Kurtzer Satyrischer Gedichte
Sechstes Buch

1.
Wie es heuer der Marckt mit sich bringt
An den auffrichtigen Leser

O Leser, meine Lust, mein Reichthum Glück und Heil,
Kein Vers kan dir die Ehr', in der ich lebe, sagen
Wenn ie ein Frembder spricht: Ist nicht mein Wolbehagen,
Ein deutscher Martial in Perferts Laden feil.
Die Fabeln laß ich seyn. Der deine Hände fleucht,
Und nichts als Götter redt, die er sucht zu ergötzen,
Mag an der Sternen Wand die Deutsche Feder setzen:
Genung, wenn nur mein Blat nach Menschenkindern reucht.
O Leser, meine Cron und auch mein König Reich,
Wir sind ja etwas werth, wann du mich pflegst zu tragen,
Das Lob ist mein und dein. Ein andrer der mag klagen,
Den meine Musa trifft, ist mir und dir nicht gleich.

2.
Die Laster, nicht die Person
Von einem Eigennützigen

Ich wil dir lieber Freund was in das Ohre sagen:
Dis bitt' ich, halt es nur geheim als wie du thust:
Der große Mann, daran der Bürger seine Lust
Und seinen Trost gehabt, ist aus der Art geschlagen.
Er läßet sich Gestreng auff allen Gaßen nennen,
Und wil ein Edel Mann, ja Rath und Raths Herr seyn,
Und zeucht den Kegel nicht von langen Tituln ein,
Bey welchem man noch kan den Treber Fürsten kennen.
Fragstu, was er bey uns sonst löblichs vorgenommen,
Ließ seine Hand, mit der er als ein Bieder Mann,
In das gemeine Gutt so manchen Griff gethan,
So wirstu alsobald auff seine Thaten kommen.
Das bloß gefällt mir nicht, daß er vor andern allen
Offt unsern Burg geleckt zu seinem Nutzen hat,
Ich seh es, du fängst an? Wie heist er, der dis that?
Verzeih es mir, es ist sein Nahme mir entfallen.
[407]

6.
Religio der allerschädlichste Deck Mantel
An die Evangelischen Krieger

Weil ihr die Prediger auff Predig[t]stühle stellt,
Und unterdeßen bloß sucht unser Gut und Geld,
Meint ihr, ihr bringet uns mit Spießen und mit Stangen
Das Evangelium, das ihr habt umbgehangen.
Verzeiht es mir, weil ihr mit Donnern und mit Quähln,
Die armen Leute wollt biß auff das Leben scheeln,
Und voller Raub und Mord erweitert eure Schätze,
Daß ich es sagen darff: Ihr bringet das Gesetze.

9.
Beydes den Magen und das Gemüthe
An Herrn Matthæus Apelles von Leuenstern

Die Lerche, so das Garn kan unterm Stoppel decken,
Als Meiner Stellung Raub, hört man ein Lob erwecken
Um des Appeles Tisch: Sie wollen ingemein
Des Koches süßer Spieß und zarte Lantze seyn.
Ihr Bürger meines Gutts, so man mir eingerißen,
Da wo Fürst Bolco vor sein Aecker wolte schlüßen,
Geht hin und bringet es des Phoebus Küchen bey,
Daß Eures Herren Leid nicht weit von seinem sey.
Die Ställe stehn ohn Vieh, ohn Vorwerck sind die Auen,
Die Scheunen ohne Korn, nichts ist, wie vor zu schauen:
Als der Gefangne Sachs und mit ihm Torsten Sohn
In diesem Hause lag, war dis mein Danck und Lohn.
Doch was ist Gut und Haus, wenn Städte selber brechen,
Pest Menschen, Metzger Vieh, und Steller Vogel stechen:
Nihm nur die Aäßer hin, so gut sie immer seyn,
Und scharr' in deine Kehl ihr edle Leiber ein.
Das Grab sey Mund, die Hand die Baar', und Wein die Zähren,
Ihr Andenckmahl der Schmack und was du wirst begehren:
So recht, also muß es den Indianern gehn,
Die beßer auff dem Tisch als wüsten Aeckern stehn.
Die Götter laßen ja den Phoebus meine Gaben,
Vor andern lieb und werth vor meinetwegen haben:
Es schmeck' ihm meine Tracht, dem sonst nichts schmecken kan,
Als was nach Weißheit schmeckt und ihr ist beygethan.
[408]

