsch, sage ich, ist es auch, was der Porta wider den Grund-Satz der Natur ertichtet,daß man die Häuser damit erleuchten könne. Denn weil dieses Licht, wie uns die Erfahrung gelehret, von der freywilligen Bewegung des Thiers herrühret, so muß ja folgen, wann das Thier hin ist, daß auch die Feuchtigkeit hin sey. Ein anders ist es mit den Fisch-Schuppen, und mit den faulen Stücken von Krebsen und Austern / denn aus solchen kan man schon Materie bekommen, etwas wunderbares damit auszurichten.

Marginalien

1 Stern-Schnupffen / Stellæ cadentes.
2 Was solches sey.
3 Cincindelæ, Johannes-Würmlein.
4 Was solches seyen.
5 Leuchtende Fische.
6 Raupen.
7 Leuchtende Thierlein in America.
8 Gläntzende Wasser-Thierlein.
9 Scheinende Meer-Lunge oder Meer-Nessel.
10 Licht-scheinende Steine.
11 Wie sich einige unterstanden / bey Nacht scheinendes Licht zu machen.

38. Von unterschiedenen Wunder-Thieren

XXXVIII.

Von unterschiedenen Wunder-Thieren.

Unter so vielen Geschöpffen, welche GOtt der Herr gebildet, gibt uns Anlaß insonderheit zu betrachten ein Thier, welches in der Heil. Schrifft / Hiob am 40 /10. und folgenden also beschrieben wird: Siehe, derBehemoth, den ich neben dir gemachet habe, frisset Heu wie ein Ochse. 1 Seine Krafft ist in seinen Lenden, und sein Vermögen in dem Nabel seines Bauchs. Sein Schwantz strecket sich wie eine Cedern, die[581] Adern seiner Schaam starren wie ein Ast Seine Knochen sind wie fest Ertz, seine Gebeine sind wie eiserne Stäbe. Er ist der Anfang der Wege GOttes; der ihn gemachet hat, der greifft ihn an mit seinem Schwerd. Die Berge tragen ihre Kräuter, und alle wilde Thier spielen daselbst. Er liegt gern im Schatten, im Rohr und Schlamm verborgen. Das Gebüsch bedeckt ihn mit seinem Schatten, und die Bach-Weiden bedecken ihn. Siehe, er schluckt in sich den Strohm, und achtets nicht groß, läßt sich düncken, er wolle den Jordan mit seinem Mund ausschöpffen; noch sähet man ihn mit seinen eigenen Augen, und durch Fallstricke durchbohret man ihm seine Nasen.

Die Egypter nennen dieses Thier Bihat, auf Amharisch aber Gomari, und nicht Gomar, wie Ludolph in seiner Historia Æthiopica wider den Bochartum anmercket und zugleich aus demselben andeutet, daß dieses Wasser-Pferd nichts anders, als des Hiobs Behemoth sey, auch vieler Egyptischer Thiere Nahmen auf oth sich endigen, wie itzt-erwehnter Bochartus in seinem Hierozoico L. V. C. 15. sattsam dargethan. 2 Man findet dergleichen in Æthiopien und Ægypten viel, insonderheit aber in dem sogenanntenTzanischen See und an dessen Ufer, woselbst das Land und Getrayde sehr von solchen Thieren verwüstet wird, die gleichwohl den Einwohnern dieses Landes [582] des darinnen sehr schädlich seynd, daß sie manchmahl die kleinen Kähne mit den Schiffenden auf gedachtem See gern übern Hauffen werffen, wann dieselbe über ihren Rücken fahren. Wir wollen allhier ein wenig sehen, ob solches mit der Beschreibung Hiobs übereinstimme, welche aus dem Thevenoth P. 2. c. 72. folgendes Inhalts genommen: Das Thier war Castanien-färbig, so hoch als ein Cameel, und zweymahl so groß, als ein Ochs; es hatte einen Kopff als ein Pferd, aber etwas dicker, kleine Augen und Ohren, aber weite Naßlöcher, ziemlich dicke und gleichsam runde Füsse, die mit 4. Klauen, als eines Crocodilis, versehen, einen kleinen Elephanten-Schwantz, und wenig oder gar keine Haar auf der Haut, gleichfalls als ein Elephant, an dem hintersten Kienbacken hat er vier dicke Zähn, eines halben Schuchs lang, davon 2. krumm und so dick als ein Ochsen-Horn waren, viele sageten, es seye ein Meer-Ochse, er aber hätte es für ein See-Pferd gehalten, und die Janitscharen hätten es kümmerlich mit einem Musqueten-Schuß fällen können, weil die Kugeln durch die dicke Haut nicht dringen wollen, ausser eine, die durch den Kinnbacken gegangen, und endlich das Thier getödtet. 3

Daß dieses scheußliche Thier die Aecker verwüste und Graß fresse, beschreibet der gelehrte Spanier /Balth. Tellez. (aus [583] welchem oberwehnter Ludolf sehr viel, wo nicht das meiste, genommen) gleichfalls, und kommt darin mit dem erfahrnen Jesuiten / Nic. Godigno, wie auch mit den ältern Scribenten, als demAmmiano Marcellino, Æliano, Plinio, Solino etc. und mit der Heil. Schrifft / überein. Des ersten Worte sind diese: Die See-Pferde gehen aufs Land, woselbst es eben, um zu weiden, und verwüsten das Getrayde sehr. Des andern Worte lauten folgender massen: DieSee-Pferde gehen des Nachts aus dem Wasser aufs Land, denn sie essen Graß, und wann die Ackers-Leute alsdann nicht gute Wacht halten, so verheeren sie in einer Nacht sehr viel Getrayde. Aus diesem ersehen wir guten Theils, daß dieser Behemoth desHiobs weit füglicher ein See-Pferd / als Elephant sey, welches letztere Thier der treffliche Philosophus Pfeiffer in seinen Dubiis vexatis mit grosser Mühe wider den Bochartum von dem Behemoth zu erklären sich bemühet, aber der gelehrten Welt noch keine Satisfaction wider des Bocharti Gründe gegeben, indem des letztern Beschreibung auf alle Verse eintrifft; es ist zwar nicht zu läugnen, daß ein Elephant an und um den Nabel mehr Nerven, als ein See-Pferd haben solte; dahero Pfeiffer præsumirt, daß er daselbst sehr starck sey; allein [584] man weiß gegentheils, daß ein Elephant an solchem Ort am aller schwächesten ist. Durch die Berge verstehet Bochartus ein hohes Ufer des Nili, und machet einige niedrige Hügel in Egypten nahmhafft. Auch ist es in. Æthiopien eine ausgemachete Sache, daß das See-Pferd auf die Hügel klettere. Es lieget gern im Schatten, im Rohr und im Schlamm verborgen, saget die Schrifft / welches vom See-Pferd gewiß, und auf einen Elephanten unmüglich kan applicirt werden, wiewohl Bochartus durchaus der Meynung nicht ist, daß ein Elephant stehend schlaffe, sondern er hat solches Weiber-Mährlein sattsam verworffen. Daß ihn die Bach-Weiden bedecken solten, solches zwar kan auch füglich von einem Elephanten verstanden werden, zumahl Plinius meldet, daß sie sich gern an dem Ufer aufhalten, aber gleichwohl auch gedencket, daß ihnen das Schwimmen wegen Ungeschicklichkeit ihrer Leiber sehr unbequem falle; dahero vermeinet Bochartus, auch hierdurch werde er in seiner Meynung vom See-Pferd bestärcket. Erweget man ferner die folgende Worte, so leget sie zwar der gelehrte Mann sehr wohl aus, daß derBehemoth sich nicht erschröcken oder verzweifflen würde, wann ihm das Wasser über den Kopff gehen solte: allein dieses saget man viel bequemer von einer Creatur, die im Wasser zu leben gewohnt, wie das See-Pferd, als vom Elephanten, [585] welcher von Natur das Wasser scheuet. Solches wird man um so viel eher zugeben, wann man erweget, was Livius saget, wie schwer Hannibal die Elephanten übers Wasser bringen können, weil sie sich vor demselben so sehr entsetzt. Lipsius in seinen Briefen Cent. I. Ep. 59. und Cent. II. Ep. 50. bekennet, daß sie ungern zu Wasser gehen, weil sie des Schwimmens ungewohnt, sogar solches ihrer Natur zuwider sey, und daß sie sich für tieffem Wasser scheuen, welches denn der Beschreibung der Heil. Schrifft von diesem Thier gantz zuwider läufft. Der blinde Meister Aristoteles (wie ihn D. Luther, aber nicht wegen seiner Historiæ animalium, nennet) sagt, der Elephant sey ein Thier, so sich am Wasser und nicht im Wasser aufhält. Gewiß ist es, daß die Schrifft uns die Beschreibung eines Thiers geben wollen, das vor andern etwas besonders habe: denn es ist ja allerdings eine merckwürdige Sache, daß ein Thier, so sich etliche Tage nacheinander im Wasser aufhält, manchmahl zu Nachts sich aufs Land begebe, und gleich den Pferden, Ochsen Kühen etc. Graß fresse, und die Aecker verheere, welches uns denn eine zweysache Natur dieses Thiers zu erkennen gibt. Nach des berühmten Mannes Meynung, daß dasjenige gar keiner besondern Anmerckungen von einem Thier, so im Wasser lebt, bedürffte, was bey dem [586] Hiob davon geredet wird, so ist in dessen Beschreibung gar nichts remarquables und Frembdes enthalten. Dann es ist ja gar bekannt, daß die Elephanten Graß fressen, daß sie sich an den Ufern aufhalten, und dergleichen. Wann er aber weiter saget, es sey an einem Elephanten nichts ungewöhnliches, daß er schwimmet, so ist solches eben so wenig zu bewundern, in Betrachtung, daß Scaliger allen vierfüssigen Thieren diese Krafft zuschreibet; alleinAristoteles läugnet durchaus, daß ein Elephant schwimmen könne: Weswegen er auch von Scaliger verlachet wird, der ihn durch das Exempel eines Wallfisches widerleget, so jedoch, unserer Meynung nach, eben nicht so gar wohl applicirt worden. Dann ob ein Wallfisch gleich ein groß Corpus hat, so ist er doch von einer bequemen Beschaffenheit zum Schwimmen, und hat gar nichts ungeschicktes an seiner Constitution, so ihm daran hinderlich seyn könte, welches mit den Elephanten und See-Pferden in gar keinen Vergleich zu ziehen. Uberdem so bezeugetAristoteles vom Elephanten / daß er nicht weiter, als bis an den Kopff ins Wasser gehe, damit er Lufft schöpffen könne; andere geben vor, daß sie die Jungen voran senden, um zu sehen, wie tieff der Strohm sey, damit sie ohne Gefahr folgen möchten, welches alles sie nicht bedürfften, wann ihrer Natur eine so grosse Fähigkeit zum Schwimmen eingepräget [587] wäre. Wir setzen, um dem Leser wegen einer Weitläufftigkeit nicht verdrießlich zu fallen, die noch übrigen Remarquen beyseit, ausser diesen, daß der geringste Knabe in Egypten diese See-Pferd von dem Ufer oder Acker zu verjagen vermögend ist, wann er ihnen nur Feuer oder Licht vorhalte, welches ihrer Natur sehr zuwider seyn soll. In Leyden zeiget man ein Sceleton von diesem Monstro. Vid. Happelii Relat. Curios. P. I. p. 153.

2. Vom Salamander.

Obwohl von dem Aristotele und Æliano geschrieben wird, es können die Salamandræ nicht allein in dem Feuer leben, sondern dasselbe auch gantz und gar auslöschen, welches auch Plinius cap. 67. lib. 10. bestättiget, daß nemlich der Salamandren Kälte so groß, daß sie das Feuer anders nicht, als wie durch ein Eiß, damit können löschen. So will es doch in Zweiffel gezogen werden, und glaubet man, daß solche gelehrte Leute hierinnen sehr gefehlet haben. Sintemahl man ja vom Feuer weiß, daß solches alles verzehret: Gleichwohl gibt es itziger Zeit noch so leicht-gläubi ge Leut, welche, wiewohl übel berichtet, sagen mögen, daß der Salamander im Feuer lebete, und darin seine Wohnung habe: wir wollen dessen allhier mit wenigem gedencken, wie dieses [588] Fürgeben falsch, denn obwohl dieses Thier über die massen kalt, so kan es doch im Feuer nicht lange leben. Matthiolus ad Dioscoridem lib. 26. schreibt: In dem Tridentinischen gibt es im Frühling und Herbst-Zeiten, viel solches Ungezieffers, solches hab er probirt, und der Salamandren eine grosse Anzahl ins Feuer geworffen, habe aber befunden, daß sie allsamt von dem Feuer verzehrt worden. Dieses ist sonst ein bekannt Indianisches gifftiges Ungezieffer / das man daselbstGecco nennet, weil es an den Orten, wo es anzutreffen, immer Gecco rufft, von welchem Thierlein sich die Naturkündiger eifrigst bemühet, seine Eigenschafft fundamentaliter zu erforschen. In dem Frantzösischen Journal des scavans unter dem 26. April des 1667. Jahrs findet man, daß der berühmteAnatomicus Nicolaus Stenonis von Rom an Herrn D. Croan geschrieben, was massen ihm ein vornehmer Herr und Ritter, Nahmens Corvinus, vor gewiß erzehlet, er habe einen Salamander, den er mit aus Indien bringen lassen, ins Feuer geworffen, worauf sich derselbe alsobald aufgeblasen, und einen Hauffen Materie wie Feuer ausgekotzt, womit er die glüende Kohlen neben sich ausgelöschet, und sich darauf gesetzt, so bald die Kohlen wieder glüend worden, warff er auch wiederum neue Materie aus, [589] auf welche Art er sich über 2. Stund vor der Gluth des Feuers beschützete. Nach solcher probe wohlte ihn der Ritter der Gefahr nicht weite überlassen, sondern nahm ihn wieder heraus, und behielt ihn noch neun Monath lang darnach im Leben. Die gantze Zeit, welche er ihn gehabt, hatte er keine andere Nahrung, als die er von den Lecken einer gewissen Indianischen Erde, die man darzu mitgebracht, und auf welcher er immer saß, genosse. Diese Erde war Anfangs mit einem zehen Schleim und dicken Materie bedeckt, und als sie hernach dürr worden, habe sie das Thier durch die hinten von sich gelassene Feuchtigkeit wieder erweichet; Nach Verlauff dieser eilff Monathen aber hätten sie den Salamander auf die Erde selbigen Landes in Italien gesetzt, um zu sehen, wie er sich auf selbiger verhalten würde: da sey er den dritten Tag hernach, nachdem ihm andere Erde gegeben worden, verstorben.

Der Gestalt nach, ist der Salamander, wie Plinius lib. 10. c. 67. bezeuget, ein vergifftetes Thier, wie eine Eidex, gantz kalter Natur, so daß durch dessen Anrührung das Feuer nicht anders als von Eisse ausgelöschet wird. 4 Ob wohl Aristoteles will, daß dieSalamander Leute wären, welche im Feuer wandelten: So hat man doch keinen eintzigen Scribenten gelesen, daß die Salamander Feuer-Leute seyn solten, die in dem Berge Æthna und andern [590] feurigen Orthen ihre Wohnung hätten. Und ist auch nicht gläublich, daß ein einziges Thier sey, so im Feuer leben könte. Ob wohl Plinius l. 11. c. 36. solches von etlichen Thieren bewähret, die er Pyrales oder Pyraustas nennet, selbst die Salamander, ob sie wohl wegen kalter Natur eine Zeitlang im Feuer leben können, werden doch endlich durch die Hitze verbrannt.

Es ist auch eine bekannte Materie, so Salamanders-Wolle genennet wird; solche aber kommet von keinem Thier, sondern ist eine gewisse Berg-Art, so nur verblümter Weise also genennet ist, wegen der Meinung von der Unverbrennlichkeit: denn es gibt unter denen Mineralien gewisse unverbrennliche Dinge, darunter sonderlich merckwürdig ist, was die alten Asbeston nannten. 5 Das ist der unverbrennliche Stein, von welchem Pancirollus handelt, in dem Capitel vom lebendigen Flachs / woraus durch Kunst gewürcket worden, Tisch oder Teller, Tücher, Hembder und Röcke, so durch das Feuer nicht verzehret wurden: dahero man in den alten Zeiten die Cörper der Könige darinnen verbrannt, damit ihre Asche mit anderer nicht vermischet werde.

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3. Vom Einhorn.

Reuter in seinem umschränckten Reich des Teuffels Part. I. Cap. 11. p.m. 145. schreibt: Es erzehlen so wohl alte als neue Scribenten von dem Einhorn /daß es mitten an der Stirn nur ein eintziges Horn habe, es ist aber nur eine blosse Fabel, und ein solches Thier ist in der Welt nicht zu finden. 6 In der H. Schrifft werden diesem Thier 2. Hörner zugeschrieben, siehe Deut. 33. ℣. 17. Ps. 22. ℣. 22. Eben so wenig ist es zu glauben, was man von der Hyæna hinterlassen, daß es nehmlich die Menschen soll hefftig erschröcken, wann es ihnen gegen die rechte Hand komme; stehet es aber zur lincken Hand, so solle das Thier hefftig erschröcket und erstarret werden. Vossius schreibt de orig. & Progress. lib. 3. c. 60. also: Man saget / das Einhorn liebe das weibliche Geschlecht gar sehr / und wann es eine blosse Jungfer sehe / würde es so eingenommen / daß es seinen Kopff in ihren Schooß lege / und also seine Wildheit ablegete / auch in derselben Schooß einschlaffe / und auf solche Art gefangen werde. Es erzehlt dieses Albertus M. und andere neue Scribenten, aber es wird davon so viel gehalten als von den [592] Fabeln Æsopi. Und haben sie durch dieses Gedicht anzeigen wollen, es sey keine Stärcke so wilde, daß sie nicht solte durch die Liebe gebändiget werden.

Was Felix Maurer in Observat Curioso-Physicar. Part. II. pag. 450. von dem Einhorn sowohl angemerckt, wollen wir theils anhero fügen. Unter den vierfüßigen Thieren (schreibt er) kommen wir zu dem viel-berühmten Einhorn / welches auch sonderlich hoch zu achten, weil die Heil. Schrifft desselben Meldung thuet, auch zu vielen Dingen, ja zu GOtt und Menschen vergleichet: Kein Autor, so dieses Thiers gedenckt, berichtet von seiner Geburt und Land, sondern verbleiben nur bey dessen berühmten Tugenden, mit Uberlassung des Geheimnisses seiner Ankunfft denen, welche frembde Länder durchreiset, und sich derer erkundiget haben.

Daß das Einhorn nicht mit dem Thier Abada zuconfundiren, wie gemeiniglich zu geschehen pfleget, erhellet aus den unterschiedlichen Nahmen, indem eines Rhinoceros, das ander aber Einhorn genennet wird, welche beyde Nahmen dem einen Thier nicht zugleich zu geben seyn, sonderlich, weil auch solche Thier am Leib und Gliedmassen mercklich unterschieden seyn, wie in dem bekannten Abada und gemahlten Einhorn klärlich zu sehen: Dieses [593] hat ein langes und gerades Horn, von fürtrefflicher Würckung, dasRhinoceros oder Abada hat derer zwey, etwas gebogen, und nicht so träfftig, wiewohl es auch wider das Gifft gebrauchet wird. 7

Das Einhorn / welches eine Affricanische Creatur / und in der Provinz Agaos in dem KönigreichDæmotes anzutreffen; wiewohl auch nicht unglaublich daß sich solches auch verlauffe, und an andern Orten gefunden werde. 8 Davon gedenckt besageterAutor ferner: Dieses Thier ist so groß, als ein mittelmäßiges Pferd, schwartzbraun an Farb, und hat einen schwartzen Schweiff und Mahne, beeds dünn und kurtz, wiewohl anderer Orten, jedoch eben in dieserProvinz, solche länger und dicker gesehen werden; mit einem schön gewundenen Horn an der Stirn, 6. Palmen oder Spannen lang, und länger, wie es von den Mahlern gebildet wird, und ist weißlecht an der Farbe: Sie enthalten sich in dicken Wäldern und Gesträuß, zu Zeiten kommen sie in die Felder, und werden selten gesehen, sind furchtsam, zerstreuet, und verborgen in den Höltzern, die barbarischen und wildesten Völcker in der Welt, haben diese Thier um sich, und nehren sich von solchen, wie von andern Thieren.

Ein Jesuit / des Autoris Gefährte, welcher eine Zeitlang sich in dieser Gegend [594] aufgehalten, und Nachricht bekommen, daß dieses Thier der Orten anzutreffen, trachtete mit allem Fleiß, wie er ein solches Einhorn bekommen möchte; die Land-Leut brachten ihm ein gar junges Füllen, welches so zart gewesen, daß es in wenig Tagen gestorben.

Ein betageter / ansehnlicher Portugiesischer Hauptmann / der sich daselbst in Kriegsdiensten befunden, gab dem Autori hiervon diesen Bericht: er sagete, daß er einsmahls, als er von der Armee (welche er alle Sommer neben dem Kayser Malac Segued zu besuchen pflegete,) samt 20. andern Portugiesischen Soldaten, zurück reisete, in einem kleinen Thal, mit dickem Holtz umgeben, sich niedergelassen, auszuruhen, und etwas von Speiß zu sich zu nehmen, auch ihre Pferde in dem Grase, welches häuffig daselbst gewachsen, zu füttern: indem sie sich aber kaum niedergesetzt, wäre aus dem dickesten Gehöltz ein vollkommenes Pferd von Gestalt, Haaren und Farb, wie oben beschrieben, unversehens heraus gesprungen; sein Lauff war so schnell und muthig, daß es der andern Pferd nicht warnahrn, bis es unter dieselbe gekommen; da es dann anfangen zu stutzen, und wieder zurück zu gehen, aber so, daß die anwesende Zeit genug hatten, dasselbe wohl zu betrachten: das Anschauen seiner Gliedn lassen [595] und Gestalt erweckete bey ihnen ein sonderbar Belieben und Verwunderung sonderlich als sie das gerade Horn aus seiner Stirn hervor gehen sehen; Es schiene in seinem Lauff voll Furcht zu seyn; die andern Pferde, welche es von ihrer Art hielten, lieffen auf dasselbe zu, und die Soldaten, denen es so nahe kam, daß sie es mit den Musqueten erreichen konten solche Gewehr aber zum Schuß nicht fertig hatten, bemüheten sich, dasselbe zu umgeben und zu fahen. 9 So bald aber das Einhorn dererselben gewahr worden, kame es den Soldaten zuvor, und mit eben so schnellem Lauff als es ankam, eilete es wieder in den Wald, und hinterließ die Portugiesen vergnügt, daß sie sich rühmen konten, ein solch seltsames Thier gesehen zu haben; welches sie aber bedaureten, daß sie eines so edlen Raubs nicht theilhafftig werden können.

An einem andern Ort vorgedachten Gebürges, in dieser Provinz, genannt Nania wird dieses Thier, unter andern Thieren weydend, offt gesehen: und, weil dieses der äusserste Ort der Provinz ist werden diejenigen, welche der Kayser sicherlich verwahren will, dahin verbannet. 10 Sie endet sich in hohe Gebürge, von denen man viel grosse und weitem Ebenen und Wälder, so von unterschiedlichen Arten wilder Thiere bewohnet werden, übersehen kan. An diesen Ort verbannet [596] ein Tyrannischer Kayser / Adamus Sequed, ohne Ursach unterschiedene Portugiesen / welche von der Höhe dieser Berge, das Einhorn in den Matten haben weiden sehen, welche der Weite nach, dasselbe so groß geurtheilet, als eine schöne Fohlen, mit einem Horn in der Stirn, die Zeugniß sonderlich von einem alten Mann, Johann Gabriel genannt, neben deme, was vor gedachter Jesuit angezeiget und selbst persönlich erfahren, bestättigen, daß dieses so hoch berühmte Einhorn in gedachter Provinz gezeuget und aufgebracht wird.

In unsern Europäischen Landen findet man auch offtermahlen Zähne und Hörner in der Erde, welches wir gegraben Einhorn, oder Unicornu Fossile nennen; so entweder wie Beine von Menschen und Thieren, oder wie Zähn und Hörner aussiehet: solches ist auswendig entweder gelblecht, grau oder braun-, von unterschiedlicher Grösse, mürb, leicht, löchericht, eines erdichten Geschmacks, und vest an der Zung klebend; inwendig zuweilen hohl, zuweilen noch andere weiche fette Erde in sich haltend: Dessen findet man zu unterschiedenen mahlen in Schlesien, in Hessen, in der Pfaltz, auch in dem Wüirtemberger-Land. 11 Es ist aber allhier die Frage, ob solches von rechten Thieren, als Einhorn / Elephanten / und dergleichen [597] herrühre? oder ob es so aus der Erden wachse: worüber unter den Natur-Kündigern noch heutiges Tages kein vereinigter Schluß gemachet. Hiervon ist in des Tentzeli monatlichen Unterredungen / Act. Erud. Lips. Anno 1682. pag. 150. und des Kircheri Mundo Subterr. viel zu finden, und sind noch vor wenig Jahren im Würtembergischen verschiedene, sowohl schrifftliche als mündliche Conferenzen von einigen Curiosen gehalten worden. Wiele halten es vor solcher Thiere oder Riesen Gebeine, welche etwa zur Zeit der Sündfluth anderswo hingeflößt, und in der Eden also zu Stein worden, zumahlen alle Theil davon zu sehen sind; Bootius und Wormius in Mus. pag. 54. halten es vor ein Margain oder daraus erharteten Stein, welche durch Spielen der Natur solche Gestalten bekommen, nicht anders, wie die Häring und andere Fische auf dem Islebischen Schiefferstein /abgemahlet worden: welcher Meinung auch Seel. D. Bauschius in einem eigenen Tractat / de Unicornu Fossili, beypflichtet.

Seinen Kräfften nach hat es benebenst einer anhaltenden und adstringirenden Qualität, auch eine Schweiß-treibende Gewalt an sich, und ist deswegen, wie die Terra Sigillata in den hitzig- und gifftigen Fiebern, wo sich ein Durchfall ereignet, [598] ein vortreffliches Mittel, versüsset alle übernatürliche Säure im Leib, und stopffet auch gemeine Bauch-Flüsse, Rotheruhr, und dergleichen, wann man einen Scupel oder halbes Quintlein davon in einem gegen der Kranckheit streitenden Gewässer einnimmet. 12 Einige wollen auch einen Spiritum davon erzwingen, welcher doch nichts anders ist, als ein säuerliches Wasser, welches mit dem Spirit. Terræ Sigillatæ überein kommet, und auch dergleichen Kräffte hat. Und weilen solches auch zuweilen etwas gifftiges bey sich führet, so will D. Hoffmann in Clav. Schroderiani p. 191. daß man davon zuerst einem Hund etwas geben solle.

Es findet sich noch eine Materie, so in der Medicin beliebt ist, unter dem Nahmen: das wahre oder rechte Einhorn / Unicornu Verum, auch Unicornu Marinum genannt, das ist ein sehr langer, gestreiffter, und gleichsam gewundener Zahn eines gewissenGrön-Ländischen Wallfisches / siehet äusserlich gelb, inwendig aber weiß aus, wird von den Grönland-Fahrern zu uns bracht. 13 Der Fisch, wovon es herrühret, wird Narhual genennet, weilen er sich vom Aaß und Todten-Cörpern, so dorten Nar heissen, ernehret, und von Thoma Bartholino in einem eigenen Buch beschrieben, daß er den andern Wallfischen nicht viel ungleich, und [599] ohngefehr 30. Ellen lang sey; zwey Floß-Federn auf den Seiten, 3. Hügel auf dem Rucken, und unten am Bauch nur einen habe. 14 Aus dessen lincken Ober-Kienbacken ein langer Zahn, gerad vor sich heraus stehet, womit er das Eiß brechen soll: weswegen das sogenannte Horn öffters forn abgebrochen ist. Und gehet also dieser Zahn nicht aus der Nasen, wie Olearius l. c. redet, indem dieser Fisch keine Nase hat: und wie die andern Wallfische durch zwo Löcher, so oben in dem Nacken stehen, und nicht durch die Nase respirirt, auch das Wasser daraus in die Höhe wirfft: Sondern er sitzet in seiner Höhle, am obersten Kinnbacken, wie die Zähne an andern Thieren. Ob aber ein Fisch zwey solche Zähn habe, wie D. Jacobi in Mus. Reg. Haffn. muthmasset, auch dergleichen eines gesehen hat, muß die Erfahrung weiter lehren. Dieses aber ist gewiß, daß unten in dem grossen Horn oder Zahn offt noch ein kleiner stecket, wie Herr. Doct. Reusel in der Kunst-Kammer zu Stuckardt gesehen: Weßwegen Simon Urias lib. 1. Grœnlandiæ Antiq. fol. 285. nicht unbillig schliesset, daß diesem Wallfisch die Zähne, wie denen Menschen, ausfallen, und andere wachsen thäten.

[600] Obwohl gleich Anfangs in diesem Capitel vonSimon Heinrich Reuter gemeldet worden, daß von dem Thier, so Einhorn genannt, gantz nichts zu glauben; so hat solches dennoch angeführter massen Felix Maurer kräfftiglich bestättiget. 15 Diesem ohngeachtet, so wird ihm dennoch von Herrn D. Valentini in seiner Natur- und Material-Kammer Lib. III. c. 30. p.m. 482. kein Glaube zugestellet, da er also schreibt: Ob man nun über dieses anjetzo beschriebene Einhorn noch ein anders Unicornu verum in der Welt finden könne, welches an der Stirn eines vierfüssigen und einem Pferd gleich sehenden Thiers (wie bis daher viele geglaubt und vorgegeben haben) hervor schiesse, wird von klugen und vorsichtigen Naturkündigern nicht unbillig gezweiffelt; wie geschäfftig sich auch Catelanus in seinem Buch vom Einhorn gezeiget, solches mit vielen Gründen und Verantwortungen zu behaupten. Und ob zwar des Einhorns in H. Schrifft offt gedacht wird, so ist doch dergleichen kein erdichtetes Thier, sondern das Nasen-Horn, dadurch verstanden worden, wie Andreas Baccius solches in seinem Tractat de Unicornu behauptet. Nun saget Herr D. Valentini: Es wolle sich gar nicht zusammen reimen, daß, da dieses Thiers so rar, wild und nur in der Einöde zu finden, doch in dem Schooß einer reinen [601] Jungfrau solte gezeuget werden, welche doch niemahlen dahin kommen: und wann es so rar ist, wo kommen so viel hundert Hörner her, die man hin und wieder findet und täglich verbrauchet? indem über diejenige Einhörner, so man in dem Königlichen Schatz zu S. Denys bey Pariß / zu Coppenhagen in der Schloß-Kirche / zu Dreßden in der Kunst-Kammer / und anderer Orten, in raresten Futteralen und Gold-Ketten aufgehänget siehet, fast ein jeder Materialist und Apothecker eines und mehr zeigen können, und solche nun so gemein worden, daß man eins, welches vor diesem um viel tausend Thaler geschätzt worden, nunmehr um ein paar Dutzend Thaler (wie neulich geschehen) kauffen kan; weßwegen gantz falsch ist, daß solches von einem so raren Thier herkommen soll, welches gantz erdichtet, und deßwegen sowohl von Gelehrten, als Ungelehrten, auch auf so mancherley Weise beschrieben und abgemahlt wird. 16 Beharret also in dieser Meynung, daß diese bey den Materialisten und Apotheckern befindliche Hörner insgesammt von dem Fisch seyn solten. Und wann diesem also wäre, so solte ja billig der HerrAutor auch anzeigen, von was dann diese so rare, welche wir oben angeführet, zu S. Denys, Coppenhagen und Dreßden Einhörner wären, die man [602] in so köstlichen Futtralen verwahrete: und, da es auch solche vom Fisch seyn solten, müste man sich verwundern, daß Könige, Fürsten und Herren so eine Rarität aus einer so gemeinen Sache machen wolten.

Noch wollen wir allhier mit anführen, was einfältiglich von dem Basilisken geglaubet wird. 17 Von solcher saget man, daß solcher unter den gifftigsten Schlangen der fürnehmste, und gleichsam darin ein König sey, welcher durch sein Gesicht und Athem die andern gifftigen Thier alle zwingen und bändigen könte, davon wird nicht nur von gemeinem Volck, sondern auch von Gelehrten, dafür gehalten, daß solcher Basiliske von eines alten Hahnes Ey seinem Ursprung habe; und erdichten solches aus den Zeugnissen alter Fabel-Schmiede, sagende: Wann ein Hauß-Hahn das neunte, eilffte oder vierzehende Jahr erlebete, so legete solcher aus seinem verderbten Saamen, oder bösen überflüssigen Feuchtigkeiten, zu Sommers-Zeit ein Ey, und brütete solches alsdann selbst aus, und sässe so lang darüber, als die Hüner über ihren Eyern zu sitzen pflegeten, und daraus käme hernach ein solcher Basiliske. 18 Andere schreiben davon: Wann ein Hahn in seinem Alter ein Ey auf den Mist legete, und käme eine Kröte darauf, so brütete sie solches aus, und davon würde ein solch gifftiger Basiliske / der alle diejenige, welche [603] ihn nur ansehen und höreten, gleich tödtete. Von einem solchen Thier gedenckt D. Valentini in seiner Natur- und Material-Kammer Part. II. cap. 36. p. 160. folgendes: Einen solchen Basilisken zeigete im Jahr 1671. hin und wieder in Teutschland ein Betrüger, welcher in einem gedruckten Zettel darbey vorgab, er wäre aus Africa kommen, wo man denselben mit Feuer getödtet hätte. Herr D. Wedel zu Jena wurde dadurch beweget, dieses Wunder-Thier denen Miscellan. S. R. Acad. Nat. Cur. Dec. I. Ann. 3. pag. 173. einverleiben zu lassen. 19 Bald aber hernach hat solcher auf seiner Reise erfahren, daß solches Thier gekünstelt gewesen, welches der Besitzer in Hamburg selbst gestanden und bekennet hatte; weßwegen er solches sobalden in folgendem 1672sten Jahr, den 8. May,aus Amsterdam an Hn. D. Reiseln schriebe; wie dann schon längst in dem ersten Jahr-Gang Dec. I. obgemeldeter Miscellaneorum angezeiget worden, daß man solche Figur leichtlich aus dem Roggen machen kan, dergleichen auch in dem Museo Calceolarii zu Veron zu finden ist. Wann dann nun alle welche einen solchen Basilisken sehen, so bald von seinem Gifft sterben müsten, so ist die Frage: Wer solchen denn beschrieben hat? Wird also, was von solchem fürgegeben wird, [604] vielmehr für eine Fabel gehalten. So ist es eben auch mit dem Hahnen-Ey ein pur-lauteres Gedicht, ohnerachtet der sonst gelehrte Johann Pincier demselben ein eigenes Reim-Rätzel in seinenÆnigmat. Num. XXIII. p. 261 gemachet, und alles mit dem zu Warschau im Keller gefundenen Basilisk (welcher vielleicht eine andere Art Schlangen mag gewesen seyn) behaupten will. Plinius gibt von solchem Thier Zeugniß, daß es in den Einöden des Landes Africä wohne, so aber nicht geglaubet wird.

Wann man nun wolte zugeben, (so doch nicht ist) daß ein Hahn / als männliches Geschlechts / hecken könte, so solte es billig auch bey andern Vögeln geschehen, so sich aber in der Erfahrung nie befunden hat. 20 Alls ich noch ein Knabe war, brachte mir eine Frau ein solch Ey, in Grösse und Gestalt eines Tauben-Eyes, und sagete, daß dieses ihr Hahn geleget, welches sie auf dem Hüner-Hauß gefunden, woraus ein Basilisk werden, könte, so aber nicht geschähe, wenn man solch Ey über ein Hauß würffe, und gab mir solches, weil sie vermeynete, daß ich wohl werffen könte; aber das Ey wolte nicht über das Hauß fliegen, und zerbrach an der Wand und hatte einen Dotter, wie ein ander Ey, worauf ich mit der Zeit diesem aberglaubige Weib nachgesonnen, und schliessen müssen, [605] daß solches ein Ey von einem noch jungen Huhn gewesen sey. Uberdieses ist es so viel unglaublicher, weil man selten einen Hauß-Hahn lässet 9. Jahr oder mehr alt werden / sondern dessen Stelle wird gemeiniglich mit einem jüngern ersetzt, und der alte zur Speise bereitet, allwo ihm das Eyerlegen wohl vergehen wird. Dann hat man auch kein Exempel, daß von einem gesunden Vieh, natürlicher Weise, das allergifftigste Thier solte erzeuget werden. In Africa soll sich eine Art schmale / schwartz-braune / gifftige Schlangen / welche im Lateinischen Apis heissen, befinden, so nur eines Fusses lang, und auf dem Haupt einen Silber-weissen Fleck, wie eine Crone, haben, solche krieche auf dem Schwantz, und trüge Haupt und Brust empor, und verjagete mit ihrem Zischen alle Schlangen, tödtete auch alles, was sie ansähe und anblase; allein dem Wissel wäre sie unschädlich, der tödte sie, und trage sie aus ihrem Loch herfür. Diese Otter wird es sehen, welche Plinius lib. 8. cap. 21. Basilicus heisset.

Marginalien

1 I. Vom Behemot.
2 Wo sich der Behemoth aufhält.
3 Dessen Gestalt.
4 Gestalt des Salamanders.
5 Salamander-Wolle was solche ist.
6 Einige halten dafür / daß kein Einhorn in Natura sey.
7 Einhorn muß mit dem Rhinocero confundirt werden.
8 Wo das Einhorn anzutreffen und dessen Gestalt.
9 Einhorn kommt zu andern Rossen auf die Weyde.
10 Wo solches mehr gesehen worden.
11 Unicornu Fossile, gegraben Einhorn.
12 Gebrauch dieses gegrabenen Einhorns.
13 Gerechtes Einhorn. Unicornu Marinum.
14 Dessen Gestalt / und wovon es seinen Nahmen.
15 Allhier wird dem Einhorn abermahl widersprochen.
16 Wo das rechte Einhorn für eine Rarität aufbehalten wird.
17 Von Basilisken.
18 Was solches für ein gifftig Thier sey.
Wovon er entsteher.
19 Ein Betrüger zeiget einen künstlich-bereiteten Basilisken.
20 Kein Basiliske ist in rerum natura gewesen.

39. Von Riesen und Zwergen

[606] XXXIX.

Von Riesen und Zwergen.

Es sind von den Heydnischen Poeten sehr vielerley Sachen von denen Riesen erdichtet worden: und nennen sie die Söhne der Erden von sehr grosser Statur mit Drachen-Füssen, welche den Göttern zum Schaden gebohren worden, damit sie mit denselben Krieg anfiengen, und den Jupiter vom Himmel herab würffen. Macrobius verstehet Saturn. I. 20. durch dieRiesen nichts anders, als eine Art gottloser Menschen, welche keine Götter geglaubet, und daher in Verdacht gekommen, daß sie die Götter aus dem Himmel vertreiben wolten: und was der Fabeln mehr seyn.

Was den Ursprung der Riesen betrifft, so sagen einige, sie wären des Titanis und der Erden Söhne gewesen; andere sprechen: Sie wären aus dem Blut derTitanum, welche der Jupiter getödtet, aus der Erden gebohren worden. 1 Hesiodus gibt vor: Sie wären aus dem Blut des Himmels, nachdem er demselben die Mannheit abgeschnitten, gezeuget worden. Josephus will in seinen Antiq. Judaic. behaupten: Die Riesen wären daher entsprungen, wann der böse Feind [607] denen Hexen ehelich beygewohnet; welcher Meynung auchLactantius ist. Augustinus aber und andere neue Theologie widersprechen diesem, und sagen: Es sey unmöglich, daß der böse Feind denen Hexen ehelich beywohnen, und mit ihnen Kinder zeugen könne, wie oben mit mehrerem angeführet worden.

Sonst wird geschrieben, daß die Patagones, einAmericanisches Volck, gemeiniglich von grössererStatur, als andere Leute, wären. 2 Daß man zuweilen Leute von ungewöhnlicher Grösse habe, ist aus heiliger Schrifft Deuteron. 3. ℣. 11. zu ersehen, da stehet von Og / dem Könige zu Basan daß sein eisern Bett 9. Ellen lang / und 4. Ellen breit gewesen. Und in 1. Sam. 1714. stehet von Goliath / er sey 6.Ellen und einer Hand breit hoch gewesen. Ob man aber jemahls Leute von 3o. 40. 60. 100. und 200. Ellen lang gehabt habe, wie Boccatius in Genealogia Deorum lib. 4. c. 68. vorgeben dörffen, daran hatKircherus lib. 4. Mund Subterran. billig gezweiffelt, und erwiesen, daß ein Mensch über 9. Ellen lang nicht werden könne. Dann es hat ja die Natur allen Thieren eine gewisse Maaß ertheilet, welche es, wann es sein Geschäfft wohl ausüben soll, nicht überschreiten darff. Wann nun ein Mensch 200. Ellen lang wäre, so könten die Glieder [608] nicht aneinander hangen, sondern müsten ihrer Last wegen voneinander fallen. Die Füsse könten einen so schweren Leib nimmermehr ertragen; wie solches Kircherus I. 2. an dengrossen Marmor-Bildern zu Rom dargethan. Insgemein aber hält man doch davor, daß die Leute vor alten Zeiten grösser gewesen, als heut zu Tage.

Wir lesen Genes. cap. 6. daß noch kurtz vor der Sünd-Fluth grosse Riesen in der Welt gelebet, als nehmlich die Kinder GOttes nach den Töchtern der Menschen gesehen. 3 Nach der Sünd-Fluth finden wir, daß wieder etliche Riesen gewesen, welche doch keine besondere lange Zeit gewähret: denn es hielt die Gütigkeit der Natur (wie Abulensis im 6. Buch des 5.Buchs Mosis bezeuget) den menschlichen Saamen im Gebrauch der Speisen und Affect des Firmaments in einer solchen Krafft, daß nichts denn grosse gewaltige Leute daraus konten erwachsen; da hergegen, als die Natur je langer je unvermöglicher, die Welt allgemach alt worden, keine so vollkommene Menschen mehr, wie zuvor, herfürbringen kan. 4 Allein, wenn vor diesem schon die Natur abgenommen, warum hat dann solch Abnehmen aufgehört, da ja die Erfahrung lehret, daß die Menschen schon viel hundert Jahre her einerley Grösse behalten, und [609] ist schon zu Davids Zeiten des Goliaths Statur von 6. Ellen vor eineRiesen-Gestalt gehalten worden, welche doch den heutigen Menschen nicht so gar ungleich ist. Bleibt also wohl darbey, daß die Menschen vor diesem nicht grösser gewesen, als sie itzo seyn.

Aus der Nordischen Seefart / oder Reise-Beschreibung Oliviers, wird berichtet, daß im Lande Cossi, wie auch in den Inseln Castemme und Talke, fürnehmlich in einer Gegend, so Coin genannt, grosse Leute, wie Riesen / wohnen, 10. bis 11. Schuch lang; von welchen Insuln zu lesen ist Gottfrieds Neue Welt / p. 225. Jacobus Niezabilovius, ein Pohle /hat Anno 1575 einen Scythen ermordet, welcher von ungeheurer Grösse gewesen; seine Stirn war 24. Finger breit, und der übrige Leib so groß, daß sein auf der Erden liegender Cörper bis an den Nabel eines stehenden Mannes reichete. 5 Vid. Thuanus lib. 61. p. 64.

