4. Das närrische Ding die Liebe

Worinn meistentheils auf gewisse Sprüch-Wörter gezielet wird, welche bey einer bekannten Compagnie im brauche warn.


Ihr Leute lasset euch in Liebessachen ein!
Dann wo die Liebe nicht auff Erden solte seyn,
So wär das liebe Ding die Eva nit geschaffen
Und wann es Sünde wär, so thätens nicht die Pfaffen.
[98]
Es kan nicht Unrecht seyn, weils die Juristen thun:
Es ist nicht ungesund, weil nicht die Aertzte ruhn:
Wans unnatürlich wär, so würd es die nicht jucken,
Die der Philosophie biß an den Nabel gucken.
(Manum inserere in sinum Philosophiæ.
Terentius Heaut. act. 3. sc. 3. v. 2. & 3.)
Wann es altvätersch wär, so wär es nicht beliebt
Von einem der sich auff die neue Mode gibt:
Und wär es Kinder-Spiel, so würden nicht die Alten
Auff diese Leckerey so grosse Stücke halten.
Es ist auch nicht Frantzösch, die Teutschen kommen auch
Von Augen in das Hertz, vom Hertzen in den Bauch.
Es ist auch nicht Catolsch, wann wir die Händel treiben,
Denn sonsten liessen es die Lutheraner bleiben.
Es ist kein Schelmenstück, sonst gieng ein Handwercksmann,
Der ehrlich bleiben wil, nicht so mit Freuden dran.
Es ist auch keine Kunst, es kans ein jeder Bauer,
Der liebet seine Frau und hertzt sie auff die thauer.
Die Liebe klinget nicht, sonst wärs fürwahr nicht gut,
Man hörte draussen alls was man im Hause thut.
Die Liebe stincket nicht, sonst könte man es riechen,
Alsbald wann Ha und Sie in einen Winckel kriechen.
Die Liebe sieht man nicht, was würde sonst darauß,
Die Leute leschen ja darzu die Liechter auß.
Sie kan nicht bitter seyn, dann solt es herbe schmäcken,
So würde mancher nicht darnach die Finger lecken.
Die Lieb ist nicht berust, sonst wäre niemand weiß:
Weiß kan sie auch nicht seyn, dann schwartz behält den Preiß:
Vielwenger ist sie schwer, man kan sie leichtlich fassen,
Und der ist wohl ein Narr, der sich wil helffen lassen.
Die Liebe kan auch nicht von Pfefferkuchen seyn,
Die Bauren würden sie sonst auff den Hirsche streun:
Kein welckes Rübgen nicht, sie würde nicht gelitten,
Die Jungfern hätten sie schon längsten klein geschnitten.
Sie ist kein Käse nicht, denn solte dieses seyn,
So steckte mancher eh sein scharffes Messer ein:
Sie ist kein Häscher nicht, wer hätte sonst verlangen,
Daß ihm die Liebe solt in ihrem Loche fangen?
Die Liebe brennet nicht, sonst würd ein gantzes Land
[99]
Den ersten Hochzeit-Tag bißweilen abgebrannt:
Die Liebe kühlet nicht, sonst würde man nicht schwitzen.
Die Liebe sticht auch nicht sonst würde man sich ritzen:
Die Lieb ist auch kein Floh, sonst wär Gefahr dabey,
Die Jungfern knickten ihr den Kopff geschwind entzwey:
Sie ist kein Klapperstorch, sonst wär es grosse Schande,
So bald es Winter wär, so zög sie auß dem Lande.
Die Liebe thut nicht weh und bringet schlechte Pein
Sonst würd ein Jungfer-Maul nicht also wolfeil seyn:
Die wäre wol ein Kind, wann jemand greiffen wolte,
Daß sie vor Freuden nicht ein bißgen lachen solte.
Es bleibet wol dabey, nur hurtig lieb gehabt,
Ach wohl dem welcher sich in seiner Jugend labt,
Ein Alter taugt nicht mehr, er spielt nur mit Geberden,
Und weil er sonst nichts kan, muß er zum Han . ...

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TextGrid Repository (2012). Weise, Christian. Gedichte. Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken. Überflüssiger Gedancken sechstes Dutzent. 4. Das närrische Ding die Liebe. 4. Das närrische Ding die Liebe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-9955-2