Friedrich Schiller
[Das philosophische Gespräch
aus dem Geisterseher]

[160] »Wenn alles vor mir und hinter mir versinkt – die Vergangenheit im traurigen Einerlei wie ein Reich der Versteinerung hinter mir liegt – wenn die Zukunft mir nichts bietet – wenn ich meines Daseins ganzen Kreis im schmalen Raume der Gegenwart beschlossen sehe – wer verargt es mir, daß ich dieses magre Geschenk der Zeit, feurig und unersättlich wie ein Freund, den ich zum letzten Male sehe, in meine Arme schließe? Wenn ich mit diesem flüchtigen Gute zu wuchern eile, wie der achtzigjährige Greis mit seiner Tiare? – O ich hab ihn schätzen lernen den Augenblick! Der Augenblick ist unsre Mutter, und wie eine Mutter laßt uns ihn lieben!«

›Gnädigster Herr, sonst glaubten Sie an ein bleibenderes Gut –‹

»O machen Sie, daß mir das Wolkenbild halte, und ich will meine glühenden Arme darum schlagen. Was für Freude kann es mir geben, Erscheinungen zu beglücken, die morgen dahin sein werden wie ich? – Ist nicht alles Flucht um mich herum? Alles stößt sich und drängt seinen Nachbar weg, aus dem Quell des Daseins einen Tropfen eilends zu trinken und lechzend davonzugehn. Jetzt in dem Augenblick, wo ich meiner Kraft mich freue, ist schon ein werdendes Leben an meine Verwesung angewiesen. Zeigen Sie mir ein Wesen, das dauert, so will ich tugendhaft sein.«

›Was hat denn die wohltätigen Empfindungen verdrängt, die einst [160] der Genuß und die Richtschnur Ihres Lebens waren? Saaten für die Zukunft zu pflanzen, einer hohen, ewigen Ordnung zu dienen –‹

»Dienen! Dienen gewiß, so gewiß als der unbedeutendste Mauerstein der Symmetrie des Palastes, die auf ihm ruhet! Aber auch als ein mitbefragtes, mitgenießendes Wesen? Lieblicher, gutherziger Wahn des Menschen! deine Kräfte willst du ihr widmen? Kannst du sie ihr denn weigern? Was du bist und was du besitzest, bist du ja nur, besitzest du nur für sie. Hast du gegeben, was du geben kannst, und was du allein ihr geben konntest, so bist du auch nicht mehr, deine Gebrechlichkeit spricht dir das Urteil, und sie ist es auch, die es vollziehet. Aber wer ist denn diese Natur, diese Ordnung, wider welche ich klage? Immerhin! Möchte sie, wie der Griechen Saturn, ihre eigenen Kinder verzehren, wäre sie selbst nur, überlebte sie auch nur die vergangne Sekunde! – Ein unermeßlicher Baum steht sie da im unermeßlichen Raume. Die Weisheit und die Tugend ganzer Generationen rinnen wie Säfte in seinen Röhren, Jahrtausende und die Nationen, die darin Geräusch machten, fallen wie welke Blüten, wie verdorrte Blätter von seinen Zweigen, die er mit innrer unvergänglicher Zeugungskraft aus dem Stamme treibt. Kannst du von ihr verlangen, was sie selbst nicht besitzet? Du eine Furche, die der Wind in die Meeresfläche bläst, deines Daseins Spur darin zu sichern verlangen?«

›Diese trostlose Behauptung widerlegt schon die Weltgeschichte. Die Namen Lykurg, Sokrates, Aristides haben ihre Werke überdauert.‹

»Und der nützliche Mann, der den Pflug zusammensetzte – wie hieß der? Trauen sie einer Belohnerin, die nicht gerecht ist? Sie leben in der Geschichte, wie Mumien in Balsam, um mit ihrer Geschichte etwas später zu vergehen.«

›Und dieser Trieb zur ewigen Fortdauer? Kann oder darf ihre Notwendigkeit verschwenden? Durfte in der Kraft etwas sein, dem nichts in der Wirkung entspräche?‹

»O in dieser Wirkung eben liegt alles. Verschwenden? Steigt nicht auch der Wasserstrahl in der Kaskade mit einer Kraft in die Höhe, die ihn durch einen unendlichen Raum schleudern könnte? Aber schon im ersten Moment seines Aufsprunges zieht die Schwerkraft an ihm [161] drücken tausend Luftsäulen auf ihn, die ihn, früher oder später, in einem höhern oder niedrigern Bogen zur mütterlichen Erde zurücktreiben? Um so spät zu fallen, mußte er mit dieser üppigen Kraft aufsteigen – gerade eine elastische Kraft, wie der Trieb zur Unsterblichkeit, gehörte dazu, wenn sich die Menschenerscheinung gegen die herandrückende Notwendigkeit Raum machen sollte. Ich gebe mich überwunden, liebster Freund, wenn Sie mir dartun, daß dieser Trieb zur Unsterblichkeit im Menschen nicht ebenso vollkommen mit dem zeitlichen Zweck seines Daseins aufgehe, als seine sinnlichsten Triebe. Freilich verführt uns unser Stolz, Kräfte, die wir nur für, nur durch die Notwendigkeit haben, gegen sie selbst anzuwenden, aber hätten wir wohl diesen Stolz, wenn sie nicht auch von ihm Vorteile zöge? Wäre sie ein vernünftiges Wesen, sie müßte sich unsrer Philosophien ohngefähr ebenso freuen, wie sich ein weiser Feldherr an dem Mutwillen seiner kriegerischen Jugend ergötzet, der ihm Helden im Gefechte verspricht.«

›Der Gedanke diente nur der Bewegung? Das Ganze wäre tot und die Teile lebten? Der Zweck wäre so gemein und die Mittel so edel?‹

»Zweck überhaupt hätten wir nie sagen sollen. Um in Ihre Vorstellungsart einzutreten, entlehne ich diesen Begriff von der moralischen Welt, weil wir hier gewohnt sind, die Folgen einer Handlung ihren Zweck zu nennen. In der Seele selbst geht zwar der Zweck dem Mittel voran; wenn ihre innern Wirkungen aber in äußre übergehen, so kehrt sich diese Ordnung um, und das Mittel verhält sich zu dem Zwecke wie die Ursache zu ihrer Wirkung. In diesem letzten Sinne durfte ich mich uneigentlich dieses Ausdrucks bedienen, der aber auf unsere jetzige Untersuchung keinen störenden Einfluß haben darf. Setzen Sie statt Mittel und Zweck Ursache und Wirkung – wo bleibt der Unterschied von gemein und edel? Was kann an der Ursache edel sein, als daß sie ihre Wirkung erfüllet? Edel und gemein bezeichnen nur das Verhältnis, in welchem ein Gegenstand gegen ein gewisses Prinzipium in unserer Seele stehet – es ist also ein Begriff, der nur innerhalb unsrer Seele, nicht außerhalb derselben anzuwenden ist. Sehen Sie aber, wie Sie schon als erwiesen annehmen, was wir erst durch unsre Schlüsse herausbringen sollen? Warum anders nennen Sie den Gedanken im Gegensatz von der Bewegung edel, als weil Sie das denkende [162] Wesen schon als den Mittelpunkt voraussetzen, dem Sie die Folgenreihe der Dinge unterordnen? Treten Sie in meine Gedankenreihe, so wird diese Rangordnung verschwinden, der Gedanke ist Wirkung und Ursache der Bewegung und ein Glied der Notwendigkeit, wie der Pulsschlag, der ihn begleitet.«