Daß es im Lande Canaan Riesen gegeben, bezeugen Josua und Caleb / daß es ein Volck von grosser Länge gewesen, und daß sie vor denselben als Heuschröcken geschienen; im übrigen aber ist es eine Fabel, wie es Natal. Comes, ein Ausleger der Poetischen Gedichte / schreibt, daß man in Thessalien ein Bein von der Hüfft [610] eines Menschen gefunden, von so entsetzlicher Grösse, daß kaum 30. Ochsen dasselbe hätten ziehen können. Happelius in Relat. Curios. P. II. p. 279. schreibt: Mit dieser aus Norwegen erhaltenen Relation hat es folgende Beschaffenheit: Es hat neulich zu Trygstatt / oberhalb Christiania, den 29. Novembr. dieses Jahres, ein Bauer eine Wolffs-Grube zu graben ihm vorgenommen, dergleichen Thiere, die sich daselbst in grosser Anzahl aufhalten, und öffters nicht geringen Schaden thun, dar innen zu fangen; indem er aber im besten Graben begriffen gewesen, äusserte sich ein ziemliches Gewölbe: wie er solches mit grosser Mühe durchgearbeitet, kommt ihm ohngefehr ein solch groß Menschen-Gerippe zu Gesicht, so vom Kopff bis zu den Füssen neun Ellen lang; zu Haupten stunde ein Kästgen mit schönen runden Perlen / die auf einen güldenen Drath gezogen waren, und an dem einen Finger einen überaus grossen güldenen Ring habend, über welchen Fund der Bauer zum Theil bestürtzt, zum Theil auch höchst darüber erfreuet ward: massen er sich vollkommen eingebildet, daß dieses Gerippe / welches sehr nahe an seinem Hof begraben war, von seiner Familie, und die Grösse seiner Vorfahren genugsam zeigete, die Riesen solten gewesen seyn: [611] wannenhero er solches sofort der dortigen Obrigkeit offenbahrete, die es hernach selbst in Augenschein genommen, und davon nach Coppenhagen Bericht abgestattet etc. 6


Nimrod / der die Stadt Babylon und den berühmten Thurn erbauen lassen / soll auch ein Riese / und zwar zehen Ellenbogen hoch / gewesen seyn: die Heil. Schrifft hat aber davon nichts gemeldet, sondern nennet ihn nur einen gewaltigen Jäger. Vielleicht ist dieses daher erdichtet worden, daß die 70. Dollmetscher ihn einen Riesen genennet. Und was Ovidius schreibt von den Riesen, daß sie verwegene Thaten gethan, Berge auf Berge geweltzet, und sich die Götter zu bekriegen erkühnet, solches hat seinen Ursprung von der Unternehmung der ersten Menschen, welche zu Babel einen Thurn bauen wolten, dessen Spitze bis an den Himmel reichen solte. Was sonst von andern ungeheuren Riesen erzehlet wird,als von dem Hildebrand / von dem starcken Dieterich von Bern / vom starcken Eck / vom Hürnen Seyfried, dessen Rüstung zu Worms in dem Thurn gezeiget wird, lassen wir in seiner Gültigkeit. Zu Zeiten Kayser Heinrichs des Dritten soll zu Rom ein Riesen-Cörper [612] gefunden seyn, dessen Angesicht, wie man saget, fünffthalb Schuch breit und die Länge wie ein kleiner Thurn gewesen sey.

Fortunatus Licetus setzt in seinem Buch de Spontaneo rerum ortu: Er habe zu Venedig einen Riesen aus Portugall gesehen, der so mächtig, groß und starck gewesen, daß er ihm an einen jeglichen Arm Stricke binden lassen, und zwölff Träger, an jeder Seiten sechs, aus allen Kräfften daran ziehen, aber doch seine ausgespannete Arme allgemach an die Brust bracht, und zwar so, daß er keinen Fuß von der Stell gerühret, wie hefftig auch die zwölff widerstrebet und zurück gezogen. 7 Und als er die in Händen habende Aepffel zum Munde bracht, asse er davon eine merckliche Weile, und verlachete die schwitzende Träger, die alle ihre Kräffte vergeblich anspanneten, daß sie ihm die Hände möchten vom Maul reissen.

Wir wollen aus diesem Autore noch eines andern starcken Menschen gedencken, des geneigten Lesers Urtheil überlassende, ob solches alles der Natur gemäß sey:

William Joy, aus der Insul Tanet in Kent gebürtig, erwiese Anno 1700. im Haag unterschiedene Proben seiner unerhörten Stärcke, indem er 1) ein Stück Bley, 2014. Pfund, von der Erden aufgehoben. 8 2) Einen Strick um seine Lenden [613] gebunden, an welchen ein Pferd gespannet war, so ihn aber mit allen seinen Kräfften nicht von der Stelle bewegen können. 3) Hat er gedachten Strick an zwey Pfähle gebunden, und darauf zerrissen. 4) Gegen 16. Personen einen andern Strick gezogen, dergestalt, daß er sie, sie aber ihn keinesweges, an sich ziehen können. 5) Hat er einen Mühlstein von 2240. Pfund von der Erden aufgehoben. 6) Zog er ein in eine Grube gesunckenes Pferd gantz allein heraus. 7) Setzte er sich auf einen Stuhl nieder, und ließ darauf verschiedliche Proben seiner Leibes-Kräffte sehen. 8) Tranck er ein Glaß Wein aus, welches auf der grossen Zähen seines Fusses stunde, ohne daß er solches mit der Hand berührete. Allein man darff nicht aus allen starcken Leuten Riesen machen, sonst würde man derer eine ziemliche Anzahl finden.

Johann Friedrichen / Churfürsten zu Sachsen /haben gleichfalls etliche, absonderlich die Herren Spanier, für einen Riesen gehalten. 9 Denn als dieser Herr 1547. bey Mühlberg war gefangen worden, wurde ihm der eine Stiefel abgezogen, und seiner ungeheuren Grösse wegen nach Spanien geführet, und erstlich zwar am Königlichen Frantzösischen Hof gezeiget, hernach gen Madrid gebracht, allwo er noch gewiesen wird. Monconys sagt in seiner Reise-Beschreibung [614] pag. 954. dieser Stiefel sey so groß, daß sich fast einer mit dem gantzen Leib darin verstecken könne. Allein Wilhelm Ertl / saget in seinem Bayrischen Atlas / p. 254. Dieser abscheuliche Siefel, darinnen kaum eine Spanische Lügen Raum hätte, sey noch in der Churfürstlichen Bayerischen Kunst-Kammer zu München zu sehen.

Nun wollen wir auch mit wenigem etwas vonZwergen gedencken; und finden wir bey Herodoto, Philostrato, Mela, Plinio, Solino und andern mehr viel von solchen aufgezeichnet, aber sie haben es alles anders woher, ausser was Homerus davon geschrieben; aber dieser ist ein Historicus, der gern das Ohr ergötzen wollen, und viel Gleich nisse gebrauchet. 10 Durch die Zwerg-Völcker / sonst Pygmæer genannt, verstehen wir eine kleine Zwergen-Art, nehmlich ein Volck, welches das kleineste seyn soll unter dem menschlichen Geschlecht, nur eines Ellenbogens hoch / oder, wie andere wollen, zween Schuch, oder drey Spannen / und muß man nicht nur ein oder den andern, sondern das gantze Volck miteinander betrachten, wie sie nehmlich bey einander wohnen. Hiervon wird zwar viel Schreibens und so viel Zeugniß gemachet, als schier in keinem von dergleichen Puncten, die von klugen Leuten [615] unter die Fabeln gezehlt werden. Daß aber einige solche Nation, Geschlecht oder Volck fürhanden sey, hat man auf gethane genaue Untersuchung, bishero durch gewisse und bekräfftigte Zeugnisse noch nicht erfahren können; wohl aber ist solches von denen, so es mit Fleiß untersuchet, gantz verworffen worden. Auch Strabo, welcher ein genauer und verständiger Welt-Beschreiber ist, verwirfft es als eine Fabel, und Julius Scaliger hält es für ein poëtisches Gedicht. Die Alten berichten, daß in dem Trogloditischen Arabien und in Africa über dem Ursprung des Nili ein gantzes Volck Zwergen gewohnet haben. Auch heutiges Tages sollen in den Mitternächtigen Ländern die Lappen / Samajaden und andere kleine Leute seyn; und in den Nordischen Gegenden sollen die Schrelingers / nach Olai Magni Bericht, nur die Länge eines Schrittes haben. 11 Was aber Münsterus und andere Alte von dem Streit der Zwerge mit den Kranichen geschrieben, welche nur eine Spann lang gewesen seyn sollen, solches ist gewiß eine blosse Fabel. Man nennet sie Pygmæen /davon ist angemerckt worden, daß sie nur anderthalb Schuch lang gewesen, und vor Zeiten in Indien / Carien und Thracien gewohnet haben, derer Weiber im fünfften Jahr gebohren hätten, und im [616] achten Jahr schon als alte Weiber geachtet worden. Sie wären Anfangs des Frühlings auf Hämmeln und Geissen nach dem Meer geritten / und hätten die Eyer der Kraniche zerbrochen, und ihre Jungen umbracht, dieweil sie steten Krieg mit diesen Vögeln geführet, wider welche sie sich offtmahls nicht beschützen können, sogar, daß sie auch aus Germannia, einer Stadt in Thracien / von den Kranichen verjaget worden.Vid. Plinium nat. hist. lib. 4. c. 11. l. 5. c. 29. l. 6. c. 19. l. 7. c. 2. etc.

Daß auch in den Gebürgen so kleine Leut solten gewohnet haben, scheinet so wenig wahrhafftig als das vorige, und beweiset nichts, daß man gantz zarte Knöchlein bey den Bergwercken gefunden; zumahlen eher daraus zu schliessen ist, daß es Gebeinlein kleiner Kinder / oder Thiere / als Knöchlein der Zwerge gewesen seyn solten. 12 Suetonius gedencket zwar eines Lucii, der nur 17. Pfund gewogen; In vita Augusti c. 23. und Cardanus erzehlt, daß man in Italien einen solchen Menschen gesehen, der so klein gewesen / daß man ihn in einem Vogel-Käfig / wie einen Papagey / umher getragen; Aber durch dieses wird nichts mehr erwiesen, als daß die Natur in Formirung des Menschen zu kurtz gekommen. 13

[617] Es werden noch hin- und wieder in unsern Europäischen Landen Zwerge gefunden, an welchen die Natur der Grösse wegen geirret, wie dann an Fürstlichen Höfen viel Herrn und Dames an solchen Mißgeburten einen sonderbaren Gefallen haben. Zu Wien ist mir einer, so nur auf die Banck sehen können /bekannt gewesen, ein ungestalt Monstrum von Kopf und Leibe, welcher auf einem kleinen Karn mit einem Pferd umher gefahren, und sich als ein Taschen-Spieler gebrauchen lassen. 14 Solcher war nicht bey Hof,hatte aber jährlich 50. fl. als ein Gnaden-Geld zu geniessen. Aber ungeachtet seiner armseligen Positur / hat er sich doch 1696. mein armselig Bettel-Mensch verheyrathet, welche allzeit um und bey ihm seyn müssen; Er war in solcher Jalousie, daß ihm keiner sein Weib freundlich ansehen dörffen, wann er sich nicht hefftig ergrimmen sollte: weßwegen viele sonderbaren Schertz mit ihm gepflogen haben. Des Chur-Fürstens zu Brandenburg / Joachim Friedrichs / sel. Gedächtniß / seine Gemahlin / Frau Catharina / hatte eine grosse Lust an den Zwergen, daß sie fast ein gantzes Zimmer voll derselben unterhielte, auch solche unter einander verheyrathete, damit sie andere solche kleine Leutgen aus ihnen bekommen [618] kommen möchte; Sie konte aber ihren Zweck nicht erreichen, indem diese Zwerge alle unfruchtbar blieben. 15 Gleicher Gestalt hielt auch Catharina de Medicis drey Paar solcher Zwerge, (v. P. Messias var. Lect. Lib. 5. Tom. 3. c. 6.) gab selbige ehelich zusammen, und wolte gern junge Zwerge von ihnen haben; sie wurde aber in ihrer Hoffnung betrogen: Woraus man siehet, daß GOtt sein Geschöpff nicht der Menschen eitler Curiosit ät unterwerffen wolle. Werden aber die Zwerge mit andern Leuten vermählet, so pflegen sie zwar Kinder zu zeugen, jedoch nicht ihres gleichen, sondern von ordinairer Statur;denn die Natur schämet sich gleichsam ihre Mängel fortzupflantzen.

Offtmahl hat der böse Feind unter Gestalt der Zwerge die Leute vexirt, wie solches Hermann Suden im gelehrten Critico P. 1. p.m. 755. aus Silv. Girald. Itiner. Cambr. lib. 1. c. 8. von Heliodoro, einem Prediger, erzehlt; denn weil sich dieser Mann denen Studiis gewiedmet, und einsten der Disciplin entgehen wolte, begab er sich an den hohlen Rand eines Flusses; als er nun daselbst zweyer gantzer Tage gefastet hatte, erschienen ihm zwey kleine Menschen in der Gestalt der Zwerge, und sagten zu ihm: Wofern du [619] mit uns gehen willst / so wollen wir dich in ein Land führen / wo lauter lustige Spiele anzutreffen sind. 16 Heliodorus willigte in ihr Anbringen, und folgete ihnen nach; da sie ihn denn durch einen unter-irdischen und finstern Gang führeten, und endlich in ein schönes Land brachten, welches mit Flüssen, Wiesen, Wäldern und ebenen Land wohl gezieret, darbey aber finster war; es waren daselbst alle Tage gleichsam nebelicht, und die Nächte wegen Abwesenheit des Mondes und der Sterne gantz entsetzlich. Der Knab Heliodor ward zu dem Könige geführet, und demselben vor der gantzen Hofftatt fürgestellet: welcher ihn lange mit aller Verwunderung ansahe, und endlich seinen kleinen Sohn zuordnete. Die Leut an selbigem Ort waren alle von kleiner Statur, jedoch gar geschickt, gelbe und mit schönem Haar versehen, welche nach Art der Weiber über die Schultern herab hingen: Sie hatten solche Pferdgen / welche sich zu ihrer Grösse schicketen / und den Hasen ziemlich gleich kamen. Sie assen kein Fleisch, keine Fische, sondern lauter Milch-Speise, welche als ein Muß mit Saffran gewürtzt war. Man hörete bey ihnen kein Schwöhren, weil sie nichts so sehr als die Lügen verabscheueten. So offt sie aus der [620] Ober-Welt zurück kamen, beklagten sie sich über den Ehrgeitz, Untreu, und Unbeständigkeit, so allda im Schwang gienge. Sie hatten keinen offentlichen Gottesdienst / und beobachteten nur, wie es schiene, die Wahrheit aufs genaueste. Es pflegete aber dieser Knabe öffters dieOber-Welt zu besuchen, manchmahl durch denjenigen Weg, durch welchen er dahin gelanget war, manchmahl auch durch einen andern; erstlich ward er etlichmahl von andern begleitet, hernach aber gieng er gantz allein; Er offenbarete aber solches alles seiner Mutter, und beschrieb ihr desselbigen Landes Volck und Beschaffenheit: die Mutter ermahnete ihn, er solte ihr doch einmahl aus dem Lande / worin so viel Gold wäre / ein Geschenck mitbringen. Der Knabe folgete seiner Mutter, und nahm des Königs Sohne einen güldenen Drat / womit er zu spielen pflegete, im Spiel hinweg, und lieff geschwinde durch den gewöhnlichen Weg damit fort; als er nun zu seines Vaters Hauß kam, unter Verfolgung gedachten kleinen Völckleins / und hinein zu tretten eilete, blieb er mit dem Fuß an der Thür-Schwelle hangen, und fiel übernhauffen, worauf zween nachfolgende Zwerge den entfallenen güldnen Drat alsbald hinweg nahmen, bespyen den Knaben, höneten und lacheten ihn aufs ärgeste aus. [621] Als der Knab wieder aufstund und wieder zu sich kam, schämete er sich / und verdammete den Rath seiner Mutter / suchete den vorigen Weg zu dem unter-irdischen Weg wieder, konte aber keinen Eingang mehr zu solchem finden, ob er gleich nach solchem ein gantzes Jahr strebete. Endlich begab sich dieser Knab auf seiner Mutter und Freunde Zureden wieder zum Studiren, und ward endlich ein Priester / es konte aber solches Heliodorus in seinem Alter niemahl ohne Thränen bedencken: dieweil aber der Autor von dieser Geschicht weder Zeit, Ort, noch den Fluß benahmet, wo solcher Knab in die Unter-Welt geführet worden, weniger, wo derselbe hernach Prediger gewesen, ist es vielmehr für ein Gedicht als Geschichte zu halten. Besser aber könte für wahrhafftig gehalten werden, folgende Erzehlung: Hamelmannus in Chron. Oldenburg. P. 1. c. 5. p. 21. schreibt: Es sey einem Grafen von Hoja ein kleines Männlein in der Nacht erschienen; und wie sich der Graf entsetzt, habe es zu ihm gesaget: Er solte sich nicht entsetzen / denn er hätte ein Wort an ihn zu werben und zu bitten / er wolle ihm das nicht abschlagen. 17 Darauf der Graf geantwortet, wann es zu thun möglich wäre, und ihme und den Seinen unschädlich, [622] noch beschwerlich, so wolte er es gerne thuen: da hat das Mannlein gesaget: Es wollen die folgende Nacht etliche zu dir in dein Hauß kommen / und Abläger halten / denen wollest du deine Küchen und Saal so lange leihen, und deinen Dienern gebieten, daß sie sich schlaffen legen, und keiner nach ihrem Thun sehe, auch keiner darum wisse, ohne du allein, man wird sich dafür danckbarlich erzeigen / und du und dein Geschlechte sollen es haben zu geniessen; es soll aber in dem allergeringsten weder dir oder den Deinen kein Leid geschehen. Solches hat der Graf eingewilliget; Also seynd sie die folgende Nacht, gleich als mit einem reisigen Zeug die Brücken hinan aufs Schloß gezogen, und seynd allesammt kleine Leutlein gewesen, wie man die kleinen Bergmännlein zu beschreiben pfleget, haben in der Küchen gekochet, zugehauen, und aufgeben, und hat sich nicht anders, als wann eine grosse Mahlzeit zugerichtet würde, ansehen lassen. Darnach fast gegen den Morgen, wie sie wiederum scheiden wollen, ist das kleine Männlein abermahl zum Grafen kommen, und neben Dancksagung ihm offerirt ein Schwerdt / ein Salamander-Lacken / und einen güldenen Ring /in welchen ein rother [623] Löwe eben eingemachet, mit Anzeigung, diese drey Stück solte er und seine Nachkömmling wohl verwahren, und so lang sie dieselbe bey einander hätten, würde es einig und wohl in der Grafschafft zugehen, so bald sie aber von einander kommen würden, solte es ein Zeichen seyn, daß der Grafschafft nichts guts vorhanden wäre. Und ist der rothe Löwe auch allzeit darnach / wann einer vom Stamme sterben sollen / erblichen.

Marginalien

1 Was vom Ursprung der Riesen zu halten.
2 Von unterschiedener Grösse der Riesen.
3 Riesen / so vor der Sünd-Fluth gelebet
4 Warum itzo nicht mehr so grosse Leute seyn.
5 Grosse Leute in Nord-Ländern.
6 Ein Bauer in Norwegen findet eines gantzen Riesen Grab.
7 Grosser und starker Riese aus Portugall.
8 William Joy seine unsägliche Stärcke.
9 Churfürst Johann Friedrichs von Sachsen grosser Stiefel.
10 Von Zwergen / was davon zu halten.
11 Zwerge / so mit den Kranischen streiten.
12 Zwerge / ob solche in Gebürgen gefunden werden.
13 Auch in Bogelkäffig umgetragen.
14 Ein ungestalter Zwerg zu Wien spielet aus der Taschen.
15 Zwerge werden zusammen gepaart / sind aber nicht fruchtbar.
16 Zwerg-Geister führen Heliodor. In unterirdische Wohnunge.
17 Zwerg erscheinet dem Grafen von Hoja.

40. Vom Wunder-Geschöpff GOttes im Wasser

XL.

Vom Wunder-Geschöpff GOttes im Wasser.

Es ist gantz bekannt, auch in vielen Reise-Beschreibungen angeführet, was der allmächtige Schöpffer für grosse Wunder im Meer uns geoffenbahret, und wie mancherley Art Thier zu finden, die im Wasser leben, wie bey Gesnero zu lesen. Aexander ab Alexandro gedencket eines See-Mannes / welcher von der äussersten Meer-Spitze Mauritanien, nach Spanien gebracht worden: derselbe sey am Gesicht und Leibe bis auf die Schaam einem Menschen, im übrigen aber einem [624] Fische gantz ähnlich gewesen. 1 Theod. Gaza zeuget von einer See-Jungfrau / welche, als er sich in Pelopponeso aufgehalten, an das Ufer lebendig getrieben worden. Diese habe eine fast menschliche und zierliche Gestalt gehabt / hingegen aber einen bis zur Schaam, geschupten und rauhen Leib mit einem Fisch-Schwantz. Und Georgius Trapezunrius erzehlt, er habe, da er einsmahls am Ufer, bey einem Brunnen spatziret, ein sehr schönes wohlgestaltes Mägdlein, ausser dem Wasser bis an den halben Leib erblickt, welche aber, als sie vermercket, daß man sie gesehen, sich dem Gesicht entzogen. Thom. Cantipratanus lib 2. mirac. & exempl. mem. c. 30. num. 53. erzehlt; daß zu seiner Zeit ums Jahr Christi 1270. die Schiff-Leute, der damahligen Königin in England ein solches See-Wunder aufgebracht, welches einem Weibe sehr ähnlich gewesen, ausser daß ihr Kopf anzusehen gewesen, als ob sie eine Crone, die einem Fisch-Körblein ähnlich siehet, auf der Stirn gehabt, sie habe gegessen und getruncken, und fürnehmlich ihr die frischen Früchte wohl schmecken lassen, alleine nichts geredet, auch keine Stimme von sich vernehmen lassen, als nur einige kleine Seuffzer, ihre Beschwerlichkeit damit anzudeuten; und sey gantzer drey Jahr lang an dem Königlichen Hof geblieben.

[625] Was aber sonst von Wasser-München / und der schönen Melusina geschrieben wird, ist bloß Fabelwerck, wovon oben zu lesen, was von den Geistern zu glauben, ist auch oben unter dem Titul: Wasser-Nixen angeführet worden.

Ausser diesem findet man auch eine grosse Anzahl Wunder-Thier und Fische: von dem grossen Behemot oder See-Pferd ist in einem sonderlichen Capitel gehandelt worden; die Wallfische sind auch Verwunderungs-würdiger Grösse, wie dann einer Anno 1672. den 30. Julii, aus Amsterdam geschrieben, bey Bristol in Engelland gefangen worden, dessen Mund 12. Ellen weit und groß gewesen. 2 Pomet in Hist. Simpl. Part. 2. lib. 1. p. 31. berichtet, daß Anno 1658. einSceletum vom Wallfisch zu Pariß gesehen worden, davon die Hirn-Schale allein 16. bis 17. Fuß lang gewesen, dessen Kinnbacken 4600. Pfund gewogen; und weilen der Kopf an den Männlein den dritten Theil des gantzen Thiers ausmachen soll, so ist leicht zu schliessen, wie eine Quantität Gehirn zu finden, dessen viele Eymer voll auf einmahl heraus genommen werden können, wann der Fisch gefangen und getödtet worden, welches also zugehet: So bald dieCompagnie der Grön-Lands-Fahrer in den grossen Schiffen eines Wallfisches gewahr wird, so steigen alsobald etliche vom Volck in Chaloupen [626] oder Nachen, derer jedes Schiff drey bey sich hat, zu welcher jedweden 6. Menschen gehören, als ein Steuermann / ein Harponer, ein Leinenschliesser / und drey / die rudern helffen: diese rudern also zum Wallfisch mit 10. Rudern und unterschiedlichen Waffen. 3 Wann sie ihm nun nahe genug kommen, daß sie ihn getrauen zu werffen, oder zu treffen, so wirfft ihn einer mit einem eisernen Wurff-Pfeil / mit 2. Widerhacken /2. in 3. Schuh lang / in den Leib; So bald nun der Fisch getroffen ist, so begibt sich derselbe wohl 2. bis 300. Klaffter tieff hinunter in das Meer: weswegen das Seil, woran der Pfeil gebunden und die Leyn genennet wird, von dem Leinschiesser fast auf solche Art, wie man die Wein in die Keller einlässet, aber viel geschwinder loßgelassen. Bald aber hernach kommt der Fisch wieder hervor, und gibt durch die obere Lufft eine solche Stimme, daß man es auf eine halbe oder gantze Meil Weges hören kan: Alsdann fahren alle drey Chalouppen wieder auf ihn zu, und die Leyn, daran der Fisch feste ist, weist ihnen den Weg; welcher nun am ersten darzu kommt, schiesset ihn wieder ein Harpœn in den Leib, worauf das Thier wieder untergehet, wann es nun zum drittenmahl hervor kommet, geben sie ihm kein Harpœn mehr, sondern stossen ihm die [627] Lansen oder Stoß-Eisen, wie Schwein-Spieß offt in Leib, welche aber nicht darin stecken bleiben, weil sie keinen Widerhacken haben.Wann er nun durch viele Wunden gantz ermüdet ist / so fahren sie mit dem Stoß-Eisen gar in den Leib, bis sie ein Haupt- oder vornehmes Viscus treffen: welches daran erkenner wird, wann nemlich das Blut aus der Lufft-Röhren wie ein Strohm hervor schiesset, und der Fisch sich vollend zu todt wüthet, auch mit seinem Schwantz und Pinnen also vor sich schmeisset, daß es auf eine halbe Meil Weges zu hören, und wie ein groß Stück Geschütz, so loßgebrennet wird, donnern soll; welches alles so curieus seyn soll, daß man sich nicht genug daran sehen kan. Ein mehrers hiervon vid. Friederici Martens Itinerarium Spitzbergicum. Was uns solcher Fisch hernach für Nutzen gibt, befinden wir an dessen Tran / an dem sogenannten Fischbeine, in unterschiedlicher Länge. In der Medicin wird hoch angerühmt, die Sperma ceri oder Wallrath nicht weniger auch Priapus ceti oder dessen männliches Glied.

Es werden auch in dem Meer Wunder-würdige Creaturen angetroffen: Anno 1709. im November wurde zu Ystadt in Schonen ein Meer-Wunder an das Land geworffen, zur Zeit, da die Post-Jachten [628] von Strahlsund mit denen Reisenden aus Teutschland zu landen pflegen. 4 Der lange Leib des Fisches war mit lauter erhabenen Cronen besäet, auf deren jeder zween natürliche Menschen-Zähne mit einem Zünglein sehr scharff gewachsen, und gleichsam gepantzert, der Kopff / welcher 7. Ellen lang / war mit 7. kleinen Thunnen, die alle noch lebeten, bestreuet, der Fisch war ohne Schwantz 28. Ellen lang / die Länge aber zwischen Kopf und Schwantz, ertruge 21. Ellen. 5 Unter die grösten Meer-Wunder gehören auch die Thunnen / welche, wann sie noch nicht gar alt sind, Thunnen heissen, wann sie aber 5. Jahr alt werden, werden sie mit unter die Wallfische gerechnet.

Nicht weniger auch gibt es wunderbare Thier von zweyerley Eigenschafften, welche sich im Wasser und auf dem Land aufzuhalten pflegen: unter andern ist zu bewundern die See-Ruhe / so Manata genannt, weil sie forn zwey Füsse wie Hände hat; Es ist ein sehr ungestaltes Thier / äusserlich braun / hat einen Kopff wie eine Geiß / aber grösser, mit einem Kalbs-Maul, grossen Nase-Löchern, kleine Augen ohne Ohren, einen Leib so dick wie ein Ochs, mit einem breiten und rund-stumpfigen Schwantz, wie solches in Hernandi Histor. Rerum Medicar. Nov. Hispan. [629] p. 32. beschrieben wird, gehöret eigentlich unter die Amphibia oder diejenige Thiere, so in- und ausser dem Wasser leben. 6 Und ob es schon einige unter die Wallfische rechnen wollen, so ist er doch kein Raub-Fisch, sondern nehret sich von dem Meer-Grase, ist etwa 16. Schuh lang, und 7. bis 8. Schuh breit, und nach Iomsthoni Beschreibung / kaum mit 2. Ochsen zu führen. Wie solches gefangen wird, geschiehet auf folgende Art: Es begeben sich 4. oder 5. Männer in einer Chaloupe, und rudern auf das Thier in aller Stille zu; denn es gar ein leises Gehör haben soll. 7 Wann sie ihm nun nahe genug auf dem Leib, stösset ihm der forderste mit aller Macht einen Spieß in Leib /worauf sich das Thier ins Wasser begibt, aber den angebundenen Spieß mitnimmet, womit es schon halb gefangen ist. Und nachdeme es sich müde geflattert, auch damit einen grossen Schaum auf dem Meer erreget hat, wird es nach und nach wieder herbey gezogen, noch einmahl gespiesset, und endlich übermannet. Aus dieses Fisches Haupt werden 2. sogenannteSee-Küh-Steine genommen, welche Lapis manates genannt, welche in unterschiedenen Kranckheiten recommendirt werden.

[630] Unter diese Thier, welche beydes im Wasser und auf dem Land leben, kan man auch zehlen, das Crocodill / welches sonst ein abscheulich grausames Thier ist / so zuweilen 18. bis 20. Schuh lang seyn, und, so lange sie leben, an ihrer Grösse zunehmen: Solche halten sich meist am Fluß Nilo in Æthiopien auf, gehen aber zugleich aufs Land, ihre Nahrung zu suchen, allwo sie auch die Menschen, wann sie solche erhaschen können, verschlingen, wann dieselbe sollen gefangen werden, geschiehet es auf folgende Art: Die Jäger binden ein jung Schwein, Hammel oder Geiß an einen Angel, und jagen solches dem Crocodill zu, wann nun solcher hungrig ist, so verschlinget er mit grosser Begierde solch ihn zugejagetes Thier, mit samt dem Angel, welcher sich in dessen Eingeweyd anhänget, und es umbringet; womit es manchmahls heraus gezogen wird. 8 Es soll ein wohlgeschmackt Fleisch, so wie Capaunen schmecket, haben, und schön weiß seyn: dahero es auch bey den Römisch-Catholischen an den Fast-Tagen genossen wird.

Eine andere Art Crocodillen wird von Happelio in Relat. Curiosa. P. 1. p. 507. geschrieben, welche sich in Ost-Indien, im Fluß Ganges aufhalten, so Cailmans, sonst aber Crocodille heissen, ist eine Art grosser dicker Schlangen, die gemeiniglich [631] 3. Schuh dick und 8. Schuh lang seyn: Dieses Thier zerreisset alles, was es im Wasser finden kan, auch sogar die Kühe, kommet es aber, daß etwa auf dem Land ein Mensch von einer solchen Bestie verfolget wird, muß er nur von einer Seite auf die andere springen. 9 Dieser Crocodill hat einen weiten Rachen, zwey Reihen Zähne, einen Grad auf dem Rucken, 4. Datzen, an jeder 5. Zähen, wovon die zwo hindere höher als die fördere; der Schwantz aber ist schecket, und spitzig zu als an Nattern. Man machet sich bisweilen die Lust, einen mit einem Tieger kämpfen zu lassen; Mit denselben gehet es sehr lustig zu, und ist eine Ergötzlichkeit für fürnehme Herrn.

In unsern Europäischen Landen ist auch bekannt ein Thier, welches Bieber oder Castor genannt; solches ist ein recht wundersames Thier, so von fornen einem vierfüßigen Thier, von hinten aber einem Fisch ähnlich ist, und weilen es sich theils auf dem Land, theils auch im Wasser ernähret und aufzuhalten pfleget, wird es auch unter die Amphibia gezehlet. 10 Der Gestalt siehet es fornen her einem Dachs gleich, hat einen Kopff wie ein Murmel-Thier, und fornen im Mund viele lange Zähne, so auswendig Pommerantzen-gelb, inwendig aber weiß sind, mit welchen es nicht allein die Bäume schälen, sondern dieselbe auch gar umhauen kan, auch wann es jemand damit beisset, nicht nachlassen soll, [632] bis es die Beine krachen höret. Am Leibe ist es ziemlich corpulent, und ohngefehr wie ein halb-jähriges Schwein, mit kurtzen Füssen, wie ein Dachs, davon die forderste Pfoten den Hunds- Füssen, die hinterste aber den Gänse- oder Schwanen-Füssen gleich kommen; und da es sonst am gantzen Leib schöne dunckel-braune und sehr zarte Haare am Peltz hat, ist der Schwantz nur eine aufgeblasene Haut, gleichsam in Schuppen unterschieden, und auswendig Aschen-farb anzusehen, welchen es immer im Wasser halten soll, indem es seine Höhle gar künstlicher Weise mit etlichen Stockwercken an den Ufern bauen und daraus den Fischen und Krebsen, womit es sich im Wasser nähret, nachstellen soll.

Von diesem Bieber kommet das sogenannte Biebergeil / oder Castoreum, solches bestehet aus länglicht-runden Eicheln, oder Säcklein, beynahe eines Eyes groß, äusserlich braun anzusehen, inwendig mit einer Zimmet-farbeten Materie, theils einer Fettigkeit angefüllet, welche einen scharffen und bittern Geschmack hat, nebst einen starcken und sehr widrigen Geruch haben; sie kommen meistentheils aus Litthauen über Dantzig / wiewohl es derer auch in Teutschland, Franckreich und anderer Orten giebet. 11

Es ist aber das Wasser nicht allein zu bewundern wegen der darinnen erschaffenen [633] vielerley ArtenThiere und Fische / sondern es ist auch an sich selbst wunderbar, wenn wir betrachten, wie gewaltige grosse Ströhme oder Flüsse nun in 5000. Jahr lang ins Meer geronnen, und solches doch niemahl grösser worden; wann wir dessen Tieffe überlegen; wann wir dessen Qualitäten und Eigenschafften ansehen, sowohl seiner Farbe als Saltzigkeit wegen; seine vielfältige Bewegungen im Ab- und Zulauff, oder sogenannter Ebb und Fluth. Diesemnach gibt es auch Bewunderungswürdige kleine Seen, Flüsse und Brunnen: dann unfern von Nonacry in Arcadia soll ein Brunn aus einem Felsen entspringen, welcher von den Inwohnern Styx genannt, von einer solchen gifftigen Eigenschafft und Natur, daß alle diejenige, so davon trincken, in grosser Eyl dahin fallen und sterben: dann es wird solches Wasser im Leib alsobald hart, und gleichsam in ein Glaß verwandelt, und bindet die innere Viscera gleichsam zusammen; dieweil solches aber keinen besondern Geruch hat, noch auch widerspenstig am Geschmack ist, pfleget es die Menschen desto leichter zu betriegen, wider welches dann, wann es der Mensch einmahl getruncken, keine Artzeney in der Welt zu finden ist; und sind viele Scribenten der Meynung, daß der grosse Alexander durch einen Trunck dieses Wassers seines Lebens beraubet worden. 12 In Cilicien / bey der Stadt Lescus, [634] fliesset der Bach Nus, welcher von einer sonderbaren Eigenschafft, daß er diejenige, so sich seines Wassers bedienen, von einem ungemeinen aufgeräumten und hurtigen Geist machet, ja alle Sinnen also schärfft, daß man sich über dessen sonderbare Würckungen nicht genug verwundern könne. 13 Im Gegentheil trifft man in der Insul Cæa einen Brunnen an, der nicht nur denjenigen, so ihn trincket, alles Gebrauchs seiner Sinnen beraubet, sondern auch gar in Wahnwitz setzet. 14 So wird auch berichtet, daß in der Insul Sicilien an einem gewissen Ort, ohnweit voneinander 2. Brunnen seyn sollen, davon der eine den Nahmen Cleon, der Weinende /der andere Gelon, der Lachende / führet. 15 Diese beyde Brunnen haben einen gantz contraren Effectum, oder widrige Würckung / dann der eine setzet diejenige, so davon trincken, in eine solche Betrübniß, daß sie von Stund an zu weinen anheben, und stets traurig und betrübt bleiben, da hingegen der andere auch den aller melancholischsten Menschen frölich und lachend machet.

In dem Hertzogthum Vendome ist ein See / welcher gewiß etwas seltsames an sich hat, und merckwürdig ist; solcher quillet sieben gantzer Jahr und füllet sich mit Wasser, und die andere sieben Jahr stehet er trocken, binnen welcher Zeit man abscheuliche tieffe Höhlen und erstaunende [635] Abgründe siehet; die Land-Leute haben gewisse Kennzeichen an der Höhe des Wassers, ob die sieben Jahr, da das Wasser ausbleibet, werden fruchtbar oder unfruchtbar seyn. 16

Die Wasser-Quelle von Cedima, sieben oder acht Meilen von Coîmbro, verdienet wohl, derer Eigenschafft anzumercken, dann sie schlucket alles das jenige hinein, was nur ihr Wasser berühret, und hat man solches offt mit Bäumen und andern Sachen von dergleichen Natur probiret. 17 Und da ein Dänischer von Adel dieses nicht glauben wolte, so ließ er einmahl sein Pferd hinein gehen, um selbiges zu träncken. Immittelst hatte er doch so viel Vorsorge gebrauchet, und solchem ein Seil an den Halß, und ein anders an den Fuß gemachet, die er an grosse eiserne Rincken, welche in die Erde fest gemachet, wohl angeschlungen, und zwar einige Schritte von dieser Quelle; aber kaum war dieses arme Thier ins Wasser hinein getretten, da es sich durch eine so ungemeine Gewalt des Wassers hineingezogen befand, daß es eines dieser Seil entzwey risse, und an dem andern bliebe der Fuß, bis an die Knie-Scheibe, oder den Schenckel, hangen; da sahe der Dähne / was er mit seinem Unglauben ausgerichtet, und muste er wieder zu Fuß von der Quelle zurückkehren.

Nahe bey der Insul Suth Baunaldshow, ist ein erschröcklicher Abgrund / [636] allwo das Wasser so abscheuliche Würbel drehet, daß ein grosses Schiff, oder eine Barque, wann es drüber fahren will, unsehlbär verschlungen wird, wann nicht die Schiffleute eine Kist, einen Ballen oder sonst etwas, damit das Schiff beladen, als einen Tribut hinein werffen; und wann sie dieses thun, so hat es keine Gefahr, und kommen glücklich hinüber. 18

Nahe an der Stadt Armach / in Irrland ist eine See, in welcher, so man eine Stange hinein bis an den Grund stecket, dasjenige, was davon in die Erde gegangen, binnen wenig Monaten in Eisen verwandelt wird, und was in den Wasser von der Stange geblieben, verkehret sich in Stein. 19

In Italien findet man die Wucher- oder Zinß-See / die den Nahmen davon hat weil sie niemahls alles das jenige wieder gibt, was man hinein tauchet. 20 Ihr Wasser ist sehr schwartz, dicke, und siedet stets auf; wann man Speise hinein setzt, so bekommt man sie nur halb gekocht wieder heraus, und bis auf die Helfft weniger. Und wann man drey Eyer in einem Körblein hinein hänget, so saget man, es möchte auch eine solche Vorsichtigkeit gebrauchet werden, als man immer wolle, so zöge man doch nicht mehr als zwey wieder heraus, indem die See das dritte, als ihren Tribut bey sich behielt.

Marginalien

1 Meer-Menschen wie solche gestaltet.
2 Grosse Wallfische.
3 Wie solcher gefangen und getödtet wird.
4 Ein Wunder-Fisch / so das Meer in Schonen ausgeworffen.
5 Thunnen im Meer / was solche seyn.
6 See-Kuhe / was solches für ein Meer-Wunder ist.
7 Wie man solche sähet.
8 Crocodill / und wie solches gefangen wird.
9 Andere Art / böser Crocodillen in Ost-Indien. Derer Gestalt.
10 Castor oder Bieber.
11 Biebergeyl / Castoreum.
12 Styx, ein gifftiger Brunn.
13 Wasser / so einen munter Geist machet.
14 Brunn / so die Menschen ihres Verstandes beraubet.
15 Zwey seltsame Brunnen in Sicilien.
16 Wunderbarer See im Hertzogthum Vendome.
17 Quelle / so alles unter sich ziehet.
18 Grausamer Abgrund in Schottland.
19 See machet alles zu Eisen.
20 Wucher-See in Italien.

41. Vom Wunder-Geschöpff Gottes im Feuer

[637] XLI.

Vom Wunder-Geschöpff Gottes im Feuer.

Wer die Beschaffenheit und Eigenschafft des Feuers beobachtet, der wird sich verwundern und auch gestehen müssen, daß es eines von den vornehmsten leblosen Geschöpfen GOttes sey, wiewohl dessen verzehrende Gewalt manchen betrügen solte, zu vermeynen, daß solches ein Leben bey sich habe; dieweil es aber mit seiner leichten Flamme allzeit über sich steiget, so scheinet es mehr himmlisch, als irdisch, zu seyn: weswegen es auch dem allmächtigen GOtt offt gefallen wollen, sein heilig / rein und unsichtbares Wesen durch das Feuer abzubilden / und sich darinnen zu offenbaren / wie wir dessen aus Heil. Schrifft genugsam unterwiesen werden. 1 Wie nun die Heyden und derselben Lehr-Meister, der Satan, in vielen Dingen den Göttlichen Wundern nachäffen wollen, und seinem Anhang ein ewiges Feuer zu halten anbefohlen, wie von den Persianern zu lesen, daß sie solchem Göttliche Ehre angethan, und wann sie in Streit gezogen, sich solches vorher tragen lassen. Die Vestali schen Jungfrauen [638] haben auch ein heiliges Feuer verwahret, und niemahl mit Willen erlöschen lassen.Vid. Alex. ab Alexandro in Genialibus Diebus lib. 5.cap. 12. Solch Vestali sche Feuer bey den Römern brannte auf keinem Altar oder Feuer-Herd, sonder hing in der Höhe in Vasculis quibusdam sictilibus, wie Valerius Maximus lehret. So hatten auch viel aberglaubige Leute ihr heilig Feuer in ihren Häusern, das war das Ignis Larum familiarum, der Hauß-Götzen / und musten dasselbe in Atrio, oder dem Vor-Hause, die Janitores, oder Thür-Hüter, in Acht nehmen.

Eine sonderliche Begebenheit erzehlt Socrates in seiner Kirchen-Historie / lib. 7. c. 8. da er gedencket, wie die Christliche Religion sich auch in Persien ausgebreitet; denn dazumahl stunden die Persianer mit den Römern in gutem Vernehmen, daß sie offt einander sonderliche Legationes und Gesandtschafften zuschicketen: da trug sichs dann zu, daß einstenMaruthas, der Bischoff in Mesopotanien / als ein Gesandter von dem Römischen Kayser an den König in Persien, den Isdigerdem, abgeschicket wurde, den empfing der König gar freundlich, und weil er sahe, was er für ein andächtiger, gottsfürchtiger und tugendhaffter Mann war, hielt er ihn in grossen Ehren, achtete ihn für einen recht [639] Göttlichen Menschen, und folgete in vielem seinem Einrathen. 2 Das verdroß die Persianischen Götzen-Pfaffen und Zauberer, daß sie nicht mehr so viel bey dem König galten, als zuvor,weil sie ihm sein stetes Kopffwehe nicht heilen konten / das doch hingegen Maruthas durch ein andächtig Gebet gethan: derowegen besorgeten sie sich, es möchte der König endlich gar ihren Aberglauben fahren lassen, und die Christliche Religion annehmen, bedachten sich auch auf allerhand List und Betrug, daß sie den König davon abwendig machen möchten: Weil nun die Persianer das Feuer als einen GOtt verehreten, und der König auch auf seinem Schlosse in einem absonderlichen Gemach ein immer-währendes Feuer brennen hatte, das er pflegete anzubeten, erdachten sie endlich diesen heimlichen Betrug: Sie gruben unter der Erden einen Gang bis unter das immer-währende Feuer des Königs, und versteckten dahin einen Menschen, der gleichsam aus dem Feuer, als ob dasselbe reden könte, den König muste anschreyen:Du / König / must aus deinem Reich verstossen werden / darum / weil du den Christen-Priester für einen Göttlichen Mann hältest. Darüber erschrack der König, und beschloß, ob er gleich sonst viel auf den Marutham hielt, ihn doch wieder von sich zu lassen. GOtt der HErr aber offenbahrete[640] dem Marrhutæ in seinem Gebet, wie es mit dieser betrügerischen Stimme zugieng; deßwegen er dem König zuredete, er solte doch nicht glauben, daß das Feuer reden könte, sondern es wäre ein grosser Betrug darhinter: Wann er die Stimme noch einmahl hörete, solte er nur bey dem Feuer in die Erde graben lassen, so würde der Betrug bald offenbar werden. Als nun der König abermahl die Stimme aus dem Feuer hörete, ließ er bedeutetermassen bey dem Feuer eingraben, da wurde der Betrüger hervor gezogen, welcher bekennete, wie ihn die Götzen-Pfaffen dahin versteckt hätten / welches den König dermassen über solche ergrimmete, daß er von allen seinen Pfaffen den zehenden das Haupt abschlagen ließ / verstattete hingegen dem Bischoff, daß er hin- und wieder in seinem Lande Kirchen aufbauen möchte, und die Christliche Religion einführen.

Dieses aber seynd nur solche immerwährende Feuer, die von Menschen zu ihrem Aberglauben erdichtet und unterhalten werden: hingegen aber gibt es auch natürliche immerwährende Feuer, welche durch die Natur und Göttliche Vorsehung unter-irdisch seyn, und auch zuweilen dergestalt ausbrechen, daß die nahe darbey wohnende in gröste Schröcken und Höllen-Angst gerathen müssen, wie [641] uns derer unterschiedene für Augen gestellet werden, als der in Ißland immerbrennende Berg Hecla, welcher zu etlicher Zeit grosse Steine auswirfft, und rings umher das Erdreich mit Asche bestreuet, daß solches nicht mehr gebauet oder genützt werden kan. 3 Offtermahl verstopffet sich solche Flamme, daß man nichts als Rauch und Dampff in die Höhe steigen siehet, und also die Flamme keinen freyen Ausgang gewinnen kan. Nichts desto weniger aber brennet dannoch solch Feuer in seinem innern Ofen: wann aber ein starcker unter-irdischer Wind darein bläset, und zu dem innern Brenn-Ofen kommet, so wird das Feuer dermassen genöthiget, sein oben verstopfftes Rauch-Loch mit Gewalt wieder zu öffnen, und aufzubrechen, oder sich sonst einen andern Camin und Ausgang zu suchen, und also mit seiner Asche eine erschröckliche Menge Sand, Schweffel, Bimstein, eisene Klötze, Felsen-Stücker und andere Materien auswirfft. Ein mehres bezeuget davon der merckliche Schaden, so durch den Feuer-speyenden Berg Æthna in Sicilien erfahren worden.

