[53] [55]Robert Roberthin und Ursula Vogt

8. März 1639.


Es ist ja nun an dem, daß mein Herr Robertihn
Mit seinem Hochzeit-Fest nicht länger wil verziehn,
Er fasst jhm ein Schluß, bey dem es sol verbleiben,
Den auch der Himmel sich erbeut zu vnterschreiben,
Daß dieser schöne Tag das alles offenbahr
Sol machen, was bißher jhm selbst kaum kündig war.
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Er kann die Flamme nun nicht länger heimlich halten,
Giebt seiner Liebe stat, die vngehindert walten
Vnd jhn beherrschen muß, er kennt die Art der Zeit
Vnd seine liebe Braut wird jetzt jhm zugetreut.
Vnd seh' ich nicht hierumb den Himmel sich bewegen,
Die Wolcken flüchtig seyn, des Wetters Last sich legen?
Die Götter werden eins, in einer grossen Zahl
Zu fahren Himmel-ab auff dieses Frewden-Mahl.
Ach, man kennt dich an dem Bogen,
Süsser Amor, deine Tracht
Hat dich leichtlich kunt gemacht!
O komm glückhafft eingezogen!
Komm, verübe deine Pflicht,
Triff das Hertz vnd fehle nicht.
Juno wil das Brautbett machen,
Venus hat in jhrer Handt
Der verliebten Sinnen Brandt
Vnd rings vmb sich Schertz vnd Lachen.
Hymen eylet was er kan,
Steckt die Fackeln bey jhr an.
Auch mein einiges Verlangen,
Phoebus ist mit Frewden hier,
Seiner güldnen Lauten Zier
Hat er auff der Schulter hangen,
Der neun Schwestern volles Chor
Gehet jhm theils nach theils vor.
Halt, was werden sie beginnen?
Vnd wo ist es hin gemeynt,
Das voraus Apollo scheint
Tieffen Sachen nach zu sinnen?
Ist mir recht, sie seyn bemüht
Auff ein newes Hochzeit-Liedt.
Wol dir, du werthes Paar! Dein Wesen muß für allen
Dem Himmel, daß er dir so günstig ist, gefallen;
Schaw vmb dich, wie er thut, er steht Gedancken vol
Vnd weiß nicht, was für Dienst er jetzt erweisen sol.
Er reitzt auch meinen Geist vnd zwingt mich loßzugehen,
Die Adern wallen mir, ich kan nicht stille stehen.
Apollo geusset gantz sich meinem Hertzen ein
Vnd ich beginne fast nicht bey mir selbst zu sein.
Verzeiht mir beyderseit vnd lasst euch nicht verdriessen,
Wenn ich mir was zu frey den Zügel lasse schiessen,
Verhänge meinem Sinn aus Liebe was zu viel,
Die Frewde, so mich treibt, kennt weder Maß noch Ziel:
Trawre nicht, stell ein die Klage,
Schöne Braut, es hat nicht Noth!
Schaw, es ist noch hoch am Tage
Vnd sehr weit vom Abend-Roht,
Das vns bringen sol die Nacht,
Die dich so bekümmert macht.
Die Ihr wohnt in schwartzen Zelten,
O jhr Schatten, eilet nicht,
Lasst die Braut bey euch was gelten,
Sie helt an vmb stetes Liecht,
Stetes Liecht zwar kan nicht seyn,
Doch ein Auffschub jhrer Pein.
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Gebt der Bitte raum vnd stelle,
Seht, wie Sie so vbel thut,
Himmel, Erde, See vnd Helle
Legen hin den wilden Muth,
Wenn sie brauchet die Gewalt
Ihrer kläglichen Gestalt.
Aber, Schönste, deine Sorgen
Seyn nur zu belachen wehrt,
Wenn der Sonnen-Liecht sich Morgen
Wieder zu vns hat gekehrt,
Wirstu, gleub es mir, mein Kindt,
Anders seyn als jetzt gesinnt.