›Nimmermehr werden Sie diesen paradoxen, unnatürlichen Satz durchsetzen. Beinahe überall können wir mit unserm Verstande den Zweck der physischen Natur bis in den Menschen verfolgen. Wo sehen wir sie auch nur einmal diese Ordnung umkehren und den Zweck des Menschen der physischen Welt unterwerfen? Und wie wollen Sie diese auswärtige Bestimmung mit dem Glückseligkeitstriebe vereinigen, der alle seine Bestrebungen einwärts gegen ihn selbst richtet?‹

»Lassen Sie uns doch versuchen. Um mich kürzer zu fassen, muß ich mich wieder Ihrer Sprache bedienen. Setzen wir also, daß moralische Erscheinungen nötig waren, wie Licht und Schall nötig waren, so mußten Wesen vorhanden sein, die diesem besondern Geschäfte zugebildet waren, so wie Äther und Luft gerade so und nicht anders beschaffen sein mußten, um derjenigen Anzahl von Schwingungen fähig zu sein, die uns die Vorstellung von Farbe und Wohlklang geben. Es mußten also Wesen existieren, die sich selbst in Bewegung setzen, weil die moralische Erscheinung auf der Freiheit beruhet; was also bei Luft und Äther, bei dem Mineral und der Pflanze die ursprüngliche Form leistet, mußte hier von einem innern Prinzipium erhalten werden, gegen welches sich die Beweggründe oder die bewegenden Kräfte dieses Wesens ohngefähr ebenso verhielten, als die bewegenden Kräfte der Pflanze gegen den beständigen Typus ihres Baues. Wie sie das bloß organische Wesen durch eine unveränderliche Mechanik lenkt, so mußte sie das denkendempfindende Wesen durch Schmerz und Vergnügen bewegen.«

›Ganz richtig.‹

»Wir sehen sie also in der moralischen Welt ihre bisherige Ordnung verlassen, ja sogar mit sich selbst in einen anscheinenden Streit geraten. In jedem moralischen Wesen legt sie ein neues Zentrum an, einen Staat im Staate, gleichsam als hätte sie ihren allgemeinen Zweck ganz aus den Augen verloren. Gegen dieses Zentrum müssen sich alle Tätigkeiten dieses Wesens mit einem Zwange neigen, wie sie ihn in [163] der physischen Welt durch die Schwerkraft ausübt. Dieses Wesen ist auf die Art in sich selbst gegründet, ein wahres und wirkliches Ganze, durch diesen Fall zu seinem Zentrum dazu gebildet, ebenso wie der Planet der Erde durch die Schwerkraft zur Kugel ward, und als Kugel fortdauret. Bis hieher scheint sie sich selbst ganz vergessen zu haben.

Aber wir haben gehört, daß dieses Wesen nur vorhanden ist, um die moralischen Erscheinungen hervorzubringen, deren sie bedurfte; die Freiheit dieses Wesens, oder sein Vermögen, sich selbst zu bewegen, mußte also dem Zweck unterworfen werden, zu welchem sie es bestimmte. Wollte sie also über die Wirkungen Meister bleiben, die es leistete, so mußte sie sich des Prinzipiums bemächtigen, wornach sich das moralische Wesen beweget. Was konnte sie daher anders tun, als ihren Zweck mit diesem Wesen an das Prinzipium anschließen, wodurch es regiert wird, oder mit andern Worten, seine zweckmäßige Tätigkeit zur notwendigen Bedingung seiner Glückseligkeit ma chen?«

›Das begreif ich.‹

»Erfüllt also das moralische Wesen die Bedingungen seiner Glückseligkeit, so tritt es ebendadurch wieder in den Plan der Natur ein, dem es durch diesen abgesonderten Plan entzogen zu sein schien, ebenso wie der Erdkörper durch den Fall seiner Teile zu ihrem Zentrum fähig gemacht wird, die Ekliptik zu beschreiben. Durch Schmerz und Vergnügen erfährt also das moralische Wesen jedesmal nur die Verhältnisse seines gegenwärtigen Zustandes zu dem Zustande seiner höchsten Vollkommenheit, welcher einerlei ist mit dem Zwecke der Natur. Diesen Weiser hat und bedarf das organische Wesen nicht, weil es sich durch sich selbst dem Zustand seiner Vollkommenheit weder nähern noch von ihm entfernen kann. Jenes also hat vor diesem den Genuß seiner Vollkommenheit, d.i. Glückseligkeit, voraus, mit dieser aber auch die Warnung, wenn es davon abweicht, oder das Leiden. Hätte eine elastische Kugel das Bewußtsein ihres Zustandes, so würde der Fingerdruck, der ihr eine flache Form aufdringt, sie schmerzen, so würde sie mit einem Gefühle von Wollust zu ihrer schönsten Rundung zurückkehren.«

›Ihre elastische Kraft dient ihr statt jenes Gefühles.‹

»Aber ebensowenig Ähnlichkeit die schnelle Bewegung, die wir Feuer nennen, mit der Empfindung des Brennens oder die kubische [164] Form eines Salzes mit seinem bittern Geschmacke hat, ebensowenig Ähnlichkeit hat das Gefühl, das wir Glückseligkeit nennen, mit dem Zustand unsrer innern Vollkommenheit, den es begleitet, oder mit dem Zweck der Natur, dem es dienet. Beide, möchte man sagen, seien durch eine ebenso willkürliche Koexistenz mit einander verbunden, wie der Lorbeerkranz mit einem Siege, wie ein Brandmal mit einer ehrlosen Handlung.«

›So scheint es.‹

»Der Mensch also brauchte kein Mitwisser des Zwecks zu sein, den die Natur durch ihn ausführt. Mochte er immerhin von keinem andern Prinzipium wissen, als dem, wodurch er in seiner kleinen Welt sich regiert, mochte er sogar im lieblichen, selbstgefälligen Wahn die Verhältnisse dieser seiner kleinen Welt der großen Natur als Gesetze unterlegen – dadurch daß er seiner Struktur dienet, sind ihre Zwecke mit ihm gesichert.«

›Und kann etwas vortrefflicher sein, als daß alle Teile des großen Ganzen nur dadurch den Zweck der Natur befördern, daß sie ihrem eignen getreu bleiben, daß sie nicht zu der Harmonie beitragen wollen dürfen, sondern daß sie es müssen. Diese Vorstellung ist so schön, so hinreißend, daß man schon dadurch allein bewogen wird –‹

»sie einem Geiste zu gönnen, wollen Sie sagen? weil der selbstsüchtige Mensch seinem Geschlechte gern alles Gute und Schöne zutragen möchte, weil er den Schöpfer so gern in seiner Familie haben möchte. Geben Sie dem Kristalle das Vermögen der Vorstellung, sein höchster Weltplan wird Kristallisation, seine Gottheit die schönste Form von Kristall sein. Und mußte dies nicht so sein? Hielt nicht jede einzelne Wasserkugel so getreu und fest an ihrem Mittelpunkte, so würde sich nie ein Weltmeer bewegt haben.«

