695. Weihnachten 1.

1.

In der Christnacht vor der Mette unter der sog.Schrecke stellt man das beste Futter auf aus lauter Freude: aber blos den Eseln, Ochsen und Rossen, zum Gedächtniß an den Stall, wo Christus geboren worden.

Gäu, Baisingen.

Fußnoten

1 Vgl. Meier, II. S. 457.

2.

In der heiligen Nacht muß man unter dem Scheuerloch Alles sauber wegkehren, und die Frucht, die hunten liegt Morgens, die soll gesäet werden im Frühjahr; diese gedeiht am besten. 1

Wurmlingen.

Fußnoten

1 Meier a.a.O. S. 462. Nr. 203.

3.

Sind in der »heiligen Nacht« viel Sterne am Himmel, gibt es im kommenden Jahr viel Garben und viel Lein.

Ertingen, Baach.

4.

In der Christnacht spreitet man ein Tuch unter das Scheuerloch; was für eine Frucht herabfallt, die gedeiht das kommende Jahr am besten.

Rohrdorf.

5.

Finstere Christnacht, heller Kornbarn (und umgekehrt) 1.

Rohrdorf.

Fußnoten

1 Zingerle, Sitten, Bräuche etc. Nr. 921.

6.

Während dem sog. »Schreckeläuten« werden alle [465] Bäume mit einem Strohseil umbunden, und das Jahr wird fruchtbar.

Rottenburg, Wurmlingen u. Umgegend.

7.

In der heiligen Nacht legt man Heu oder Oehmd vor die Scheuer und den Stall, damit das Vieh nicht auflaufe (blät wëəd).

Neckarsulm.

8.

In der Christnacht soll und muß in jedem Haus eine Person die ganze Nacht hindurch wachen, weil Nachts zwölf Uhr aus allen Brunnen etwa drei Minuten lang Wein fließe. Niemand mag aber zum Brunnen, weil die Diebe zu dieser Stunde so gefährlich sind. An Aengstigungen fehlt es auch nicht. Nicht Alle sehen den wunderbaren Weinfluß 1.

Röttingen.

Fußnoten

1 Vgl. das Weinbrünnlein in Wangen im Elsaß, Stöber 226, quillt, wenn's guten Wein gibt. Rochholz A.S. I. S. 41 ff. Neben weinströmenden gab es auch kornströmende Brunnen. Th. Vernaleken, Mythen und Bräuche S. 290. Nr. 12. Der Glaube ist in Niederöstreich und Deutschböhmen ebenfalls daheim. Vgl. auch Schnezler II. 458.

9.

In der heiligen Nacht um 12 Uhr muß man in drei Schnitten den Bindnagel heraufwärts schneiden in den drei höchsten Namen, so kommt kein Ungeziefer an die Garben.

Wurmlingen, Tuttlingen.


Eichene Bindnägel in dieser Nacht schneiden und zum Garbenbinden gebrauchen, hält die Mäuse ab.

Wendelsheim.

10.

Wenn zur Weihnachtszeit ein starker Wind geht, so sagt man in Schwaben: »die Bäume rammeln« (begatten sich), es gibt ein fruchtbares Jahr.

11.

In der heiligen Weihnacht 12 Uhr müssen alle Diebe stehlen, darum ist es gefährlich.

Röttingen.


Dasselbe ist auch Volksglaube in Oberschwaben.

12.

Wenn man an Weihnachten in der hl. Messe[466] neunerlei Holz schneidet und es mit der Hand so vor Augen hält, daß man dadurch hinaussehen kann, so werden alle Hexen kennbar; man erkennt sie daran, sie haben alle Melkeimer auf dem Kopf, rückwärts in den Bänken stehend. Man muß sich aber gleich nach der hl. Messe aus der Kirche machen, sonst verfolgen einen die Hexen und thun einem Uebles an 1.

Wurzacher Gegend.

Fußnoten

1 Panzer II. 168. 276.

13.

In der heiligen Nacht muß man um 12 Uhr einen Stecken schneiden: mit Schlag 12 Uhr muß er geschnitten sein, und zwar darf man blos drei Schnitte thun; es kann auch ein Bäumlein im Garten oder was sonst für eine Staude sein. Mit diesem Stecken kann man einen in der Ferne prügeln, wenn man etwa ein Beinkleid hinlegt, den Namen nennt, so spürt es der Betreffende.

14.

An Weihnachten muß man die Stube wischen um 12 Uhr, hinterfür nackend, so sieht man den Geliebten oder die Geliebte nackend unter dem Tisch sitzen.

15.

Wenn man in der hl. Messe in der hl. Weihnacht auf einem Stühlein von neunerlei Holz kniet, so sieht man die Hexen umgekehrt sämmtlich in den Kirchstühlen stehen; und alle sehen gerade auf ihn. In Lautern jagten die Hexen einen, der dies that, durch die Dohle. In Rohrdorf (Horb) jagten die Hexen mal einen bis in seine Hausthüre.

16.

An Weihnachten zwischen 11 und 12 Uhr Nachts hat der Teufel freien Lauf; da bietet er all' seine Gewalt auf, um Seelen zu gewinnen.

Leutkirch. Haide.

17.

Wenn in der Christnacht um 12 Uhr die Mädchen [467] in den Höllhafen (Ofenhafen) sehen, so erblicken sie ihren künftigen Mann nackt darin.

18.

Am Weihnachtsabend jagt man nach dem Gebete die Schaben hinaus, indem man mit Besen Stube und Küche ausfegt.

19.

Wenn man in der heiligen Nacht in der zwölften Stunde auf einer Kreuzstraße steht, in Stadt und Dorf, so sieht man einen Sarg vor diesem und jenem Haus stehen, und aus den betreffenden Häusern gehen das künftige Jahr Leichen.

Ellwangen.

20.

Am hl. Weihnachtsmorgen sagen die Kinder, wenn sie zusammen kommen: »heut Nacht hat's g'leuchtet!«

Neckarsulm.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Birlinger, Anton. 695. Weihnachten. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-FC10-2