28. Pumpfuß.

1.

Einst kam Pumpfût auf ein Dorf, wo unlängst dem Amtmann Haus und Scheune abgebrannt waren; als nun Pumpfût im Kruge saß und auch ihm dieser Unglücksfall erzählt wurde, sprach er: »Ei, das wäre für ein Billiges wieder herzustellen, und das könnte ich.« Diese Rede ward dem Amtmann hinterbracht, und da man glaubte, er sei ein Baumeister, so ließ ihn der[279] Amtmann rufen. Pumpfût kam, der Amtmann redete mit ihm wegen seiner Gebäude, und beide kamen endlich überein, daß Pumpfût alles für 200 Thlr. wieder herstellen solle. Dieser ließ sich darauf 100 Thlr. Vorschuß geben, unter dem Vorwande, Holz dafür zu kaufen und Arbeiter zu dingen. Als er aber das Geld in der Tasche hatte, ging er hin in das Wirthshaus und ließ sich alles Köstliche, was es in der Umgegend gab, auftragen und lud auch mehrere junge Leute zu sich ein, mit ihm zu trinken und zu spielen. So trieb er es, bis das Geld verbracht war, dann aber ging er hin zu dem Amtmann und begehrte einen neuen Vorschuß. Doch der Amtmann war ungehalten und sprach: »Ihr habt nun das Geld verbracht und wollt mich, der ich doch schon Unglück genug gehabt, zum armen Mann machen; all das Geld, was ich euch als Vorschuß gab, habt ihr vergeudet, statt, wie ihr sagtet, Holz dafür zu kaufen, und nun fordert ihr noch mehr, um das Gleiche zu thun.« Allein Pumpfût erwiderte: »Tragt keine Sorge, ich habe euch versprochen, alles wieder aufzubauen für den Preis, über welchen wir uns geeinigt, ich halte auch redlich mein Wort.« Da er nun nicht abließ zu versichern und der Amtmann doch sonst die hundert Thaler auch hätte darangeben müßen, so gab ihm derselbe noch funfzig, aber Pumpfût mußte ihm sogleich den Tag bestimmen, an welchem er die Gebäude fertig haben wolle.

Mit diesen funfzig Thalern ging nun Pumpfût abermals hin ins Wirthshaus und verprasste sie gleichfalls; als aber die Zeit herankam, zu welcher er sein Versprechen erfüllt haben sollte, da war weder Holz noch Stein da und kein Arbeiter zu sehen. Der Amtmann schickte deshalb zu ihm und ließ ihm sagen, daß er doch an die Erfüllung seines Versprechens denken solle, sonst [280] werde er ihn belangen; allein Pumpfût ließ sich nicht stören und schwelgte noch ruhig fort. Endlich als er des Dinges müde war, machte er sich auf und ging zum Amtmann und sagte ihm: »Morgen ist alles fertig, haltet nur ja den Richtschmaus bereit.« Der Amtmann aber schlug halb im Aerger halb im Hohn eine Lache auf, schloß sich in sein Zimmer ein und dachte darüber nach, wie er den Betrüger belangen könne. In der Nacht aber wurde er durch ein Geräusch geweckt; er ging ans Fenster und sah, wie die Bauplätze von Arbeitern wimmelten; da legten Maurer den Grund und hier fügten Zimmerleute die Balken ein, und in all der geschäftigen Thätigkeit sah man Pumpfût mitten inne; von Zeit zu Zeit flogen auch noch mehr Arbeiter aus der Luft herbei und brachten Balken und Steine und Mörtel gleich mit sich. Als der Amtmann das alles sah, weckte er schnell seine Frau, damit sie den Richtschmaus zum folgenden Tage besorge, denn bis jetzt war noch gar nichts vorbereitet, weil er nicht an die Erfüllung von Pumpfût's Versprechen geglaubt hatte. Als nun der Morgen kam, da waren die Bauleute alle verschwunden, aber Haus, Ställe und Scheunen waren allesammt fertig, und nur die Dächer waren noch nicht gedeckt. Nicht lange darauf trat auch Pumpfût herein, fragte, ob er nun nicht sein Versprechen gehalten und begehrte den Richtschmaus. Der Amtmann ließ nun eine große Tafel aufschlagen, und als der Mittag herangenaht war, kam Pumpfût allein und setzte sich obenan. Das wunderte den Amtmann, obwol er nun ahnte, daß dieser Baumeister die Gebäude nicht auf natürliche Weise errichtet habe. Nichtsdestoweniger wurden die Schüßeln leer, und des Amtmanns ganze Dienerschaft hatte Mühe, immer schnell genug das herbeizuschaffen, was fehlte, und obwol sie keinen sahen, hörten sie doch [281] die Löffel und Teller klingen und Meßer und Gabeln raßeln. Endlich stand Pumpfût auf, ließ sich von dem Amtmann die andern funfzig Thaler auszahlen, versprach ihm, daß in der folgenden Nacht seine Gebäude gedeckt werden würden, was dann auch geschah, ging wieder ins Wirthshaus, wo er alles, was er erhalten hatte, verprasste und empfahl sich dann.

