Der Zweikampf

Allmorgens wenn das Frühroth durch Goldgewölke stob
Und glühende Purpurrosen um Berg' und Thürme wob,
Da sprengt' ein fränkischer Ritter zum deutschen Lagerfeld
Und trabt' auf stolzem Rosse ringsum von Zelt zu Zelt.
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Der zog mit höhnischem Lächeln die bärt'gen Lippen schief
Und hielt vor jedem Zelte, schlug an den Schild und rief:
»Heraus, du kühner Deutscher, der mit mir wagt den Streit,
Zur Ehre seines Landes, zur Ehre seiner Maid!«
Sie ließen ihn's so treiben – das waren Deutsche nicht!
Ein jeder blieb im Zelte und that, als hört' er's nicht!
Drauf sprengte der tolle Ritter in stolzem Satz davon,
Und wie zehntausend Teufel scholl ferne noch sein Hohn.
Und wieder flammt' im Osten der lichte Purpurschein,
Und wieder brach den Landen der goldne Tag herein,
Und wieder sprengt der Franzmann zum deutschen Lager heran,
In Erzgewand gerüstet vom Fuß zum Haupt hinan.
Ein rother Helmbusch wogte kühn um sein stolzes Haupt,
Mit rothen Federn hatt' er des Rosses Stirn umlaubt,
Um seine Schultern spielte ein rothes Wappenkleid,
Des Rosses Rücken deckte manch purpurroth Geschmeid.
Und eine Schärpe trug er, so roth wie junges Blut,
Die Farbe hat er erwählet, die Farbe läßt ihm gut,
Denn von des Meeres Borden bis tief ins Franzenland
War er der große Würger von Alt und Jung genannt.
Und wieder zog er höhnisch die bärt'gen Lippen schief
Und sah aufs deutsche Lager, pocht' an den Schild und rief:
»Heran, du wackrer Deutscher, der mit mir prüft die Wehr,
Zur Ehre seiner Dame, zu seines Landes Ehr'!«
Dem Vollmond gleich, wenn plötzlich er durch Gewölk sich drängt,
Kam jetzt auf schnellem Zelter ein Rittersmann gesprengt,
Der hat sein kühnes Antlitz in Gittererz vermummt,
Ihn kennt nicht Frank' und Deutscher, und Alles rings verstummt.
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Auf seinem Helme zeigt sich kein schmucker Federstrauß,
Ein goldner Stern nur neigt sich aus blanken Oehrlein heraus:
Ist's der Purpurstern der Liebe, der, ach, so schnell vergeht?
Ist's der blasse Stern der Hoffnung, der ewig leuchtend steht?
Es wogt um seine Schultern kein schmuckes Wappenkleid,
Ein rauher Eisenpanzer ist seiner Brust Geschmeid,
Nur eine Silberschärpe wallt um des Busens Wehr,
Drauf steht mit güldnen Zügen gar zierlich: Gott die Ehr'!
Als könnt' er unterliegen, so zog der Rittersmann,
Doch daß er kam zu siegen, das sahn ihm Alle an;
Es war von Gold und Wappen sein Eisenschild nicht schwer,
Doch flammt in seinem Herzen gar herrlich: Gott die Ehr'!
Schon schaart sich ringsum deutschen und fläm'schen Volkes Troß,
Schon wehen all' die Banner, – jetzt tönt Trompetenstoß!
Da sprengen an einander die Zwei mit Sturmesmacht,
Es klirren laut die Schilde, und Speer und Panzer kracht.
Die Speere sind zersplittert! nun blitzet Schwert an Schwert,
Jetzt glaubt der fränk'sche Würger schon seine Kraft bewährt,
Von seines Schwertes Streichen zersprang manch Eisenband,
Es barst der Helm des Gegners und taumelt in den Sand.
Sieh! nieder auf den Nacken rollt goldner Haare Strom,
Zwei klare Augen leuchten blau wie des Himmels Dom,
Drin glänzt auch eine Sonne, so blendend rein und licht,
Solch eine deutsche Sonne verträgt der Franzmann nicht.
Er stutzt und starrt geblendet, das Schwert entsank der Hand,
Als sei aus Geisterlanden ein Rächer ihm gesandt;
Des Deutschen Schwert doch wettert mit mächt'gem Stoß auf ihn,
Jetzt schwinden ihm die Sinne, er stürzt zur Erde hin.
[206]
Da jubeln all' die Deutschen, da jauchzet Mann für Mann:
»Heil deutscher Racheengel! Heil Maximilian!«
Der aber wirft von dannen die blutbefleckte Wehr,
Und sinkt in seine Kniee und betet: Gott die Ehr'!

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TextGrid Repository (2012). Grün, Anastasius. Gedichte. Der letzte Ritter. Adler und Lilie. Der Zweikampf. Der Zweikampf. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-0D96-9