Dieser Berg Æthna lieget auf der Insul Sicilien im Mittel-Meer gegen Italien über auf 37. Grad Nordischer Breite, und 60. welsche oder 15. Teutsche Meilen von der Stadt Messina, oder [642] 10. vel 5. teutsche Meil von der Stadt Catania, die Italiäner nennen ihn nach ihrer Sprache Monte Gibello, und die Frantzosen le mont Gibel: Der Poet Pindarus nennet ihn in seinen Griechischen Hymnis, cœlestem columnam, einen Pfeiler des Himmels. 4 Er ist so hoch, daß man ihn in der gantzen Insul Sicilien sehen kan. In seinem Umkreiß begreifft er unten am Fuß 70. welsche Meilen; an der Ost- und Süd-Seite, ist er mit fruchtbaren Wein-Gärten beleget, gegen Westen und Norden aber hat er Weyde vors Vieh, auch Holtz und Wälder, darinnen ein zahmes Vieh und Wildpret zu sehen. Daß dieser Berg. Æthna von allen Seculis her gebrennet habe; bezeugen die allerältesten Historien-Schreiber, denn in allen Chronicken, wie alt sie auch seyn, lieset man, daß er gebrannt habe, Trogus und aus ihm Justinus beschreiben denselben auf folgende Art und Weise: das Erdreich der Insul Sicilien ist sehr leicht und locker, voller Höhlen und Pfeiffen, durch welche die Winde stets blasen: und die schwefflichte und leimigte oder pechete Materie, dessen die Erde allda uberflüssig voll ist, stets anzünden; Und hierdurch werde der Brand dieses Berges verursachet, welches nun so viel Secula hindurch gewähret, und zuweilen durch das härtere Blasen der Winde unter den Flammen grosse Klumpen Erde, Sand-Steine [643] und Asche auswirfft. Der alte Naturkündiger Plinius in der Beschreibung des Eilandes Sicilien / saget also: Hier wird man an dem Berg Æthna, wegen der gewaltigen Flammen, die man des Nachts siehet auswerffen, gewahr das Loch, aus welchem das Feuer empor steiget. 5 Hat in seiner Runde wohl 20. Stadien, die glüende Asche laufft zuweilen von ihm herab, bisTauronium und Catania; sein erschütterendes Krachen kan am Gebürge Marar und Gemellor gehöret werden. Die heutige Scribenten erzehlen vom BergÆthna dieses nachfolgende: Ob gleich dieser Berg inwendig allzeit brennet, und zu Zeiten helle und auch dunckle Feuer-Flammen auswirfft, so ist er dennoch, ja, wann er auch am hefftigsten brennet, stets mit Schnee bedeckt, auch selbst mitten im Sommer, also daß das Feuer vom schmeltzenden Schnee ausgelöschet werden könte; das Wasser, so von diesem brennenden Berg herab fliesset, ist nichts desto weniger so eiß-kalt, daß man es kaum kälter finden solte; Etliche dieser abgefallenen Wasser sind auch stinckend, und geben ungesunde Dämpffe von sich, dieser brennende Berg hat durch das Auswerffen der Steine, Erde, Asche und den brennenden Schweffel, der als glüende Ströhme von ihm herab fleußt, dem umliegenden Lande, sonderlich der Stadt Catania von vielen Seculis her [644] nach und nach grossen unwiederbringlichen Schaden zugefüget, welches noch an den niedergeworffenen Gebäuen, Mauren und Pforten zu sehen ist. Wann sich nun dieser Brand übermäßig erhebt, so erregen sich auch die Erdbeben. Es geschehen nun diese Feuers-Brünste öffters, sonderlich aber hat erschröcklich gebrannt Ao. 1536. 1566. 1579. Und in diesem Seculo Anno 1669. hat er also angefangen zu brennen, daß er viel feurige Ströhme ausgespyen, so die umher liegende Ländereyen unsäglich verderbet, wie dann davon eine Relation fürhanden, folgendes Inhalts: Dieser Berg hat im Martio seinen gewöhnlichen Brand mit einem erschröcklichen Erdbeben dermassen erhoben, daß er mit seiner abströhmenden Glut alle nahe beygelegene Ländereyen in Eil verwüstet hat, darum alle, die da umher wohneten, mit ihren fertigsten Mobilien fliehen musten. 6 Er borste Anfangs bey Mompeliri, warff Rauch und Feuer aus, und theilete sich in zwey Arme, und umringete also den erwehnten Berg, theilete sich unterweges in mehr andere Arme, als derer fünff sich allein gegen Westen erstreckten, und zum ersten verwüsteten sie ein Pacht-Hauß, genannt la Gardia, darauf sie in 2. Ströhmen zusammen fielen, jeder wohl zwo Meilen breit; der andere Arm umringete S. Petro Casale, von wannen die Einwohner entflohen waren: und als er sich gegen Westen zohe, [645] verbrannte er das Land Mompelieri, und trieb auf eine Kirche, worinnen zwey Marmor-Bilder, eines der Marien, das ander eines Engels, waren, sofort noch ein ander Hauß. Und also lieff es mit grossem Schröcken in Mascalucia und S. Gio Galermi, womit der Stadt Catania von der einen und andern Seiten mit einem grausamen Ruin gedrohet wurde. Ein Hauß, genannt li Nicolesi, wurde im Erdbeben übernhauffen geworffen, daß nicht ein Stein überm andern blieb, das meiste Volck aus denen verwüsteten Orten und aus denen, die in Gefahr stunden, hatten sich mit Weib und Kind nach Catania salvirt, und nahmen in dieser Stadt die Geistlichen ihre Zuflucht zu der Devotion. Die Flamme kam dem Lande von Miterbia näher, lieff aber zur Seiten S. Petro wieder ab, wurde auch bey Campo Rotendo gar getödtet. Der Schade an Weingärten und Land-Gütern ist auf 400000. Cronen gerechnet worden. Mehr hatte das Feuer ein Theil von Terra Graina ruinirt, wie auch das gantze Land von S. Gio Galermi. Der gedachte zweyte Feuer-Strohm hatte sich Catania sehr genahet, und war deswegen am 18. Martii in der Stadt eine grosse Furcht. Solcher Brand risse sich so hefftig fort, daß die Asche nicht allein in der Stadt Catania, sondern auch in Messina auf denen Gassen so dick lag, daß man sie kaum paßiren konte, welches sehr grossen [646] Schaden an den Maulbeer-Bäumen that auf welchen die Seide gezeuget wird. In 13. oder 14. Dörffern und ihren Ländereyen, so nun gantz und gar ruinirt, wurden ehemahlen jahrlich wohl 300. Ballen Seyde gewonnen. Letztlich wurde die Stadt Catania von ihren meisten Einwohnern verlassen, weil der Brand bis auf eine halbe Meil an dieselbe kame, und folgends gar bis unter die Stadt-Mauren: von aussen drunge sich das Feuer ein, und warff die Stadt-Mauren nieder, und verderbte eines der fürnehmsten Clöster, genannt S. Nicolao de Arena, wie nun der Brand also in Catanea gekommen, wurde die äusserste Gegen-Wehr gethan, durch Niederreissung 200. Häuser, so, daß der Brand abließ. Er zwang sich aber gleichwohl ein groß stück Weges in die See, und ließ so viel mit sich schleppende Erde niederfliessen, die durchs Wasser gelöschet wurde, und hinab sanck, daß es eine Höhe als eines Havens machete, worüber man in die Stadt und aufs Castell gehen konte: jedoch das Wasser, als ein zu gewaltiger Feind des Feuers jagete dasselbe zurück, so, daß es bey nahe die gantze StadtCatania umringte, und solche durch Feuer, Dampf und Rauch gleichsam belagerte. Die Einwohner, derer etliche, seit der Brand durch das Abbrechen der Häuser gehemmet, wieder eingezogen, verliessen die Stadt von neuem; mitten im Junio, da der Berg von neuem[647] wieder starck zu brennen anfing, und davon das Castell, worauf der Gubernator mit seinen Soldaten sich aufhielt, sehr beschädigt wurde, waren diese auch gezwungen, ihren Posten zu verlassen. Und diese ist nebst Anno 1702. die letzte Zeitung, so man von dannen gehabt; So daß der Berg damahl wieder gebrannt, der allbereit wohl 100. Meilen Landes ins runde verderbet hat. Allhier siehet man also die Allmacht GOttes und seine wunderbahre Geschöpf mit dem Feuer unter dem Erdboden.

Von diesem brennenden Berge fabulirt ein Sicilianer nach der Legendæ aureæ daß, da man in seinem Vaterland ein grosses Geschrey vernehme, und unter der continuirlichen Feuer-Flamme des Bergs Æthnæ ein erschröcklich Heulen und Weheklagen hörete, er glaubete, es wären Seelen, die an dem Orte ihr Feg-Feuer hätten, und die noch lebende Menschen um Fürbitte anrieffen. 7 Derowegen ordnete ein Abt zu Cluniac, daß man in seiner gantzen Inspection nach dem Fest Allerheiligen das Fest aller Verstorbenen halten, und an selbem Meß und Gebeter anstellen solte, für die Ruhe der Seelen / welches hernach in allen Kirchen ist bestättiget worden.

Nicht ist zu zweifflen, daß der verdammte Seelen-Feind / der Teuffel / [648] auch allda sein Spiel treiben werde, wie solches von vielen Historien-Schriebern durch folgende Geschicht bestättiget wird: Im Jahr 1626. am 21. Martii reisete ein Sicilianischer Handelsmann von Caranea nach Messina, bliebe aber über Nacht zu Terminio. 8 Folgenden Tages setzete er sich in aller Frühe wieder zu Pferd, und hatte die Stadt noch nicht weit hinter sich geleget, als ihmzehen Männer begegneten, die er für Muarer ansahe, weil sie mit dergleichen Waaren oder Werckzeugen beladen gewesen. Er fragete: Wo hinaus? Sie antworteten: Gen Montgibelo, (oder nach dem BergÆthna). Nachdem er ein wenig weiter geritten, traff er wieder zehen andere an, und empfing auf gleiche Frage gleiche Antwort, mit diesem Anhange, daß ihr Meister sie ausgeschickt hätte, wegen eines vorhabenden Gebäudes zu Montgibelo. Der Kauffmann fragete: Was für ein Meister? Darauf antwortete ihm einer: Ihr werdet ihn bald sehen. Bald darauf begegnete ihm eben auf derselben Land-Strasse ein Riese mit einem sehr langen und Raben-schwart zen Bart / welcher ihn, ohne einen Gruß und andere Vor-Worte, fragete: Ob er nicht unter Weges seine Werck- oder Arbeits-Leute angetroffen: Er berichtete, daß ihm etliche [649] Maurer begegnet, welche vorgeben, daß sie auf Montgibel gehen solten, um allda etwas aufzubauen, weiß nicht auf wessen Befehl. Wann ihr derselbe seyd / der solch Gebäude vornimmet / so möcht ich wohl gern wissen / wie ihr auf solchen Berge zu bauen vermeynet / der doch immerzu mit Schnee bedeckt lieget / und zwar so tieff / daß der best- und stärckeste Fußgänger / der gefunden werden mag / seine Füsse tapffer brauchen muß / und genug zu thun hat / wann er heraus kommen will. Der schwartze Baumeister antwortete: Er wisse schon Kunst und Mittel genug, nicht allein dieses, sondern noch wohl viel grössere und schwerere Dinge zu vollenziehen, wanns ihn gelüstete, und er selbst, der Kauffmann, ob er gleich auf diese seine Rede nicht viel zu halten schiene, dennoch selbiges gar bald mit seinen eigenen Augen erfahren würde.Nach dieser Rede ist er alsofort in der Lufft verschwunden.

Der Kauffmann, so darüber vor Schröcken über den gantzen Leib erschütterte, und sich kaum auf seinem Pferd erhalten konte, zwange sich wiederum nach der Stadt Torminio zu kehren, allda er glaubwürdigen Leuten erzehlte, was ihm auf der Straß begegnet: Und weil er sich sobald sehr [650] schwach an Kräfften befande, machete er sein Testament, und versorgete seine Seel / gabe auch noch selbigen Abend seinen Geist auf.

Noch ein anderer solch Feuer-speyender Berg befindet sich im Königreich Neapolis, welcher billig die Ober-Stelle, dessen öfftern Feuer-Auswerffens halber, haben solte. 9 Solcher hat den Nahmen Vesuvius, lieget ohngefehr sieben Meilen von Neapolis, und wird stets in Feuer und Rauch gesehen, zuweilen mit geringer, zu Zeiten aber mit grösserer Hefftigkeit, die umherliegende Gegend verwüstet, auch die Stadt Neapolis sehr incommodirt. Es waren vor diesem auf selbiger Seiten die schönsten Weinberge des gantzen Königreichs, und ein sehr schönes Dorff, worinnen mehr als 2500. Personen wohneten, aber im Jahr 1631. warff dieses höllische Rauch-Loch / wie es Tertullianus nennet eine so abscheuliche Menge Flammen, mit einem brennenden Schwefel und Stein-Hagel begleitet, heraus, daß diese arme Leute entweder alle miteinander verbrannten, oder ersticketen, ihr Dorff aber unter der Asche begraben wurde, welche noch höher, als 10. Schuch über den Kirch-Thurn weg ginge. Man siehet daselbst noch Steine von erstaunender Grösse, und einen Bach, allwo viele Personen, welche noch am Leben, [651] selbigen Zeit einen feurigen Strom Schwefel, Alaun und Salpeter haben fliessen sehen, welcher von der Höhe dieses Berges herab geronnen. Einige Zeit nach dieser entsetzlichen Verwüstung, so vermehrete sich der Rauch, welcher stets heraus steiget, ungemein, und war mit Flammen und Aschen untermenget, nach selbigem folgete ein abscheuliches Brummen und Krachen, daß man sagete,die Natur wolte untergehen; auf dieses Krachen folgete ein Erdbeben / so das Meer aufblähete, und nachdem der Berg zerborsten, so flogen grosse, gantz glüende Stücken Felsen heraus, und der Schwefel, welcher heraus flosse, liesse sich bey drey gantze Meilen in das Meer hinein in dem Wasser unterscheiden. Man glaubt auch, wann der Wind nicht damahl wäre der Stadt Neapolis so favorabel gewesen, so wäre sie unter die Asche begraben worden, welche aus diesem feurigen Gebürge gestossen wurde. Diese entsetzliche Begebenheit hat man in einen Marmor eingehauen, welchen man auf dem Wege findet, so von der Stadt Neapolis nach dem Berge Vesuvio gehet. Viele curiose Leute sind nach dem grossen Brand durch einen Weg, so man durch die Asche zwey gantzer Meilen bis auf den Berg gemacht, hinauf gestiegen, und hat man oben in dessen Gipfel einen abscheulichen Abgrund angetroffen, welcher in seinem Umkreiß zwo [652] Meilen groß, und auch von dergleichen Tieffe, in welchem wieder ein anderer zu spühren, der nicht so weit, woraus ein sehr dicker Qualm ginge, welcher nach lauter Schwefel roche.

Es hat viele curios e Leute gegeben, welche auch auf die Spitze des Bergs Æthna steigen wollen, sie sind aber entweder im Schnee, oder in der Asche, umkommen. 10 Von dem Berg Hecla in Ißland / dessen Anfangs gedacht worden, schreibt Happelius in Relat. Curios. Part. I. p. 254. wie ein Reisender sich die Gefahr, solchen Berg zu besehen, viel geringer eingebildet, als er hernach erfahren. Solcher war mit einigen seiner Reise-Gefährten zu Kirkebar, einer kleinen Stadt in Ißland, unweit Honi, einem anderthalb Meil vom Meer gelegenen Dorff, angekommen, und traff daselbst einen Commissarium mit 7. oder 8. Dähnischen Kauffleuten an, welche über ihre Ankunfft gantz erstaunet wurden, sie jedoch freundlich empfingen, und erzehleten, wie des vorigen Tages die gantze Insul erschüttert wäre, daß sie nicht anders vermeynet hätten, sie würden augenblicklich verschlungen werden. Der Schiff-Patron / der Commissarius und einige andere, bezeugten dem Kirkebarischen Pfleger das Verlangen, so sie hatten, die Particularitäten der Insul zu besehen, welches ihn bewoge Pferde herbey bringen [653] zu lassen; und wie der Autor ein gleiches Verlangen blicken ließ, willigten die andern auch gar gern darein. Ihrer 8. setzten sich zu Pferde und reiseten in Gesellschafft eines Bedienten von dem Commissario zu Kirkebar, und zweyen Ißländern, die ihnen zu Wegweisern dieneten, nebst einem mit Proviant beladenen Pferde, fort. Sie marchirten 2. gantze Tage durch bergichte, rauhe und gegen dem Berge Hecla unwegsame Wege, wo sie, als sie sich demselben bis auf 2. Meil genähert, das Erdreich mit Asche und Bimsteinen gantz bedeckt antraffen, darüber sie bis unten an den Berg fort wanderten. Das Wetter war sehr hell, und weil sie aus dem Berg weder Flamm noch Feuer hervor steigen sahen, entschlossen sie sich hinauf zu steigen: allein ihr Wegweiser, welcher sie davon abhalten wolte, gab ihnen zu verstehen, daß sie grosse Gefahr hätten, in die Feuer-Schlunde zu sincken, sofern sie sich weiter wagen würden. Diese Warnung war auch von solchem Nachdruck, daß sie Anfangs die gantze Compagnie erschröckete, so daß sie sich bereit macheten, wieder zurück zu kehren, bis der Autor zu ihnen sagete: Wann sie ihm versprechen würden, etwas auf ihn zu warten, so wolte er sich allein hinauf wagen, welches sie ihm dann nicht allein gar willig versprachen, sondern auch einer aus der Compagnie sich anerbot,[654] ihm Gesellschafft zu leisten. 11 Sie stiegen also von ihren Pferden ab und marchirten in der Asche und Bimstein bis an die halben Beine fort, des Vorsatzes, bis oben hinauf zu steigen, woselbst sie viel Geyer und Raben antraffen, die allda nistelten. Kaum hatten sie eine grosse Ecke zurück geleget, so fühleten sie, daß die lockere Erde unter ihren Füssen sich erschütterte, und vernahmen darbey in den Klüfften des Berges ein gewaltsames Getöse / daß es nicht anders schiene, ob wolte alles einfallen. Sie erblickten auch neben und um sich allerley Spaltungen / woraus blaulechte / stinckende und nach gebranntem Schwefel richende Flammen herfür brachen, welches sie veranlassete, den Weg wieder zurück zu nehmen. Wie sie etwa 30. Schuhe wieder zurück gestiegen, erhub sich über dem Berg eine sehr dicke Wolcke von Asche, daß der Horizont um ihnen davon finster ward, und sie dergestalt bedeckt wurden, daß keiner den andern mehr kennen konte. Was ihnen aber noch mehr Furcht und Schröcken einjagete, war, daß sie alle Augenblick hinter sich jähling-herfürbrechende Feuer-Flammen / Asche und Bimstein aufsteigen sahen / die wie Hagel über sie fielen; Unter sich höreten sie ein abscheuliches Heulen und Krachen / [655] in welche Music sie selber mit einem starcken Lamento einstimmeten, indem sie befürchteten, daß alle unter-irdische Schröck-Gespenster aus dem Berge hervorsteigen, und sie zu Boden stürtzen würden; welche Furcht mit einem andern Schröcken vermehret wurde, weil sie vermeyneten, sie würden elendiglich von dem wanckenden Boden verschluckt werden, daher sie mehr herunter purtzelten, als stiegen.

Die Erstaunung und Vermuthung einer unfehlbar bevorstehenden Gefahr machete ihre Füsse auch so hurtig, daß sie innerhalb einer Viertel-Stunde wieder zu ihrer zurück gelassenen Gesellschafft kamen, in welcher ein jeder zu lächlen begunte, als diese Passagiers mit einem sehr verstellten Angesicht erschienen, und so gar verändert, daß sie sageten: Man müsse sie in Schwärtze getauchet haben. Allein diese Kurtzweil ward ihnen sehr versaltzen, als selbige ihre Gäste für ihren Füssen niederfallen sahen / und weil sie ohne Vernunfft, auch eine Zeit gantz Sprach-loß, lagen, genug zu schaffen hatten, daß sie solche wiederum ermunterten, welches durch das Reiben der Schläfe, Nasen-Löcher und Hände, mit Wein-Eßig geschahe. Als sie sich nun wieder hierauf erhohlet, gab man ihnen eine Schale mit Spanischem Wein zu trincken, wovon sie gestärcket [656] wurden, wieder zu Pferd sassen, und an der einen Seiten des Berges fortreiseten, und zu zween über etliche hundert Schritt davon entlegenen Brunnen zueileten, wovon der eine stets siedend heiß ist, der andere aber eine gantz widrige Eigenschafft hat, so kalt / und von so einer wundersamen Natur, daß er alles, was hinein geworffen wird, gleich in Stein verwandelt, dergleichen Eigenschafft, wiewohl mit etwas veränderten Umständen der sogenannte bey Franckfurt an der Oder liegende Poeten-Brunnen gleichfalls hat. 12 Sie traffen einen sehr grossen von dem Feuerspeyenden Rachen des Heclæ aufgeworffenen Bimstein an, und weil derselbe die Grösse eines Scheffels hatte, gabe solches denen Frembden zur Verwunderung Anlaß; sie bekamen aber von ihren Geleits-Männern zur Nachricht, daß der Berg weit grössere ausgespyen, und man wohl dergleichen gefunden, die von zehen Personen nicht beweget werden könten. Die Wegweiser thäten hinzu, daß an statt der Feuer-Flammen bisweilen nichts als Bimsteine heraus geflogen kämen, offtmahls warme Wasser-Sprudel, wiederum zu anderer Zeit nichts als Feuer-Flammen, denn wiederum nichts als Asche, und solche Veränderung machete der wütende Hecla mit seinen feurigen Trauer-Spielen fast allezeit. Drey Stunden waren nunmehr [657] auf ihrer Rück-Reise verflossen, als sie nahe zu den gedachten beyden Brunnen gelangeten, die nicht weiter, als etwa 30. Schritte, voneinander liegen sollten, und wie man die Eigenschafft des einen gantz kalt befunden, so steckte unser Herr Autor eine Spitz-Ruthe hinein, und da er sie nach einer kurtzen Zeit wieder heraus zoge, muste er mit Verwunderung sehen, wie das eine eingetauchte Ende gleichsam eine solche Härte angenommen, daß es fast in Eisen verwandelt zu seyn schiene, und auch schier so schwer war. Nach dieser curiösen Probe verfügeten sie sich zu dem andern Brunnen, bey welchem sie Thiere, an Grösse den Täuchern nicht ungleich, von Farben meistentheils roth, sahen, welche aufsprangen, und weil sie miteinander spieleten, sodivertirten sie sich eine Weile darüber; weil die Passagirer aber näher auf sie zueileten, verbargen sie sich und fuhren hinunter in den Brunnen, welcher, der gemeinen Rede nach, über 60. Klaffter tieff seyn soll, kamen aber doch aus dem tiefen Abgrunde wieder hervor, sobald sie keine Aufmercker mehr sahen. Darauf nahmen sie ihren Weg wieder nach dem Meer zu, und höreten etwa eine halbe Meile davon ein jämmerliches Geheul, so ihnen dem Weheklagen eines verlassenen Menschen nicht unähnlich dünckete; und als sie ihre Wegweiser um dessen Ursachen befrageten, bekamen sie zur Antwort: [658] Es wären solches die Klagen der Verdammten / die der Teufel daselbst erbärmlich quälete / indem er sie indem Eise wieder abkühlete / wann er sie in den Flammen des tobenden Heclæ sattsam gebraten hätte. 13 Die Curiosität triebe sie an, so an keinem Ort mehr in der Insul, als daselbst, zu finden, es in Augenschein zu nehmen; wie sie nun hinzu kamen, sahen und empfunden sie gantz eigentlich, daß das eingebildete klägliche Geheul der Verdammten von denen aneinander gestossenen Eiß-Schollen herrührete, welche auch hin und wieder an die felsichte Klippen schlugen; von solchen Eiß-Schollen berichtete ihnen ihr Wegweiser daß solche am 15. Septembr. daselbst angetrieben kämen, und bey Ausgang des Junii wieder weggingen. Nach dreyen Tagen kamen sie wieder nach Kirkebar und eileten von da wiederum nach ihren Schiffen, erzehleten ihren zurück gelassenen guten Freunden, worzu sie sich durch ihre Curiosität verleiten lassen, und mit welcher Gefahr sie solche büssen müssen.

Marginalien

1 Feuer ist eines der fürnehmsten leblosen Geschöpfe GOttes.
2 Persianer Pfaffen suchen dero König durch Betrug mit dem Feuer vom Christenthum abzuschröcken.
3 Von natürlichem immerwährenden Feuer.
Hecla, brennender Berg in Island.
4 Æthna, brennender Berg in Sicilien.
5 Grösse des Mundlochs auf dem Berg Æthna.
6 Relation von dem 1669. beschehenen Brand und Erdbeben.
7 Ursprung des Aller-Seelen-Fest-Tages.
8 Der Teuffel reiset mit 21. seiner Gesellen nach dem Berg Aethna.
9 Feuer-speyende Berg Vesuvius in Neapolis.
10 Reisende unternehmen sich die Berge Æthna undHecla zu ersteigen.
11 Müssen mit grosser Furcht und Schröcken zurück kehren.
12 Widrige Eigenschafft zweyer Brunnen an dem Berge Hecla.
13 Irrige Meynung von eingebildeter Qual armer verdammter Seelen.

42. Vom Wunder-Geschöpff Gottes in der Lufft

[659] XLII.

Vom Wunder-Geschöpff Gottes in der Lufft.

Die Lufft ist ein Element, von GOtt den Menschen und Thieren zu Nutz erschaffen; es müssen aber solche auch die Menschen offt zu einer Straffe GOttes empfinden: denn der Wind hat seine Eigenschafft an sich, nach dem er von Morgen / Mittag / von Abend oder Mitternacht bläset. Der Morgen-Wind wird für mäßig, warm und trocken, auch für gesund und heilsam gehalten, und bringet schönes Wetter, machet auch den Menschen in allen Verrichtungen geschickt. Der Mittags-Wind ist warm und feucht, und bringet leichtlich Regen. Der Abend-Wind ist kalt und feucht, neblicht und ungestümm, doch dabey fruchtbar, wiewohl den menschlichen Leibern nicht so gar zuträglich. Der aber von Mitternacht kommet, ist kalt und trocken, bringt Hagel, Schnee und Donner mit sich; reiniget hingegen die Lufft, vertreibt alle gifftige Dünste, ist aber der Gesundheit nicht eben sehr erbaulich. Diese vier Haupt-Winde werden hernacher wieder in 32. Classes getheilet, und zum Compass für Seefahrende, als rechte Wegweiser, [660] gebrauchet. Wann nun GOtt der HErr die Menschen durch seine Winde straffen will, so lässet er solche gewaltiglich herfürstürmen, welche offt grosse Palläste, Thürne, Mauren umwerffen, die dicksten Bäume aus der Erden, sammt ihrer Wurtzel, reissen, zu geschweigen des grossen Schadens auf dem Meer, wovon wir sehr viel Exempel allhier anführen könten, die aber sonder Zweiffel männiglich bekannt seyn.

Es lässet auch der allmächtige GOtt bisweilen dem Satan zu, daß er etwa an einem Orte einen schädlichen Wind, Donner, Hagel, Schlossen und dergleichen erwecket, wie denn der Teuffel genennet wird ein Fürst, der in der Lufft unter dem Himmel herrschet. Ephes. 2. V. 2. 6. 12. Das Büchlein Hiobs bezeuget auch, es habe der Satan Feuer vom Himmel fallen lassen, und einen starcken Sturm-Wind von der Wüsten her erreget, und dadurch dem frommen Hiob grossen Schaden an seinen Kindern und Gütern gethan. Job 1. Es vermag aber (wie gedacht) der Teuffel aus eigener Gewalt nichts verderben, wann es ihm GOtt nicht verhänget und zulässet, noch weniger können Zauberer oder Zauberinnen durch ihre Kunst zuwege bringen, das wenigste durch Wind oder Unwetter zu beschädigen.

[661] Bevor wir aber etwas mehrers von den Wunder-Geschöpffen GOttes in der Lufft und an den Wolcken des Himmels melden, wollen wir vorher von den lebendigen Creaturen handlen, welche der allmächtige GOtt wunderbar erschaffen, und in der Lufft umher zu fliegen geordnet hat; und zwar Anfangs finden wir Vögel in Irrland / so man Bernacles nennet. 1 DieseArt Vögel werden auf eine seltsame Art gezeuget, denn sie haben weder Vater noch Mutter, sie kommen aus keinen Eyern, noch sonst aus einiger Gattung der Thiere, sondern kriechen aus dem Tannen-Hartz heraus / welche nächst dem Ufer des Meeres wachsen, und erstlich siehet man den Schnabel, der blicket hervor, und nach und nach kommet auch der Leib heraus, welcher, sobald er mercket frey zu seyn, in die Lufft flieget, und sich hernach nach den Sümpffen und morastigen Orten hinbegiebet. Die Geistlichen in dem Königreiche essen an den Fast-Tägen diese Thiere, weil sie vorgeben, daß dieselbe aus keinem Fleische gebohren wären.

Weil wir allhier der Vögel, so an Bäumen wachsen, gedacht, wollen wir auch nicht fürbey gehen, einer Pflantze eingedenck zu seyn, welche in der Moscau anzutreffen, und sonderlich vielfältig an dem Fluß Wolga zu finden, wird Banarets, ist auf [662] Moscowitische Sprache ein Lamm / genannt. Diese Pflantze bringt eine Frucht hervor, so die Gestalt eines Schaafs hat, also, daß man daran alle seine Glieder eigentlich verspühret. 2 Diese Mittel-Creatur zwischen einem Thier und Gewächse, hänget an der Erde, durch seinen Nabel, und wechselt seinen Platz so offt, als es ihm sein Stamm zuläßt, und wie das Graß und Kräuter überall, wo nur solches hinkommet, verdorret, so sagen die Moscowiter, diese Pflantze mache es eben, wie die Schaafe; wann diese Frucht zur Reiffe gelanget, so wird dessen Stamm durre, und bekleidet sich mit einem weiß-härigen krausen und weichen Felle / als wie eines neugebohrnen Lämmlein seines ist, und wann dieses Fell zubereitet ist, so dienet es zum Unterfüttern. Man wird auch bey dieser Pflantze gewahr, daß sie nicht eher verdorret, als wann sie kein Graß mehr um sich hat, davon sie ihre Nahrung nimmet; und ihre Frucht hat den ordentlichen Geschmack als Lamm-Fleisch / auch ist der Wolff eben so begierig solches zu fressen, als wie er denen Schaafen nachtrachtet, und bedienen sich die Moscowiter dessen sonderlich, die Wölff damit zu fahen.

In Sina wird ein sonderbarer köstlicher Vogel gefunden, der an Zierde und Pracht alle Vögel der gantzen Welt weit überhebet, und nicht allein mit seinem[663] unbeschreiblichen schönen Feder-Schmuck, welchen kein Mahler vollkömmlich fürstellen kan, sondern auch mit der schönen Feder-Crone seines Haupts /und über das mit seiner Rarität oder seltenen Erscheinung den Eren-Titul eines Königs-Vögels, oder Vogel-Königs verdienet: und zwar um so vielmehr, weil er durch seine lange Abwesenheit dem Reich grosses Unglück, gefährliche Unruhe, und Veränderung, (Sinesischer Meinung nach) durch seine Ankunfft aber dem allgemeinen Wesen Glück und Flor bedeutet. 3 Daher er auch von etlichen der Glücks-Vogel benahmet wird.

Auch werden beschrieben auf der Seefahrt nach Ost-Indien, eine grosse Menge Vögel, welche unterm Fliegen auf ihren Federn wie ein Bretspiel aussehen, und dahero auch solchen Nahmen bekommen; der Autor schreibt: Wir fingen ihrer bey stillem Wetter an der Schnur / und warffen ihnen etwas zu fressen hin. In den Federn sind sie so groß als eine Ende, am Fleisch, als wie eine grosse Taube, ihr Schnabel und Füsse gleichen den Wasser-Hünern. 4

So findet man auch sehr grosse Vögel / so Meer-Adler genennet werden, welche zwischen beyden Spitzen ihrer Flügel sechs Füsse haben; dunckel-graue Eiß-Vögel / welche so groß als eine Amsel, [664] sie kommen insgemein mit einem Sturmwind sehr häuffig; so gibt es auch ferner Vögel, die Narren heissen, weil sie, wann sie irgendwo auf dem Schiff niedersitzen, sich gar leicht fangen lassen; sie sind weiß, und so groß als ein Capaun.


Es gibt auf dieser Reise auch fliegende Fische / an Grösse und Gestalt wie ein Häring / es seynd die besten Fische, so je können gefunden werden: Sie fliegen Stahrn-weise / wie die Stahren und erheben sich nie höher als 2. à 3. Ellen hoch über das Meer: Ihr Flug ist in einer graden Linie, und wann sie von den Boniten verfolget werden, fliegen sie so lange, als ihnen die Flügel naß bleiben; fallen sie dann im Flug auf eine trockne Stelle, so können sie eben so wenig mehr als andre Fische fortkommen: und es solte einer, der sie fliegen siehet, meynen, es wären Vögel, und dennoch haben sie keine Federn; ihre Floß-Federn dienen ihnen an statt der Flügel / solche haben 5. Zoll in der Länge, und in der Breite, und ihre Schwäntze sind bey 2. und eine halbe Zoll lang. 5 Aus oberzehlten Wunder-Geschöpf GOttes können wir betrachten dessen wunderbare Güte und grosse Fürsorge gegen das menschliche Geschlecht, also, daß auch die arme See-fahrende Leute offtmahl auf dem wilden Meer mit ein oder der [665] andern guten Speise versorget und von GOtt verpfleget werden.

Unter die seltsame Lufft-Geschöpffe GOttes ist auch zu nehmen, ein frembder Vogel, genannt Eme, von D. Wormio Casearius, und von andern Casuarius genannt, dergleichen einer Anno 1548. zum erstenmahl von den Holländern, wegen seiner grossen Rarität von der Insul Java, in einer Ost-Indischen Reise mitbracht, welcher bey nahe noch einmahl so groß als ein Schwan ist, schwartz von Farb / welche auf einer Stangen sitzen, und zwey Spitzen von sich geben, welche Pflaumartig, wie am Vogel Strauß anzusehen, sind: dieser Vogel hat keine Flügel / auch keine Zunge / oben auf dem Scheitel des Haupts hat er einen Schild / so hart / als ein Schild von einer Schild-Krote / streitet mit seinen starcken Klauen, womit er als ein Pferd hinten von sich schläget. 6 Am frembdesten ist, daß er keine Zunge hat, und schlinget derowegen alles, was er isset, gantz hinab, sogar, daß er einen Apffel, so als eine Faust groß, gantz einschlucket, und was noch seltzamer, feurige Kohlen ohne Schaden hinab verschlingen kan. Stücker Eisen schlucket er sehr gern, um seinen Leib damit abzukühlen.

Von dem Strausen, wovon in unsern Büchern viel Schreibens gemachet wird, [666] ist fast keine Rarität zu halten, und dannoch seynd gar wenig unserer Landen Leute, welche jemahl einen gesehen haben, ausser, daß ich mich, da ich noch ein kleiner Knab von 6. Jahren war, einen in Leipzig gesehen, welchen ein Holländer im Land umher führete und für Geld zeigete: solche Vögel finden sich in Africa, sonderlich auf dem Capo de bon Esperance gar häufig, wieMarxius in seiner Material-Cammer p. 187. berichtet. 7 Dieser Vögel sind einige höher als ein Mann zu Pferd, werden zu 7. und einen halben Schuh hoch angetroffen, und ob schon diese Vögel gleich andern auch Flügel haben, so können sie dieselbe doch nicht zum Fliegen gebrauchen, sondern bedienen sich derer nur, daß sie desto geschwinder lauffen können, indem sie, wann sie gejaget und verfolget werden, dieselbe ausbreiten, und damit gleichsam als durch Segeln, von dem Wind fortgetrieben werden; dahero sie auch in einem Trab so geschwinde gehen, als ein Pferd in vollem Galoppe, wie Mallet in seiner Welt-Beschreibung von Africa pag. 84. bezeuget: sie sollen ihre Eyer in den Sand scharren, worinnen die Soldaten in Africa öffter 40. bis 50. finden, doch aber selbige auch mit Brüten eröffnen, da das Männlein und Weiblein sich einander ablösen, und damit ihre Jungen sobald Nahrung finden möchten, sollen die Alten einige Eyer, wann sie [667] bald ausgehen, zerbrechen, daß alsdann viel Würme darin wachsen, und den Jungen zur Nahrung dienen möchten: Die Alten aber nehren sich mit Gersten, Bohnen, Heu und Kräutern, welche sich in derer Leib finden, der mit 5. Zwerch-Fellen in 5. Theile unterschieden ist: daß aber einige den Leuten vor diesem glauben machen wollen, es könnten die Strausen das Eisen verdauen, zu dessen Wahrzeichen sie solche mit einem Huffeisen, im Schnabel gemahlet, abgebildet haben, solches ist ein bloß Gedicht, und gantz falsch, wiewohl geschehen könnte, daß solcher Vogel zuweilen mit dem Sand und Steinlein auch eisene Nägel mit einschlucken könnte, so ist die Folge nicht, daß er solche als eine Speise gebrauchet, weniger, daß sich solches in seinem Magen verzehren solte.

Der Nutzen, den wir dermahlen von dem Strausen haben, sind dessen Eyer, die zwar eine rechte Gestalt wie die Eyer haben, sie fallen aber sehr groß, offt als wie eines Kindes-Kopff, mit einer sehr dicken Schale, so auswendig bleich-gelb und inwendig weiß ist, ja, eine solche Höhle haben, daß man in eines derer Schalen wohl 36. Hüner-Eyer einfassen kan: solche werden in Africa nicht allein zur Speise gebrauchet, sondern derer Schalen auch hier zu Land in der Artzney gesuchet, wiewohl dafür gehalten [668] wird, daß solche vor unsern Eyer-Schalen keinen Vorzug haben. 8

Ob uns wohl diese beschriebene Art Vögel in unsern Landen sehr frembd wegen ihrer Seltsamkeit fürkommen, so muß man doch gestehen, daß die Vögel, derer wir einige in unsern Ländern haben, eben so curieus seyn, wegen derer Uberfluß aber von uns nicht so sehr bewundert werden: man sehe an, unsere Pfauen / wie derer Männlein ein wunder-gestalter schöner Vogel ist / wann solcher seinen Schwantz ausbreitet, und mit den schönen Spiegeln an dessen Federn pranget: Gleicher Gestalt auch unsern Welschen Hahn / mit seinem rothen Kopf und Schnabel, auch andere Vögel, als den Sperber, und Widdehopffe, die Nacht-Eul und dergleichen mehr, würden die Africaner, Sineser und andere überm Meer wohnende sich nicht eben so sehr über derer schöne Gestalt verwundern, als wir uns über ihre wilde Art Vögel verwundern müssen?

Wir wollen uns mit unsern Gedancken aber wieder zu der Lufft wenden, und überlegen, wie unterschiedlich solche ist, davon eine dem menschlichen Geschlecht bald nutzbar bald schädlich fället: Von Irrland schreibt man, daß etliche Insuln in selbigem gelegen, allwo die Lufft den Menschen so bequem und ersprießlich sey, daß sie sehr [669] lange gesund lebeten: und wann solche sehr alt und Lebens-satt, sich an andere Orte bringen liessen, damit sie desto eher ersterben könnten. 9 Hingegen ist auch an einigen Orten die Lufft unrein, vergifft, und den Menschen schädlich, wie an seinem Ort gedacht werden soll, auch ist die sehr kalte Lufft nach Hippocratis Meinung sehr offt gefährlich, wann er saget, daß alle Kälte den Beinen, Zähnen, Nerven, Gehirn und dem Ruck-Marck schädlich sey; solches kan mit Exempeln bewiesen werden, wie derer Th. Bartholinus in seinen Historiis Anatomicis gedenckt: Daß einst ein lustiger junger Freyer habe drey mannbare Jungfrauen / bey hefftiger Kälte, auf dem Eiß in Schlitten herum geführet, und aus Kurtzweil eine lange Zeit mit solchen Rädlein gedrehet, oder Ringlein gemachet; wovon die guten Töchter bey ihrer Heimfahrt, sich gleichsam ausser sich selbst, und unsinnig befunden, und nicht allein auf alles Befragen gantz ungereimte Antwort gegeben, sondern auch zu allen Geschäfften untauglich worden; Dahero man dieselbe 14. Tage in einem stillen Zim mer verwahren muste: obwohl es ihnen an Lust zur Speiß und Tranck nicht ermangelte, so konten sie doch nicht wieder zu Verstand kommen, bis selbigen das Haupt durch ordentliche Wärme wieder in guten Stand gebracht wurde. Derowegen hat man sich für allzuhefftiger [670] Kälte wohl zu hüten: doch lehret auch die Erfahrung, daß allzu grosse Hitze dem Gehirn gleichfalls schädlich sey, jedoch ist die Kälte gefährlicher.

An den unvernünfftigen Thieren ist zu bewundern, wie GOtt alles so weißlich geordnet: Man betrachte die Störche, die allzeit in der Lufft wohnen, auch ihre Nester in freyer Lufft haben, und weniger auf Regen als Ungewitter sehen, dennoch aber ihre eigentliche Zeit wissen, wann sie kommen und wieder fortreisen wollen: wann wir uns aber um derer Winter-Quartier bekümmern wollen, so sagen einige, die Störche sucheten ihre Winter-Quartier in den warmen Ländern. 10 Einige wollen auch den Ort benennen;Bellonius saget: sie kämen in Egypten: Oppianus saget, in Æthiopien, andere in Java, andere in Licien; Isidorus will, sie flöhen in Asien; Aristoteles aber inHistoria Animalium lib. 8. cap. 21. Them. 172. schreibt: Der Storch ist verborgen; das ist, man weiß nicht, wo er im Winter stecket. Obberührte Autores sagen; die Störche müsten sich im Winter an einen andern Ort begeben, weil man sie wegziehen und wieder kommen sehe. Plinius aber schreibt in Histor. natur. Lib. 33. cap. 23. l. X. 11 Es hat niemand die Störche wegziehen sehen, sondern nur, daß sie wegziehen wollen; Es hat sie auch [671] niemand wieder ankommen sehen, sondern nur, daß sie ankommen seyn; Denn beydes geschiehet in der Nacht: und ob sie gleich hin- und her fliegen, so kan man doch nicht sagen, daß sie jemahls anders, als in der Nacht ankommen wären; und bey dieser Meynung des Plinii beruhen auch die meisten Naturkündiger.

Welche aber den sichersten Weg zu der Störche Winter-Quartier vermeynen gefunden zu haben, sprechen: Sie stecken zu Winters-Zeit in den Wässern. 12 Dieses wird Anfangs aus der Erfahrung erwiesen, und berichtet Baptista Fulgosus p. 55. a. b. cap. de Avibus animalibusque aliis admirandis: Es habe GervasiusTibelisus, des Arelatensischen Reichs Marchall, an Ottonem IV. geschrieben, daß in einem See selbigen Landes etliche Leute im Winter fischen wollen, und viel Störche mit dem Netz ans Land gezogen hätten, welche fest aneinander gehangen,indem immer einer dem andern seinen Schnabel in den Hindern gesteckt gehabt; und als man selbe in die Wärm bracht / wären sie alle lebendig worden. Deßgleichen sind auch in Lothringen in einem andern See viele Störche gefunden worden, welche auch, nach beschehener Erwärmung, wieder lebendig hervor kommen. Andere hingegen [672] wollen es behaupten, daß die Störche gegen den Winter in warme Länder ziehen. Gesnerus beziehet sich darauf: Es habe Justinus Goblerus, ein gelehrter Jurist / an ihn geschrieben, es habe der Storch, so jährlich auf seinem Hause nestete, ihme eine frische Imber-Wurtz bey seinen Füssen niederfallen lassen, und wolte daraus behaupten, daß die Störche im Winter in warmen Ländern wohneten. Es saget aber ein anderer: Die Imber-Wurtzel könte wohl in der Gegend bey Wesel gewachsen seyn, weil, nach Leickeri Zeugniß in Orat. de Ubertate & prærogat. temporis nostri p. 13. das Erdreich nicht, wie vor diesem, so wüst lieget. Es hätte auch diese Wurtzel schwerlich annoch frisch seyn können, wann sie von so weiten Orten aus Indien wäre hergebracht worden.