14.
Alte Buhler gewiße Narren
An Graumundum Pubertum

Die Erndte läßest du schon zwey mahl dreißig mahl
In Säcken eingefüllt auff deine Söller tragen:
Dein Alter können dir der Töchter Kinder sagen:
Jedoch wilt du vermehrn der Jungen Stutzer Zahl.
Kein Spiel, kein Gastgeboth stellt ie ein Nachbar an,
Auff das dein neues Kleid du auch nicht soltest schicken,
Den auffgesetzten Bart seh' ich von fernen blicken,
So weiß als einen Schleyr ein Klag Weib tragen kan.
Wann auff Gesundheit du des Frauen Zimmers trinckst,
So bleibt kein Tropffen nicht auff deinem Nagel stehen,
Da bist du sehr bemüht, wo schöne Mägdlein springen,
Kein Reh' erhebt sich so, wie du im Tantze springst.
Dein Schubsack der ist recht der Buhler Lieder Hauß,
Die in die Seiten du voll Andacht pflegst zu singen:
Die Bücher, welche wir aus frembden Ländern bringen,
Hast alle du im Kopf und sagst und plauderst draus.
Ja wol, du stellest dich bey uns behäglich ein,
Wann etwan wir vermummt zum Abend Tantze gehen:
Mein Greiß, laß uns das Spiel, nichts kan ja ärger stehen,
Als wann ein alter Hecht wil Pickelhäring seyn.

15.
Immer höher
An den Matho

Hört Matho wil ein Artzt und Artzneymacher seyn,
Der manchen hat gebracht in Ungemach und Pein:
Wie steigt die Kunst, vor satzt er Leut' in Angst und Nöthen,
Nahm Ihnen, was ihm fehlt: Itzt lernt er sie gar tödten.

16.
Verräther sorgliche Tisch Gäste
An den vorigen Küchen Freund

Mich wundert nicht, daß mich und dich gibt Matho an,
Weil er den leeren Bauch mit nichts sonst füllen kan:
Das wundert mich, daß sich sein Wirth läßt so betriegen,
Dann ihn versorgt der Wirth mit Fleisch, er ihn mit Lügen!
[409]

17.
Betrügl. Goldmacherey
An die Bettelleute

Der alles hat verkocht, der setzt der Weisen Stein,
Der so viel Narren macht, in seinen Tiegel ein:
Ihr Bettler setzet ihn zuerst in euren Orden,
Der hat ein Vorthel ja, der weißlich arm ist worden.

28.
Stecke dein Schwerd ein
Schnöde Erretter der bedrängten Kirchen

Das Wort, das aller Welt den Frieden saget an,
Und Gnade heist und uns aus Gnade wird gegeben,
Das soll (Ach Schand! ach Spott!) der wilde Krieg erheben,
Und durch verbotne Dienst, ihm öffnen Thür und Bahn.
Wie arg ist doch die Welt, wir wollen Christen seyn,
Wann wir den Mantel dann vom Gottes Dienst entdecken,
So sieht man Raub und Brand und Mort darunter stecken,
Und hüllen nichts als Schuld und Sünd in Glauben ein.
Wollt den Bedrängten ihr also zu Hülffe gehn,
Daß ihr sie härter könnt durch falschen Schein bedrängen,
Wie heilge Titul ihr wollt um die Waffen hängen,
Sieht man doch überall die Kräle fornen stehn.
Das liebe Gottes Wort kommt uns sehr theuer an,
Ihr predigt dergestalt (bedenckt, ihr seyd ja Christen)
Das Vieh aus Ställen hin, die Heller aus den Kisten:
Und endlich denn aus Land und Städten iedermann.

34.
Menschen, zerbrechliche Gefäße
An Herrn Haubtmann Ritterfurt

Die Erde zur Artzney, wie sie gesiegelt ist,
Nehmt lieber Ritterfurt, so gut ich sie erkiest:
Zum Siegel meiner Treu und Freundschafft setzt sie ein,
Es ist zwar schlecht, doch denckt, daß wir auch Erde seyn.

35.
Aus der Rede den Mann
An Junuffken

Pan Tata hört man dich zu deinem Vater schreyn,
Und deiner Mutter zu drauff Pani Mami ruffen,
Wie solt du denn, wenn ich die Eltern so getroffen,
Nicht eine feige Memm und blöder Tater seyn?
[410]

42.
Je näher dem Jupiter, je näher dem Donner
Als Hertzog Frantz Albrecht hinter Mertzdorff geschlagen worden

Der Ort, das Dorff ist hier, das man vom Mertzen nennt,
Drauff ich ins Vierdte Jahr nicht Wirthschafft können treiben:
Hier ist es, da der Held im Felde muste bleiben.
Aus Sachsen Lauenburg: Seht, wie sein Hertze brennt.
Die helle Mitternacht, da, als der Tag anbrach,
Macht alle Felder schwartz, so weit man konte sehen,
Der Hertzog wuste sich nicht aus der Schaar zu drehen,
Der Torsten Sohn gieng ihm auff heißem Fuße nach.
Nu beyde satzten sich dort umb das trübe See,
Daraus mein Schwäher ließ ein Schlam Gebürge tragen,
Und als die Völcker theils gelauffen, theils geschlagen,
Macht ihm ein strenger Schluß mit zweyen Kügeln weh.
Der Zobtenberg, als er den Hertzog so allein
Verwundet und zugleich gefangen sahe liegen,
Kam auff die Wahlstatt hin im Schatten selbst gestiegen,
Und haubte sich und dann sein andre Brüder ein.
Nachdem Sie ihn gantz matt auff Kletschkau zugebracht,
Da auch mein Meyerhoff die Helden unterhalten,
Biß Bolco seine Statt mit Stücken ward zuspalten:
Gab er der Welt und uns in Schweidnitz gute Nacht.
Wie aber, daß das Dorff durch Glut ward abgethan?
Wann Fürsten untergehn, so muß man Fackeln haben,
Und weil das arme Land man künfftig wird begraben,
Sagt es dem Fürstenthum auch seine Hinfarth an.