Vgl. Menzel, Odhin, S. 168; Bechstein, Sagenbuch, Nr. 566, 567.

2.

Einstmals kam Pumpfût in eine Waßermühle, welche in einem Gehölz lag. Hier kehrte er als ein reisender Müllergeselle ein und erbat sich nach dem Brauche ein Mittagbrot. Der Mühlenmeister war über Land gegangen, der Bescheider arbeitete in der Mühle, und so war die Frau allein im Hause, die ihn sehr kühl aufnahm und ihm zu Mittag nur ein Gericht Kartoffeln mit Butter vorsetzte, obwol sie einen Gänsebraten angerichtet hatte. Pumpfût, welchem der liebliche Duft in die Nase zog, fragte, ob sie nicht außer den Kartoffeln noch etwas anderes habe, sie seien gerade nicht sein Lieblingsgericht, aber die Frau erwiderte, er möge sich begnügen, sie habe für ihn nichts anderes. Das ärgerte ihn, und als er nun ein Weniges genoßen, schlich er sich still fort und gedachte sich zu rächen. Aus dem Hause ging er in die Mühle, sprach hier mit dem Bescheider über den Bau der Mühle, schalt nebenbei auf die Frau, die ein Geizhals sei, und ging von dannen. Kaum aber war er fort, so bemerkte der Bescheider, daß der obere Stein des Läufers aus dem Rade fort sei. Das war ihm ein Räthsel, denn wenn der Stein gesprungen wäre, so hätten doch die Stücke da liegen müßen, aber bald besann er sich und es fiel ihm ein, [282] der Feierbursch, der eben gegangen und auf die Meisterin geschmäht, möge wol gar Pumpfût gewesen sein, von dessen bösen Streichen er vieles erzählen gehört hatte. Darum ging er schnell in das Haus und erzählte der Müllerin, was vorgegangen sei, indem er zugleich nebenher fragte, wie sie wol den Feierburschen, der unlängst gegangen, bewirthet habe. Da erzählte ihm nun die Müllerin, wie sie ihn abgespeist und was er ihr gesagt, und sogleich war es dem Bescheider klar, daß es kein anderer als Pumpfût gewesen sei; indem sie noch sprachen, hörten sie ein gewaltiges Geraßel in dem Kamin, und als sie hinaufsahen, da hing der Läufer auf dem Schornstein und drehte sich frischweg, als ob der Läufer der Bodenstein und das Haus der Mehlkasten wäre. Nun hob die Frau an zu klagen und zu zagen und bat den Bescheider, doch ja dem Feierburschen nachzueilen, ihn zu bitten, daß er wieder zurückkomme und den Schaden wieder gut mache, sie wolle indessen was sie habe auftragen und ihn, so gut sie immer könne, bewirthen. Der Bescheider ging nun auch fort und traf ihn bald im Gebüsche liegend an: »Bruder«, rief er ihm zu, »komm zurück, die Meisterin wird dich jetzt beßer bewirthen, aber mach' auch den Schaden wieder gut.« Pumpfût ließ sich erst eine Weile nöthigen, aber endlich stand er auf, ging mit ihm und aß und trank sich voll, bis er nicht mehr mochte. Dann schickte er den Bescheider nach der Mühle und hieß ihn anschützen, und siehe da, es war alles wieder in Ordnung.