Wolte man fragen, warum doch die Störch im Winter ihre Nester verlassen? würde zur Antwort folgen: Daß es nicht aus Kälte, sondern aus Mangel ihrer Nahrung, geschiehet: denn im Winter finden sie solch Unziefer nicht, wovon sie im Sommer leben müssen. 13 Und daß die Störche der Kälte wegen wohl dauren können, erweise ich damit, daß vormahls zuLeipzig der berühmte Stadt-Physicus, D. Welsch /etliche Jahre einen Storch in seinem Hof mit abgestutzten Flügeln unterhalten, und Winter- und Sommer-Zeit mit allerhand [673] Eingeweide aus Hünern, Endten und dergleichen, füttern lassen.

Den gewissen Tag ihres Abzugs halten einige vorden 23. Julii / andere den 10. Augusti; andere setzen die Zeit weiter hinaus, da man doch beobachtet, daß man nach dem 13. Aug. selten mehr einige Störche wird gemercket haben. 14 Wann aber die Störche wieder kommen, davon wird aberglaubisch discurirt. Einige sagen: Wer den Storch zum erstenmahl siehet / wird das gantze Jahr träncklich seyn. Knechte und Mägde sagen: Sie haben den Storch auf einem Fuß stehen sehen / ergo würden sie dieses Jahr in ihrem Dienst verbleiben. Köchinnen sagen: Sie haben den Storch zum ersten klappern hören / derowegen würden sie viel Hafen und Schüsseln zerbrechen. Und dergleichen Narren-Werck mehr. Was aber der Störche Ankunfft betrifft, so schreiben etliche, daß solche am 20. oder 22. Febr. geschehe; andere sagen: Ihre Ankunfft sey am 12. Monats Martii / am Tage Georgii / oder den 17. Martii / am TageGertrudis. Und dieses ist das / Wahrscheinlichste. Kan man nun gleich den Tag so genau nicht bemercken, so lehret doch die Erfahrung, daß solche Ankunfft um den Tag Georgii geschehe, da dann zu verwundern, [674] daß solche ihre vorige Nester, welche sie den Winter über verlassen, so genau wieder finden können. Wann sie solche nun einnehmen, verbessern sie wieder, was den Winter über vom Wetter verderbt worden, und bereiten solche auf das beste zu, denn sie halten diese Gewohnheit, daß das Männlein 10.Tage eher als das Weib ankommet / binnen welcher Zeit er sein Nest aufs beste bereitet, sein Weib begierig erwartet, und bey derer Ankunfft seine Freude mit den Flügeln zu verstehen gibt. Sobald sie ins Nest kommet, empfähet er sie freundlich, und schlinget sich um ihren Halß, worbey denn ein stilles Zischen / als eine Unterredung / gemercket wird. Vid. Heldelius d. l. apud Gesnerum p. 264. und Rollenhagen d. l. p. 318. Es haben aber die Störche etwas an sich in ihrer Natur, so einige Verwunderung erwecket, davon eines anhero gesetzt wird, welches Camerarius Decad. 10. Problem. 8. p. 92. 93. & 94. erzehlet: Es hatte sich ein gewisser Mann ein Land-Gut gekauffet, die alten Gebäude abgerissen, und neue an derer Stelle aufrichten lassen; es war aber auf dem einen Hause von langer Zeit her ein Storchs-Nest gewesen, deßwegen hatte der Bau-Herr denjenigen Theil der Scheuer, auf welchem das Storch-Nest war, zuletzt abnehmen und von dar auf das beste ersterbauete Stück der [675] neuen Scheuer bringen lassen, versetzte auch die Jungen Störche an selbigen neuen und bequemen Ort, nachdem er die Alten mit vieler Mühe aus vorigem Neste hatte jagen müssen. 15 Er meynete, die alten Störche würden auch den jungen in das neue Quartier nachfolgen; sie macheten aber ein groß Geklapper mit den Schnäbeln, und flohen davon. Da sie nun zwey Stunden lang weg gewesen waren, kamen sie wieder, und brachten viel andere Cameraden mit, flogen mit allerhand drohenden Geberden und grossem Geräusche um das alte Nest herum, sahen 3. bis 4. mahl hinein, und beobachteten, was vorgegangen war, von dar flogen sie auf eine Wiese; als sie daselbst eine kleine Weile beysammen gestanden hatten, flogen die übrigen alle davon, die zwey aber, derer Junge im neuen Nest waren, bezogen die neue Wohnung.

Ich habe selbst beobachtet, daß ein Landmann in Graupünthen / bey Tussis, im Junio nächtlicher Weile vier Störch mit seinem Knecht, durch unerhörte Mühe, von einem zwar niedrigen Stadel gefangen genommen, solche Curiosität wegen zusammen in einen Gänse-Stall eingesperret, und mit Fröschen, auch anderem Luder, zur Gnüge versehen lassen. 16 Anfangs wolten solche weder essen noch trincken, daß auch am vierten Tage der Hauß-Herr vermuthete, [676] sie würden nicht länger leben können; aber am fünfften Tage sind sie von Hunger gezwungen worden, daß sie alle Frösche, so man in ein Züberlein Wasser zusammen gebunden gesetzt hatte, gar reinlich aufgefressen; ja es wurden dieselbe endlich ihrer Gefängniß gewohnt, daß sie gar wohl zu erhalten waren, wiewohl Junge und Alte allezeit gantz traurig waren. Nachdem aber die Zeit heran kommen, daß andere Störche wegziehen wolten, haben diese viere ein solches Geflatter und Geklapper angehoben / daß man sich fast für ihnen fürchten muste. Nun waren indeß alle andere Störche im Lande fort, da trieb den Hauß-Wirth dieCuriosität, zu sehen, was diese vier zurück gelassene Störche anfahen würden, und da der Monat September anfinge, liesse er solche aus seinem Arrest, und trieb sie in den Garten; sie konten aber nicht fliegen, ungezweiffelt, weil sie in 10. Wochen so eingesperret gewesen, und sich nicht geübet hatten. Sie sahen sich aber an allen Ecken gegen den Himmel her um, und des andern Tages fande man sie beysammen in einer grossen Wiese, allwo sie auch 4. Tage verharreten, am 5ten Tage aber war keiner mehr zu hören noch zu sehen, und hatten sich solche in selbiger Nacht fort gemachet, und niemand konte etwas von derer Abreise sagen. Des folgenden Jahres im Frühling, vermeynete der Hauß-Wirth, [677] daß solche wieder kommen, und ihr alt Quartier beziehen würden, aber kein Storch wolte mehr in solches Nest trauen: weßhalber auch der Hauß-Herr dasselbe nach zwey Jahren gar von der Stadel herunter werffen lassen. Was sonst mehr von der Störche Klugheit und derer Eigenschafft zu wissen vonnöthen, davon findet sich Nachricht in M. Prætorii Disputatione de Crotalistria tepidi temporis hospita.

Nun fället auch die Frage für: Wo denn die Schwalben ihre Winter-Quartier aufschlagen? Es fället aber die Antwort wie bey den Störchen fast gleich. 17 Was dero Zeit der Abreise anlanget, so schreibt Ranzovius Calend. sub Martio p. 44: Es zögen die Schwalben im Augusto weg; Schwenckfeld hingegen saget in Theriotroph. Siles. es geschehe im September. Warum solche aber um diese Zeit wegziehen, geschiehet ihrer zarten Natur wegen, weil sie das rauhe Wetter, so alsdann einfället, nicht vertragen können. 18 Wo aber die Schwalben hinziehen, davon fallen unterschiedene Meynungen. Einige sagen: Sie verkröchen sich in warmen Thälern. Andere: Sie zögen in die warmen Länder / und wendeten sich in Africa, worüber doch sehr gezweiffelt wird. Es wird aber befunden, daß sie allerhand Winckel suchen, worinnen sie den Winter über als [678] todt liegen. Etliche aber bezeugen, daß sich etliche Schwalben im Winter in holen Bäumen aufgehalten, und wären in einer faulen Eiche / so man im Winter umgehauen, eine grosse Menge Schwalben gefunden worden; viele Fischer aber bezeugen, daß sie auch sehr viele im Grunde der Flüsse und andern stehenden Wassern angetroffen und heraus gezogen, welche hernach in der Wärme wären wieder lebendig worden. Dieweil sich aber vielerley Schwalben, als Hauß- Feld- Wasser- und Mauer-Schwalben finden, so ist zu zweifflen, daß sich solche alle im Winter an einen Ort begeben werden.

Die Art, wie die Schwalben in ihren Winter-Quartieren einlogiret seyn, davon bezeuget Bodinus und andere Scribenten, daß sie vest ineinander geschlossen seyn; daß sie aber ihr Leben haben, siehet man, daß, wann sie in die Wärme kommen, sie sich alsobald zu regen anheben.

Wann nun die Schwalben ausgewintert haben, so kommen solche nicht Hauffen-weise, sondern eintzeln, dahero heisset es nach dem alten Sprichwort:Eine Schwalbe macht keinen Sommer. Das wundersamste aber ist, daß eine jede ihr Nest wieder zu finden weiß. 19 Vid. B. Jac. Thomasius in Dissertatione de Hibernaculis Hirundinum.

Marginalien

1 Seltsame Art Vögel / so an den Bäumen wachsen.
2 Lämmer wachsen an den Stauden.
3 Königs- oder Glücks-Vogel in Sina.
4 Vögel / so auf dem Meer zu sehen / wann man nach Ost-Indien fähret.
5 Fliegende Fische.
6 Wunderbarer Vogel / Casearius genannt.
7 Beschreibung des Strausen.
8 Strausen-Eyer.
9 Gesunde Lufft in den Irrländischen Insuln. Kalte Lufft schädlich.
10 Wo die Störche im Winter hinziehen.
11 Plinii rechte Antwort darüber.
12 Störche werden Winters-Zeit in sumpffigen Wassern gefunden.
13 Warum die Störche im Winter ihre Nester verlassen.
14 Welche Zeit die Störche wegziehen und wieder kommen.
15 Verwunderungswürdige Natur der Störche. Historie davon.
16 Vier Störche werden bis nach Abreise der andern eingesperret.
17 Wo die Schwalben ihre Winter-Quartier machen.
18 Wann und wohin solche ziehen.
19 Wann solche wiederkommen.

43. Vom Wunder-Geschöpff GOttes auf der Erden

[679] XLIII.

Vom Wunder-Geschöpff GOttes auf der Erden.

Gleichwie GOtt / der allweiseste Schöpffer, den Himmel zu seiner Wohnung erschaffen, gleicher Weise hat er auch den Erdboden zu der Menschen und Thiere ihrer Wohnung und Mutter bereitet: dann er empfähet uns, wann wir gebohren werden, er träget und ernähret uns, weil wir leben, und letztlich empfähet er uns wieder in seinen Schooß und behält unsere Cörper, bis zum jüngsten Tage, da er hernach mit der Seelen hinauf gen Himmel genommen wird, wann der Mensch zuvor seinen Schöpfer und Erlöser nach dem Göttlichen Wort erkannt, und gelobet hat. 1

Wann wir nun dieses Erdbodens Grösse / nach gelehrter und Hocherfahrner Männer Ausrechnung betrachten, so finden wir solchen in seiner Circumferenz oder Umkreiß 5400. Teutsche Meilen, auf welcher Revier so mancherley Creaturen anzutreffen, die wir Europäer alle bewundern müssen. 2 Diese admirable Geschöpfe GOttes aber ein wenig zu überlegen, so kommen uns an frembden [680] den Thieren für, sonderlich das Nasen-Horn, so in Ost-Indien zu finden, und wegen seines Horns, so es auf der Nase hat, auch seinen Nahmen bekommen. 3 Es soll solches seiner Grösse wegen dem Elephanten nichts nachgeben, wiewohl es viel kürtzere Beine hat, und deswegen nicht so hoch ist, so streitet es doch mit dem Elephanten, und kan denselben mit seinem Horn, womit es jenem den Bauch aufritzet, übermeistern, wiewohl dieses auch seinen Meister wieder haben soll. VonCamerario, Æliano, Gesnero und andern wird es beschrieben, daß seine Gestalt recht wunderlich und seltsam sey: denn am Kopf siehet es einem wilden Schwein gleich, auf der Nasen hat es ein unausgehohltes Horn einer Ellen lang, äusserlich schwartz und grau, inwendig weißlecht, aber sehr starck und schwer, wird in einen halben Mond gekrümmet, unten dick und oben spitz, wie ein groß Ochsen-Horn. Noch ein ander Horn hat es auf dem Rücken, welches doch viel kleiner und nur einer Spannen lang seyn soll; daß aber einige schreiben, solches wäre an seinem Leib mit vielen harten Schalen bedecket, und gleichsam wie mit einem Harnisch versehen, ist ein bloß ertichtetes Mährlein, so daher mag entstanden seyn, weil die Haut an diesem Thier des Elephanten Haut gleichet, und schwartz-grau und ohne Haar ist, auch in Seiten und auf dem Rücken viel tieffe [681] Runtzeln hat: und weil solche von den Mahlern also abgebildet werden, vermeinen einige, daß es dergleichen harte Schalen und Pantzer habe.

Wundersam kommet auch unsern Augen für dasStachel-Schwein / so im Lateinichen Histrix genannt wird, solches ist eine Art von Igeln / und findet sich in Ost-Indien / ist so groß als bey uns ein Schweinlein von 2. Monathen, hat einen Kopff wie ein Caninichen, die fördern Füsse als ein Dax, und die hintern Füsse wie ein Bär, auf der Stirn einen langen Strauß, über den gantzen Leib aber hat es lange spitzige Stacheln, welche Glied-weise, bald braun, bald weiß gebildet, und sonsten von den Mahlern zu Pinselstielen gebrauchet werden. 4 Wann man dieses Thier zornig machet, wirfft es die Stachel wie Spiese von sich; Es wird in diesem Thier, wiewohl nur bey wenigen ein Stein gefunden, der sehr kostbar gehalten wird, hat die Grösse einer kleinen Hassel-Nuß, von unterschiedlicher Form und Coleur, welche doch gemeiniglich Leberfarb oder weißlicht-grün aussiehet, glatt wie Seiffe anzugreiffen, wiewohl einige Narben, gleich wie Blatter-Gruben haben, wird von den IndianernMostica de Soho und von den Italiänern Pedra del Porco genannt. Dieser Stein ist rar, in dem selten mehr als zwo oder drey unter [682] denjenigen Waaren, welche die Ost-Indische Compagnien zu Lißbon und Amsterdam groß zu verkauffen pflegen, gefunden, auch das Stück alsdann bis an 275. Holländische Gülden verkaufft, von den Materialisten aber pro 4. bis an 600. fl. Gehalten werden. Von diesem Stein wird in der Artzney-Kunst viel Rühmens gemachet, weil er aber sehr kostbar, so kan er gar wenig gebrauchet werden. Dessen Krafft und Eigenschafft ist in D. Valentini Material-Cammer Part. I. Cap. 18. p. 456. zu lesen.

Das Renn-Thier, davon wird auch viel Sagens gemachet; man findet solche in dem Orientalischen Lappland, ist eine Art wie Hirsche, sie haben zweyzinckigte Füsse, die rund als der Ochsen ihre, und Haar als Pferde, kurtz-zackete mit zartem Haar bewachsene Hörner. 5 Ihre Milch dienet zum Getränck und Nahrung der Menschen; derer Haut wird gebrauchet zu Uberzügen der Bette und zu Pferde-Sätteln, ihre Spann-Adern werden als Hanff eingefädent, Zeuge damit zu nähen, ihr Fleisch ist sehr köstlich, und wann es eingesaltzen wird, so hält es sich lange Zeit. 6 In Finn- und Lappland werden viel derer Rennthier gefunden, und daselbst an statt der Pferde gebrauchet. Wann in denen Landen ein Reisender von dem Wirth Rennthier zum Vorspann verlanget, und solche etwa abwesend, nimmet der Wirth ein Horn[683] und bläset die Thier damit zusammen / alsdann spannet er immer eines vor einen Schlitten, welcher wie eine Gondel gemachet ist, und auf 4. kleinen Balcken stehet, die an einem Stücke Holtz, das 2. Schuh länger als der Schlitten ist, angehefftet sind, wann sich nun die Reisende in den Schlitten gesetzt haben, bedeckt man sie mit Bären-Häuten, schnallt sie hernach mit einem ledernen Gürtel von Rennthieren unter den Achseln hinten auf den Schlitten an, und gibt einem jeden ein paar Gläser Brandwein, und in jede Hand einen mit Eisen beschlagenen Stecken, damit sie sich desselben für das Umwerffen bedienen können, wann sie einige Stämme und Klötzer antreffen möchten: Hierauf murmelt der Wirth denen Rennthieren etwas ins Ohr / wo sie die Reisenden hinführen sollen / da sich dann die Thier alsobald so gewaltig ausdehnen, und mit den Reisenden so schnell fortlauffen, daß es scheinet, als ob sie mit selbigen durch die Lufft flögen, sie lauffen über Berg und Thäler, und wann sie an den bestimmten Ort kommen, halten sie gantz plötzlich ein, und schlagen mit den Füssen auf die Erde. 7 Diese Thier, sowohl Männlein als Weiblein tragen das Geweihe ein wenig höher als die Hirsche ihres, jedoch etwas krümmer und rauch, und hat nicht so viel Zacken; Sie sind von eben der Farbe wie die [684] Hirsche, nicht grösser, die Füsse ebenfalls gespalten, und starck wie der Ochsen ihre, und essen nichts als Mooß, welches in Lappland überflüßig wächset. 8 Die Weiblein geben Milch wie Kühe, davon man Butter und Käse machet so gar gut; man spannet sie an 2. Deichseln, welche mit einem Riemen von Rennthier-Leder an den Schlitten angemachet sind, und also ziehen sie einen mit unglaublicher Behändigkeit fort.

Wann man die Rennthier in ein ander Land bringet, bleiben sie nicht lang leben; Sie bringen denen Finnen und Lappländern grossen Nutzen. Sie bekleiden sich auch mit ihren Fellen, nehen ihre Kleider mit derer Adern zusammen, polstern ihre Stühle mit derselben Haaren, machen aus ihren Adern Zügel und Bänder, womit sie zuweilen ihre Schifflein zusammen binden, ohne einiges Eisen, als welches ihnen gantz und gar mangelt: aus derer Hörnern machen sie Messer-Schalen und andern Hauß-Rath. In Museo Wormiano Lib. 3. cap. 26. stehet hievon über obgedachtes noch dieses: das eine Rennthier, so den Schlitten ziehet, gehet voran, und ist ihm der Zügel an die Hörner gebunden, das andre ist an den Schlitten gebunden und folget nach; Ist nun das erste vom Ziehen müde, so wird an dessen Statt das andre angespannet, und das erste folget hinten nach: solcher Gestalt wechseln sie mit einander ab, bis [685] die Reise verbracht ist. 9 Ihre Müdigkeit zeigen sie damit an, daß sie still stehen, und die Zunge mit Keuchen aus dem Halse heraus stecken: Innerhalb 12. Stunden lauffen sie über hundert tausend Schritt.

Bey diesen Thieren ist also am allermeisten zu verwundern, daß ihnen ihr Wirth den Ort / wie weit sie gehen sollen / ins Ohr saget / und diese Thier solches auch genaue beobachten: Dann gelehrte Leut halten dafür, daß solches der Wahrheit gar nicht gemäß; oder es muß solches der ordinaire Weg und Ort seyn, den diese Thiere, gleich bey uns die Post-Pferde, offtmahls besuchet, und durch den vielen Gebrauch so gut gefasset haben, oder es müssen solcheFinnen und Lappländer den bösen Feind zum Regierer über solche Thiere gebrauchen. 10

Es beschreibet auch Happelius in Relat. Curios. Part. I. pag. 186. ein grausames Wunder-Thier /welches 1613. im Gehöltz bey Fontainebleau in Franckreich gefunden worden, so einem Wolff um den Kopff nicht ungleich sahe, ausser, daß es einen wunderlichen Rachen und lang heraus hangende Zunge hatte, dessen Hinter-Füsse wie eines Löwen und Greiffen, die Forder-Füsse wie eines Bären, und am Hinter-Bauch und Schweiff wie ein Windspiel gebildet war. 11 Uber dieses, da es sonst [686] seine Nahrung von todten Pferden und Aas gehabt, hat es, eingezogenem Bericht nach, über 150. Menschen / mehrentheils Weibs-Personen / verschlungen. Viele berichteten dazumahl, daß sie dieses Ungeheuer mit grossem Schröcken in gedachtem Forst erblicket, und, weil es auf sie zugeeilet, hätten sie sich durch die Flucht und andere Hülff, seinem grausamen Rachen entziehen müssen. Diese Zeitung erschallete in der gantzen umliegenden Gegend, absonderlich als solch Raub-Thier das Vieh täglich von der Weyd wegrisse, und die Reisende auf der Strasse anpackete, dadurch die Leute auf 20. Meil umher furchtsam machete. Es mangelte aber an wachsamen Jägern nicht, die ihm nachspühreten, und es zu fällen trachteten. Es war aber alle Mühe vergebens, da andre hingegen so verzaget waren, und sich nicht getrauen wolten, fürchtende, der Schuß möchte ihnen nicht gerathen, und sie hernach dem Raub-Thier selbst zu Theil werden. Endlich wurden 12. der besten Schützen mit langen Röhren ausgesandt, welche sich auf einer Wiese hinter einem Gepüsch verbargen, und eine Weibs-Person eine Heerde Schaafe dahin treiben liessen, so dieselbe hüten muste. 12 Sobald aber das reissende Thier die Schäferin erblickte, kame es aus dem Gehöltz hervor, und eilete auf die Schäferin zu, allein die 12. [687] Schützen feyreten nicht / sondern gaben allesammt Feuer / daß es / von so vielen Kugeln getroffen /notwendig fallen und verrecken muste. Es wurde alsobald ausgeweidet, und in dessen Gedärm noch ein Menschen-Finger mit einem güldenen Ring gefunden. Weil nun der König diß ungeheure Thier zu sehen verlangete, ward es auf einem Karrn nach dem Königlichen Schloß geführet, und hernach von jedermann, als ein seltsames Monstrum, angeschauet.

Wir wollen auch mit wenigem beschreiben die wilden Ochsen / welche sowohl in Ost- als West-Indien in grosser Menge zu finden seyn. 13 Hennepin und de la Borde beschreiben selbige, wie folget: Als wir nichts zu essen hatten, funden wir einen monstrosen wilden Ochsen an dem Ufer, welchen kaum 12. Menschen herbey ziehen könten. Wann die wilden Indianer eine Heerde solcher Ochsen oder Rühe sehen, versammlen sie sich in grosser Anzahl, und zünden das dürre Graß um die Thiere an, lassen aber doch eine Passage mit Fleiß auf, wodurch sie gehen können. 14 Dieses geschiehet an denjenigen Orten, wo sie sich mit ihren Blitzbogen und Pfeilen gesetzt und versteckt haben. Wenn nun diese Bestien dem Feuer entgehen und bey den Wilden vorbey lauffen [688] wollen,schiessen sie darauf / und erlegen öffters wohl hundert auf einen Tag / und theilen solche nach der Zahl und Nothdurfft der Familien, weßwegen sie, in grossem Triumph über solche Schlacht, ihren Weibern ruffen, das Fleisch zu hohlen, welche sich alsdann sogleich einfinden, und jede wohl 2. bis 300. Pfund auf sich laden, auf welche Last sie auch noch wohl ihre Kinder setzen, welches ihnen eben so schwer vorkommet / als wann unsere Soldaten ihre Musqueten auf die Achseln nehmen. Diese Ochsen haben an statt der Haare sehr zarte Wolle, welche an den Kühen viel länger ist, als an den Ochsen. 15 Ihre Hörner sind fast gantz schwartz, und viel dicker, als der Europäischen Ochsen, aber etwas kürtzer, der Kopff ist abscheulich dick, mit einem sehr kurtzen, aber dicken Halß, so zuweilen 6. Spannen breit ist. Zwischen den beyden Schulter-Blättern haben sie einen Höcker, die Füsse sind dick und kurtz, mit sehr langer Wolle behangen, auf dem Kopff und zwischen den Hörnern haben sie schwartze Haare, welche ihnen über die Augen fallen und hangen, und dieselbe erschröcklich machen. Das Fleisch von diesen Thieren ist überaus safftig. 16 Im Herbst sind sie sehr fett, weilen sie den gantzen Sommer durch in den Wäldern gehen und weyden, da ihnen das Graß bis [689] an den Halß gehet. Diese grosse und weite Länder sind so voll Wiesewachs und Weyden, daß es scheinen möchte, hier wäre das Element aller wilden Thiere und Ochsen. So findet man auch hier und dar kleine Wäldlein, wohin sich diese reririren, um allda zu wiederkäuen, und sich vor der Sonnen Hitze zu beschützen. Diese Thiere verändern auch das Land und ihre Wohnung nach Veränderung der Jahrs-Zeit und der Witterung. Wann sie gegen Norden sind, und vermercken, daß der Winter komme, gehen sie Süd-wärts nach den warmen Ländern, und zwar eines nach dem andern, daß man sie wohl also eine gantze Meile sehen kan; sie bleiben auch alle an einem Orte stille stehen, und wo sie ihr Lager gehabt haben, findet sich offt sehr viel Portulace, oder Burtzel-Kraut / dessen wir offt gegessen haben. Die Wege, wo diese Thiere gehen, gleichen den gebahneten Land-Strassen; sie schwimmen auch über die Bäche und Flüsse, um auf allen Seiten weyden zu können. Die wilden Kühe begeben sich in die Insuln /wenn sie kalben / damit ihnen die Wölff die jungen Kälber nicht fressen. Sobalden aber diese groß sind, daß sie ihren Müttern nachlauffen können, getrauen sich die Wölffe nicht, ihnen beyzukommen, anders sie von den Kühen getödtet würden. Die wilde Leute gebrauchen diese [690] Vorsichtigkeit bey ihrer Jagd, um diese Thiere nicht aus ihrer Gegend zu jagen, daß sie ordentlich keine, als diejenige, verfolgen, welche mit den Pfeilen verwundet sind, die andern lassen sie frey davon lauffen, und vermehren sich diese Thiere dergestalt, daß / ob man schon eine grosse Anzahl erleget / des folgenden Jahres eine viel grössere Anzahl derer verspühret wird. Die wilden Weiber spinnen die Wolle dieser Ochsen, und machen ihre Säcke daraus, worin sie das gedörrete Fleisch (so an der Sonnen geschiehet) zu tragen pflegen. Sie können es, ob sie schon kein Saltz haben, dennoch 4. Monden des Jahrs erhalten, und so zubereiten, daß es gar nicht stinckend wird, und wenn man alsdann davon isset, solte man vermeynen, daß es erst jüngst geschlachtet wäre.

Wir hätten noch vielerley Arten Thiere, solcheWunder-Geschöpffe GOttes zu beschreiben; weil aber von andern Autorn derer zur Gnüge bekannt gemachet, so wollen wir annoch zum Beschluß dieses Capitels etwas mit wenigem gedencken einiger Men schen, die fast nicht weniger, als für wilde Thiere /an Verstand und Grausamkeit zu halten seyn. 17 Sonderlich meritiret eine Nation allhier eine Stelle, die sogenannte Hottentotische Cafren. Dieses sind Leute von einer heßlichen und scheußlichen Gestalt, daß sie kaum den Namen der [691] Menschen verdienen. Sie gehen Truppenweise miteinander, und wohnen in Höhlen, oder mit Stroh gedeckten Hütten, haben auch sonst nichts zu thun, als ihr Vieh aufzuziehen und zu versorgen. Und ob sie gleich dessen mehr als zuviel haben, so saget man doch, daß sie nichts zu ihrer Nothdurfft schlachten, sondern nur das / was von Kranckheit stirbt / essen. 18 Sie sind aufs äusserste faul, und würden vielmahl lieber Hunger leiden, als arbeiten, und nur mit dem zufrieden seyn, was die Natur von sich selbst herfür bringet. Sie haben eineWurtzel, welche unsern gelben Rüben / oder auchZucker-Wurtzeln / fast gleich kommet, die sie sich zu Nutzen machen. Sie braten und stossen solche manchmahl zu Brey, aus welchem sie hernach eine Art von Brod backen, welches etwas nach Castanien schmecket. Das Fleisch essen sie ungekochet / wie auch die Fische / und befinden beydes solchergestalt besser und viel safftiger, als gekochet. Sie machen wenig Speise aus der Küche, denn wenn sie ein todtes Thier finden, nehmen sie die Gedärm alsbald heraus, sie mögen stincken oder nicht, und drucken zwi schenden Fingern ein wenig den dickesten Koth heraus / und lassen sich hernach selbige wohl schmecken. Diese Art der Menschen sind fast alle mittelmäßiger Grösse, haben eine gantz eingedruckte Nase, runde Augen, ein groß [692] Maul, und grosse Ohren, eine kleine Stirn, gar wenig schwartzen und wollichten Bart, auch gekrausete Haare; sie werden nicht sehr schwartz gebohren, aber sie schmieren sich fleißig mit Ofen-Ruß, mit Fett oder Oel vermischet, um sich damit so schwartz zu machen, als immer müglich ist, und wann sie sich dann wohl eingesalbet, legen sie sich auf den Rücken, mit dem Gesicht gegen die Sonne gekehret, damit die Farbe ja recht hinein ziehen möge; sie bekommen aber von diesem ihrem vermeynten Zierrath so einen abscheulichen Gestanck, sonderlich, wann es sehr heiß ist, daß einer, ohne ihm übel zu werden, nicht nahe zu ihnen kommen darff. 19 Im Sommer gehen sie nacket / ausgenommen /daß die Männer ihre Mannheit in einem darzu recht gemacheten engen Behälter tragen / welches sie mit einem kleinem Stricklein um die Lenden binden; im Winter bedecken sie ihre Schultern mit einem Schaaf-Felle, worein sie sich gantz verbergen können. 20 Ihre Religion belangende, haben sie eigentlich keine; nichts destoweniger sollen sie zuweilen Geheimniß-volle Ceremonien machen, die anzuzeigen scheinen, als erkenneten sie ein allmächtiges Wesen. Absonderlich sollen sie den Mond ansehen, mit den Händen zusammen schlagen, und springend ruffen:Ho, ho, Hottento; welches als eine Art eines Gottesdiensts, den sie diesem Gestirn anthun, [693] scheinen möchte; doch aber nur auch eine blosse Freudens-Bezeugung wegen dieses Gestirns und seines Scheins seyn kan. Einige glauben, es sey eine Beschneidung /wann die Mütter ihren neu-gebohrnen Söhnlein mit den Zähnen den rechten Testicul abbeissen, und denselben fressen; andere aber halten dafür, sie sucheten dadurch ihre Kinder geschickter und hurtiger zur Jagd zu machen: sobald solches geschehen, geben sie den Kindlein See-Wasser zu trincken, und stecken ihnen Toback in den Mund, glaubende, daß sie dadurch so starck und hurtig würden / daß sie ein Rehe einhohlen könten. 21 Sonsten sind sie sehr diensthafft, und dienen, wegen ihrer äussersten Noth, wohl einen gantzen Tag um ein Stück Brod und ein Stücklein Toback; wollen aber freundlich tractirt und nicht gezwungen seyn. Ihre Hütten sind elend, sehr niedrig und fast rund, von Erde, Baum-Aesten und Blättern erbauet, aber so liederlich, daß der Regen auf allen Seiten hinein schläget; das Feuer machen sie in die Mitte, und legen sich alle herum in die Asche; und ob man wohl nicht versichern kan, daß das Mann- und Weibs-Volck immer keusch zusammen leben / so straffen sie doch den Ehebruch scharff. Die Männer können zwar viel Weiber nehmen, haben aber insgemein nur eine. 22 Diese Weiber haben noch was garstigers, als die Männer, an [694] sich, indem sie um den Halß und um die Beine einen Hauffen Viech-Därme herum winden / als wann es Arm-Bänder wären; so tragen sie auch an den Haaren und Fingeren Muscheln, Corallen und Glaß, und über dem Ellenbogen grosse helffenbeinerne Ringe; das abscheulichste aber an ihnen sind die Brüste / und siehet, als wann zwo lange und halb aufgeblasene Schwein-Blasen an ihrem Halß hingen; die Haut davon ist schwartz, runtzelecht, und so hart wie Zappen-Leder oder Corduan / hänget auch bis über den Nabel herunter, hat auch unten einen schwartzen gelben Knopff, der dicker ist, als die Strichen an einem Küh-Euter; indessen haben diese großmächtige Blasen diese Bequemlichkeit, daß man sie auf alle Seiten wenden kan, sogar, daß sie solche insgemein über die Achsel werffen / um das Kind / so hinten angebunden ist / zu stillen / wie solches Franciscus Leguat im zweyten Theil seiner Reisen p. 372. beschrieben. 23 Sie sind sehr hoffärtig, auch sehr verliebt, und wird gesaget, daß sie zu gewissen Zeiten in eine Raserey gerathen, da aus ihrem Leibe eine Dunst, wie bey den Hirschen, gehe, wann sie in der Brunst sind. Von dem Gürtel bis an die Knye haben sie etwas, so einem Weiber-Rock gleichet, welches sie nicht nöthig hätten, indem [695] eine von oben herab hangende und gefaltene Haut schon genugsam verhindert, daß niemand was von ihnen sehen kan. Doch wollen viele sagen, daß sie so vorwitzig gewesen, und diese fleischerne Vorhänge besichtiget hätten, welche Augen-Lust sie ihnen dann für ein klein Stücklein Toback vergönnet / den sie so hoch halten, daß sie einen Ochsen, Kuh oder Schaaf vor ein Stücklein Toback gaben, so Daumens dick gewesen, und so lang ist, daß es vom Kopff bis hinten an den Schwantz reichet, wovon die Ost-Indische Compagnie einen grossen Profit hat. Man versichert, daß / wann die Weibs-Leute ihre Kühe melcken wollen / die Männer diesen zuvor in Afftern blasen müsten /sonst die Kühe ihre Milch nicht von sich geben. Was sonst von dero Freuden-Festen, Heurathen u.d.m. zu melden wäre, ist bey vielen Autoren angemercket worden.

Ein mehres von solchen Geschöpffen GOttes, könnte allhier von Menschen und Thieren beschrieben werden, sonderlich, das recht arme Volck in Samajeda, Lappland / in Ost und West-Indien / allwo noch eine grosse Welt voll solch wildes Volck wohnet, die von ihrem Schöpffer nichts zu sagen wissen, ingleichem gibt es derer Orten eine unzehlbare Art wilder- und für unsern Augen fürkommenden Wunder-Thier; zu geschweigen [696] der Löwen, Tiger, Panther, Leoparden, Luchsen, Affen, Meer-Katzen und dergleichen, so zum Theil anhero bracht, und in grosser Herrn Thier-Gärten aufbehalten werden. 24 Allein solches alles ist bey weitem nicht so wundersam, als wann wir betrachten die grosse wunderliche Güte GOttes, die er an uns Europäern gethan hat, und uns nicht allein mit vollkommenen Gliedmassen zierlich, schön und nach seinem Bildniß erschaffen, uns mit überreichem Verstand begabet, mit herrlicher Speise und Tranck versehen, Kleidung und fürtreffliche Wohnung und Ruhe-Stätte ertheilet, für obbeschriebenen wilden und beissenden Thieren behütet, daß solche in unsern Landen uns keinen Schaden zufügen können, sondern und absonderlich für uns gesorget, daß wir seine Göttliche Allmacht / und Wunder-Geschöpf erkennen können; Uber alles aber seinen heiligen Willen offenbahret, in Zeit der Gnaden hat lassen gebohren werden, und uns des heiligen bittern Leidens und Sterbens seines lieben Sohnes theilhafft gemachet, dadurch wir nach geendeter Lebens-Zeit zu ihm in die ewige himmlische Freude versetzt werden: Dieses alles lasset uns betrachten, so werden wir erkennen, daß wir die rechten Wunder-Geschöpff GOttes seyn, so auf der Erden leben, und solche nicht in der neuen Welt, in Ost- und West-Indien, suchen dörffen.

Marginalien

1 Nutzbarkeit des Erdbodens.
2 Grösse des Erdbodens.
3 Vom Nasen-Horn.
4 Von dem Stachel-Schwein.
5 Rennthiere / wo solche gefunden werden.
6 Sind an statt der Pferde zu gebrauchen.
7 Wie ihnen ihr Wirth bedeutet / wohin sie lauffen sollen.
8 Derer Gestalt.
Sind wie Kühe zu nutzen: aber sterben in andern Ländern bald.
9 Wie solche angespannt werden und ihre Müdigkeit zeigen.
10 Was von dieser Thiere ihrer Reise zu halten.
11 Wunder-Thiere zu Fontainebleau.
Dessen Gestalt / und was es für Schaden geübet.
12 Wie man solches erleget.
13 Von wilden Ochsen in Ost- und West-Indien.
14 Wie solche gefangen werden.
15 Derer Gestalt.
16 Fürtreffliche Vieh-Weyde.
17 Von Hottentoten / was solches für wilde Menschen seyn.
18 Derer Speise.
19 Wie sie sich schwartz machen.
20 Ihre Religion.
21 Sind dienstbar.
22 Der Weiber Hoffart.
23 und Ungestalt.
24 Wo die grösten Wunder-Geschöpff GOttes auf der Erde anzutreffen.

44. Von Cometen und Regenbogen

[697] XLIV.

Von Cometen und Regenbogen.

Es erscheinen am Himmel oder Lufft zum öffternmahlen vielerley Art feurige Zeichen, welche der gemeinen Sage nach von Unerfahrnen, insgemein Cometen genannt werden; Die Physici aber theilen solche in unterschiedene Classes: die erstern werden genanntMeteora ascendentia, oder hochsteigende feurige Zeichen / und Meteora ignita descendentia, herabsteigende feurige Zeichen / bisweilen wird von der Sonne ein grosser Theil irdischer Dünste von der Erde hinauf gezogen, bis zu dem obersten Theil der Lufft, und daselbst wird dann ein solcher irdischer Dunst aufgetrucknet, und in eine solche Materiam verwandelt, die endlich qualificirt wird, daß ein Feuer daraus werden kan, dann wird solche Materia angezündet, und brennet also im obern Theil der Lufft, bis sie völlig verzehret wird. 1

Es sind aber solche feurige Zeichen mancherley Arten, dann zuweilen siehet man solche feurige Zeichen, welche lang seyn, und scheinen für unsern Augen, als ob sie [698] vom Himmel herab hingen, sehen unten etwas dick, und oben hinaus fast schmal, diePhysici nennen es Ignem pendentem oder Ignem Pensilem, in diesem Zeichen ist die Materia unten etwas gröber und dicker, als oben hinaus, darum hat es ein solch Ansehen. 2 Dann siehet man auch offtmahl Feuer-Zeichen, die gleichlang und dick seyn, und wie ein Spieß formirt, solches nennen die Physici lanceam ardentem oder trabem vel sagittam ardentem; in diesem ist die Materia allenthalben gleich, darum scheinet es in der Länge gleich dicke. Dann auch werden Feuer-Zeichen gesehen, die wie ein brennend Licht scheinen, brennen nur an einem Ort, so sie Candelam ardentem nennen. Endlich werden auch offtmahl am Himmel Feuer-Funcken gesehen, welche unter einander fliegen, und wie kleine Sternlein schimmern, oder wie Funcken, so zu einem Brenn-Ofen heraus fahren, das entstehet daher, wann sich die brennende Materie von einander theilet. Die Physici nennen es Stibulas ardentes.

Was die Cometen antrifft, so erscheinen solche auch in dem obern Theil der Lufft, und mögen derowegen auch wohl unter die ascendentia Meteora gerechnet werden: jedoch ordnen solche die Physici unter die Impressiones Medias, dahin sie den weissen Circul auch rechnen, den sie Galaxiam nennen. 3 Item, die mancherley Farben der [699] Wolcken, die Abend-Röthe / und die Morgen-Röthe; Item, daß die Sonne unterweilen bleich, und unterweilen gantz roth scheinet: Ingleichem den Regenbogen, den die Sonne machet; Item den Circul-runden Bogen mancherley Farben, den der Mond machet, und sonsten andere Zeichen mehr.

Es werden die Cometen fast auf solche Art erzeuget, gleich die in der Lufft erscheinende Zeichen, denn wenn die Sonne, oder Saturnus, Mars und andre Sterne durch ihre Conjunctiones und Synodos eine solche irdische viscosam Materiam, i.e. eine gar grobe zeheMaterie durch das Element des Feuers und Bewegung des Himmels, auch von der Hitze der Sonnen endlich also angezündet, fänget es mählig an einem Ort an zu brennen, die Flamme, so über sich brennet, machet dem Cometen den Schwantz / denselben wirfft der Comet von der Sonnen hinter sich, also daß die Sonnen-Strahlen, so gerad auf den Cometen fallen, nach der Länge an dem Schwantz der Cometen hinaus streichen. 4 Dieses ist die Ursach, daß er den Schwantz eine Zeit anders kehret. Dann die andere, nachdem er der Sonne nahe oder fern ist; Und so bald die Entzündung geschehen, und der Comet erscheinet, geschicht es selten, daß er an einem Ort still stehet, sondern er bekommt so bald einen [700] Lauff, hat ein greulich Ansehen, bis endlich die Materie all verbrannt ist.

Es ist aber doch unter den feurigen Zeichen und Cometen ein Unterscheid, denn die obengedachte feurige Zeichen vergehen bald, dieweil derselben Materie nicht so viel ist, der allergeringste und kleineste Comet aber stehet 5. bis 7. Tage, etliche aber stehen wohl 40. Tage und länger, bis die Materie allesammt verbrannt ist. 5

Es haben auch die Cometen nicht alle einerley Gestalt, denn etliche sind rund wie ein Stern, ohne daß sie grösser scheinen, und weil an etlichen die Materie am Ende herum subtiler, und dünn ist, als in der Mitten, dahero hat es das Ansehen, als ob er umher harig wäre, weswegen sie auch Stellæ crinitæ genannt werden. 6

Darnach erscheinen auch offtmahl Cometen, so einen dicken Kopff und langen Schwantz haben, die nennet man Stellas caudatas, denn dieweil solcher Comet von Materie subtil und dünn ist, so gibt er in der Länge hinaus, einen solchen lichten Schwantz. 7 Bißweilen stehet er wie ein Schwerdt, unterweilen siehet er wie eine grosse Ruthe, bisweilen erscheinet er nur an einem Ort harig, als wann er einen langen Bart hätte, und wird alsdann Stella Barbata genannt.

Was den Motum Cometarum oder derer Lauff anlanget, so kan man ihnen keinen [701] gewissen Motum attribuiren: sie haben aber doch ihre Motus accidentales, denn, weil sie in der Lufft so hoch stehen, werden sie durch Krafft des obristen Himmels mit den andern Sternen um den Erdboden herum geführet, bisweilen haben sie auch einen Motum von Abend gegen Morgen, sonderlich nach der Art des Sterns, etwa Saturni oder Martis, durch welche solche Cometen verursacht werden. 8 Bisweilen gehen oder weichen sie gegen Mittag, zuweilen auch gegen Mitternacht, haben aber doch keinen gewissen Motum, wie gemeldet ist. Vid. Hildebrand Magia Natur. p. 410. seq.

Was aber die Effectus anlanget, so sind solche schon aus lang-währender Erfahrung für unglückliche Zeichen gehalten worden, und haben davon prognosticirt: allerhand Ungewitter / Sturmwinde / Unfruchtbarkeit / Dürrung / ungesunde Lufft / Pestilentz / Theurung / Veränderung der Reiche /Todes-Fälle / Krieg / und sonst allerhand Land-Plagen / welche durch Cometen vorher verkündet würden, dieweil man jederzeit befunden, daß auff solche vielerley merckwürdige Dinge erfolget seyn, wieHerlicius in descriptione Cometæ, Schosseius, Sigbertus Spangenberg in Chron. Sax. Peucerus undPaulinus in seiner Bauren-Physic angemerckt haben. 9

[702] Und sind also die Cometen schon aus lang-wühriger Erfahrung für unglückselige Zeichen gehalten worden. 10 Cicero schreibt lib. 2. de natura Deorum: Wir wissen von uralten Zeiten her, daß die Cometen allzeit groß Unglück und Elend angedeutet haben. Lutherus spricht in enarrat. c. 9. fol. 114. Wann der HErr will, brennet ein Comet als ein Zorn-Zeichen zum Schröcken der Völcker. Philipp Melanchthon lib. 1. schreibt: Die Cometen verkündigen allerley Elend, als Dürre, Pest, grosse Empörung der Völcker, und allerhand Veränderung der Reiche.

