An die Freundin

Mich traf, ich weiß nicht wie, ein süß Verlangen,
Sogleich mit dir zu sterben.
Es dünkte mich, wir gingen
Im Grün, die Stirn vom Morgenstrahl getroffen,
Weit, weit von Menschenspuren.
Im Steigen hören wir die Lerche singen,
Das Auge lächelt auf die stillen Fluren,
Des Berges Höh' schon nah, wo froh wir wagen,
Die Freiheit zu erwerben.
Nun wirst den Freund du, Freudenreiche fragen:
»Warum willst du verderben?« –
Ich sah mich selbst, mein Wesen klar und offen;
Erreicht das Ziel, das alle Wünsche hoffen,
Wenn sie sich nicht beschränken.
Wie wenig alles, muß ich seitdem denken.

Notes
Erstdruck in: Taschenbuch für Damen auf das Jahr 1809.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Schlegel, Friedrich. An die Freundin. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D5B6-6