12. Nachtgedanken

1.

Am lang verschleierten Gemälde bleichen
Die Farben endlich ab, welk wird die Blüte,
Die sich umsonst nach Licht und Sonne mühte,
Die Kraft versiegt, kann sie nicht Ruhm erreichen.
Trug waren die verhängnisvollen Zeichen!
Verzehrt vom Feuer, das mich einst durchglühte,
Vom Grab der Hoffnung, das ich tatlos hüte,
Holt bald der Tod mich weg wie andre Leichen.
[121]
Oft Nachts, wenn alle Pulse heißer kochen,
Naht mir ein Geist und flüstert voll Verhöhnung:
Titanen nur sind nicht zu unterjochen.
Du hast die Wahl: ergib dich in Versöhnung
Dem Allgemeinlos, oder ungebrochen
Erhebe selbst die Hand zu deiner Krönung!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Lingg, Hermann von. 1. [Am lang verschleierten Gemälde bleichen]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-F1C6-4