Andere im Gegentheil lassen zwar zu, daß aus Erscheinung eines Cometen, viele dergleichen unglückselige Zufälle solten folgen können, und also ohne Angst und Schröcken sich nicht zu zeigen pflegeten; denn wenn die Hitze der Cometen so groß sey, daß dadurch die Teiche und Bäche vertrockneten, und die Fische aus Ermangelung des Wassers stürben, so würde bisweilen die Lufft dermassen vergifftet, daß dadurch natürlich wegen grosser Fäule und Gestancks allerley beschwerliche Plagen, als Dürre /theure Zeit / Pest und dergleichen Kranckheiten unter Menschen und Viehe entstehen müsten. 11 Allein sie läugnen, daß dieses die eintzige und fürnehmste Ursache in Würckung der Cometen sey: denn sie säuberten und reinigten [703] auch die Lufft von vielen irdischen Materien, wann sie dieselbige in der Lufft verzehreten. Und ist auch bekannt, daß man zum öfftern, da keine Cometen erschienen, grössere Unfälle gesehen, als da seynd sie mit Entsetzen am Himmel brennend, was man nicht für entsetzliche Dinge gesehen und erfahren, in weniger Zeit, da doch der letzte Comet 1680. soll geschienen haben: Man hat gehört von Krieg- und Kriegs-Geschrey, von Pest, Theurung, Aufruhr, Empörung der Völcker, Frost, Feuers-Brün sten, Todes-Fällen hoher Potentaten, Veränderung der Regimenter und dergleichen mehr. Vid. Reuters Reich des Teuffels pag. 822.

Daß aber gar gewiß auf Cometen-Erscheinungen vielerley Veränderung auf dem Erdboden erfolget, davon hat Felix Maurer, in seinem grossen Wunder der Welt p. 159. Part. I. unterschiedene Exempel zusammen gesammlet und beschrieben: Als Anno Mundi 1656. sey ein Comet erschienen; worauf die allgemeine Sündfluth erfolget. 12 A.M. 2018. als Abraham 70. Jahr alt, ist in Chaldea ein Comet erschienen / den man 22. Tage gesehen. A.M. 2128. ist in Egypten ein Comet erschienen; worauf die Theurung zur Zeit Isaacs erfolget. Vid. Herlicius in descript. Cometæ A.C. 1607. conspecti.

[704] A.M. 3785. ist ein erschröcklicher Comet entstanden, der auf die 80. Tage, teste Cornelio Gemma, gedauret; damahls hat Seleucus, der König in Syrien /den Heliodorum nach Jerusalem gesandt / den Schatz aus dem Tempel alldar zu rauben.

Anno Christi 78. vor Vespasiani Tod ist ein Comet in Gestalt eines Pfeils erschienen, soll 180. Tage gebrennet haben; Plin. lib. 2. cap. 25. & Commentator ejus Milichius. Nachdem ist die erschröckliche Pest angegangen, da alle Tage zu Rom auf 10000. Menschen sollen gestorben seyn. A.C. 556. ist das folgende Jahr nach erschienenem Cometen Erdbeben und Pestilentz erfolget. Anno 662. item. 684. 744. 745. 814. 839. 876. 912. sind Cometen erschienen, welche alle grosse Veränderung nach sich gezogen. Anno 930. ist ein Comet gesehen worden, darauf sind in Hungarn auf dreyhundert Million Menschen gestorben. Anno 1004. 1005. entstunden Cometen, darauf erschröckliche Theurung, Hunger und Pestilentz erfolget. Anno 1299. und 1300. sind erschröckliche Cometen gesehen worden, worauf folgendes Jahr Ottoman I. das Türckische Reich überkommen. Anno 1305. auch Anno 1313. sind auch Cometen erschienen, worauf nicht allein grosse Regiments-Veränderung, sondern auch ein grosser Hunger [705] in Litthauen, Teutschland und Franckreich entstanden, daß ein Mensch den andern gefressen / worauf eine solche Pest erfolget, von welcher man geglaubet, daß dieselbe den dritten Theil der Menschen weggeraffet. Anno 1400. ist auf selbigen Cometen nicht nur die Veränderung der Religion in Böhmen, sondern auch der Hussitten-Krieg, entstanden; auch sind 1472. 1475. 1524. 1560. Cometen gesehen worden, die allerhand Neuerung und Veränderung in der Christenheit vorbedeutet.

Nunmehro wollen wir auch mit wenigem betrachten den

Regenbogen.

Der Regenbogen gibt uns nicht allein eine physicalische Bedeutung, sondern auch eine mystische Anzeige, daß ihn GOtt in die Wolcken gesetzt, zu einem Zeugniß verheissener Gnade; dahero der Poët wohl und recht geschrieben:


Ne timeas imbres, datus est in nubibus obses. 13


Das ist:

Man soll sich nicht mehr für der Sünd-Fluth / oder erschröcklichem continuirlichem Regen fürchten, denn GOtt hat den Regenbogen als ein Pfand und Zeichen seiner Barmhertzigkeit an den Himmel und in die Wolcken gesetzt, um zu vergewissern, daß die Erde nicht mehr von der Sund-Fluth solle verderbet werden. Uberaus tröstlich sind darüber die Worte des HErrn, Gen. IX, 13: Meinen Bogen habe ich gesetzt[706] in die Wolcken, der soll das Zeichen seyn des Bundes zwischen mir und der Erden, und wenn es kommet, daß ich Wolcken über die Erde führe, so soll man meinen Bogen sehen in den Wolcken, alsdann will ich gedencken an meinen Bund, zwischen mir und euch, und allem lebendigen Thier, und allerley Fleisch, daß nicht mehr hinfort eine Sündfluth komme, die alles Fleisch verderbe: darum soll mein Bogen in den Wolcken seyn, daß ich ihn ansehe, und gedencke an den ewigen Bund, zwischen GOtt und allem lebendigen Thier, und allem Fleisch, das auf Erden ist. 14 Darum siehe den Regenbogen / und lobe den Herrn / der ihn gemachet hat / dann er hat sehr schöne Farben / Sirach 43. V. 12. Physice discurirt Wolffg. Hildebrand in seinem Kunst- und Wunder-Buch Part. II. p. 392. von dem Regenbogen / da er schreibt: Der Regenbogen hat seinen Ursprung daher, wann eine reine hohle Wasser-Wolcke in Tropffen resolvirt ist, daß sie schon zu regnen anfähet, und dann die Sonne mit ihren Strahlen in solche hohle Wolcken scheinet, so gibt die Reflexio von den Strahlen der Sonnen einen solchen Bogen von mancherley Farben zurück in unserm Gesicht, welcher Bogen sich richtet nach dem Mittel-Punct der Sonnen. 15

Die mancherley Farben aber kommen daher, weil die Wolcken an allen Orten nicht [707] gleich dicke, sondern an etlichen Orten dünner und subtiler ist, und können derowegen die Reflexiones an allen Orten nicht gleich starck seyn. 16 Und obwohl der Regenbogen wunderbarlich von Farben ist, also, daß man eine Farb vor der andern wohl kan unterscheiden, so sind in demselben Bogen doch nur 3. der vornehmsten Farben zu sehen.

1. Die Feuer-rothe Farb kommt daher, daß an selbigem Ort die Wolcke etwas schwartz und dicke ist; denn wenn ein Licht durch einen schwartzen Dunst scheinet, so gibt es eine purpur-braune, rothe Farbe, daher die Optici eine besondere Regulam setzen, also lautend: Fulgidum per nigrum conspectum refert colorem puniceum seu flammeum. 17 Die andere Farb ist grün / kommt daher, daß die Wolcke an selbigem Ort etwas subtiler und durchsichtiger ist, und derowegen die Reflexiones solares an selbigem Ort nicht so starck seyn können, und verursachen also der Sonnen Strahlen und die Reflexiones an selbigem Ort eine grüne Farb. 18 Die 3te Farb ist Himmel-blau / kommt daher, weil die Wolcken an selbigem Ort im allerdünnesten und subtilesten, und die Reflexiones radiorum am allerschönsten seyn. 19

Das sind also die drey vornehmsten Farben am Regenbogen, sammt derselbigen Ursachen, woher sie kommen; doch findet man zwischen der Purpur-rothen und [708] grünen Farben eine gelblechte Farbe / die kommt aber nicht eigentlich von den Strahlen der Sonne, sondern vielmehr durch die Zusammensetzung der Purpur-rothen und grünen Farbe, daraus also die gelbe Farbe natürlich entstehet; inmassen die Optici sagen: Puniceus ad viridem collocatus flavus apparet; i.e. Wann eine braun-rothe Farb zum Grünen gesetzt wird, so gibt es eine gelblechte Farbe. 20 Daß aber der Regenbogen nicht allzeit gantz, sondern zu Zeiten nur ein klein Stücklein über unserm Horizont gesehen wird, ist die Ursach, weil sich der Regenbogen mit seiner Circumferenz nach dem Mittel-Punct der Sonnen richtet; also imaginir dir eine Lineam, so aus deinem Gesichte durch den Mittel-Punct der Sonnen gehet, und dann das anderthalbe Theil der Linien zurück durch das Centrum mundi bis zum Gegen-Punct in der Lufft gehet, derselbe Punct, so also gleich gegen dem Mittel-Punct der Sonnen stünde, würde das Centrum des Regenbogens seyn. So kan man nun wohl selbst erachten, je höher die Sonne über dem Horizont stehet, es sey Vormittag oder Nachmittag, je weiter stehet der Gegen-Punct, oder das Centrum des Regenbogens, unter dem Horizont, und so weit die Sonne über dem Horizont stehet, eben so weit stehet das Centrum des Regenbogens über dem Horizont.

Je weiter nun das Centrum des Regenbogens [709] unter dem Horizont ist, je weniger stehet man von diesem Bogen in seinem Hemisphærio, denn der gröste Theil des Bogens stehet mit dem Centro unter dem Horizont-Circul; je weiter aber sich die Sonn in einen Horizont gesteckt hat, je weiter hat sich auf der andern Seiten der Gegen-Punct herauf gezogen, und je grösser scheinet der Regenbogen im Hemisphærio. Wann nun derohalben ein Regenbogen stehet, entweder, wann die Sonne Morgens aufgehet, oder aber des Abends, wann sie untergehet, so stehet er groß, als wann er den halben Theil des Hemisphærii vornehme, das machet, sein Centrum stehet nicht weit von dem Horizont.


Etliche wollen zwar, daß vor der Sünd-Fluth keinRegenbogen gestanden, sondern derselbe, den GOtt dem Noæ gezeiget, und zu seinem Gnaden-Zeichen verordnet habe, sey der erste gewesen; weil aber die Sonne und gantz geschaffene Natur auch für der Sünd-Fluth ihren natürlichen Lauff gehabt, eben sowohl als itzo, ergo, so haben vor der Sündfluth eben sowohl Regenbogen gestanden, als itzo. 21 Das Zeichen aber, das dem Noæ vorhin aus der Natur bekannt war, hat GOtt dadurch zu einem Gnaden-Zeichen durch sein Wort verordnet, und seine Verheissung, daß er die Welt nicht mehr also mit Wasser untergehen lassen wolle, daran gehencket.

[710] Es bedeutet aber der Regenbogen gemeiniglichRegenwetter / und sonderlich, wann er sich gegen Mittag-wärts neiget. 22 Stehet der Regenbogen aber gegen Abend, so bedeutet er, wie Seneca saget, fein gelindes Regenwetter; stehet er aber gegen Morgen, so verkündet er klar Wetter. Plinius aber will, es sey nichts darauf zu geben, und könne aus dem Regenbogen weder böß noch gut Wetter judicirt werden.

Es sind auch noch mehr Anmerckungen am Regenbogen von der Witterung, und wird dafür gehalten: Wann die aufgehende Sonne verursachet einen Regenbogen / gegen Niedergang stehende, welches des Morgens geschicht, so gibt sie ein Zeichen zu schönem Wetter, doch geschiehet es selten, daß bisweilen ein kleiner Sommer-Regen kommet. 23 Siehet man imSturm und Regenwetter an dem Himmel einen Regenbogen gegen Untergang, dieweil die Sonne hoch ist, so darff man nicht zweifflen, daß sich der Regen ja bald in ein klar Wetter verändern werde; stehet er aber gegen Aufgang / so ist es ungewiß. Ein Regenbogen über dem Mond des Nachts gibt zu erkennen, daß das Wetter unbeständig werden will, und bisweilen langwührig Ungewitter mit Feuchtigkeit und Sturm; kommt aber nach schönem und klaren Wetter ein Regenbogen in der Lufft, mit vielen schwartzen Wolcken, so regnet es gewiß etliche [711] Tage darnach.Scheinet ein Regenbogen gegen Aufgang in der Lufft, wann die Sonne will niedergehen, und die Jahrs-Zeit es leiden kan, so will es donnern oder regnen, sonderlich, wann er sich zwey-oder viel-doppelt sehen lässet. Stehet aber ein Regenbogen / wo das seyn kan, des Tages, und die Lufft ist etwa von den Wolcken verfinstert, so gibt er stracks einen grossen oder kleinen Regen, darnach als das Wetter vorher gewesen ist; dann er bedeutet nach klarem Wetter Regen, und nach langwührigem Regen klares Wetter. Siehet man vollkommene Regenbogen offt und lange stehen, sonderlich gegen Aufgang, so will sich der Lufft Klarheit zum finstern Wetter kehren, und still Wetter zu brausenden Sturm wenden.

Von den Pareliis und Paraseleniis oder unterschiedlichen Sonnen und Monden / die zu mehrmahlen am Himmel gesehen werden, wollen wir allhier auch zum Beschluß dieses Capitels Anlaß nehmen etwas zu gedencken, wie Reuter im Reich des Teuffels pag. 790. auch Maurer im Wunder der Welt pag. 116. & 126. angemerckt haben. 24 Die Zeichen nennen die Physici Parelios, wanns scheinet, als wann mehr als eine Sonne am Himmel stünde, als wann es 2. 3. oder viel Sonnen wären. Und werden[712] davon verursachet, wann eine reine dicke Wasser-Wolcke, so allenthalben gleich dicke ist, auf der Seiten neben der Sonne stehet, und dann auch still stehet, daß sie vom Winde nicht hin und wieder getrieben wird, stehet dann auch nicht so nahe bey der Sonne, und auch nicht so fern davon, so fallen die Sonnen-Strahlen auf dieselben Wolcken, daß es ein Ansehen hat, als ob 2. oder 3. Sonnen am Himmel stünden. 25 Darbey ist aber zu mercken, daß es eine dicke Wolcke sey, die allenthalben gleich dicke ist, denn wenn sie ungleich dicke ist, so nimmet sie das Bild der Sonnen nicht gäntzlich an sich; Sie muß auch glatt und rund seyn, sonst könnte der Sonnen Bildniß auch nicht darinnen formirt werden. Inmassen man an einem Spiegel siehet, je reiner und klarer solcher ist, je eigentlicher er uns ein Ding präsentirt, ist aber ein Spiegel unrein, so thuet er es nicht, also ists hiermit. So muß die Wolcke auch unbeweglich stehen, und nicht vom Wind hin und wieder getrieben werden, sonst könnte sie dasselbe auch nicht prästiren. Als wann man in ein klar Wasser siehet, das still stehet, so kan man alles fein eigentlich darinnen sehen, was oben und unten daherum stehet; wird aber das Wasser beweget, und zertrieben, so gehet es schwerer an: eben also muß es auch mit der Wolcken seyn, die dacondensiret und nicht in Wasser-Tropffen [713] resolvirt ist, denn alsdenn könte die Wolcke der Sonnen Bild auch nicht an sich nehmen; inmassen man ja siehet an den Wolcken, die den Regenbogen verursachen. Diese Wolcken sind auch in Tropffen verwandelt, darum geben sie wohl einen Bogen von mancherley Farben, aber der Sonnen Bild nehmen sie nicht an sich. Bisweilen begibt es sich, daß 3. Sonnen gesehen werden, das kommt daher, wann der gedachten Wolcken mehr als eine neben der Sonne gefunden werden. Die eine ist doch allein die rechte Sonne: die andern werden von den Physicis Soles imaginarii oder adulterini genennet.

Bisweilen werden auch 2. Monden am Himmel gesehen / mit welchen es eben diese Bewandtniß hat: sie bedeuten aber natürlich und gemeiniglich Regen-Wetter, sonderlich, wann Sol adulterinus das Zeichen der Sonnen auf die Seiten Nachmittag-wärts stehet, denn da pflegen die Wolcken leichtlich in Regen verwandelt zu werden: gleichfalls geschiehet es auch, wann etliche falsche Monden neben dem Mond des Nachts gesehen werden, sonderlich gegen Süden von ihm, so drohen sie mit grosser und überflüßiger Feuchtigkeit. 26

Ob wohl aus angeführtem die Ursachen, 2. oder mehr Sonnen / auch Monden / fürgestellet, so ist doch auch nicht [714] zu läugnen, daß auf solche sonderliche Zeigen am Himmel allerhand veränderliches auf dem Erdboden erfolget ist. 27 Wir lesen unter andern bey dem Livio im ersten Buch der fünfften Decade, seiner Historien / daß man zu Rom bey währendem Kriege, wider den König in Macedonien, den Perseum, ebenmäßig 3. Sonnen am Himmel gesehen habe, und daß die Nacht darauf unterschiedene brennende Lichter, in dem Römischen Gebiethe, welches dazumahl mit einer gewaltigen Pest geplaget ware, herunter gefallen wären. Solche 3. Sonnen aber hat man nicht allein gesehen, da der Cassius und Brutus geschlagen worden, sondern auch nach der Zeit, bey währendem inheimischen Kriege, zwischen dem Augusto und dem Antonio, und zu Zeiten des KaysersClaudii, aber die allermerckwürdigste, davon man jemahls gehört, hat sich bey des Kaysers Vitellii Regierung begeben: denn da sahe man eine Sonne am Orient und eine andere am Occident des Himmels stehen.


Im Jahr der Welt 3795. schreibt Plinius, hätte man die drey Sonnen am Himmel gesehen; solches Jahr ist der Syrer König Seleucus getödtet worden;Antiochus Eupiphanes hat seinem Bruder in der Regierung gefolget. Das folgende [715] Jahr hat Jason das hohe Priester-Ambt von Antiochio, zu Jerusalem mit einer grossen Summa Geldes erkauffet, und kurtz darauff ist der Macedonische Krieg angangen. Anno Mundi 3925. sind 3. Sonnen erschienen; worauf Julius Cæsar, wie aus den Historien bekannt, von den Zusammen-Geschwohrnen auf dem Rathhause zu Rom ermordet worden.

Anno Christi 1118. hat man auch 2. Monden am Himmel gesehen, welche gleichsam mit einander gestritten, auf einander zugegangen, und wieder von einander zurücke, bis sie endlich beyde von einer duncklen Wolcken überzogen, und ist sogleich darauf ein schröcklicher Blitz und Donnerschlag geschehen. Solches Jahr ist Alexius und an dessen Stelle sein Sohn Orientalischer Kayser worden.

Anno 1156. im Octobr. bey Regierung König Heinrich des Andern, hat man in Engelland drey Sonnen gesehen, welche, als sie bald verschwunden, geschienen, als wären 2. Sonnen daraus worden. Des folgenden Jahrs hat man bey hellem und heitern Himmel abermal 3. Sonnen gesehen, und wenig Tage her nach auch so viel Monden; darauf dann zwischendem König von Engelland und dem Ertz-Bischoff zu Canterberg Streitigkeit erfolget. Auch sind die Cardinäle in Erwählung eines Pabsts nicht einig gewesen: [716] so auch haben die Churfürsten in der Wahl eines Römischen Königs nicht eingestimmet, daher dann allerhand Zerrüttungen erfolget.

Anno 1526. sind in Ungarn 3. Sonnen am Himmel gesehen worden, worauf Ludovicus, König in Ungarn und Böhmen, Hertzog zu Schlesien, jämmerlich in einer Schlacht wider den Türcken geblieben. Es haben sich auch um sein zurückgelassenes Reich und Lande, Ferdinandus, Carolus V. des Römischen Kaysers Bruder, wie auch Johannes, ein Ungarischer Weywod, und der Türckische Kayser gezancket und Krieg geführet.

Marginalien

1 Unterschiedene feurige Zeichen in der Luft.
2 Seynd nicht all einerley Gestalt. Derer Unterschied.
3 Wo die Cometen erscheinen.
4 Der Cometen Ursprung.
5 Wie lang ein Comet brennet.
6 Sind an Gestalt ungleich.
7 Wovon die Cometen den langen Schwantz bekommen.
8 Vom Lauff der Cometen.
9 Werden für unglückselige Zeichen gehalten.
10 Was davon zu gewarten.
11 Straffen GOttes kommen auch wohl ohne vorhergehende Zeichen.
12 Anmerckung / was auf Cometen erfolget.
13 Von dem Regenbogen.
14 Göttliche Zusage von dem Regenbogen.
15 Wovon der Regenbogen entstehet.
16 Ursprung dessen Farben.
17 1. Feuer-rothe Farb.
18 2. Grüne Farb.
19 3. Himmelblaue Farb.
20 Warum wir offt nur ein Stück von dem Regenbogen sehen.
21 Ob auch vor der Sünd-Fluth Regenbogen am Himmel gestanden.
22 Was der Regenbogen vor Wetter prognosticirt.
23 Absonderliche Anmerckung von Regenbogen.
24 Von 2. oder 3. Sonnen / so gesehen werden.
25 Dessen Ursache.
26 2. Monden / wovon solches kommet.
27 Exemla, was auf solche himmlische Zeichen erfolget.

45. Von Erdbeben

XLV.

Von Erdbeben.

Von den Erdbeben schreiben die Physici, daß solche ihre gewisse natürliche Ursachen haben. 1 Hildebrand in seinem Kunst- und Wunder-Buch fol. 421. schreibt: Ein Erdbeben ist nichts anders, denn eine Bewegung und Zerrüttung der Erden, welche entstehet von etlichen irdischen und wässerigen Dünsten, so innerlich in der Erde beschlossen seyn: denn die Erde hat an etlichen Orthen auch ihre Cavernas und Höhlen, [717] in welchen sich versammlen etliche mächtige und starcke Dünste, beyderley irdische und wässerige; wann nun diese beyderley Dünste, wegen ihrer widerwärtigen Natur mit einander kämpffen, suchen sie ihrer Natur nach über sich einen Ausgang, wann nun die Erde daselbst so vest ist, daß sie mit ihrer Subtiligkeit die Erde nicht durchdringen, so reissen sie mit Gewalt hindurch, und machen die Erde zitterend und bebend, dermassen, daß sie mit grossen Klüfften an etlichen Orten von einander gerissen und gespaltet wird, daß offt grosse Berge versencket und verschlungen werden: auch wird an etlichen Orthen die Erde aufgehaben, und lässet sich wieder nieder. Solche Erdbeben aber geschehen am meisten in den warmen Ländern, so am Meer gelegen, und hartes vestes Erdreich haben; dann das Meer machet solche Höhlen, darinnen sich solche Exhalationes und Vapores versammlen. Aber in den andern Ländern, welche dem Meer nicht so nahe gelegen sind, sonderlich, wo das Erdreich weich und sandig ist, da hört man selten von Erdbeben, denn die Dünste können das Erdreich durchdringen, und leicht ihren Ausgang finden. An harten und felßigten Orthen aber hat man sich dessen ebenfalls zu besorgen, wie wir noch bey Mannes Gedencken ein Exempel in Tyrol und umliegenden Landen sagen können.

[718] Wann nun solche Erdbeben enstanden, so folget gemeiniglich eine böse Land-Plage hernach, als allerhand gifftige Kranckheiten, Sterben und Pestilentz: denn diese aus dem Erdboden heraus gegangene Dünste vergifften gemeiniglich die Lufft. 2

Es gehen aber gemeiniglich einige Zeichen vorher, welche unsere Vor-Aeltern angemercket haben, wann sich ein Erdbeben erheben will, als 1) wann das Wasser in Brunnen und Flüssen ohne eine wissendliche Ursache, unsauber wird, und stehet, gleich als wäre darinnen gerührt worden, und bekommet einen seltsamen und andern unnatürlichen Geschmack, oder Geruch, denn befürchtet man sich eines Erdbebens, sonderlich an den Orthen und Enden, da sonst mehr Erdbeben entstanden seyn. 3 Es können 2) auch die Meer-fahrende die bevorstehende Erdbeben abmercken, wann sie sehen, wie das Wasser im Meer schnell und eilig wächset, sonderlich bey stillem Wetter, oder wann vorher kein Sturmwind gewesen. 3) Auch sehen die Schiffleut, wie das Meer kleine und geringe ledige Sachen im Schiff beweget, woraus sie wissen, daß sich die Erde erschüttern und aufbrechen will. 4) Wann an den Orthen, wo sonst Winde zu wehen pflegen, die Lufft gantz still stehet, und von keinem Wetter oder Wind in etlichen Monathen etwas vermercket oder [719] gespühret wird, so ist es ein unfehlbares Zeichen eines darauf erfolgenden Erdbebens. Wenn sich 5) der feucht und dicke Dampff zu Hauff versammlet, und wie lange oder runde Wolcken-Stützen hoch aufrecht, gleich wie die Tannen, ausstrecket, schmale und hohePyramides vorstellet, wo solches geschiehet, ist gemeiniglich Erdbeben fürhanden. 6) Auch pflegen wohl die Vögel und vierfüßige Thiere die Oerter, wo Erdbeben entstehen werden, zu verlassen, und sich anderswo hin zu begeben. 7) Man höret auch gemeiniglich allerhand Schall und Klang, fast als wann das Vieh brüllete und schrye, oder Menschen heuleten, oder allerhand Getümmel von Wehr und Waffen sich ereigneten. Auch 8) wann sich die Vögel furchtsam auf die Erde setzen, denn sie vernehmen aus dem aufsteigenden Dampff und Dunst, daß Gefahr wegen eines Erdbebens fürhanden sey.

Ob nun wohl gedachter massen die Erdbeben eine natürliche Sache sind, so sind sie doch auch eine grosse Straffe GOttes, welche nicht ohne grossen und mercklichen Schaden abgehen, wenn solche zu geschehen pflegen. 4 Von Mausol wird berichtet, daß Anno 1666. am 22. Sept. daselbst und in den umliegenden Plätzen ein sehr erschröcklich Erdbeben gewesen, dergleichen bey Menschen Gedencken nicht erhört worden; es hat etliche Tage gewähret, [720] und istNinive in grosser Gefahr des gantzen Ruines gewesen, gestalten 45. Dörffer gantz und gar verderbet, und 5. Städte in die Erde gesuncken. Vier grosse Berge hatten ihre gewöhnliche Stelle verlassen, und sich eine gute Zeit schütterende gegen einander gestossen, mit einer solchen Gewalt, bis sie (so zu reden) zu Staub worden, weßhalber sich die Menschen des jüngsten Tages besorget. 5 Das Jahr darauf, Anno 1676. den 6. April / frühe zwischen 10. und 11. Uhr / erhube sich ein groß Erdbeben in Dalmatien, welches fast in einem Augenblick die Stadt Ragusa, in Illyrico gelegen, fast gantz übern Hauffen geworffen, den Fürsten auf dem Schloß und alle Diener erschlagen /denn alle Einwohner waren in ihren Geschäfften, kocheten, brateten, und was sie sonst verrichteten. Aber zu diesem kam ein grosser Wind, und bließ alle solche Feuer untereinander auf, daß also, was nicht von Steinen und Gebäuden zerquetscht worden, für Dampff ersticken muste, und solche Brunst hielt etliche Tage nacheinander an, da dann in 5500. Menschen jämmerlich zerquetscht, zermalmet und erschlagen worden. Uberdiß waren auch zugleich alle Brunnen ausgetrocknet, daß die wenige noch überbliebene und halb Todte nicht Wasser zu trincken bekommen können, sondern, ihren Durst zu löschen, [721] ihr eigen Wasser trincken müssen. Ein grosser Berg hat sich gleich mit ins Meer gestürtzt, auch ist an andern umliegenden Orten grosser Schade geschehen. Aber im Novembr. des folgenden Jahres hat sich zu Ragusa noch ein Erdbeben erhoben, wobey ein groß Ungewitter entstanden, so abermahl in selbiger Stadt und nahe herum gelegenen Orten grossen Schaden verursachet.


Eben in demselben 1668sten Jahr im Herbst ist in Asien ein solch Erdbeben entstanden, so 80. Tage lang gewähret, daß fast alle Menschen in Asien meist ihre Wohnung verlassen und davon lauffen müssen, und viel tausend Menschen verschüttet worden. 6 Ein Schreiben aus Angori berichtet auch sehr kläglich von einem grossen und langwührigen Erdbeben, so in selbigem Jahr sich am 15. Septembr. erhoben, welches also lautet: Am 3. Julii starb allhier ein Schotte, und eben da wir bemühet waren, selbigen zu begraben, und gleich, als man den Cörper bey stillem Wetter in die Erde setzete, entstunde ein erschröckliches Erd beben / welches nach etlichen Tagen, des Tages wohl 3. oder. 4. mahl sich aufthät, und öffters zur Nacht mit einem abscheulichen Gepolter unter der Erde, und solches continuirte bis auf den 20. dito. Da sagete das einfältige Volck: [722] Man müsse / damit die Plage nachlasse / den Cörper des Schotten / welchen die Erde nicht vertragen könte / wieder ausgraben und verbrennen; welcher Meynung doch andere widersprochen, daß die Leiche liegen blieben. Dieses Erschüttern hat sich dergestalt vermehret, daß den 15. Augusti / an einem Sonntage / durch ein starckes Donnerwetter und Rasen unter der Erde, und durch Wirbel-Winde in der Lufft, die Stadt Angori dermassen hart geschüttert worden, daß nicht allein die Feuer-Mauren, Häuser, Ställe, Stadt-Mauren, sondern auch das auf einem Hügel liegende Castell an vielen Orten in Hauffen gefallen; es hatte aber dennoch nur 2. Menschen das Leben gekostet, weil sich alles Volck nach einem offenen Platz salvirt und unter Hütten und Gezelt verborgen hatte. Am 18. dito darauf in der Nacht (wiewohl das Schüttern noch alle Tage gewähret hatte) gab es einen sehr erschrecklichen Stoß, und des andern Tages zur Vesper-Zeit noch einen; drey Tage aber hernach, um den Mittag, noch 3. hefftige Stösse, (differirend etwa 3. oder 4. Minuten) also, daß die Felsen rissen, und Steine von 7- bis 800. ja zu 1000. Pfunden / herab fielen; unten aber öffnete sich die Erde, woraus etliche blaue [723] schweffelechte Feuer-Flammen mit grossem Gestanck aufstiegen. Das Klagen, Seufftzen und Heulen der Weiber und Kinder und die Alteration der Männer, war nicht zu beschreiben, alles reterirte sich auf hohe Berge und Klippen, und in die Gärten und Weinberge, so daß die Stadt ledig bliebe, schlechterdings besetzt mit Türckischen Officirern, als dem Sardaer des Castels, welcher, samt den andern, bey Verlust seines Kopffs den Ort nicht verlassen dörffen, in Betrachtung derMuscof daselbst vornehmlich beruhet.

Zu Bolle, ist die Haupt-Stadt des Königreichs Pontus, allda Mithridates seinen Königlichen Sitz gehabt, hat man unter den Ruinen 18000. Todte / und unter denen 60. bis 70. Kauffleute / so Armenier, alsAnatolier, gefunden. Zu Castomine am schwartzen Meer sind unterschiedene Häuser in Hauffen gefallen, dadurch etliche Menschen todt blieben, die meisten aber beschädiget worden. Ein Dorff ober Flecken zwischen Baysacer und Amias ist gantz verfallen, und andere Orte mehr; man saget von 6000. die ums Leben kommen.

Was ist aber wohl grausamer, als lebendig von der Erden verschlungen werden? 7 Solches gibt uns Gelegenheit, dem geneigten Leser das brennende Zorn-Gewitter des feurigen Æthnæ allhier vorzustellen, [724] weil von allen niemahl kein grausamers gesehen worden. Der Anfang einer Erschütterung ereignete sich am 9. Jan. 1693. auf einem Freytag / gegen halber 10. Uhr (nach unserer Uhr) zu Nachts; das andere des folgenden Sonntages, Nachmittags gegen 3. Uhr, wiewohl sich zwischen diesen beyden unglückseligen Tagen noch viele Erschütterungen gleichsam spühren liessen. In dem Thal di Mazzara merckte man es erstlich gelinde; in den Thälern di Domina und di Noto aber um desto hefftiger, daß viele Häuser herunter stürtzeten, und die schüchterne Einwohner auf das Feld gejaget wurden. Am 11. darauf folgete ein Erdbeben mit unbeschreiblicher Hefftigkeit in der Stadt Palermo, woselbst das Schloß des Vice-Königs und das SpitalS. Bartholomæi grossen Schaden gelitten, den alten Glocken-Thurn zu S. Nicolo di Tolentino bey den Augustinern warff es gewaltsam herunter, und beschädigte die zugehörige Capelle sehr; die Kirche zuComo verlohr nur ein Stück von ihrem Gebäude; die Kirche della nunciada aber, mit ihrem Oratorio, nebst der Kirche S. Blasii, S. Jacobi, und ein grosses Theil der Kirche S. Antonii Abbatis, wurden völligruinirt. S. Leo Papa fiel gäntzlich ein, und von der prächtigen Dominicaner-Kirche bliebe nichts, als ein erbärmlicher Stein-Hauffen, welch Unglück auch das herrliche [725] Closter der PP. Reformatorum Observantium, welches eines der schönsten in dieser Provinz, nebst andern köstlichen Gebäuden mehr traf. Die Stadt Aci Aquileja, sonst Jaci Reale, so am Ufer des Meeres lieget, wo es an den Æthna spühlet, begrub fast alle ihre Einwohner unter die Stein-Hauffen, welches Unglück auch die Städte Jaci S. Antonio, Jaci S. Philippo, S. Gregorio, Pedara, Frecastagni, la Via grande, Motta, Bonacorsi, Mesterbianco, Nicolosi, Fenicia, nebst andern Flecken und Dörffern, so am Fuß des Æthnæ, oder sonst diesem Berg naheliegen, erfuhren. Gleichmäßigen Untergang beklaget dieVolck-reiche Stadt Paterno, 12. Meilen von Catanea, am Æthna gelegen, woselbst meist alle Clöster niederfielen; welches auch die Stadt Aderno, so dem Hertzog von Mont'Alto, nebst der vorigen, gehörete, zu beseufftzen Ursach hatte, Catalbianco, Piemonte im Thal di Demona Francosonte und Palagonia im Thal di Nota, wurden fast gantz zu Boden geworffen, und in lauter Gräber ihrer so unglückselig-erschlagenen Einwohner verwandelt. In diesem erschröcklichen Trauerspiel muste die vornehmste und älteste Stadt des gantzen Königreichs, Catanea, welche vor diesem eine Residentz vieler Monarchen gewesen, eine klägliche Vorstellung machen, die sich folgender Gestalt [726] præsentirte: Ein Pater / Nahmens Antonio Serronta, der die Fasten-Zeit über allda predigen solte, reisete dahin, und als er sich der Stadt des Sonntags am 11. Jan. um 10. Uhr bis auf wenig Meilen genähert hatte, sahe er über der Stadt eine schwartze dicke Wolcke, welche den gantzen Horizont über derselben, nach ihrer Ausbreitung verfinsterte. Aus dem Schlunde des Æthnæ sahe er viel feurige Flammen heraus fahren, die sich mit ihrem Dampff um die gantze Gegend Catanea ausbreiteten, und das Meer fing an schnell zu brausen, die Wellen über die Gewohnheit sich in die Höhe zu thürmen, und darbey hörete man so erschröckliches Donnern und ungeheures Knallen, als wann alle Stück und Mörser des gantzen Erdbodens auf einmahl loßgefeuret würden. Es schien, daß sich die gantze Natur verändern wolte. Die Vögel schwärmeten gantz schüchtern zwischen Himmel und Erden herum, die Thiere auf dem Felde brülleten und heuleten gantz erbärmlich, die Pferde, worauf er mit seinen Reiß-Gefehrten saß, wurden für Entsetzen stutzig, sie zitterten an allen Gliedern, daß die erschrockene Reuter gezwungen wurden, eiligst sich zu demontiren, und auf der Fläche des Erdbodens in unerhörter Todes-Angst ihr Ende zu erwarten. Sie waren also kaum abgestiegen, [727] so empfunden sie schon gantz eigentlich, daß ihre Leiber zu mehrmahlen über zwey Hand hoch von dem wanckenden Boden empor gehoben würden, und als der Pater seine Augen auf Catanea wendete, benahm ihm die von schwartzem Grauß und Staube dick angefüllete Lufft das Gesicht völlig, so daß ihn nicht anders dünckte, als ob die gantze Stadt durch eine Mine wäre in die Lufft gesprenget worden. Gestalt dann auch einige, damahls auf der Höhe des Meers seeglende Fischer eine feurige Flamme um der Stadt-Mauer angemerckt. In der Stadt Catanea ging eine Manns-Person vor dem Erdbeben auf den Marckt, und fühlete, wie er nach dem Thurn gehen wolte, daß er mit den Füssen ein wenig von der Erden in die Lufft gehoben worden, worauf er sogleich nieder fiel, und eine ziemliche Wunde in die Stirn schluge; sobald er sich wieder aufgerichtet und erhohlt hatte, vermeynte er, er seye in eine andere Welt geführet, weil er von den Häusern und Pallästen wenig mehr sahe, und die meisten in den Abgrund gesuncken, ohne der Capelle von S. Agatha la Rotonda, dem Castell von S. Ursino und dessen Mauer, mit einigen sehr geringen Wohnungen, unter dem Schutt des eingefallenen Bischöfflichen Pallasts, der Thum-Kirche und des Thurns, wohin sich die durch das vorige freytägige Erdbeben erschrockene Einwohner begeben hatten, die [728] Reliquien der Heil. Agatha in Procession zu begleiten, wurde eine unbeschreibliche Menge Volcks / die man allein bis auf 15000 gerechnet, begraben. Hierbey war remarquabel, daß die grosse Kirche eben in dem Moment, als man die Todten-Küste mit der Reliquie der Heil. Agatha öffnete, einstürtzete, und die gantze Versammlung bedeckte, ausser daß viele von dem Adel mit einigen Canonicis ihr Leben in der Capelle dieser Matron erhielten: Hingegen wurden indessen die Carmeliter, welche in der Procession von der Pforte d'Aci in die Gasse delle Piscine giengen, alle bis auf einen überschüttet, und so ergieng es meinst allen Ordens-Leuten, sammt den Closter-Jungfern, und alle auf den lustigen Hügeln um die Stadt gelegene Land-Häuser wurden in Staub verkehret, und stelleten ein trauriges Ebenbild der schnellen Veränderung irdischer Güter vor. Ein schröckliches Blitzen / knallende Donnerschläge / und ein gewaltiger Platz-Regen einer kleinen Sünd-Fluth gleich, vergesellschafftete diesen entsetzlichen Anblick, und verursachete den noch übergebliebenen Einwohnern eine neue Erstaunung, als die hochgeschwollene Wogen des wüthenden Meers sich in die Stadt ergossen, und nicht allein bis auf den Marckt-Platz S. Philippi andrangen, sondern auch den [729] geringen Uberrest der Vor-Wercke völlig überschwemmeten. In dem ersten Erdbeben am 9. Jan. fiel zuLeontini, einer von den ältesten Städten Siciliens, das Minoritten-Kloster ein, und schlug darin 4. Ordens-Leut todt, und die übrige blieben durch sonderbare Schickung bey Leben, welche Freude jedoch ihnen nicht lang gegönnet wurde, denn die letzte Erschütterung schlug vollends die gantze Stadt zu trümmern, daß auch kein eintziges Hauß gerade stehen bliebe, und dadurch büsseten über 4000. Einwohner / welche von den ersten Erdbeben wieder dahin gekommen waren, der Meynung, ihr noch übriges Vermögen in Sicherheit zu bringen, ihr unglückliches Leben ein.Ein Bruder des Franciscaner-Ordens / welcher in der Kirch Maria degli Angeli die Glocke läutete, ward mit dem Glocken-Thurn im Läuten zu Boden gestürtzt, und blieb auf eine wunderbare Art beym Leben, ohne Schaden, da doch der Thurn in einen Stein-Haussen verwandelt wurde. Ingleichem wurdeein Carmeliter / welcher im Dormitorio kranck lag, durch die Bewegung der Erde, so das gantze Kloster verwüstet, tieff herab gestürtzt, und fande man ihn dennoch unversehrt unter freyem Himmel im Bett liegen. In gleichen trübseligen Jammer gerieth die neuerbauete Stadt Leontini, allwo das [730] schöne Schloß di Licodia niederstürtzte, und die darinnen befindlicheMarquisin de Martini mit ihren Kindern erschlug. Die Volck-reiche Stadt Bizzini, so an dem Freytage des ersten Erdbebens noch vom Untergange etwas befreyet bliebe, ward an folgendem offterwehntem tödtlichem Sonntag völlig verheeret; und die Stadt Sortino und Cassaro folgeten ihrer Schwester in so einem erbärmlichen Ruin, welcher die erst-erwehnte allein von 3000. Einwohnern entblöste: von den Bergen bey dieser Stadt, wurden grosse Felsen abgerissen, welche sich wie ein plötzlicher Donnerschlag über die Häuser stürtzeten; und unter andern risse sich eine in Felsen gehauene Cisterne loß, flohe herunter bis an den vorbey-rauschenden Fluß, und behielte ihr Wasser in sich, ungeachtet einer so grausamen Bewegung; Agosta, eine auf einer Insul erbauete Handels-Stadt / gieng auf einmahl in die Lufft, welches hauptsächlich eine grosse Last Pulvers, so im Castell bey der Erschütterung sich entzündete, mit verursachte, dadurch die ohnedem meist versehrte Gebäude den letzten Stoß bekamen, sogar, daß die Stücker davon bis aufs Feld hinaus sprungen, die entronnene Bürger mit einem Hagelschlag loßgerissener Werck-Stücker verfolgeten, und solche elendiglich ermordeten. Dieser tobende Donner [731] des entzündeten Pulvers, welcher 1300. (etliche vergrössern die Zahl auf 3000.) niedergeschlagen, erstreckte sich so weit, daß er auch das Volck auf der Maltheser Galeeren nicht unbeschädiget ließ: ja was noch mehr zu bewundern, so ward ein Reisender, welcher noch über 3. welsche Meilen vonAgolla entfernet, durch einen von diesen Steinen getroffen und tödtlich verwundet. Die Häuser der Strada grande fielen aufeinander, wie ein zusammen geschlagenes Vogel-Netz, und erdrückten sehr viele. Dieses der Höllen Anerstaunung gleiche Spectacul muste noch weit grausamer werden, denn das Winseln und Weheklagen so viel jämmerlich-Erschlagenen, die offt wiederholte Mord-Schläge der niedergestürtzten Palläste, das unerhörte Heulen der unter-irdischen Winde, die sinckenden Gründe des wanckenden Erdbodens, der von Dampf, Nebel, Staub und Regen dick-geschwärtzte Horizont musten alles noch nicht genug seyn, den Tod so vielen tausenden zu dräuen.


