[288] Abschied an die Schweiz

Im Sommer 1812.


Der alten deutschen Sitte Spiegel,
Du biedres Land,
Wo ich der frommen Vorzeit Siegel
So gern erkannt;
Dem Gott der Alpen Burg zur Wehre
Hat aufgebaut,
Von wo dein Volk auf Land und Meere
Herniederschaut!
Du Vaterland der Winkelriede
Heil sei dir, Heil!
Gerechte Freiheit, Freud' und Friede
Dein stetes Theil!
Was eure Väter zu erwerben
Kein Blut gespart,
Sei unversehrt den späten Erben
Wie jetzt bewahrt.
[289]
Jüngst brach aus seinen alten Schranken
Das Chaos los,
Da rißen Reiche, Throne sanken
Vom ersten Stoß.
Die wüsten Fluten überschwellen,
Was fern und nah;
Du stehst noch wie auf Felsenwällen
Ein Eiland da.
Mein Vaterland ist mir verloren
Durch hart Geschick,
Vom süßen Ort, wo ich geboren,
Wend' ich den Blick.
Nicht fremden Herrscherlüsten fröhn' ich
Zu Scham und Reu;
Jenseit des Meeres thront mein König,
Ihm bleib ich treu.

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TextGrid Repository (2012). Schlegel, August Wilhelm. Gedichte. Lieder und Romanzen. Abschied an die Schweiz. Abschied an die Schweiz. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D298-4