Stundenglas und Weinglas

Der Alte, der die Stunden mißt,
Hat Sand in seinem Glase,
Daher er auch so grämlich ist
Vom Zeh bis in die Nase.
Hätt' er im Glase unsern Wein,
Was würden das für Zeiten sein!
Da würde sie den trägen Schritt
Gar bald verlernen müssen,
Die gute Zeit, sie müßte mit
Auf Händen und auf Füßen,
Sie müßte mit uns, Zug auf Zug,
Hinauf, hinab, in leichtem Flug!
Nun aber rinnt sie stäubchenweis
Durch ihre Nadelöhre,
Und ängstlich guckt der finstre Greis,
Daß nichts den Paß ihr störe.
Und wenn das Glas ist ausgeleert,
So wird es wieder umgekehrt.
Hätt' er im Glase unsern Wein,
Ich glaub', es könnt' geschehen,
Daß dann viel flinker aus und ein
Die Stunden thäten gehen.
Das Glas wär' schneller ausgeleert
Und öfter wieder umgekehrt.
Nun, Kronus, bleib' in deinem Gang!
Ich geh' nach meinen Sinnen,
Und lasse keine Stunde lang
Mein Glas feintröpfelnd rinnen.
Hinein, heraus mit einem Zug!
Zum Schleichen ist noch Zeit genug.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Müller, Wilhelm. Gedichte. Gedichte aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten 2. Tafellieder für Liedertafeln. Stundenglas und Weinglas. Stundenglas und Weinglas. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5BF3-0