In der Frühe

Große weiße Malvenblüten, frischbetaute,
Sah ich in der Frühe, da das Taglicht graute,
In dem Garten, und es schliefen noch die Laute.
Jede runde Blüte leuchtete und brachte
Hellen Schmelz dem Himmel, der erwachte,
Als das Gartendunkel noch der Nacht gedachte.
In der Ferne stand ein blauer Berg gehoben,
Lange Wolken sich am freien Gipfel schoben,
Und vom Lichte lag dort dünne Spur gewoben.
Und ich dachte: Blüten, Berg und Licht, sie wissen,
Daß sie heut am hellen Tage nichts vermissen,
Und nur ich, nur ich bin heimatlos, zerrissen.

(9. September 1916)


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Dauthendey, Max. In der Frühe. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-7701-3