[335] Antwort der Tochter

Süße Klagen Deiner Liebe,
Holde Lieder, zart und trübe,
Haucht die Frühlingsluft mir zu.
Gute, die Du mich geboren,
Nimmer bin ich Dir verloren;
Störe nicht des Herzens Ruh'.
Ja, Du sollst, o Mutter! selig,
Ewig jung und rein und fröhlich
Einst die Tochter wiedersehn;
Denn sie will im Land der Thränen
Fromm sich nach dem Himmel sehnen,
Treu auf Gottes Wegen gehn.
[336]
Und Dein Antlitz zu erblicken,
Wieder Dich an's Herz zu drücken
Einmal noch auf dieser Welt:
Dies auch ist mein Wunsch, mein Flehen.
Möcht' ich, Theure! Dich noch sehen,
Eh' mein Herz in Staub zerfällt!
Aber nimmer fordern, klagen,
Still und fromm mein Loos ertragen,
Friedlich wallen meinen Pfad:
Das ist meine Pflicht hienieden,
Das nur giebt der Seele Frieden,
Den Dein Herz mir fromm erbat.

Coblenz, 1826.


Notizen
Entstanden 1826.
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Hensel, Luise. Antwort der Tochter. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-552A-6