222. Der Gerenkerl und der Kriebergskerl.

1.

Nahe bei dem Dorfe Sebexen liegt der zu dem Braunschweigischen Dorfe Ahlshausen gehörende Westerberg, auch schlechtweg das Tannenholz genannt. Ein Theil desselben, welcher eine [205] gêre bildet, zieht sich ganz ins Sebexer Land hinein und gehörte früher auch der Gemeinde Seberen. Diese gêre soll auf folgende Weise in den Besitz der Ahlshäuser gekommen sein. Ein Bauer aus Ahlshausen ging einst auf den Ahlshäuser Kirchhof und that Erde vom Kirchhofe in seine Schuhe. Dann ging er zum Westerberge, wo die Forstbeamten waren und Holz anwiesen. Vor diesen behauptete er nun, jene gêre gehöre den Ahlshäusern, und indem er sich darauf stellte, sprach er:


ek stâe up Alshüscher ëren,
dat wil ek den Sêbekschen afswëren.

Auf diese Weise schwor er jene Strecke den Sebexern ab, und sie kam in den Besitz der Ahlshäuser. – Die alten Leute erzählen, er müsse zur Strafe für seinen Betrug »wallen gân«. Oft ist er Leuten, die Holz geholt hatten, als Mensch mit Pferdefüßen begegnet, hat sich diesen auf die Tracht Holz gesetzt, so daß sie kaum von der Stelle konnten, und dabei geschrien: »o mein Kopf, mein Kopf!«

2.

Von dem Krieberge, östlich der Vogelsburg gegenüber und westlich an der Ahlshäuser Feldmark belegen, geht die Sage, daß derselbe vor uralten Zeiten der Braunschweigschen Gemeinde Ahlshausen zugehört habe. Später behauptete die Gemeinde Hohnstedt das Eigenthumsrecht und erwarb den wirklichen Besitz des Berges dadurch, daß ein Hohnstedter Mann, der in die Schuhe Erde vom Hohnstedter Boden gethan hatte, an Ort und Stelle schwur: ek stâe up Höænscher ëren, dat wil ek den Alshüschen afswëren. Nach seinem Tode ist dieser Mann, de Kriebargskërel, lange Jahre in diesem Holze »wallen gegangen« und besonders den Holzfrevlern dadurch lästig geworden, daß er ihnen von hinten auf die Tracht sprang und sich so tragen ließ.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Schambach, Georg. 222. Der Gerenkerl und der Kriebergskerl. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-BF1B-0