[344] Das zwantzigste Lied

An das überweibliche wunder der irdischen geschöpfe/ die wohl-gebohrne Rosemund:


gesetzt durch Mal(achias) Siebenhaaren.

[345] 1.
Rosemund/ mein selbst-eigenes hertze/
leiden und schmertze/
laß dichs nicht irren/ wan ich mit reimen öf-
fentlich schertze.
Schertzen im hertzen/ äusserlich freundlich
kan ich nicht leiden;
Träue von aussen/ Falschheit von innen
pfleg' ich zu meiden.
2.
Lebe mein Leben/ lebe der hofnung/ daß ich
nicht trüge/
daß ich nicht wanke/ wan ich mich schmüge/
knechtiglich büge.
Lebe mein Leben! schäue dich nur nicht/
mache dich kühner:
lebe beständig! dan so verbleib' ich immer
dein Diener.

An die der lieb-seeligen Rosemund Liebe Augen/ nachdem sie sich eine zeitlang verborgen hatten/ und sich wieder blikken ließen. auf die weise des sechsten Liedes

[346] 1.
Wo geht ihr hin/ ihr augen-sterne?
Gegen-stimme. Gar nicht ferne.
Nicht ferne solt ihr auch entweichen/
G. noch verbleichen.
Ihr die ihr fol von geist und blitzen/
G. gluht und hitzen.
2.
Ihr sonnen/ wollt ihr für mier flühen?
G. nein/ verzühen.
Ihr blitzel-augen fol von liebe/
G. nimmer trübe.
Ach ja! die nimmer-trüben sterne/
G. stehn nicht ferne.
3.
Wohlan! so wil ich sie begrüßen.
G. lüste büßen.
ja ich wil meine lüste büßen/
G. mit genüßen.
Genüßen mus darbei sich finden.
G. lust entzünden.
4.
Da seh ich meine sonnen glimmern/
G. träflich schimmern.
Ihr glantz bricht ein in mein gesichte:
G. und wird lichte.
Ich weis nicht ob ich ihn kan leiden?
G. bässer meiden.
[347] 5.
Ein wenig/ wenig weicht ihr blikke/
G. wie/ zurükke?
Ach! ja. Dan eure strahlen funkeln
G. auch im tunkeln.
Ach! ja! im dunkeln seind sie lichter/
G. brunst-anrichter.
6.
Gemach/ ihr lieben augen/ blinkert/
G. ja nicht flinkert.
Dan euer blitz tuht weh dem hertzen/
G. machet schmertzen.
Ihr habt es schohn/ ihr schöne sonnen/
G. gantz gewonnen.
7.
Last euch nuhr etwas sanfter leiten/
G. ja bei zeiten.
Bei zeiten mus es auch geschähen.
G. du würst's sehen.
Wohlan! so leb' ich gantz in freuden/
G. ausser leiden.

Leber-reim.

Die leber ist vom hecht/ von turteltauben nicht:
drüm laß sie förder gehn/ mein Lieb/ mein Lebens-licht.

Ein anderer.

Die Leber ist vom huhn; und were sie vom Raben;
so soltstdu/ Mohre/ sie gewis alleine haben.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Zesen, Philipp von. Das zwantzigste Lied. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AF3E-3