Nr. 272. Die Mühle des Ramberges. (I-II.)

I.

Ein Müller aus Gernrode schloß ein Bündnis mit dem Teufel auf sechs Jahre und bannete ihn auf eine Windmühle auf den Ramberg. Alsdann wurde der Vertrag noch auf ein Jahr erneuert. Nach dieser Zeit sollte die Seele des Müllers dem Teufel gehören, wenn der Teufel in ein Loch fahren könne, welches der Müller mit einem großen Bohrer in einen Baum bohrete. Der Teufel schlüpfte auch wirklich in das Loch. Der Müller hielt aber einen Keil bei der Hand, schlug das Loch zu und der Teufel war gefangen. Der Teufel verhandelte aber aus dem Baume über seine Freigebung. Der Müller versprach, den Keil herauszuschlagen, wenn er seiner Seele nicht mehr nachstellen wolle. Das gelobete der Teufel und wurde losgelassen. Kaum war er aus dem Baume heraus, so fuhr er in die Mühle, zerstörete sie und streuete die Steine [250] so umher, wie sie noch jetzt liegen. »Siehest du mich?« schrie er dem Müller zu. Der aber sah ihn nicht und der Teufel flog davon.

II.

Andere erzählen die Sage von einem Müller aus der Klostermühle im Selkenthale. Er saß auf einem Mühlsteine an der Selke und war zum dritten male verarmet. Auf diesem Mühlsteine sitzend mußte er sich mit dem Blute des Teufels dem Teufel verschreiben. Dafür wollte ihm der Teufel eine schöne Windmühle oben auf dem Ramberge erbauen. Sie mußte aber »angelassen«, d.h. im Gange sein, ehe der Hahn dreimal krähete. Als der Hahn früh um sechs Uhr zum ersten male krähete, war die Mühle fertig bis auf den letzten Stein. Um acht Uhr krähete der Hahn zum zweiten und um zehn Uhr zum dritten male. Da wurde die Mühle eben »angelassen«, aber es war zu spät. Der Teufel ergriff den Müller, flog mit ihm davon und streuete die Mühlsteine weit umher.


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TextGrid Repository (2012). Pröhle, Heinrich. 272. Die Mühle des Ramberges. (I-II.). TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-8681-A