Es war noch ein erzürntes Element übrig, dessen Grimm sich mit den dreyen vereinigen muste: denn die ungestümme Wellen des stürmenden Meers /lieffen bis an die Mauren des Dominicaner-Klosters, welche denen Schiffenden auf den Galeeren mit einem unvermeidlichen Schiffbruch droheten, wiewohl sie sich [732] noch kümmerlich salvirten. In der alten Stadt Syracusa hörete man am 9. Jenner zu Abends unter der Erden ein starck Rasseln, über 50. mahl, und ein jeder empfunde einen starcken Schweffel-Geruch, auch warff die eine halbe Meile davon entlegene Insul de Cani nach zween Tagen feurige Flammen aus, welches alles traurige Cometen eines folgenden Unglücks waren, indem die Stadt mit vielen 100. Einwohnern bis auf den 3ten Theil zerschmettert wurde. Die Erde risse sich auf dem Piazza d'arme von einander, und that sich wieder zusammen. Aus dreyen Grüfften ergosse sich ein seltsames Meer-Wasser, und öffneten sich an andern Orten mehr Quellen, aus welchen das Wasser bis 4. Ellen hoch in die Höhe fuhr, und viel Sand mit auswarff: währender Erschütterung floß das Wasser 3. mahl nach einander ab und zu, daß der Grund des Meers 50. Schritt vom Ufer trocken gesehen wurde; worbey es sich auch zutruge, daß ein Soldat / so von dem Kirch-Thurn herunter stürtzte / unverletzt auf Erden stehen blieb; Noch mehr aber war zu bewundern, daß 3. aus dem FleckenSciortino auf einem Stein sitzende Personen, von demselben bis auf anderthalb Meil sitzende oder fliegende, herab gestürtzet, und auf die St. [733] Peters-Brück gesetzt wurden: Als sie nun von solchem unerhörten Lufft-Sprung von der Brücke kaum weggegangen, fiel dieselbe ein; welche Begebenheit einer sonderbaren Anmerckung wohl würdig ist; Palazzuolo la Ferla und Buscemi wurden zu Aschen-Hauffen, worunter die Fürstin di Pantellaria, welcher die Herrschafft über das Bascemische Gebiet zustunde, nebst vielem Volck ihre klägliche Grab-Stätt finden muste. Der Volckreiche nahe am Meer gelegene Flecken Spacafurno, welcher alle Gebäude, und sein herunter-stürtzendes Castell bedeckte; viele in der Tieffe stehende Wohnungen, und die Anzahl der so unglückselig-Erschlagenen belieff sich bey nahe bis auf 2000. darunter sich der Marchese Statelli mit befand. Der Marggraf Settino / Beherrscher der Stadt Gieratana, reterirte sich von diesem seinem Eigenthums-Ort, wegen des tobenden Erdbebens in ein klein Häußlein, und wie er des folgenden Sonntags entflüchtete, sunck er mit seiner Gemahlin und 3. Kindern unter einen grossen Stein-Hauffen, woselbst er eine Zeitlang ohne Hülff liegen muste, solang, bis er an einem Zipffel von seinem Kleide, den man zwischen einer Spalten erblickte, und erkennete, hervor gezogen wurde, wiewohl ihm der unglückselige Tod seiner liebsten Gemahlin den übrigen Rest seines [734] Lebens so kümmerlich machete. Melitella, im Thal di Noto, und der Flecken Occhiula empfunden auch des Elends Antheil, und der gröste Theil der Burger wurde von Mineo mit allen Beambten bis auf einen entseelt, nachdem die gantze Stadt zu Grunde gangen. Gleichmäßiges Verhängnis muste die wegen ihres ansehnlichen Raths und Adels berühmte Stadt Caltagirone beseufftzen. Die meisten prächtigen Gebäude, worunter die Haupt-Kirche mit ihrem hohen Thurn, der wohlgebauete Collegial-Tempel zu S. Giuliano, S. Georg, S. Jacob, und das schöne Kloster an der grossen Kirch der andächtigen Conventualen, nebst der Kirch und Kloster S. Bonaventuræ, wurden in Grund gerissen; und das treffliche Jesuiter-Collegium, nachdem es vorhero das obere Gesims, und gantzes Fronton mit dem Capital eingebüsset, muste seinen Thurn verliehren, zu geschweigen, was die Carmeliter / Augustiner / Creutz-Herrn / Dominicaner und Pauliner für Unglück verschmertzen musten. Die 4. Nonnen-Klöster zu S. Georgen, S. Clara, S. Salvatoris und S. Stephani mit dem Waysen-Hauß schlugen darnieder, daß die Nonnen zu ihren Anverwandten aufs Land flüchten musten. Endlichen stürtzte auch das mit schönen [735] Statuen geschmückte Rathhauß ein, und hatte das Ansehen, als wann die andern Gebäude ihrem Ober-Haupt hierinn getreulich folgen müsten, weil wenig davon überblieben, die sich nicht zu gleichen Falle neigeten. Die Haupt-Stadt der Grafschafft des Admirals von Castilien, Modica, ein wohl-bewohnter Ort, muste ebenfalls eine Gefährdin ihrer unglückseligen Schwestern werden, und wurde in solchem Jammer von Ragusa, Scichli, Chiaramonte und dem Flecken Comisi begleitet. Da dann zu Ragusa 5. Priester und 2. Clerici unter dem Schutt ihrer eingefallenen Kirchen, auf folgende wunderbare Weise erhalten worden: Einer unter ihnen hatte seinen Weyh-Wedel in der Hand behalten / und weil der Stiehl von Eisen war, so liehe dieser getreue Unglücks-Bruder denselben den andern, womit sie ihre von grossem Durst erhitzte und lechzende Zungen abkühleten, und sich damit 7. gantzer Tage labeten: zuletzt wurde der Pfarrherr Serofano Rathes, daß er 3. Rohr-Stäbe an einander stellete, selbige mit aller Gewalt durch den Schutt in die Höhe stiesse, und weil sich davon eine Bewegung spühren liesse, so urtheilete das eben herum gehende Volck nicht unrecht daraus: daß lebendige Menschen darunter vergraben, und zogen sie heraus, ingleichem wurde ein [736] in den Armen seiner todten Mutter liegendes Kind / lebendig gefunden.

Es konten auch die unvernünfftige Thier diese ausserordentliche Bewegung nicht ohne Erstaunen empfinden; etliche auf dem Feld weydende Schaafe, wurden vor dem letzten Erdbeben gantz unbändig, lieffen als betäubet und Schwindelsüchtig durch einander, und hielten sich mit den Forder-Füssen beym Anfang der Erschütterung so vest an den Erdboden, als wann sie bezaubert wären. Die Pferde / Maul-Thier / Kinder und Kälber lieffen gantz verwirret mit stetigem Schreyen und Blöcken hin und her, und untereinander. Die Vögel lagen auf der Erden mit ausgebreiteten Flügeln, als erschrocken und unempfindlich, der Hühner ihr Gekrähe war gräßlich, und die Katzen lieffen für Furcht und Schröcken aus den Häusern auf die Felder. Noch vielmehr wäre von solchem Untergang zu melden; es ist aber der Jammer dieser Sicilianischen Land-Straffe mit keiner Feder beweglich genug auszudrucken: Denn diese Verwüstung 2. Bischoffthümer / 700. Kirchen / 250. Klöster / 49.Städte und Flecken und 73554. so jämmerlich in wenig Tagen umkommen, ist Erbarmens-würdig genug, und müste wohl ein stockisches und unempfindliches Gemuth seyn, welchem dies nicht zu Hertzen gehen solte.

Marginalien

1 Haben ihre gewisse natürliche Ursachen.
2 Was auf die Erdheben erfolget.
3 Vorhergehende Zeichen der Erdbeben.
4 Exempel etlicher Erdbeben.
5 Erdbeben in Dalmatien.
6 Erdbeben in Asien und anderer Orten.
7 Grausames Erdbeben in Sicilien.

46. Von den Sieben-Schläffern

[737] XLVI.

Von den Sieben-Schläffern.

Es ist hin und wieder viel Sagens von den Sieben-Schläffern / aber bey keinem Autore findet man sichere Nachricht, worauf man sich gründen könte. 1 Was Hermann Suden in seinem gelehrten Critico deßwegen Part. I. quæst. 18. p. 194. davon gemeldet, und bey andern Scribenten colligirt, wollen wir aus selbigen entlehnen, und dem curiosen Leser (weil man doch nicht alle Bücher bey Handen haben kan) anhero setzen: die Sache wird folgendermassen erzehlt: Als der Römische Kayser Decius die Christen aufs grausamste verfolgete, und auch in der Stadt Ephesus diejenige, welche den Götzen nicht opffern wolten, aufsuchen ließ, wurden auch die 7. Jünglinge / von den Aufsehern ergriffen, gebunden, ins Gefängnis geworffen, und endlich vor den Kayser Decium geführet, vor welchem sie ihr Glaubens-Bekänntnis mit gröster Standhafftigkeit ablegeten; der Kayser wolte sie nicht auf die Tortur bringen lassen, weil er sich in ihre sonderbahre Schönheit und blühende Jugend sonderlich verliebt hatte: [738] sondern gab ihnen Zeit sich zu den Götzen zu wenden: dannenhero wurden sie aus dem Gefängnis heraus gelassen, auch ihrer Würden und Aembter entlediget, bis man sie bey bequemer Zeit und Gelegenheit nach ihrer Religion untersuchen könte. Der Kayser begab sich hierauf kurtz anderswohin, doch wolte er wieder nach Ephesus kommen. 2 Unterdessen theilten die sieben Jünglinge ihr Vermögen unter die Armen, begaben sich in einen Berg, welchen etliche Ochlon, andere Chaos, noch andereCælium und Muhammed Alrakim genennet, nahe beyEphesus, und verbargen sich daselbst in eine Höhle, nachdem sie einen entweder aus ihrem Mittel oder anderswoher verordnet hatten: (der von etlichen Jamblichus, von andern Malchus genennet wird,) welcher von ihnen täglich in die Stadt geschickt wurde, allwo er ihnen Nahrung einkauffen, und hören muste, was darinnen vorgienge. Als nun der Kayser Decius wieder nach Ephesus kam, und nach solchen Jünglingen fragete, aber sie nicht finden konte, wurden deren Eltern aus Furcht der Tortur genöthiget, den Ort, wo ihre Söhne waren, zu bekennen: hierauf befahl Decius, man solte den Eingang zu der Höhlen mit Steinen verlegen / damit sie in einem stetigen Gefängniß blieben / und vor Hunger sterben müsten. 3

[739] Diese Begebenheit soll ein Christ, nach Eutychii Meynung einer von den Ambt-Leuten, auf eine bleyerne Taffel verzeichnet, und der sieben Jünglinge Nahmen und Marter darauf beniemt haben: welche bleyerne Taffel er in einen eisernen Kasten gethan und in die Höhle gelassen, damit man einiges Merckmahl haben möchte, wann dermahleins die Höhle eröffnet, und die Leiber dieser Märtyrer gefunden würden.

Als nun diese Jünglinge gesehen, daß sie auf solche Art lebendig begraben wären, sollen sie vor grosser Betrübnüß des Hertzens in einen tieffen Schlaff gefallen seyn; diesen Schlaff erklären die meisten Fabel-Schreiber nicht etwan von dem Tod, welcher in Heil. Schrifft offtmal ein Schlaff genennet wird, sondern von einem rechten, obschon ausserordentlichen Schlaff: Und sind gleich diese Sieben-Schläffer dem Tod nicht allzu unähnlich gewesen, so sollen doch ihre Kleider und Leiber gar nicht verweset seyn; sonst sollen sie nach Mahummets Gedancken mit offenen Augen geschlaffen, und als die Wachenden ausgesehen haben. Vid. Gregorius Turonensis Lib. I. de glor. Mart. c. 30. p. 754. c. 95. p. 286. Conf. Biblioth. Maxima Tom. II. p. 856. Metaphrastes ap. Surium in Vit. Sanct. p. 313. etc. Eutichius Alexandrinus in annalibus p. 391. Photius in Chron. pag. 485. [740] Jac. de Voragine in Histor. Longobard. legend. 96. & Chron. Sœdelii pag. 94.

Das Vaterland der Sieben-Schläfer sol die StadtEphesus gewesen seyn; Simeon Metaphrastes ap. Surium l.c. pag. 314. saget: sie wären von Heydnischen Eltern gebohren: Hingegen schreibt Nicephorus Histor. Eccles T.I.L. 5. C. 27. & T. II. lib. 14. C. 45. daß sie von Christlichen Eltern herstammeten, von welchen sie auch in der Christlichen Religion wären erzogen worden, und solten ihre Eltern fürnehme Leute gewesen seyn. 4 Dahero sie auch Photius in Chron. p. 485. Patriclos nennet: Gregorius Turonensis loc. cit. Nicephorus l.c. und Sigonius de Occident. Imper. L. 13. p. 211. geben vor, sie wären leibliche Brüder gewesen; daß sie noch müssen gar jung gewesen seyn, kan man daraus schliessen, weil sie von Nicephoro, Eutychio, Cedreno im Alkoran und an andern Orthen Pueri, Adolescentes und Juvenes genennet werden: Metaphrastes und Eutychius melden, daß sie vom Kayser Decio sehr geliebet, und gewissen Aembtern vorgesetzt worden; der erste Autor meynet, Decius habe sie zu Krieges-Obristen, der andere zu seinen Kleider-Verwahrern gemachet. In Erzehlung ihrer Nahmen variiren die Scribenten in etwas. 5 Gregor. Turonensis loc. cit. nennet sie also:Maximilianus, Malchus, Martinianus, [741] Constantinus, Dionysius, Joannes, Serapion. Photius l.c. hat folgende Nahmen: Maximilianus, Jamblichus, Martinus, Johannes, Dionysius, Exacustadius, Antonius. Beym Eutychio heissen sie: Maximianus, Amlichus, Dianus, Martinus, Dionysius, Antoninus, Joannes, Ludolfus in Comment. ad Hist. Æthiop. in annot. ad Calend. p. 436. weiset aus einem Æthiopischen Manuscripto diese Nahmen auf: Archaledes, Diomedes, Eugenius, Dimantheus, Bronatheus, Stephanus, Ciriacus, sonsten wird in Opere Chronicorum p. 119.Maximianus genennet Maximinus, und Malchus heist allda Marcus.

Was die Zeit betrifft, wie lange diese Jünglinge geschlaffen haben, so soll es von des Kaysers Decii Rechnung bis auf Kayser Theodosium gewähret haben: diesen Theodosium nennet Gregorius Turonensis c.l. einen Christen, doch setzt er nicht darbey, was er vor einen Theodosium meinet, Eutychius saget: l.c.p. 531. es sey Theodosius M. gewesen, und wäre solches im 8. Jahr seiner Regierung geschehen. 6 Durandus Rational. Lib. 7. C. 18. pag. 444. giebet vor, die 7. Jünglinge wären unter den Kaysern Arcadio und Honorio wieder aufgestanden; welchem aber die andern Autores einhellig widersprechen, und sagen, daß dieses unterm Kayser Theodosio Juniore vorgegangen, [742] doch sind sie darin sehr unterschieden, in welchem Jahr dessen Regierung solches geschehen sey. Photius spricht im 38. Theophanes, und Cedrenus im 23. Volaterranus im 30. Jahr. Etliche von den Arabern geben vor, diese Jünglinge hätten 900. Jahr geschlaffen, und Olearius im Rosenthal p. 8. welches aber schröcklich ungereimt ist, indem Muhammed selbst im Alcoran 309. Jahr meldet. Photius, Metaphrastes, Eutychius, Iac. de Voragine, Nicephorus und andere setzen 372. Jahre. Durandus hat 300. Jahre. Wer aber die Historien und Chronologie zu Rathe ziehet, wird befinden, daß die Zeit vonDecio bis auf Theodosium Iuniorem nicht viel über 200. Jahre austrage: dannenhero zehlet auch Theophanes 184. Cedrenus 170. Abul-Pharoijus 140.Sigbertus 192. und Volaterranus 196. Jahr solches Schlaffs.

Unter dem Kayser Theodosio Iuniore nun soll es auf sonderbare Schickung GOttes geschehen seyn, daß sich solche Höhle wieder aufgethan und zwar auf folgende Weise: Es ließ ein Burger zu Ephesus /Nahmens Adolius, ein Herr über diesen Berg und Höhle, einen Schaaff-Stall für sein Vieh auf denselben Ort bauen. 7 Seine Knechte und diejenigen, so an diesem Stalle arbeiteten, weltzeten die Steine, welche vor dem Loche der [743] Höhlen lagen, hinweg und wendeten sie zu ihrem Bau an: und Gregorius Turonensis, Photius und Metaphrastes II. all. hingegen meinetEutychius l.c.p. 531. daß die Hirten im Vorbeygehen die Steine nach und nach weggenommen hätten, worauf das Loch der Höhle eröffnet worden. Durandus gibt vor, der Bau-Herr des Stalls habe ein grosses Feuer vor die Höhle machen lassen, wordurch die Steine zertheilt, und alsobald in der Höhle ein Glantz vom Feuer gesehen worden. Photius aber meynet, GOtt habe eine andere Gelegenheit gehabt, dieses grosse Wunder zu verrichten. Es wäre nemlich unter dem Kayser Theodosio die Ketzerey der Sadducæer entstanden, derer Urheber Theodorus, Bischoff zuÆgea, gewesen, diese Irrgeister hätten vorgegeben, es würden die Todten entweder gar nicht, oder doch nicht mit eben denselben Leibern wieder auferstehen; damit nun solche Leute wegen ihres Irrthums überzeuget, und die Rechtglaubigen in der Wahrheit bestättiget werden möchten, habe GOtt die 7. Jünglinge, so 200. Jahr geschlaffen, erwecket, und hätten dieselbe dem Kayser die Beschaffenheit und Ursache ihrer Erweckung erzehlt. Die Muhammedaner sagen: es wäre auch des Pfarrers Hund erwecket worden, worüber sie sich gar nicht wundern, weil derselbe in einen Menschen verwandelt, und ins ewige Leben versetzt worden. V. Gregorius Turonensis, Photius, Metaphrastes loc. [744] cit. Nicephorus pag. 540. Sadi Rosar. p. 55. conf. Gentius in notis p. 552. etc. Marraccius Refut. Alcor. p. 427.

Als diese Jünglinge auf solche Art erwecket waren, däuchte es ihnen, als ob sie nur eine Nacht, oder etliche Stunden, geschlaffen hätten, grüsseten sich auf gewöhnliche Weise, und schicketen ihren Speise-Meister / (Durandus nennet ihn einen Knecht der 6. Edel-Leute) wie vorhin, in die Stadt Ephesus, um zu erfahren, was darinnen vorginge, und ihnen Nahrung einzukauffen. 8 Da nun dieser in die Stadt kame, und alles verändert sahe, indem das Creutz, welches bisher am Galgen gehangen hatte, auf der Stadt-Mauer stunde, und die Leute bey dem Nahmen Christ schwuren / erschrack er überaus sehr, und sing an zu zweifflen, als ob das die Stadt Ephesus wäre. v. Metaphrastes l. cit. Ehe er aber aus der Stadt ging, wolte er Brod kauffen: indem er nun dem Becker eine Müntz gab, worauf des Kaysers Decii, oder noch ein alter Bildniß war, kame er in Verdacht, als ob er einen Schatz gefunden hätte: dannenhero ward er zum Bischosf geführet, (den einige Marus, andere Maro, Marinus, Marcus und Stephanus nennen) zu welchem ungefehr der Pro-Consul (den Eutychius Antipater der Stadt Hauptmann nennet) gekommen war, dieser brachte es durch Dräuungen, Bande und Geisseln [745] so weit, daß der abgeschickte Bott alles bekannte, und die Höhle anzeigete. Nach solchem Bericht lieffen alle zu solchem Berge und Höhle, funden allda des Jamblichi Gesellen, und die bleyerne Tafel /auf welche der gantze Verlauff mit bleyern Buchstaben geschrieben war, und wurden durch diesen Anblick höchst bestürtzt, und ward solches für den Kayser selbst bracht, welcher, nebst dem Bischoff, zur Höhle ging, diese sieben Märtyrer besuchte, und vor ihnen zur Erden fiel; die erweckten Märtyrer aber redeten den Kayser folgender Gestalt an: Glorwürdigster Kayser / es ist eine Ketzerey entstanden / welche sich bemühet / die Christen von GOttes Ver heissung abzuziehen / daß sie keine Auferstehung der Todten hoffen sollen; damit du aber wissest /daß wir / nach des Apostels Pauli Ausspruch / alle vor dem Richterstuhl Christi müssen offenbar werden / so hat uns GOtt auferwecket / und dir solches zu sagen befohlen. Dannenhero siehe zu /daß du nicht verführet / und vom Reiche GOttes ausgeschlossen werdest. v. Eutychius l.c. Olearius im Rosenthal pag. 8. Photius l.c. Henschenius in Act. Sanct. Maji Tom. I. p. 37. Nicephorus l.c.p. 541. Gregorius Turonensis l.c.

[746] Wie lange die sieben Jünglinge nach ihrer Erweckung aus dem Schlaff gelebet haben, davon sind unterschiedene Meynungen. Gregorius Turonensis undManasses sagen, sie wären nach dem Gespräch mit dem Kayser Theodosio alsbald gestorben. Eutychius p. 535. berichtet, als der Kayser nach drey Tagen wieder kommen, hätte er sie todt gefunden. Nicephorus und Sigonius l.c. melden, sie hätten noch 7. Tage gelebet, in welchen sie mit dem Kayser conversirt, und an einem Tische mit ihm gegessen.

Der Kayser Theodosius beschloß, sie in güldenen Särgen begraben zu lassen; aber sie erschienen ihm in eben derselben Nacht, und widerriethen ihm solches, mit Bitte, er möchte sie in der Höhlen, worin sie vorhin gewesen waren, ruhen lassen; dannenhero ließ sie auch der Kayser in seidene oder von köstlichem Leinwand verfertigte Mäntel einwickeln, und in der Höhlen liegen. 9 Damit man aber eine so sonderbare Begebenheit nicht vergessen möchte, so soll derKayser Theodosius über die Höhle einen Tempel haben erbauen, nach der sieben Märtyrer Nahmen nennen, und solchen mit verguldeten Steinen zieren lassen. Hierüber hat sich nun, nach Muhameds Vorgeben, im Alcoran Sur. 18. zwischen den Glaubigen und Unglaubigen ein grosser Streit erhoben, indem jene bey gedachter [747] Höhle eine Kirche, worinnen die sieben Jünglinge solten verehret werden; diese aber nur ein gemeines Hauß erbauen lassen wolten. Es soll ihnen zu Ehren auch ein Fest seyn angeordnet worden, welchem der Kayser Theodosius, in grosser Versammlung der Bischöffe und des Volcks, beygewohnet; weswegen er auch hernach einen Triumph gehalten, und wieder nach Constantinopel gereiset ist. Und berichtet Eutychius, daß dieses Fest jährlich gefeyret worden; daß ihr Gedächtniß noch heute zu Tage begangen werde, berichten der Griechen und Lateiner Tage-Bücher, in welchen bey den Römisch-Catholischen der 27. Julii den Sieben-Schläffern gewidmet ist; doch wird in dem Julianischen Calender offt der 27. Junii davor gehalten; bey den Griechen aber wird ihnen zu Ehren der 4. Aug. und 22. Octobr. gefeyret, als an welchem Tage sie in die Höhle versperret, und wieder erwecket worden. 10 Die Abyssiner (als Jobus Ludolphus in Comment. ad Hist. Æthiop. p. 43. aus einem Aethiopischen MSto berichtet) halten ihnen 3. Tage zu Ehren, als den 20. Augusti, 13. Jenner, 8. Martii; die Coptiren begehen ihr Gedächtniß den 25. Febr.

Es wird von etlichen Scribenten vorgegeben, daß man die Reliquien dieser Sieben-Schläffer an vielen Orten sehr heilig [748] halte. 11 Zu Marseille in Provence sollen viere von diesen Märtyrern in dem Closter des heiligen Victoris begraben liegen, und derer Cörper allda gezeiget werden. v. Monconys Reise-Beschreibung p. 123. Conf. Dan. Guil. Molleri Disp. circul. de Septem Dormientibus §. 17. Es wird aber solchem Vorgeben wenig Glauben zugestellet, weilScævola und Ludovicus Sammarthani in Gallia Christiana T. 3. p. 640. worin sie die Antiquit äten und Heil. Gräber in Marseille und in gedachtem Closter vorstellen, von den vier Cörpern der Sieben-Schläffer nichts melden. Andr. Saussay hingegen berichtet in Martyrolog. Gallicano p. 390. daß zuArres, in der Grafschafft Artois, der Arm des Maximiliani, des Vornehmsten unter den Sieben-Schläffern / heilig aufgehoben würde. Wo die übrigen Cörper dieser Märtyrer / wofern sie nicht etwa verweset seyn, hingekommen, weiß man nicht. Denn wo die Höhle, welche nur noch vor einiger Zeit dem Thome Smith (in Sept. Asiæ Ecclesiarum Notitia p. 31.) auf seiner Reise von den Leuten zu Epheso gezeiget worden, einstens auf die Insul Cypern gebracht, und allda dem Henrico de Beauvan (v. ejus Itinerar. & conf. Chamier in Panstrat. Cathol. T. 2. L. 16. C. 11. pag. 669.) gewiesen worden; so darff man sich nicht wundern, wenn [749] man glaubet, daß man auch die Leiber, Gebeine und Reliquien dieser Heiligen anderswo suchen müsse.


Ob man nun die Begebenheit mit solchen Sieben-Schläffern vor wahr halten solle, darüber ist ein grosser Zweiffel entstanden; wann die Centuriatores Magdeburgenses Centur. 5. p. 1488. diese Erzehlung beschliessen, so setzen sie darbey: Dieses mag glauben / wer allzuleicht glauben kan. 12 Thummius de Festis pag. 147. saget: Dieses mag glauben / wer da glaubet / daß ein Heuschröcke einen Ochsen gebohren habe. Dieses ist wohl zu mercken, daß kein einiger Scribent aus dem 3. 4. und 5. auch 6. Seculo im Anfange könne angeführet werden, welcher das geringste von den Sieben-Schläffern melde: daher hat allererst zu Ausgange des 6. Seculi Gregorius Turonensis, ein Lateinischer Scriptor, welcher den alten Fabeln gar leicht geglaubet, dieses zum ersten berichtet. Was die bleyerne Tafel anlanget, so machet Vincentius Histor. L. 21. c. 33. einen Brief daraus, welcher mit 2. silbernen Siegeln versiegelt gewesen; allein es hat solches niemand vor dem Gregorio Turonensi berichtet, vielweniger gesehen. Und wie viel man zur selben Zeit auf erdichtete Wunderwerck (womit sonderlich Gregorius Turonensis [750] reichlich versehen ist, wie seine eigene Liebhaber gestehen müssen. v. Ruinardus in Præfat. Operibus Gregorii Turonensis præfixa) gehalten, ist wenigen unbekannt. Hernach klinget auch dieses gar übel, daß zur Zeit Kaysers Theodosii die Ketzerey der Sadducäer wieder aus der Hölle hervorgekommen, und so grosse Gewalt erlanget habe, welche mit einem so grossen Wunderwerck habe müssen hintertrieben werden: denn es stehet solches nirgends; man findet auch nicht, daß der Theodorus, Bischoff zu Ægea, welcher vor den Urheber dieser Ketzerey ausgegeben wird, in den Conciliis und Hæresiologiis selbiger Zeit unter dergleichen Nahmen wäre berührt und verdammt worden. Uberdiß, wenn sieben Jünglinge aus dem Schlaffe erwecket worden, so hat man daraus die Auferstehung der Todten noch nicht deutlich genug sehen konnen. Bey sogestalten Sachen hat auch fast Baronius selbst in Martyrolog. p. 312. diese Erzehlung vor eine Fabel gehalten; deutlicher erklärt er sich in Annalibus de Anno 852. T. 10. p. 110. Von dieser gantzen Sache kan nachgeschlagen werden M. Christiani Reineccii Dispur. de Septem Dormientibus.

Marginalien

1 Sollen zum Heydenthum gezwungen werden.
2 Verbergen sich in eine Höhle.
3 Werden darin mit Steinen vermauret.
4 Worderer Vatterland gewesen.
5 Nahmen der Sieb. Schläffer.
6 Wie lange solche geschlaffen haben.
7 Wie und wann die Sieben-Schläffer wieder aufgewachet.
8 Wie die Sieben-Schläffer nach ihrer Erwachung geehret worden.
9 Wie solche nach ihrem Tod begraben worden.
10 Wann ihr Gedächtniß gefeyert wird.
11 Was von deren Reliquien gesaget wird.
12 Wie vor schlechte Wahrheit diese Geschicht gehalten wird; und warum?

47. Von D. Faust und seinem Famulo Wagner

[751] XLVII.

Von D. Faust und seinem Famulo Wagner.

Von D. Faust / welcher die Medicin studirt haben soll, schreibt Johann Georg Neumann in seinerDisputation de Fausto Præstigiatore cap. 3. §. 2. daß die Erzehlung eine Roman Magique, oder eine Historie sey, zu welcher allerhand Umstände ersonnen worden. 1 Und wenn man seine Thaten genau betrachtet, so wird man befinden, daß dieselbe von andern übergenommen seyn. Z.E. daß Faustus dem KayserMaximiliano den Alexandrum M. in solcher Gestalt vorgestellet, wie er von den Historicis gebildet wird, haben andere Johanni Trithemio zugeschrieben. Daß gedachter Kayser durch Faustens Kunst, als er einstens des Morgens vom Schlaff erwachet, sein Gemach voller Blumen, Bäume und Kräuter in Winters-Zeit soll gesehen haben, alle Lustbarkeit erblickt, auch den lieblichen Gesang der Vögel gehöret, ist aus Alberti Magni, welcher eben solches Lasters beschuldiget wird, Historie genommen, als der Anno 1260. dem Kayser Wilhelmo zu Aachen einen Blumen-Gärten im Winter soll vorgestellet, und daher den Nahmen eines [752] Schwartz-Künstlers bekommen haben. Und abermahl, daß Faustus einen schwartzen Hund bey sich gehabt, wird von andern in des Cornelii Agrippæ Leben gebracht.


Es ist von diesem D. Faust ein gantzes Buch von dessen Leben und Thaten Teutsch im Druck heraus gegeben, auch bereits etlich mahl wieder aufgeleget und vermehret, welches Georg Rudolph Wiedemann soll verfertiget haben; wer aber dieser Wiedemann gewesen, ist ungewiß, ausser daß Crusius Annal. Suev. part. 3. p. 369. schreibet: Es habe solcher Wiedemann beym Anfange des 16. Seculi gelebet, und allerhand andre Bücher geschrieben, welche aber im Bauren-Krieg verlohren gangen. Vor einiger Zeit ist dieses Buch durch D. Pfitzern zu Nürnberg von neuem gedruckt, welche Edition dadurch soll beglaubt gemachet werden, weil sie sich auf ein MSt. so in einer alten Bibliothec gefunden wird, gründet. Ingleichem wird auch des Plazii, eines gewissenTheologi, der sonst de Spectris geschrieben, Nahmen diesem Buche vorgesetzet. Ebenermassen hat auch Johannes Manlius von diesem Faust geschrieben, doch gestehet er selbst, daß er seine Schrifft nur aus den Erzehlungen und gelehrter Leute Reden zusammen getragen habe. Ja es ist jetzo die Sage von dem Faust[753] durch die im Land umherfahrende Comœdianten so gemein worden, daß die Kinder davon erzehlen können. 2 Obberührter Manlius nun erzehlt von Fausto: Er sey von Kündling, (heut zu Tage heisset es Knüttling) einem Städtgen in Schwaben / gebürtig gewesen, habe zu Cracau studirt, und die Magie daselbst erlernet. v. Collectan. Basil. Edit. 1600. p. 36. hernach sey er hin- und her gereiset, habe allerhand Geheimnisse vorgebracht; Andreas Honddorffius nimmet des Manlii Meynung an, und saget in seinemPromptuario Exemplorum ad II. Præceptum p. 167:Faust habe sich nach Wittenberg begeben; weil aber der Fürst daselbst Befehl ertheilet, ihn gefangen zu setzen, habe er sich aus dem Staub und nach Nürnberg gemachet. 3 Wierus meynet: Faust sey sowohl ein Zauberer als Betrüger gewesen. Conrad Gesnerus ziehet in seinem Onomastico Fausten unter die Vaganten, und vergleichet ihn Paracelso und andern Schwartz-Künstlern. Philippus Camerarius in Horis subcisivis Cent. I. p. 314. ist mit Manlio und den andern einerley Meynung, und saget, es wäre fast niemand von den gemeinen Leuten gewesen, der nicht etwas von Fausts Künsten hätte zu erzehlen gewust. Absonderlich meldet er dieses: Als sich einstensFaustus bey etlichen Personen aufgehalten, [754] hätten sie von ihm begehret, er solte doch etwas von seinen Kunststücken sehen lassen; er habe sich aber lang gewegert, endlich, auf inständiges Anhalten der Compagnie, versprochen, dasjenige zu thun, was sie begehren würden. 4 Dannenhero sey einmüthig verlanget worden, einen Weinstock voll Trauben auf den Tisch zu stellen. Faust versprach, es solte sich dieses bald sehen lassen, doch solten sie alle gantz stille schweigen, bis er sie Trauben abpflicken hiesse. Es waren alle darzu willig, und Faust verblendete diese trunckene Leute, daß sich so viel Wein-Trauben præsentirten, als Personen zugegen waren; die Gäste waren alle neugierig, nahmen ein jeder sein Messer heraus, und erwarteten, wann sie Faust würde Wein-Trauben abschneiden heissen. Als sie aber derselbe eine Weile mit vergebener Hoffnung abgespeiset hatte, verschwand der Weinstock wieder, und da sahen die curiosen Liebhaber, daß sie sich die Messer an ihre Nasen gesetzt / und sich solche damit würden abschnitten haben / wann sie Faustens Befehl übergangen hätten. Diese Erzehlung hat auch Simon Majolus (oder vielmehr Georgius Draudius, als der Autor dieses andern Tomi, in seinen Diebus canicularibus T. II. Coll. 3. p. 602. ingleichemDrexelius in seiner Aurifodina Part. 2. cap. 8. wiederhohlt.

[755] Gabriel Naudæus hat Anno 1625. einen besondern Tractat geschrieben, und sich darinnen derjenigen angenommen, welche in falschem Verdacht wegen der Zauberey gewesen. 5 Unter andern saget er auch, daß die Historie, so in Teutschland von Johann Fausten entstanden, nur eine Roman Magique, oder ein mit allerhand ersonnenen Umständen versehenes Gedicht, weil Faustens Händel von keinem bewährten Historico, sondern nur von Delrio, Wiero und andern Hexen-Schreibern, gemeldet würden, wovon hernach ein mehrers soll gesaget werden. 6 Bey so unterschiedenem Bericht nun haben manche Gelehrte nicht gewust, was sie aus Fausten machen sollen. Etliche meynen, Faustus sey nur ein erdichteter Nahme, und einem Zauberer beygeleget worden, der in schweren Dingen einen glücklichen (Faustum) Success gehabt. Andere sagen, es würde dadurch Faustus Socinus verstanden: denn als derselbe den Photinianismum in Pohlen (wo unser Faust soll gelebet haben) ausgebreitet hatte, und von dem tummen Volck wegen seiner Gelehrsamkeit und Künste vor ein Wunderwerck wäre gehalten worden, hätte man ihn gar der Zauberey beschuldiget, den Zunahmen Socinus weggelassen, undFaustus behalten, gleichwie man auch Lutherum nurMartinum, und Melanchthonem Philippum zu nennen pflegen; allein es ist [756] schon lange vor Socino die Rede von Fausto herum gegangen, daß also diese Meynung bald wegfället. Einige geben vor, es würdeJohann Faust / sonst Johannes Teutonicus genennet, dadurch verstanden, welcher aber wegen einer sonderlichen Kunst niemahls in Consideration gekommen, und mit Fausten nichts zu thun hat.

Wann man nun Faustens Leben und Thaten genauer betrachten will, so finden sich Anfangs sonderlich 3. Oerter, wo er soll gebohren seyn. 7 Manlius und andere geben Rüdlingen in Schwaben für seine Geburts-Stadt an. Wiedemann saget zu Rode, einem Dorff im Weymarischen, und die Historie von Fausten / so ein Manuscript zum Fundament hat, Soldtwedel, ein Städtlein in der alten Marck.

Daß Faust die Academie zu Ingolstadt besuchet habe, (vid. Histor. Fausti Part. 1. cap. 1.) ob gleich solches kein anderer Scribent bekräfftiget, kan man gar wohl passiren lassen, weil gedachte Academie zur selbigen Zeit gar sehr florirt. vid. Erasm. Roterd. lib. II. Epist. 17. p. 121. Edit. Lond. Der Nahme Wittenberg ist ohne Zweiffel mit Würtenberg verwechselt worden. Obschon Manlius, nebst der Historie von Fausten / behaupten wollen, daß sich Faust beständig zu Wittenberg aufgehalten habe: so wird jedoch niemand läugnen, daß er auch Wittenberg besehen, [757] da er zu Nürnberg, Venedig und Leipzig gewesen ist.


Unter den Thaten Johannis Fausti wird auch dieses erzehlt: Als der Kayser Maximilianus auf eine Zeit mit seiner gantzen Hofstatt nach Inspruck kam, in Willens, eine Zeitlang allda zu verharren und frische Lufft zu schöpffen; Weil nun D. Faustus auch dazumahl seiner Kunst wegen bey Hof sich aufhielte, und um ein- und anderer Proben willen bey dem Kayser in besondern Gnaden ware, geschahe es einstens im Sommer, nach S. Jacobi-Tag, da gleich der Kayser des Abends sein Nachtmahl eingenommen und in seinem Zimmer auf und ab spazierte, daß er den Faustum alleine zu sich kommen ließ, hielte ihm vor, wie er aus etlichen Proben erfahren hätte, daß er ein erfahrner Schwartzkünstler wäre, so sey derohalben für dißmahl sein Begehren, er solle ihme, vermittelst seiner Künste, etwas zu Gefallen verrichten, es solle ihm, bey seinen Kayserlichen Worten, nichts Arges deßwegen widerfahren, sondern er wolle es noch mit allen Gnaden erkennen. 8 D. Faust kunte und wolte solches dem Kayser nicht abschlagen, und sagete alles dasjenige zu verrichten, und durch seine Kunst zuwege zu bringen, was Sie verlangeten. Der Kayser fing an und sprach: Ich sasse neulicher Zeit in meinen Gedancken, und betrachtete, [758] wie meine Vorfahren an dem Römischen Kayserthum in solch einen hohen Grad der Kayserlichen Dignität bey der Nach-Welt kommen und gelanget, daß ich billig Sorge trage, ob die nachfolgenden Kayser gleicher Ehr und Nach-Ruhms möchten theilhafftig werden; aber, was ist dieses alles gewesen gegen der Hoheit und dem Glück Alexandri Magni, der fast die gantze Welt in so kurtzer Zeit unter sich bracht hat? 9 Nun möchte ich hertzlich gern den Geist dieses unüberwindlichen Heldens / wie auch seiner schönen Gemahlin / wie sie in dem Leben gewesen, sehen und kennen. D. Faust antwortete nach einem kleinen Bedacht: Er wolle dieses alles werckstellig machen, sonder einigen Betrug, nur dieses wolte er Ihro Kayserliche Majestät gebeten haben, daß sie ja Zeit währender dieser Vorstellung nichts reden solten, welches auch der Kayser versprach. D. Faust gehet indeß vor das Gemach hinaus, ertheilte seinem Mephistophile Befehl, diese Personen vorstellig zu machen, und gehet wieder hinein. Bald klopffete es an die Thür, da thate sich solche von selbsten auf, und ging hinein der grosse Alexander, wiewohl in kleiner Person, jedoch eines strengen Ansehens, darzu hatte er einen falben und bleichrothen Bart, er trat hinein in einem gantz [759] vollkommenen köstlichen Harnisch / und machete dem Kayser Reverentz / deme denn der Kayser sobald die Hand bieten wolte, und derowegen von seinem Stuhl aufstund, D. Faust aber solches nicht zuliesse. Als nun Alexanders Geist wieder von dannen gegangen, alsobald ging herein der Geist der Königin / seiner Gemahlin. Diese machete ebenfalls vor dem Kayser eine tieffe Reverentz / war angethan mit Himmel-blauem Sammet / über und über mit Orientalischen Perlen besetzt, præsentirte benebens eine über alle massen schöne Person, lustigen Ansehens und holdseliger Geberden, daß sich der Kayser recht über solche Schönheit verwunderte; deme zugleich einfiele, wie er öffters von dieser schönen Königin gelesen, daß sie hinten an dem Nacken eine Wartze solte gehabt haben, stunde demnach auf, dessen die Wahrheit zu erfahren, und ging hin zu ihr, und als er die Wartze gefunden, ist alsobald der Geist hinaus gegangen. Ist also dem Kayser hierin in allem ein völlig Genügen geschehen. Vid. Reuters Reich des Teuffels p. 676.Sudens gelehrten Critic. P. I. pag. 103. Hist. Fausti P. II. cap. 10. Die Erzehlung aber hat auch keinen Grund, indem solches von andern Johann Trithemio zugeschrieben, und überdiß Maximilianus I. von [760] Cuspiniano de Imperat. Rom. pag. 444. wie auch vonJovio Elog. cap. 5. p. 155. vor einen frommen Printzen ausgeben wird. In dem Theuer-Danck und andern Schrifften von Maximiliani I. Thaten wird kein Wort von solcher Fabel gedacht; daß er aber in seiner Jugend sehr vorwitzig gewesen, gestehen fast alle Historici.


Dieses verdienet nicht mehr Glauben, da erzehlet wird: Als gedachter Kayser einstens des Morgens vom Schlaff erwachete, habe er sein Gemach, durch Faustens Kunst, voller Blumen, Baum und Kräuter gesehen, auch den lieblichsten Gesang der Vögel gehöret, und alle ersinnliche Lustbarkeit erblicket. 10 Vid. Histor. Fausti. Lib. II. cap. 11. Denn es ist solches aus des Alberti Magni, welcher eben solches Lasters beschuldiget wird, Historie genommen: als der Anno 1260. dem Kayser Wilhelmo zu Achen einen Blumen-Garten im Winter vorgestellet, und daher den Nahmen eines Schwartz-Künstlers bekommen hat.


Endlich wird von Fausten (Histor. P. I. cap. 25.) berichtet, er habe stets einen schwartzen Hund bey sich gehabt, welches der Teuffel gewesen, aber auch dieses gehört zu des Cornelii Agrippæ Leben, v. Paulus Jovius Elog. p. 121. obschon [761] Jovius wegen dieses Berichts viel Anfechtung gehabt. 11

Giesbertus Voetius Disp. Select. Tom. 3. p. 448. saget: Faust habe ein öffentlich Bündnis mit dem Teuffel aufgerichtet, eine Obligation deswegen von sich gestellet, und ein gewisses Brandmahl an seinen Leib angenommen. 12 Wann dieses wahr ist, so kan man ihn wohl nicht mit Gesnero loc. cit. und Wiero einen blossen Landstreicher nennen; wiewohl auchWierus selbst Lib. II. de Præstigiis pag. 143. etc. ihn vor einen Zauberer ausgiebet. Conf. Thomasii. Disp. de Vag. Scholast. §. 145.

Auch nennet man diesen Faust insgemein einenDoctor, der solchen Gradum von der MedicinischenFacultät erlanget habe: Allein solches hat Freudius Casual. de Mag. p. 265. billig daher widerleget, daß man einem so verdächtigen Menschen dergleichen Ehren-Titul nimmermehr ertheilen würde: daß man ihn aber einen Doctor genennet, ist wohl daher entstanden, weil das gemeine Volck alle Marckt-Schreyer und Henckers-Buben, die etwa eine Raude-Salbe zu verkauffen haben, ohne Unterscheid Doctor nennet, weswegen sie Faustum auch den Doctor Faust genennet haben. 13

Will man nun einiges Urthel von dieser Erzehlung fällen, so kan man mit Herrn [762] Georg Neumannen Prof. Witteb. in seiner Disput. de Fausto Præstigiatore Cap. 3. §. 2. des Naudæi Meinung in Apolog. Cap. 15. pag. 419. gar wohl annehmen, und es einRomain Magique oder eine Historie, zu welcher allerhand Umstände ersonnen worden, nennen. 14 Denn eine blosse Fabel kan man es nicht heissen, weil in gantz Teutschland eine beständige Rede von Fausten gewesen. Manlius saget: Er habe diesen Mann selbst gekennet; Camerarius berichtet, was er gehöret, undWierus hat es von einem Freunde vernommen, den Faust mit seinen Possen betrogen hätte. Ja die Schwaben gestehen es selbst, und können niemahls Kündlingen nennen, daß sie nicht sogleich an Fausten gedencken solten. Vid. Conradi Dieterici Conc. 16. in Ecclesiast. p. 237. Eine Historie kan Faust Leben auch nicht genennet werden, weil kein bewährter Historicus davon Meldung thut. Bey Sleidano, Thuano, ja auch beym Bodino in Dæmonomania, Scaligero und Cardano de rerum subtilitate und Casparo Peucero de Divinatione wird des Fausts mit keiner Silbe gedacht. Demnach ist wohl ein Faust gewesen, aber nicht mit solchen Umständen, wie insgemein davon geschrieben, und von liederlichen Comœdianten täglich noch darzu gedichtet wird.

[763] Von der Zeit, wann er gelebet, saget Wierus l.c.p. 141. daß es kurtz vor dem 1540. Jahre gewesen, und müsse man hierin dem Delrio l.c. beypflichten, welcher saget, daß Agrippa und Faust zu gleicher Zeit gelebet; nun aber wäre Agrippa An. 1539. und hernach der Welt sonderlich bekannt worden. 15 Manlius meynet, er habe dazumahl gelebet, als Kayser Carolus V. den Pabst zur Raison gebracht. Denn er sagetCollect. pag. 39. Faust habe sich gerühmt / daß er alle die Siege / welche die Kayserlichen in Italien gehabt / durch seine Kunst zuwege gebracht. Solches aber fället nach Thuani Bericht Lib. I. in das 1527. Jahr, und eben dazumahl regierete auch Johannes / Churfürst in Sachsen / welcher durch einEdict diesen Landstreicher aus seinen Gräntzen zu jagen befahl. Vid. Hondorff. loc. cit.

Wittenberg aber hat weiter nichts mit Fausten zu thun gehabt, sondern Würtemberg / wie oben gesaget worden. 16 Wolte man die gemeine Rede vorschützen, welche nicht allemahl falsch wäre, so ist dieses davon zu wissen: als im 30. jährigen Kriege auch Sachsen voller Soldaten war, fielen diese Kriegs-Männer in ein Dorff an der Elbe, Nahmens Brada, damit nun der Schultz solche Soldaten von seinem [764] Hause abhalten möchte, so beredete er sie: sein Hauß wäre wegen des entsetzlichen Todes Johann Fausts gar unsicher; zeigete ihnen auch die Wand, welche etwan mit Ochsen-Blut bespritzt war, und jagete dadurch den Soldaten eine Furcht ein, daß sie das Hauß verliessen.

