[80] Der Hecht

Ein Kläusner, der am Tiberstrand
Einst fischte, zog in seinem Netze
Den schönsten Hecht erfreut ans Land.
»Verwegner! sprach der Fisch, verletze
Nicht meine heilige Person!
Du weißt die ganze Passion,
Den Kelch, den Schwamm, das Kreuz, die Lanze,
Die Nägel samt dem Dornenkranze
Hab ich im Kopfe.« Wunderlich!
Versetzt der Greis: doch darf ich fragen,
Was hast du hier im vollen Magen?
Sprich oder ich zergliedre dich! –
»Ach nichts; ein Nest mit jungen Aalen,
Hochwürdiger Herr Eremit,
Ein kleines Frühstück«. – Ha, Bandit!
Ich dacht es wohl ihr Kannibalen
Tragt die Religion im Kopf,
Und in dem Busen das Verderben. –
Hier warf er ihn in seinen Topf
Und ließ ihn wie Sanct Vitus sterben.

Notizen
Entstanden 1784.
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Pfeffel, Gottlieb Konrad. Der Hecht. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-72E8-5