Hastu lust darnach zu fragen,
Meinest gantz, hie sey Gefahr,
Deine Mutter wird dir sagen,
Die das auch, was du bist, war,
Der auch du bald gleich wirst sehn,
Wenn es vmb ein Thun geschehn.
Welche sol man höher halten?
Die sich bawt aus jhrem Mann,
Oder die daheim muß alten
Vnd nicht ehlich werden kan?
Jener Blüth' ist Segens vol,
Diese stirbt eh als sie sol.
Vieh vnd Menschen müssen hassen
Solchen Weinstock, der nicht trägt,
Den sein Ehgatt hat verlassen;
Aber welcher Trauben hegt
Vnd an Vlmen steht gesetzt
Wird ja billich hoch geschätzt.
Komm, Nacht, komm! kompt Himmels Flammen!
Vnd entdecket den Verdruß,
Kompt doch eilends, fügt zusammen
Was zusammen sol vnd muß,
Macht der Braut den Mißverstandt,
Die vergebne Furcht, bekant.
Ihr könnt Leib vnd Seele speisen
Durch den Schlaff, der auch vns nehrt,
Könnt auch Buhler vnterweisen,
Darumb helt Euch Venus wehrt
Vnd schickt ewrer süssen Rhue
All jhr Volck vnd Schüler zu.
Ihr benehmet jungen Leuten
Ihre Furcht vnd blöden Sinn,
Wisset recht sie zu bedeuten,
Alles macht sich zu euch hin
Vnd erlanget Sieg vnd Preiß,
Was sonst nichts von Liebe weiß.
Schlage nicht die Augen nieder,
Schönste, gib dich willig drein;
Morgen sprechen wir vns wieder,
O, es wird schon anders seyn.
Komm! Die Nacht, der Sternen Chor
Fodern dich bereit hervor.
Vnd du, Herr Bräutigam, hast gnug in deinen Jahren,
Was Kunst vnd Tugend sey, erlernet vnd erfahren,
Diß aber fehlt dir noch, wend hie nun Arbeit an,
Auch hie wird Fleiß erheischt, zeuch aus den ernsten Mann
Vnd lerne Kindisch seyn; hie mag kein Cato sitzen,
Kein sawrer Curius hat Weißheit hiezu schwitzen.
Cupido ist ein Kind,
Was schertzt vnd liebt auff Erden
Muß seyn wie er gesinnt,
Muß mit jhm kindisch werden.
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Schertz ist hie Befehlichshaber, hie hat Kurtzweil oberhand,
Hie wird auch ein grawes Alter offt in Kindheit vmbgewand,
Dieser Halß von Alabaster, dieser weissen Stirne Schein,
Diese Rosen-rothe Wangen, dieser Hände Helffenbein
Werden dir den Sinn berauben, werden dich, mein Robertihn,
Offt dir selbst vnähnlich machen vnd dir allen Muth entziehn.
Schaw doch her, vor diesen Augen legte Juppiter beyseit
Seinen Blitz vnd Donnerkeulen, Thetis Sohn gieng' aus dem Streit,
Solch Kräffte, solch Vermögen hat die Schönheit deiner Braut.
Laß sie das Tag-Liecht tragen
Als sonst die Morgenröth,
Die vor der Sonnen Wagen
In güldnen Haaren geht;
Man solt' in Irrthumb schweben,
Nicht wissen, wer es sey,
Ein solches Liecht vnd Leben
Wohnt deiner Liebsten bey.
Ich hett hie guten Fug von jhrer Zucht zu singen,
Wie eingezogen sie jhr Leben hin kan bringen,
Was für Bescheidenheit vnd guter Sitten Pracht
Auß jhr ein edles Bild des Frawen-Zimmers macht;
Könnt' jhre Lust, die sie zu Büchern trägt, beschreiben
Vnd wie sie manchen Tag mit lesen kan vertreiben,
Dadurch sie wol bedacht des bösen müssig geht,
Darnach so manches Mensch mit Fleiß vnd Willen steht.
