[109] 26. Ode

Durch Schweigen und durch Hoffen
Vermindert sich die Noth.
Wenn dich ein Kreuz betroffen,
So wünsch dir nicht den Tod.
Durch Ungeduld und Zagen
Verdoppelt sich die Pein.
Was hilft dir alles Klagen;
Dein mehr als ängstlich Klagen
Kann nicht dein Retter seyn.
Der so die Welt erschaffen,
Nimmt dich in seinen Schutz.
Er wacht wenn du wilst schlafen,
Beut allen Feinden trutz.
Wenn der sich will erbarmen,
So leide was du kannst,
Weil du in seinen Armen,
In deines Vaters Armen
Das wahre Heyl erlangst.
Er hat vor längst gesehen
Was gut und nützlich ist.
Gesetzt er läßt geschehen
Daß du voll Jammer bist;
Voll Elend und voll Leiden,
Und aller Leute Spott,
Das soll dich doch nicht scheiden,
Nicht im geringsten scheiden
Von deinem treuen Gott.
[110]
Das Leiden dieser Erden
Gleicht jener Freude nicht,
Wenn wir verkläret werden
Vor Gottes Angesicht.
Dann wirst Du erst erfahren
Wie Gott die seinen liebt;
Du kannst die Thränen sparen,
Die Kummerthränen sparen
Wenn er Dich hier betrübt.

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TextGrid Repository (2012). Ziegler, Christiana Mariana von. Gedichte. Gedichte. Oden. 26. Ode. 26. Ode. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B280-7