›Aber wissen Sie auch, gnädigster Prinz, daß Sie bisher nur gegen sich selbst bewiesen haben? Wenn es wahr ist, wie Sie sagen, daß der Mensch nicht aus seinem Mittelpunkte weichen kann, woher Ihre eigene Anmaßung, den Gang der Natur zu bestimmen? Wie können Sie es dann unternehmen, die Regel festsetzen zu wollen, nach der sie handelt?‹

»Nichts weniger. Ich bestimme nichts, ich nehme ja nur hinweg, was die Menschen mit ihr verwechselt haben, was sie aus ihrer eignen [165] Brust genommen und durch prahlerische Titel aufgeschmünkt haben. Was mir vorherging und was mir folgen wird, sehe ich als zwei schwarze undurchdringliche Decken an, die an beiden Grenzen des menschlichen Lebens herunterhängen und welche noch kein Lebender aufgezogen hat. Schon viele hundert Generationen stehen mit der Fackel davor und raten und raten, was etwa dahinter sein möchte. Viele sehen ihren eigenen Schatten, die Gestalten ihrer Leidenschaft, vergrößert auf der Decke der Zukunft sich bewegen und fahren schaudernd vor ihrem eigenen Bilde zusammen. Dichter, Philosophen und Staatenstifter haben sie mit ihren Träumen bemalt, lachender oder finstrer, wie der Himmel über ihnen trüber oder heiterer war; und von weitem täuschte die Perspektive. Auch manche Gaukler nutzten diese allgemeine Neugier und setzten durch seltsame Vermummungen die gespannten Phantasien in Erstaunen. Eine tiefe Stille herrscht hinter dieser Decke, keiner, der einmal dahinter ist, antwortet hinter ihr hervor; alles was man hörte, war ein hohler Widerhall der Frage, als ob man in eine Gruft gerufen hätte. Hinter diese Decke müssen alle, und mit Schaudern fassen sie sie an, ungewiß, wer wohl dahinter stehe und sie in Empfang nehmen werde; quid sit id, quod tantum morituri vident. Freilich gab es auch Ungläubige darunter, die behaupteten, daß diese Decke die Menschen nur narre, und daß man nichts beobachtet hätte, weil auch nichts dahinter sei; aber um sie zu überweisen, schickte man sie eilig dahinter.«

›Ein rascher Schluß war es immer, wenn sie keinen bessern Grund hatten, als weil sie nichts sahen.‹

»Sehen Sie nun, lieber Freund, ich bescheide mich gern, nicht hinter diese Decke blicken zu wollen – und das Weiseste wird doch wohl sein, mich von aller Neugier zu entwöhnen. Aber indem ich diesen unüberschreitbaren Kreis um mich ziehe und mein ganzes Sein in die Schranken der Gegenwart einschließe, wird mir dieser kleine Fleck desto wichtiger, den ich schon über eiteln Eroberungsgedanken zu vernachlässigen in Gefahr war. Das, was Sie den Zweck meines Daseins nennen, geht mich jetzt nichts mehr an. Ich kann mich ihm nicht entziehen, ich kann ihm nichts nachhelfen, ich weiß aber und glaube fest, daß ich einen solchen Zweck erfüllen muß und erfülle. Aber das Mittel, das ihre Natur erwählt hat, um ihren Zweck mit mir [166] zu erfüllen, ist mir desto heiliger – es ist alles, was mein ist, meine Moralität nämlich, meine Glückseligkeit. Alles übrige werde ich niemals erfahren. Ich bin einem Boten gleich, der einen versiegelten Brief an den Ort seiner Bestimmung trägt. Was er enthält, kann ihm einerlei sein – er hat nichts als sein Botenlohn dabei zu verdienen.«

Ich konnte das Gespräch noch nicht abgebrochen sehen.

›Gnädigster Prinz‹, fing ich von neuem an, ›hab ich Sie auch recht verstanden? Der letzte Zweck des Menschen ist nicht im Menschen, sondern außer ihm? Er ist nur um seiner Folgen willen vorhanden.‹

»Lassen Sie uns diesen Ausdruck vermeiden, der uns irreführt. Sagen Sie, er ist da, weil die Ursachen seines Daseins da waren und weil seine Wirkungen existieren, oder, welches ebensoviel sagt, weil die Ursachen, die ihm vorhergingen, eine Wirkung haben mußten, und die Wirkungen, die er hervorbringt, eine Ursache haben müssen.«

›Wenn ich ihm also einen Wert beilegen will, so kann ich diesen nur nach der Menge und Wichtigkeit der Wirkungen abwägen, deren Ursache er ist?‹

»Nach der Menge seiner Wirkungen. Wichtig nennen wir eine Wirkung bloß, weil sie eine größre Menge von Wirkungen nach sich ziehet. Der Mensch hat keinen andern Wert als seine Wirkungen.«

›Derjenige Mensch also, in welchem der Grund mehrerer Wirkungen enthalten ist, wäre der vortrefflichere Mensch?‹

»Unwidersprechlich.«

›Wie? So ist zwischen dem Guten und Schlimmen kein Unterschied mehr! So ist die moralische Schönheit verloren!‹

»Das fürcht ich nicht. Wäre das, so wollte ich sogleich gegen Sie verloren geben. Das Gefühl des moralischen Unterschiedes ist mir eine weit wichtigere Instanz als meine Vernunft – und nur alsdann fing ich an, an die letztere zu glauben, da ich sie mit jenem unvertilgbarem Gefühle übereinstimmend fand. Ihre Moralität bedarf einer Stütze, die meinige ruht auf ihrer eigenen Achse.«

›Lehrt uns nicht die Erfahrung, daß oft die wichtigsten Rollen durch die mittelmäßigsten Spieler gespielt werden, daß die Natur die heilsamsten Revolutionen durch die schädlichsten Subjekte vollbringt? Ein Mahomed, ein Attila, ein Aurangzeb sind so wirksame Diener des Universums, als Gewitter, Erdbeben, Vulkane kostbare Werkzeuge [167] der physischen Natur. Ein Despot auf dem Thron, der jede Stunde seiner Regierung mit Blut und Elend bezeichnet, wäre also ein weit würdigeres Glied ihrer Schöpfung, als der Feldbauer in seinen Ländern, weil er ein wirksameres ist – ja was das Traurigste ist, er wäre eben durch das vortrefflicher, was ihn zum Gegenstande unsers Abscheues macht, durch die größre Summe seiner Taten, die alle fluchwürdig sind – er hätte in eben dem Grade einen größern Anspruch auf den Namen eines vortrefflichen Menschen, als er unter die Menschheit herabsinkt. Laster und Tugend –‹