Mir aber wil von dem zu sagen nicht geziemen,
Was diese Stadt an jhr vorhin schon weis zu rühmen
Vnd kündig ist ohn mich, sie sey nun wer sie wil,
From, sitsam, häußlich, schön, bescheiden, fleissig, still.
Sie ist die deine nun mit allen jhren Gaben,
Hie den Lohn soltest du für deine Tugend haben,
Die Sitten, den Verstandt, die dir des Höchsten Raht
Durch vnbewegten Schluß längst vorbehalten hat.
An dem Herren muß es liegen,
Er sieht was sich vnverwandt
Künfftig sol zusammen fügen
In den süssen Heyrahts-Standt:
Zwar der Mensch kan jhm zu lieben
Seines gleichen außersehn,
Was bey Gott nicht ist verschrieben,
Kan vnd muß auch nicht geschehn.
Du magst nun deiner Müh vnd Arbeit wol geniessen,
Es wird dir wol bezahlt, laß dich es nicht verdriessen,
Vnd hettest du dich gleich gewaget vmb den Nort,
Die schwere Straß entdeckt an den Chinenser Port
Bey Nova-Zembla weg, viel Hungers-Noth erlitten
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Mit Bären wilder Art, mit Eyß vnd Frost gestritten,
Ja hettest du gleich auch den newen Magellan
Durch viel Gefahr vnd Noth der Erden kundt gethan
Vnd werest Hellen-ab wie Hercules gegangen,
Was köntestu hievor für grössern Lohn empfangen
Als eben dieses Gut? es kan auff so viel Pein
Dir, Pelops, thewrer nicht Hippodamia seyn.
Was Frewde wird dein Hertz, was volle Gnüg empfinden,
Wenn sie dir deinen Geist wird inniglich entbinden,
Wird allen Vnmuth fern auß deiner Seelen thun
Vnd schaffen was du wilt. Wolan, so gehe nun,
Nim ein dein eignes Reich vnd hersche nach belieben!
Es steht dir frey, was dich gelüstet, zu verüben,
Trotz einem, der sich hie wolt' etwas vnterstehn,
Das nicht nach deinem Sinn vnd Willen solte gehn,
Hie ist kein Herr als du. Die Augen als zwo Sonnen,
Die dich vor langer Zeit durch jhre Krafft gewonnen,
Der keusche Mund, das Haar seyn nun dein Eigenthum
Vnd mehren vberauß dein Ansehn Ehr vnd Ruhm.
Es wird von jederman dein guter Sinn gepriesen,
Daß du dich hierin auch behutsam hast erwiesen
Vnd dir an deine Seit' ein solches Mensch gelegt,
Das in Geberden Zucht vnd Trew im Hertzen trägt.
Wer sich hie auff Gut wil gründen,
Hat auff schwaches Eyß gebawt;
Glück vnd Geld pflegt zu verschwinden
Wie der Schnee thut, wenn es thawt:
Wie ein Dunst, der aus den Klüfften
Vber sich gen Himmel fährt
Vnd von Winden in den Lüfften
Wird zerstoben vnd verzährt.
Ein standhaffter Sinn bestehet,
Krieget Preiß vnd schwebt empor,
Vnd die Zucht im Hertzen gehet
Tausent Tonnen Goldes vor.
Du siehst nicht auff den Schein der eusserlichen Sachen,
Der nur die Augen füllt vnd keinen gut kan machen,
Du thust was dir gefellt vnd hörest gäntzlich nicht
Den, der dich meistern wil vnd solch ein Vrtheil spricht,
So nimmer kan bestehn, der sich pflegt zu verwirren
Vnd doch für weise schätzt. Was? er sol dich nun irren?
Er, welcher wenig Witz in dem Gehirne helt,
Dich, der sein gantzes Thun auff solchen Grund gestellt,
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Der bloß auff Weißheit steht, dich, der erst vberleget,
Erst auff das Ende sieht, dan nachzusetzen pfleget?