3.

Ein andermal kam Pumpfût zu einer andern Waßermühle und bat sich als wandernder Müllerbursch einen Zehrpfennig aus. Der Bescheider und die Müllerburschen waren beschäftigt gewesen, eine Welle auszuarbeiten, [283] die denn auch schon ziemlich weit gediehen war, sodaß nur noch die Fugen des Kammrades ausgestämmt werden mußten. Sie hatten eben Frühstückszeit gemacht und ließen dabei eine Flasche kreisen, von der sie jedoch dem Pumpfût keinen Trunk anboten, obgleich er dem sehr willkommen gewesen wäre. Pumpfût sah ihnen eine Weile zu, bis sie wieder an die Welle gingen; dann empfahl er sich und rief nur noch dem Bescheider die Worte zu: »Bruder, arbeite deine Welle auch richtig!« Der Bescheider dachte nichts Arges, stämmte mit den andern fort und maß endlich die Welle noch einmal nach. Aber er maß und maß, besah seinen Zollstock und maß wieder; die Welle war um drei Fuß zu kurz und blieb es. Jetzt fielen ihm die Abschiedsworte des wandernden Burschen ein; wie der Wind hatte er seinen Rock an und war auf und davon, dem Pumpfût nach; denn daß der bei ihm gewesen und kein anderer, das war ihm schnell klar geworden. Endlich, nachdem er wol fast zwei Meilen gelaufen war, traf er Pumpfût in einem Dorfe, als er eben im Begriff war, einzukehren; er bat ihn nun wieder mit umzukehren und ihnen bei der Welle zu helfen. Pumpfût stellte sich zwar anfangs unwillig und fuhr heraus: »Warum hast du denn nicht den Mund aufgethan, als ich noch da war?« Allein der Bescheider besänftigte ihn bald und brachte es dahin, daß er wieder umkehrte. Als sie nun zurückgekommen waren, brachte der Bescheider eine große Flasche mit Doppeltem hervor und trank ihm tüchtig zu, und nachdem er das eine Weile gethan, rückte er mit der Klage heraus, daß seine Welle zu kurz sei. Pumpfût sagte: »Miß noch einmal, daß ich es auch sehe.« Der Bescheider that es, und die Welle war um drei Fuß zu kurz. »Gut denn«, sagte Pumpfût, »faß du die Welle an dem einen Ende an, ich will es an dem andern thun, so wollen wir sie [284] ausrecken.« Also thaten sie, und es half, die Welle hatte ihre gehörige Länge wieder.

4.

Einst arbeitete Pumpfût als Bescheider auf einer Waßermühle; der Meister war ausgegangen und die Frau allein im Hause. Als es nun Abend war, wollte die Frau das Abendeßen bereiten, hatte aber kein kleingehauenes Holz. Da ging sie zu Pumpfût in die Mühle und bat ihn, er möge doch kommen und ein wenig Holz klein schlagen, ihr Mann sei nicht da und auch sonst niemand im Hause, der es thun könne. Pumpfût sagte, ja, das solle geschehen. In dem Augenblicke aber erhob sich schon ein Knacken und Krachen in dem Räderwerk, daß das Getriebe zerbrach und die Kämme aus dem großen Kammrade stückweise herunterfielen. Das warf ihr Pumpfût hin und sagte: »Das wird wol zu heute Abend hinreichen.« Die Frau aber war zuerst ganz bestürzt über den großen Schaden, und als sie sich etwas gesammelt hatte, rief sie einmal über das andere: »Ach Gott! welch ein Unglück! Was wird mein Mann sagen!« – »Klein Holz, klein Holz!« rief Pumpfût, »ich habe ja nur euern Wunsch erfüllt, nun geht ruhig hin und kocht euer Abendessen!« Darauf ging er in die Scheune und holte ein Bund Stroh, dessen Aehren er in die Löcher, wo die Kämme geseßen hatten, steckte, während er die ausgebrochenen Stücke des Getriebes durch die Halme ersetzte. Dar auf schützte er wieder an, und die Mühle ging so gut und noch beßer als vorher. Als der Meister nun nach Hause kam, erzählte ihm die Frau sogleich, was geschehen war, deshalb lief er schnell in die Mühle, um zu sehen, ob die Strohähren wirklich in dem Rade stäken und ob es auch Mehl gebe. Aber er fand statt dessen ganz neue Kämme und ein ganz neues [285] Getriebe; da merkte er, daß es mit seinem Bescheider nicht richtig sei und daß es Pumpfût sein müße.