»Sehen Sie«, rief der Prinz mit Verdrusse, »wie Sie sich von der Oberfläche hintergehen lassen, und wie leicht Sie mir gewonnen geben! Wie können Sie behaupten, daß ein verwüstendes Leben ein tätiges Leben sei? Der Despot ist das unnützlichste Geschöpf in seinen Staaten, weil er durch Furcht und Sorge die tätigsten Kräfte bindet und die schöpferische Freude erstickt. Sein ganzes Dasein ist eine fürchterliche Negative; und wenn er gar an das edelste, heiligste Leben greift und die Freiheit des Denkens zerstöret – hunderttausend tätige Menschen ersetzen in einem Jahrhunderte nicht, was ein Hildebrand, ein Philipp von Spanien in wenig Jahren verwüsteten. Wie können Sie diese Geschöpfe und Schöpfer der Verwesung durch Vergleichung mit jenen wohltätigen Werkzeugen des Lebens und der Fruchtbarkeit ehren!«

›Ich gestehe die Schwäche meines Einwurfs – aber setzen wir anstatt eines Philipps einen Peter den Großen auf den Thron, so können Sie doch nicht leugnen, daß dieser in seiner Monarchie wirksamer sei, als der Privatmann bei dem nämlichen Maß von Kräften und aller Tätigkeit, deren er fähig ist. Das Glück ist es also doch, was nach Ihrem Systeme die Grade der Vortrefflichkeit bestimmt, weil es die Gelegenheiten zum Wirken verteilet!‹

»Der Thron wäre also nach Ihrer Meinung vorzugsweise eine solche Gelegenheit? Sagen Sie mir doch – wenn der König regieret, was tut der Philosoph in seinen Reichen?«

›Er denkt.‹

»Und was tut der König, wenn er regieret?«

›Er denkt.‹

»Und wenn der wachsame Philosoph schläft, was tut der wachsame König?«

[168] ›Er schläft.‹

»Nehmen Sie zwei brennende Kerzen, eine davon stehe in einer Bauerstube, die andre soll in einem prächtigen Saale einer fröhlichen Gesellschaft leuchten. Was werden sie beide?«

›Sie werden leuchten. Aber eben das spricht für mich – Beide Kerzen, nehmen wir an, brennen gleich lang und gleich helle, und verwechselte man ihre Bestimmung, so würde niemand einen Unterschied merken. Warum soll die eine darum vortrefflicher sein, weil der Zufall sie begünstigte, in einem glänzenden Saal Pracht und Schönheit zu zeigen, warum soll die andre schlechter sein, weil der Zufall sie dazu verdammte, in einer Bauernhütte Armut und Kummer sichtbar zu machen? Und doch folgte dies notwendig aus Ihrer Behauptung?‹

»Beide sind gleich vortrefflich, aber beide haben auch gleichviel geleistet?«

›Wie ist das möglich? Da die in dem weiten Saale soviel mehr Licht ausgegossen hat als die andre? Da sie soviel mehr Vergnügen verbreitet hat als die andre?‹

»Erwägen Sie nur, daß hier nur von der ersten Wirkung die Rede ist, nicht von der ganzen Kette. Nur die nächstfolgende Wirkung gehört der nächstvorhergegangenen Ursache; nur so viele Teile der Lichtmaterie, als sie unmittelbar berührte, setzte die brennende Kerze in Schwung. Und was sollte nun die eine vor der andern voraushaben? Können Sie aus einem jeden Zentralpunkt nicht gleich viel Strahlen ziehen? Ebensoviel aus Ihrem Augensterne als aus dem Mittelpunkt der Erde? Entwöhnen Sie sich doch, die großen Massen, die der Verstand nur als solche Ganze zusammenfaßt, in der wirklichen Welt auch als solche existierende Ganze vorauszusetzen. Der Feuerfunke, der in ein Pulvermagazin fällt, einen Turm in die Luft sprengt und hundert Häuser verschüttet, hat darum doch nur ein einziges Körnchen gezündet.«

›Sehr gut, aber –‹

»Wenden wir dieses auf moralische Handlungen an. Wir gehen spazieren, und zwei Bettler sollen uns begegnen. Ich gebe dem einen ein Stock Geld, Sie dem andern ein gleiches; der meinige betrinkt sich von dem Gelde und begeht in diesem Zustande eine Mordtat, der [169] Ihrige kauft einem sterbenden Vater eine Stärkung und fristet ihm damit das Leben. Ich hätte also durch eben die Handlung, wodurch Sie Leben gaben, Leben geraubet? – Nichts weniger. Die Wirkung meiner Tat hört mit ihrer Unmittelbarkeit, so wie die Ihrige, auf, meine Wirkung zu sein.«

›Wenn aber mein Verstand diese Folgenreihe übersiehet und nur diese Übersicht mich zu der Tat bestimmt – wenn ich dem Bettler dieses Geld gab, um einem sterbenden Vater das Leben damit zu fristen, so sind doch alle diese Folgen mein, wenn sie so eintreffen, wie ich sie mir dachte.‹

»Nichts weniger. Vergessen Sie nur nie, daß eine Ursache nur eine Wirkung haben kann. Die ganze Wirkung, die Sie hervorbrachten, war, das Geldstück aus Ihrer Hand in die Hand des Bettlers zu bringen. Dies ist von dieser ganzen langen Kette von Wirkungen die einzige, die auf Ihre Rechnung kommt. Die Arznei wirkte als Arznei u.s.f. – Sie scheinen verwundert. Sie glauben, daß ich Paradoxe behaupte, ein einziges Wort könnte uns vielleicht miteinander verständigen, aber wir wollen es lieber durch unsre Schlüsse finden.«

›Aus dem Bisherigen, sehe ich wohl, folgt, daß eine gute Tat an ihrer schlimmen Wirkung nicht schuld ist und eine schlimme Tat nicht an ihrer vortrefflichen. Aber zugleich folgt auch daraus, daß weder die gute an ihrer guten Wirkung, noch die schlimme an ihrer schlimmen schuld ist, und daß also beide in ihren Wirkungen ganz gleich sind. – Sie müßten denn die seltenen Fälle ausnehmen wollen, wo die unmittelbare Wirkung zugleich auch die abgezweckte ist.‹

»Eine solche unmittelbare gibt es gar nicht, denn zwischen jede Wirkung, die der Mensch außer sich hervorbringt, und deren innre Ursache oder den Willen, wird sich eine Reihe gleichgültiger einschieben, wenn es auch nichts als Muskularbewegung wäre. Sagen Sie also dreist, daß beide in ihren Wirkungen durchaus moralisch einerlei, d.i. gleichgültig sind. – Und wer wird dieses leugnen wollen? Der Dolchstich, der das Leben eines Heinrichs IV. und eines Domitians endigt, sind beide ganz die nämliche Handlung.«

›Recht, aber die Motive –‹

»Die Motive also bestimmen die moralische Handlung. Und woraus bestehen die Motive?«

[170] ›Aus Vorstellungen.‹

»Und was nennen Sie Vorstellungen?«

›Innre Handlungen oder Tätigkeiten des denkenden Wesens, die äußern Tätigkeiten korrespondieren.‹

»Eine moralische Handlung ist also eine Folge innrer Tätigkeiten, welche äußern Veränderungen korrespondieren?«

