An die Kritiker

Den Kritikern als Strafvollstreckern,
Als einer Art von Polizei,
Stand, einen Dichter zu bekleckern
Das schöne Vorrecht immer frei.
Doch: animal – so heißt es – omne
Ist triste erst post coitum,
Erst nach dem Stück folgt die willkommne
Belehrung für das Publikum.
Vor sich der Vorhang drüber senkte,
Ein Werk verreißen, scheint verfrüht,
Es findet, was den Dichter kränkte,
Auch später, wer sich redlich müht.
Wie macht's der Spatz, wenn aus dem Pferde
Der Apfel rollt, den er gebraucht?
Er läßt ihn kühlen auf der Erde,
Zerhackt ihn nicht, solang' er raucht.
So seht auch ihr beim Lampenscheine
Mit Ruh', was Pegasus verlor,
Dann nehme jeder sich das seine
Aus dessen Äpfeln klug hervor.

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TextGrid Repository (2012). Thoma, Ludwig. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. So war's einmal. An die Kritiker. An die Kritiker. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-508B-9