44.
Das Gebetbuch in die Hand
Welscher Krieg, welchen die Barberiner angefangen

Der Glöckner dieser Welt, es wird nichts guts bedeuten,
Fängt die gegoßne Glock in Welschland an zu laüten:
Nu Campanella trägt den Klang in Franckreich feil,
Und der gefrorne Belt kriegt auch davon sein Theil.
O Vater, Oesterreich und Spanien ingleichen
Hat Euch von Alters her die Hände helffen reichen,
O laütet ihnen nicht, der Klang möcht euch bethörn,
Ihr wüst, wie Carl der Fünfft euch konte beten lehrn.
[411]

46.
Urbanisches Sinnbild
Bitteres und süßes aus einem

Die Imme, die zu Rom im heilgen Korbe sitzt,
Trägt Honig ein und hat den Stachel auch gespitzt:
Sie zeigt (so siehet man die Dörner bey den Rosen)
Den Stachel Spanien, das Honig den Frantzosen.
Wer meint, daß solche Gall' in diesem Cörper sey,
Die Lilie kommt sonst ja nicht den Immen bey:
Gib Honig, wem du wilt, doch wirst du zu sehr stechen,
Wird mit dem Stachel dir das Honig gantz gebrechen.

47.
Zur Bekehrung
Ueber Scioppii Diagesticon

Du meinst, der Babst der sol nicht nach dem Hane sehn,
Dieweil ihn Petrus sah' u. muste drüber flehn:
Ich aber meyn er sol den Hahn von Hertzen lieben,
Weil er ihn zu der Buß und Seeligkeit getrieben.

48.
Wie der Wind, so der Mantel
An die Verräther ihres Vaterlandes

O Frommer Ferdinand, wie wirst du hintergangen,
Die so viel Geld und Gut vor ihre Treu empfangen,
Verehren itzt den Belt, der ist ihr bestes Theil,
Dem tragen sie die Leut' und deine Renten feil.
Was keiner vorgesucht, dein Oesterreich zu schützen,
Das kehrt man aus, das kratzt man aus den letzten Ritzen:
Sie wollen Ehr und Blut beym Schweden setzen zu,
Und bringen Haus und Hoff, ja Stadt und Land zur Ruh.
Was unsern Held betrifft, so wil ich das begründen,
Daß zwischen Wien und dann Stockholm k. Mensch zu finden,
Der strenger unser Fell könn' über Ohren ziehn,
Er wil zu Stockholm Lob verdienen, und zu Wien.
Wo Wien begehrt, daß man die Leute sol verterben,
So last den großen Rath, er wird gut Kaysrisch sterben:
Gut Schwedisch denckt er ihm zu leben auch dabey,
Wo Stockholm wil, daß Stadt und Land gantz wüste sey.
[412]

49.
Das übel verkehrte Plus ultra
Als unsere Völcker das Land verlaßen

Weil Schlesien numehr auch auffgegangen ist,
Hat ihm ein neues Land der Lands Knecht auserkiest:
Fragst du an was es fehlt, daß sie sich hier nicht wehren?
Der Esel schmeckt nicht mehr, sie eßen gerne Mähren.

50.
Alles hin, biß auff das Gemüthe
Begräbnüß seiner Feder

Nur aus, o Buch, das Dorff vom Mertzen das ist Graus,
Der schöne Meyer Hoff zu Kletschkau wüste worden,
Das Striegen Vorwerck fort: Das Vierdt' in diesem Orden
Wil auch mein Berg Gut seyn, darumb, o Buch, nur aus.
Die Güter nehmen ab, die Schatzung aber zu,
Das Haus wird leer an Geld u. voll an Krieges Knechten,
Kehr ich mich hundertmal zur Lincken oder Rechten,
So hab' ich Tag und Nacht bey keinem keine Ruh.
Ich wil hier unterm Kalck und meiner Gütter Staub,
Die Feder meine Lust mit ihrem Thun begraben:
So lange wir bey uns die Schwedschen Krieger haben,
Ist Sie der Motten zwar, wir ihrer Hände Raub.
[413]

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TextGrid Repository (2012). Czepko von Reigersfeld, Daniel. Kurtzer Satyrischer Gedichte Sechstes Buch. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-61C2-F