An Doris nach einem kleinen Scharmützel.

Wär ich von Sanct Peters Kirche,
Glaube, daß ich dann gewiß,
Dich zu meiner Liebling Heil'gen
Als Magdlena malen ließ.
[117]
Mädchen, nie sah ich dich schöner,
Als da Deine weiche Hand
Kunstlos statt des Modekopfstaats,
Bloß ein Tuch der Stirn umwand.
Schalkhaft kuckte nie ein Lockchen
Neben dem beringten Ohr,
Um ein Probchen Haar zu zeigen
Unterm seidnen Tuch hervor.
Dreuster funkelte Dein Auge,
Weißer schien Dein weiß Gesicht,
Purpur floß um Deine Wangen,
Schöner glüht Aurora nicht.
[118]
Wie der Magdalena Busen
Naß von Thränen reuig stieg;
Mädchen so hob Deinen Busen
Hofnung auf den schönsten Sieg.
Wie die Rose wenn des Morgens
Thau auf ihren Blättern steht;
So Dein Rößchen, daß an Schönheit
Alle Rosen übergeht.
Holde Sehnsucht warmer Liebe,
Sprach Dein zauberischer Blick,
Unter tausend kleinen Seufzern,
Theilest Du mit mir mein Glück.
[119]
Warum hielt'st Du doch dem Auge,
Wenn der Wollust luft'ger Flor
Es bezog, oft wenn es lachte,
Deine Hand mißgünstig vor?
Schäm' Dich nicht des sanften Schauers,
Der durch alle Nerven schießt,
Wenn der milde Thau der Wollust
Aus der Rosenmuschel fließt.
Laß das schöngebrochne Auge,
Laß der Zunge tändelnd Spiel
Sagen, ob der kleine Zweykampf
Dir so sehr als mir gefiel.
[120]
Laß mich alles alles sehen,
Wenn der heißte Kuß Dich frägt:
Ob Dein Herz auch treu wird bleiben,
Obs auch jetzt für mich nur schlägt?
[121]

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TextGrid Repository (2012). Scheffner, Johann Georg. Gedichte. Gedichte im Geschmack des Grecourt. An Doris nach einem kleinen Scharmützel. An Doris nach einem kleinen Scharmützel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-C2B4-0