›Ganz richtig.‹

»Wenn ich also sage, die Begebenheit ABC ist eine moralische Handlung, so heißt dies soviel als, der Reihe äußrer Veränderungen, welche diese Begebenheit ABC ausmachen, ist eine Reihe innrer Veränderungen abc vorhergegangen?«

›So ist es.‹

»Die Handlungen abc waren also bereits beschlossen, als die Handlungen ABC anfingen.«

›Notwendig.‹

»Wenn also ABC auch nicht angefangen hätte, so wäre abc darum nicht weniger gewesen. War nun die Moralität in abc enthalten, so blieb sie auch, wenn wir ABC ganz vertilgen.«

›Ich verstehe Sie, gnädigster Herr – und so wäre dasjenige, was ich für das erste Glied in der Kette gehalten, das letzte darin gewesen. Als ich dem Bettler das Geld gab, war meine moralische Handlung schon ganz vorbei, schon ihr ganzer Wert oder Unwert entschieden.‹

»So mein ichs. Trafen die Folgen ein, wie Sie sie dachten, d.i. folgte ABC auf abc, so war es nichts weiter als eine gelungene gute Handlung. In diesem äußern Strome hat der Mensch nichts mehr zu sagen, ihm gehört nichts als seine eigene Seele. Sie sehen daraus aufs neue, daß der Monarch nichts dem Privatmanne voraus hat, denn auch er ist so wenig Herr jenes Stromes als dieser; auch bei ihm ist das ganze Gebiet seiner Wirksamkeit bloß innerhalb seiner eigenen Seele.«

›Aber dadurch wird nichts verändert, gnädigster Herr; denn auch die böse Handlung hat ihre Motive wie die gute, d.i. ihre innern Tätigkeiten, und nur um dieser Motive willen nennen wir sie ja böse. Setzen Sie also den Zweck und den Wert des Menschen in die Summe seiner Tätigkeiten, so sehe ich immer noch nicht, wie Sie die Moralität aus seinem Zwecke herausbringen, und meine vorigen Einwürfe kehren zurück.‹

[171] »Lassen Sie uns hören. Schlimm oder gut, sind wir übereingekommen, seien Prädikate, die eine Hand lungerst in der Seele erlange.«

›Das ist erwiesen.‹

»Lassen wir also zwischen die äußere Welt und das denkende Wesen eine Scheidewand fallen, so erscheint uns die nämliche Handlung außerhalb derselben gleichgültig, innerhalb derselben nennen wir sie schlimm oder gut.«

›Richtig.‹

»Moralität ist also eine Beziehung, die nur innerhalb der Seele, außer ihr nie gedacht werden kann, so wie z.B. die Ehre eine Beziehung ist, die dem Menschen nur innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft zukommen kann.«

›Ganz recht.‹

»Sobald wir uns eine Handlung als in der Seele vorhanden denken, so erscheint sie uns als die Bürgerin einer ganz andern Welt, und nach ganz andern Gesetzen müssen wir sie richten. Sie gehört einem eigenen Ganzen zu, das seinen Mittelpunkt in sich selbst hat, aus welchem alles fließt, was es gibt, gegen welchen alles strömt, was es empfänget. Dieser Mittelpunkt oder dieses Prinzipium ist, wie wir vorhin übereingekommen sind, nichts anders als der inwohnende Trieb, alle seine Kräfte zum Wirken zu bringen, oder, was ebensoviel sagt, zur höchsten Kundmachung seiner Existenz zu gelangen. In diesen Zustand setzen wir die Vollkommenheit des moralischen Wesens, so wie wir eine Uhr vollkommen nennen, wenn alle Teile, woraus der Künstler sie zusammensetzte, der Wirkung entsprechen, um derentwillen er sie zusammensetzte, wie wir ein musikalisches Instrument vollkommen nennen, wenn alle Teile desselben an seiner höchsten Wirkung den höchsten Anteil nehmen, dessen sie fähig und um dessentwillen sie vereinigt sind. Das Verhältnis nun, in welchem die Tätigkeiten des moralischen Wesens zu diesem Prinzipium stehen, bezeichnen wir mit dem Namen der Moralität; und eine Handlung ist moralisch gut oder moralisch böse, je nachdem sie sich jenem nähert oder von ihm entfernet, es befördert oder hindert. Sind wir darüber einig?«

›Vollkommen.‹

»Da nun jenes Prinzipium kein andres ist als die vollständigste Tätigkeit [172] aller Kräfte im Menschen, so ist eine gute Handlung, wobei mehr Kräfte tätig waren, eine schlimme, wobei weniger tätig waren?«

›Hier, gnädigster Herr, lassen Sie uns innehalten. Diesem nach käme eine kleine Wohltat, die ich reiche, in der moralischen Rangordnung sehr tief unter das jahrlange Komplott der Bartholomäusnacht zu stehen, oder die Verschwörung des Cueva gegen Venedig.‹

Der Prinz verlor hier die Geduld. »Wann werd ich Ihnen doch begreiflich machen können«, fing er an, »daß die Natur kein Ganzes kenne? Stellen Sie zu sammen, was zusammen gehört. War jenes Komplotteine Handlung, oder nicht vielmehr eine Kette von hunderttausenden? – und von hunderttausend mangelhaften, gegen welche Ihre kleine Wohltat noch immer im Vorteile stehet. Der Trieb der Menschenliebe schlief bei allen, der bei der Ihrigen tätig war. Aber wir kommen ab. Wo blieb ich?«

›Eine gute Handlung sei, wobei mehr Kräfte tätig waren, und umgekehrt.‹

»Und dadurch also, daß weniger Kräfte bei ihr tätig waren, wird eine schlimme Handlung schlimm, und so umgekehrt?«

›Ganz begreiflich.‹

»Bei einer schlimmen Handlung wird also nur verneinet, was bei einer guten bejahet wird?«

›So ists.‹

»Ich kann also nicht sagen, es gehörte ein böses Herz dazu, diese Tat zu begehen, so wenig als ich sagen kann, es gehörte ein Kind und nicht ein Mann dazu, diesen Stein aufzuheben?«

›Sehr wahr. Ich sollte vielmehr sagen, es mußte soviel gutes Herz fehlen, um diese Tat zu begehen.‹

»Laster ist also nur die Abwesenheit von Tugend, Torheit die Abwesenheit von Verstand, ein Begriff ohngefähr wie Schatten oder Stille?«

›Ganz richtig.‹

»Sowenig also, als man logisch-richtig sagen kann, es ist Leere, Stille, Finsternis vorhanden, sowenig gibt es ein Laster im Menschen und überhaupt also in der ganzen moralischen Welt?«

›Das ist einleuchtend.‹

»Wenn es also kein Laster im Menschen gibt, so ist alles, was in [173] ihm tätig ist, Tugend, d.i. es ist gut, ebenso wie alles tönt, was nicht still ist, alles Licht hat, was nicht im Schatten steht?«

›Das folgt.‹

»Jede Handlung also, die der Mensch begeht, ist also dadurch, daß es eine Handlung ist, etwas Gutes?«

›Nach allem Vorhergegangenen.‹

»Und wenn wir eine schlimme Handlung von einem Menschen sehen, so ist diese Handlung gerade das einzige Gute, was wir in diesem Augenblick an ihm bemerken.«

