Die Glockenhöhle

Ich weiß mir eine Grotte,
Gewölbt mit Bergkristalle,
Die ist von einem Gotte
Begabt mit seltnem Halle:
Was jemand sprach, was jemand sang,
Das wird in ihr zu Glockenklang.
Dort tauschen zwei Beglückte,
Bewegt von gleichem Triebe,
Was längst die Herzen drückte,
Das erste Ja der Liebe;
Ein leises Glöcklein stimmt so rein
Zu einem lautern, vollern ein.
Dort lassen lust'ge Zecher
Sich auf der Felsbank nieder,
Sie schwingen volle Becher
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Und singen trunkne Lieder;
Nie klang die Grotte so wie heut
Von Feuerlärm und Sturmgeläut.
Zween Männer, ernst und sinnig,
Vereint durch heil'ge Bande,
Sie reden dort so innig
Vom deutschen Vaterlande;
Da tönt die tiefste Kluft entlang
Ein dumpfer Grabesglockenklang.

Notizen
Erstdruck 1834.
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Uhland, Ludwig. Die Glockenhöhle. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-7240-A