Sonett

O schwerer heißer Tag, ihr leichtes Leben
Schließt müde weinend seine Augenlider,
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Schon senkt der Schlaf das tauende Gefieder,
Um solche Schönheit kühl ein Dach zu weben. –
Von ihren Lippen leise Worte schweben,
»Du Liebe süßer Träume kehre wieder!«
Da läßt sich ihr der Traum der Liebe nieder,
Um ihres Schlummers kranke Lust zu heben. –
»Du Traum! – ich bin kein Traum, spricht er mit Bangen,
O laß uns nicht so holdes Glück versäumen!«
Da weckt er sie, und wollte sie umfangen. –
Sprecht! Wessen bin ich? Wer hat mich besessen?
Ich lebte nie – war eines Weibes Träumen –
Und nimmer starb ich, – Sie hat mein vergessen.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Brentano, Clemens. Sonett [2]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-416B-F