5.

Als Feierbursch kam Pumpfût auch einst auf eine Windmühle in einem Dorfe; der Bescheider hatte gerade die Steine aufgehoben und wollte sie schärfen. »Guten Tag, Bescheider«, rief Pumpfût, »ist's erlaubt, scharf zu machen?« – »Wenn's gefällig ist«, antwortete der Bescheider und reichte ihm eine Spitzhaue. Sogleich machte sich Pumpfût bereit und begann; als er aber eine Weile gehauen hatte, fragte er: »Bruder, hast du keinen Trunk zur Erfrischung? Ich kann ohne einen solchen nicht gut arbeiten.« – »Warte die Zeit ab«, antwortete jener, »wenn du fertig bist, sollst du auch einen bekommen.« – »So lange warte ich nicht«, rief Pumpfût trotzig, »ich werde da scharf machen, wo es einen gibt.« Und mit diesen Worten zog er den Stiel aus der Spitzhaue, steckte ihn in das Loch des Läufers, den er gerade bearbeitete, hob sich den Stein auf die Schulter und ging damit nach dem Wirthshause. Hier setzte er den Stein draußen nieder, ließ sich einen guten Trunk reichen und dachte nicht weiter an den Stein. Der Bescheider aber kam ihm bald nach, denn ihm ward um seinen Läufer bange; er bat ihn, ihm doch den Stein wieder heimzutragen – denn das hätten sonst wol sechs Mann nicht vermocht – und bezahlte die ganze Zeche. Das ließ sich Pumpfût gefallen, nahm den Stein wieder auf den Nacken, brachte ihn an Ort und Stelle und ermahnte nun den Bescheider, künftig hübsch freundlich zu sein und eine solche Kleinigkeit nicht zu verweigern.

6.

Einst kam Pumpfût nach einer Waßermühle, welche zehn Gänge hatte; den zehnten derselben aber benutzte [286] der Teufel und mahlte darauf Pferdekoth. Da bat der Müller Pumpfût, ob er nicht den Teufel bannen und den Gang frei machen wolle. Pumpfût versprach dies und ging in den Gang, um mit dem Teufel zu unterhandeln. Der Teufel ließ sich auch willig finden, aus dem Gange zu weichen, wenn Pumpfût ein Jahr weder Branntwein noch sonst ein starkes Getränk zu sich nehmen wolle. So wurde der Pact geschloßen, der Gang stand still und Pumpfût ging seiner Wege. Einen Tag vor Ablauf der Frist kam er aber wieder und die Bescheider und Mühlburschen, welche auf den andern Gängen arbeiteten, nahmen ihn freundlich auf und boten ihm auch einen Trunk an. Pumpfût war vom weiten Wege ermattet und vergaß seinen Pact, und als er eben zur Mühle wieder heraustrat, drehte ihm der Teufel das Genick um.


Wie hier einen besondern Gang, hat der Teufel anderwärts seine bestimmte Stunde in der Mühle; Wolf, Heßische Sagen, Nr. 127.

7.

Zu Markrehna in der Provinz Sachsen befindet sich in der Spitze des Kirchthurms ein Beil, das soll Pumphut, als er als reisender Zimmergesell durch das Dorf zog, dort hinaufgeworfen haben.

[287]

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. 28. Pumpfuß. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-D6FE-D