AUS: GEDICHTE
SEEBRISE

Das fleisch ist trauernd ach! und alle bücher las ich.
O fliehen dorthin fliehn! ich weiss dass vögel trunken
Inzwischen unbekanntem schaum und hirnmel sind.
Nichts – auch die alten gärten die das auge spiegelt
Nicht – hält dies herz zurück das sich im meere badet.
O nächte! weder die verlassne helle meiner lampe
Auf meinen leeren blättern die die weisse schüzt ·
Noch auch die junge frau die ihren säugling stillt.
Ich zieh ins ferne. Dampfer das getakel schaukelnd
Den anker heb nach einer fremden heissen erde!
Ein leid · um grausam hoffen in verzweifelung ·
Vertraut noch auf der taschentücher lezten gruss.
Vielleicht sind diese masten die die stürme laden
Von denen die ein windstoss neigt auf die zerschellten
Verlornen · ohne mast noch grüner insel flor ...
Doch · o mein herz · horch horch auf der matrosen chor!

[35] ERSCHEINUNG

Der mond war in trauer und weinende engel im traum ·
Den bogen in ihren händen im blumigen raum ·
Im hauchenden · liessen aus den sterbenden saiten
Wie weisse seufzer auf azurne kelche gleiten.
Es war deines ersten kusses gesegneter tag.
Mein schwärmen quälte mich mit geisselndem schlag
Und tauchte mich weise unter im dufte der trauer
Der ohne nachgeschmack lässt und ohne bedauern
Das pflücken eines traums fürs herz das ihn pflückt.
Ich irrte das auge aufs alternde pflaster entrückt –
Da kamst du mit der sonne im haar auf den wegen
Und in dem abend auf einmal mir lächelnd entgegen.
Ich glaubte ich sähe die fee im strahlenhut
Die einst überm schlaf des verwöhnten kindes geruht
Mit halbverschlossenen händen vorübergleiten
Draus weisse sträusse von duftenden sternen schneiten.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). George, Stefan. Aus: Gedichte. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-D378-8