[109] Der Zufriedene

Wien im Heumond 1782.


Eya! mir ist wohl hiernieden:
Gäb's auch eine bessre Welt,
Sey's! ich bin mit der zufrieden,
Wenn sie manchem auch missfällt.
Ich bin reicher, als ein König;
Denn mein Herz bedarf nicht viel.
Ich besorg' und hoffe wenig
Von des Glückes Gaukelspiel.
Knechtisch geitzt nach Ordensbändern
Mancher hocherlauchte Thor:
Ruhig durch die Welt zu schlendern,
Zieh' ich allen Würden vor.
[110]
Froh geniess' ich jede Gabe,
Die der Zufall mir bescheert:
Aber nichts, was ich nicht habe,
Scheint mir drum beneidenswerth.
Geht kein Weib mit mir zu Bette,
Hm! man schläft ja auch allein:
Fehlt mir Wein ... an jeder Stätte
Lädt ein frischer Quell mich ein.
Reichthum, Geld und Gut sind eitel;
Adam, Seth und Abraham
Lebten ohne Geld im Beutel
Dennoch frey von Sorg' und Gram.
Sagt, was nützte mir auch alles,
Was der Perser Schach besitzt?
Selbst als Herr des Erdenballes
Wär' ich froher nicht, als itzt.
[111]
Kaum der Himmel, dessen Pforte
Alle Freuden in sich schliesst,
Reitzt mich, da an jedem Orte,
Wo ich bin, der Himmel ist.

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TextGrid Repository (2012). Ratschky, Joseph Franz. Gedichte. Gedichte. Der Zufriedene. Der Zufriedene. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-8C49-B