Ach stünd' es mir nur jetzt mit deinem Willen frey
Zu singen, was dein Lob vnd deine Tugend sey,
In was Volkommenheit dich deine Kunst genommen,
Ich wüste, was ich thät'; ich wolt' auff Dinge kommen,
Die mein Verhängnus mir auß Vngunst hat versagt
Vnd deinem Geist ertheilt, der in die Wolcken ragt
Vnd mich hierunten lesst nicht anders, als die Eichen
Vnd Tannen-Bäume sonst den kleinen Kattich-Sträuchen
Am frischen Haffe thun, du soltest mir allein
Zu einem schönen Lied' ein reicher Vorrath seyn;
Du aber bist, mein Freundt, auch dießfals zu bescheiden
Vnd gäntzlich nicht gewohnt dein eigen Lob zu leiden:
Kurtz, du beginnst, was dir hernach nicht leid seyn kan,
Vnd siehst der Sachen Lauff mit solchen Augen an,
Die Hertz seyn vnd Verstandt, vnd solttest allermassen
Dich eines jeden Wahn herumbher führen lassen,
Gerad' als sonst bey vns der zoticht-rauche Bähr
Den Maulkorb leiden muß vnd folget hin vnd her,
Wohin sein Leiter wil? O nein, such einzuschliessen
Des Pregels strengen Gang, er wird wol Wege wissen,
Zu kommen in die See, die Glut geht loß vnd frey,
Vnd springt darüber auch die Büchse gleich entzwey.
Es kan bey vns kein ding zwar vnberedet bleiben,
Du aber lessest es den starken Ost-Wind treiben
Hin auff die Wüste Fluth vnd thust, was gut vnd recht
Für weisen Augen scheint, bist keiner Thorheit Knecht.
Horch aber zu! was da? Es sind Appollos Seiten,
Der kompt vnd wil dich hin zu deiner Rhue begleiten,
In dem das Amor bloß auff Boltzen ist bedacht
Vnd tausent jetzt verscheusst, jetzt tausent wieder macht,
Vnd Hymen allbereit die Kertzen angezündet,
Dione beyder Hertz in einen Knohten bindet,
Beschleusst er, Cynthius, ein guter Künste-Mann,
Dieß Hochzeit-Fest vnd hebt sein kurtzes Braut-Lied an:
Wollt jhr nicht ein Ende machen,
Ihr verliebtes Seelen-Paar?
Seht, es ist mit allen Sachen,
Die dazu gehören, klar,
Kompt, der Himmel sagt euch Rhue,
Glück vnd grossen Segen zu.
Meiner Sonnen Pferde trincken,
Hundert liechter Sterne Goldt
Seh ich euch zu Ehren blincken,
Nacht vnd alles ist euch hold.
Kompt, der Himmel sagt euch Rhue,
Glück vnd grossen Segen zu.
O das selige Begnügen,
So jhr findet beyderseit!
Kan sich auch was besser fügen?
Was hat besser je gefreyt?
Kompt, der Himmel sagt euch Rhue,
Glück vnd grossen Segen zu.
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Deiner Liebsten Glantz vnd Gaben
Rahmen, Bräutgam, manchen ein,
Aber der sie muste haben
Soltest du vnd niemand seyn.
Kompt, der Himmel sagt euch Rhue,
Glück vnd grossen Segen zu.
Diesen Mann von klugen Sinnen
Vnd von solcher hohen Kunst
Soltest du, Braut, nur gewinnen,
Du nur lindern seine Brunst.
Kompt, der Himmel sagt euch Rhue,
Glück vnd grossen Segen zu.
Nun man fordert von euch Samen,
Den doch ich vor allen such',
Auff, vnd schreibet ewren Nahmen
In der späten Nachwelt Buch!
Kompt, der Himmel sagt euch Rhue,
Glück vnd grossen Segen zu.
Kompt jhr? ja, es sol nicht triegen,
Was ich sage, wird geschehn,
Das man jährlich in der Wiegen
Ewrer Liebe Frucht wird sehn.
Denn der Himmel sagt euch Rhue,
Glück vnd grossen Segen zu.

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