›Das klingt sonderbar.‹

»Lassen Sie uns ein Gleichnis zu Hülfe nehmen. Warum nennen wir einen trüben, neblichten Wintertag einen traurigen Anblick? Ist es darum, weil wir eine Schneelandschaft an sich selbst widrig finden? Nichts weniger, könnte man sie in den Sommer verpflanzen, sie würde seine Schönheit erheben. Wir nennen ihn traurig, weil dieser Schnee und dieser Nebelduft nicht dasein könnten, wenn eine Sonne geschienen hätte, sie zu zerteilen, weil sie mit den ungleich größern Reizen des Sommers unvereinbar sind. Der Winter ist uns also ein Übel, nicht weil ihm alle Genüsse mangeln, sondern weil er größere ausschließt.«

›Vollkommen anschaulich.‹

»Ebenso mit moralischen Wesen. Wir verachten einen Menschen, der aus dem Treffen fliehet und dem Tode dadurch entgeht, nicht, weil uns der wirksame Trieb der Selbsterhaltung mißfiele, sondern weil er diesem Triebe weniger würde nachgegeben haben, wenn er die herrliche Eigenschaft des Mutes besessen hätte. Ich kann die Herzhaftigkeit, die List des Räubers bewundern, der mich bestiehlt, aber ihn selbst nenne ich lasterhaft, weil ihm die ungleich schönere Eigenschaft der Gerechtigkeit mangelt. So kann mich eine Unternehmung in Erstaunen setzen, die der Ausbruch einer jahrlang verhaltenen tätigen Rachsucht ist, aber ich nenne sie verabscheuungswürdig, weil sie mir einen Menschen zeigt, der ganze Jahre leben konnte, ohne seinen Mitmenschen zu lieben. Ich schreite mit Unwillen über ein Schlachtfeld hinweg, nicht weil so viele Leben hier verwesen – Pest und Erdbeben hätten noch mehr tun können, ohne mich gegen sich aufzubringen – auch nicht weil ich die Kraft, die Kunst, den Heldenmut [174] nicht vortrefflich fände, die diese Krieger zu Boden streckten – sondern weil mir dieser Anblick so viele tausend Menschen ins Gedächtnis bringt, denen die Menschlichkeit fehlte.«

›Vortrefflich.‹

»Dasselbe gilt von den Graden der Moralität. Eine sehr künstliche, sehr fein ersonnene, mit Beharrlichkeit verfolgte, mit Mut ausgeführte Bosheit hat etwas Glänzendes an sich, das schwache Seelen oft zur Nachahmung reizt, weil man so viele große und schöne Kräfte in ihrer ganzen Fülle dabei wirksam findet. Und doch nennen wir diese Handlung schlimmer als eine ähnliche bei einem geringeren Maß von Geist, und strafen sie strenger, weil sie uns jenen Mangel der Gerechtigkeit in ihrer größern Motivenreihe häufiger erkennen läßt. Wird sie vollends noch an einem Wohltäter verübet, so empört sie darum unser ganzes Gefühl, weil die Gelegenheiten, den Trieb der Liebe in Bewegung zu setzen, in diesem Falle häufiger waren, und wir also die Entdeckung, daß dieser Trieb unwirksam geblieben, häufiger dabei wiederholen.«

›Klar und einleuchtend.‹

»Auf unsre Frage zurückzukommen. Sie geben mir also zu, daß es nicht die Tätigkeiten der Kräfte sind, die das Laster zum Laster machen, sondern ihre Untätigkeit.«

›Vollkommen.‹

»Die Motive sind aber solche Tätigkeiten; es ist also unrichtig geredet, eine Handlung ihrer Motive wegen lasterhaft zu nennen. Nichts weniger! Ihre Motive sind das einzige Gute, das sie hat, sie ist nur böse um derjenigen willen, die ihr mangeln.«

›Unwidersprechlich.‹

»Aber wir hätten diesen Beweis noch kürzer führen können. Würde der Lasterhafte aus diesen Motiven handeln, wenn sie ihm nicht einen Genuß gewährten?Genuß allein ist es, was moralische Wesen in Bewegung setzt; und nur das Gute, wissen wir ja, kann Genuß gewähren.«

›Ich bin befriedigt. Aus dem Bisherigen folgt unwidersprechlich, daß z.B. ein Mensch von hellem Geist und wohlwollendem Herzen nur darum ein besserer Mensch ist als ein andrer von ebensoviel Geist und einem minder wohltätigen Herzen, weil er sich dem Maximum [175] innrer Tätigkeit mehr nähert. Aber eine andre Bedenklichkeit steigt in mir auf. Geben Sie einem Menschen die Eigenschaften des Verstandes, des Muts, der Tapferkeit u.s.f. in einem vorzüglich hohen Grade, und lassen Sie ihm nur die einzige Eigenschaft, die wir gutes Herz nennen, mangeln – werden Sie ihn einem andern vorziehen, der jene Eigenschaften in einem niedrigern Grade, dies Letztere aber in seinem größten Umfang besitzet? Unstreitig ist jener ein weit tätigerer Mensch als dieser, und da nach Ihnen die Tätigkeit der Kräfte den moralischen Preis bestimmet, so würde also Ihr Urteil für ihn ausfallen, und mit dem gewöhnlichen Urteil der Menschen in einem Widerspruche sich befinden.‹

»Es würde ohnfehlbar sehr übereinstimmend damit sein. Ein Mensch, dessen Verstandeskräfte in einem hohen Grade tätig sind, wird ebenso gewiß auch ein vortreffliches Herz besitzen, als er das, was er an sich selbst liebet, an einem andern nicht hassen kann. Wenn die Erfahrung dagegen zu streiten scheint, so hat man entweder zu freigebig von seinem Verstande, oder von moralischer Güte zu eingeschränkt geurteilt. Ein großer Geist mit einem empfindenden Herzen steht in der Ordnung der Wesen ebenso hoch über dem geistreichen Bösewicht, als der Dummkopf mit einem weichen, man sagt besser, weichlichen Herzen unter diesem stehet.«

›Aber ein Schwärmer und einer von der heftigen Art ist doch offenbar ein tätigeres Wesen als ein Alltagsmensch mit phlegmatischem Blut und beschränkten Sinnen?‹

»Bei einem noch so phlegmatischen, beschränkten Alltagsmenschen kommt doch jede Kraft zum Wirken, weil keine von der andern verdrängt wird. Er ist ein Mensch in gesundem Schlafe; der Schwärmer ist einem Phrenetischrasenden gleich, der sich in wütenden Konvulsionen wirft, wenn die Lebenskraft bereits in den äußersten Arterien aufhört. – Haben Sie noch eine Einwendung?«

›Ich bin mit Ihnen überzeugt, daß die Moralität des Menschen in dem Mehr oder Weniger seiner innern Tätigkeit enthalten ist.‹

