[185] Frühe Dämmerung

Die letzten müden Liebesworte irren
Wie Abendfalter, die mit schweren Flügen
In Dämmerung und Träumen sich verwirren.
Und trunken niedersinkend ist's, als trügen
Ein zartes Leuchten sie um Deine Wangen
Und Sänftigung zu Deinen Atemzügen.
Ich seh' das Glück an Deinen Lippen hangen
Wie eine Blüte, warmer Nacht entsprungen –
Indes ich dumpf, in namenlosem Bangen,
Dem Gang der Stunden lausche, die verschlungen
Zu dunklen Ketten in das Leere gleiten,
Vom harten Glockenschlag der Nacht umklungen.
Ich hör im Takt ihr endlos gleiches Schreiten
Auf heißem Lager sinnlos aufgerichtet,
Hinhorchend in die nachtbeschwerten Weiten,
Die schon der erste Schein der Frühe lichtet.

Notizen
Erstdruck in: Das literarische Elsaß. Der Erwiniana 18. Jg., H. 2, November 1910.
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Stadler, Ernst. Frühe Dämmerung. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-1464-A