Nun wollen wir auch vom Tod dieses Faustens gedencken, Conradus Dietericus in Concion. 16. ad Eccles. p. 237. meldet: Er wäre zu Kündlingen, in seiner Geburts-Stadt, gestorben, da ihm der Halß gebrochen worden / welchem Zeugniß man gar wohl trauen mag, weil Dietericus selbst ein Schwabe gewesen, und also die Sachen, die in seinem Vaterland paßiret, ohne Zweiffel wird verstanden haben; Manlius, gleichfalls ein Schwabe, ist eben dieser Meynung. 17


Diesem Fausto wird auch ein Famulus zugesellet, so sich Christoph Wagner genennet haben soll, welcher auch vielerley Händel in der schwartzen Kunst ausgeübet, etliche dessen Stücklein, welche Wolffg. Hildebrand in seiner entdeckten Zauberey angeführet, wollen wir anhero setzen, und in seinem Werth, ob solches Gedicht oder Geschicht sey, paßiren lassen. 18 Unter andern beschreibt er eine von einer zu Padua angestellten wunderbahren [765] Gasterey, als folget: Es bat Christoph Wagner einen Herrn zu Gast, welcher ihn des Tages vorher auch tractirt hatte: als nun dieser, nebst andern noch mehr geladenen Gästen erschien, und zu bestimmter Zeit ankamen, sahen sie sich aller Orthen im Hause herum, und funden nirgend weder Feuer noch Rauch noch jemand vom Hauß-Gesinde, denn nur seinen Knecht, welcherClauß Möller hieß. In kurtzer Zeit waren die Tische gedeckt, und lagen auf den Bäncken umher etliche leere. Vaßlein, und grosse Klötzer, darin stacken Vaß-Hahnen, wie sonst in andern Vässern zu seyn pflegen. Da hatte Wagner auch ein Fenster in dem Saal wie einen Schranck vermachen lassen: denselben that er auf und nahm immer eine Schüssel mit Essen nach der andern heraus, und setzte sie auf den Tisch, ein Theil war kalt, ein Theil noch etwas laulecht-warm: und als er diß aufgetragen hatte, vermeineten sie, es wäre nichts mehr fürhanden. Er aber gieng hin, und brachte abermahl andere Gerichte mit Speisen, da fingen sie sich erstlich an zu verwundern, wo das herrliche Essen herkommen möchte, und wie er so viel in dem Schränckel beherbergen könte. Aber sie schwiegen doch still und hätten auch gern getruncken, frageten, ob man bey dieser Mahlzeit nicht träncke? da schlug Christoph Wagner mit einem Stab an [766] die Wand, alsobald kame ein schöner Jüngling heraus, gantz wie ein Teutscher gekleidet, der hatte zween güldene Becher in seinen Händen, gieng hin zu dem einen leeren Vaß, und zapffete einen guten welschen Wein heraus, setzte solthen auf den Tisch, und ließ ihnen selbigen versuchen, und als sie die Becher beschaueten, funden sie des Türckischen Kaysers Nahmen und Wappen darauf gestochen. Bald schlug Wagner auf die andere Seite der Wand, da kam herfür eine schöne Jungfrau / die hatte einen gantzen Korb voller Kunstreicher güldener und silberner Trinck-Geschirr / darunter vieler Fürsten und Herrn Nahmen und Wappen, sonderlich des Königs in Franckreich, in Spanien, auch anderer fürnehmer Prälaten, daß sie genug daran zu sehen hatten; diese gieng hin zu dem dürren Stock und Klotz, zapffete einen guten köstlichen Malvasier hieraus, und gab ihn den Gästen: oben überm Tische hing ein höltzern Rohr, unter solches hielten die Gäste ihr Geschirr, so lieff Wasser aus demselben, wann ihnen eins beliebte, so lang bis er an das Rohr klopffete, und wuste niemand, wo das Wasser hinein käme, weil solches Rohr oben nur mit einem Zwirns-Faden befestiget war. Uber dieses lagen noch [767] andere Väßlein darbey, aus denen allen Spanische / Ungarische und andere Weine gelassen werden konten, dergleichen vormahl noch nie von ihnen getruncken worden war.

Nach diesem brachte er noch mehr Speisen vonraren Geflügel und Fischen / derer in Italien nicht gefunden werden. Und als sie nun frölich waren, kam sein Geist, (Meister Auerhahn) mit einer lustigen Gesellschafft, hatten alle Fiedeln, und schrabten darauf, etliche Bauer-Villamellen, und Grase-Liedlein, bald nahmen sie andere Instrumenten und erzeigeten sich frölich: in Summa, Meister Auerhahn ware so lustig und machete so vielerley Kurtzweil, daß solche nicht all zu erzehlen seyn.

Wie nun das Mahl gehalten war, griff Wagner wieder in seinen Schranck, und brachte allerhand seltzame Früchte herfür, so in Spanien, Franckreich, Niederland, Griechenland, in Arabia und India wachsen, von herrlicher frischer Würtze und andern schönen Gewachsen; darbey waren auch allerhand schöne Blumen, und wohlriechende schöne Kräuter, daß davon nicht nur der Mund an wohlschmeckenden Früchten, sondern Augen und Nase contentirt werden konten.

Da sie nun eine gute Zeit frölich gewesen, fähet einer von ihnen an, und spricht zu [768] Wagnern: Signeur Christophore: Ich bitt freundlich, ihr wollet uns doch auch ein hübsch kurtzweiliges Pößgen sehen lassen. Wagner antwortete: es wäre auf dißmahl genug, er hätte diesesmahl nebst andern Hrn. genug gesehen, welches sie sämtlich bekannten, und sagten, daß der Kurtzweil ein grosser Uberfluß gewesen. Aber dieser hielt weiter an, und wolte nicht nachlassen, sondern bat nur noch um eines zum Schlaf-Trunck, da sprach Wagner: es solte geschehen: Bald darauf in einem Huy bekam derselbe einen Ochsen-Kopff / mit grossen Hörnern / recht wie ein solches Thier: die andern Herrn fiengen an, seiner zu lachen und zu spotten; dieses verdroß ihn, und wolte sich mit Schelten verantworten, fähet also greulich an zu brüllen, und brummen, wie ein rechter natürlicher Ochse, bald wolt er einen Becher ins Maul nehmen und trincken, konte sich aber nicht darzu schicken, denn die Lappen am Maul waren ihm viel zu groß, da brachte Wagners Famulus Wein in einem Vaß, da that er einen guten Suff. 19 Also hatten diese Herrn ihre Schalcks-Possen mit dem Ochsen, und gönneten es ihm gantz wohl. Unterdessen kommt das Geschrey für seine Madame, die hat erfahren, daß ihr Mann ein Ochsen-Haupt habe, und gehet geschwind hin und befindet es also; da machete sie [769] sich mit losen Worten an Wagnern, und schalt ihn aufs hefftigste; und ob er ihr wohl gute Wort gab, wolt alles doch nicht helffen, da zauberte ihr Wagner einen schönen Küh-Kopff / mit zierlichen Hörnern / und ward also das Gelächter viel grösser; musten auch also mit ihren Köpffen nach Hause gehen, und sich vielen Schauern auf der Gasse zeigen: des folgenden Tages aber wurden sie derer auf der andern Herrn Vorbitten wieder entlediget.

Dergleichen Possen trieb Wagner zu Toleto, daselbst waren viel gute Gesellen in einer Zunfft beysammen, und wolte jeder seine Kunst sehen lassen. Wagner wolte mit seiner auch nicht der letzte seyn, und nimmet den Johannem de Luna in Gegenwart der andern allen, und enthauptet ihn, daß sie es alle sahen, nimmet den Kopff und thut ihn in ein groß Gefäß, oder Schüssel, gab solchen Clausen / seinem Jungen / er solte ihn zu dem Barbierer tragen, und butzen lassen. 20 Der Jung thut es, und läufft geschwind, der Barbier nimmt den Kopf, und butzt ihn aufs beste als er kan. Und sein Weib hatte gleich ein Kalb schlachten lassen, davon der Kopff auch noch warm war, den nimmet er, und eher es sich der Clauß versiehet, so parthiret er den Kalbs-Kopff in die Schussel, und ließ den Clausen also damit hinziehen,[770] welcher es nicht gewahr worden: er der Barbier aber hat es wohl verstanden, daß es eine solche Kurtzweil seyn müsse, denn es waren ihm eher Köpffe zu butzen vorkommen.

Wie nun Clauß seinen Kopff überantwortet, und Wagner siehet, daß es ein Kalbs-Kopff war, vermeynet er nicht anders, es habe es ihm einer zur Schalckheit gethan, er solte ihm den nicht wieder aufsetzen, meynend, es würde sich nicht zusammen reimen, aber er ließ sich nichts anfechten, setzte ihm den auf, und meynete, er würde wohl bald wieder zum Menschen-Kopff werden, der Kopff aber blieb stehen, und fing an zu blöcken wie ein Kalb, und gab der Johann de Luna zu verstehen, daß es sein Kopff nicht wäre; dieses merckte Wagner, und fragete, ob einer diese Schalckheit hätte angerichtet, aber es entschuldigte sich jeder aufs höchste, daß sie daran keine Schuld hätten. Unterdessen kommet des Barbiers Junge und bringet den rechten Kopff getragen; denn er wuste wohl, wann er erkaltet, und auch der Stumpff, so könten sie nicht wieder zusammen gesetzt werden. Da diesen Wagner empfing, wurde er froh, und setzte solchen wieder an gehörigen Ort; wäre aber der Jung damit noch eine halbe Stund aussen blieben, so wäre es mit dem de Luna ausgewesen.

[771] Diesen Schimpff suchete Wagner gegen den Barbier zu rächen, und erkundete sich, wo derselbe etwa einen Patienten zu verbinden habe. 21 Da ward ihm angezeiget, daß an diesem Ort ein vornehmer Mann /an einem bösen Schaden bey ihm in der Cur wäre; da wartete Wagner auf, bis er einsmahl dahin gienge, und machete ihn zum Kalb, in der Figur, wie sein Kalb gewesen war. Und da er in des Patienten Hauß kam, ward er von niemand erkannt, und meinet jeder, es wäre ein Kalb; Er aber wuste anders nicht, als wäre er ein Mensch, wie er auch würcklich war. Und gieng zum Patienten, und tappete mit seinen Kälber-Füssen auf dem Schaden herum, daß der Herr ruffet, man solte das Kalb von ihm hinaus schaffen, weil es aber nicht von dem Lager wolte, worauf der Krancke war,ließ er es hinweg peitschen / und mit seinen Hunden hinaus hetzen / welche ihn dergestalt zerbissen, daß er etliche Tage daran zu heilen hatte: welches aber der Barbier wohl merckte, von wem ihm dieser Posse gespielet worden. Besiehe hievon Ulricum Molitorem von Hexen und Unholden, Dialog. 4.

Dieweil wir aber 2. mahl heßlich sowohl Molitori als auch dem Autori Hildebrand durch diese erdichtete Geschicht nachgelogen, so wollen wir zum Beschluß [772] dieses Capitels auch noch eine anfügen, wie es diesem Christoph Wagner mit seinem Wahrsagen ergangen, und darin zeigen, daß der Teuffel auch seine Schüler offtmahl mit Lugen berichte, und zu betrügen pfleget, wie folgendes augenscheinlich darstellet: Als Wagner einsmahls gen Neapolis kommen, und vernommen, wie ein reicher Kauffmann auf dem Meer wäre beraubt worden, und umbracht, und für 1000. fl. Güther wären genommen worden; Dessen Erben aber gern den Grund davon wissen wollen, wer doch der Thäter seyn müsse, boten sie ein schön Stück Geld, wer diese Sache offenbahren würde. 22 Dieses bedünckte Wagnern eine Sache vor ihn zu seyn, und gab sich an, wie er in der Wahrsager-Kunst grosse Proben verrichtet. Diese Leute waren nach der Italiäner Art aberglaubisch, wie sie dann zuweilen auch selbst gute Zauberer seyn, und verhiessen Wagnern 200. Thaler, da nahm er ein Crystall, beschwur sie und hielt sie gegen die Sonne, da sahe man ein Bild darin eines reichen Kauffmannes zu Neapolis, welchen die Leut bald erkannten, und sahen, daß er solte diesen Mord begangen haben. Es war aber dieser Kauffmann mit dem andern ausgefahren, kamen aber nicht wieder mit einander nach Hause, weswegen er obrigkeitlich befraget wurde; [773] Dieser gab zur Antwort, er wäre für ihm her geschiffet, wisse aber nicht, ob er wäre versuncken oder vom Wind verschlagen worden: Gleicher Gestalt wurden auch dessen Diener befraget, die eben also bezeugeten. Es wolten aber des andern Verwandte mit dieser Aussage nicht vergnügt seyn. Also wurden der Herr und dessen Diener gefänglich eingezogen, und fingen an einen von dessen Knechten auf die Tortur zu legen, der bekennete, als ihm die Strabata corda angezogen wurde, was nicht geschehen war, und wie sie den Kauffmann ermordet hätten. Darauf zogen sie den Herrn auch ein, der bekannte ebenmäßig, wie sein Knecht gethan hatte; Worauf ein Urtheil gefället wurde, diese Meer-Räuber zum Tod zu bringen; Unterdessen aber ländete der Kauffmann, welchen man für erschlagen gehalten, mit seinem Schiffe auch an, frisch und gesund und ohne allen Schaden, und sagete, wie er vom Wind wäre verschlagen worden, daß er 5. Wochen hätte still liegen müssen. Allda sahen sie, wie sie von dem Wagner waren betrogen worden; begehreten ihr Geld wieder, welches er aber nicht geben wolte, und lieff darvon; aber die Spiri setzten ihm nach und erwischete ihn einer bey dem Arm; ehe aber die andern solchem zu Hülff kommen konten, fuhr Wagner mit dem Schergen in die Lufft, und als [774] er mit selbigem ziemlich hoch in die Höhe war, ließ er ihn fallen, davon er ein Bein zerbrach, worauf den andern der Lusten vergienge, diesem Wagner ferner nachzueilen; Also entkam er diesesmahl, und hätte ihm der Teuffel bald ein böses Spiel angerichtet. 23 Wer von diesen drey angeführten Exempeln etwas glauben will, der kan völlig unter die Zahl der Einfältigen und Leichtglaubigen gezehlt werden.

Marginalien

1 Was andere Schwartz-Künstler gethan / wird D. Faust zugeschrieben.
2 Wird von Landfahrern in Comödien fürgestellet.
3 Woher er gebürtig seyn soll.
4 Faust stellet einen Weinstock mit Trauben auf den Tisch.
5 Die gantze Faustische Historie wird für ein Gedicht gehalten.
6 Einige halten davor / daß gar kein Faust in natura gewesen.
7 Zweiffel ob des Fausti Geburts-Stadt.
8 Kayser Maximilianus beruffet Faustum.
9 Begehret den Alexanderum Magnum zu sehen.
10 Der Geschicht von Kayser Maximilian wird widersprochen.
11 Auch des D. Fausti schwartzer Hund.
12 Richtet einen Bund mit dem Teuffel auf.
13 Wird für keinen Doctor gehalten.
14 Was eigentlich von des Fausti Person zu halten sey.
15 Wann derselbe gelebet habe.
16 Wie solches erdichtet / daß ihn der Teuffel zu Brada sol weggeführet haben.
17 Wo und wie D. Fausts Ende gewesen.
18 C. Wagner / D. Fausti Famulus, hält ein Gastmahl zu Padua.
19 Wagner machet einem einen Ochsen-Kopff.
20 Enthauptet einen und setzt ihm einen Kalbs-Kopf auf.
21 Nächet sich an einem Barbierer.
22 Wagner wird in seiner Kunst betrogen.
23 Fähret mit einem Schergen in die Lufft.

48. Vom grossen Christoffel

XLVIII.

Vom grossen Christoffel.

Von dem grossen Christoffel wird hin- und wieder in den Teutschen und andern Landen viel Sagens gemachet, bey einigen wird solcher für einen grossen Heiligen geachtet, bey andern aber nur für ein Mährlein angenommen, auch wird hin- und wieder dessen Bildniß aufgestellet: zu Mayntz im Dorff Weissenau ist solcher an einer am Rhein stehenden Capelle angemahlet, allwo wenig Römisch-Catholische fürbey gehen, welche ihm nicht mit Hut abziehen Reverenz erweisen solten; zu Bern in der Schweitz ist dessen Bild in unglaublicher [775] Grösse von Holtz unter einem Bogen am Spital-Thor aufgestellet, so insgemein das Christoffels-Thor genannt wird: welches vor einigen Jahren durchs Wetter herab geschlagen, aber wieder viel köstlicher aufgerichtet worden: In andern Städten wird er hin und wieder abgemahlet angetroffen.

Von solchem grossen Christoffel / welcher nach Inhalt der Legendæ aureæ oder des Passionalis Sacri, so Anno 1510. gedruckt worden, um das dritteSeculum nach Christi Geburt gelebet, werden unglaubliche Dinge erzehlet; Molanus cap. 27. de sacris picturis weiset folgendes Gebet an den grossen Christoffel auf. 1


Christophore Sancte, virtutes sunt tibi tantæ,
Qui te mane vident, nocturno tempore rident.
Christophori Sancti speciem quicunque tuetur,
Ista nempe die non morte mala morietur.

Id est:

Du heiliger Christophore / deine Krafft ist so groß, wer dich des Morgens siehet, lachet in der Nachtzeit: wer des heiligen Christophori Bildniß wohl bewahret, der wird denselben Tag keines bösen Todes sterben.

[776] Unter andern wird von solchem grossen Christoffel erzehlet, er habe aus Cananæa seinen Ursprung gehabt; seine grosse Gestalt wird von denen Autoribus auf unterschiedene Art beschrieben. 2 Baronius schreibt in Martyrolog. ad 25. Julli p. 453. Er wisse nicht, was er von der Riesen-Statur des grossen Christoffels / in welcher man denselben zu mahlen pflegete, sagen solle. Kurtz hernach gedenckt er nachgesetzter Verse aus einem Liede, worinnen demselbigen zu Ehren dessen Gestalt einiger massen vorgebildet worden:


Elegans quæ statura, mente elegantior,
Visu fulgens, corde vibrans & capillis rutilans,
Ore Christum, corde Christum Christophorus insonant.

Das ist:

Christophorus ist von schöner Gestalt, und noch schönerem Gemüthe, gläntzet im Gesichte, leuchtet im Hertzen, schimmert mit den Haaren, hat Christum im Munde und Hertzen. Petrus de natalibus de Sanctis in Mens. Julii p. 128. c. 135. Edit. Lugdun. Anno 1519. saget: Er habe ein entsetzlich Gesicht gehabt / und seye 12. Schuhe lang gewesen. Diesem stimmet die vorgedachte Aurea Legenda cap. 95. bey, wann allda stehet, er sey von langer und Riesen gleicher Statur, [777] und zum wenigsten zwölff Ellen hoch gewesen. 3 Er habe zum Zeichen seines Gehorsams gegen einen Einsiedler, der ihn im Christlichen Glauben und guten Sitten unterwiesen, bey einem gewissen Flusse, der sehr tieff gewesen, und darinnen viele Leute im Durchwaden umgekommen, die, so über denselben Fluß verlanget, hinüber getragen. In einer Nacht sey ihm der HERR JEsus Christus erschienen, in Gestalt eines Knabens, der ihme zugeruffen, er möchte ihn doch über den Fluß tragen. 4 Als Christophorus diesen Knaben auf seine Schulteren geleget, und also durch den Fluß gewadet, da wären die Wellen aufgeschwollen, und der Knabe sey so schwer worden, als ob er die grösseste Last auf seinem Halse gehabt, und wäre Christophorus gar in Gefahr ge kommen. Als er nun über dem Fluß gewesen, habe er den Knaben niedergesetzet, und zu ihm gesprochen: Du, Knabe, du hast mich gewiß in grosse Gefahr bracht, denn du hast so schwer gewogen, als ob ich die gantze Welt auf dem Halse hätte. Der Knabe habe ihm geantwortet: Verwundere dich nicht, weil du denjenigen auf der Schulter gehabt hast, welcher die gantze Welt regieret; ich bin der HErr JEsus Christus /dem du hierinnen gedienet [778] hast, und dein Lohn wird groß seyn. Es soll der HErr JEsus auch zum Zeichen seiner Bekehrung befohlen haben, seinen Stab in die Erde zu stecken, welcher frisch blühen und Frucht tragen würde. Und wie er solches gethan, habe den folgenden Tag der Stab als ein Palm-Baum geblühet und Datteln getragen v. Petrum de Natalibus c.l.


Die Römisch-gesinnete glauben solches als eine wahrhaffte Historie / haben deßwegen auch dem heil.Christophoro zu Ehren ein Fest angesetzt, und pflegen noch gewisse Gebeter an ihn abzuschicken. Die Form, derer sie sich bedienen, hat Chemnitius in Examine Concilii Tridentini part. 3. angewiesen, die lautet im Teutschen also: O du glorwürdiger Märtyrer Christophore, sey unser allezeit bey GOtt eingedenck, erhalte unsern Leib, Sinn und Ehre, der du bist gewürdiget worden, die Himmels-Blume allhie auf den Armen über das Meer zu tragen, gib doch nach solcher grossen Würdigkeit, daß wir die Sünde meyden, und GOtt von gantzem Hertzen, für allen zeitlichen Dingen, mit Lob und Wunsche lieben, und nach den Liebkosungen dieser betrübten Welt in deiner Gegenwart in das himmlische Reich geführet werden. 5

Andere halten solches für eine Fabel, und bezeugetBaronius in Martyrolog. [779] daß dieses Mannes Thaten gar zerstimmelt und unterschieden gefunden würden, und hat auch kein eintziger Scribent aus dem drittenSeculo, noch in nächst-folgender Zeit, von dieses Heiligen Eltern und seiner selbst eigene Meldung gethan.Hieronymus Vida, Bischoff zu Alba, hat aber alles dasjenige, was von dem H. Christophoro, nehmlich vom Palm-Baum, vom Flusse und von der grossen Gestalt erzehlt wird, auf allegorische Art erkläret.Villavincentius, ein Päbstischer Theologus, lib. 3.cap. 7. de rat. stud. Theol. schreibt davon also: Es zweiffelt niemand, daß das Bild (des grossen Christoffels) von den heiligen Vätern deßwegen ersonnen worden, daß es einen Prediger des Evangelii abbilden soll, welcher, indem er Christum erhebet und umher träget, damit er von allen gesehen und erkannt werden möchte, unter den Stürmen und Wellen in Gefahr schwebet, jedoch durch die Hoffnung der angenehmsten Früchte, so er inskünfftige und nach diesem Leben bekommen soll, und so ihm die oben im Himmel grünende und blühende Ruthe verspricht, unterhalten wird. Und Lutherus spricht Jenens. Tom. 5.Germ. pag. 313: Ihr wisset alle wohl, wie man S. Christophorum mahlet, hin und wieder, solt aber nicht gedencken, daß je ein Mann gewesen sey, der also [780] geheissen, oder leiblich das gethan habe, was man vom Christoffel saget; sondern der dieselbe Legend oder Fabel gemachet hat, ist ohne Zweiffel einfeiner vernünfftiger Mann gewesen, der hat solch Bild dem einfältigen Volck wollen fürmahlen, daß sie ein Exempel und Ebenbild eines Christlichen Lebens, wie dasselbe gericht und geschickt seyn soll, hätten. 6 Was es sonst mit dem grossen Christoffel für Beschaffenheit habe, kan bey dem wohl-informirten Redner in seiner 40. Frage nachgelesen werden.


Hermann Süden in Critico Part. I. pag. 407. beschreibt von Christophori Leben und Thaten, wiewohl etwas fabelhafftes, folgendes: Als Christophorus einst bey einem Cananæischen König stunde, kam ihm ein, er wolte den grösten König / den man in der gantzen Welt hätte / suchen, zu demselben gehen, und bey ihm bleiben, dahero kam er zu einem grossen Könige, von welchem das gemeine Geschrey ging, daß man keinen grössern Fürsten in der Welt habe. 7 Als ihn der König sahe, nahm er ihn gnädig auf, und verschaffete ihm an seinem Hofe Aufenthalt. Einstens aber sange ein Possenreisser ein Lied vor dem Könige, worinnen er offt den Teuffel nennete;[781] weil nun der König ein Christ war, so machete er ein Creutz vors Gesichte, so offt er den Teuffel nennen hörete. Als solches Christophorus sahe, wunderte er sich, warum doch der König solches thate, und was dieses Zeichen bedeutete: als er nun den König deßwegen fragete, und derselbe ihm dieses nicht sagen wolte, antwortete ihm Christophorus: Wofern du mir solches nicht sagest, mag ich nicht mehr bey dir bleiben; derowegen saget ihm der König wider seinen Willen: Wann ich den Teuffel nennen höre, so verwahre ich mich mit diesem Zeichen, weil ich mich befürchte, er möchte sonst Gewalt über mich bekommen, und mir Schaden thun. Worauf Christophorus sagete: Wenn du dich für dem Teufel fürchtest /daß er dir nicht schaden möge / so muß derselbe grösser und mächtiger seyn / denn du. Demnach bin ich in meiner Meynung betrogen, weil ich vermeynete, ich könte keinen grössern und mächtigern Herrn, als du bist, finden. Allein nun nehme ich von dir Abschied, weil ich den Teuffel selbst suchen will, daß ich ihn zu meinem Herrn annehme und sein Knecht werde. Also ging er von selbigem Könige weg, und wolte den Teuffel suchen. Als er aber durch eine Wüsten reisete, sahe er eine grosse Mengen Soldaten, von denen [782] einer, ein wilder und entsetzlicher Kerl, zu ihm kam, und ihn fragete: Wo er hin wolte? welchem Christophorus zur Antwort gab: Ich gehe / den Herrn Teuffel zu suchen / daß ich ihn zu meinem Herrn annehme. Der Soldat antwortete: Ich bin der, den du suchest. Christophorus war voller Freuden, ergab sich ihm zum ewigen Knechte, und nahm ihn zu seinem Herrn an. Da sie nun untereinander fortwanderten, und auf einem gemeinen Wege ein aufgerichtetes Creutz antraffen, flohe der Teuffel bey dessen Anblick voller Erschröcken davon, verließ den Weg, führete Christophorum durch eine rauhe Einöde, und brachte ihn hernach wieder auf den Weg. Christophorus verwunderte sich hierüber, und fragete ihn: Warum er sich so sehr gefürchtet, den gebahnten Weg verlassen, und durch eine solche Wüsteney gereiset wäre? Der Teuffel wolte ihm die Ursache hievon nicht sagen, bis Christophorus anfing: Wann du mir solches nicht sagest / will ich alsobald von dir scheiden. Demnach ward der Teuffel genöthiget, ihme folgenden Bescheid zu geben: Es ist ein Mensch, welchen man Christus nennet, gecreutziget worden, sobald ich nun das Zeichen dieses Creutzes sehe, so erschröcke ich, und fliehe davon. Worauf Christophorus [783] antwortete: So ist dieser Christus / für dessen Creutz du dich so sehr fürchtest / grösser und mächtiger als du; dannenhero habe ich mich vergebens bemühet, und doch noch nicht den grösten Fürsten der Welt angetroffen. So gehab dich wohl / dann ich werde dich verlassen / und CHristum selbst suchen. Vid. Aurea Legenda l.c. Jac. de Voragine apud Antoninum Tit. 8. cap. 1. §. 41.


Von des Christophori Bekehrung zu Christo stehet in mehrgedachter Legenda folgendes: Es kameChristophorus zu einem Einsiedler / welcher ihn im Christlichen Glauben und guten Sitten unterwiese, worunter auch dieses mit begriffen war, daß er fasten / beten und anders dergleichen thun müsse. 8 Christophorus sagete: Solches Dinges bin ich nicht gewohnt, und kan es auch nicht thun. Der Einsiedler legte ihm hierauf zur Probe seines Gehorsams gegen einen so grossen König und HErrn dieses auf, weil er so groß von Leibe wäre, er bey einem gewissen Flusse, der sehr tieff war, und darinnen viel Leute im Durchwaden umkommen, stehen bleiben, und die Leute, so über denselben verlangeten, auf den Schultern hinüber tragen sollte. Christophorus [784] nahm solches über sich, bauete sich bey selbigem Fluß eine grosse Hütte von Holtz auf, und trug alle Leut hinüber. In einer Nacht aber schrye ein kleiner Knabe und ruffete ihn, er möchte ihn doch über den Fluß tragen. Christophorus kam aus seiner Hütte hervor, und fand niemanden, der Knab aber wiederhohlte sein Begehren zu dreyen mahlen. Christophorus erblickte beym dritten mahl ein Knäblein / welches in dessen Ge stalt der HErr JEsus Christus selbst war. Christophorus legte diesen Knaben auf seine Schultern, und watete also durch den Fluß, da die Wellen aufgeschwollen, und der Knabe schwer war, als ob er die gröste Last auf dem Hälse hätte, und kam Christophorus gar in Gefahr. Als er nun über dem Fluß ware, setzte er den Knaben nieder, und sprach zu ihm: Du Knabe hast mich gewiß in grosse Gefahr gebracht / denn du hast schwer gewogen / als ob ich die gantze Welt auf dem Halse hätte. Der Knab antwortete ihm: Verwundere dich nicht / weil du denjenigen auf deinen Schultern gehabt hast / welcher die gantze Welt regieret; ich bin der HErr JEsus Christus / dem du hierinnen gedienet [785] hast, und dein Lohn wird groß seyn. Petrus de Natal. setzet loc. cit. folgendes grosse Wunderwerck von oben angeführtem Palm-Baum und Datteln darzu, woraus Christophorus merckte, daß ihm Christus erschienen wäre. Die Aurea Legenda l.c. cap. 95. berichtet auch: Es habe Christophorus nach diesem hin und wieder Christum geprediget, und zwar zu Samos, einer Stadt in Lycien, woselbst er auch viel zum Tode verurtheilte und die Marter ausstehende Christen aufs beste mit seinen lieblichen Reden erquickete.


Was dieses grossen Christoffels Tod anlanget, so wird gar unterschiedlich davon berichtet, jedoch fallen die meisten Autores dahin, daß er unter Kayser Decio die Marter ausgestanden; aber in der Art des Todes sind solche nicht gleichstimmig. Petrus de Natal. lib. 9. c. 135. Historia Lombardica cap. 95. und einige andere berichten: Er sey von König Dagno (vor welches andere den Kayser Decium lesen) gefangen, und ihm auf dessen Befehl ein feuriger Helm aufgesetzt worden, als man ihn vorher schröcklich mit einer Ruthe gepeitschet hätte; hernach hätte er ihn in eine Banck, welche eben so lang, als er, war, zu binden, mit viel untergelegetem Feuer anzuzünden, [786] zu verbrennen, und seinen Leib mit siedendem Oehl zu begiessen / befohlen; er wäre aber wunderbarer Weise errettet worden, und hätte Christum nochmahls geprediget: da hätte man ihn wiederum ergriffen, und an einen Pfahl gebunden, an welchem ihn die Soldaten mit Pfeilen ermorden sollen / wäre aber gantz unversehret blieben; jedennoch sey ihm zuletztder Kopff abgeschlagen worden / und also habe er seinen Märtyrer-Tod ausgestanden. Das Buch der Chronicken und Geschichten mit Figuren und Bildnissen von Anbeginn der Welt bis auf diese unsere 1510. Jahre, zu Augspurg herausgegeben, redet von seiner Marter pag. 111. also: Christophorus, der Märtyrer / ein Mann gerader Person, unvergleichlicher Grösse und Stärcke, hat dieser Zeit in Samo, der Stadt Lyciens, des Landes Asiæ, um Christo den Tod gelitten, dann er ward erstlich mit eisernen Ruthen geschlagen / darnach mit Flammen gebrennet / und doch aus Göttlicher Krafft behalten, aber zuletzt mit Geschossen der Pfeile ergraben / und darnach enthauptet / am 25. Tag des Monats Julii / der dann, als sie sagen, den HErrn JEsum in Kindes-Gestalt [787] auf seinen Achseln über das Wasser getragen hat.


Von dieses grossen Christoffels Reliquien wird gar viel Wesens gemachet. 9 Die Zähne desselben sollen, nach Chamieri Bericht in Panstrat. lib. 2. c. 26.num. 15. bey Pariß / wie auch in Spanien und zuGenua, gefunden werden. Joh. Ludov. Vives, ein Catholischer Scribent, redet in cap. 9. lib. 15. Augustini de Civitate Dei pag. 454. Edit. Basil. 1512. hiervon also: Als wir am Fest des heiligen Christophori in die grosse Kirche unserer Stadt gingen, gedachten Heiligen anzubeten, ist uns ein Backen-Zahn gezeiget worden, welcher grösser als eine Faust war, und vor des heiligen Christophori Zahn ausgegeben wird.


Vor diesem zeigte man zu Halle drey Particul von dem Haupt S. Christoffels / wie auch ein mercklich groß Stücken von desselben Kopff / einen gantzen Zahn, und von Zähnen zwey Particul, von Armen und Röhren sieben grosse Particul, vom Schienbein ein groß Stück, seines heiligen Gebeins 106. Particul, auch noch sieben andere Stück von ihm. v.B. Franzii Historische Erzehlung [788] der Reliquien im Schloß Wittenberg pag. 58. 1113. 53. 56. 58. 60. Zu Wittenberg hatte man vor diesem von Zähnen ein großParticul, und von einem Arm ein Particul, von einem Daumen ein groß Particul, und 36. Particul des Gebeins. v. Franzius l.c.p. 31. Zu Rom weiset man auch einen gantzen sehr langen Arm von diesem Heiligen. vid. Mirabilia Urbis Romæ p. 69.


Was mit diesen und allen andern Reliquien der Heiligen im Pabstthum schon so lange Zeit vor Betrug vorgegangen, ist zur Gnüge bekannt, und schreibt der Auctor Anonymus im Kunst-Griffe der Frantzösisch. Geistlichkeit pag. 108. folgender Gestalt: In dem 1668. Jahr schickte der Pabst Alexander VII. drey Küsten voll Reliquien in Franckreich, dieselbe in die Spital-Kirche zu legen; die drey Küsten waren mit rother Seyde gebunden, und mit dem Siegel des Cardinals Ginetti, Verwalters der Reliquien und des Päbstlichen Meßners / bezeichnet. 10 Bey diesen Reliquien ware eine Bulle, welche mit sich brachte, daß man dieselbe dem Volck ohne Scheu zu verehren vorigen könte. Man hatte schon an allen Orten prächtige Zettel angeschlagen, das Volck zu dieser Andacht zu beruffen; die [789] Bischöffe von Bayeux und Cahors, P. Thom. Cosme, P. Crasset und der Abt Fromentieres waren schon angeleget zu predigen, dennoch beschlosse man, sie zuvor zu besichtigen. In der dritten Küste fande man einen Kopff / welcher Anfangs wahrhafftig schiene, mit dieser Uberschrifft:Caput Sancti Fortunati. In dem Besichtigen nahme man oberhalb dem einen Ohr ein Stück gemahltes Tuch wahr; der Artzt, Herr von St. Germain, nahm ein Eisen, bohrete damit hinein, und befande, daß es ein Kopff mit Karten-Papier ware / hierauf stieß man ein Wachs-Licht hinein, aber das Licht schiene nicht durch. Endlich warff man den Kopff in heisses Wasser, da das Gemählde ausgelöschet, und die Karten weich wurden. Der Herr von St. Germain hat darauf alles, was er gesehen, schrifftlich verfasset, aber durch einen heimlichen Brief ist er gewarnet worden, es nicht zu weisen, widrigenfalls er von Stund an in die Bastille werde geworffen werden.

Es haben die Papisten auch dem Heil. Christophoro zu Ehren ein Fest angesetzet, und pflegen gewisse Gebeter und Lob-Sprüche an ihn abzuschicken, dererFormulen Eingangs gedacht worden.

[790] Was nun von dieser gantzen Fabel zu halten, und was der selige Lutherus, wie oben angeführet, von diesem Christoffel gesaget, ist die rechte Wahrheit, und seiner Meynung stimmen auch alle Evangelische Lehrer bey, auch die klugen Papisten kommen mit selbigen überein. Wollen es also für eine feine Fabel halten, und unsern Rein-Evangelischen für keine Wahrheit fürbilden.

Marginalien

1 Wann solcher soll gelebet haben.
2 Woher solcher gewesen.
3 Dessen Grösse.
4 Hat eine Erscheinung.
5 Gebet der Römisch-Catholischen zu S. Christophoro.
6 D. Lutheri Meynung von dem grossen Christoffel.
7 Fabelhaffte Gedichte von M. Christophoro.
8 Wie solcher zum Christenthum bekehret worden.
9 Wo dessen Reliquien aufbehalten werden.
10 Betrügliche Reliquien werden in Franckreich gesandt.

49. Von Menschen - so unter der Erde wohnen

XLIX.

Von Menschen / so unter der Erde wohnen.

Es ist nicht unbillig, daß es Leuten wunderlich fürkommet, wenn man ihnen saget, daß Leute unter der Erde wohnen / welche weder Sonnen-Monden- oder Sternen-Licht erblichen; gleichwohl aber kan es nicht wohl geläugnet werden, wenn man die Zeugnisse derjenigen überleget, welche aus eigener Erfahrung hiervon geschrieben haben, und gedencket derer Hermann Süden Part. I. pag. 803. in seinem gelehrten Critico, welches er aus Kircheri Mundo subterraneo lib. 8. cap. 3. gezogen, folgendes: [791] Es beschreibet Gaffarellus in seinem Buche de Cryptis toto orbe celebribus die unter-irdische Städte gar weitläufftig. Ich hätte nicht geglaubt, daß die Sache sich also verhielte, wann ich nicht dergleichen Wohnungen an drey unterschiedenen Orten mit meinen Augen gesehen hätte. Denn als ich mich Anno 1637. zu Malta aufhielte, begab es sich, daß ich mit dem damahligen Groß-Meister der Johanniter-Ritter / Johanne Lascari, an einem Tage in einem schönen Thal ging, welchen sie Bucetta nennen; als wir daselbst von der Beschaffenheit und Eigenschafft der Insul Malta unterschiedenes miteinander discurirt hatten, sagete gedachter Groß-Meister / es wäre auf dem benachbarten Hügel eine unter-irdische Wohnung /woselbst sich Leute befänden, so ihm unterthan wären, und solte ich nur mit ihm gehen, und sehen, mit was für wunderwürdigem Fleiße diese Leute solche Höhlen und Wohnungen zu machen wüsten. Weil mir nun nichts angenehmers hätte begegnen können, so begabe ich mich mit einem Führer, welcher des Weges und der Grufft kundig ware, zu solcher Wohnung, die man auf Arabisch Ghaarkebir, oder die grosse Höhle nennete. 1 Als ich durch das grosse Thor gegangen war, fande ich [792] daselbst viel Leute von beyderley Geschlechte, Knaben und Mägdlein / so nach Bauer-Art gekleidet waren. Ob es nun gleich schien, als wann sie alle gantz verwirret untereinander wohneten, so hatte doch eine jede Familie ihr eigen Behältniß / es mochte solches von der Kunst oder von der Natur also verfertiget seyn. Sie hatten in solchen Fächern ihre Nahrung, jede absonderlich liegen; hier war ein Bett in den Felsen / dort ein Schranck zum Brodt und Käse, an einem andern Ort præsentirte sich ein Küh-Esels und anderer Vieh-Stall, ja man sahe auch die Hüner-Nester, ingleichen irdene Gefässe, worinnen Wasser war; an der Wand hiengen Reihen von Zwiebeln und Knobloch: sie hatten auch Back-Oefen, durch derer Löcher das Licht so artig in die Höhlen fiel, daß sie gleichwohl vom Regen und Wind nicht beschweret wurden. Die Oefen hatten auch Feuer-Mauren, damit nicht die Leut in der Grufft möchten erstickt werden. Am Tage giengen die Bauer-Männer ausserhalb der Höhle, auf ihre Arbeit, und verschaffeten aus den benachbarten Orten Nahrung; die Weiber aber spannen am Rocken, macheten Käse, und verrichteten andere weibliche Arbeit. Weil aber die Leute kein Holtz hatten, so dörreten sie Vieh-Mist [793] an der Sonne / und macheten damit Feuer an; Sonst waren diese Leute starck, lang von Person, und lebeten lange, auch hatten die Weiber ein feines Ansehen: sie liebeten ihre Höhlen so sehr, daß, wann sie ausser denselben entweder etwas zu verkauffen oder einzukauffen hatten, auf die Insul gehen musten, sie gleichsam schienen, im Exilio zu seyn, und nach verrichteten Geschäfften alsobald wieder in ihre Löcher giengen, und nicht eine einzige Nacht ausser denselben geblieben wären. Sie assen kein Fleisch /sondern verkaufften solches andern, und waren nur mit Brodt / Käse / Milch / Zwieblen / Knoblauch und Kräutern zufrieden. Damit mich nun der Groß-Meister dessen versichern möchte, ließ er einen Tisch zubereiten, und auf dessen einer Seite allerhand Fleisch und niedliche Speisen, auf dessen anderer Seite aber Käse, Zwiebeln und Knoblauch aufsetzen. Hierauf ließ er seine Küchen-Bediente, so er aus selbiger Höhle zu seinen Diensten angenommen, ruffen und zu Tische sitzen, welche dann das Fleisch und an dere gute Tractamenten nicht einmahl anrühreten, sondern gantz heiß-hungerig auf die ihnen gewohnte Speisen zufielen, und solche mit gröstem Appetit hinein assen.

[794] Nachdem Kircherus solches erzehlt, spricht er: Hieraus könne man sehen, daß Solinus, Plinius undÆlianus keine Lügen vorgebracht, wann sie geschrieben: Man habe am rothen Meer Leute / welche unter der Erden wohnen. 2 Damit aber gedachterKircherus seine Meinung besser behaupten könne, so saget er weiter: daß man auf der Insul Gozo, nicht weit von Malta, eben dergleichen unter-irdische Wohnungen anträffe; Er schreibt: Es bedienen sich die Leute daselbst der reinen Arabischen Sprache, ohne einige Vermischung mit der Italiänischen. Dannenhero werden auch die Einwohner von den Maroniten, wenn sie auf den Berg Libanum aus Italien zurück reisen, und zu Malta auf gut Wetter warten, besuchet, welche allda in Arabischer Sprache Messe lesen, und die Christliche Lehre auslegen: dann dieseunter-irdische Leute sind nicht etwa Heyden, sondern Catholische Christen / welche ihr Gebet alle Tage mit sonderbarer Andacht verrichten, ihre Rosen-Kräntze fleißig durchbeten, und an die benachbarten Orte an Fest-Tagen in die Messe gehen: Sie haben auch in ihren Höhlen Crucifix und Bilder der Heiligen Jungfrauen Marien an gehörigen Orten stehen. Als gedachter Kircherus [795] Anno 1659. Hetrurien besuchete, und zu gewisser Zeit das Land bey Viterbo erforschete, gieng er über eine Wiese, auf welcher stetiger Rauch in die Höhe stieg, Kircherus verwunderte sich darüber und meinete, es müssen allda Schwefel-Gruben seyn: Deswegen fragete er seinen Gefährten, was solcher Rauch bedeutete? dieser lachete ein wenig, und sagete zu Kirchero: Dieser Rauch wäre nicht etwa eine Ausdünstung der Erden, sondern er käme aus den Feuer-Mauren der unter-irdischen Wohnungen her, und suchete auf solche Weise seinen Ausgang; Hierauf zeigete er ihm nicht weit davon eine Thüre, welche in diese Höhle führete. Sie giengen mit einander hinunter, und funden alles, gleichwie in der Insul Malta, in guter Ordnung, indem ihre Stühle, Betten und andere Dinge mehr, in den Felsen gehauen waren: dieses Dorff hieß Meonien, und gehöret dem Fürsten Camillo-Pamphilio.


Gleicher Gestalt haben die Jesuiten berichtet, daß sowohl die Brachmanen auf dem Berge der Pagoden als auch das gemeine Volck in unter-irdischen Oertern wohnen: Ingleichem hat P. Petrus Pais gemeldet, daß die Leut in Africa bey den Montibus Lunæ sich in denen Höhlen [796] der Berge, wider der Sonnen Hitze aufhielten. 3 Eben dieses bezeuget Marcus P. Venerus von den Bergen am Caspischen Meer / in deren Höhlen viel Leute wohnen. Und daß die Christen unter den grossen Verfolgungen in unter-irdischen Höhlen bey der Stadt Rom sich aufgehalten haben, bezeuget Kircherus in Roma Subterranea.