»Erinnern Sie sich nun«, fuhr der Prinz fort, »daß wir diese ganze Untersuchung im geschlossenen Bezirk der menschlichen Seele angestellt haben, daß wir sie von der äußern Reihe der Dinge durch eine Scheidewand getrennt, und innerhalb dieses nie überschrittenen Kreises [176] den ganzen Bau der Moralität aufgeführt haben. Wir haben zugleich gefunden, daß seine Glückseligkeit vollkommen mit seiner moralischen Vortrefflichkeit aufgehe, daß ihm also für die letztere ebensowenig etwas zu fordern bleibe, daß ihm auf eine erst zu erreichende Vollkommenheit ebensowenig ein Genuß voraus zugeteilt werden könne, als daß eine Rose, die heute blühet, erst im folgenden Jahre dadurch schön sei, als daß ein Mißgriff auf dem Klavier erst in das nächstkommende Spiel seinen Mißlaut einmischen kann. Es wäre ebenso denkbar, daß der Glanz der Sonne in den heutigen Mittag und ihre Wärme in den folgenden fiele, als daß die Vortrefflichkeit des Menschen in diese Welt und seine Glückseligkeit in die andre fallen könnte – Ist Ihnen dieses erwiesen?«

›Ich weiß nichts dagegen zu antworten.‹

»Das moralische Wesen ist also in sich selbst vollendet und beschlossen, wie das, welches wir zum Unterschied davon das organische nennen, beschlossen durch seine Moralität, wie dieses durch seinen Bau, und diese Moralität ist eine Beziehung, die von dem, was außer ihm vorgeht, durchaus unabhängig ist.«

›Dies ist erwiesen.‹

»Es umgebe mich also, was da wolle, der moralische Unterschied bleibt.«

›Ich ahnde, wo Sie hinauswollen, aber –‹

»Es sei also ein vernünftig geordnetes Ganze, eine unendliche Gerechtigkeit und Güte, eine Fortdauer der Persönlichkeit, ein ewiger Fortschritt – aus der moralischen Welt läßt sich dieses wenigstens nicht mit größerer Bündigkeit erweisen, als aus der physischen. Um vollkommen zu sein, um glücklich zu sein, bedarf das moralische Wesen keiner neuen Instanz mehr – und wenn es eine erwartet, so kann sich diese Erwartung wenigstens nicht mehr auf eine Forderung gründen. Was mit ihm werde, muß ihm für seine Vollkommenheit gleichviel sein, so wie es der Rose – um schön zu sein – gleichviel sein muß, ob sie in einer Wüste oder in fürstlichen Gärten, ob dem Busen eines lieblichen Mädchens oder dem verzehrenden Wurm entgegen blühet.«

›Paßt diese Vergleichung?‹

»Vollkommen; denn ich sage hier ausdrücklich, um schön zu sein, dort, um glücklich zu sein – nicht, um vorhanden zu sein! Dies letzte [177] gehört für eine neue Untersuchung, und ich will das Gespräch nicht verlängern.«

›Ich kann Sie doch noch nicht ganz losgeben, gnädigster Prinz. Sie haben – und mir deucht unumstößlich – bewiesen, daß der Mensch nur moralisch sei, insofern er in sich selbst tätig sei – aber Sie behaupteten vorhin, daß er nur Moralität habe, um außer sich zu wirken.‹

»Sagen Sie, nur außer sich wirksam sei, weil er Moralität hat. Ihre Damit verwirren uns. Ich kann Ihre Zwecke nicht leiden.«

›Hier kommt es auf eins. Es hieße also, daß er nur insofern den Grund der meisten Wirkungen außer sich enthalte, insofern er den höchsten Grad seiner Moralität erreiche. Und diesen Beweis sind Sie mir noch schuldig.‹

»Können Sie ihn aus dem Bisherigen nicht selbst führen? Der Zustand der höchsten innern Wirksamkeit seiner Kräfte, ist es nicht derselbe, in welchem er auch die Ursache der meisten Wirkungen außer sich sein kann?«

›Sein kann, aber nicht sein muß – denn haben Sie nicht selbst zugestanden, daß eine unwirksam gebliebene gute Tat ihrem moralischen Wert nichts benehme?‹

»Nicht bloß zugestanden, sondern als höchst notwendig festgesetzt! – Wie schwer sind Sie doch von einer irrigen Vorstellung zurückzubringen, die sich einmal Ihrer bemächtigt hat. Dieser anscheinende Widerspruch, daß die äußern Folgen einer moralischen Tat für ihren Wert höchst gleichgültig seien, und daß der ganze Zweck seines Daseins dennoch nur in seinen Folgen nach außen liege, verwirrt Sie immer. Nehmen Sie an, ein großer Virtuose spiele vor einer zahlreichen aber rohen Gesellschaft, ein Stümper komme dazwischen und entführe ihm seinen ganzen Hörsaal – welchen werden Sie für den Nützlicheren erklären?«

›Den Virtuosen, versteht sich, denn derselbe Künstler wird ein andermal feinere Ohren ergötzen.‹

»Und würde er dieses wohl, wenn er die Kunst nicht besäße, die damals verloren ging, und die er damals übte?«

›Schwerlich.‹

»Und wird sein Nebenbuhler jemals diejenige Wirkung hervorbringen, die er hervorbrachte?«

[178] ›Diejenige nicht, aber –‹

»Aber vielleicht eine größre bei seinem größern Haufen wollen Sie sagen? Können Sie im Ernste zweifelhaft sein, ob ein Künstler, der einen Kreis fühlender Menschen und geistreicher Kenner zu bezaubern gewußt hat, mehr getan habe, als jener Stümper in seinem ganzen Leben? Daß eine Empfindung vielleicht, die er erweckte, in einer feinen Seele sich zu Taten erhöhte, die nachher für eine Million nützlich wurden? Daß sie sich vielleicht als das einzige noch fehlende Glied an eine wichtige Kette anschloß und einem herrlichen Vorhaben die Krone aufsetzte? – Auch jener Stümper, das räume ich ein, kann fröhliche Menschen machen – auch der Mensch, der seine moralische Krone verlor, wird noch wirken, ebenso wie eine Frucht, an welcher die Fäulnis nagt, noch ein Mahl für Vögel und Würmer sein kann, aber sie wird nie mehr gewürdigt, einen reizenden Mund zu berühren.«

›Lassen Sie aber jenen Künstler in einer Wüste spielen, dort leben und sterben. Ich darf sagen, seine Kunst belohnt ihn; auch wo kein Ohr seine Töne auffängt, ist er sein eigner Hörer und genießt in den Harmonien, die er hervorbringt, die noch herrlichere Harmonie seines Wesens. Dies dürfen Sie aber nicht sagen. Ihr Künstler muß Hörer haben, oder er ist umsonst dagewesen.‹