Von dem Dorff Tobrinizi in Ungarn / nicht weit von Grigisch-Weissenburg / schreibt Georg Christoph Neitschitz in seiner Reise-Beschreibung: Part. 2. L. 1. cap. 4. Es ist ein Dorff unter der Erden; Oben über der Erden siehet man nichts mehr davon als etwa die Dächer von den Häusern, die Wohnungen aber sind alle unter der Erden eingeschnitten, und eingebauet, welches seltzam und wunderlich anzusehen: Es ist aber nicht dieses Dorff Tobrinizi allein auf solche Art gebauet, sondern derer noch vielmehr in dem sogenannten Raitzen-Lande / welche bloß allein in Löchern, so sie mit ihren Händen gemachet, sehr armselig wohnen, und nur oben etliche Sparten darüber gemachet, so mit Latten und Stroh gedecket, und Graben umher gegraben, daran das Regen-Wasser abrinnen, und nicht in [797] ihre Hütten lauffen kan. Es sindarme Leute / und leben unter dem Türckischen Joch sehr miserable, wovon viel allhier zu schreiben wäre, halte es aber für unnöthig, weil es sehr und vielfältig bekannt ist.


Guilielmus Neubrissensis erzehlt, in Rerum Anglicarum Revolutionibus: Lib. 1. cap. 26. pag. 91. Es sey ein Dorff im Occidentali schen Theil von Engelland, vier oder 5. Meilen vom Kloster S. Edmundi, gelegen, bey welchem man unterschiedene alte Höhlen siehet, so insgemein Wulfputes oder Wolffs-Gruben genennet werden, wovon auch gedachtes Dorff seinen Nahmen bekommen hat. 4 Aus einer von solchen Höhlen, kamen einst zur Sommers-Zeit, da die Bauren ihr Getreyde abmeheten, zwey Kinder hervor / welche über den gantzen Leib grüne, und mit wunderlichen Kleidern versehen waren; da sie nun durch des neuen Himmels Anschauen gantz verblendet wurden, und in den Feldern hin und wieder taumelten, wurden sie von den Schnittern gefangen, und in besagetes Dorff gebracht, wohin eine grosse Menge Leute, dieses ungewöhnliche Ding zu sehen, gelauffen [798] kamen: Diese Kinder lebeten etliche Taliche Tage allda ohne alle Nahrung, und konten durchaus nicht bewogen werden, etwas von denen Speisen zu geniessen, welche die Leute selbigen Dorffs assen; Endlich wurden sie gar wegen anständiger Nahrung / Sterbens-kranck; es begab sich aber, daß eben zu der Zeit ein Mann mit einem Wagen voll Bohnen-Stroh vorbey fuhr, da sie dann, so bald sie selbiges ansichtig worden, mit grosser Begierde auf den Wagen zufielen, als sie aber in den Bohnen-Schalen nichts funden, gaben sie ihr Unglück mit vielem Heulen und Weinen zu verstehen. Da nun die Einwohner selbigen Ortes merckten, daß sie eine Begierde nach Bohnen hätten, setzten sie ihnen alsobald frische Bohnen auf, welche sie mit grosser Begierde und Freude, als ihre eigene Nahrung, assen, und in etlichen Monathen nichts anders, als solche Bohnen zu essen begehrten, biß sie endlich nach und nach Brodt essen lerneten. Da sie sich nun an die Speise, welche die Leut selbiges Ortes genossen, gewöhnet hatten,verwandelte sich ihre grüne Farbe in die Gestalt anderer Leute. Nach diesem wurden sie getaufft und lerneten [799] die Englische Sprache. Der Knabe, welcher jünger als das Mägdlein zu seyn schiene, starb nach empfangener Tauff, seine Schwester aber, welche in der Leibs-Gestalt andern Weibs-Personen gantz ähnlich war, lebte noch lange hernach, und soll beyLenna geheyrathet haben. Da sie nun die Englische Sprache verstund, und gefraget wurde, wer, und woher sie wären? hat sie geantwortet: sie wären Leut aus dem Lande des Heiligen Martini / allwo dieser hoch verehret würde: Man fragete sie weiter, wo dann dasselbe Land wäre? und wie sie an diesen Ort gekommen? worauf sie geantwortet: sie wisse es nicht, so viel aber habe sie noch in frischem Gedächtniß: als sie zu gewisser Zeit ihres Vatters Vieh gehütet, hätten sie einen Klang gehöret, wie der in des Heiligen Albani Kirch ist, und da sie durch denselben wären bestürtzt gemachet worden, wären sie weiter fortgangen, und endlich an den Ort gelanget, wo sie wären gefangen worden. Da sie nun ferner gefraget wurde, ob man in gedachtem Lande den wahren lebendigen GOTT anbetete, und an JEsum Christum den einigen Heyland und Erlöser der gantzen Welt glaubte, ob ihnen auch daselbst die Sonne jemahls [800] scheinete? antwortete sie aufs erste: Das Land wäre Geistlich, und mit Kirchen versehen; auf das andere sagete sie: Die Leuth daselbst sehen die Sonne weder auf- noch untergehen, würden auch durch keine Sonnen-Strahlen beleuchtet, sondern genössen eines unbekanten Lichts, welches fast auf die Art, als wie bey uns die Dämmerung vor der Sonnen Aufgang, oder nach derselben Untergang beschaffen sey. Nicht weit davon aber wäre ein viel heller Land, so von ihnen durch einen breiten Fluß abgesondert wäre: Diese wunderliche Begebenheit hat sich 1140. unter dem Könige Stephano zugetragen.

Wie aber diese Leuthe an solche unter-irdische Oerter kommen, davon discurirt Kircherus also: Es habe dieses zur Pest- oder Krieges-Zeit geschehen können, da die meisten Leuthe, wann sie durch die Flucht ihr Leben erhalten wollen, sich in die verborgene Löcher der höchsten Berge, als in eine sichere Frey-Stadt, wider der Feinde Nachstellungen begeben, und damit sie nicht an benöthigten Sachen Mangel leyden mögen, Vieh, Kühe, Brod, Saamen, Linsen, Früchte, und was sonst zu Erhaltung des Lebens nöthig ist, mit sich zu nehmen pflegen, welches man in vorigen Zeiten zur Gnüge [801] erfahren hat; absonderlich da Deutschland in den 30. jährigen Krieg verwickelt gewesen. 5 Gleicher Gestalt, saget Kircherus, hätten sich die ersten unterirdischen Leute, als sie vor ihren grausamen Verfolgern geflohen, in die Hölen verborgen, woraus sie sich nicht wieder finden können, und sey es wahrscheinlich, daß jemehr sie einen Ausgang gesuchet, je mehr hätten sie sich verirret, bis sie endlich in solch weitläufftiges Land unter der Erden gekommen, und nach Göttlicher Providentz darinnen bleiben müssen. Eben dieses sey den Jüden auf denen unwegsamen Behältnissen des Caspischen Gebürges begegnet. Ferner sey auf den Spanischen Bergen zur Zeit Königs Philippi Tertii eine neue Colonie Menschen entdeckt worden, welche sich ohne Zweiffel auf vorgedachte Art dahin begeben, und viel hundert Jahre ohne anderer Leut Gesellschafft daselbst gelebet, auch eine gantz unterschiedene Sprache gebrauchet, so biß auf selbige Zeit verborgen geblieben, biß endlich durch Jäger dieselbe Landschafft entdecket, und die Leuth, so ohn alle Zucht daselbst gelebet, von denen Jesuiten allda sind bekehret worden. Gleicher Gestalt berichtet Franzius, daß anno 900. in Siebenbürgen eine solche Art Leuthe aus den Ritzen [802] und Bergen hervor gekommen, welche das damahls noch einige Beeten-wüste Land angebauet und bewohnet hätten: Hieher kan auch wohl genommen werden, was unter dem Titul von Zwergen im 39sten Capitel von einem Prediger, Heliodoro, erzehlet worden, welcher auch eine geraume Zeit in solche unterirdische Oerter kommen ist.

Marginalien

1 Beschreibung einer solchen Höhle unter der Erden.
2 Leute / so am rothen Meer und anderswo unter der Erde wohnen.
3 Noch unterschiedliche unter der Erden wohnende Menschen.
4 Wunderbare Art Menschen / so unter der Erden wohnen.
5 Wie die Leute an solche unterirdische Oerter kommen.

50. De Diebus criticis & Annis climacteribus

L.

De Diebus criticis & Annis climacteribus.

Dies criticus wird von den Medicis genannt der siebende Tag, nachdem jemand in eine Kranckheit gefallen, allwo sie davon halten, daß die Kranckheit entweder nachlassen werde, oder sich vermehren, und diese Regel ist auch ziemlichen gegründet. 1 Denn solche Veränderung entstehet von der Bewegung des Mondens; Denn weil auf jeden siebenden Tag der Mond zu einem andern Zeichen überläuffet, so schliessen daher die Medici wahrscheinlich, daß an diesem Tage die Kranckheit werde nachlassen, wann das Zeichen der Kranckheit zuwider sey, oder sich vermehren, und mehr zunehmen, so das Zeichen mit der Kranckheit [803] Gemeinschafft haben werde. Es scheinet wohl, als ob diese Regel deßwegen Grund habe, aber es hat viel hundertmal gefehlet, daß diese Tage nicht zugetroffen haben, und stehet der Menschen Gesundheit, Leben und Tod nicht in der Gewalt des Monds noch der himmlischen Zeichen, sondern eintzig und allein in der Hand des HErrn. 2 Nun weiß jeder ja wohl, daß, wann ein Patient in eine jählinge hitzige Kranckheit fället, und damit 7. Tage gestritten, daß in solcher Zeit die Natur also entkräfftet wird, solche grosse Hitze ferner auszustehen, sonderlich wenn der Leib in so viel Tagen keine natürliche Speisen geniesset, und wo alsdann solches noch länger anhalten solte, daß der Mensch unfehlbar sterben müsse; wie wir dieses zum Exempel setzen: Wann man einen gesunden Menschen 10. Tage sonder Speise lassen solte, daß derselbe gewiß in solcher Zeit verhungern und den Lebens-Geist aufgeben müsse, wie vielmehr wird dann einem Krancken geschehen, wenn dessen Magen in so viel Tagen nichts geniessen würde. Die gemeinen Leuthe nennen es auch Looß-Tage oder Loosel-Tage, es hat aber damit eine andere Bewandnüß, denn diejenige Tage werden Loosel-Tage genannt, da man aus der gemeinen Erfahrung und langem Gebrauch wahrgenommen hat, daraus die[804] Acker-Leute, Jäger, Fischer, Hirten, und die sonst mit Feld-Arbeit umgehen, wann sie trocken oder naß seyn, allerhand Muthmassungen machen. 3 Dahero unsere Vor-Alten von Pauli Bekehrungs-Tage diese Verse bekannt gemachet:


Clara dies Pauli bona tempora denotat anni,
Si fuerint venti, designat prælia genti,
Si fuerint nebulæ, pereunt animalia quæque,
Si nix aut pluvia, designat tempora cara.

Das ist: wenns an Pauli Tag klar und hell ist, so bedeutet es ein gut Jahr; ists windig, Krieg und Streit; Ists nebelicht, Sterben; Schneyet oder regnets, bedeutet es Theurung. 4 In Holland macheten sie deßwegen einen ströhernen Puill, setzten ihn in einen Winckel bey dem Herd, wo sie Kuchen backeten, und schmissen ihn mit Butter-Kuchen, wann der Tag helle war, wo nicht, so warffen sie ihn ins Wasser, vid. Voet. p. 3. disput. select. p. 172. und von dem Tage St. Martini saget man:


Si pluit in festo processus Martiniani,
Quinquaginta dies continuare solet.

Das ist: So es auf Martini Fest regnet, so wird es noch fünffzig Tage damit anhalten. Diese Art der Weissagung wollen wol einige zulassen, [805] aber Verständige halten wenig davon: denn haben solche Regeln zuweilen einmahl zugetroffen, so haben sie hingegen zehenmahl gefehlet.

Von den Annis climacteribus wird auch ein grosser Aberglaube gemachet, ja selbst Leute, so mit unter die Hochgelehrte zu zehlen, wollen auf solche Jahre Reflexion machen, und gewiß dafür halten, daß in dem 7. oder 9. Jahr einige Veränderung bey ihnen in der Natur vorgehen werde, man hüte sich aber, daß man aus solchen Sachen keine Abgötterey treibe, noch solches bestättigen helffe, denn sie treffen nicht ein, darum soll man auch nicht auf solche halten. Es seynd, wie gemeldet, ein annus climactericus die siebende u. neunte Jahr der Menschen, welche, so sie mit einander multipliciret werden, annum climacterium magnum, oder das drey und sechszigste Jahr ausmachen. Welches Jahr für ein ungesundes Jahr gehalten wird, weil sie dem Menschen entweder den Tod, eine grosse Kranckheit, oder eine grosse Verfolgung bedeuten sollen, wie Cœlius Rhodiginus undLevinus Lemnius lib. 2. de occult. mirac. natur. Cap. 3. schreibet. Septimum quemque annum ætati signum imprimere, und bey Gellio lib. 15. ist zu lesen,Cap. 2. daß viel fürnehme Leut, [806] viel auf dieses 63. Jahr gehalten: allein, fürnehme Leut können auch fehlen: Ich für meine Person, habe bey erreicheten Jahren allemahl nachgerechnet, was sich bey meinem Lebens-Lauff in solchen Staffel-Jahren für Veränderungen erzeigen würden, sonderlich hab ich auch dasgrosse Staffel-Jahr, oder das 63. wohl observirt, aber allezeit befunden, daß eine Zeit wie die andere gewesen, und hab ich in meinem 63. Jahr keine absonderliche Anmerckung gegen andere Jahre verspühren können: heisset demnach wohl: wie du glaubst, so geschiehet dir.


Es ist zwar bekannt, daß offtmahl etwas in solchen Jahren bey dem Menschen fürgefallen, welches anmerckungswürdig gewesen, so man hernach diesem Jahr zuschreiben wollen. Solches aber ist nicht um des 7. 9. oder 63. Jahres willen, sondern vielmehr zufälliger weise geschehen. Und hat hierinn auch Bodinus gantz recht, wenn er saget: Gemeiniglich wiederfähret einem aus gerechter Straffe GOttes das Unglück, welches er ihm festiglich einbildet und glaubet. Dem aber, der nicht achtet, was nicht zu achten ist, wird auch nichts wiederfahren. Daher kan genommen [807] werden, was Plutarchus in vita Crassi erzehlet, von dem Sohn Crassi, daß, als er in die Schlacht wider die Parther ausziehen wollen, er sich also an seinem Fuß verletzt, daß er zur Erden niedergefallen: dahero wurde fest geglaubet, daß er in der Schlacht umkommen würde, so ihm auch wiederfahren. Solchs ist auch an Tiberio Gracho erfolget: wie Valerius Maximus Lib. 1. cap. 4. bezeuget, und ist bekannt, wie Tibullus schreibet, lib. 1. eleg. 3.


O quoties ingressus iter, mihi tristia dixi,
Offenium in porta sigua dedisse pedem.

Darum hüte sich jedweder Christglaubiger Mensch, daß er sein Hertz ja nicht abwende von derwahren Gottseligkeit, von dem Gebet und Zuversicht zu GOtt, ohne dessen Willen ihm kein Haar von seinem Haupt fallen kan, weniger ihm ein Unglück begegnen.

Zum Beschluß dieses Capitels und auch dieses gantzen Büchleins, wollen wir noch mit wenigen der Wunder-Zeichen gedencken, durch welche wir dafür halten, daß in solchen gleichsam eine Abweichung der Natur geschehe; und ein künfftiges Glück oder Unglück angezeiget werde. 5 Bey den Lateinern werden sie [808] auch darum Monstra und portenta genannt, quia monstrant & portendunt aliquid, dieweil sie etwas sonderliches anzeigen und andeuten sollen: als zum Exempel, ob es ein gewisses Zeichen sey, daß ein Mensch sterben werde, wenn die Hunde und Katzen ungewöhnlich heulen und mauen; oder ob man auf das Klopffen, Pochen und Fallen, so zuweilen gehöret wird, gewiß schliessen könne, daß, wo solches geschicht, eines im Hause oder in der Nachbarschafft sterben werde. Was das ungewöhnliche Heulen der Hunde betrifft, so haben dasselbe die Alten allezeit für ein böses Zeichen geachtet. Denn da die Messenier mit den Lacedæmonier kriegeten, haben sie zuvordie Hunde ungewöhnlich heulen hören, worauf ihr Untergang erfolget, wie Pausanias in Messen. bezeuget, und Seneca Oedip. act. 1. rechnet es auch unter die unglückseligen Zeichen. Aber dieses ist bey den Heyden und Unglaubigen geschehen. Ich aber rathe treulich, daß man lieber diese Frage mit Stillschweigen übergehe, und mit stiller Gedult GOtt dem HErrn alles anbefehle, als mit grosser Vermessenheit daraus etwas von Glück und Unglück prophezeyen wolle.

Marginalien

1 Dies criticus, was solches für ein Tag ist.
2 was davon zu halten.
3 Loosel-Tage, was solche seyen.
4 Aberglaube davon.
5 Von einigen Wunderzeichen.

[809] Register
Uber alle in diesem Werck befindliche Sachen.
A.

Aberglaube von Calendern, wie solcher bestättiget wird. 435

Aberglaubische Zeichen, so für böse und für gut gehalten werden. 487. seqq.

Abgrund in Schottland, so sehr grausam ist. 636.seqq.

Aderlaß / welches bey solchem für das beste Zeichen gehalten wird. 436

Aebtißin / bekennet selbst ihre mit dem Teuffel getriebene Buhlschafft. 22

Æthna, brennender Berg in Sicilien, 642. dessen grosses Mundloch, 644. und daraus unerhört entstandener Schade. 645. sqq.

Aller Seelen Fest-Tages Ursprung. 648

Alpdrücken / was solches ist, 126. sq. unterschiedene Meinungen davon, 127. 130. ist natürlich, 128. sqq. wie der Teuffel sein Spiel darunter treibet. 131. sq. unterschiedene curiose Geschichte davon. 132. sqq.

Alps Gestalt eines Laquayen, wird übel belohnet, 135

Allraungen / was solches für eine alte aberglaubische Sache. 225. wird von Landstreichern betrüglich mißbrauchet. 231

Allraungen / wie solche unter dem Galgen gegraben werden. 226. sq.

wie dieselbe bereitet werden. 232. sq.
wozu sich der Teuffel gesellet, 234. wie sich dafür zu hüten ist. 235
Astrologus verkündet König Heinrich IV. in Franckreich sein Todes-Ziel. 160. sq.
wird von König Heinrich VII. wegen gestellter Nativität ins Gefängniß geleget. 158
Astronomi schreiben doppeldeutig in ihren Calendern. 437. seq.
wissen und gestehen selbst, daß ihre Calender- Wahrsagereyen falsch seyn. 439

B.

Baals-Pfaffen können nicht Feuer vom Himmel bringen. 548
Baraas, eine so genannte Wurtzel, was solche ist, dero Eigenschafft. 228
Barfüsser-Münchs falsche Prophezeyung, 424
Basiliske / was solches für ein gifftig Thier, dessen Gestalt, und wie er gezeuget wird. 603. sq.
solcher ist nicht in rerum natura. 605
Behemoth, was solches für ein Thier, wo er sich aufhält, und dessen Gestalt, 581. sqq.
Berg-Geist / verhindert die Schatz-Gräber, 206.seq.
drehet einem Bergmann den Halßum, 203. sq.
biethet einem Berg-Knappen Schnupff-Taback an, 210
Männlein, was davon zu halten ist. 201. sq.
Bieber / wo sich solche aufhalten, derer Gestalt, Eigenschafft und Nutzen. 632
Blocksberg / ob solcher der Hexen Sammel-Platz sey. 40
Bock, holet den geilen Huren ihre Buhler, was solcher ist, 57. 58
holet zu Erfurt einen Färber-Gesellen, 58
holet einen Hochzeiter von seiner Braut aus dem Bett, 65
wil einen Offcier aus seinem Bett nehmen, 61
holet einem alten Weib ihren entlauffenen Mann zurück, 67
holet einer Mutter ihren Sohn. 64
Brunnen bey dem Berg Hecla von zweyerley wunderbarer Eigenschafft, 657
so dem Menschen einen muntern Geist machet, 634. sq.
so die Menschen ihres Verstandes beraubet, 635
in Sicilien von seltsamer Natur. 635

Buhlschafft, so mit dem Teuffel getrieben worden, wird durch unterschiedene Historien bestättiget, 21. seqq.

wird widersprochen. 28. sqq.

C.

Calender-Aberglaub / wie Einfältige damit betrogen werden, 431
Prognostic, was davon zu glauben 440. sqq.
Reguln, welche unfehlbar seyn. 439
Casearius, was solches für ein seltsamer Vogel, 666
Chiromantia, wer von solcher geschrieben, 470
und sich dieser Kunst bedienet, 471
wie aus solcher judiciret wird. 473
Christoffel (grosse) siehe grosse Christoffel.
Cometen / wo solche am Firmament ihren Ort haben, deren Ursprung, 699. sq.
wie lange solche brennen, und warum sie einen langen Schwantz haben, 701
was von solchen prognosticiret wird, 702
und was auf etliche erfolget ist. 703. sq.
Crocodil / dessen Gestalt, Auffenthalt, Schädlichkeit, und wie solches gefangen wird. 631
so sehr bößartig in Ost-Indien, und dessen Gestalt, 631
Crystall schauen, was darin für Unterscheid, 68.
was darunter für teuffelischer Betrug ist. 70. sq.
wunderbahres, 80. seq.
Crystall-Schauerin / siehet ihr bevorstehend Unglück, 72. seq.
Schauer bringt einen unschuldig an den Galgen, 83
wird verbrannt. 70

D.

De Diebus criticis & annis climacteribus, und darunter lauffender Aberglaube, 803

Diebs-Daumen / wie solcher gebrauchet wird, und Geschicht davon, 236. sq.

Donner-Wetter, wird von drey Studenten in Leipzig aus einem Zauber-Buch gemachet. 559

Drachen / so feurig, sind natürlich, wovon solche entstehen, 221. wie aberglaubig gemeine Leut davon judiciren, 222. warum solche gern auf die Häuser fallen. 224

von Pappier, 219. seq. hilfft etlichen gefangenen Jesuiten in India aus ihrer Gefängniß. 220

E.

Eheliche Wercke / ob solche durch Zauberey können verhindert werden, 112. sqq.
Einhorn / ob, und wo solche anzutreffen, 594. sqq.
soll mit dem Rhinocero nicht confundiret werden, 593. 601. dessen Gestalt, 594
will von etlichen nicht geglaubet werden. 592
wo das rechte Einhorn für eine Rarität aufbehalten werde, 602
Einhorn vom Fisch / wie solches gestallt, und woher es kommet, 599
so gegraben wird, wovon solches ist, dessen Nutzen, 597. sq.
Entzuckter Lappländer / thut grosse Wunder, 141. seq.
Schulmeister / erzehlet wunderl. Sachen, 139.
Erdbeben / haben ihre natürliche gewisse Ursachen, 717
geben vorhero gewisse Zeichen, und was darauf erfolget, 719
geschehen in der gantzen Welt umher, 721. seqq.
in Sicilien, so sehr grausam gewesen, 724. seqq.
Erdbodens Nutzbarkeit und dessen Grösse, 680
Erden-Geschöpffe GOttes, so wunderbahr, 680
Ertrincken im Wasser, wird offt des Teuffels Gewalt zugeschrieben. 31
wovon solches zuweilen kommet. 32
Esel in Franckreich, verstehet das Wetter besser, als der Astronomus. 432

F.

Falsche Gespenster, was solche seyn, 288
bestiehlt einen Pfaffen, 294. seq.
Geschicht davon. 289. seqq.
wird zu Augspurg erstochen. 292. seq.
Falsches Wahrsagen / verleitet König Matthiam in Ungarn.
Faust / was von dessen Person zu halten, 762.
Ist kein Doctor gewesen, ibid.
wird viel von ihm erdichtet, 752
auch von Landfahrern in Tragœdien vorgestellet, 754.
wo solcher gebürtig, 754
machet einen Bund mit dem Teuffel, der ihm als ein schwartzer Hund aufwartet, 762
wird von Kayser Maximiliano beruffen, 758
dessen schreckliches Ende. 765
Fausti Famulus, Wagner, hält ein prächtig Gastmahl zu Padua, 765
practicirt viel zauberische Händel. 769. seqq.
Feuer-speyende Berge / 642. sqq.
so unausleschlich. 641
solche wollen Reisende besehen, 653. müssen mit grosser Furcht und Schrecken zurück kehren. 655
Feurig Geschöpff GOttes / so wundersam, 638
Feurige Zeichen am Himmel, wie solche unterschieden, 698. seq.
Fisch, so wunderbar, wird gefangen, 328
Finnländer / was solche für Wetter und Wind machen, 553
Fliegender Drache / siehe Drache.
Fliegende Fische / 665
Furchtsamer Jesuit / machet falsch Lermen vom Gespenst, 289. sqq.

G.

Galgen-Männlein / siehe, Allraun. 225
Geheim-Geist, siehe, Spiritus familiaris. 389
Gehenckte / werden von einem Wirth zum Nacht- Essen eingeladen, 296
Geister-Cavalcade, Geschicht davon, 298. sqq.
Geist-Menschen / wie solche von uns zu unterscheiden, 194. sq.
Fabelhaffte Meinung davon. 193. seqq.
Geister / so böse, arbeiten in Bergwercken, 207. sq.
Geister-Panquet / was dabey fürgangen. 329. sqq.
so zu Flenßburg erschienen, 336. sqq.
machet einen armen Studenten reich, 340. sqq.
Geist verwarnet einen im Traum, 281. seq.
Gelehrter Bauer, wer solcher gewesen, und was von seiner Gelehrsamkeit zu halten, 389. sq.
Gepolter und Fallen in Häusern, was solches bedeuten soll. 501
Gespenste / so falsch, siehe Falsche Gespenster. 288
so falsch, stellet ein entsetzliches Spiel an. 306.sqq.
machet einem Jesuiten grosse Furcht, 289. sqq.
wird ermordet. 292. seq.
præsentirt einen Schincken-Dieb. 294. sq.
ziehet einem, seine Wohnung veränderendem, Herrn nach. 353. sqq.
was davon zu halten, und wie selbigen zu begegnen, 346. sqq.
wie man solche vertreiben soll. 349. sqq.
wollen von vielen nicht geglaubet werden, 263
daß solche seyn, wird erwiesen. 266
führet eine Kindbetterin an das Wasser, 36
stösset einen Mann ins Wasser. 39
Gespenst weiset einen Irrenden zu recht, und zeiget ihm seine Todes-Stunde an, 269. sqq.
entdecket eine Mordthat, 272. seq.
lässet sich als ein Kind am Wege finden, 274. sq.
erschrecket einen Professor, der kein Gespenst geglaubet, 267. seq.
stellet allerhand lose Händel an, 275
Gespensterische Todes-Ankündigung, 525. sqq.
wann ein Thumherr zu Lübeck, auch zu Merseburg in Sachsen sterben soll. 535. seq.
Gespenster verkündigen einem Edelmann seinen Tod. 539

haben auch Heyden ihren Tod verkündet. 542.seq.

Grosse Christoffel / wo solcher gebohren, und zu welcher Zeit er gelebet, 776. dessen Grösse, 778. wird von Päbstlichen venerirt, 779. wie solcher zum Christenthum kommen, 784. vielerley Reliquien von demselben, 788. was Lutherus von solchem geschrieben. 780. Ein fabelhafft Gedicht vom grossen Christoffel, 781. wird mehr vor ein Münchs-Mährlein, als die Wahrheit gehalten. 791

H.

Hecla, Berg in Ißland, wird beschrieben. 642

Hexen / auf was weise solche nach dem Blocksberg fahren, 41. Bekänntnüs, was von solchen zu halten, 51. 52

in Katzen-Gestallt, suchen einen armen Mann zu beschädigen. 257. sqq.
verwandelt sich in einen Hasen, 260. sqq.
Hexe / muß sich vor der Obrigkeit zum Wehr-Wolff machen. 253. seq.

Ob sich solche mit dem Teuffel fleischlich vermischen können, wird widersprochen. 15. sqq.

Hexen-Versammlung / in solche fähret ein Spanier zur Gesellschafft mit, 45 sq. weßwegen solche geschehe, 42. wie solche darzu beruffen werden. 251. sq.

Tantz / 40. sq. wie solche sich vorher salben, 41

Salb / bestehet aus Schlaff-machenden Mitteln, 53. sqq. gebrauchet ein Knecht, und fähret seiner Frau in ihre Versammlung nach, 47

brauchet eine junge Tochter, und kommt nacket biß Venedig, zu ihren Verwandten. 49

Hexe / nimmet ihren Mann mit auf ihren Tantz, 43
Hexen-Tantz / ob solcher würcklich geschehe, 42
daß solches falsch sey, und für Fabelwerck zu halten, wird erwiesen. 52
ob solche Ungewitter machen können, wird widersprochen. 550

Hexe, wird wegen gemacheten Ungewitters eingezogen. 560. sq.

Hottentotten / was solches für wilde Menschen, derer Seise, 691. derer Religion, 698. Ungestaltheit derer Weiber, 695

Hütgen / siehe Kobolt.

Hunde- und Katzen-Geheul / was solches bey Krancken bedeutet, 499. sq.

J.

Jäger, ein Geist, wird im Wald offt gehöret, 376.sq.
Jagd-Geschicht / so König Henrich IV. in Franckreich begegnet. 380. sq.
Jagender Marggraf zu Brandenburg wird von einem gespänstischen Jäger hart geplaget, 382
Jesuit / so furchtsam, machet das gantze Collegium alarm. 289. sqq.
Johannes-Würmlein / wovon solche leuchten, 568. sq.
Irrwische / was solches seyn, wovon sie entstehen, was davon zu halten. 212
wie der Teuffel damit sein Spiel treibt. 213
wollen weder vom beten noch fluchen weichen. 219
unterschiedene seltsame Geschicht davon, was solche die Leuthe verführet. 215. seqq.
Jungfer, schmieret sich mit Hexen-Salb, und fähret davon. 49
Jüngling / treibt mit einem Gespenst Unkeuschheit. 23
steckt seinen Ehe-Ring an des Venus-Bildes Finger, und geräth dadurch in groß Unglück. 383
vermählt sich mit einem Gespenst. 26

K.

Kielkröpffe / siehe Wechselbälge.
Kindbetterin wird gewarnet, daß man ihr ihr Kindlein auswechslen werde. 2
Kindbetterin ihr Kindlein wird ausgewechselt, und die Hexe darüber betretten. 3
Kindlein wird ausgewechselt, und wieder bekommen. 8
Knecht / schmieret sich mit Hexen-Salbe, und kommet in ihre Versammlung. 47
Kobolt / was solches für ein Geist ist. 278
ermahnet den Bischoff zu Hildesheim im Bett. 281. seq.
wütet in einem Hause zu Wien. 286
verwarnet einen Küchen-Buben zu Hildesheim. 282. seq.
lässet sich zu allerhand Hauß-Arbeit gebrauchen, 279
zerreisset einen Küchen Buben, 283
muß einem seine Frau hüten. 284
wird im Sack weggetragen. 287 seq.
Königs-Vogel in Sina, dessen Gestalt und Art. 663

L.

Lämmer / wie und wo solche auf Stauden wachsen. 663
Lappländer / wie solche Wetter und Wind machen und verkauffen 553
Leuchtende Fische bey der Nacht. 571
Gewürm bey Nacht, mancherley, 572. sqq.
Steine. 576
Liebe, so eingegeben wird, machet seltsame Würckung. 109
Liebes-Tranck, so einer bekommen, wie er davon entlediget worden. 107. seqq.
Liebe, wird einer Jungfer zum Schertz gegeben, und ist Ernst worden. 102
Liebes-Tranck, bringt einem den Tod. 111

Zeltlein bekommt einer, und gibt sie seinem Roß, was davon erfolget. 99. sq.

Löseln / oder Lösel-Nächte, was solche seyn, und wie sich derer aberglaubige Mägdlein bedienen. 87. 88

Lößlerey, gebrauchet eine Dienst-Magd nacket, wird betretten, 89

so auf einem Creutz-Weg gebrauchet wird, nimmt einen übelen Außgang. 90. 91

Lößlerin, bekommt von ihrem Liebsten einen Dolch, dessen übeler Ausgang. 91. 92. 93
wollen ihren Liebsten sehen, und darbey kurtzweilige Begebenheit. 95. seq.
dreyer Mägde Begebenheit, 93. seqq.
dreyer Adelicher Jungfern Begebenheit 97. 98
Lufft / wo selbe kalt und schädlich, 670
wo selbe gesund. 669
Luft-Geschöpff GOttes, so wunderbar. 660. sqq.

M.

Mannheit / wird einem Grafen benommen, und wie ihm wieder geholffen worden. 119.
nimmt einer seinem Bruder in Schertz, und wird darüber ermordet. 121. seq.
Meer-Frau / wird von Edamer Mägden gefangen 320. seq.
Meer-Menschen / wie solchen anzusehen. 624
Meer-Wolff / dessen Gestalt, verschluckt einen gantzen Menschen. 326. sq.
Meer-Wunder / mancherley, werden beschrieben. 319
Melusina, was von solcher gedichtet wird. 321. sqq.
Menschen / so unter der Erden wohnen. 791
wo solche anzutreffen, 795
wie solche Leute leben. 793
derer werden zwey gefangen, wie sich bezeiget, 798
wie solche Menschen an diese unterirdische Orte gekommen. 801
Monden, werden zwey gesehen, dessen Ursach. 714
Mondsüchtige / siehe Nachtgänger. 138
Münch / treibt lange Jahr Buhlschafft mit dem Teuffel. 21

N.

Nachtgänger / was solches seyn, wie solches geschiehet. 138. seq.
unterschiedene Geschicht von solchen. 139. sqq.
steiget an Lebens-gefährliche Oerter. 145. 148. 150.
wanderende Magd, kommt nacket aus einem wohlbeschlossenen Hause, und wird zurück geholet, 147. seq.
Ursache dessen. 151. seq.
Nasen-Horn, dessen Gestalt, Grösse, und wo es zu finden. 680. seq.
Nativit ät-Stellen, was davon zu halten, 152. sqq.
Steller, hat ihm selbst nichts sagen können. 158
betrüget einen Edelmann. 162. seqq.
betrüget einen, daß er bettlen gehen muß. 166. sq.
Pabsts Johannis nimmet einen bösen Ausgang. 167.
hat selten zugetroffen. 168. seq.
einige rare Geschichte davon. 154. seq.
Nestel-Knüpffen, was solches ist, und was damit für Schaden angerichtet wird. 122. sqq.
Nixe, was solches seyn. 30
Weiber, gehen mit andern Bauer-Leuten zu Marckt. 33
Nix / holet eine Hebamme zu seiner Frau. 34
führet eine Jungfer vom Tantz weg, 39
ertränckt einen Becker-Knecht. 37
suchet eine Kindbetterin zu erträncken. 36
Nymphen, wie solche erscheinen. 198

O.

Oracula, was von solcher Aussprüchen zu halten, 419
wenn solche untergangen. 422
Oraculum Amphiarai, wie sich solches offenbaret, 416
zu Delphis, wird beschrieben, 405
Dodonæi, 409
Hammonis, 406
Trophonii, 410
wie solches ist erfunden worden, 412
und wie selbiges veneriret wird. 414

P.

Päbstliche Historien, wie solche sehr mit Münchs- Lügen angefüllet, 544

Pfaffen in Persien, suchen ihren König durch Feuer vom Christenthum, und mit Betrug abzubringen. 639

Pfarrer / verkündiget seinen Zuhörern den jüngsten Tag, bekommt ihm aber sehr übel. 425

Physiognomia, was davon zu halten, 446. sqq.

Aristotelis Meinung, und anderer Gelehrten davon, 451

Physiognomia, ist nicht so gar zu verwerffen. 467

was damit am Menschen abzumercken, 452. sqq.
ist Mahlern und Bildhauern zu verstehen dienlich. 457
Propheten in Italien, falsche Wahrsagerey. 427

R.

Regenbogen / wovon solcher entstehet, 707
und Ursprung seiner rothen, grünen und Himmel- blauen Farbe. 707. seq.
warum man offt nur ein Stück von solchem siehet, 709
ob solcher auch vor der Sündfluth an Wolcken gesehen worden, und andere Anmerckungen davon. 710
Rennthier / wo solche gefunden werden, derer Gestalt, Gebrauch, Klugheit, 683
und was von dessen Reisen zu halten. 686
Riesen / Ursprung, 607
derer unterschiedene Grösse, wenn solche gelebet haben, 608. sq.
warum itziger Zeit keine mehr seyen. 609
Grösse und Stärcke. 613
Sceleton, wird in Norwegen gesunden. 611
Ring / eines jungen Ehemanns, wird von einem Venerischen Bild entwendet. 383

S.

Salamander / wie solcher gestalt, 590
ob er im Feuer lebet, 588. seqq
Salamander-Wolle / was solche ist. 591
Schätze / so verborgen, 238
ob der Teuffel Gewalt darüber hat, solche dem Menschen zu geben, 239
wie man solche nach Paracelsi Meynung graben soll. 241. sqq.
Schatz-Gräber / sind gemeiniglich Betrüger, 241
werden durch einen bösen Geist an ihrer Arbeit verhindert, 206
wie solche ihre Lichtlein machen, 244
bekommt einen übelen Lohn, ibid.
Schloß einschlagen, wie solches einem die Mannheit nimmet. 121
Schwalden / wann und wohin solche ziehen, auch wann sie wieder kommen, 678. sq.
Schwedische König / führet 4. Zauberinnen mit sich im Kriege, dessen Feinden zu schaden. 549
See-Kühe / was solches für ein Meer-Wunder ist, und wie dieselbe gefangen werden, 629. sq.
See / welcher alles zu Eisen machet, 637
Seelen / im Fegfeuer, was davon zu halten, 526. sq.
Seelen der Verdammten, Zustand, 526. sq.
irrige Meynung davon. 659
der Seeligen, in was Stand sich solche befinden. 528
Sieben-Schläfer / sollen zum Heydenthum gezwungen werden, 738
verbergen sich in eine Höle, 739
schlaffen darinn etliche hundert Jahre, 742
wie solche wieder erwachet, 743
wo dero Reliquien auffbehalten, 748
Sonnen / derer werden 2. biß 3. auf einmahl gesehen, wovon solches kommet. 712. sq.
Spanier, fähret par Compagnie mit auf den Hexen- Tantz, 45
Spiritus familiaris, was solcher ist, wird zu vielerley Dienst gesuchet, 389
Unterscheid unter denselben. 395. sq.
will ein Weib zu Leipzig kauffen, 390. sq.
wird gesuchet, vom Käuffer aber bereuet, wie solcher darüber in Anfechtung kommen, 390. seq.

Stachel-Schwein / wo sich solches aufhält, dessen Gestallt, und bey sich führenden köstlichen Stein, 682

Stärcke einiger Männer, so admirable. 613

Stern-Schnupffen / was solches seye, Stellæ cadentes. 567

Störche / wo solche im Winter sich aufhalten. Plinii Meynung davon, 671. sq.

wovon solche leben, und warum sie ihre Nester verlassen, 673
zu welcher Zeit dieselbe wegziehen, und wieder kommen. 674
derer Verwunderungs-würdige Natur, Historie davon, 675
ihrer viere werden biß nach Abreise der andern eingesperret. 676
Strauß / dessen Gestallt, 666
und seine Eyer, werden beschrieben, 668
Styx, ein gifftiger Brunnen, 634
Süsse Brey / wie und wo solcher gestifftet. 532

T.

Teuffel / ist nicht vermögend jemand reich zu machen, 234

Teuffel / nimmet eines frommen Bauer-Weibs Gestalt an, und suchet solche in Unglück dadurch zu bringen. 351. sq.

Stösset einen Mann ins Wasser, 39

blendet den Feind mit falschen Soldaten, unterschiedene Historien davon. 369. seqq.

kan nicht Griechisch aussprechen, wie sich solcher vertheydiget, 397

sind nicht alle gleicher Gelehrsamkeit, 398

kan nicht sagen, wo D. Luther, da er von Worms kommen, sich aufgehalten hat, 400

nimmt gleiche Gestallt mit einer Stallmeisterin an, welche ihr Eheherr nicht unterscheiden kan. 353. sqq.

ob er sich mit Hexen fleischlich vermischen kan? 15

treibet Unkeuschheit mit einer geilen Tochter, in Gestalt dessen, welchen sie liebet, 18

lässet sich in Kinds-Gestallt von einem Bettler umher tragen, 14

suchet eines Wirths Tochter zu ehelichen, wie solcher abgewiesen worden. 27. sq.

reiset mit 21. Gesellen in Berg Æthna. 648

verwechselt die rechten Kinder. 1

Thunnen im Meer, was solches seyn. 629
Todes-Ankündigung von Gespenstern. 525. sq.
Träume sind allezeit erfreulich. 504
was solche seyn, und derer Unterscheid, 504. sq.
wovon solche entstehen, 505. sqq.
welche gut, 508. und welche teuffelisch. 523. sqq.
so wahr worden. 515. sq.
zeiget einem die Ermordung seines Freundes an. 518
Träume Kaysers Carl des IV. 516
Churfürst Friederichs des III. so nachdencklich ist, 519.
Trommel-Geist / was solcher für Gepolter angerichtet. 355. seqq.

V.

Vestigkeit der Gemsen und Hirsche, ob solches zu Zeiten geschiehet, 367. sq. 371. sq.
Vestmachen, ob solches natürlicher weise geschehen kan, 361
Geschichte davon. 361. sqq.
Vesuvius, ein Feuer-speyender Berg. 651
Undenæ, was solches seyn, und derer Gestallt, 196
Unicornu fossile, 597. sq.
Marinum, 599
Vögel / wo solche an Bäumen wachsen. 662

W.

Wahrsagerey / was darunter für Betrug ist, wird durch des Teuffels Beschwerung zuwege gebracht. 404

Desmarets, Torquati, und anderer falschen Wahrsager elendiglicher Ausgang. 426. seq.

Wallfische, wo und wie solche gefangen und getödtet werden. 626

Wechselbälge / hat gleiche Gestallt mit einem andern Kind, daß es die rechte Mutter nicht unterscheiden kan, und wie sie des unrechten ledig worden. 4

Wechselbälge / derer Eigenschafften, 6

ob es rechte Menschen, 1
sauget fünff Weiber aus, 9
wird nach St. Cyriacs Wiegen getragen und erkennet, 6. seq.

Wehr-Wölff, ob sich in solche Menschen verwandlen können, wird von Augustino widersprochen, 246.sq. unterschiedene Geschichte davon, 247. sq.

wird von einem Schäfer verwundert. 252. sqq.

Weiblein / so wild, wird gefangen, und für ein Gespenst gehalten, 275
Weiblichen Geschlechts Eigenschafft, 460
Weisse Frau in Böhmen, verkündet Absterben einer hohen Familie, 529
ob solche ein gut oder böß Gespenst ist. 530. sq.
Wettermacherin / was davon zu halten, 564. sqq.
Wetter / kan kein Teuffel ohne GOttes Willen machen, 546
Wilde Ochsen / in Ost- und West-Indien, wie solche gefangen werden, 688
Wirth / ladet drey Gehenckte zum Nacht-Essen, welche erscheinen, 296.
Wolff / was von dessen Anschauen zu halten, 492
Wünschel-Ruthe / was solche ist, 170
wie selbige erfunden und bereitet werden, 172
zu welcher Zeit, und mit was Ceremonien dieselbe zu schneiden, 174. sq.
wie man solche gebrauchet, 175. 185
deren Gestallt, 176.
ihre Würckung, 188. seqq.
wie solche mißbraucht werden. 176. sqq.
entdecket eine Mordthat. 179. seqq.
Wunder-Geschöpff GOttes im Wasser, 624
Fisch, so in Schonen gefangen worden. 628
Wunder-Quelle / so alles unter sich ziehet, 636
See / im Hertzogthum Vendome. 635
Thier zu Fontainebleau, wie solches gestallt, und was es für Schaden ausgeübet hat. 686. sq.
Wütende Heer / was solches ist, 373. sq.
erscheinet in unterschiedener Art. 376. sqq.

Z.

Zauberer, muß sich für seinem Fürsten zum Wehr- Wolff machen, 250
Ring, wird im Mund eines todten Weibs gefunden, 109. sq.
Zeichen / mancherley, wenn jemand im Hause sterben soll, 537
Zwerg / spielet perfect aus der Tasche, 618
Geist, erscheinet dem Grafen von Hoya. 622
Geister, führen Heliodorum in eine unterirdische Höhle. 619
Zwerge, was davon zu halten, 615
so mit den Kranichen streiten, was davon zu halten, 616
werden gepaaret, sind aber unfruchtbar, 618
wird in einem Vogel-Gehäuse umher getragen. 617
Zwey / versprechen einander Nachricht von ihrem Tode zu geben. 538.

ENDE. [810]

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TextGrid Repository (2012). Bräuner, Johann Jacob. Werk. Physicalisch- und Historisch-Erörterte Curiositaeten. Physicalisch- und Historisch-Erörterte Curiositaeten. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-3E33-4