»Ich verstehe Sie – aber Ihr gegebener Fall kann nie stattfinden. Kein moralisches Wesen ist in einer Wüste, wo es lebet und webet, berührt es ein umgrenzendes All. Die Wirkung, die es leistet, wär es auch nur diese einzige, wissen wir, konnte nur dieses Wesen und kein anderes leisten, und es konnte diese Wirkung nur vermöge seiner ganzen Beschaffenheit leisten. Wenn unser Virtuose auch nur einmal zum Spielen gelangte, so gestehen Sie mir doch ein, daß er gerade dieser Künstler sein mußte, der er war, daß er, um dieses zu sein, gerade durch so viele Grade der Übung und Kunstfertigkeit gegangen sein mußte, als er wirklich durchwandert hatte, und daß also sein ganzes vorhergegangenes Künstlerleben an diesem Augenblick des Triumphes teilnimmt. War jener erste Brutus zwanzig Jahre unnützlich, weil er zwanzig Jahre den Blödsinnigen spielte? Seine erste Tat war die Gründung einer Republik, die noch jetzt als die größte Erscheinung in der Weltgeschichte dasteht. Und so wäre es denkbar, daß meine [179] Notwendigkeit oder Ihre Vorsehung einen Menschen ein ganzes Menschenalter lang schweigend einer Tat zubereitet hätte, die sie ihm erst in seiner letzten Stunde abfordert.«

›So scheinbar dieses klingt – mein Herz kann sich nicht an die Idee gewöhnen, daß alle Kräfte, alle Bestrebungen des Menschen nur für seinen Einfluß in dieser Zeitlichkeit arbeiten sollen. Der große patriotische erfahrene Staatsmann, der heute vom Ruder gestürzt wird, trägt alle seine erworbenen Kenntnisse, seine geübten Kräfte, seine zeitigenden Plane in sein vergeßnes Privatleben hinein, worin er stirbt. Vielleicht hatte er nur noch den letzten Stein an die Pyramide zu setzen, die hinter ihm zusammenstürzt, die seine Nachfolger ganz von dem untersten Steine wie der anfangen müssen. Mußte er in funfzig Lebensjahren, mußte er während seiner anstrengenden Reichsverwaltung nur für die untätige Stille seines Privatlebens sammeln? Daß er durch diese Verwaltung seine Wirkung erfüllt habe, dürfen Sie mir nicht antworten. Wenn der Einfluß in diese Welt die ganze Bestimmung des Menschen erschöpft, so muß sein Dasein zugleich mit seiner Wirkung auf hören.‹

»Ich verweise Sie an das sprechende Beispiel der physischen Natur, von der Sie mir doch einräumen müssen, daß sie nur für die Zeitlichkeit arbeite. Wie viele Keime und Embryonen, die sie mit soviel Kunst und Sorgfalt zum künftigen Leben zusammensetzte, werden wieder in das Elementenreich aufgelöst, ohne je zur Entwicklung zu gedeihen. – Warum setzte sie sie zusammen? In jedem Menschenpaare schläft, wie in dem ersten, ein ganzes Menschengeschlecht, warum ließ sie aus soviel Millionen nur ein einzigeswerden? So gewiß sie auch diese verderbenden Keime verarbeitet, so gewiß werden auch moralische Wesen, bei denen sie einen höhern Zweck zu verlassen schien, früher oder später in denselbigen eintreten. Ergründen zu wollen, wie sie eine einzelne Wirkung durch die ganze Kette fortpflanzt, würde eine kindische Anmaßung verraten. Oft, sehen wir, läßt sie den Faden einer Tat, einer Begebenheit plötzlich fallen, den sie drei Jahrtausende nachher ebenso plötzlich wieder aufnimmt, versenkt in Kalabrien die Künste und Sitten des achtzehnten Jahrhunderts, um sie vielleicht im dreißigsten dem verwandelten Europa wieder zu zeigen, ernährt viele Menschenalter lang gesunde Nomadenhorden auf den [180] tartarischen Steppen, um sie einst dem ermattenden Süden als frisches Blut zuzusenden, wie sie auf ihrem physischen Gange das Meer über Hollands und Seelands Küsten wirft, um vielleicht eine Insel im fernen Amerika zu entblößen. Aber auch im Einzelnen und im Kleinen fehlt es an solchen Winken nicht ganz. Wie oft tut die Mäßigkeit eines Vaters, der längst nicht mehr ist, an einem genievollen Sohne Wunder, wie oft ward ein ganzes Leben vielleicht nur gelebt, um eine Grabschrift zu verdienen, die in die Seele eines späten Nachkömmlings einen Feuerstrahl werfen soll! – Weil vor Jahrhunderten ein verscheuchter Vogel auf seinem Fluge einige Samenkörner da niederfallen ließ, blüht für ein landendes Volk auf einem wüsten Eiland eine Ernte – und ein moralischer Keim ging in einem so fruchtbaren Erdreich verloren!«

›O bester Prinz! Ihre Beredsamkeit begeistert mich zum Kampfe gegen Sie selber. Soviel Vortrefflichkeit können Sie Ihrer fühllosen Notwendigkeit gönnen, und wollen nicht lieber einen Gott damit glücklich machen? Sehen Sie in der ganzen Schöpfung umher. Wo irgend nur ein Genuß bereitet liegt, finden Sie ein genießendes Wesen – und dieser unendliche Genuß, dieses Mahl von Vollkommenheit, sollte durch die ganze Ewigkeit leerstehen!‹

»Sonderbar!« sagte der Prinz nach einer tiefen Stille. »Worauf Sie und andere ihre Hoffnungen gründen, eben das hat die meinigen umgestürzt – eben diese geahndete Vollkommenheit der Dinge. Wäre nicht alles so in sich beschlossen, säh ich auch nur einen einzigen verunstaltenden Splitter aus diesem schönen Kreise herausragen, so würde mir das die Unsterblichkeit beweisen. Aber alles, alles, was ich sehe und bemerke, fällt zu diesem sichtbaren Mittelpunkt zurück, und unsre edelste Geistigkeit ist eine so ganz unentbehrliche Maschine, dieses Rad der Vergänglichkeit zu treiben.«

›Ich begreife Sie nicht, gnädigster Prinz. Ihre eigne Philosophie spricht Ihnen das Urteil, wahrlich, Sie sind dem reichen Manne gleich, der bei allen seinen Schätzen darbet. Sie gestehen, daß der Mensch alles in sich schließe, um glücklich zu sein, daß er seine Glückseligkeit nur allein durch das erhalten könne, war er besitzet, und Sie selbst wollen die Quelle Ihres Unglücks außer sich suchen. Sind Ihre Schlüsse wahr, so ist es ja nicht möglich, daß Sie auch nur mit einem[181] Wunsche über diesen Ring hinausstreben, in welchem Sie den Menschen gefangen halten.‹

»Das eben ist das Schlimme, daß wir nur moralisch vollkommen, nur glückselig sind, um brauchbar zu sein, daß wir unsern Fleiß, aber nicht unsre Werke genießen. Hunderttausend arbeitsame Hände trugen die Steine zu den Pyramiden zusammen – aber nicht die Pyramide war ihr Lohn. Die Pyramide ergötzte das Auge der Könige, und die fleißigen Sklaven fand man mit dem Lebensunterhalt ab. Was ist man dem Arbeiter schuldig, wenn er nicht mehr arbeiten kann, oder nichts mehr für ihn zu arbeiten sein wird? Was dem Menschen, wenn er nicht mehr zu brauchen ist?«

›Man wird ihn immer brauchen.‹

»Auch immer als ein denkendes Wesen?«

[182]

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TextGrid Repository (2012). Schiller, Friedrich. Erzählungen. [Das philosophische Gespräch aus dem Geisterseher]. [Das philosophische Gespräch aus dem Geisterseher]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-CD78-F